Donnerstag, 26. August 2010

Die Stimme der Vernunft? Oder eine Gruppe schlechter Verlierer? Disney•Pixar kehren Annies den Rücken zu

Wow. Diese Meldung ist ein kleiner Schocker: Wie Variety berichtet, kehrt die Walt Disney Company den Annie Awards (dem Oscar-Pendant für die Animationsfilmbranche) den Rücken zu. Seit der ersten Preisverleihung 1972 ist Disney einer der Sponsoren des anerkannten Awards der International Animated Film Association. Jetzt will man sämtliche Brücken kappen und nichts mehr mit den Annies zu tun haben. Weder will man die Veranstaltung finanziell unterstützen, noch möchte man seine eigenen Produktionen zur Wahl einreichen.

Ed Catmull, Präsident der Pixar und Walt Disney Animation Studios, wird im Branchenblatt Vairtey wie folgt zitiert:

"After more than a year of discussions with the ASIFA board, we have regretfully decided to withdraw from the organization and no longer participate in the annual Annie Awards. We believe there is an issue with the way the Annies are judged, and have been seeking a mutually agreeable solution with the board. Although some initial steps have been taken, the board informed us that no further changes would be made to address our concerns."

Dieser schwerwiegende Schritt, der den Annie Awards negative Publicity bringen könnte, kommt zwei Jahre nachdem der von Kritikern in den Himmel gelobte (und von mir abgöttisch vereherte) Pixar-Film WALL•E eine "zu Null"-Schlappe gegen Dreamworks Kung Fu Panda hinlegte. Nach der Preisverleihung ging ein wütendes Gröhlen durch das Internet. Und ich gröhlte mit.

Viele der seitens Disney genannten Mängel am System der Annies lassen sich auf diese, sagen wir Mal, ungewöhnliche Nacht, in der ein Panda einen Roboter bezwang, zurückführen. Ein Beispiel: Anders als bei den Oscars (für die man der Academy of Motion Picture Arts & Sciences angehören muss, um abzustimmen, und man wird für eine Mitgliedschaft erwählt) kann man sich eine stimmberechtigte Mitgliedschaft für die ASIFA erwerben. Dreamworks Animation schenkt jedem Angestellten eine solche Mitgliedschaft.

Auf Disneys Druck wurde bereits vergangenes Jahr (da noch hinter verschlossenen Türen und mit weniger Medientrubel) eine Regeländerung gewilligt, laut der nur noch Branchenprofis in den individuellen Kategorien (für beste Einzelleistungen wie etwa "Bester Animator in einem Langfilm") stimmberechtigt sind, während nichtprofessionelle Mitglieder nur noch für Gesamtkategorien (Bester Kurzfilm, Bester Langfilm, usw.) abstimmen dürfen. Dies schein den Disney-Studios nicht genug - und so kam es zu diesem drastischen Schritt.

Antran Manoogian, der Vorsitzende der Organisation hinter den Annies, reagierte auf Catmulls Beschluss mit der Erklärung, dass etwaige Vermutungen, die Annies wären nun wertlos da sie von nun an bloß noch "die besten Non-Disney-Produkte des Animationsgewerbes" prämierten, falsch wären. Einzelne Stimmberechtigte könnten Disney- und Pixar-Filme weiterhin vorschlagen, selbst wenn das Studio dahinter sie nicht mehr automatisch einreiche. Zudem bestätigte auch Catmull, dass man keinem Pixar- oder Disney-Angestellten die Mitgliedschaft bei der ASIFA oder die Wahlbeteiligung verbieten werde.
Aufgrund der Kritik, die Annies würden durch unqualifizierte Stimmen verwässert, kündigte Manoogian eine weitere Änderung im Regelwerk des Preises an: Mitglieder, die ein Stimmrecht begehren, müssen von einem qualifizierten Komitee eine Bewilligung erhalten, um an der Wahl teilnehmen zu dürfen.

Ich bin unschlüssig, was ich von dieser ganzen Sache halten soll. Mit der "WALL•E vs. Kung Fu Panda"-Geschichte im Hinterkopf klingt es durchaus so, als wären Catmull und Co. bloß schlechte Verlierer. Andererseits haben sie durchaus guten Grund, "Schiebung!" zu schreien, wenn man sich so durchliest, wie löchrig das Annie-Regelwerk ist und welche Schlupflöcher dadurch aufgedeckt werden, dass der ASIFA-Chef öffentlich zugibt, wie sie nun gestopft werden. Außerdem ist es ja nicht so, als hätten Disney und Pixar Grund, sich über durchgehend unfaire Behandlung zu beschweren: Die Studios gewannen (vom Jahr, über das man besser nicht spricht) zahlreiche Preise und dieses Jahr hatte Jeffrey Katzenberg nicht genug Bestechungsgeld in der Portokasse sah es wieder sehr gut für Disney und Pixar aus. Vielleicht wollte man wirklich bloß Regelverbesserungen durchsetzen, die dem Ansehen der Annies helfen sollten. Aber wieso macht man dann einen solchen öffentlichen Tumult, wenn die (so scheint mir) gröbsten Unsinnigkeiten im Reglement behoben wurden?

Während wir uns alle unsere Gedanken über dieses Streitthema machen, hören wir etwas gute Musik (und hier der Link für Ungeduldigere) und wer mag, liest sich noch meine Kritiken für die beiden Streit auslösenden Filme durch: WALL•E und Kung Fu Panda.

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