Mittwoch, 31. März 2010

Moderiert Elton bald "1, 2 oder 3"?

(Copyright: WDR)

1, 2 oder 3 hat mir als Kind immer sehr gefallen. Wenn ich heutzutage in die von Michael Schanze erfundene Quizsendung für Kinder reinschalte, schaudert's mir allerdings immer über die ausgesetzte Art von Moderator Daniel Fischer, welcher die Sendung 2005 übernahm. Selbstverständlich gehöre ich nicht mehr zur Kernzielgruppe, aber gehört es nicht zur Aufgabe eines Kindersendungsmoderators, auch für Erwachsene sympatisch zu sein?

Möglicherweise könnte 1, 2 oder 3 diese Kurve wieder kriegen, denn laut einer DWDL-Meldung vom Sonntag befindet sich Stefan Raabs Obershowpraktikant Elton derzeit in Verhandlungen mit dem ZDF. Der Sender habe sich "in einem umfangreichen Casting offenbar gegen zahlreiche andere namhafte Teilnehmer durchgesetzt." Ausschlaggebend für das Interesse an Elton sei, dass er trotz seiner 38 Jahre eine sehr frische, natürliche Jugendlichkeit ausstrahle. Und diese Wirkung kann man Elton, der bereits bei TV Total einmal die Woche als Quizmaster auftritt und das regelmäßige Showsegment Blamieren oder Kassieren moderiert, wirklich nicht absprechen.

Elton stünde bei 1, 2 oder 3 in der Ahnenreihe von Michael Schanze (1977 - 1985), Biggi Lechterman (1985 - 1995) und Gregor Steinbrenner.

Dienstag, 30. März 2010

Musikalisches Immergrün - Meine 333 liebsten Disney-Lieder (Teil XXXII)

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Platz 144: Vater und Sohn ("Father and Son") aus Aladdin und der König der Diebe
Musik und Text von Randy Peterson & Kevin Quinn (dt. Fassung von Frank Lenart)

Aladdin ist endlich mit seinem Vater wiedervereinigt, der sich dazu bereit erklärt, seine Räubervergangenheit bei Seite zu schieben und Aladdin zu seiner Hochzeit zu begleiten. Dschinni kann selbstverständlich nicht anders, und feiert die Familienzusammenführung mit einem Lied. Wie es sich für einen Dschinni-Song gehört, ist Vater und Sohn ein verrücktes Lied, das in fast jeder Zeile den Zuhörer zum Lachen bringen möchte. Anders als etwa Freundschaft ist das schönste auf der Welt (Platz 205), das aufgedrehte Loblied auf Freundschaft aus Dschafars Rückkehr, oder Dschinnis bombastische Selbstvorstellung Nur ein kleiner Freundschaftsdienst von mir soll Vater und Sohn aber nicht nur Dschinnis Humor in den Mittelpunkt stellen, sondern auch als süffisant augenzwinkernder Tribut an eine gelungene Vater-Sohn-Beziehung dienen. Deshalb ist dieses Lied auch nur in einem mittleren Tempo gehalten und Dschinni lässt zwischen seinen zahlreichen Späßchen auch eine etwas einfühlsamere Stimmlage durchscheinen. Dennoch ist Vater und Sohn primär eine witzige Gesangssequenz, die sich mit solchen Textstellen wie "Wir renovieren... mähen den Sand" oder einem in bester Patenmanier dahingeröcheltem "Die Vergangenheit vergessen wir, geh' doch endlich in Pension..." sowie einer Anspielung auf Dschinnis Nur ein kleiner Freundschaftsdienst sowie, im englischen Original, auf It's a big, beautiful Tomorrow auch sehr gut verselbstsändigt hat und für mich zu einem der meistzitierten Disneyliedern wurde.

Platz 143: Du hast'n Freund in mir ("You've Got a Friend in Me") aus Toy Story Musik und Text von Randy Newman (dt. Fassung von Pierre Peters-Arnolds)

Randy Newmany Oscar-nominiertes Lied Du hast'n Freund in mir dürfte wohl die bekannteste Pixarkomposition überhaupt sein. 1995 unterlag Newmans entspannter Song über Freundschaft sowohl bei den Academy Awards, als auch beim Golden Globe Alan Menkens und Stephen Schwartz' Das Farbenspiel des Winds (Platz 157) aus Pocahontas. Erneut eine musikalische Entscheidung der Academy, die mit meinem Geschmack nicht gänzlich konform geht. So scheint es jedenfalls. Doch macht man das Rennen zwischen diesen beiden Liedern allein anhand der 1995 eingereichten Fassungen fest, so hätte die zentrale, kraftvolle Ballade aus Disneys Indianerfilm mit großem Abstand gesiegt. Als äußerst populäres Stück, das auch unter Musikern sehr viele Freunde hat, wurde Du hast'n Freund in mir allerdings sehr häufig gecovert, weswegen ich zahlreiche Chancen erhielt, mir dieses Lied ohne Newmans Gesang zu Gemüte zu führen. Und die für meinen Geschmack beste Version dieses Songs gibt es am Ende von Toy Story 2 zu hören, wenn wir erfahren, dass der heisere Quietschepinguin Wheezy einen neuen Quieker hat und sich jetzt so gut fühlt, dass er ein Lied singen könnte. Was er dann auch macht, Wheezy stimmt eine fanatstische Las-Vegas-Style Big-Band-Reinterpretation von Du hast'n Freund in mir, die einen beschwingt und unglaublich gut gelaunt aus dem Film entlässt. Gesungen wird dieses Cover im englischsprachigen Original vom Grammy- und Tony-Award-Preisträger Robert Goulet, der für Disney auch als Mikeys Singstimme in der TV-Serie Disneys große Pause und dem Kinoausflug der spaßigen Viertklässler tätig war.

Platz 142: Vierzig Räuber, die sind wir ("Welcome To The Forty Thieves") aus Aladdin und der König der Diebe
Musik und Text von Randy Peterson & Kevin Quinn (dt. Fassung von Frank Lenart)

Disney-Bösewichtsongs machen zwar häufig Spaß, doch nur in selteneren Fällen sind sie ausschließlich zum Lachen gedacht. Vierzig Räuber, die sind wir gehört zu dieser raren Unterart. Als Aladdin von seinem Vater, dem König der Räuber, dazu eingeladen wird, bei den Räubern mitzumachen, bricht die unerzogene Räubermeute in einen Broadway-Showstopper aus, der alles enthält, was dazugehört. Anschwillendes Tempo, choreographierte Seiltänzer, Marschschritte, die auf den Trompetenklang abgestimmt sind, vorbeirennende Hintergrundtänzer mit Seidentüchern in den Händen, die schwelgerisch "Ahhhh..." seufzen... Es ist für alles gesorgt! Dieser Song baut keinerlei Respekt oder Furcht vor den vierzig Räubern auf, sondern etabliert sie als gesetzeslosen, amüsanten Diebestrupp. Dadurch wirkt die Boshaftigkeit Saluks, dem zentralen Schurken des Films, umso intensiver. Saluk darf etwas später im Film dann auch seinen eigenen Bösewichtsong anstimmen (Männer, steigt ihr ein?, Platz 195).

Platz 141: Flieg ins Glück ("You Can Fly!") aus Peter Pan
Musik von Sammy Fain, Text von Sammy Cahn (dt. Fassung von Christine Lembach)

Mein Lieblingslied aus Peter Pan dürfte zugleich auch das bekannteste sein. Ob die Berümtheit der dazugehörigen Szene dem Lied zu Popularität verhalf, oder ob umgekehrt ein Schuh daraus wird, weiß ich nicht. Auf jeden Fall passen Lied und Leinwandgeschehen sehr gut zusammen, wenn Peter Pan und Naseweiß/Tinkerbell/Glöckchen/wieauchimmerdisneysiegeradenennt die Darling-Geschwister mit ins Nimmerland nehmen und auf dem Weg dorthin durch das nächtliche London fliegen... Die leichtgängige, malerische Komposition Flieg ins Glück fängt den Geist dieser Sequenz optimal ein und weckt in einem den Wunsch, es den Darling-Kindern gleichzutun. Das gilt natürlich nicht für die kaum verständliche deustche Synchronfassung.

Platz 140: Have You Ever Been to Baia? aus Drei Caballeros
Musik und Text von Dorival Cayymi

Aufgrund von Drei Caballeros zerbrach ich mir sehr lange den Kopf. Viele Webseiten sprechen davon, dass die Lieder aus diesem Film bereits vorher existierten und die Disney-Studios sich schlicht an latainamerikanischen Volklsliedern und Gassenhauern bedienten, ähnlich wie beim indirekten Vorläufer Saludos Amigos, dessen einziges neues Lied der Titelsong war (Platz 185). Filmhistoriker Leonard Maltin schreibt in seinem Buch The Disney Films jedoch, dass Disney für die Musik in seinem psychadelischen Meisterwerk Drei Caballeros direkt an die Quelle der beliebten Songs aus Saludos Amigos ging und erfolgreiche Komponisten aus Brasilien und Mexiko verpflichtete. Maltin listet in seinem Referenzbuch die meisten Stücke aus Drei Caballeros als "Original Songs", sogar einige, die defintiv vor dem Kinostart des Films als Platte erschienen. Möglicherweise liegt das aber mit den ständigen Produktionsstopps von Drei Caballeros zusammen, die den Start immer weiter hinauszögerten. Vielleicht räumte man den Komponisten ein Vorveröffentlichungsrecht ein, im Falle, dass der Zeichentrickfilm bis zu einem gewissen Datum nicht erscheint? So oder so, die Lieder, die für Maltin als Disneysongs gelten, qualifizieren sich für meine Hitliste. Somit auch José Cariocas kleine Gesangseinlage, in der dieser brasilianische Charmebolzen seinen Kumpel Donald fragt, ob er schonmal in Baia war. Und da ein simples "Nein!" nicht reicht, fragt er Donald einfach nochmal und nochmal und nochmal, schwärmt von der schönen Stadt und legt eine kleine Shownummer ein, indem er sich tänzelnd in Senoritas und stattliche Macker verwandelt.

Platz 139: Der Titelsong von 101 Dalmatiner - Die TV-Serie
Musik und Text von Randy Petersen, Kevin Quinn & Mark Watters (?) (dt. Fassung von ?)

Welches Publikum Disney mit seiner TV-Serie zu den 101 Dalmatinern ansprechen wollte, wurde mir nie so hundertprozentig klar. Die kleinen verrückten Abenteuer, die der (Möchtgern-)Anführer Lucky, die intelligente Goliath, der hungrige Rolly und das sich wie ein Hund verhaltene Huhn Spot auf einer kleinen Farm nahe London und neben der Residenz von Cruella DeVil erleben, hatten einen ähnlich augenzwinkernd überdrehten Humor wie etwa Quack Pack, zugleich wiesen vor allem spätere Folgen eine dermaßen offensichtliche "Lektion des Tages" auf, dass sie den Anschein erweckte, vielleicht eher für jüngere Kinder gedacht zu sein. Augenscheinlich konsequenterweise wurde 101 Dalmatiner - Die TV-Serie bei Super RTL irgendwann in das Playhouse Disney-Fenster verschoben, wo solche Kindergartenserien wie PB & J Otter oder Winnie Puuhs Bilderbuch liefen. Für diese Programmnachbarn ist 101 Dalmatiner- Die TV-Serie allerdings viel zu cool und ironisch. Bereits der Titelsong ist wesentlich stärker mit Menschen jenseits der Vorschule kompatibel, als andere Playhouse Disney-Serien. Ihm gelingt es nicht nur die Melodie so hinzbiegen, dass sich der etwas sperrige Titel "101 Dalmatiner" richtig cool dahersingen lässt, nein, es beinhaltet auch ein dunkles Saxofon, das ein paar Noten von Cruella DeVil spielt.

Platz 138: Gib die Liebe schnell auf ("Forget About Love") aus Dschafars Rückkehr
Musik und Text von Patty Silversher und Michael Silversher (dt. Fassung von Frank Lenart)

Nachdem ihm von Jago das Leben gerettet wurde, versteckt Aladdin Dschafars ehemalige rechte Hand im Palast. Als Jasmin dies erfährt, bricht sie einen riesigen Beziehungsstreit vom Zaun. Nicht nur, dass Aladdin von allen Papageien auf der Welt ausgerechnet Jago mit in den Palast schleppt, er fängt zu allem Übel damit an, Jasmin zu belügen. Dabei hat diese Beziehung ja mehr als genug Geheimnisse und Verbiegereien der Wahrheit durchstehen müssen. Jasmin ist, mehr als nur verständlich, überaus schlecht gelaunt und ist kurz davor die Bande mit Aladdin in den Wind zu schlagen (ich mein, hey, er hat ihr nicht sofort von Jago erzählt, wie kann er nur! Er hätte ihr vertrauen sollen, schließlich würde sie Jago ohne jegliches Vorurteil gegenübergestanden...), doch glücklicherweise kann Dschinni den vorlauten roten Papageien dazu überreden mit Jasmin ein kleines Psychospielchen zu treiben, so dass Aladdin und Jasmin wieder zusammenkommen (obwohl Aladdin es nach dieser erschreckenden Lüge nicht mehr verdient hat, also echt jetzt). Jago besingt in seiner gewohnt unverschämten und vorlauten Art, wie grauenvoll Liebe doch sei, und dass Jasmin unbestreitbar die richtige Entscheidung getroffen habe. Sie solle Aladdin und all die romantischen Momente zwischen ihnen sofort vergessen, aber Jasmin macht das absolute Gegenteil dessen, was Jago ihr rät. Und so wird aus Jagos Anti-Liebeslied gen Schluss ein verliebtes Duett zwischen Aladdin (diesem lügenden Bettelknaben) und Jasmin, inklusive in die Meldodie eingemogeltem Walzertakt. Für eine Disney-Billigfortsetzung ist Gib die Liebe schnell auf ein richtig cleveres Lied, das die typischen Disney-Liebeslieder parodiert und gleichzeitig als solches fungiert. Was jedoch unbeantwortet bleibt: Wieso darf Jago nun über Mauser singen, während es im ersten Teil umsynchronisiert werden musste? Und wenn wir schon dabei sind: Wieso hieß der erste Teil Aladdin und nicht Prinzessin Jasmin? Nicht nur, das Prinzessinnen wesentlich cooler sind als dreckige Straßenratten (das ist wissenschaftlich bewiesen!), sie sind auch die besseren Vorbilder für Kinder!

Platz 137: Meine Welt ist das Wunderland ("In a World of My Own") aus Alice im Wunderland
Musik und Text von Bob Hilliard und Sammy Fain (dt. Fassung von ?)

Von der Geschichtslektion ihrer großen Schwester gehörig gelangweilt, beschäftigt sich Alice mit ihrem Kätzchen Dinah und träumt sich eine Nonsenswelt zusammen, in der Dinah mit ihr spricht und sowieso alles viel schöner ist, als in der langweiligen Realität. Alices gesungene Vorstellung des Wunderlands ist die letzte Möglichkeit für das Publikum, in aller Ruhe durchzuatmen und so etwas wie Plausibilität und Realitätssinn aufzusaugen, bevor Alice kopfüber in die verrückte Wahnsinnswelt des surrealen Wunderlands stürzt. Meine Welt ist das Wunderland dient für unvorbereitete Vertreter des Publikums, sofern es diese gibt, zugleich als gezielte Irreführung, da es Alices Wunderland als einen glücklichen Ort einführt, an dem alles nach Alices Gutdünken abläuft. Statt eines sinnlichen Schlaraffenlandes ist das Wunderland jedoch ein Hort alberner und durchgeknallter Kreaturen, die Alice letztlich sämtliche Nerven rauben. Wäre ja auch öde, wenn das kleine Mädchen mit seiner Wunderlandsvision Recht behielte.

Platz 136: Ich zieh' alleine los ("I'm Looking Out For Me") aus Dschafars Rückkehr
Musik und Text von Randy Petersen & Kevin Quinn (dt. Fassung von Frank Lenart)

Jago gelingt es, sich aus Dschafars Lampe zu befreien. Statt seinen zeternden Herren und Meister freizuwünschen, denkt der einstige Handlanger an sich selbst, schmeißt die Wunderlampe in einen Brunnen und nimmt sich vor, von nun an alleine durch's Leben zu ziehen. Großkotzig singt Jago davon, er würde in einer Woche Agrabah, den saftigen Eintopf angereichert mit Gold und Juwelen, regieren und niemand könne ihn davon abhalten, nicht weiter die zweite Geige zu spielen. Wie wir wohl nahezu alle wissen, kommt Jago nicht gänzlich ohne Freunde zurecht und schlägt sich auf die Seite von Aladdin und dessen Freunden, mit denen er in der TV-Serie zu Disneys beliebten Meisterwerk zahlreiche Abenteuer erlebt. Trotzdem möchte ich diese angeberische, selbstverliebte und egoistische Variation eines "Ich will"-Songs nicht missen. Besser könnte man Jagos "Trennung" von Dschafar nicht einfangen.

Platz 135: Baía aus Drei Caballeros
Musik und Text von Ary Barroso (engl. Fassung von Ray Gilbert)

Wenn José Carioca an Baía (heute Salvador, Bahia) denkt, dann träumt er von einer malerischen, Stadt mit vielen historischen Bauten, die in ein schwärmerisches Rot/Violett gehüllt ist. Diese Liebeserklärung an Baía stellt den ruhigsten Moment in Drei Caballeros dar und verwöhnt das Auge mit poetischen Ölmalereien der wunderschönen Küstenstadt und einer beeindruckenden Vorführung, dass die Disneyzeichner einfach unschlagbar darin sind, Wasser realitätsnah zu animieren. Zugleich wird man von einem hypnotischen Song umarmt, der wie ein langsamer Sonnenuntergang an einem ruhigen, abgelegenen Plätzchen mit weitschweifiger, romantischer Aussicht ist. Dies gilt vornehmlich für die portugiesische Sprachfassung des Songs und nur mit Einbußen für die englischsprachige, der einfach etwas von der Wärme des portugiesischen Gesangs abgeht. Im faszinierenden und verwirrenden Sprachchaos der deutschen Drei Caballeros-Fassung gönnte man uns glücklicherweise die bessere Aufnahme von Baía, kurioserweise ohne die Choraleinsätze. Allerdings gefällt mir dieser Song als komplette Solonummer eh viel besser, was zugegebenermaßen auch Macht der Gewohnheit sein könnte, immerhin bin ich mit dem deutschen Drei Caballeros-Video groß geworden und begegnete dem Chor in Baía erst im DVD-Zeitalter.

Platz 134: Jetzt fang ich an ("After Today") aus Der Goofy Film
Musik von Tom Snow, Text von Jack Feldman (dt. Fassung von Andreas Hommelsheim)

Der letzte Schultag vor den Sommerferien. Max hat es satt, von seinen Mitschülern andauernd verlacht zu werden und steigert sich immer weiter in einen tatkräftigen Enthusiasmus hinein. Am heutigen Tag soll sich sein Leben für immer verändern, in der Hierarchie des schulischen Soziallebens wird sich der bislang als Trottel und Versager behandelte an die Spitze arbeiten. Max' Plan: Er wird die Jahresabschlussrede des Rektors mit einer aufwändigen Aktion reudig unterbrechen und sich somit als coolster Kerl der Schule positionieren (Stand Out, Platz 176). Vor allem möchte Max durch dieses Handeln die Aufmerksamkeit der hübschen Roxanne erlangen, in die er sich Hals über Kopf verliebte, obwohl sie ihn keines Blickes würdigt.
Der poppige, ansporndende 90er-Jahre-Style-Rocksong Jetzt fang ich an erfüllt nicht nur die Aufgabe eines "Ich will"-Songs, Max motiviert sich mit ihm selbst - und die Wirkung des Liedes ist ansteckend. Die leichtfüßige Rockenergie und der durch das Gegenüberstellen von Max erfolgloser Vergangenheit und seiner glorreichen Zukunft sehr ermutigende Liedtext machen Jetzt fang ich an zu einem sehr stimulierenden Lied, insbesondere für Schüler, schließlich wird von den Randfiguren auch äußerst freudig das Ende des Schuljahres besungen. Ideal nicht nur für den letzten Schultag oder freitags, sondern für jeden Schultag. Dieser Song stachelt an und gibt einem die nötige Kraft sich durch den üblichen Trott zu kämpfen. Es muss nämlich angemerkt werden, dass Max (und im Finale auch der Chor) nicht singen, dass sich alles bessern könnte, sollte Max' Plan funktionieren, sondern auf Konjunktive oder irgendwelche den Erfolg des Vorhabens anzweifelnde Formulierungen verzichtet wird. Ganz zum Schluss werden Max' Knie zwar etwas weich und er wünscht sich seufzend, er hätte es schon hinter sich, aber dies ist nur ein vollkommen verständlicher, kurzer Anflug von berechtigter Scheu kurz vor einem großen Moment, der die Wirkung des vorangegangen Songs nicht revidiert und eher als figurenbezogenes Handlungselement anzusehen ist, das Max' Gefühlsleben abrundet und realistischer zeichnet.
Jetzt fang ich an wurde übrigens von einigen Fans der 1995 in die Kinos entlassenen, animierten Highschool/Road-Movie-Komödie Der Goofy Film mit Freunden und Bekannten nachgestellt. Das ambitionierte Kurzvideo könnt ihr hier bestaunen.

Montag, 29. März 2010

3D-Tragikomödie aus deutschen Landen: Topper gibt nicht auf


Über Produktionen von Filmhochschulen herrscht ja das ungerechte Vorurteil, sie wären unverständliche, selbstverliebte Experimente, die für den Aussenstehenden ungenießbar wären. Und über 3D gilt weiterhin das Vorurteil, es würde lediglich Actionszenen einen zusätzlichen Kick verleihen, aber keinen wirklichen Nährwert haben. Effekthascherei deluxe.

Ein Film macht sich auf, diese Vorurteile zu bekämpfen: Topper gibt nicht auf mit Claude-Oliver Rudolph. Diese Film-im-Film-Tragikomödie von Deutschlanfds ältester Filmhochschule, der HFF, handelt von einem Filmstudenten, der sein großes Idol, den legendären Actionhelden Til Topper, dazu überreden konnte in seinem nächsten Film mitzuspielen. Der runtergekommene Topper ist am Set jedoch ein mürrischer und unmotivierter Exzentriker, welcher am liebsten alles wieder hinschmeißen würde.



Statt eines inhaltsleeren Schockeinsatzes der 3D-Technologie, wie man sie aus Themenparks oder von My Bloody Valentine 3D und Co. kennt, soll der 3D-Effekt dazu dienen, die Geschichte des Films effektiver zu erzählen und sie dem Zuschauer näher zu bringen. Besonders reizvoll ist dieses Konzept, da Topper gibt nicht auf als Film über das Filmemachen auf zwei Ebenen spielt, der "Realität" (das chaotische Treiben bei den Dreharbeiten) und dem "Filmfilm", einem schwarzweißen Film noir mit weitwinkligen Kameraeinstellungen und kontrastreicher Beleuchtung.

Mehr über den Film gibt's nicht nur auf der offiziellen Webseite, sondern beispielsweise auch bei Twitter, wo der Actionheld Til Topper über seine halsbrecherischen Taten berichtet. Wenn ihr den aufstrebenden Filmhochschülern etwas gutes tun möchtet oder einfach ganz gierig an euch selbst denkt und den Film in ein Kino eurer Wahl manövrieren wollt, dann stimmt für ihn bei Moviac ab. Ab 5.000 Stimmen haben die Macher des Films die Möglichkeit, direkt auf einen Verleih zuzugehen.

Weitere Aktionen und Neuigkeiten folgen. Also haltet die Augen offen!

Toy Story 3 endet auf einem Cliffhanger... für die nächsten paar Wochen

Wie Disney und Pixar via Facebook bekannt geben, wird eine Cliffhanger-Version von Toy Story 3 durch die USA touren. Die Studenten von 65 Universitäten haben die Ehre in den kommenden
Wochen gratis die ersten 65 Minuten des elften abendfüllenden Pixarfilms anzuschauen. Mit diesem außergewöhnlichen Marketingschachzug hoffen Disney und Pixar offensichtlich, ihren Film dieser speziellen Zielgruppe näher zu bringen.

Weshalb auch nicht? Disney•Pixar-Filme leiden längst nicht mehr unter diesem elendigen "Kinderfilm"-Stigma, wie noch vor einiger Zeit, und so ließen sich die Vorurteile weiter abbauen. Außerdem wuchsen die Studenten möglicherweise mit Toy Story auf und können so für das Finale der Trilogie geködert werden. Immerhin ist Andy in ihrem Alter, und sie befinden sich in einer ähnlichen Situation wie er: Weg von Zuhause, angeblich erwachsen.

Auf der Facebook-Seite, auf der sich die teilnehmenden Universitäten nachschlagen lassen, gibt es auch drei neue, an Jugendliche gerichtete Teaser für den Film zu sehen. Ihr müsst die Seite nur oft tgenug aktualisieren, um alle drei zu Gesucht zu bekommen.
Und wer auf den You've Got a Friend in Me-Remix neugierig wurde, der in einem der Teaser zu hören ist: *tada* und *tada*

Sonntag, 28. März 2010

Musikalisches Immergrün - Meine 333 liebsten Disney-Lieder (Teil XXXI)

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Platz 149: So ein wonnig toller Tag ("Brazzle Dazzle Day") aus Elliot, das Schmunzelmonster
Music & Text von Al Kasha & Joel Hirschhorn (dt. Fassung von Heinrich Riethmüller)

Ob ein wunderschöner Ferientag mit Mary, ein Zip-a-dee-doo-dah-Tag oder einfach nur ein wonnig toller Tag: Besonders glückliche Momente müssen besungen werden, und Disney bietet ein ansehnliches Repertoire an zu solchen Anlässen passenden Liedern. Und dies ist eins davon.
Leuchtturmwärter Lampie, seine Tochter und der von ihnen aufgenommene Waisenjunge Pete bringen den Leuchtturm der Hafenstadt Passamaquoddy gemeinsam auf Vordermann und genießen die gemeinsame Zeit so sehr, dass sie in dieses unbeschwerte Lied einstimmen (so gesehen ist So ein wonnig toller Tag auch ein weiterer Disney-Arbeitssong). Das Feeling dieses befreienden Liedes ist wahrlich ansteckend, und dass diese Gesangssequenz das erste Mal ist, dass Pete auch ohne seinen geliebten Drachenfreund Elliot Spaß am Leben hat, lässt es noch befreiender wirken. Dass So ein wonnig toller Tag keinen festen Platz in der Disney-"Hall of Fame" hat und Schulter an Schulter mit ähnlichen Stücken steht, verwundert mich sogar ein wenig, denn die enorm aufmunternde Wirkung steht manch anderen Klassikern in Nichts nach.

Platz 148: Ich werd's noch beweisen ("Go the Distance") aus Hercules
Musik von Alan Menken, Text von David Zippel (dt. Fassung von Frank Lenart)

Der mit seinen phänomenalen Kräften ungeschickt umgehende, junge Hercules erfährt von seinen menschlichen Zieheltern, dass er ein Findelkind ist und ein Abzeichen der Götter bei sich trug. In der Hoffnung durch die Auseinandersetzung mit seinen wahren Wurzeln und den Rat von Göttervater Zeus seinen Platz im Leben zu finden und sich als wertvolles Mitglied der Gesellschaft zu bewähren. Von Zeus erfährt Hercules, dass er Zeus' Sohn ist und menschlich gemacht wurde. Sollte er sich als wahrer Held beweisen, könnte er zu seinen Eltern auf den Olymp aufziehen. Daraufhin nimmt sein Orientierungslosigkeit ausdrückender "Wer bin ich?/Ich will"-Song an Fahrt auf und wird zu einer triumphierenden "Ich schaffe es"-Hymne, mit heroischen Bläsern und allem anderen, was dazugehört.
Der deutsche Text ist, gerade für einen vom sonst so begnadeten Frank Lenart, mitunter etwas holprig. Hercules verwendet solche mäßige Metaphern wie "meinen Dauerlauf, geb' ich niemals auf" und singt von sich selbst in dritter Person. Dafür singt Frederick Lyke sehr schön. Die Pop-Powerballadenversion von Michael Bolton ist dafür wiederum außerordentlich farblos. Die Filmversion, die meiner Meinung nach sehr gut aufgeteilt wurde und die dazwischen liegenden Dialogen kraftvoll unterstützt, ist wesentlich wirkungsvoller und berührender. Vor allem wenn es von einem talentierten Sänger live gesungen wird, macht Ich werd's noch beweisen einigen der Standard-Prinzessinnennummern ordentlich Konkurrenz.

Platz 147: Ehre für das Haus ("Honor to Us All") aus Mulan
Musik von Matthew Wilder, Text von David Zippel (dt. Fassung von Helmut Frey und Leslie Mandoki)

Ehre für das Haus ist sicherlich kein essentieller Song für die Handlung in Mulan oder die Charakterisierung der Figuren, doch er vereinfacht das Geschichtenerzählen enorm. Nicht nur, dass eine Szene, die schnell den Fluss des Films stören könnte (Mulan wird für den Besuch bei der Heiratsvermittlerin vorbereitet und verliert in diesem Prozess jegliche - äußerliche - Individualität) auf diese Weise sehr flott und unterhaltsam vorangebracht wird, durch das Lied wird sehr subtil verdeutlicht, wie wenig Mulan in eine unterdrückte, klassische Frauenrolle passt. Die Komposition von Matthew Wilder ahmt traditionelle chinesische Musik nach ohne sie zu parodieren, und in der dazugehörigen Filmsequenz darf man mit ansehen, wie Mulan sich in dieses einheitliche Bild nicht einfügen kann. Dadurch gewinnen ihre Entscheidungen später im Film an Fundament. Zudem ist Ehre für das Haus ein sehr angenehmer Ohrwurm.

Platz 146: Ich sah noch nie wie ein Elephant fliegt ("When I See an Elephant Fly") aus Dumbo
Musik von Oliver Wallace, Text von Ned Washington (dt. Fassung von Heinrich Riethmüller)

Wenn die Krähen Timothys Behauptung, ein Elefant könne mit seinen Ohren fliegen, ins Lächerliche ziehen stimmen sie nicht nur eine clevere Jazznummer an, sondern stellen sämtliche Synchronautoren vor eine Herausforderung elefantösen Ausmaßes. Denn der Text von Ich sah noch nie wie ein Elefant fliegt besteht aus einer Kette von Wortspielen und -witzen, die sich nicht immer in eine andere Sprache übertragen lassen. Die leichteste Textstelle dürfte [I] heard a rubber band sein, was sich sowohl als "Ich hörte ein Gummiband", als auch mit "Ich hörte eine Gummiband" übersetzen ließe. Deshalb mussten sich die Synchronautoren Dumbos entscheiden, ob ihnen genügend ähnliche Wortspiele einfallen, die auch in diesen Kontext hineinpassen und sich zur Melodie des Liedes singen lassen, oder ob sie das Lied vollkommen umtexten, wie beispielsweise in der deutschen Zweitsynchronisation geschehen, die Fabelwesen zum zentralen Thema der Krähenscherze ernennt. In der norwegischen Version kommen die Krähen dagegen mit einem Kaffe au lait und dem Cirque du Soleil an, während es unseren niederländischen Nachbarn gelang ähnliche Wortspiele zu verwenden und in ihrer Lokalisierung unter anderem Banken springen zu lassen.
In jüngeren Jahren bemühten sich einige Leutchen, eine Kontroverse um die Krähen in Dumbo auszulösen, jedoch nahm sie niemals die Maße anderer Disneykontroversen wie die um den angeblich sehr erregten Priester in Arielle, die Meerjungfrau an. Wieso auch? Ward Kimball, der sich für die Krähen verantwortlich zeichnete, bemühte sich darum jeder der optimistischen und freilebenden Krähen einen eigenen Charakter zu verleihen, außerdem sind sie die einzigen Figuren neben Dumbos bestem Freund und seiner Mutter, die an ihn glauben und ihn unterstützen, indem sie sein Selbstbewusstsein stärken. Sie machen sich anfangs lediglich über Timothy lustig, nicht über Dumbo. Sie werden positiv charakterisiert. Und natürlich sind Krähen schwarz! Sie sind deswegen noch lange keine schwarzen Sterotypen. Manche Leute haben echt zu viel Freizeit...

Platz 145: Heffalumps und Wusel ("Heffalumps and Woozles") aus Winnie Puuh und das Hundewetter
Musik und Text von Richard M. & Robert B. Sherman (dt. Fassung von Heinrich Riethmüller)

Zweifelsohne inspiriert von Rosa Elefanten aus Dumbo erlebt Winnie Puuh im Kurzfilm Winnie Puuh und das Hundewetter, der später mit zwei weiteren Puuh-Kurzfilmen zu Die vielen Abenteuer von Winnie Puuh zusammengeschnitten wurde, einen psychadelischen Albtraum über schreckliche Fantasiegestalten des Hundert-Morgen-Waldes: Heffalumps und Wusel, bösartige Elfeanten- und Wieselkreaturen, die nicht nur unentwegt Farbe und Form wandeln, sondern es auch auf seinen Honig abgesehen haben. Nicht nur die Szene, auch das dazugehörige Lied von den Sherman Brüdern erinnert eindeutig an die legendäre Sequenz aus Dumbo. Heffalumps und Wusel ist in seiner Haltung zurückgelehnter als das große Vorbild und auch weniger mitreißend, hat mit seiner gemächlichen und schaurigen Seltsamkeit aber ebenfalls eine Existenzberechtigung. Durch die gelassene Ausstrahlung des Songs, die konträr zu seiner Albtraum-Gruselstimmung steht, sorgt dafür, dass Heffalumps und Wusel eine noch kuriosere Szene wird, als sie es mit ihren verrückten Verwandlungen eh schon ist.
Für das Halloween-Feuerwerk HalloWishes wurde der Song aufgepeppt und auf das agressivere Rosa Elefanten-Tempo hochgeschwurbelt. Als Begleitung der eigentlichen Filmsequenz wäre das zu schnell, aber so für sich genommen hat diese Version meiner Meinung nach eine stärkere Wirkung.

Samstag, 27. März 2010

Das Knappe, das Kurze und die Geheimtipps

Lieber Blogger. Nimmt deine Lesezeichenliste wieder eine unangenehme Länge an? So viel lesenswertes Zeug, das du irgendwie nie weiterempfehlen kontest? Dann nimm das hier: Linksammelsurium! Kurzmeldungsposting! Und schon herrscht wieder Ordnung Im Puff! Jawollja!
  • Waking Sleeping Beauty: Noch nicht genug Informationen zur neuen Dokumentation über die Disneystudios? Coming Soon und Cinematical stellten Regisseur Don Hahn und Produzent Peter Schneider Fragen über ihren Film und den Stand der Disneystudios.

  • Diese verrückten Amerikaner und ihre Freigaben: Die zwanzig verrücktesten Freigabebegründungen der MPAA. Manchmal steht man davor wie eine Kuh vor'm Neutronenbeschleuniger.

  • Inception: Neues über Platz 4 meiner "Brennendes Interesse"-Hitliste! Christopher Nolan und Emma Thomas sprechen über die technischen Aspekte von Inception. Es ist recht spoilerfrei, wer aber vollkommen unvoreigenommen in den Film gehen will, sollte es nicht lesen. (Ich ließ meine Informanten das Interview vortesten... Es ist gut, Sklaven zu haben...)

  • Blutlose Piraten am Ende der Welt: Es ist ja eine kleine Tradition hier im Blog. Sobald ProSieben einen Film der Pirates of the Caribbean-Reihe am Vormittag wiederholt, verlinke ich auf den Schnittbericht. Schon erstaunlich, was alles für Kinder unter 12 Jahren rausgeworfen wurde! Stellt euch den Film mal ohne das Intro vor!

  • Was wäre wenn...: Saul Bass noch heute leben und arbeiten würde? Saul Bass war der kreative Schöpfer zahlreicher Hitchcock-Titelsequenzen sowie der Intros des Original-Ocean's Eleven und Eine total, total verrückte Welt. Sein Stil wird noch heute gerne parodiert und imitiert (etwa auf den Burn After Reading-Postern), doch nur wenige schaffen es, seinen Introsequenzen auf gewitzte Weise nahezukommen.
    Dank/Film kann man allerdings zwei gelungene Hommagen bestaunen: Ein Intro für Tron und ein Vorspann für Lost. Achtung, das Lost-Opening enthält Spoiler für Staffel 5.

    Lost vs. Saul Bass from Hexagonall on Vimeo.



    Tron vs. Saul Bass from Hexagonall on Vimeo.



  • In Gedenken an Joe Ranft: Der Storyboardkünstler Joe Ranft war ein integrer Part bei der Gestaltung solcher Filme wie Der König der Löwen, Die Schöne und das Biest oder auch Toy Story. Er sprach außerdem Wheezy, den heiseren Pinguin aus Toy Story 2 und Gustl (im Original "Heimlich") aus Das große Krabbeln sowie Jacques, den Shrimps aus Findet Nemo. John Musker gestaltete dieses Video zu Ehren von Joe Ranft, der vor fünf Jahren bei einem Autounfall starb und diesen Monat 50 Jahre alt geworden wäre.



  • Duell der Magier: Hier ein neuer Trailer zur kommenden Jerry-Bruckheimer-Produktion. Angeblich soll der Film überraschend gut sein. Sofern seine Qualität selbst nach diesem Trailer eine freudige Überraschung ist, dann muss der Film ja ein richtig geiles Stück Popcornkino sein, auch wenn der mysteriösere erste Trailer noch einen Tacken besser war:


  • Donald goes South: Ich Dösbaddel habe tatsächlich vollkommen vergessen, hier im Blog auf EdiGriegs fantastische Rezensionen zu Saludos Amgios und Drei Caballeros hinzuweisen. Nachdem das nun getan ist: Gehet hin, leset sie und schauet und ehret die besprochenen Filme. Arriba! Arriba! Andale! Andale!

Avatar - Aufbruch zur Fortsetzung

Avatar- Aufbruch nach Pandora kam euch bereits bekannt vor? Dann wartet erst, bis ihr die Fortsetzung gesehen habt...



Das Video ist wirklich witzig, allerdings wundert es mich, wie viele Leute über die ach-so-geklaute Story lästern. Ja, eine aus "unserer" Gesellschaft stammende Person landet in einer vollkommen anderen Welt und verliebt sich, das kennen wir aus Pocahontas und Ferngully, der Amerikaner, der während eines Eroberungskriegs die Seiten wechselt, das kennt man aus Der mit dem Wolf tanzt. Allerdings kann man so nahezu jeden Film runterrechnen. Zudem existieren hauptsächlich Ähnlichkeiten zu ein paar Filmen, die es bereits gab.

Mh... da gab es doch einmal einen anderen Cameron-Film, der ziemlich erfolgreich war. Wie oft haben wir eigentlich dessen Grundgerüst schonmal auf der Leinwand gesehen... Doch nicht etwa hundert Mal öfter, als das von Avatar? Näää, nie im Leben! Oder doch? Vielleicht sollte man sich damit etwas intensiver beschäftigen...

Whaaaa! Angelina Jolie als Malefiz?

Im Januar kam die Meldung zu Tage, dass Tim Burton sich mit Disney in Verhandlungen darüber befände, einen Spielfilm über Malefiz, die böse Herrscherin über dunkle Magie aus Dornröschen, zu drehen. Seither wurde Linda Woolverton (Die Schöne & das Biest, Der König der Löwen, Alice im Wunderland) als Drehbuchautorin bestätigt und Tim Burton bezeichnete es in einem Interview als Gerücht, er arbeite an einem Dornröschen-Realfilm.
24 Frames berichtete jetzt, dass Tim Burton weiterhin abwägt, ob er für das Projekt zusagen möchte und dass Angelina Jolie großes Interesse an der Titelrolle bekundet. Pressesprecher Disneys stellen auf taubstumm, sobald der Malefiz-Film angesprochen wird.

Angelina Jolie? Wirklich? Muss Disney sich jetzt jede Schauspielerin angeln, die zwar einige ansehnliche Leistungen vollbrachte, mir aber dennoch unsympatisch ist? Cruz passt wenigstens in die Pirates of the Caribbean-Welt, aber Jolie als Malefiz? Was soll bitteschön Johnny Depp machen, sollte Tim Burton für den Film zusagen?

Update: Seit 2011 ohne Burton...

Freitag, 26. März 2010

Tron Legacy: ENCOM steht Rede und Antwort

Tron Legacy schickt sich an der Meister im viralen Marketing zu werden. Vor einigen Wochen startete ja ein kleines Quizspiel, bei dem es Encom-Ausweise zu gewinnen gab. Nun, mein Ausweis kam noch immer nicht an, aber der wird mir eh nichts bringen. Wie eine (Fake-)Pressemeldung von der (Fake-)Videospielfirma Encom verrät, wird am 2. April in San Francisco eine Kundgebung stattfinden. Und um an dieser teilzunehmen, muss man sich ausweisen können.

Außerdem sprach IGN mit Kevin Flynns altem Gefährten Alan Bradley und versuchte ein paar Dinge über Flynns Verschwinden zu enthüllen.

Drachenzähmen in der Green Zone

Vergangene Woche "durfte" ich mir aus beruflichen Gründen Green Zone ansehen. Die neue Zusammenarbeit von Matt Damon und Paul Greengrass (die letzten beiden Teile der Bourne-Trilogie) spielt im Jahr 2003: Die Amerikaner haben sich gerade nach Bagdad gekämpft und suchen erfolglos nach Massenvernichtungswaffen. Ein Soldat, gespielt von Matt Damon, beginnt an der Mission zu zweifeln und wird deshalb von seinen Vorgesetzten kritisiert. Zusammen mit einem irakischen Zivilisten und einem den Kurs der Armee ebenfalls kritisierenden CIA-Agenten deckt er eine politische Verschwörung auf.

Green Zone mag für patriotische Amerikaner, die seit die US-Medien bezüglich des Irakkriegs wenigstens ansatzweise ihre Objektivität wiedererlangten Nachrichten meiden, möglicherweise schockierend sein, ansonsten ist die 08/15-Intrigengeschichte zwar ehrlich, aber unnötig simplifizierend. Die Figuren sind blass, die Spannung im Film entsteht allein durch den charismatischen Matt Damon. Green Zone ist ein überaus durchschnittlicher Thriller mit unübersichtlicher Kameraführung und lose über die Laufzeit verteilten, gelungeneren Sequenzen. Meine ausführliche Filmbesprechung findet ihr hier.

Gestern konnte ich meinen allwöchentlichen Kinobesuch hingegen vollstens genießen. Es ging nämlich in Drachenzähmen leicht gemacht (Trailer gibt's hier und hier), den neusten Film von Dreamworks Animation. Viel wichtiger jedoch: Es ist zugleich der neue Film von Chris Sanders und Dean DeBlois, den Genies, die uns 2002 den fantastischen Lilo & Stitch bescherten.
In Drachenzähmen leicht gemacht bringen sie ihre eigene Sensibilität in die Dreamworks-Studios - und wieso sollte ich lange drum herum reden? Sie hauen auf Anhieb den bislang besten Animationsfilm der Studios raus. Nicht nur das, sie übertrumpfen den bisherigen Primus Kung Fu Panda (*zu meiner Rezension*) um mehrere imposante Drachenflügel-Spannweiten.

In Drachenzähmen leicht gemacht folgen wir dem tollpatschigen und mickrigen Hick, der aufgrund seiner Hänflingsgröße und fehlender Muckis (zur Schande seines Vaters, dem Oberhaupt der Siedlung) das Gespött seines Wikingerdorfes ist. Zum Drachen bekämpfen ist er vollkommen untauglich. Um endlich integriert zu werden und das Herz der toughen Astrid zu gewinnen, baut er eine klapprige Drachenfangmaschine. Und sie funktioniert! Auch wenn es ihm niemand glauben mag... Als Hicks den von ihm abgeschossenen Drachen im Wald findet, befreundet er sich mit ihm und verliert jegliche Drachentöter-Ambitionen. Nur blöd, dass er ausgerechnet jetzt zum Drachenkampftraining zugelassen wird...

Drachenzähmen leicht gemacht ist bei weitem nicht der originellste oder anspruchvollste Animationsfilm der letzten Jahre, doch er verfügt dennoch über eine dramatische und emotionale Tiefe sowie eine gefühlvolle Ehrlichkeit, die man bei den blödelnden Dreamworks-Studios sonst mit der Lupe suchen muss. Der Film sieht außerdem grandios aus - DeBlois und Sanders taten es Andrew Stantons Wall•E gleich und holten sich Rat bei Kameralegende Roger Deakins (mehr über die Kollaboration in diesem Artikel der NY Times) und die Qualität des 3D-Effekts würde ich deutlich über der von Oben (sorry) und Coraline stellen. Die rasanten und zugleich lyrischen Flugsequenzen stellen, für mich, die von Avatar in den Schatten.

DeBlois und Sanders konnten zwar nicht ihr letztes gemeinsames Werk überragen, doch mit den Disney-Computeranimationsfilmen (Himmel und Huhn, Triff die Robinsons, Bolt) wischen sie den Boden. Möglicherweise sollten die beiden einfach immer zusammenarbeiten. Erst kürzlich las ich wieder von einem Disney-Mitarbeiter, der Sanders Alleingang American Dog dramaturgisch chaotisch und unausstehlich fand. Ob dieser Kommentar überhaupt echt ist, und wenn ja, ob ich über den Film genauso denken würde, das kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass American Dog vollkommen durchgeknallt wirkte, bevor das Projekt nach Sanders' Abgang zu Bolt mutierte, und dass den Regisseuren bei Drachenzähmen leicht gemacht keineswegs die Gäule durchgingen... Soll jeder die Schlüsse ziehen, die er ziehen mag.

So oder so: Dreamworks' Bestleistung. Gratulation an Sanders und DeBlois! Wer mehr über Drachenzähmen leicht gemacht erfahren möchte, der sollte sich meine ausführliche Filmbesprechung durchlesen.

Donnerstag, 25. März 2010

Die "Holy Shit!"-Hollywoodmeldung des Monats: Brad Bird und eine unmögliche Mission

Über Brad Birds Erdbebenkatastrophenkriminalepos 1906 schwebt ungebrochen ein Damoklesschwert. Geht es nach JJ Abrams, so wird der Regisseur von Der Gigant aus dem All, Die Unglaublichen und Ratatouille seine Realfilmambitionen anderweitig befriedigen. Abrams, der beim dritten Teil der Mission: Impossible-Reihe Regie führte und den vierten Film produzieren wird, zeigt laut Angaben von Heat Vision großes Interesse daran, den Oscar prämierten Regisseur für den vierten Teil der Reihe zu gewinnen.
Mission: Impossible 4 soll bereits diesen Sommer in Produktion gehen, um einen Kinostart am 27. Mai 2011 zu gewährleisten. Zuletzt befand sich Abrams in Verhandlungen mit dem Zombieland-Regisseur Ruben Fleischer.

Sollten sich Bird und Abrams einig werden, so wäre dies eine sehr mutige und einfallsreiche Entscheidung von Abrams, die sich auszahlen könnte. Bird ist ein fantastischer Geschichtenerzähler und bewies bereits, dass er ein gutes Händchen dafür hat, energiereiche Actionsequenzen zu inszenieren, die Witz und Herz aufweisen. Und wer weiß, sollte sein Realfilmdebüt erfolgreich sein, dann lassen sich die Studios vielleicht leichter dazu drängen, Geld für 1906 locker zu machen.

Mittwoch, 24. März 2010

Hör mal, wer da hämmert - Staffel 8

Die erste Episode der letzten Staffel. Nachdem Heidi ihn ankündigte, stellt er sich folgendermaßen vor: "Ich bin, und werde es hoffentlich immer bleiben, Tim Taylor, der Heimwerkerkönig!" Tims Hoffnung wurde definitiv erfüllt, in den Herzen der zahlreichen Fans dieser großartigen Sitcom wird er ewiglich als Heimwerkerkönig in Erinnerung bleiben. Seine aktive Amtszeit als Heimwerkerkönig war dagegen leider von endlicher Dauer, und zum Zeitpunkt dieses Zitats war ihr Ende bereits in Sicht. Mit der achten Staffel endete Hör mal, wer da hämmert nach einem sensationellen, 204 Episoden, einige Quoten- sowie Gagenrekorde umfassenden Lauf. In der letzten Staffel erhielt Tim Allen die damals einmalige Summe von 1,25 Millionen Dollar pro Folge.

Mit einer langen Laufzeit kommen Veränderungen und Qualitätsschwankungen. Gerade Sitcoms stehen im Ruf auf der (oftmals unvorhergesehenen) Zielgeraden die immer gleichen Makel aufzuweisen. Figuren werden ihrem Charakter untreu oder immer flacher, beliebte Darsteller verlassen die Serie, es werden junge Kinder eingebaut um die Serie durch wortwörtlich frisches Blut am Leben zu erhalten, was jedoch nur in einen erzwungenen Zuckerüberschuss mündet. Hochzeiten, der plötzliche Tod von Randfiguren und Umzüge werden auch eher ungern gesehen und oft als "Jump the Shark"-Moment bezeichnet, als nicht mehr aufhaltbarer Qualitätswendepunkt zum Schlechten.

Was erwartet den eingeschworenen Liebhaber von Hör mal, wer da hämmert in den abschließenden Episoden? Der populärste Jungdarsteller der Serie, Jonathan Taylor Thomas, verlässt die Serie. Tims Bruder Marty zieht dauerhaft bei seinem Bruder ein und bringt seine beiden kleinen Töchter mit. Al Borland heiratet seine neue Lebensgefährtin Trudy innerhalb kürzester Zeit. Tool Time wird von Binford mit aller Gewalt bis zur Unerkenntlichkeit umgemodelt. Als Mutter stirbt. Und ein Umzug steht ebenfalls an.
Verlor Hör mal, wer da hämmert in seinem achten Jahr also seine unvergleichliche Fähigkeit mit wenigen Handgriffen beim Zuschauer ein Feuer zu entfachen? Setzte das gute Stück im gehobenen Alter unerwarteterweise doch noch Staub an? Meines Empfindens nach ist die Antwort auf diese Fragen ein klares, unmissverständliches und männlich dahingegrunztes "Nein! Neinneinnein nein... *grunz*"

Hör mal, wer da hämmert konnte das unschätzbare Glück sein Eigen nennen, dass das letzte Wort nicht vom Sender gesprochen wurde, weil die Quoten in die Knie gingen und dabei nicht zu duldende Tiefen erreichte, sondern weil die kreativen Köpfe hinter der Serie fanden, es sei Zeit den Werkzeuggürtel an den Nagel zu hängen.
Es wäre geheuchelt zu sagen, dass diese Entscheidung getroffen wurde, als sich Hör mal, wer da hämmert auf dem Höhepunkt seines Karrierefluges befand. Jedoch wäre es deutlich inkorrekter zu behaupten, dass das Ende der Serie eh besiegelt war. Zwar war Hör mal, wer da hämmert in den USA länger nicht mehr die meistgesehnste Sitcom und der Abstand zur Spitze wurde etwas größer, dennoch gehörte die Serie ungebrochen zu den zehn erfolgreichsten fiktionalen Fernsehprogrammen. Das Serienfinale ist sogar noch immer ABCs bislang erfolgreichstes Serienfinale und momentan auf Platz 10 der ewigen Bestenliste.
Qualitativ endete Hör mal, wer da hämmert nach seiner Blütephase, meiner Meinung nach allerdings während eines Aufwinds. Das qualitative Niveau der bereits äußerst vorbildlichen ersten Staffel wurde nie unterschritten, und nachdem die siebte Staffel gegenüber den vorangegangenen ein spürbarer Schritt zurück war, konnten die Serienmacher im abschließenden Jahr wieder näher an ihre Spitzenleistungen aufschließen.

Das Ausscheiden von Jonathan Taylor Thomas, der sich angeblich stärker auf seine Bildung konzentrieren wollte, hinterlässt beispielsweise keine dermaßen große Lücke, wie man im Vorfeld erwarten würde. Sicherlich ist es schade, dass mit Thomas gerade der Schauspieler gehen muss, der einen ähnlich sarkastischen Ton wie Tim Allen/Tim Taylor beherrschte, allerdings wird sein Ausstieg durch vermehrte Aufmerksamkeit auf das restliche Ensemble rund um Tim Allen erfolgreich kompensiert. Dass Mark Taylor (Taran Smith) kein eingeschworener Goth auf Lebenszeit ist wurde bereits zum Ende der letzten Staffel etabliert, und so beschloss man für die letzte Staffel, dass Mark diese Phase endgültig hinter sich gelassen hat. Übrig bleiben allerdings seine Leidenschaft für's Filmen, die er nun entschlossener weiterverfolgt. Außerdem trägt Mark weiterhin dunkle Kleidung, vornehmlich dunkelgrau oder schwarz. Es ist bloß eine Randnotiz, jedoch verhältnismäßig kontinuitätsbewusst für eine Sitcom. Eigentlich ist mir Marks "letztes Ich" auch das liebste. Brads Wandlung zum trotteligen Fußballer wird in dieser Staffel abgeschlossen, was die Figur leider etwas einschränkt, durch Zachery Ty Bryans trocken rübergebrachte Schusseligkeit allerdings verschmerzbar ist.
Der vergrößerte Spielraum für William O'Leary als Marty Taylor ist durchaus willkommen, über die letzten Staffeln hinweg entwickelte sich eine gute Leinwandchemie zwischen ihm und Tim Allen, wodurch die beiden als Brüder glaubhaft wirken. Dass mit Martys Töchtern Claire und Gracie einer der bereits angesprochenen, alten Sitcom-Tricks ausgegraben wird, fruchtet in Hör mal, wer da hämmert überraschend gut. Dadurch erhält Tim die Gelegenheit zu zeigen, was er im Laufe der letzten Jahre alles über Kindererziehung lernte und verfrachtet ihn sehr natürlich in Jills Position, wenn er sich über Martys Inkompetenz aufregt oder lustig macht. Die Aufmerksamkeit, die den kleinen Mädchen zuteil kommt ist meinem Empfinden nach richtig bemessen, so dass sie der Familiendynamik im Hause Taylor einen Schubser geben können, ohne die Serie damit zu entwurzeln. Bloß im Finale hätte man besser auf sie eingehen können, um das Gesamtbild vollkommen abzurunden. Dennoch muss man anmerken, dass die Autoren in der achten Staffel deutlich besser die Übersicht über die eingeführten Neuerungen behalten, als noch in Staffel 7, wodurch Staffel 8 flüssiger rüberkommt.

Staffel 8 hat meines Erachtens nach auch mehr herausragende Episoden als die Vorjahresstaffel. Dazu zählen wieder einmal die Festtagsfolgen zu Halloween (Wilson verschwindet vom Erdboden, nachdem Tim ihm dazu riet sich von seiner unheimlichen neuen Liebschaft zu trennen), Thanksgiving (Marty ist sauer auf Tim, weil er mit den Zwillingen besser klarkommt) und Weihnachten (Randy kommt über die Weihnachtstage aus Costa Rica zurück und fühlt sich bei seinen Eltern nicht mehr heimisch). In einem der Serienhöhepunkte schlechthin wird Marks Leidenschaft fürs Erstellen von Videos ins Zentrum gerückt und Tims Hot Rod endlich vollendet. Die Fertigstellung des Oldtimers soll in Tool Time gefeiert werden und Tim schlägt seinem Sohn vor, ein Video zu drehen, das in der beliebten Heimwerkersendung gezeigt wird. Nach kreativen Differenzen einigen sie sich auf einen herrlichen Musikclip zu Greased Lightning. Weitere Staffelhöhepunkte sind die Folge, in der Jill erfährt, dass Heidis Ehemann eine Affäre hat (wenngleich diese Episode für Hör mal, wer da hämmert ungewöhnlich deutliche Doppeldeutigkeiten enthält, aber die werden mit einem gewaltigen Timing perfekt platziert), Tims Überlegungen seinen ersten Wagen einem Schrottplatz abzukaufen und ein großer Nachbarschaftskrieg zwischen Tim und Wilson.

Es gibt noch weitere gelungene Episoden, die stilistisch allerdings als Abkehr von der Norm zu zählen sind. Solche Abwechslungen sind natürlich immer willkommen, in ihrer hohen Frequenz während dieser Staffel wird jedoch spürbar, dass die Autoren ihre letzten Ideen für "besondere" Folgen zusammenkratzten. Wenn überhaupt, wirft dies aber nur einen kleinen Schatten auf "den dramatischen Zweiteiler" (Jill muss sich einer ernsthaften Unterleibs-Operation unterziehen), "der Tim-Allen-One-Man-Show" (Tim bleibt über's Wochenende allein zu Hause um ein Buch zu schreiben, erlebt allerdings eine Schreibblockade und treibt nur Mist; eine Folge, die ganz von Tim Allens Persönlichkeit lebt) und eine sehr flott geschriebene Folge, in der Tim und Al sich als Undercover-Ermittler versuchen.

Eher schlecht ist dagegen die Staffelpremiere, die alle erwachsene Hauptfguren der Serie auf einen Raftingtrip schickt (wobei der alberne B-Plot über Mark und Brad, die Saft verschütteten und den Fleck vergeblich entfernen wollen sich durchaus nicht einer gewissen Komik entbehrt),
(Staffel-Highlights und -Lows) oder die Auflösung von Harrys Eisenwarenladen, selbst wenn es lobenswert ist, dass die Autoren wirklich allem in dieser Serie einen konsequenten Abschluss spendieren wollten. Der Rest der Folgen befindet sich auf sicherem Hör mal, wer da hämmert-Level, darunter auch Tim Allens Regiedebüt (Eine haarige Sache).
Was die achte Staffel daran hindert, mit den besten der Serie gleichzuziehen ist weniger die Qualität der einzelnen Folgen an sich. Problematischer ist, dass einigen Episoden zwischenzeitlich das Hör mal, wer da hämmert-Feeling abhanden geht. Es gibt keine Folge, die vollkommen deplatziert ist, doch mal stimmt das Tempo nicht (manche Episoden sind plötzlich vorbei, man hatte seinen Spaß, nur behält man nichts von ihr, sie fühlte sich sozusagen recht "leer" an), andere Male fühlt sich die eine oder andere Szene ein bisschen bemüht an. Erneut ist dies Haarspalterei, immerhin gefällt mir die finale Staffel besser als die siebte. Jedoch könnte ich es nachvollziehen, wenn andere mit den zahlreichen Änderungen und den gelegentlichen Problemen, den Hör mal, wer da hämmert-Balanceakt bezüglich Realismus, ironischer Sitcom-Realität und quirliger Überzeichnung aufrecht zu erhalten, nicht klarkommen und die achte Staffel wesentlich schwächer einschätzen. Dass es so viele "spezielle" Folgen gibt, kann ich persönlich hinsichtlich dessen, dass die Serie hier ihr Ende nimmt, gütlich hinnehmen. Neben den Festtagsfolgen gibt's pro Staffel eigentlich immer ein oder zwei etwas andere Folgen, dass man beim Anblick der Zielgerade mehr solcher Episoden dreht, ist doch nur verständlich und gerade bei einer Sitcom wie Hör mal, wer da hämmert, die neben dem glaubwürdigen, überspitzten Familienalltag auch eine etwas abgedrehtere Seite zeigte (Tool Time, Tims Maschinen mit mehr Power, Wilson) leicht durchzuziehen. So lange man dem Naturell der Serie treu bleibt, ist es für mich akzeptabel.

Natürlich muss ich in einer Besprechung der letzten Staffel von Hör mal, wer da hämmert noch auf das Finale eingehen. Erwähnenswert ist allein schon, dass das Finale nicht aus heiterem Himmel kommt, sondern bereits ein paar Folgen zuvor vorbereitet wird. Heutzutage mag dies selbst bei Sitcoms Usus sein (siehe etwa King of Queens), seinerzeit war dies dagegen eine löbliche Ausnahme. Jills Ausbildung zur Psychologin ist abgeschlossen und ihr Professor empfahl sie einem anerkannten Kolegen. Derweil holt sich Binford einen neuen Medienbeauftragten ins Bott, der Tool Time sehr zum Unmut Tims komplett auf den Kopf stellt. Irgendwann genügt es Tim, und er droht mit einer Kündigung, da es ihm lieber ist seine Stellung zu verlieren, als seine Integrität als Heimwerkerkönig. Und somit ist die letzte Episode von Tool Time beschlossene Sache. Jill erfährt währenddessen, dass ihr neuer Job einen Umzug verlangen würde. Tim, der bislang das Leben seiner Familie bestimmte, willigt ein, sich nun nach Jills Karriere zu richten.

Das Finale von Hör mal, wer da hämmert wird regelrecht zelebriert. Nachdem im ersten Teil die Weichen gelegt wurden, folgt eine Clipshow-Episode. Clipshows sind im Zeitalter von Dauerwiederholungen und DVDs nicht gerade sonderlich beliebt, aber hier ist sie durchaus angebracht. Sie gibt einem die Gelegenheit dazu, diese grandiosen Serie nochmal Revue passieren zu lassen und kann mit gelungener Musikauswahl (darunter auch der extra für diese Folge geschriebene Song We've Got It All von Kenny Rogers, der für einen Emmy nominiert wurde) und gutem Schnitt wesentlich mehr überzeugen als eine Durchschnittsclipshow. Das Herzstück der dreiteiligen letzten (zum Kanon zugehörigen) Episode ist selbstverständlich der letzte Teil, in dem die Serie zufriedenstellend abgerundet wird. Es gibt einige herzerwärmende Momente und die letzte Tool Time-Sequenz ist für mich richtiger Kult: Die K&B-Boys und weitere Gäste spielen auf Werkzeugen eine fetzige Version von Burning Down the House, eine perfekte Wahl für das letzte Segment der verrückten Heimwerkershow. Diese Szene ist ein würdiges Ende für die Tool Time und erweckt ein großes "Die Party ist zu Ende"-Gefühl. Es rührt, gerade deshalb, weil es nicht rührselig sein will.

Und als allerletzte Episode gibt's noch den Hör mal, wer da hämmert: Backstage Pass, einen Blick hinter die Kulissen, der mit bekannten und unbekannten Outtakes und Interviews mit den Darstellern amüsiert und rührt. Eine solche abschließende Epiosde sollte es bei mehreren Serien geben.
Die letzte Verbeugung des hervorragenden Ensembles (inklusive Earl Hindman, der als Wilson erstmals sein Gesicht zeigen darf) ist dann letzten Endes ein echter Gänsehautmoment und entlässt den Fan wie eine wohlig-warme Abschiedumarmung.

Siehe auch:

Waking Sleeping Beauty: Regisseur Don Hahn und Produzent Peter Schneider im Interview

Wie wurde aus den erfolglosen Disney-Zeichenstudios der Siebziger und Achtziger die erfolgreiche Traumfabrik der Neunziger? Und welche Bürden mussten die verantwortlichen Künstler für diesen Aufsteig auf sich nehmen? Diese Fragen beantwortet die Dokumentation Waking Sleeping Beauty von Disneyproduzent Don Hahn (Die Schöne & das Biest, der König der Löwen, Atlantis).
Collider sprach mit Don Hahn und dem Produzenten des Films, Peter Schneider, der 1985 zum Präsidentender Disney-Animationsstudios ernannt wurde und nun diese Dokumentation produzierte.

Sie sprechen im folgenden Video über die Entstehung und Finanzierung ihrer Dokumentation, über den Rhythmus in dem neue Disney-Animationsfilme erscheinen, über die 3D-Konvertierung von Die Schöne & das Biest und über zukünftige Projekte.

Dienstag, 23. März 2010

Kevin Smiths Zukunft? Ich sehe rot...

Wenn man ganz angestrengt an seine Träume denkt, materialisieren sie sich... Drogen und Weiber, Drogen und Weiber, Drogen und... Ach Mist, jetzt hab' ich Hunger!

Seit beinahe Jahren versucht Kevin Smith vergeblich, seinen Horrorthriller Red State auf die Beine zu bringen. Zuletzt schmiedete er gar kommunistische Pläne, um seinen düsteren und überaus pessimistischen Film umsetzen zu können.

Aus dem Filmkommunismus wird wohl nichts, zumindest davon ist auf Smiths Twitter-Seite nicht weiter die Rede. Red State dagegen scheint Realität zu werden: Die Dreharbeiten sollen im Juli beginnen, schreibt der kultige Autor und Regisseur.
Auf die Frage, wie er finanziert wurde, über ein Independent- oder ein großes Hollywoodstudio, antwortete Smith, er sei endlich wieder zu Hause. Das spricht klar gegen einen Hollywooddeal, könnte aber von "die Weinsteins wollen den Film jetzt plötzlich doch" über "Independentstudio" bis hin zu "Smith kratzt all sein Geld zusammen und finanziert ihn aus eigener Tasche" alles bedeuten.

Den ersten Entwurf von Red State, der laut Smith The Dark Knight wie eine Kindersendung aussehen lässt,verfasste Smith am 5. September 2007. Seither wiesen alle möglichen Geldgeber das Projekt ab, weil es zu riskant sei.

Sex, Lügen und Video

Sex, Lügen und Video gehört zu den Filmen, die Hollywood veränderten: Er löste nicht nur Steven Soderberghs Karriere aus, er etablierte ebenfalls das Sundance Festival als respektables Sprungbrett für junge Filmemacher und beschehrte die bereits rund ein Jahrzehnt lang aktiven Miramax-Studios mit ihrem ersten Erfolg in Mainstream-Ausmaßen. Der Independentfilm erhielt Aufmerksamkeit von Publikumsgruppen, die ihn vorher nicht beachteten und wurde von großen Hollywoodstudios erstmals ernst genommen.

Steven Soderberghs Debütfilm galt 1989 aufgrund seines offenen Umgangs mit Sexualität zudem als große Provokation. Dabei verzichtet das Drama vollständig auf Nacktszenen, die Sexualakte zwischen den Figuren werden nur angedeutet und in künstlerischen, lediglich die Gesichter zeigenden Kamerawinkeln eingefangen. Soderbergh behandelt Sexualität und Sinnlichkeit in diesem Film nicht explizit-viszell, sondern auf einer intelektuellen Ebene:

Die engelsgleiche, verklemmte Ann (Andie MacDowell) hat keine Lust auf Sex. Sie findet es seit einiger Zeit bereits abstoßend, wenn ihr Ehemann sie berührt. Um ihrer Prüderie auf den Grund zu gehen, besucht Ann einen Psychologen, bei dem sie über ihre Ehe und ihre Sexualität spricht. Erfolgversprechend verlaufen die Therapiestunden jedoch nicht. Ihr Ehemann, der Anwalt John (Peter Gallagher) betrügt Ann derweil mit ihrer barschen und extrovertierten Schwester Cynthia (Laura San Giacomo), die es besonders prickelnd findet, es im Ehebett ihrer Schwester zu treiben. Dieses Beziehungsdreieck und die Einzelschicksale dieser Personen wird für immer verändert, als Johns alter Schulfreund Graham (James Spader) darum bittet, sich bei John und Ann einquartieren zu können. Der zurückhaltende, aber neugierige Graham wird Ann schnell sympatisch und sie tauschen sich über Sexualität aus. Graham, der stets mit ruhiger und einfühlsamer Stimme spricht, offenbart Ann, die Sex für überbewertet hält, dass er impotent ist und deswegen kein Sexualleben haben kann. Stattdessen verbringt er seine Zeit mit einem aufwändigen "Privatprojekt": Er zeichnet mit seiner Videokamera Frauen auf, während er sie über Sex und Beziehungen befragt. Anns Sympathie für Graham schwindet wieder, während ihre nymphomane Schwester hellhörig wird...

Die denkwürdigste dieser vier Rollen ist zweifelsohne James Spader als der sich zurückhaltend verhaltende, durchdringende Fragen stellende Graham. Mit seinem gemächlichen, verführerischen und außergewöhnlichen Sprechrhythmus bestimmt Spader Geschwindigkeit und Tonfall des Films und zieht den Zuschauer mühelos in seinen Bann. Hervorragend ist aber auch Andie MacDowell als vor Sexualität scheuende Ann, die mit ihrem natürlichen Charisma die Sympathien der Zuschauer erhält und die emotionale Stütze des Films darstellt. Peter Gallagher ist als durchtriebener, fremdgehender Ehemann komisch und Laura San Giacomo bringt nicht nur die Leinwand zum Prickeln, sondern vermag es auch die anfangs unausstehliche Cynthia dem Publikum mit jeder ihrer Szenen ein Stückchen näher zu bringen.
Wie bereits erwähnt, sind die Sexgespräche in Sex, Lügen und Video niveauvoll und nicht rein provokanter Natur. Sie dienen, um den Figuren Tiefe zu verleihen und eine dramatische sowie packende Geschichte über Begehren, Liebe und (Selbst-)Betrug zu erzählen, und nicht etwa um zu schocken. Die brisanten Dialoge werden einfühlsam vermittelt und profitieren von Soderberghs außerordentlich straffen Federführung, die den anspruchsvollen Sex, Lügen und Video zugänglicher macht als die wirrere Quasifortsetzung Voll Frontal.

Sex, Lügen und Video ist ein sinnliches und amüsantes Drama mit sehr viel Tiefgang und tollen Figuren, dass überaus offen mit dem Thema der Sexualität umgeht und dabei sehr sensibel bleibt. Die sich ver- und wieder entwirrenden Schicksale der vier Hauptfiguren berühren und regen zum Nachdenken an. Soderberghs Debütfilm gehört mit Abstand zu den besten Filmen seiner Sparte und ist ein absolutes Muss für jeden Filmliebhaber.

Montag, 22. März 2010

Voll Frontal

Nach seinem immens erfolgreichen Debütfilm Sex, Lügen und Video baute sich Regisseur Steven Soderbergh zu einem Wandler zwischen den Hollywoodwelten auf. Stilbrüche und plötzliche Kehrtwenden wurden zu seinem Markenzeichen. In dem einen Moment drehte er Oscar taugliches Material wie Erin Brokovich oder Traffic, im nächsten Popcornkino wie Ocean's Eleven und dann wendete er sich wieder dem Experimentalkino zu, etwa mit seiner Komödie Schizopolis. 2002 erschien mit Voll Frontal Soderberghs möglicherweise experimentellstes Werk. Der 2 Mio. Dollar teure Episodenfilm über die Neurosen und Beziehungen einer Gruppe von Medienmenschen in Los Angeles fällt insbesondere durch seine von engen, selbstgesteckten Grenzen geprägten Ästhetik auf. In Anlehnung an die dänische Dogma-Bewegung werden die grobkörnigen Videokameraaufnahmen nur bei bereits existierendem Licht an echten Drehorten gedreht. Soderbergh drehte sehr schnell, in möglichst wenigen Takes. Er verbat es sich, zwischen verschiedenen Aufnahmen hin- und herzuschneiden, er wählte stets den besten Take. Innerhalb des Takes darf geschnitten werden, was zu stellenweise springendem Bild führt. Die Kamera verfolgt die Filmfiguren, bewegt sich frei um sie herum, dringt in ihre Privatsspähre ein. Voll Frontal wurde als inoffizieller Nachfolger von Sex, Lügen und Video angekündigt, wobei es keinen inhaltlichen Zusammenhang gibt. Die Verbindung besteht allein darin, dass es um die ungeschöhnten Seiten von Beziehungen geht und dass das Filmpublikum eine voyeuristische Haltung einnimmt. Doch bereits die Bedeutung der Videokamera wird in Voll Frontal umgedeutet: Sagte Soderbergh über Sex, Lügen und Video, er sei auf die Idee zu dieser Geschichte gekommen, weil er die Videokamera als das Medium ansah, mit dem sich eine Person andere Menschen auf Distanz halten kann, nutzt er die Kameras in Voll Frontal um besonders nah an sie heranzukommen.

Der Film beginnt an einem Freitag Morgen und verfolgt die Geschenisse seiner Hauptfiguren, die alle über den Produzenten Gus (David Duchovny) verbunden sind, welcher am kommenden Abend seinen 40. Geburtstag feiert. Die Reporterin Catherine (Julia Roberts) schreibt eine Story über den afro-amerikanischen Fernsehschauspieler Nicholas (Blair Undwerwood), der versucht mit harter Arbeit in Hollywood Fuß zu fassen. Catherine begleitet Nicholas von Termin zu Termin, und während sie sich immer besser kennenlernen, entstehen zwischen ihnen die ersten Funken.
Drehbuchautor und Journalist Carl (David Hyde Pierce) wird entlassen, weil er nicht aufregend genug ist, und lebt in ständiger Angst, dass seine Ehefrau Lee (Catherine Keener) ihn verlässt, weil sie ihn uninteressant findet. Lee mus in ihrer Firma einen Angestellten nach dem anderen feuern und versucht diesen Job aufzulockern, indem sie die Angestellten in ihrem Büro schwachsinnige Aufgaben erfülen lässt. Ihre Schwester, die Masseurin Linda (Mary McCormack), plant derweil einen Kurzurlaub in Tucson um sich dort mit einem Typen zu treffen, den sie im Internet kennengelernt hat und auf diesem Wege ihr unerfülltes Liebesleben auszubessern. Dieser ihr bislang unbekannte Flirt aus dem Netz ist Theaterregisseur Ed (Enrico Colantino), der zusammen mit Carl den aktuellen Film von Gus schrieb und sich momentan mit dem Hauptdarsteller (Nicky Katt) seines Stücks The Sound and the Fuhrer in die Haare kriegt, da sich dieser unentwegt anmaßt über die kreativen Geschicke des Stücks zu entscheiden.

Visuell war Voll Frontal seiner Zeit voraus. Die zeitgenössischen Kritiken verrissen den optischen Stil von Soderberghs Billgproduktion. Er verursache Kopfschmerzen, die verwackelten und verrauschten Aufnahmen ohne jegliche Tiefenschärfe hinterlassen den Eindruck, man sehe sich ein schlechtes DVD-Bonusmaterial an, eine Hintergrunddokumentation über das Filmemachen, statt einer vollwertigen Kinoproduktion. Das heutige,von Youtube an wackelige Videos und grobkörnige Laienproduktionen gewöhnte Publikum dürfte in der ruhigen Kameraführung und den langen, ungeschnittenen Sequenzen in Voll Frontal dagegen eine erholsame Ruhepause von hektischen Streifen wie Cloverfield, Public Enemies oder die Bourne-Trilogie sehen.

Obwohl Voll Frontal in der heutigen Zeit wohl nicht ganz so große Teile des Publikums auf Anhieb abschrecken wird, wie noch vor acht Jahren, soll allerdings nicht bedeuten, dass Soderberghs provokatives Experiment auf mehr Verständnis stoßen würde. Erzähltechnisch und inhaltlich ist Voll Frontal zu ungewöhnlich und unfokussiert. Die Wahl der Szenenübergänge ist oftmals unersichtlich, der Großteil der Dialoge besteht aus skurril-nichtigem Alltagsgeblubber mit wenig bis gar keiner Bedeutung für die überaus geringe Handlung des Films. Voll Frontal ist ein Charakterfilm, keiner, der einen relevanten Plot erzählen will. Die Figuren gerieten für einen solchen Film jedoch sehr blass, es gibt keine ikonische Hauptfigur im Film, die den unbedarften Zuschauer zu fesseln weiß. Die Dialoge plätschern vor sich hin und die gewöhnlichen Macken der Figuren erstaunen nicht. Kein Wunder, dass die meisten Zuschauer die Geduld mit Soderberghs Spielerei verloren.

Ich persönlich finde aber, dass sich bei Voll Frontal die Geduld, von der man auf jeden Fall eine Menge mitbringen muss, auszahlt und sich der Film mit jedem Anschauen kontinuierlich steigert. Sobald man sich mit der anstrengenden und unaufregenden "French New Wave trifft Woddy Allen in LA auf Acid - im dänischen Dogma-Look"-Stilistik von Voll Frontal arrangiert hat, offenbart sich, wie die visuelle und erzählerische Form eine komplexe Symbiose mit der Spielweise der Darsteller und den Dialogen eingeht. Ja, Voll Frontal wirkt tatsächlich selbst unter diesem gesichtspunkt noch immer etwas affektiert, die Produktion strahlt das arrogante Bewusstsein aus wesentlich anspruchsvoller und tiefsinniger zu sein, als sie es wirklich ist, aber diese mit real greifbaren Skurrilitäten und Anekdoten gesprenkelte Abhandlung über Identität, Selbstbildnisse und menschliche (Un-)Verbundenheit ist bei weitem nicht die hohle Luftblase, die ihre Kritiker in ihr sehen. Neben der bereits genannten Deutungsebenen befindet sich in Voll Frontal auch eine Fingerübung darin, wie man experimentell die Diskrepanz zwischen Filmromanzen und realen Beziehungen erörtern kann, und was benötigt wird, um dem Zuschauer ein Filmkonstrukt glaubwürdig nahezubringen.

Voll Frontal hat auch sehr amüsante Elemente zu bieten: Nicky Katts postmoderne Interpretation von Hitler ist zum Schreien komisch, Jeff Garlin gibt sein bestes als täuschend echte Harvey-Weinstein-Imitation und zwei Gaststars parodieren in einer auf den Punkt gebrachten Szene den Drehalltag in Hollywood. In den Dialogen von Voll Frontal verstecken sicht außerdem laienphilosophische, skurrile Beobachtungen, die schon längst in die Popkultur eingegangen wären, stammten sie aus einem Tarantino-Film. Beispielsweise lassen sich Menschen laut einer Nebenfigur in Voll Frontal in zwei Schubladen einteilen. Es gibt die unaufregenden, die zu Hause ihr Bier aus dem Kühlschrank holen und es aus dem Glas trinken, und diejenigen, die es aus der Flasche trinken.

Solche Beobachtungen sind es, die diesen voyeuristischen Blick in sechs kaputte Beziehungsleben alltäglichen Ausmaßes letztlich sehenswert machen. Die Figuren mögen zwar nicht sonderlich denkwürdig sein, trotzdem bereitet es Vergnügen, ihnen bei ihren neurotischen Problemchen und den Versuchen sie zu überwältigen zu beobachten. Dazu trägt vornehmlich das sehr authentische, realitätsnahe Spiel des Ensembles, welches von Soderbergh während der einem Sommercamp gleichenden 18 Drehtagen zu einer eingeschworenen Gemeinde formte.

Die äußerst informative Sonderausstattung auf der Voll Frontal-DVD hilft weiter, einem diesen ungewöhnlichen Film näher zu bringen. Im gemeinsamen Audiokommentar von Soderbergh und Autorin Coleman Hough erfährt man sehr viel über den Reifeprozess des Drehbuchs und die ungewöhnlichen Dreharbeiten. Einen Einblick auf genau diese erhält man in kurzen Featurettes über die ans Set gebrachten Spionagekameras und die von Soderbergh aufgestellten Zehn Gebote des Voll Frontal-Drehs. Deleted Scenes mit optionalem Audiokommentar und In-Character-Interviews mit den Schauspielern runden das aufschlussreiche Paket ab.

Siehe auch: