tag:blogger.com,1999:blog-14824206127592467182024-03-17T00:10:53.836+01:00SDB-FilmSir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.comBlogger3563125tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-14385786289536588572024-03-16T01:54:00.000+01:002024-03-16T01:54:10.033+01:00Mediatheken-Tipps (16. März 2024)<div style="text-align: left;"><b><i>Dickhäuter</i> (Dramatischer Animationskurzfilm, 2022) </b>Für alle, die noch etwas Oscar-Nachbereitung betreiben wollen - oder einfach ein Faible für Animation haben: Die französische Illustratorin Stéphanie Clément berichtet in ihrem subtil-beklemmenden Kurzfilm <i>Dickhäuter</i> von einer jungen Frau, die auf ihre Kindheit zurückblickt - konkret auf ihre ungeliebten Besuche bei ihren Großeltern. Was im trocken-bedrückten Tonfall wie eine anti-nostalgische "Es war einfach nicht schön da"-Erinnerung beginnt, wird durch eine Vielzahl an impliziten, im Zusammenspiel aber ein erschütterndes Gesamtbild ergebenden Hinweisen zum schmerzhaften, an die Nieren gehenden Bericht einer Erzählerin, die aufgrund ihrer Kindheit psychische Bewältigungsstrategien wie Dissoziation und Repression verfolgt. <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 31. März 2024</b></div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b><i>Brief an ein Schwein </i>(Dramatischer Animationskurzfilm, 2022) </b>Für alle, die noch etwas Oscar-Nachbereitung betreiben wollen - oder einfach ein Faible für Animation haben: In ihrem Kurzfilm <i>Brief an ein Schwein</i> erzählt Tal Kantor von einer Schulstunde, wie es sie wohl häufiger gibt - ein Holocaust-Überlebender erzählt einer Klasse vom Grauen, das er miterlebt hat, stößt aber auf verschlossene Ohren und pubertierende Unruhestifter, die sich über seine Geschichte lustig machen. Eine Schülerin trifft er aber - und die verliert sich in eine bittere Fantasie. Emotional verzahnt, visuell eine Mischung aus (mich nicht durchweg überzeugender) Rotoskopie und eindringlicher Animation im krakeligen Malkreide-Look. Das Ergebnis ist eine nachdenklich stimmende, keine einfachen Antworten bietende Auseinandersetzung mit (generationellem) Trauma. <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 31. März 2024</b></div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><div><b><i>Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution </i>(Dramödie, 2020) </b>Unscheinbare, aber starke Dramödie nach wahren Begebenheiten anno 1969/1970: Keira Knightley spielt eine junge Mutter, die nach langem, harten Kampf endlich an einen Studienplatz gelangt. Trotz ihrer ruhigen, analytischen Art freundet sie sich mit jungen, aktivistischen Frauen an, die planen, gegen den Miss-World-Wettbewerb zu protestieren. Parallel dazu gewinnen wir Einblicke in die Hoffnungen der Miss-World-Kandidatinnen: Während manche mitmachen, um vom Durchschnittsheteromann für ihr Aussehen gefeiert zu werden, sehen andere den Wettbewerb als ihre beste oder gar einzige Chance, um ihre Lebenssituation zu verbessern. Mit einem locker-flockigen Dialogbuch, aber einer ausdifferenzierten Narrative formt Regisseurin Philippa Lowthorpe (<i>Call the Midwife</i>) nach einem Skript von Gaby Chiappe & Rebecca Frayn einen zugänglichen, anspornenden Film, der trotzdem was auf dem Kasten hat: Ebenso beiläufig wie treffend werden verschiedene Gründe für und Formen des Protests beleuchtet - und überzeugend dafür eingestanden, dass zum selben Ziel sehr wohl unterschiedliche Wege führen, und sie sich nicht ausschließen. Für ein Miteinander der Ansätze, wider dem Zerfleischen untereinander! <b>ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 3. April 2024</b></div></div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><div><b><i>Passagiere der Nacht</i> (Drama, 2022) </b>Einer der schönsten Filme des Jahres 2023 (nach deutschem Kinostart gehend): Mikhaël Hers blickt in einer elliptischen Erzählung vom Schicksal einer Familie - angeführt von Elisabeth (Charlotte Gainsbourg). Die frisch geschiedene Mutter zweier Kinder hat erst kürzlich ihren Brustkrebs besiegt und wird im Paris des Jahres 1981 Telefonistin bei einer Radiosendung. In der atmosphärisch plätschernden, von Nachteulen-Energie und zarten zwischenmenschlichen Beziehungen geprägten Geschichte geht es daraufhin um kleine und größere Lebensveränderungen, Melancholie, bittersüße Hoffnungen und unerwartete Bekanntschaften. Wirkt glatt wie der wiederentdeckte Auftakt einer Rohmer-Trilogie über Tageszeiten. Einfach hübsch! <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 11. April 2024</b></div><div><b><i><br /></i></b></div><div><b><i>Songs of Gastarbeiter: Liebe, D-Mark und Tod </i>(Sozial- und Kultur-Dokumentation, 2023) </b>Frisch mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet und nach kurzer Zeit offline wieder zurück in der Mediathek! In seiner hervorragenden Dokumentation widmet sich Cem Kaya der in den Nachkriegsjahren begonnenen Welle an Migration aus der Türkei nach Deutschland und ihren Folgen - primär gefiltert durch das Thema der Musik: Welche Songs nahmen die "Gastarbeiter" mit, welche wurden daraufhin gezielt für sie produziert, und wie hängt dies mit heutigem Rap zusammen? Die Antworten, und wie sie präsentiert werden, ist menschlich, passioniert, schürt Wut über Dekaden an herzloser Politik, und sind trotzdem dank einer Vielzahl an Charakterköpfen oft auch erstaunlich witzig. Und so blicken wir mit Staunen auf eine im deutschen Mainstream geflissentlich übersehene Subkultur voller Facetten. <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 14. April 2024</b></div><div><b><br /></b></div><div><i style="font-weight: bold;">In den Gängen</i><b> (Sozialdrama, 2018) </b>Thomas Stubers <i>In den Gängen</i> versammelt mit Sandra Hüller und Franz Rogowski sogleich zwei deutsche Schauspielgrößen, die Beweise dafür sind, dass der internationale Filmdiskurs leichter gewillt ist, unsere Talente gebührend zu feiern, als große Teile des hiesigen. Der trist-kummervolle Film zeigt stellvertretend die lähmende Banalität des Berufsalltags in Großmärkten, legt den Finger in die Wunde namens Einkommensschere, zeigt Wendeverlierer und erschafft mit naturalistisch-wortkargen Performances (neben Hüller und Rogowski stark: Peter Kurth) komplexe Figuren. Und er macht aus einem spendierten Automatenkakao eine unvergesslich-gütige Geste. <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 2. September 2024</b></div></div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>Warum Mediatheken-Tipps?</b> Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender sind ein unablässig sprudelnder Quell an sehenswerten Produktionen. Ob Spielfilm, Dokumentarfilm, Reportage, Konzertfilm, Serie, oder oder oder. Doch nicht nur, dass man da leicht den Überblick verlieren kann: Ich kenne einige Menschen, die den Mediatheken kaum oder gar keine Beachtung schenken. Mit dieser Artikelreihe möchte ich Orientierung bieten, ebenso wie Anreiz, sich vermehrt mit den Mediatheken zu befassen. Dazu gebe ich wöchentlich sechs Anschautipps.</div><div style="text-align: left;"><br /><b>Wieso sechs Tipps? </b>Ich möchte, dass diese Artikelreihe händelbar bleibt. Für mich, damit ich sie neben meinen anderweitigen Verpflichtungen verfassen kann. Und für euch: Ich will euch nicht mit Anschautipps erschlagen. Sechs Tipps halte ich indes für umsetzbar: Selbst, wer alle Tipps ansprechend findet, kann sich täglich einen davon angucken, und hat dennoch bis zur nächsten Ausgabe der Reihe auch einen Tag "mediathekenfrei". </div><div style="text-align: left;"><br /><b>Die Mediatheken-Tipps erheben selbstredend keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt viel mehr zu sehen, als ich hier Woche für Woche nennen könnte.</b></div>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-44031051729590168422024-03-09T01:55:00.005+01:002024-03-10T05:03:47.203+01:00TV-Tipp: Hope & Friends in Hollywood<p><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/Cml7AYviXRk?si=4oIB9oTdl6HmKxGR" title="YouTube video player" width="560"></iframe></p><p>Ich habe einen glühenden TV-Tipp für euch. Einen, für den es sich lohnt, länger wachzubleiben. Oder früher aufzustehen. Und definitiv solltet ihr den Festplattenrekorder anschmeißen, denn es sieht nicht so aus, dass dieser TV-Tipp danach in voller Länge in die ARD-Mediathek zurückkehrt (wo ich ihn einst entdeckt habe, bevor er offline ging).</p><p>Denn der WDR zeigt in der Nacht vom 9. auf den 10. März ab 4 Uhr <i>Hope & Friends in Hollywood, </i>eine Aufzeichnung des Silvesterkonzerts, das Starviolinist Daniel Hope und das WDR-Funkhausorchester am 31. Dezember 2021 in der Philharmonie Essen gegeben haben. Das Konzert, mit Tom Gaebel und Pumeza Matshikiza als gastierende Gesangstalente, ist eine Zeitreise durch 100 Jahre Filmmusik. Und der zugleich als musikalischer Leiter und Moderator agierende Geiger hat eine facettenreiche Auswahl an Stücken zusammengestellt, um Hollywoods Musikgeschichte abzudecken.</p><p>Es reicht von einem Querschnitt durch das Schaffen der Exilkomponisten, die vor dem aufkommenden Faschismus aus Europa geflohen sind, über einen <i>James Bond</i>-Song bis hin zu Damien Chazelles <i>La La Land</i>. Als überraschendere Zwischenstationen interpretiert das WDR-Funkhausorchester aber auch Stücke aus <i>Saludos Amigos</i> und der mit Sidney Poitier verfilmten Oper <i>Porgy & Bess</i>!</p><p>Ich habe eh in den vergangenen Jahren eine Schwäche für die Arrangements des WDR-Funkhausorchesters entwickelt, ebenso fasziniert mich die Kanon, Außenseiter-Tipps und vermeintlich "zu simple" Stücke wertschätzende Schwerpunktsetzung in Hopes TV-Programmen. Bei <i>Hope & Friends in Hollywood</i> kamen für mich diese zwei starken Elemente in filmreifer Harmonie zusammen: Diese Filmmusikzeitreise ist überraschend, wird zugleich dem Anspruch gerecht, allseits beliebte Meilensteine aufleben zu lassen, und klingt hervorragend - alles mit kompetenter, sich trotzdem kurzfassender Einordnung Hopes.</p><p>Als diese Konzertaufzeichnung nach ihrer im Januar 2022 erfolgten Erstausstrahlung in der ARD-Mediathek landete, habe ich sie mir begeistert mehrfach angesehen. Umso größer war mein Bedauern, als sie nach jüngeren Wiederholungen nicht wieder in die Mediathek aufgenommen wurde - und die via YouTube veröffentlichten Ausschnitte decken auch nur einen Teil des von Frank Strobel dirigierten Abends ab.</p><p>Ein großer Jammer! Selbstredend kann ich nicht vollkommen ausschließen, dass ich aufgrund des meinen Geschmack treffenden Programms und der Veröffentlichungsumstände (wir erinnern uns: 2022 gab es die letzten Pandemie-Wellen, in deren Zuge zu Vorsicht beim Ausgehen und bei Treffen in den eigenen vier Wänden gemahnt wurde) eine überproportionale sentimentale Bindung zu dieser Filmkonzertaufzeichnung entwickelt habe. Schließlich habe ich viele Stunden damit verbracht, mittels <i>Hope & Friends in Hollywod</i> monotone Tage und Wochen zu revitalisieren.</p><p>Dennoch bin ich zuversichtlich darin, wenn ich nicht nur die Auswahl der Musikstücke und die orchestralen sowie gesanglichen Leistungen lobe, sondern auch die visuelle Präsentation: Da der WDR glücklicherweise einige seiner Rundfunkorchester-Konzerte mitfilmt respektive live streamt, kenne ich mehr als eine gute Handvoll an Vergleichsmaterial. Und die Lichtdramaturgie in der Essener Philharmonie sowie Thorsten Frickes TV-Regie verleihen diesem Mitschnitt durchaus eine visuelle Dynamik und Wertigkeit, die öffentlich-rechtliche, philharmonische Konzertübertragungen in dieser Form nur selten haben.</p><p>Selbstredend ist es kein Konzertfilm in der Tradition der großen Leinwand-Konzertfilmklassiker, trotzdem ist es eine ansprechende Präsentation eines tollen Konzerts. Und da sich nicht absehen lässt, wann ihr es nach dieser Ausstrahlung erneut sehen könnt, solltet ihr dringend von diesem TV-Termin Gebrauch machen, wenn ihr Filmmusik liebt!</p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-44282624464405065552024-03-09T00:00:00.007+01:002024-03-09T00:00:00.242+01:00Mediatheken-Tipps (9. März 2024)<p><b><i>Ronin</i> (Action-Thriller, 1998) </b>John Frankenheimer haut mal eben mehrere saustarke, stilistisch sich voneinander abhebende, und dennoch wie aus einem kohärenten Guss wirkende Verfolgungsjagden in einen einzigen Film: Robert De Niro, Jean Reno, Sean Bean, Jonathan Pryce, Natascha McElhone und Stellan Skarsgård führen uns in einer bleihaltigen Räuberpistole durch Paris, die Côte d’Azur und die Provence. Es scheppert ordentlich, es wird gelogen und betrogen, und die Motoren dröhnen kräftig. Geradlinige Krawallunterhaltung mit Stil. <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 12. März 2024</b></p><p><i style="font-weight: bold;">Mein Ende. Dein Anfang,</i><b> (Drama, 2019) </b>Mariko Monoguchi nutzt die Magie des audiovisuellen Erzählens, um eine physikalisch hoch theoretische, emotional jedoch vollauf greifbare Geschichte über Liebe, Kummer und Trost zu erzählen. Toll gespielt von Saskia Rosendahl, Julius Feldmeier und Edin Hasanović, meisterlich geschnitten von Andreas Menn und von Monoguchi mit leichtgängig wirkender Präzision inszeniert. <b>ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 23. März 2024</b></p><p><i><b>Female Comedies - Freche Mädchen, komische Frauen</b> </i><b>(Stummfilmsammlung, 1906 bis 1927) </b>Die Populär-Filmgeschichtsschreibung hatte lange Zeit ein Gewichtungsproblem: Während etwa Charlie Chaplin, Buster Keaton und Georges Méliès ihre berechtigte Zeit im Rampenlicht erhalten, wann immer die Stummfilmzeit behandelt wird, gingen lange Zeit andere Namen vollkommen unter. Wie Filmpionierin Alice Guy-Blaché (die mittlerweile wieder in den Fokus zurückkehrt und eine Graphic-Novel-Biografie gewidmet bekam) oder Mabel Normand, die schon vor Chaplin den Dreh "Sei der Star in deinen eigenen Slapstick-Komödien" raus hatte und dem Bleistiftschnurrbartträger zum Karrierestart verhalf. arte trägt dazu bei, den talentierten Frauen der Stummfilmära wieder zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen und versammelte unter dem Label <i>Female Comedies</i> 14 Kurzfilme, die weibliche Talente vor und/oder hinter der Kamera vorführen. </p><p>Die Auswahl an Kurzfilmen reicht von Alltagsthemen über humorvolle Krimis bis hin zu fabulösen Zukunftsgeschichten, von explizit feministisch zu "da sind halt auch Frauen lustig". Musikalisch untermalt wurden die Kurzfilme unter anderem von Ensemble Garage, DJ SilentFilmDj und Hisato Tsuji, die den stereotypen Klimperklavier-Sound großzügig vermeiden und die Filme somit für ein kontemporäres Publikum zugänglicher machen. <b>arte-Mediathek, erster Schub an Filmen läuft am 24. März 2024 ab, der zweite am 31. Mai 2024</b></p><p><b><i>Zwei Companeros</i> (Western, 1970) </b>Auch als <i>Lasst uns töten, Companeros</i> bekannter Italowestern des unter anderem von Quentin Tarantino innig verehrten <i>Django</i>-Machers Sergio Corbucci: Franco Nero spielt einen schwedischen Waffenhändler (was sonst?), der im von einer Revolution durchrüttelten Mexiko Geschäfte machen will. An welche Seite er liefert, ist ihm gleich, solange die Einnahmen stimmen. Eine Gruppe idealistischer Revoluzzer:innen, darunter die heißblütige Mexikanerin Lola (Iris Berben, wer sonst?), versucht allerdings, den Schweden für ihre Sache zu gewinnen... Schmierig-eindringlich gefilmt, herrlich von Ennio Morricone untermalt, boshaft-genüsslich in der Gewalt und süffisant-grobschlächtig im Humor - mit einer Dosis Haudauf-Slapstick. <b>ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 1. April 2024 um 0.45 Uhr</b></p><p><b><i>We Need to Talk About Kevin</i> (Thrillerdrama, 2011) </b><i>A Beautiful Day</i>-Regisseurin Lynne Ramsay adaptiert in <i>We Need To Talk About Kevin</i> den gleichnamigen Roman und erzählt somit die Geschichte der Mutter und früheren Reisejournalistin Eva Khatchadourian (Tilda Swinton), sowie insbesondere von ihren Selbstzweifeln und ihrem bedrückenden Gedankenkarussell: Wir sehen, wie sie mit ihrem Mann Franklin (John C. Reilly) ihren Sohn Kevin (Ezra Miller) großzieht. Und wann immer Kevin sich anstrengend verhält, drängt sich Eva die Frage auf: Ist Kevin trotz oder wegen mir so, und was soll ich jetzt nur tun? Kühl und soghaft inszeniert, intelligent kondensiert und trotzdem erschreckend lebensnah erzählt, brennt sich dieser Film nicht nur wegen Ramsays Bildern und narrativer Schwerpunktsetzung ins Gedächtnis, sondern auch aufgrund der komplexen, bemitleidenswerten und dennoch nicht mitleidsgeifernden Performance von Swinton. Und Millers Performance ist wahrlich gänsehauterregend - heute wohl auch noch mehr, als 2011 bereits schon. <b>ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 1. April 2024 um 22 Uhr</b></p><p><b><i>Apollo Amerika</i> (Hörspiel-Collage, 1969) </b>1969: Die ganze Welt verfolgt gebannt die Apollo-11-Mission und fiebert mit, wie Neil Armstrong und Buzz Aldrin als erste Menschen den Mond betreten. Die ganze Welt? Nein: Hörspielautor Ferdinand Kriwet tritt einen Schritt zurück und schließt sich in den USA mit einem Tonbandgerät ein. Fiebrig saugt er nicht die eigentlichen Ereignisse auf, sondern wie sie medial aufbereitet werden. Dabei entstanden ist eine assoziative, geradezu avantgardistisch-musikalische Collage aus Radio- und TV-Ausschnitten. Ein soghaftes, erschlagendes Klangerlebnis. <b>ARD-Audiothek, mir unbekanntes Ablaufdatum</b></p><p><b>Warum Mediatheken-Tipps?</b> Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender sind ein unablässig sprudelnder Quell an sehenswerten Produktionen. Ob Spielfilm, Dokumentarfilm, Reportage, Konzertfilm, Serie, oder oder oder. Doch nicht nur, dass man da leicht den Überblick verlieren kann: Ich kenne einige Menschen, die den Mediatheken kaum oder gar keine Beachtung schenken. Mit dieser Artikelreihe möchte ich Orientierung bieten, ebenso wie Anreiz, sich vermehrt mit den Mediatheken zu befassen. Dazu gebe ich wöchentlich sechs Anschautipps.</p><p><b>Wieso sechs Tipps? </b>Ich möchte, dass diese Artikelreihe händelbar bleibt. Für mich, damit ich sie neben meinen anderweitigen Verpflichtungen verfassen kann. Und für euch: Ich will euch nicht mit Anschautipps erschlagen. Sechs Tipps halte ich indes für umsetzbar: Selbst, wer alle Tipps ansprechend findet, kann sich täglich einen davon angucken, und hat dennoch bis zur nächsten Ausgabe der Reihe auch einen Tag "mediathekenfrei". </p><p><b>Die Mediatheken-Tipps erheben selbstredend keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt viel mehr zu sehen, als ich hier Woche für Woche nennen könnte.</b></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-3030259108736562342024-03-06T20:47:00.002+01:002024-03-10T20:42:07.899+01:00Meine Prognose der 96. Academy Awards: Wer gewinnt bei den Oscars 2024?<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEibug6DPzTbk6CCL7-UsajyDxyttaj5T9odfS9uIBeCuW7LFwrcPf5kmdNo1MGVofz9OBkybSDIM369p9UzAj8PoNATIX-fwB-4ZtuLCiNhMviPbrBhyphenhyphen22xa5_rla0cRekdns2GI0ESlzL_AcgiZacYzXEpMzxHeRjtnalbNd7n-Y1IZ5lxiuTPn064YKP6/s750/o.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="750" data-original-width="474" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEibug6DPzTbk6CCL7-UsajyDxyttaj5T9odfS9uIBeCuW7LFwrcPf5kmdNo1MGVofz9OBkybSDIM369p9UzAj8PoNATIX-fwB-4ZtuLCiNhMviPbrBhyphenhyphen22xa5_rla0cRekdns2GI0ESlzL_AcgiZacYzXEpMzxHeRjtnalbNd7n-Y1IZ5lxiuTPn064YKP6/w253-h400/o.jpg" width="253" /></a></div><div><br /></div>Schaut man auf die Indikatorpreise, und lauscht, welche Filme immer noch euphorischer Teil des Diskurses sind, sieht es nach einem Oscar-Rennen aus, das dem aus dem Vorjahr ähnelt: Damals galt <i>Everything Everywhere All At Once</i> als großer Favorit und ging letztlich mit sieben Siegen nach Hause. Dieses Jahr hat <i>Oppenheimer</i> diese Position, bloß, dass er außerdem "Oscar-tauglicher" anmutet, was es leichter macht, über den Schatten zu springen und ihn auch in vielen Kategorien vorherzusagen.<div><br />Doch darin liegt auch die große Prognosengefahr: Bloß nicht hinreißen lassen und <i>Oppenheimer</i> zu oft vorhersagen. Oder sich zu sehr ins Bockshorn jagen lassen und ihn daher zu selten vorhersagen...<br /><div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>Beste Regie<br /></b>Justine Triet, <i>Anatomie eine Falls </i></div><div style="text-align: left;">Jonathan Glazer, <i>The Zone Of Interest</i> </div><div style="text-align: left;">Yórgos Lánthimos, <i>Poor Things</i></div><div style="text-align: left;"><b>Christopher Nolan, <i>Oppenheimer</i></b></div><div style="text-align: left;">Martin Scorsese, <i>Killers Of The Flower Moon</i></div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Hat Nolan nach dem BAFTA, dem Critics Choice Award und dem DGA Award wohl sicher im Sack.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>Beste Hauptdarstellerin</b></div><div style="text-align: left;">Annette Bening, <i>Nyad</i></div><div style="text-align: left;">Lily Gladstone, <i>Killers Of The Flower Moon</i></div><div style="text-align: left;">Sandra Hüller, <i>Anatomie eines Falls</i></div><div style="text-align: left;">Carey Mulligan, <i>Maestro</i></div><div style="text-align: left;"><b>Emma Stone, <i>Poor Things</i></b></div><div style="text-align: left;"><br />Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Stone und Gladstone. Gladstone hat den SAG Award, aber Stone den BAFTA und zudem den Film, der diese Oscar-Saison mehr Momentum hat. Ich habe so ein "<i>Killers Of The Flower Moon</i> wird Scorseses nächster <i>Gangs Of New York</i>"-Gefühl, dass der Film völlig leer ausgeht. Andererseits ist eine der großen Weisheiten der vergangenen Oscar-Jahre, dass man bei den großen Kategorien stets auf die Person tippen will, die die Branche auf der Bühne sehen möchte. Und Gladstone als erste Native-American-Gewinnerin ist da die naheliegendere Wahl: Die Branche kann sich auf die Schulter klopfen, zudem ist das ihre große Chance auf eine Oscar-Dankesrede. Stone war dort ja schon... <br /><br />Ich wäre mit beiden als Gewinnerin fein, da ich aber keinen Split vorhersagen will: Ich vertrau meinem "Zu finster für die Oscars"-Gefühl und dem <i>Poor Things</i>-Momentum. Und dann mal schauen.<br /><br /></div><div style="text-align: left;"><b>Bester Hauptdarsteller</b></div><div style="text-align: left;">Bradley Cooper, <i>Maestro</i></div><div style="text-align: left;">Colman Domingo, <i>Rustin</i></div><div style="text-align: left;">Paul Giamatti, <i>The Holdovers</i></div><div style="text-align: left;"><b>Cillian Murphy, <i>Oppenheimer</i></b></div><div style="text-align: left;">Jeffrey Wright, <i>American Fiction</i></div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>Beste Nebendarstellerin</b></div><div style="text-align: left;">Emily Blunt, <i>Oppenheimer</i></div><div style="text-align: left;">Danielle Brooks, <i>Die Farbe Lila</i></div><div style="text-align: left;">America Ferrera, <i>Barbie</i></div><div style="text-align: left;">Jodie Foster, <i>Nyad</i></div><div style="text-align: left;"><b>Da'Vine Joy Randolph, <i>The Holdovers</i></b></div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>Bester Nebendarsteller</b></div><div style="text-align: left;">Sterling K. Brown, <i>American Fiction</i></div><div style="text-align: left;">Robert De Niro, <i style="font-style: italic;">Killers Of The Flower Moon</i></div><div style="text-align: left;"><b>Robert Downey Jr.,<i style="font-style: italic;"> Oppenheimer</i></b></div><div style="text-align: left;">Ryan Gosling, <i>Barbie</i></div><div style="text-align: left;">Mark Ruffalo, <i>Poor Things</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /><span style="font-style: normal;">Murphy, Downey und Randolph halte ich für nahezu (Murphy, könnte vielleicht Giamatti werden) und absolut (Randolph, Downey) gesetzt.</span><br /><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Bestes Original-Drehbuch</b></div><div style="text-align: left;"><i><b>Anatomie eines Falls</b></i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">The Holdovers</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Maestro</i></div><div style="text-align: left;"><i>M</i><i style="font-style: italic;">ay December</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Past Lives - In einem anderen Leben</i></div><div style="text-align: left;"><span><br />Glaube, das machen <i>Anatomie eines Falls</i> und <i>The Holdovers</i> unter sich aus. <i>The Holdovers</i> hat den "Academy stimmt mit dem Herzen ab"-Punkt, <i>Anatomie eines Falls</i> beweist mit dem BAFTA, dass der Film beim englischsprachigen Teil der Branche stark ankommt. Tendiere zu <i>Anatomie eines Falls</i>. <br /><br /></span></div><div style="text-align: left;"><b>Bestes adaptiertes Drehbuch</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b>American Fiction</b></i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Barbie</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Oppenheimer</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Poor Things</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">The Zone Of Interest</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;">Es fühlt sich seltsam an, einen Beinahe-Durchmarsch von <i>Oppenheimer</i> vorherzusagen, und dann das minutiös strukturierte Drehbuch zu übergehen. Aber <i>American Fiction</i> baute zuletzt Momentum ab, und das hier ist die Kategorie, wo er sich durchquetschen könnte.</div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Bester Animationsfilm</b></div><div style="text-align: left;"><i>Elemental</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b>Der Junge und der Reiher</b></i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Nimona</i> </div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Robot </i><i>Dreams</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Spider-Man: Across The Spider-Verse</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Bester Dokumentarfilm</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Bobi Wine: The People's President</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Die unendliche Erinnerung</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Olfas Töchter</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">To Kill A Tiger</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b>20 Days In Mariupol</b></i></div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>Bester internationaler Film </b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Das Lehrerzimmer</i><i style="font-style: italic;"> </i>(Deutschland)</div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Die Schneegesellschaft</i> (Spanien) </div><div style="text-align: left;"><b><i style="font-style: italic;">The Zone Of Interest</i><i style="font-style: italic;"> </i>(Großbritannien)</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Io Capitano</i><i style="font-style: italic;"> </i>(Italien)</div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Perfect Days</i> (Japan)</div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Beste Kamera</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">El Conde</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Killers Of The Flower Moon</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Maestro</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b>Oppenheimer</b></i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Poor Things</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Bester Schnitt</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Anatomie eines Falls</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">The Holdovers</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Killers Of The Flower Moon</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b>Oppenheimer</b></i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Poor Things</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Beste Musik</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">American Fiction</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Indiana Jones und das Rad des Schicksals</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Killers Of The Flower Moon</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b>Oppenheimer</b></i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Poor Things</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Bester Original-Song</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">It Never Went Away</i><i style="font-style: italic;"> </i>aus<i style="font-style: italic;"> American Symphony</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">I'm Just Ken</i><i style="font-style: italic;"> </i>aus<i style="font-style: italic;"> Barbie</i></div><div style="text-align: left;"><b><i style="font-style: italic;">What Was I Made For?</i><i style="font-style: italic;"> </i>aus<i style="font-style: italic;"> Barbie</i></b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">The Fire Inside</i><i style="font-style: italic;"> </i>aus<i style="font-style: italic;"> Flamin' Hot</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Wahzhazhe (A Song For My People)</i><i style="font-style: italic;"> </i>aus<i style="font-style: italic;"> Killers Of The Flower Moon</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Bester Sound</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">The Creator</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Maestro</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Mission: Impossible - Dead Reckoning Teil 1</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Oppenheimer</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b>The Zone Of Interest</b></i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><span>Alternativ setzt sich <i>Oppenheimer </i>durch, aber bei <i>The Zone Of Interest </i>ist der Sound bei fast allen, die über ihn sprechen/schreiben eines der ersten, größten Argumente für den Film.</span></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Beste visuelle Effekte</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">The Creator</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b>Godzilla: Minus One</b></i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Guardians Of The Galaxy Vol. 3</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Mission: Impossible - Dead Reckoning Teil 1</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Napoleon</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Beste Kostüme</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Barbie</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Killers Of The Flower </i><i>Moon</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Napoleon</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Oppenheimer</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b>Poor Things</b></i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Bestes Make-Up und Haarstyling</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Golda</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b>Maestro</b></i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Oppenheimer</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Poor Things</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Die Schneegesellschaft</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;">Die Academy liebt überzeugendes Alters-Make-up noch mehr als die Entstellungen, die Dafoe in <i>Poor Things</i> durchleidet.</div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Bestes Produktionsdesign</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Barbie</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Killers Of The Flower Moon</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Napoleon</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Oppenheimer</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b>Poor Things</b></i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b><br /></b></i></div><div style="text-align: left;">Wie bei den Kostümen sehe ich hier <i>Barbie</i> als größte Konkurrenz für <i>Poor Things</i>, aber ich bilde mir ein, dass der (noch) schrägere Film das Rennen macht.</div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Bester Kurzfilm</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">The After</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b>Ich sehe was, was du nicht siehst</b></i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Invincible</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Knight Of Fortune</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Red, White And Blue</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Bester animierter Kurzfilm</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Ninety-Five Senses</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Our Uniform</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Pachyderme</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Letter To A Pig</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b>War Is Over! Inspired By The Music Of John & Yoko</b></i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><span>Wäre in meinen Augen der schwächste der fünf Filme, aber ich fürchte, dass die Kombi aus "Platt-direkter Antikriegsaussage", "gefällig-massentauglichem Look" und "John Lennon" den Film nach vorne peitscht.</span></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Bester Dokumentar-Kurzfilm</b></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">The ABCs Of Book Banning</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">The Barber Of Little Rock</i>
<i style="font-style: italic;">Island</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">In Between</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><b>The Last Repair Shop</b></i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;">Nǎi Nai & Wài Pó</i></div><div style="text-align: left;"><i style="font-style: italic;"><br /></i></div><div style="text-align: left;"><b>Bester Film</b><div><i>American Fiction</i> <br /><i>Anatomie eines Falls</i> <br /><i>Barbie</i> <br /><i>The Holdovers</i> <br /><i>Killers Of The Flower Moon</i><br /><i>Maestro</i><br /><b><i>Oppenheimer</i><br /></b><i>Past Lives - In einem anderen Leben</i><br /><i>Poor Things</i><br /><i>The Zone Of Interest</i></div><div><i><br /></i></div><div>Dürfte ein klares Rennen sein. Aber ich bin dennoch gespannt. Auf eine schöne Oscar-Nacht!</div></div></div></div>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-9537302249005627142024-03-02T11:47:00.002+01:002024-03-02T19:52:49.616+01:00Mediatheken-Tipps (2. März 2024)<p><b><i>Twist: Der Hype um Immersion</i> (Kulturmagazin, 2023) </b>Um kurz melancholisch zu werden: In den vergangenen vier Jahren hat sich <i>Twist</i> für mich zu einer festen Instanz und meinem liebsten TV-Kulturmagazin entwickelt. Frisch, sympathisch und anspornend moderiert, aus stets wechselnden (immer herrlich fotografierten) Städten präsentiert, nimmt sich <i>Twist</i> allen erdenklichen Kunst- und Kulturthemen an. Jede Folge hat ein Leitthema, dem sich die Redaktion in verschiedenen Beiträgen annimmt, die teils im nicht ausverbalisierten, kritischen Dialog miteinander stehen. Informativ, Perspektiven aufzeigend und das aus einer jungen, entdeckungsfreudigen Haltung heraus.</p><p>Vor wenigen Wochen wurde das Format einem "Soft Reboot" unterzogen, die Moderation gestrichen, die Themenabschnitte einer jeden Folge sind nun kohärenter (oder: monotoner). Es ist immer noch ein sehenswertes Format, aber es hinterlässt mich etwas blaumütig, dass die lebhaftere, buntere, variantenreichere Ur-Version von <i>Twist</i> aufgegeben wurde (wohl mangels Erfolg). Die Moderatorinnen (Stamm-Team: Bianca Hauda und Romy Straßenburg im Wechsel) haben sich redlich bemüht, arte machte mehrmals Umfragen, um Wege zu finden, das Format stärker zu pushen, ich hab das Format öfters ungefragt weiterempfohlen... Es hat wohl nicht sollen sein.</p><p>Daher würde ich mich ärgern, die Mediatheken-Tipps <i>nicht</i> zu nutzen, um auf die "alte" <i>Twist</i>-Variante hinzuweisen, solange einige Ausgaben davon in der arte-Mediathek und bei YouTube online sind. Exemplarisch habe ich mal die Folge über Immersion in der Kunst genommen. Denn seit der Ausgabe brüte ich darüber, mal das Phoenix des Lumières zu besuchen. Vielleicht spornt sie euch wiederum an, <i>Twist</i> zu bingen. (Und wenn genug von euch bingen, wird vielleicht die alte <i>Twist</i>-Version aufgrund plötzlichen Erfolgs zurückgeholt?) <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 10. März 2024</b></p><p><b><i>CineKino: Schlüsselmomente des europäischen Kinos</i> (Dokuserie, ab 2016) </b>In der Dokuserie <i>CineKino</i> reist arte durch die entscheidenden Momente in der Kinogeschichte jeweils eines europäischen Landes. Die vier derzeit abrufbaren Ausgaben widmen sich jeweils Frankreich, Belgien, Deutschland und Italien, ab dem 8. März folgen Ausgaben über Großbritannien, Spanien, Tschechien und die Slowakei, die Schweiz, Österreich und Polen. Bei unter 30 Minuten Laufzeit pro Folge mit Filmausschnitten, Interviews und Archivaufnahmen selbstredend nicht allumfangend, bietet <i>CineKino</i> dennoch einen leidenschaftlichen, Impulse zum Wieder- und Neuentdecken setzenden Querschnitt dessen, was die behandelten Filmnationen ausmacht. <b>arte-Mediathek, Folge eins bis vier abrufbar bis zum 6. April 2024</b></p><p><b><i>Pioniere der Filmmusik: Europas Sound für Hollywood</i> (Dokumentation, 2023) </b>In 52 bis zum Rand mit Information vollgepackten Minuten blickt diese arte-Doku auf drei Männer die während der Anfänge des Tonfilms vor dem Nationalsozialismus geflohen sind und in Hollywood die "Sprache" der Filmmusik entscheidend mitgeprägt haben: Erich Wolfgang Korngold, Max Steiner und Franz Waxman. Ihre Einflüsse, ihr Leben in den USA und ihr Einfluss wird ebenso behandelt, wie eine Brücke ins Heute geschlagen wird: Wieso sind Hans Zimmer, Ramin Djawadi und Harold Faltermeyer von Deutschland aus nach Hollywood gekommen, was inspiriert sie und wie haben sie den Mainstream-Sound verändert? (Die Doku enthält Spoiler für <i>Keine Zeit zu sterben.</i>) <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 24. Mai 2024</b></p><p><b><i>Jodorowsky’s Dune</i> (Dokumentation, 2013) </b>Eine der größten Was-wäre-wenn?-Geschichten des Kinos: Der chilenische Regisseur Alejandro Jodorowsky wollte Frank Herberts <i>Dune</i> verfilmen, steigert sich allerdings in immens ambitionierte Ideen herein und eckt daher mit den Finanziers zusammen. Der Film kam daher nicht aus der Planungsphase heraus, allerdings tröpfelten Designideen in spätere, wirklich vollendete Werke wie <i>Alien</i>. Diese Doku erzählt, wie es zur Kombi aus Jodorowsky und <i>Dune</i> kam, seine Ideen werden vorgestellt und der streitbare Regisseur darf sich darüber aufregen, dass nichts daraus wurde. Faszinierende Doku, nach der ich zumindest keinerlei Glauben daran hatte, dass man diese <i>Dune</i>-Version jemals hätte umsetzen können. <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 18. August 2024</b></p><p><b><i>Radio macht Geschichte</i> (Doku-Podcast-Miniserie, 2023)</b> Anlässlich des 100-jährigen Radiojubiläums widmen sich die Autoren Tomas Fitzel (rbb), Sven Hecker (MDR) und Max Knieriemen (SWR) in 15 kompakten Episoden zu jeweils knapp einer Viertelstunde zahlreichen Facetten des Mediums. Mit Original-Audioausschnitten aus wichtigen, einflussreichen, kultigen, berüchtigten oder beliebten Radioübertragungen, (Archiv-)Interviewschnipseln und einer einordnenden Erzählstimme wird etwa über die Entwicklung des Radios aufgeklärt. Oder die Geschichte der Live-Reportage. Oder des Hörspiels. Oder darüber, weshalb das Radio-Nachtprogramm in Deutschland ist, wie es ist. Oder darüber, weshalb die Polizei gegen Verkehrsinformationen im Radio war. Schön zusammengeschnürte Info-Häppchen voller "Oha?!"-Momente, sympathisch erzählt! <b>ARD-Audiothek, voraussichtlich abrufbar bis zum 8. Oktober 2024</b></p><p><b><i>Zauberei auf dem Sender </i>(Metafiktionale Hörspiel-Groteske, 1924/1962) </b>Ach, du heilige Makrele: 1924 hatte Dr. Hans Flesch, Intendant des Radiosenders Frankfurt 1, eine herausragende Idee, die sich als verspielter Vorbote von Orson Welles' <i>Krieg der Welten</i>-Adaption von 1938 bezeichnen ließe: Live wurde das Programm seines Senders durch reinstes Chaos durcheinander gewirbelt. Der Ansager verhaspelt sich. Die "Märchentante" platzt ins Studio und verlangt, den Kindern abends was erzählen zu dürfen. In der Regie funktionieren die Regler nicht, sodass gleichzeitig Töne aus verschiedenen Winkeln der Station über den Äther geschickt werden. Und dann prahlt ein selbsternannter Zauberer, er könne dafür sorgen, dass das Publikum ihn sieht. All das war ein geskriptetes Hörspiel, das die Formen des Radios bereits in seinen Anfangsjahren auslotete - und leider nicht als Aufzeichnung erhalten blieb. Stattdessen wurde das Skript 1962 erneut eingesprochen. Kesser Schabernack, den gern mal eine TV-Produktionsfirma als Inspiration nutzen dürfte, um dem linearen Fernsehen in seinen späten Jahren einen feisten "Was passiert hier?!"-Moment zu verschaffen. <b>ARD-Audiothek, mir unbekanntes Ablaufdatum</b></p><p><b>Warum Mediatheken-Tipps?</b> Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender sind ein unablässig sprudelnder Quell an sehenswerten Produktionen. Ob Spielfilm, Dokumentarfilm, Reportage, Konzertfilm, Serie, oder oder oder. Doch nicht nur, dass man da leicht den Überblick verlieren kann: Ich kenne einige Menschen, die den Mediatheken kaum oder gar keine Beachtung schenken. Mit dieser Artikelreihe möchte ich Orientierung bieten, ebenso wie Anreiz, sich vermehrt mit den Mediatheken zu befassen. Dazu gebe ich wöchentlich sechs Anschautipps.</p><p><b>Wieso sechs Tipps? </b>Ich möchte, dass diese Artikelreihe händelbar bleibt. Für mich, damit ich sie neben meinen anderweitigen Verpflichtungen verfassen kann. Und für euch: Ich will euch nicht mit Anschautipps erschlagen. Sechs Tipps halte ich indes für umsetzbar: Selbst, wer alle Tipps ansprechend findet, kann sich täglich einen davon angucken, und hat dennoch bis zur nächsten Ausgabe der Reihe auch einen Tag "mediathekenfrei". </p><p><b>Die Mediatheken-Tipps erheben selbstredend keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt viel mehr zu sehen, als ich hier Woche für Woche nennen könnte.</b></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-76765865486331106392024-02-24T00:00:00.002+01:002024-03-02T19:52:35.917+01:00Mediatheken-Tipps (24. Februar 2024)<p><b><i>Tootsie</i> (Travestie-Komödie, 1982)</b> Klassiker des mainstreamtauglichen Crossdressing-Humors mit Dustin Hoffman als perfektionistischen, aber anstrengenden und daher wenig gefragten Schauspieler. Um weiter mit seiner Passion, statt mit Nebenjobs, über die Runden zu kommen, verkleidet er sich als Frau und wird zur resoluten Seifenoper-Newcomerin. Die Folge: Großer, eloquenter und temporeicher Spaß über einen Mann, der sich einbildet, dass Frauen es leichter haben, und erkennen muss, wie sehr er damit irrt. Ein Film der meiner bescheidenen Meinung nach längst nicht derart gealtert ist, wie man vielleicht vorschnell urteilen würde: Genderrollen hinterfragenden Humor konnte man auch "früher". (Was unter anderem Fans von <i>Manche mögen's heiß</i> natürlich nicht überraschen dürfte.) <b>ZDF-Mediathek, abrufbar bis zum 27.Februar 2024</b></p><p><b><i>Herr Bachmann und seine Klasse</i> (Dokumentarfilm, 2021)</b> Maria Speth blickt auf Gesamtschullehrer Dieter Bachmann aus Hessen. Im Fokus steht sein Unterricht einer sechsten Klasse, die sich aus 12- bis 14-Jährigen zusammensetzt. Gezeigt wird insbesondere der Unterrichtsalltag, aber auch Gespräche, die Bachmann professionell oder privat mit seinem Kollegium führt, werden eingefangen. Ebenso sehen wir Augenblicke, in denen er seinen Schützlingen als beratende Seele in nicht-schulischen Fragen zur Seite steht. Wie Linklaters <i>Boyhood, </i>verfolgt <i>Herr Bachmann und seine Klasse</i> eine emotional-assoziative Logik: Wichtig ist, was von einem Schuljahr hängen bleibt, nicht das, was wir vorab als wichtig vermuten. Mehrmals sehen wir Jugendliche, die Angst vor einer baldigen Prüfung haben - aber die Prüfung wird nicht gezeigt. Wir sehen Streitschlichtung, aber nicht den Streit (und umgekehrt). Am Ende der intimen, überraschend kurzweiligen und höchstmenschlichen, intellektuell bereichernden 217 (!) Minuten fühlt man sich, als würde man diese ganze Klasse schon lange kennen - und steht vor empathisch-warmer Leere, weil man sie sich nun selbst überlässt. Herausragend! <b>3sat-Mediathek, abrufbar bis zum 13. März 2024</b></p><p><b><i>Schweigend steht der Wald</i> (Thriller, 2022) </b><i>Hotel Desire-</i> und <i>Fikkefuchs</i>-Darstellerin Saralisa Volm wechselt die Seiten und liefert mit <i>Schweigend steht der Wald</i> ihr Langfilm-Regiedebüt ab. Auf Basis des gleichnamigen Romans von Wolfram Fleischhauer erzählt sie darin von Forststudentin Anja Grimm (Henriette Confurius), die den Wald auf nahezu übernatürlich anmutende Weise lesen kann. Mit Menschen tut sie sich derweil schwer. Als in einem für sie befremdlichen Dorf in der Oberpfalz erst ein Mord geschieht und dann auch noch der Täter Suizid begeht, begibt sich Anja auf Spurensuche - und wühlt so tief begrabene Unmenschlichkeit aus der deutschen Vergangenheit auf. Erzählerisch verdammend, visuell raffiniert und atmosphärisch!<b> arte-Mediathek, abrufbar bis zum 16. März 2024</b></p><p><b><i>The Painted Bird</i> (Schwarzweißes Antikriegs-Drama, 2019)</b> In der Tradition von <i>Andrej Rubljow</i> und Letterboxds Lieblingsfilm <i>Komm und sieh</i> führt Václav Marhoul vor, wie matschig, harsch, trist und freudlos 35mm-Schwarz-Weiß-Bilder sein können. Gezeigt wird Polen 1939 nach dem Angriff der Deutschen, unser Fokus und Protagonist ist ein sechsjähriger Junge, der mehr Elend, Niedertracht, Schmerz und Hass mit ansehen muss, als man selbst den emotional gefestigsten Erwachsenen zutrauen würde - und doch wird unmissverständlich klar, dass er gerade einmal an der Oberfläche dessen kratzt, wie viel Grauen Krieg noch verursacht. (Und die verdorbene Seite der Menschen generell.) Wenn ihr euch nach <i>Herr Bachmann und seine Klasse</i> wieder runterziehen wollt: Bitteschön, dieser Meisterstreich der Erbarmungslosigkeit tut es! <b>3sat-Mediathek, abrufbar bis zum 18. März 2024</b></p><p><b><i>Re: Whisky-Boom mit Schattenseiten</i> (Reportage, 2024)</b> Dank neun weltweit hoch angesehener Destillerien und ihrer begehrten Produkte ist die schottische Insel Islay ein Träumchen für Whisky-Liebende. Allerdings ist das Geschäft mit Whisky mittlerweile so heiß umkämpft, dass die Auswirkungen ins Negative gekippt sind: Die Infrastruktur der kleinen Insel ist überlastet, die Destillerie-Angestellten finden kaum noch Wohnraum. Die arte-Reportage spricht mit Betroffenen, Whisky-Begeisterten und Unternehmergeistern, zudem schaut sie hinter die allem zum Trotz oftmals weiterhin gemütlich-rustikal anmutenden Kulissen der Whisky-Produktion auf Islay. <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 22. März 2028</b></p><p><b><i>MAITHINK X - Die Show: "Wie populistische Politiker uns verarschen" </i>(Wissenschaftsshow, 2024)</b> Unter den informativ-humoristischen Shows aus der ZDF-Familie, die sich hauptsächlich aus einem Monolog nähren, ist <i>MAITHINK X - DIE SHOW</i> mit einer größeren Informationsdichte versehen, reflektierter und zugleich deutlich lustiger als die Show, die regelmäßig auf <i>Aspekte</i> herumtrampelt. Trotz dieser massiven Qualitäten hat sie eine deutlich geringere Reichweite und schlägt weniger Wellen. Kurios. Vielleicht braucht es mehr Flachwitze und Schimpfwörter, um die Lücke zu schließen? Oder liegt es daran, dass aufgrund der inhärenten Nuanciertheit des Formats die provokant-steilen Thesen und der Selbstgefälligkeitsfaktor ausbleiben? Nun, wenigstens ist dem Format zum Staffelstart der "Die Presse berichtet voreilig"-Coup gelungen, auf den sonst der berühmtere Genrekollege ein Abo hat. Als <i>MAITHINK</i>-Twist wurde aber auch dem eigenen Publikum vorgeführt, wie leicht es sich aufpeitschen lässt. Und das beim Thema Polit-Populismus und mangelnde Sachlichkeit! Clever, clever! (Wenn ihr erst jetzt von dem Format erfahrt: Liebend gern die bisherigen Folgen nachholen und für den Rest der Staffel am Ball bleiben!) <b>ZDF-Mediathek, abrufbar bis zum 24. Februar 2029</b></p><p><b>Warum Mediatheken-Tipps?</b> Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender sind ein unablässig sprudelnder Quell an sehenswerten Produktionen. Ob Spielfilm, Dokumentarfilm, Reportage, Konzertfilm, Serie, oder oder oder. Doch nicht nur, dass man da leicht den Überblick verlieren kann: Ich kenne einige Menschen, die den Mediatheken kaum oder gar keine Beachtung schenken. Mit dieser Artikelreihe möchte ich Orientierung bieten, ebenso wie Anreiz, sich vermehrt mit den Mediatheken zu befassen. Dazu gebe ich wöchentlich sechs Anschautipps.</p><p><b>Wieso sechs Tipps? </b>Ich möchte, dass diese Artikelreihe händelbar bleibt. Für mich, damit ich sie neben meinen anderweitigen Verpflichtungen verfassen kann. Und für euch: Ich will euch nicht mit Anschautipps erschlagen. Sechs Tipps halte ich indes für umsetzbar: Selbst, wer alle Tipps ansprechend findet, kann sich täglich einen davon angucken, und hat dennoch bis zur nächsten Ausgabe der Reihe auch einen Tag "mediathekenfrei". </p><p><b>Die Mediatheken-Tipps erheben selbstredend keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt viel mehr zu sehen, als ich hier Woche für Woche nennen könnte.</b></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-89443467370165086822024-02-17T00:00:00.003+01:002024-03-02T19:52:20.034+01:00Mediatheken-Tipps (17. Februar 2024)<p><b><i>Ein süßer Fratz</i> (Musical, 1957) </b>Eine Besetzung zum Verlieben in einer Stadt zum Verlieben: Musical-Spitzenregisseur Stanley Donen (<i>Singin' In The Rain</i>) versammelt Fred Astaire (als Modefotograf, der Persönlichkeit und Intellekt schätzt) und Audrey Hepburn (als schüchterne Buchhändlerin und Hobby-Philosophin) in Paris. Donen herzt seinen Schauplatz und bringt uns mit Leichtigkeit dazu, den Cast (noch mehr als eh schon) zu bewundern. Hinzu kommen fröhliche Lieder, variantenreiche Tanzeinlagen und ein Schaulaufen bildhübscher Mode. Ein Herz von einem Wohlfühlfilm! <b>arte-Mediathek, abrufbar nur noch</b><b> heute - aber am 23. Februar folgt um 14.15 Uhr eine Wiederholung bei arte (ob der Film dann erneut in der Mediathek landet, ist mir derzeit leider nicht bekannt)</b></p><p><b><i>Comedian Harmonists</i> (Historien-Tragikomödie, 1997) </b>Anekdotisch aufbereitete, gelegentlich etwas kitschig-klischeehafte, dessen ungeachtet wirksam-schmerzliche Nacherzählung des Aufstiegs der Gesangstruppe Comedian Harmonists, während sich der Nationalsozialismus aufbäumt. In schwächeren Momenten schwingt ein naiver "Sowas wird nie mehr passieren"-Duktus mit, in den stärkeren lässt Regisseur Joseph Vilsmaier gekonnt unbekümmerte Stimmung in erschütterte Bitterkeit umkippen: Es geht um Verdrängung, das Unterschätzen offensichtlicher Gefahren und das Gefühl der Ohnmacht, wie man sich ihnen stellen soll. Ein etwas holpriger Film, den ich trotzdem sehr mag (die Evergreens auf dem Soundtrack helfen da natürlich). Deutsche Vergangenheitsbewältigung war in den 1990ern und 2000ern schonmal deutlich missglückter. <b>ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 20. Februar 2024</b></p><p><b><i>Der diskrete Charme der Bourgeoisie</i> (Surreale Dramödie, 1972</b>) Vielleicht der berühmteste Langfilm in Luis Buñuels Vita (was ich genauso über <i>Dieses obskure Objekt der Begierde</i> schreiben würde): Diese skurrile Gesellschaftssatire spielt behände sowie ohne die anstrengende Selbstverlebtheit vieler Buñuel-Imitator:innen mit Erzählkonventionen und dreht sich um sechs Personen der Pariser Oberschicht. Ständig wird ihr geplantes, gemeinsames Mahl aus immer absonderlicheren Gründen verschoben. Ein Running-Gag-(Alb-)Traum, der sich an Snobismus, Gier, Arroganz und verbittertem Traditionsdenken abarbeitet - und selbst, wenn man gerade nicht über Subtext und Aussagen nachdenken will, durch seinen stilistischen Findungsreichtum blendend unterhält. Auch ein Top-Tipp für Stephen-Sondheim-Fans, da Sondheim Akt eins seines letzten Musicals, <i>Here We Are</i>, an diesen Klassiker angelehnt hat! <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 31. März 2024</b></p><p><b><i>Leslie Caron, eine Pariserin in Hollywood</i> (Doku-Porträt, 2014) </b>Mit <i>Ein Amerikaner in Paris</i> und <i>Gigi</i> hat Leslie Caron zwei absolute Filmklassiker in ihrer Vita stehen, die insbesondere ihre atemberaubenden, grazilen Tanzschritte für die Ewigkeit festhalten. Dieses Doku-Porträt erzählt, wie sie es vom Pariser Konservatorium zur Primaballerina und nach Hollywood schaffte, lässt sie kritisch über uniforme Massenchoreos sprechen und Licht auf grausiges Geschehen hinter den MGM-Kulissen werfen. Zudem wird auf Carons Umgang mit schweren Depressionen eingegangen. Vor allem aber zeigt die Doku, was für eine nimmermüde, charmante Präsenz Caron heute noch ist. Unter den fast einstündigen Star-Dokus im arte-Fundus eine der denkwürdigeren - und da der Qualitätsdurchschnitt solcher arte-Dokus mehr als respektabel ist, sollte diese hier auch für Filmfans als Empfehlung gelten, denen Caron noch kein Begriff ist. <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 13. Mai 2024</b></p><p><b><i>Undine</i> (Entmystifizierendes Großstadt-Liebesdrama, 2020) </b>Christian Petzolds Auftakt zu seiner angekündigten, thematischen "Elemente-Trilogie" führt uns zurück zur Ur-Ahnin von Arielle und Co.: Zum Undine-Mythos. In Petzolds Vision ist die Wassernymphe, die dazu verdammt ist, sie unzureichend liebende Männer zu töten, eine studierte, freiberufliche Stadthistorikerin in Berlin. Diese Undine will gegen ihre mörderische Bestimmung ankämpfen und verliebt sich, kurz nachdem sie von ihrem (Ex-)Partner verschmäht wurde, in einen zartfühligen Industrietaucher. Bezaubernd gefilmt (in den Unterwasserszenen mit bewussten Reminiszenzen an Disneys Abenteuer-Meilenstein <i>20.000 Meilen unter dem Meer</i>) und ebenso feinsinnig wie beherzt-verletzlich erzählt, lebt <i>Undine</i> insbesondere von der ungewöhnlichen, berührenden Chemie zwischen Paula Beer und Franz Rogowski in den Hauptrollen. Ein Film, der immer besser wird, je öfter man an ihn denkt. <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 31. Mai 2024</b></p><p><b><i>Weekend</i> (Experimentell montiertes Hörspiel, 1930)</b> Nachdem er die (zu hoch angesehenen Klassikern aufgestiegenen) Experimental-Dokumentarfilme <i>Berlin - Die Sinfonie einer Großstadt</i> und <i>Melodie der Welt</i> inszenierte (musikalisch begleitete, soghaft montierte Schnipsel von Momentaufnahmen, sozusagen Vorläufer der <i>Qatsi</i>-Trilogie), wollte Regisseur Walter Ruttmann diese Erfahrung ins Radio übertragen. Entstanden ist eine assoziativ aneinander geschnittene, gleichwohl eine recht repräsentative Chronik bildende Abfolge an Geräuschen eines Berliner Wochenendes. (Zur Einordnung: Damals ging das Wochenende nur von Samstagabend bis Montagfrüh. Das heute als normal geltende Zwei-Tage-Wochenende musste hart gegen Vorwürfe "Ihr seid nur alle faul!" erkämpft werden.) Ein Zeitdokument, das die Form des Hörspiels in seinen frühen Jahren auslotet. Lange verschollen geglaubt, wurde 1978 glücklicherweise eine Kopie entdeckt - und zwar in New York! <b>ARD-Audiothek, mir unbekanntes Ablaufdatum</b></p><p><b>Warum Mediatheken-Tipps?</b> Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender sind ein unablässig sprudelnder Quell an sehenswerten Produktionen. Ob Spielfilm, Dokumentarfilm, Reportage, Konzertfilm, Serie, oder oder oder. Doch nicht nur, dass man da leicht den Überblick verlieren kann: Ich kenne einige Menschen, die den Mediatheken kaum oder gar keine Beachtung schenken. Mit dieser Artikelreihe möchte ich Orientierung bieten, ebenso wie Anreiz, sich vermehrt mit den Mediatheken zu befassen. Dazu gebe ich wöchentlich sechs Anschautipps.</p><p><b>Wieso sechs Tipps? </b>Ich möchte, dass diese Artikelreihe händelbar bleibt. Für mich, damit ich sie neben meinen anderweitigen Verpflichtungen verfassen kann. Und für euch: Ich will euch nicht mit Anschautipps erschlagen. Sechs Tipps halte ich indes für umsetzbar: Selbst, wer alle Tipps ansprechend findet, kann sich täglich einen davon angucken, und hat dennoch bis zur nächsten Ausgabe der Reihe auch einen Tag "mediathekenfrei". </p><p><b>Die Mediatheken-Tipps erheben selbstredend keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt viel mehr zu sehen, als ich hier Woche für Woche nennen könnte.</b></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-12541903598621348892024-02-10T14:28:00.003+01:002024-03-02T19:51:59.453+01:00Mediatheken-Tipps (10. Februar 2024)<p><b><i>Der Glöckner von Notre Dame</i> (Dramatisches CinemaScope-Spektakel, 1956)</b> <i>Die Spielhölle von Macao</i>-Regisseur Jean Delannoy dampft Victor Hugos Romanklassiker zum farbenfrohen, extrabreit gefilmten Spektakel herunter. Gina Lollobrigida und Anthony Quinn sind ein ungewöhnliches Filmpaar, und obwohl sich der Film an manchen Stellen um potentielle Kontroversen drückt (in den 1950ern war man noch sehr um die Gefühle der katholischen Kirche besorgt), bleiben die Figuren spannend-widerborstig. Der Tonfall ist auch recht dramatisch - dennoch ist der Film eher etwas für's Auge. Aber dafür ist der Look wirklich eindrucksvoll. <b>ZDF-Mediathek, abrufbar bis zum 13. Februar 2024</b></p><p><b><i>Stunts: Das Leben aufs Spiel setzen?</i> (Dokumentation, 2023)</b> Neben einem Abriss der Stunt-Geschichte (selbstredend mit Buster Keaton, aber auch mit einigen europäischen Beispielen wie "Klettermaxe" und der späteren Sexshop-Unternehmerin Beate Uhse) präsentiert diese arte-Doku die deutsche Action-Performerin Marie Mouroum. Die war unter anderem schon in <i>Black Panther</i> zu sehen und trat seit Veröffentlichung der Doku im Netflix-Klopper <i>60 Minuten</i> auf. Sehr informativ und kurzweilig präsentiert. <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 27. Februar 2024</b></p><p><b><i>Märkte - Im Bauch von ...</i> (Reportagereihe, seit 2013) </b>Während sich manche Leute am Feierabend das Hirn durchpusten, indem sie Dating-Dokusoaps oder vor Gift und Galle triefende Realityshows schauen, ist diese Reportagereihe eines meiner liebsten "Fernsehen zum Abschalten"-Beispiele: Jede Ausgabe widmet sich einem Markt in einer europäischen Stadt. In schönen Bildern wird das Treiben der Kundschaft und der Handelsleute gezeigt, und kleine Reportage-Einschübe zeigen, wie ausgewählte Leute ihr Angebot herstellen, züchten, anbauen etc. Es ist eine konfliktfreie Sendung ohne jeglichen Stressfaktor, sie macht Appetit und sieht gut aus, aber man lernt auch etwas. Über Eigenheiten bestimmter Märkte, über Stadtgeschichte und darüber, wie die Wechselwirkung zwischen Klima, Politik, nationalen Gewohnheiten und dem Lebensmittelangebot aussieht.<b> arte-Mediathek, variierende Ablauftermine</b></p><p><b><i>Wir sind auf Sendung! - 100 Jahre Radioorchester in Europa</i> (Dokumentation, 2024) </b>In 53 kompakten Minuten wird ein wissenswerter Abriss der Geschichte öffentlich-rechtlich finanzierter Orchester geboten: Wieso sind sie entstanden, warum fanden sie großen Anklang, wer hat sich wann weshalb über ihre Existenz beschwert, welche gesellschaftliche Funktion erfüllen sie und wie versuchen sie, relevant zu bleiben? Wenn ihr im "Heimatgebiet" eines Rundfunkorchesters lebt, tut euch einen Gefallen: Schaut diese Doku und kauft euch danach Rundfunkorchesterkonzertkarten! <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 12. April 2024</b></p><p><b><i>"Deep Throat" - Als der Porno salonfähig wurde</i> (Dokumentation, 2021) </b>Ausgerechnet in die puritanischen USA gab es eine kurze Zeit, in der Pornos das heiße Mainstream-Ding waren. Wie konnte das nur passieren, wieso hat sich ausgerechnet <i>Deep Throat</i> als größer Hit dieser Welle herauskristallisiert, welche Spuren hinterließ der Film in der Popkultur sowie in der medialen Sex- und Sexismusdebatte? All dies wird nuanciert zusammengefasst und debattiert, ebenso wie das persönliche und berufliche Schicksal der Hauptdarstellerin Linda Lovelace. Hinzu kommen gegenwärtige Perspektiven auf erneute Versuche, künstlerisch wertvolle, feministische Pornografie zu erstellen, und welche Lektionen man heute (nicht) aus <i>Deep Throat</i> lernen kann.<b> arte-Mediathek, abrufbar bis zum 21. Mai 2024</b></p><p><b><i>Alles ist gut</i> (Drama, 2018)</b> Janne (Aenne Schwarz) wird nach einer Party vergewaltigt. Der Täter (Hans Löw) ist der Schwager ihres neuen Chefs, Jannes Welt ist klein, alle kennen sich. Also rutscht Janne gleitend in eine Verdrängungsstrategie: Sie will nicht "das Opfer" sein, sondern die starke Person, die alles abschüttelt. Ein Vorhaben, das sowohl an Jannes psychologischen Bedürfnissen scheitert als an gesellschaftlichen Unzulänglichkeiten. Regisseurin und Autorin Eva Trobisch erzählt die Geschichte trocken-beobachtend, ohne Sensationslust oder Kitsch, aber mit einer winzigen, wirksamen Dosis an "Humor aus Verzweiflung" und vielen, lang in Erinnerung bleibenden, frustrierenden Beobachtungen. Sowie mit einer unter die Haut gehenden Darbietung durch Hauptdarstellerin Schwarz. <b>ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 27. März 2025 um 2.30 Uhr (kuriose Ablaufzeit, liebe ARD)</b></p><p><b>Warum Mediatheken-Tipps?</b> Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender sind ein unablässig sprudelnder Quell an sehenswerten Produktionen. Ob Spielfilm, Dokumentarfilm, Reportage, Konzertfilm, Serie, oder oder oder. Doch nicht nur, dass man da leicht den Überblick verlieren kann: Ich kenne einige Menschen, die den Mediatheken kaum oder gar keine Beachtung schenken. Mit dieser Artikelreihe möchte ich Orientierung bieten, ebenso wie Anreiz, sich vermehrt mit den Mediatheken zu befassen. Dazu gebe ich wöchentlich sechs Anschautipps.</p><p><b>Wieso sechs Tipps? </b>Ich möchte, dass diese Artikelreihe händelbar bleibt. Für mich, damit ich sie neben meinen anderweitigen Verpflichtungen verfassen kann. Und für euch: Ich will euch nicht mit Anschautipps erschlagen. Sechs Tipps halte ich indes für umsetzbar: Selbst, wer alle Tipps ansprechend findet, kann sich täglich einen davon angucken, und hat dennoch bis zur nächsten Ausgabe der Reihe auch einen Tag "mediathekenfrei". </p><p><b>Die Mediatheken-Tipps erheben selbstredend keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt viel mehr zu sehen, als ich hier Woche für Woche nennen könnte.</b></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-91273927952583555992024-02-03T00:05:00.002+01:002024-02-08T23:10:19.654+01:00Mediatheken-Tipps (3. Februar 2024)<p><b><i>Swimming Pool</i> (Psychothriller, 2002)</b> Was Europäer so alles über Schwimmbecken zu erzählen haben... Zwischen Jacques Derays <i>Der Swimmingpool</i> und Luca Guadagninos <i>A Bigger Splash</i> kam François Ozons <i>Swimming Pool</i>: Ein delikat-voyeuristischer Psychothriller mit Charlotte Rampling, Ludivine Sagnier und Charles Dance in einem sinnlich-eleganten Spiel von Lug, Trug, mehreren Handlungsebenen und Mord. <b>ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 8. Februar 2024</b></p><p><b><i>Die Spur des Fremden</i> (Film noir, 1946)</b> In diesem Film noir von Orson Welles und mit Orson Welles, Edward G. Robinson, Loretta Young, Richard Long sowie haufenweise Uhren-Symbolik macht ein Ermittler Jagd auf einen ranghohen Nazi. Dieser war federführend in der Erschaffung der KZ und ist nach dem Krieg in den USA untergetaucht, wo er ein unauffälliges Berufs- und Liebesleben führt. Für Welles ein Film mit vergleichsweise zurückhaltendem Stilwillen, aber noch immer von markantem Schattenwurf und visuell wiederholt unterstrichenem Subtext geprägt. <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 10. Februar 2024</b></p><p><b><i>Vom Lokführer, der die Liebe suchte</i> (Pittoreskes Drama, 2018)</b> Nicht vom Titel abschrecken lassen, hier gibt es keine Schmonzette der Marke Rosamunde Pilcher: In einem Vorort Bakus rattert die Dampflok direkt an den Häusern der armen Bevölkerung vorbei. Als eines Tages ein Lokführer die Wäsche einer Unbekannten mitreißt, und ihm so ein BH entgegen geschleudert wird, beschließt er, das teure Kleidungsstück der rechtmäßigen Besitzerin zurückgeben. Nur wer ist es? Die dialogfreie, deutsch-aserbaidschanische Produktion erstrahlt in einer verspielten Farbwelt - etwas ausgebleicht, aber auch kontrastreich. Die Figuren agieren ebenfalls kindlich-überspitzt, womit Regisseur Veit Helmer dem potentiell schmierigen Stoff eine naive Unschuld gibt. Als wäre Emir Kusturica an einem milden Tag auf die Idee gekommen, den Stil von Aki Kaurismäki mit Versatzstücken von Jean-Pierre Jeunet einzufangen und in Aserbaidschan einen Film zu drehen, wie er in den frühen 1990ern sonderbarerweise im ARD-Kinderprogramm gelaufen wäre. Klingt spezieller, als es in all seinem kauzig-freundlichen Charme ist! <b>ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 15. April 2024</b></p><p><b><i>aspekte: Analoge Medien neu entdeckt - Die Renaissance des Sinnlichen</i> (Kulturmagazin-Reportage, 2023) </b>Das Kulturmagazin <i>aspekte</i> ist oftmals viel kreativer und bietet tiefere thematische Einblicke als die deutlich reichweitenstärkere, im direkten Programmvorfeld laufende Satiresendung, in der nahezu wöchentlich über <i>aspekte</i> hergezogen wird. In letzter Zeit imponierte mir diese Ausgabe ganz besonders - was angesichts meiner Faibles wenig überraschend ist: In dieser Ausgabe wird über das kulturelle Comeback der haptischen Kunst und Kommunikation gesprochen. Mit bemerkenswerten Anekdoten über Postkarten, analogen Filmschnitt, Videosammlungen mit aufregenden (und erregenden) Fundstücken und der <i>Im Westen nichts Neues-</i>Filmmusik.<b> ZDF-Mediathek, abrufbar bis zum 10. Januar 2025</b></p><p><b><i>Worakls: Passengers</i> (Konzert, 2024) </b>Der französische DJ und Elektro-Tanzmusik-Produzent Worakls bringt mit Streich- und Blechblasinstrumenten sowie Synthesizern Klangstilistiken aus der Vergangenheit und Gegenwart zusammen. Das Ergebnis ist ein wuchtiger, dynamisch-mitreißender Sound, der so auch in einem klanglich ambitionierten Big-Budget-Spektakel funktionieren könnte. Gefilmt wurde in der Vasarely-Stiftung in Aix-en-Provence, der "Stadt des Glücks". Und somit wird auch optisch Nostalgie, Futurismus und Retro-Futurismus zu einem stimmigen Ganzen vermengt. Schönes Gesamterlebnis. <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 20. Januar 2026</b></p><p><b><i>Angriff der Terror-Zombies</i> (B-Movie-Hommage, 2014)</b> Journalist, Autor und Musiknerd Veit König lässt sein Filmgeek-Herzen ganz laut pochen: In seinem schräg-spaßigen Hörspiel (Regie: Thomas Leutzbach) verneigt er sich mit Witz, Verve und Liebe zum Absurden vor Schundfilmern sowie Schundfilmen. Das Ergebnis ist knapp eine Stunde Hörvergnügen zwischen Ed Wood, <i>Planet Terror</i>-eskem Grindhouse-Tribut und <i>Ed Wood. </i>Besonderes Schmankerl: Die Stimmbesetzung mit Andreas Fröhlich (Bob Andrews, John Cusack, Edward Norton), Frank Glaubrecht (Pierce Brosnan), Tobias Meister (Brad Pitt, Jack Black, Robert Downey Jr.), Cathlen Gawlich (Elizabeth Banks, Melanie Lynskey) und Helmut Krauss (Nachbar Paschulke, James Earl Jones, Samuel L. Jackson in <i>Pulp Fiction</i> und <i>Kill Bill Vol.2</i>)! <b>ARD-Audiothek, abrufbar bis zum 30. Dezember 2099</b></p><p><b>Warum Mediatheken-Tipps?</b> Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender sind ein unablässig sprudelnder Quell an sehenswerten Produktionen. Ob Spielfilm, Dokumentarfilm, Reportage, Konzertfilm, Serie, oder oder oder. Doch nicht nur, dass man da leicht den Überblick verlieren kann: Ich kenne einige Menschen, die den Mediatheken kaum oder gar keine Beachtung schenken. Mit dieser Artikelreihe möchte ich Orientierung bieten, ebenso wie Anreiz, sich vermehrt mit den Mediatheken zu befassen. Dazu gebe ich wöchentlich sechs Anschautipps.</p><p><b>Wieso sechs Tipps? </b>Ich möchte, dass diese Artikelreihe händelbar bleibt. Für mich, damit ich sie neben meinen anderweitigen Verpflichtungen verfassen kann. Und für euch: Ich will euch nicht mit Anschautipps erschlagen. Sechs Tipps halte ich indes für umsetzbar: Selbst, wer alle Tipps ansprechend findet, kann sich täglich einen davon angucken, und hat dennoch bis zur nächsten Ausgabe der Reihe auch einen Tag "mediathekenfrei". </p><p><b>Die Mediatheken-Tipps erheben selbstredend keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt viel mehr zu sehen, als ich hier Woche für Woche nennen könnte.</b></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-23692735432305563692024-01-27T19:33:00.004+01:002024-01-27T21:25:19.919+01:00Mediatheken-Tipps (27. Januar 2024)<p><b>Warum Mediatheken-Tipps?</b> Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender sind ein unablässig sprudelnder Quell an sehenswerten Produktionen. Ob Spielfilm, Dokumentarfilm, Reportage, Konzertfilm, Serie, oder oder oder. Doch nicht nur, dass man da leicht den Überblick verlieren kann: Ich kenne einige Menschen, die den Mediatheken kaum oder gar keine Beachtung schenken. Mit dieser Artikelreihe möchte ich Orientierung bieten, ebenso wie Anreiz, sich vermehrt mit den Mediatheken zu befassen. Dazu gebe ich wöchentlich sechs Anschautipps.</p><p><b>Wieso sechs Tipps? </b>Ich möchte, dass diese Artikelreihe händelbar bleibt. Für mich, damit ich sie neben meinen anderweitigen Verpflichtungen verfassen kann. Und für euch: Ich will euch nicht mit Anschautipps erschlagen. Sechs Tipps halte ich indes für umsetzbar: Selbst, wer alle Tipps ansprechend findet, kann sich täglich einen davon angucken, und hat dennoch bis zur nächsten Ausgabe der Reihe auch einen Tag "mediathekenfrei". </p><p><b>Die Mediatheken-Tipps erheben selbstredend keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt viel mehr zu sehen, als ich hier Woche für Woche nennen könnte.</b></p><p style="text-align: center;"><i>Und hier ist sie, die erste Welle an Mediatheken-Tipps!</i></p><p><b><i>Rififi am Karfreitag </i>(Gangster-Thriller, 1980)</b> Rau, spannend und saustark gespielt: Bob Hoskins begeistert als faszinierend-unangenehmer, sich aber um Besserung bemühender Halunke, der kurz davor steht, einen lukrativen Deal einzugehen. Vielleicht könnte der wohlhabende Fiesling bald darauf sogar ehrlich werden - doch genau jetzt kommt es in seinem Revier zu einer Reihe an zunehmend brutaleren Anschlägen. Diese setzen seine Zukunft auf's Spiel, weshalb er zügig handeln muss. John Mackenzie schuf hiermit quasi den schroff-schmutzigen, aus dem Bauch heraus agierenden Vorgänger des kühleren, kopflastigeren <i>A Most Violent Year. </i>Mit explosiven Gewaltspitzen und waschechtem Gänsehaut-Finalakt. <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 30. Januar 2024</b></p><p><b><i>Die Wahrheit über Lolita</i> (Dokumentation, 2021)</b> Regisseurin Olivia Mokiejewski begibt sich auf Spurensuche im Fall des Skandalstoffs <i>Lolita</i>. Was beeinflusste Vladimir Nabokov zu seinem Roman, wie begründete er seine Entscheidungen, wie wurde er in der zeitgenössischen Kulturkritik aufgenommen und wie formten Jahrzehnte der Fehlinformation (durch Menschen, die den Roman diskutieren, obwohl sie ihn nicht gelesen haben) sein öffentliches Bild? Sehr informativ, niemals spröde, mit Freude daran, eine passionierte, aber auch nuancierte Diskussion anzustacheln. <b>arte-Mediathek, abrufbar bis zum 8. Februar 2024</b></p><p><b><i>See for Me</i> (Thriller, 2021)</b> Seit ihrer plötzlichen Erblindung ist (Ex-)Spitzen-Skifahrerin Sophie demotiviert, schroff und wütend. Ihr wird zwar angeboten, sie für die Winter-Paralympics zu trainieren, jedoch scheint sie sich aufgegeben zu haben. Stattdessen arbeitet sie grantelnd als Haus- und Katzensitterin. Bei ihrem neusten Auftrag passiert Schreckliches: Gewaltbereite Diebe steigen in die Reichen-Villa ein, auf die sie aufpasst... Das nicht-binäre Schauspieltalent Skyler Davenport brilliert in einer forschen, aneckenden, dennoch äußert charismatischen Performance, was im Zusammenspiel mit dem sich zwar an Home-Invasion-Konventionen orientierenden, diese aber immer wieder fesch durchklopfenden Skript für <a href="https://www.filmstarts.de/nachrichten/1000061844.html" rel="nofollow" target="_blank">spannend-kurzweiligen Thrill</a> sorgt. <b>ZDF-Mediathek, abrufbar bis zum 21. Februar 2024</b></p><p><i style="font-weight: bold;">Die defekte Katze</i> <b>(Drama, 2018): </b>Pegah Ferydoni spielt die Iranerin Mina, die den aus dem Iran stammenden, mittlerweile in Deutschland lebenden Arzt Kian (Hadi Khanjanpour) heiratet. Regisseurin Susan Gordanshekan schildert in ruhigen, genau beobachtenden Szenen, wie sich Mina schleichend in Deutschland einlebt, das Paar schwankend funktionaler und dysfunktionaler wird, und wie unsere Gesellschaft es Zugezogenen (und insbesondere: zugezogenen Frauen) erschwert, sich zurechtzufinden. Berührende Performance von Ferydoni. Alltäglich-ruhig inszeniert (mit einer Prise Metaphorik). Und etwas spröde. <b>ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 3. April 2024</b></p><p><i style="font-weight: bold;">Kiss Me Kosher!</i> <b>(Romantik-Dramödie, 2020) </b>Regisseurin/Autorin Shirel Peleg erzählt mit pochendem Herzen, eloquent abgewandelten Culture-Clash-Konventionen, wärmender Lebensfreude und einem unverkrampft um Diplomatie bemühten Sinn für's Drama von der Liebe zwischen der deutschen Biologin Maria (Luise Wolfram) und der israelischen Barbesitzerin Shira (Moran Rosenblatt). Um Biss ist Peleg nicht bemüht, sondern mehr darum, mit Lebensfreude von den Höhen und Tiefen einer Liebesbeziehung zu erzählen, deren Familienkontext (geschichts-)politisches Konfliktpotential bietet. Diese Schwerpunktlegung auf den individuellen Familien-/Liebesalltag kommt ihr überzeugend von der Hand, ohne weichgespült zu wirken. <b>ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 26. April 2024</b></p><p><b><i>Wach </i>(Found-Footage-Coming-of-Age-Thrillerdrama, 2018)</b> Es sind Filme wie dieser, weshalb ich die ZDF-Redaktion <i>Das kleine Fernsehspiel </i>liebe: Regisseur/Autor Kim Frank und Autorin Hannah Sioda hauen mit <i>Wach</i> einen intensiven Mix aus Teilgenerationen-Porträt, dorniger Huldigung des "Ich brauch keinen Schlaf!"- und Nachteulen-Lebensgefühls und Found-Footage-Sexual-Thrillerdrama heraus, der wachrüttelt (höhö, höhö), niederknüppelt und aufscheucht: Jana McKinnion und Alli Neumann sind beste Freundinnen mit instabilem Nervenkostüm und brüchigem Familienhintergrund. Eines Tages beschließen die 17-Jährigen, ihrem Alltag zu entfliehen, indem sie so lang wie möglich wachbleiben. Partylaune, Tiefen, diese Orientierungslosigkeit nach dem Überkommen des wunden Punktes, das Vergessen sämtlicher Sorgen, gefährlicher Wagemut, sexuelle Erkundungslust und durch geschwächtes Verantwortungsgefühl neu erschaffene Sorgen folgen. Die Performances gehen unter die Haut und brennen sich ins Gedächtnis, die ungeschönte Low-Budget-Bildsprache ist im besten Sinne anstrengend. Vital, melancholisch und überreizt! <b>ZDF-Mediathek, Ablaufdatum unbekannt</b></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-19271352382769922642023-12-25T22:26:00.000+01:002023-12-25T22:26:00.311+01:00Die schlechtesten Filme 2023<p>Die Kritik an "Die schlechtesten..."-Listen nimmt konstant zu. Und per se bin ich sehr froh darum, dass sich wenigstens in manchen Winkeln des digitalen Kultur-, Entertainment- und Medienaustauschs die Freude an Häme allmählich in Zaum hält.</p><p>Dessen ungeachtet halte ich weiter an dieser Tradition fest, <a href="https://www.sdb-film.de/2022/12/die-schlechtesten-filme-2022.html" target="_blank">wie ich bereits 2022 erläuterte</a>. Denn mir geht es mit diesen Listen weniger darum, weiter auf wen einzudreschen, der bereits am Boden liegt. Es geht mir um die Bereicherung, die eine Schlusslichtliste leistet. Dieser Beitrag hier gibt mir die Gelegenheit, über Filme zu schreiben, über die ich noch nicht geschrieben habe, oder weitere Gedanken zu Filmen festzuhalten, über die ich mich bereits geäußert habe.</p><p>Es ist die Möglichkeit, auf negative Texte von mir zu verlinken sowie neue zu schreiben, und euch so ein runderes Bild meines Filmgeschmacks zu präsentieren. Schließlich veröffentliche ich angesichts dessen, dass ich etwa Streaming- und Heimkino-Empfehlungen bei Filmstarts schreibe, deutlich mehr lobende als mahnende Texte. Nicht, weil ich kaum etwas schlecht finde, sondern weil ich in meiner Profession gehäuft Aufgaben übernehme, bei denen ich mich gehäuft Werken widme, die ich mag.</p><p>Als Ausgleich ist es da hilfreich, euch auch meine negativen Reaktionen zu präsentieren. Auch, weil man die Perspektive einer Person besser kennenlernt und einordnen kann, wenn man ihre Antipathien erfährt. Meine <a href="https://wessels-filmkritik.com/" target="_blank">Lieblingskollegin Antje</a> etwa weiß ich nicht nur zu schätzen, weil ich ihre positiven Meinungen meistens nachvollziehen kann, sondern auch, weil ich ihre Abneigungen kenne wie meine eigene Jackentasche (die Westen, die ich besitze, haben keine Taschen, also verzeiht das versaubeutelte Sprichwort).</p><p>Und, ja, vielleicht finden manche von euch in der nachfolgenden Liste sogar Anregungen, einzelne Filme nachzuholen, so, wie ich nahezu Jahr für Jahr bei den Flops des YouTube-Musikkritikers <a href="https://www.youtube.com/watch?v=6OVR0MFOOAI&list=PLLznZMqdhi_Rj7-Yw_XXH_5nu85AR9oT0&pp=iAQB" target="_blank">Todd in the Shadows</a> mindestens einen Popsong finde, bei dem ich denke: "Moment, Moment, den finde ich eigentlich ganz in Ordnung!" Oder ihr findet Erleichterung, weil ihr euch weniger einsam findet, wenn auch ihr mal einen positiven Konsens partout nicht versteht. Oder, oder, oder... Kurz gesagt: Eine Negativliste kann so viel Mehrwert haben, ich fände es schade, auf sie gänzlich zu verzichten.</p><p>Langer Vorrede, kurzer Sinn: Finden wir heraus, ob ich meinen eigenen Ansprüchen gerecht werde oder doch nur stumpf rumpöble! Und wie immer gilt: "Schlecht" ist hier nicht zwingend ausschließlich technisch, erzählerisch und darstellerisch katastrophal. Es kann auch ein kompetenter Film sein, der mich extrem gelangweilt hat oder aufgrund bestimmter Makel mehr geärgert hat, als es viele amateurhafte Projekte tun könnten, die ihr schöpferisches Herz aber am rechten Fleck haben. Das hier ist eine "Mein Filmherz schmerzt"-Flopliste, keine "Das Lehrbuch des Kinos geht durch die Existenz dieser Filme in Flammen auf"-Flopliste!</p><p><b>In diesem Sinne: Das sind sie, die Filme, für die ich 2023 die größte Antipathie empfunden habe!</b></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg9Fhfycl2imjowqX0-ccy0XC65hQ0iRXz6kUkJPvgKtaq6Rz_U-9kmfuztWJU8AhWM5Igf2YkBsxcpQgtmcdbmlrSuw_f_Q46RysVTNM-StXPPOnJ4S-fObU381u_XVEevp_sk1h_ZfwStVvjvUIlwCJi0JjsmuVBPOh-TOyhgsu5PMawA6Ptes8SfVdx-/s1824/10.jpeg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1026" data-original-width="1824" height="225" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg9Fhfycl2imjowqX0-ccy0XC65hQ0iRXz6kUkJPvgKtaq6Rz_U-9kmfuztWJU8AhWM5Igf2YkBsxcpQgtmcdbmlrSuw_f_Q46RysVTNM-StXPPOnJ4S-fObU381u_XVEevp_sk1h_ZfwStVvjvUIlwCJi0JjsmuVBPOh-TOyhgsu5PMawA6Ptes8SfVdx-/w400-h225/10.jpeg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 10: <i>Talk to Me</i> (Regie: Danny und Michael Philippou)</b></p><p style="text-align: left;">Mehr Fragezeichen hat 2023 kein anderer Film bei mir hinterlassen. Nicht, weil ich <i>Talk to Me</i> auf thematischer Ebene, geschweige denn auf Plotebene nicht verstanden hätte. Ich denke, dass ich da gut mitgekommen bin: Eine einbalsamierte Hand ermöglicht Séancen und sogar das gewollte, gezielte Von-einem-Geist-in-Besitz-genommen-werden, was in der erweiterten Clique unserer Protagonistin (Sophie Wild)e zum neusten Party-Trend wird. Gruppendruck, morbide Neugier, Mutproben-Dynamiken und Lust daran, eigene Grenzen auszutesten, sei es gedankt.</p><p>Doch für die im Filmmittelpunkt stehende Halbwaise wird aus riskantem Grenzerfahrungsspaß alsbald eine Sucht, in die sie sich mit voller Wucht hineinstürzt. So lenkt sie sich von der Trauer um ihre Mutter ab. Das Element der Trauerbewältigung wird im (sehr deutlichen) Subtext durch Drogenmissbrauch ergänzt: Die Séancen in <i>Talk to Me</i> ähneln via Smartphone festgehaltenen und geteilten gemeinsamen Drogenexperimenten (und ähnlichem den Verstand attackierenden Schabernack, wie dem 2023er Trend zum Lachgasmissbrauch). So weit, so sinnig: Drogen gehören für viele zur Jugend dazu und sind sowieso gefährlich, auch wenn manche besser an den Nebenwirkungen vorbeisausen als andere. Doch sobald eine emotional angeknackste Person damit anfängt, das sprichwörtliche Steuer aus der Hand zu legen, und dem als sinnlos empfundenen Leben eine Richtung zu geben, nun... Der Ärger kündigt sich lautstark und deutlich an.</p><p>Was ich derweil nicht verstanden habe: Wieso kam <i>Talk to Me</i> dermaßen gut an? Ich war nach meiner <i>Talk to Me</i>-Begegnung vollkommen ratlos, fühlte mich, als hätte man mir einen anderen Film vorgesetzt als allen anderen.</p><p>Ich gebe <i>Talk to Me</i> eine engagiert spielende Sophie Wilde, eine mit Spannung inszenierte und glaubhaft mit untätigen, überforderten und daher falsch handelnden Figuren ausstaffierte Party- Séance sowie solide bis gute Make-up- und Trickeffekte, um Verletzungen und körperliche Folgen des Besessenseins zu illustrieren. Aber dem gegenüber standen eine meiner Auffassung nach ziemlich an didaktische 80er/90er-Jahre-PSAs erinnernde Anti-Drogenmetaphorik, eine leblose Lichtgebung, die generischste Teeniehorror-Farbdramaturgie, die ich seit langem gesehen habe, und klobigstes Foreshadowing. Klobiges Foreshadowing, das bei mir keinen "Oh nein, ein Damoklesschwert schwebt über unseren Figuren"-Spannungseffekt hatte, sondern den <i><a href="https://www.sdb-film.de/2015/12/ich-seh-ich-seh.html" target="_blank">Ich seh, Ich seh</a></i>-Effekt. </p><p>Und ich fand die Dialoge überaus ernüchternd, wenn nicht sogar desillusionierend. Die jugendlichen Figuren klangen sich zu ähnlich, und daher hatten sie für mich wenig Charakter, was der Spannung nicht gerade zugutekam. Als ich nach meiner Sichtung erfuhr, dass die regieführenden Brüder ihren Cast viel improvisieren ließen (nicht storytechnisch, sondern hinsichtlich der Dialoge), schien mir klar, was das Problem sein dürfte: Nur, weil man schauspielern kann, kann man halt nicht automatisch schreiben.</p><p>Für jene, bei denen der Film funktioniert hat, ist das Impro-Element dagegen der Grund, weshalb alle so authentisch klingen. Und wo ich nur generische, leblose Regieführung sah, fanden unzählige andere Kreativität, Innovation und unverbrauchte Abwandlungen bekannter Versatzstücke. Das muss so eine "Entweder hast du die Hand berührt und kannst den Geist sehen, oder du bist die piefige Null, die spaßbefreit die Party verlässt"-Sache sein. Ich wünsche euch, dass ihr den Geist seht, den zum Beispiel <a href="https://www.kivvon.com/de/stream-queens/der-beste-horrorfilm-des-jahres-gast-antje-wessels">Antje und Bea</a> gesehen haben, kann mir aber nicht anders als weiter ratlos den Kopf schütteln. Es tut mir leid.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhmYV41SziBZ-OkkmZCCmGtYZ6ttW5tiKwaWS5is4TSpgw_KHIpk_VF3mHKsuXvT4JLH66-i40ixtI4JSmQNe2RL38LMBHfRBf1jBKHPWWJZfT9BLJ_fu2IzMp1g4ljqwqUwhYhl5Fzy9TKRB82OGwWu17-jyjwTaIjqKem8hTJ4cZ5lOP_Pug2iu6N3b57/s780/9.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="438" data-original-width="780" height="225" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhmYV41SziBZ-OkkmZCCmGtYZ6ttW5tiKwaWS5is4TSpgw_KHIpk_VF3mHKsuXvT4JLH66-i40ixtI4JSmQNe2RL38LMBHfRBf1jBKHPWWJZfT9BLJ_fu2IzMp1g4ljqwqUwhYhl5Fzy9TKRB82OGwWu17-jyjwTaIjqKem8hTJ4cZ5lOP_Pug2iu6N3b57/w400-h225/9.jpg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 9: <a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/236844/kritik.html" target="_blank"><i>Five Nights at Freddy's</i></a> (Regie: Emma Tammi)</b></p><p style="text-align: left;">Josh Hutcherson macht seine Sache gut, Elizabeth Lail hat mehr Spaß als ihr das Drehbuch zugesteht und die von Jim Henson's Creature Shop erbauten Animatronic-Kostüme können sich sehen lassen. Und im ersten Drittel greift Regisseurin Emma Tammi auf stimmungsvolles Foreshadowing zurück. Dann wird der Film über lange, lange Strecken langweilig. Übererklärungen, ungeschliffene Szenen, die danach schreien, hier und da noch ein paar Sekunden zu verlieren, und erzählerische Sackgassen. Ein paar selbstironische Momente lassen eine campigere Variante des Stoffes erahnen, die wohl mal in den Köpfen der Verantwortlichen herumgeisterte. Und dann geht's gen Fremdschamfinale. Joah. Für mich ein "Wäre gern ein guter erster Horrorfilm", <a href="https://www.inverse.com/entertainment/five-nights-at-freddys-review-blumhouse" target="_blank">Matt Donato</a> beurteilt, dass er nicht nur als Genre-Einstiegsdroge funktioniert.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEghVYzDH-TJR8J07BLekXBoZqE0eFEOljHDFpQVawTDKiNKiud2nP8ctS-3HD2rxXXQX4CIbouNd0q6N7bMusw5rKenapTAXeLW2u2tubbPYsYBUmqpfW60RnX5Lb3joP2KbAY_II3LQf9Z9Vq-5XELPlDRFEdFvF7tHxKir5Nzt18kjsv9Rbz6CkdudcLx/s1280/8.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="720" data-original-width="1280" height="225" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEghVYzDH-TJR8J07BLekXBoZqE0eFEOljHDFpQVawTDKiNKiud2nP8ctS-3HD2rxXXQX4CIbouNd0q6N7bMusw5rKenapTAXeLW2u2tubbPYsYBUmqpfW60RnX5Lb3joP2KbAY_II3LQf9Z9Vq-5XELPlDRFEdFvF7tHxKir5Nzt18kjsv9Rbz6CkdudcLx/w400-h225/8.jpg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 8: <i>Totally Killer</i> (Regie: Nahnatchka Khan)</b></p><p style="text-align: left;">Die moderne Welle an Slasherkomödien, die bewährte Konventionen dieses Horrorsubgenres mit anderen, altbekannten Plotideen kreuzt und die im Mittelpunkt der Erzählung stehenden demografischen Gruppen durchmischt, sagt mir sehr zu. Entsprechend groß war meine Vorfreude auf <i>Totally Killer</i>, einen Film, dessen Grundidee quasi besagt: "Was, wenn <i>Zurück in die Zukunft</i> ein Slasher wäre?"</p><p>Kiernan Shipka hat noch durch <i>Chilling Adventures of Sabrina</i> Sympathien bei mir über, und innerhalb der ersten paar Minuten habe ich mehrfach herzlich über kompromisslose Seitenhiebe gen True-Crime-Wahn gelacht. Kaum ist die Protagonistin in die 80er zurückgereist, um sich dort dann darüber zu wundern, dass einige große Probleme mit diesem Jahrzehnt in der 80er-Nostalgie-Popkultur so überhaupt nicht abgebildet wurden, hatte ich auch Spaß daran. </p><p>Aber dann hat mich <i>Totally Killer</i> zügig verloren: Die Dialoge sind klobig, der Cast schien damit zu hadern, die Balance zwischen den zwischenmenschlich-dramatischen Momenten, der Genre-Selbstironie und der Slasher-Anspannung zu finden. Und der Film sieht in Ermangelung eines mir erkennbaren visuellen Konzepts einfach hässlich aus. Schon nach der ersten Hälfte wollte ich einfach nur, dass es vorbei ist. Schade. Aber nehmt mich nicht sofort beim Wort: Für eine gut geschriebene Pro-Meinung zu <i>Totally Killer</i> empfehle ich <a href="https://www.rogerebert.com/reviews/totally-killer-movie-review-2023" target="_blank">Christy Lemires Review bei Roger Ebert</a>.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj9JJDuE_m8QbgRJE5D6N5TzlhkSrfrM672RwQGkwBfROloksrFWRB9gmWsffNZrNzbe5rEjFgfOmT4dEBTukTaOh-vqJgcdcKsmFUqpbhejp6JNl8k8lI6R9qsVCMsl5dXqR4ob9f86tWm82sjtUa4WvgetC4AVEiKk5Qj03BtWuwRyHuKLcHTGq7sbbEA/s1600/7.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="899" data-original-width="1600" height="225" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj9JJDuE_m8QbgRJE5D6N5TzlhkSrfrM672RwQGkwBfROloksrFWRB9gmWsffNZrNzbe5rEjFgfOmT4dEBTukTaOh-vqJgcdcKsmFUqpbhejp6JNl8k8lI6R9qsVCMsl5dXqR4ob9f86tWm82sjtUa4WvgetC4AVEiKk5Qj03BtWuwRyHuKLcHTGq7sbbEA/w400-h225/7.jpg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 7: <i>Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes</i> (Regie: Francis Lawrence)</b></p><p style="text-align: left;">Von allen Filmen in dieser Liste, ist das <i>Die Tribute von Panem</i>-Prequel der Film, dem ich die meisten Pluspunkte zusprechen würde:. Hunter Schafer hat zwar nicht viel zu tun, macht ihre Sache aber gut und erfüllt ihre Figur (die sich und ihrer Familie ein würdevolles Auftreten verschaffende Cousine eines zukünftigen Despoten) mit Empathie und Tatkraft. Rachel Zegler kann noch immer gut singen. Jason Schwartzman ist als eiskalter, spießig-albern auftretender Moderator ein großes Vergnügen und eine gute Fortführung (beziehungsweise: ein guter Vorbote) von Stanley Tuccis Gastgeber-Rolle in den anderen <i>Panem</i>-Filmen.</p><p>Viola Davis ist genüsslich-abscheulich als durchgeknallte Erfinderin. Und die Kostüme sowie Locations geben einmal mehr einen intensiven Eindruck davon, wie Panem so tickt. Auch die Idee, den in den vorherigen Filme etablierten Look nun mit Verweisen auf die (westeuropäische) Nachkriegszeit zu ergänzen, inklusive des 50er-Jahre-Designs bei der Übertragung der zehnten Hungerspiele, ist clever. Sie ergänzt sich stimmig mit der gesellschaftskritischen Komponente der Reihe.</p><p>Aber. Das große, große Aber. Das gigantische Aber: Die Faktoren, die mich am <i>Panem</i>-Prequel verärgerten, sind dermaßen drastisch und schwerwiegend, dass der Film halt trotzdem auf diesem Platz gelandet ist. Nicht nur, dass ich das Skript holprig fand, mit einem von vorhersehbaren Klischees übersäten ersten Akt und einem dritten Akt, in dem sich die Charakterzeichnung panisch überschlägt, um irgendwann halt dort auszukommen, wo der Film auskommen muss, damit er als Prequel zur bekannten Reihe funktioniert.</p><p>Erschwerend kam hinzu, dass ich nie den Eindruck gewonnen habe, irgendwer hätte gewusst, was man mit den beiden Hauptfiguren (District-12-Tribut Lucy Gray und ihr Mentor, der künftige Präsident Snow) anstellen soll: Weder Lawrence, noch die Drehbuchautoren Michael Lesslie & Michael Arndt, noch Rachel Zegler und Tom Blyth vor der Kamera.</p><p>Unentwegt ändert sich der Ansatz, wie die Figur zu verstehen ist, mal durch Mimik, Gestik und die Art, wie gesprochen wird, mal durch die Wortwahl im Dialog, andere Male durch Lawrences Regieführung. Aber nie, nicht einmal, änderte sie sich so, dass ich das als Charakterwandel verstanden habe, oder als Versuch einer nuancierten Figurenskizze. Für mich wirkte es stets unentschlossen. </p><p>Das hinderte mich daran, mit ihnen / auf emotionaler Ebene gegen sie zu fiebern. Ihre Schicksale waren mir wahlweise egal oder ich war szenenweise einfach von ihnen genervt. Aber selbst das ist nicht das größte Verbrechen des Films. Der Hauptgrund, weshalb das <i>Panem</i>-Prequel in meiner Flopliste landete, ist der meiner Ansicht nach konfuse ethische Kompass dieser Erzählung.</p><p>Der Film beginnt mit einem etwas unter Ressourcenmangel leidendem, jedoch privilegiertem Snow, der mit den faschistischen Methoden in Panem fein ist und gerne aufsteigen würde, um mehr Vorteile dieses Systems auszukosten. Dann setzt eine Mitleidsparade in Gang, dass dieser arme, bedauernswerte Fascho-Bube ja leider, leider durch seine Umstände dazu gezwungen wurde, ein mörderischer Extremist zu werden, und eigentlich hätte er ja nur eine tröstende, liebende Umarmung mehr von Lucy benötigt, um gut zu werden. Snow ist ein Opfer, Leute! Er musste einfach gegen seinen Willen vom Faschismus-Begünstigten zum Über-Fascho werden, seufz!</p><p>Das jedenfalls war die Botschaft, die ich daraus gezogen habe, wie hier die Geschichte aufgezogen wurde. Es war garantiert nicht die intendierte Botschaft, und es ist auch nicht die, die beispielsweise Christoph Petersen in der <a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/258080/kritik.html" target="_blank">Filmstarts-Kritik</a> herausgezogen hat, also bin ich willens, den Fehler bei mir zu suchen. Und ich empfehle allen, die den Film noch nicht gesehen haben, Christophs Kritik zu lesen, statt hier nur auf mein Gemecker zu hören. Trotzdem weiß ich noch, wie nahe ich der Weißglut war, als der allerletzte Satz im <i>Panem</i>-Prequel fiel. Bis ich vielleicht eines Tages weiser werde, bleibt der Film in dieser Negativliste.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhCIMqzdSwd6vD25-I_vRDAkJ0cG7jaSe39shyYfPV5diihGqTrA9EDZEk9-FUpx5ymPvhLmg9f46mlfT8SH_tFm-GDVvJ0OtgZN7XIW0xx4_ai86mIsVCvz_jd7ujJadBc2ellm2mq0Tj45kKCJKWbv9s180FWiRXRy8Mhy4wBxL9I8gYqzise-k63t0l1/s1195/6.png" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="758" data-original-width="1195" height="254" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhCIMqzdSwd6vD25-I_vRDAkJ0cG7jaSe39shyYfPV5diihGqTrA9EDZEk9-FUpx5ymPvhLmg9f46mlfT8SH_tFm-GDVvJ0OtgZN7XIW0xx4_ai86mIsVCvz_jd7ujJadBc2ellm2mq0Tj45kKCJKWbv9s180FWiRXRy8Mhy4wBxL9I8gYqzise-k63t0l1/w400-h254/6.png" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 6: <a href="https://filmgedacht-wie-nachgedacht-nur-mit-film.blogs.julephosting.de/84-folge84-indy5" target="_blank"><i>Indiana Jones und das Rad des Schicksals</i></a> (Regie: James Mangold)</b></p><p style="text-align: left;">Ich kenne mehrere Leute, deren Filmgeschmack ich sehr respektiere, die diesen Film unterhaltsam oder sogar klasse fanden. Und es gibt viele, viele digitale Brandstifter, die liebend gerne beschließen dürfen, ihren Job niederzuschmeißen und fortan irgendetwas wertvolles für die Gesellschaft zu tun (etwa Brot backen für die Armen), die mir bei der Aufnahme von <i>Indiana Jones und das Rad des Schicksals</i> in meine Flopliste gratulieren würden. </p><p>Anders gesagt: Hiermit baue ich mir ungewollt eine starke argumentative Rampe dafür, dass Floplisten eben doch mies sind. Aber es wäre halt gelogen, zu behaupten, dass mich James Mangolds <i>Indiana Jones</i>-Sequel nicht mit dem Gefühl zurückgelassen hat, als hätte mir wer während des Kinobesuchs die Lebensgeister aus dem Körper gesogen.</p><p>Die Dramaturgie wirkte auf mich bleiern, die Lichtsetzung und Bildkomposition war in meinen Augen derart ideenlos, dass mir dieser immergleiche butterig-braun-sonnengegerbte Look bereits auf die Nerven ging, bevor der dritte Akt losging, der dann auch nichts daran änderte. Und vor allem fehlte es mir bei diesem Wiederauflebenlassen der alteingesessenen Abenteuerreihe einfach an Esprit, Inspiration, Identität. Und sei es noch so wenig.</p><p>Die <i>Indy</i>-Reihe wird ja gerne als "Abenteuerfilm-Blaupause" bezeichnet, was angesichts ihrer großen Vorbildwirkung auch nicht völlig daneben ist. Aber für Blaupausen sind die ersten vier Teile der Reihe eigentlich zu charakterstark, alle von ihnen (selbst der eine, den ich nie mochte) haben eine tonale Persönlichkeit, eine klare Gangart. <i>Indiana Jones 5</i> ist, von ganz wenigen Augenblicken, in denen der Gedanke aufblitzt, man könnte sich etwas kritischer und komplexer mit der Titelfigur auseinandersetzen, hingegen vollkommen generisch und frei von jeglichem Funken, der den Film beseelen würde. </p><p>Während andere wirtschaftliche Big-Budget-Enttäuschungen des Jahres wie <i>Shazam 2</i> und <i>Ant-Man and the Wasp: Quantumania</i> gemeinhin härtere, prominentere Verrisse abbekommen haben, nahm ich aus ihnen mehr mit als aus <i>Indiana Jones 5</i>: <i>Shazam 2</i> ist ein filmgewordener Samstagmorgen-Abenteuercartoon mit Mythologie-Begeisterung, einfach ein munter-quirliger Comedy-Streifzug durch eine Antike-Ausstellung. <i>Quantumania</i> ist Peyton Reeds Sommerschlussverkauf an Hommagen auf B-Movies seiner Kindheit und Jugend, ein bewusstes Edelschundfilm-Allerlei, das als limitierte Blu-ray in VHS-förmiger Verpackung plötzlich nach Kult schreien würde, aber leider den Ballast tragen musste, Phase 5 im MCU zu eröffnen und daher an ganz anderen Maßstäben gemessen wurde. Es sind Ansätze, ich hatte Spaß mit ihnen, verstehe aber, wenn sie bei anderen nicht funktionieren.</p><p>Doch <i>Indiana Jones 5</i>? Der füllte mich bloß mit Leere. Kein Revisionismus, keine Dekonstruktion, keine Rekonstruktion, nicht einmal ein engagiertes "Ein letzter Ritt!" Der Film wirkte auf mich nach dem Schließen einer Programmlücke im Kinostartkalender, nicht nach der Ausführung einer Idee. Ich beneide alle, die auf der Wellenlänge liegen, auf der der Film irgendetwas gesendet hat. Bei mir kam nur weißes Rauschen mit bräunlich-weichgezeichneten Bildern an. Etwas deutlich Würdevolleres kam derweil bei <a href="https://www.deutschlandfunkkultur.de/indiana-jones-und-das-rad-des-schicksals-filmkritik-rezension-100.html" target="_blank">Patrick Wellinski von Deutschlandfunk Kultur</a> an, solltet ihr noch ein Gegengewicht zu meinem Sermon benötigen.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjEVblerQc26SfMnUlpj54RvZdG-1yVH6AEGZFr5pBSvuapGsys_jr4wUbYi8U5OjEvwmZ7zHkNvArIIHWLOjHS8dK5F0sEN7T8Mf5aiytM4igPAppCb9gRT2MV3krNHbVoB3N105pnAe4bykNqn59x757iSL7AAGmF0TRLeisoYvqOyF0TBSZPcT7yw5nc/s780/5.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="438" data-original-width="780" height="225" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjEVblerQc26SfMnUlpj54RvZdG-1yVH6AEGZFr5pBSvuapGsys_jr4wUbYi8U5OjEvwmZ7zHkNvArIIHWLOjHS8dK5F0sEN7T8Mf5aiytM4igPAppCb9gRT2MV3krNHbVoB3N105pnAe4bykNqn59x757iSL7AAGmF0TRLeisoYvqOyF0TBSZPcT7yw5nc/w400-h225/5.jpg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 5: <a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/313706/kritik.html" target="_blank"><i>Ruby taucht ab</i></a> (Regie: Kirk DeMicco)</b></p><p style="text-align: left;">Ich kann es nicht abwarten, bis eines Tages ein ausführlicher Artikel über die Produktionsgeschichte von <i>Ruby taucht ab</i> erscheint. Denn diese DreamWorks-Animation-Komödie über eine am Land lebende Teenie-Krake, die einer mit Meerjungfrauen verfeindeten, mächtigen Familie entstammt, wirkt wie das erschöpft und schulterzuckend ins Kino geschleuderte Endergebnis einer tumultartigen Produktionsgeschichte.</p><p>Vielleicht irre ich, und die Entstehung des Films lief glatt. Aber würde dieses Wissen es wirklich besser machen? Charakterzüge drehen sich unprovoziert um 180 Grad (und zurück, und wieder zurück), Subplots werden fallen gelassen, und die zu Filmbeginn mit hübsch-leichtfüßiger Selbstverständlichkeit ausgelebte Toleranzbotschaft wird durch den Hauptkonflikt attackiert, bis sich die Balken biegen. Schwergängige Expositionsdialoge und eine mit weiterem Filmverlauf immer niedrigere Gag-Trefferquote kommen erschwerend dazu. <a href="https://www.latimes.com/entertainment-arts/movies/story/2023-06-30/ruby-gillman-teenage-kraken-review-dreamworks" target="_blank">Tracy Brown von der LA Times</a> erklärt euch, wie man mehr Spaß mit Ruby haben kann.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhHT-JhcgSURddO_BMMbUjV5yNjedSB5MTf7-XSZLruXbYc7yINisRfBYIhW2v6ElCRiwehZXIDBvkJ3hXoL_JkphpQvklDpMb7VISK2Yd4SPCmYbPWXpQXj4VjiGFSXVWbJziVe2yd4SB_q6UNn5GR_gydNmKoGmLmHIbhO4RnTmKGWgwJLdbhB_FPKxsd/s1200/3.jpeg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="500" data-original-width="1200" height="166" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhHT-JhcgSURddO_BMMbUjV5yNjedSB5MTf7-XSZLruXbYc7yINisRfBYIhW2v6ElCRiwehZXIDBvkJ3hXoL_JkphpQvklDpMb7VISK2Yd4SPCmYbPWXpQXj4VjiGFSXVWbJziVe2yd4SB_q6UNn5GR_gydNmKoGmLmHIbhO4RnTmKGWgwJLdbhB_FPKxsd/w400-h166/3.jpeg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 4: <a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/288661/kritik.html" target="_blank"><i>Heart of Stone</i></a> (Regie: Tom Harper)</b></p><p style="text-align: left;">Die geschmacksarme Discountvariante von <i>Mission: Impossible - Dead Reckoning</i>: Eine besonders geheime Geheimorganisation, die regierungsunabhängig agiert, doppeltes und dreifaches Spiel, und eine künstliche Superintelligenz als alles berechnendes Ass im Ärmel. Nur, dass der Netflix-Actioner weitaus unkritischer mit KI und Algorithmen ins Gericht geht, die Superstunts und schmissig inszenierten Verfolgungsjagden fehlen und Gal Gadot halt kein Tom Cruise ist.</p><p>Der Fairness halber: Gadot war schonmal ein stärkerer Kritikpunkt an einem Film als hier. Vor allem, wie sie körpersprachlich zwischen den verschiedenen behaupteten Identitäten ihrer Figur switcht, ist echt passabel. Dennoch wird sie von ihrem restlichen Cast ausgestochen, etwa von einer quirligen Alia Bhatt, einem amüsant-schmierigen Jamie Dornan und einem sehr spaßigen Matthias "Fazzoletti" Schweighöfer als eine Art Q. Das tröstet nicht über die dröge Story, die bemühten Twists und den aggressiv-uninteressanten Look hinweg. Aber vielleicht bin ich auch nur garstig: <a href="https://www.wsj.com/articles/heart-of-stone-review-gal-gadot-shifts-from-superhero-to-superspy-netflix-ee2663f5" target="_blank">John Anderson vom Wall Street Journal</a> beweist euch, dass man doch Spaß am Film haben kann.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgL5WZOCXh_3EkRSQX8xpi55SgsHKdLtokA54OcreIVJEEK4BzVNT4JuskqjoMjUVw6rRXxLSVAmuFjyPYD7Pyh2D00OWo04LHDosuGhljg2ke83NlB43yhYviy9rbJxxTKcz0C7FDaHeTcuGziqP4LEyZ_dZOK0eK2mDVxcua_dipaiGv4FWkMz936DIBu/s474/4.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="293" data-original-width="474" height="248" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgL5WZOCXh_3EkRSQX8xpi55SgsHKdLtokA54OcreIVJEEK4BzVNT4JuskqjoMjUVw6rRXxLSVAmuFjyPYD7Pyh2D00OWo04LHDosuGhljg2ke83NlB43yhYviy9rbJxxTKcz0C7FDaHeTcuGziqP4LEyZ_dZOK0eK2mDVxcua_dipaiGv4FWkMz936DIBu/w400-h248/4.jpg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 3: <a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/298644/kritik.html" target="_blank"><i>Trauzeugen</i></a> (Regie: Finn Christoph Stroeks und Lena May Graf)</b></p><p style="text-align: left;">Ein Scheidungsanwalt und eine Paartherapeutin müssen für ein befreundetes Ehepaar die letzten Hochzeitsplanungen übernehmen. Zuerst hassen sie sich, sowohl aus berufsbedingten Prinzipien als auch aufgrund gegensätzlicher Gemüter: Sie stürzt sich begeistert und impulsartig ins kleinste Detail der Last-Minute-Planungen, er würde sich lieber weiter seiner Arbeit widmen und bevorzugt ein methodischeres Vorgehen.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm;"><span style="font-style: normal;">Er ist der trocken-charismatische Edin Hasanović, sie die energiegeladene Almila Bagriacik. Beides Schauspieltalente, die ich sehr gerne sehe, und die auch in </span><i>Trauzeugen</i> eher punkten als danebenhauen. Sie trifft keine Schuld. Mit einem wortlos Wut, körperliches Begehren, Neid und Frust ausdrückenden Tanz sorgen die Zwei dank ihrer Körpersprache sogar für ein kleines Highlight im Film.</p><p style="margin-bottom: 0cm;">Aber das Drehbuch ist völlig zerschossen, ständig werden Logikkapriolen geschlagen und charakterliche Gemüter komplett uminterpretiert, um die Story am Laufen zu halten. Und die Inszenierung ist so profilarm, dass eine gewaltige Anti-Chemie zwischen den Hauptfiguren entsteht. Inniglich habe ich dagegen gefiebert, dass zwischen ihnen etwas entsteht. Ein drastischeres Urteil ist in einer RomCom kaum vorstellbar. Begeisterte Stimmen habe ich keine gefunden, aber <a href="https://www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/trauzeugen-2023" target="_blank">Bianka Piringer von kino-zeit</a> führt vor, dass man den Film sehr wohl zumindest solide finden kann. </p><p style="margin-bottom: 0cm;"><br /></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhS2O0v-rBoxHj4JiCATPBLDBsecewjuQpVSPJRO52ikyHWd2B4b9xbGH4Wv5dQJnJRl1Us3Z5vtoO1StjXGk7mtCHy7wtNieh6RbalDkcO8zFUNlnx0fJc7vn4uw03zXcU8Tb4yeFQyuHJ1ykEeVW_Msug9GBC7zZPLwuWWp_6s5g_HGjYrc0QVvtD-MZm/s1920/2.jpeg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1080" data-original-width="1920" height="225" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhS2O0v-rBoxHj4JiCATPBLDBsecewjuQpVSPJRO52ikyHWd2B4b9xbGH4Wv5dQJnJRl1Us3Z5vtoO1StjXGk7mtCHy7wtNieh6RbalDkcO8zFUNlnx0fJc7vn4uw03zXcU8Tb4yeFQyuHJ1ykEeVW_Msug9GBC7zZPLwuWWp_6s5g_HGjYrc0QVvtD-MZm/w400-h225/2.jpeg" width="400" /></a></div><p style="margin-bottom: 0cm; text-align: center;"><b><span style="font-style: normal;">Platz 2: </span><i>The Flash</i> (Regie: Andy Muschietti)</b></p><p style="margin-bottom: 0cm; text-align: left;"><i>Talk to Me</i> hat bei mir zwar die meisten Fragezeichen hinterlassen, <i>The Flash</i> allerdings das größte: Das soll laut zahlreichen talentierten, fähigen Filmschaffenden, darunter laut James Gunn, einer der besten Superheldenfilme aller Zeiten sein? Das hier?! Diese kühl berechnete, seelenlose und grottenhässliche Nostalgieköderfalle, die in feinster <i>Ready Player One</i>-Manier oftmals nicht einmal versteht, was die künstlerische Essenz der meisten von ihr ausgebeuteten Werke ist, und sich einzig darauf verlässt, dass es durch den "Ja! Das kenne ich!"-Faktor funktionieren wird? Wirklich?</p><p style="margin-bottom: 0cm;"><i>The Flash</i> ist in einer Filmära, in der der Kritikpunkt "Es ist kein Film, sondern ein Produkt" inflationär durch die Gegend geschleudert wird, weil er der Filmpresse (und, viel intensiver: Film-YouTube) frisch unter den Nägeln brennt, die Produktion, wo ich dieses Buzzword wirklich zücken würde. Der Film wirkt wie etwas, das Don Cheadles schurkischer Algorithmus aus <i>Space Jam: A New Legacy</i> in Auftrag geben würde, nicht wie ein popcornaffines Kunstwerk, in dem ein Herz schlägt.</p><p style="margin-bottom: 0cm;">Das liegt unter anderem an Muschiettis unfokussierter Regieführung (oder an den vielen Faktoren, die den Produktionsprozess derart plagten, dass sie im fertigen Produkt so wirkt): Die Makel, die bereits <i>Es: Kapitel 2</i> plagten, werden hier mehrfach potenziert, allen voran ein aggressiv-cartoonesker Humor, der sich mit dem Mindset der Figuren und der zuvor etablierten, inneren Logik der Filmwelten mischt wie Wasser mit Öl. <br /></p><p style="margin-bottom: 0cm;">Dass Muschietti irgendwann eine Vision hatte, zeigt ein turbulent-chaotisch eskalierender Einsatz der Flash-Superkräfte: Nachdem ein paar <i>Looney Tunes</i>-Bilder gezeigt wurden, zieht Flash eine ungewollte Schneise der Zerstörung nach sich, wie in einem Tex-Avery-Cartoon. Muschiettis Gedanke war gewiss: Inspirationsquelle zeigen, Hommage durchführen. Doch weder gefiel mir Muschiettis Hommage (zu verkrampft), noch hat es dem Erzählfluss geholfen, vor ihr erst einmal ausgiebig und unsubtil auf sie vorzubereiten.</p><p style="margin-bottom: 0cm;">Solche Dinge wiederholen sich im Film immer und immer wieder, was schon ätzend genug wäre, würde Ezra Miller nicht auch noch eine vollkommen weltfremd-kindsköpfige Flash-Interpretation spielen (die noch dazu, Zeitreise sei dank, eine noch kindsköpfigere Flash-Variante unterrichten muss). Ich fand Miller in <i>Justice League</i> (sowohl in Joss Whedons Version als auch in Zack Snyders Fassung) amüsant, neurotisch-sympathisch. Aber deren Darbietung in <i>The Flash</i> ist eine inkonsistente Ansammlung an nervlichen Macken, kein Gesamtbild einer immer noch an einem Verlust nagenden Person. Und den übermäßigen Slapstick scheint Miller eher erschöpft zu erdulden, statt pointiert auszuspielen.</p><p style="margin-bottom: 0cm;">Ein Autopilot-Michael-Keaton, dem sekündlich die Lebensfreude aus den Augen entfleucht und eine ihre eigene Emotionalität wiederholt betrügende Narrative kommen noch dazu, die Action im MMORPG-Kampfarena-Look schmerzt in den Augen und ich hoffe so sehr, dass die peppig-saucoole Sasha Calle noch viele, echt knallende Actionrollen bekommt, um diesen Fehlgriff vergessen zu machen. In der Zwischenzeit verrät <a href="https://www.epd-film.de/filmkritiken/flash" target="_blank">Jannek Suhr bei epd film</a>, was ich offenbar übersehen habe.</p><p style="margin-bottom: 0cm;"><br /></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgpyjirpR-rFA6cEpNc7BkfqMexKUZfEz-7TMeTva5E0h4PDv2L3Vy5wG_dw82b6B3qtuZLvk6NRbMzj9LOqIPEuxuXNNYcZFO87juwxY6fJqyZDXu-v0N16ygQf9xT7DXl_h8nw_3KvUgIMmwVegpdVIS_O4sllhLQ1SO2ewF3UbA6hZkB4zCzkXKSZpDV/s1280/1.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="720" data-original-width="1280" height="225" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgpyjirpR-rFA6cEpNc7BkfqMexKUZfEz-7TMeTva5E0h4PDv2L3Vy5wG_dw82b6B3qtuZLvk6NRbMzj9LOqIPEuxuXNNYcZFO87juwxY6fJqyZDXu-v0N16ygQf9xT7DXl_h8nw_3KvUgIMmwVegpdVIS_O4sllhLQ1SO2ewF3UbA6hZkB4zCzkXKSZpDV/w400-h225/1.jpg" width="400" /></a></div>
<p style="margin-bottom: 0cm; text-align: center;"><b>Platz 1: <a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/295817.html" target="_blank"><i>Ghosted</i></a> (Regie: Dexter Fletcher)</b></p><p style="margin-bottom: 0cm; text-align: left;">Chris Evans und Ana de Armas hatten in <i>Knives Out</i> einen tollen Rapport mit- und gegeneinander, Dexter Fletcher hat dank <i>Eddie the Eagle</i> und <i>Rocketman</i> einen gewaltigen Stein bei mir im Brett, und das Konzept "Romantik- trifft Actionkomödie, weil ein Kerl nicht schnallt, dass seine Traumfrau Topagentin ist" hat 80er-Touchstone-Pictures-Komödien-Vibes, womit ich mich als Zielgruppe für <i>Ghosted</i> verstehe. Gute, wenn nicht sogar sehr gute Voraussetzungen.</p><p style="margin-bottom: 0cm; text-align: left;">Und um kurz beim wenigen (sehr, sehr wenigen) Positiven zu bleiben: Fletcher lässt vor allem im Auftakt gewiefte ironische Ansätze durchschimmern, wenn er den Film wie eine extra dumme RomCom inszeniert und schneidet. Und das Finale in einem durchdrehenden Dreh-Restaurant hat ein paar gute Einfälle zu bieten. Und da hören die Stärken auch schon auf.</p><p style="margin-bottom: 0cm; text-align: left;">Die Chemie zwischen de Armas und Evans kann den Film nicht tragen, die Action ist zumeist total lahm, es gibt den Film ausbremsende, förmlich verzweifelt wirkende Cameos, die Schnittarbeit ist konfus, der Plot lustlos und die Dialoge haben kaum Witz. Und wenn sie mal Witz haben, ist es zumeist Humor, der im Rohr krepiert. <a href="https://deadline.com/2023/04/dexter-fletcher-ghosted-apple-streamers-1235341010/#!" target="_blank">Dass Fletcher durchblicken ließ</a>, dass Apple im Schnitt so manche Sonderwünsche hatte, lässt natürlich die Frage aufkommen, ob hier eine solide Komödie kaputtverbessert wurde. Den fertigen Film finde ich aber hauptsächlich öde und bedauernswert.</p><p style="margin-bottom: 0cm; text-align: left;"><a href="https://www.filmdienst.de/film/details/620609/ghosted-2023#filmkritik" target="_blank">Felicitas Kleiner vom Filmdienst</a> lag dagegen auf derselben Wellenlänge wie <i>Ghosted, </i>ich empfehle also für ein besseres Gefühl so spät im Jahr ihre Kritik.</p><p></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-76989391937592703932023-09-08T00:00:00.027+02:002023-09-08T00:00:00.140+02:00Freitag der Karibik #75<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEixeJQDV_KdEgVsLOI1spbHMQsEhimQlrXyXDF1f3OISRVusmZdY7gzcRZgaMbcrOruj2Q2KTcXXWSZBlhnrSy-cUA32zTt8botX26ogJFibJdoCWvCzdDTpTHxdu24R3BDFE0umrud3aMasURdoIaRZEgnWjpWkTSSjOJrRHO_PU1_L0fkm3tNfB-KR81-/s1280/The-Empty-Man-Frontpage.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em; text-align: center;"><img border="0" data-original-height="720" data-original-width="1280" height="225" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEixeJQDV_KdEgVsLOI1spbHMQsEhimQlrXyXDF1f3OISRVusmZdY7gzcRZgaMbcrOruj2Q2KTcXXWSZBlhnrSy-cUA32zTt8botX26ogJFibJdoCWvCzdDTpTHxdu24R3BDFE0umrud3aMasURdoIaRZEgnWjpWkTSSjOJrRHO_PU1_L0fkm3tNfB-KR81-/w400-h225/The-Empty-Man-Frontpage.jpg" width="400" /></a></div><p>Das Warten auf <i>Pirates of the Caribbean 6</i> nimmt und nimmt kein Ende. Margot Robbie umgarnt die Disney-Studios seit Jahren, ihre eigene kleine Insel im verfluchten Karibikuniversum besiedeln zu dürfen. Disney hat Robbies Begehren nicht in die Tonne gekloppt, vorangekommen ist man aber partout nicht. Weshalb selbst Robbie dachte, Disney sei einfach desinteressert, woraufhin Produzent Jerry Bruckheimer öffentlich deklarieren musste, dass die Margot-Karibik nicht aufgegeben wurde. <a href="https://variety.com/2022/film/news/margot-robbies-pirates-of-the-caribbean-film-not-dead-producer-1235448071/" target="_blank">Es benötige nur etwas Zeit, bis man sie bereist</a>. Dumm von Disney, so lange zu warten. In einem alternativen Universum wäre der Film bereits im Kasten und wartet darauf, als erstes Margot-Robbie-Projekt nach dem globalen Kinophänomen <i>Barbie</i> auf der weltweiten Welle der Begeisterung für die talentierte Australierin zu reiten.</p><p>So ernüchtert Robbie zuletzt klang, als sie sich über <i>Pirates of the Caribbean</i> äußerte, <a href="https://variety.com/2023/film/news/pirates-of-the-caribbean-6-script-weird-1235713384/" target="_blank">so positiv überrascht meldete sich kürzlich Craig Mazin zu Wort</a>: Der <i>Hangover 2 & 3</i>-Autor und <i>Chernobyl</i>-Serienschöpfer steht seit nunmehr vier Jahren (!) gemeinsam mit <i>PotC</i>-Veteran Ted Elliott hinter einem <i>Pirates of the Caribbean</i>-Projekt, das parallel (und angeblich nicht in Konkurrenz) zu Robbies Film entwickelt wird. Jetzt endlich wurde uns ein winziger Einblick gestattet, was uns mit Mazins und Elliotts Film erwarten könnte - und wie es um ihn bestellt ist.</p><p>Gegenüber <i>Variety</i> erklärte Mazin, dass er und Elliot eine im etablierten Kanon spielende Grundidee vorgeschlagen haben, und vollauf davon überzeugt waren, dass Disney sie ablehnen wird. "Zu seltsam", sei sie. Und dann... hat Disney zugeschlagen. Das Skript ist laut Mazin fertig und nun warte man das Ende der Streiks ab, die die US-amerikanischen Schauspiel- und Drehbuch-Gewerkschaften anberaumt haben, weil sich die Studios immer größere Teile des sprichwörtlichen Kuchens in die Tasche stecken und noch dazu Kunstschaffenden damit drohen, sie durch KI zu ersetzen. <i>Hisst die Flaggen!</i></p><p>Mal ganz davon abgesehen, dass seit <i>Salazars Rache</i> mehrere Projekte semi-offiziell angekündigt und von der Gerüchteküche heraufbeschworen wurden, ohne dass irgendwas passiert ist, und ich daher nicht zu früh jubilierend in die Luft springen möchte: Mazins "zu seltsam"-Kommentar und die Behauptung, dass es direkt nach den Streiks losgehen könnte, sind für mich Anlass genug, zu fabulieren:</p><p>Welche Talente könnten Bruckheimer und Disney auf dem Regiestuhl platzieren, um meine Vorfreude in die Höhe schnellen zu lassen und mir Mut zu machen, dass sich "zu seltsam" nicht als leere Phrase herausstellen wird? (Stets vorausgesetzt, dass sie auch wirklich Lust haben. "Naja, irgendwie muss ich ja meine Hypothek abbezahlen"-Motivation für den Regiejob brauche ich nicht in meiner Lieblingsfilmreihe.)</p><p><b>David Prior</b></p><p>Womöglich mein heimlicher Lieblingskandidat für den <i>Pirates of the Caribbean</i>-Regieposten. Mit <i>The Empty Man</i> schuf er den goreverbinskihaftesten Film, den jemals eine Person gedreht hat, die nicht Gore Verbinski ist. Und was wäre angebrachter bei einem <i>PotC</i>-Teil als genau diese Energie, noch dazu bei einem Skript, das angeblich disney-untypisch seltsam sein soll?</p><p><b>David Fincher</b></p><p>Ja, eine absolut unrealistische Wahl. Fincher steckt die <i>Alien 3</i>-Erfahrung noch immer zu tief in den Knochen, als dass er bereitwillig in eine bestehende Filmreihe springen würde, und seine gescheiterten Anläufe, bei Disney eine <i>20.000 Meilen unter dem Meer</i>-Neuinterpretation vom Stapel laufen zu lassen, dürften ihn auch nicht von der Idee schwärmen lassen, für's Maushaus nun die Segel gen Karibik zu setzen. Aber: Allein, dass in Fincher ein abenteuerversessener Knabe steckt, der für Disney einen Effektfilm drehen möchte (wäre das Studio halt was zuvorkommender), macht ihn zu einem guten <i>PotC</i>-Kandidaten. Zumal man disneyfilmhistorisch eine direkte Linie von Käpt'n Nemo zu den verfluchten Piraten ziehen kann.</p><p>Noch dazu ist David Fincher <a href="https://youtu.be/2ykcUuZg9hI?si=sPr8OmJQB5w-zmjQ&t=4737" target="_blank">bekennender Gore-Verbinski-Fan</a>. Nicht, dass der Regisseur hinter <i>Sieben</i>, <i>Zodiac</i>, <i>Panic Room</i>, <i>Fight Club</i>, <i>Gone Girl</i> und <i>Mank</i> es nötig hätte, noch weiter in meiner Sympathie zu steigen. Aber eine Wertschätzung für Verbinskis Schaffen ist zweifelsohne ein großer Bonus, will man in meiner Fantasie den <i>Pirates of the Caribbean</i>-Regieposten ergattern.</p><p><b>Julia Ducournau</b></p><p>"Zu seltsam", Herr Mazin? Hm? Dann lasst uns das Skript doch der Regisseurin von <i>Raw</i> und <i>Titane </i>überreichen, es ihrem Geschmack anpassen und sie dann mit einem großen Budget in die Karibik verschwinden, wo sie fernab der sich einmischenden Disney-Studiobosse ihr Piratending zuzieht. Das würde mich vorfreudig zappeln lassen. <i>Pirates of the Caribbean</i> war eh schon das hormonell aufgeladenste Franchise unter der Disney-Flagge, mal gucken, was die schräge Bodyhorror-Indie-Französin mit einem Hang für sexuelle Unter-, Zwischen- und Übertöne draus macht!</p><p>Und Filmtwitter wieder einmal brennen sehen, weil sich irgendwer an ein Franchise "verkauft" hat, ist auch ein Spaß. (Zumal in einer idealen Welt Hollywood durch <i>Barbie</i> nicht die Lektion lernt "mehr Mattel braucht das Kino", sondern "lasst kreative Frauen mal mit massig Geld haushalten, wird schon".) </p><p><b>Guillermo del Toro</b></p><p>Komm schon, Disney. Lass den Mann wenigstens <i>eine</i> Bahn verfilmen!</p><p><b>Aritz Moreno</b></p><p>Schräger Humor, ein Sinn für große Bilder und das Jonglieren vieler Figuren, gepaart mit einem Auge für's Sonderbare: Von <i>Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden</i> hinein in Disneys Fluch-Karibik. Also, ich fänd's spannend.</p><p><b>Joseph Kosinski</b></p><p>Hat eine etablierte Arbeitsbeziehung mit Disney (<i>Tron: Legacy</i>) und Jerry Bruckheimer (<i>Top Gun: Maverick</i>), kann hervorragende Bilder und die Soundtracks seiner Filme sind im Normalfall absolut klasse. So gesehen trifft er einige der Grundvoraussetzungen für einen <i>Pirates of the Caribbean</i>-Film, auch wenn er aus dieser Liste der am wenigsten "sonderbare" Kandidat wäre. Aber selbst wenn ihm der "Was? Er?!"-Faktor fehlt: Er hat einst <i>Tron: Legacy</i> durchgerungen, was auch nicht gerade der archetypische Disney-Big-Budget-Film ist. Und da wir hier gerade eh träumen: Direkt nach <i>PotC 6</i> kann er ja auch endlich <i>Tron 3</i> drehen. (Sorry, Joachim Rønning. Aber wenn ich die Wahl habe zwischen einem <i>Tron</i>-Film von dir und von Kosinski, dann nehme ich Kosinski.)</p><p><b>Alfonso Cuarón</b></p><p>Damit er auch mal in einem Franchise herumwerkelt, für das ich mich erwärmen kann. Und weil ich gespannt wäre, über wie viele Schiffsdecks er einen Longtake gehen lassen würde.</p><p><b>Coralie Fargeat</b></p><p>Die <i>Revenge</i>-Filmemacherin zählt David Cronenberg, David Lynch und Michael Haneke zu ihren Vorbildern, was nun nicht gerade nach einem Abstecher in Disneys Karibik klingt (auch wenn Cronenberg immerhin mit Keira Knightley zusammengearbeitet hat, will man hier <i>Six Degrees of Disney Pirates </i>spielen). Doch nicht nur, dass sie mit ihrer Regiearbeit an der Netflix-Serie <i>The Sandman</i> bewiesen hat, sich nicht vor etablierten Popkulturmarken zu scheuen:</p><p>Sie erklärte auch, sich <a href="https://jezebel.com/revenge-director-coralie-fargeat-on-playing-with-film-c-1826088302">zum absurd-opernhaften Kino</a> zugezogen zu fühlen, und je nach Regisseur war die <i>PotC</i>-Saga auch durchaus eine sehr absurde Rockoper. Noch dazu nennt sie als weiteres Vorbild John Carpenter, und da <i>Pirates of the Caribbean 6</i> laut Mazin "zu seltsam" wird, hätte Fargeat ja hiermit die Gelegenheit, ihrer Filmografie ein Projekt zuzufügen, das bei ihr ähnlich hervorsticht wie <i>Big Trouble in Little China </i>aus Carpenters.</p><p><b>Gina Prince-Bythewood</b></p><p><i>The Woman King</i> vereint prunkvolle Action, Entertainment vor historischer Kulisse mit grandiosen Kostümen und nuancierte Charakterköpfe von Figuren, die locker von dramatisch zu schnippisch wechseln können. Der Film ist eigentlich ein starkes Bewerbungsvideo, von Hollywood eine Wagenladung voll Geld und den Auftrag "Hier, mach was Aufwändiges draus" zu erhalten, und mir kann niemand erzählen, dass <i>Pirates of the Caribbean</i> nach <i>The Woman King</i> ein Stilbruch für Prince-Bythewood wäre. Aber für Disney wäre sie eine interessantere Wahl als etwa einem Shawn Levy, Alan Taylor oder (sorry) Kenneth Branagh (der sich doch lieber seinen biografisch motivierten Passionsprojekten, Shakespeare und Agatha Christe widmen sollte, als dem Popcorn-Effektkino) die Zukunft der verfluchten Karibik zu überlassen.</p><p>Wen würdet ihr euch für <i>Pirates of the Caribbean 6</i> wünschen? Und werden wir es jemals schaffen, wieder einen <i>PotC</i>-Film und einen neuen Gore-Verbinski-Film im selben Jahr spendiert zu bekommen? Beantwortet erste Frage gerne in den Kommentaren und drückt für ein "Ja" bezüglich der zweiten Frage die Daumen, <i>me hearties, yo-ho!</i></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-24923639794590528042023-07-26T23:51:00.003+02:002023-07-26T23:51:56.216+02:00Geistervilla<p></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiZQRhihDZyv7IS2mtraz7udBRrSHfohT8sC3PYGSjWnyRrTY5p0toi6X7KUU08cCSFMohNU_3VebFg7wrsD-oYHqulXX4B_FpJ3_tGg8Xf4MOgTiDkEfMS8Js5fSvKpvU0TWEM2nxsxfvq2OOuSFLSnySLv84uziwZNnZLqtqkSkTu4-qesBCfTa2HXtCc/s1034/geistervilla.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1034" data-original-width="700" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiZQRhihDZyv7IS2mtraz7udBRrSHfohT8sC3PYGSjWnyRrTY5p0toi6X7KUU08cCSFMohNU_3VebFg7wrsD-oYHqulXX4B_FpJ3_tGg8Xf4MOgTiDkEfMS8Js5fSvKpvU0TWEM2nxsxfvq2OOuSFLSnySLv84uziwZNnZLqtqkSkTu4-qesBCfTa2HXtCc/w271-h400/geistervilla.png" width="271" /></a></div><b>Was wir hatten</b><br /><p></p><p>Die Fangemeinde der Disney-Themenparks ist so bunt durcheinander gewürfelt, dass es wohl keine steile These ist, dass jede Disney-Attraktion für irgendwen <i>die</i> Lieblingsattraktion darstellt. Zugleich ist es ebenso risikofrei, zu behaupten, dass sich zwei Attraktionen einen besonderen Platz in den Herzen der Disney-Fans erkämpft haben: <i>Pirates of the Caribbean</i> und <i>Haunted Mansion</i> gelten ungebrochen als Paradebeispiele dafür, wie Themenparkfahrten ein immersives, atmosphärisches Erlebnis mit Witz, Persönlichkeit und fragmentiertem, in sich schlüssigem Storytelling bieten können. Und all das, ohne sich als Adaption bestehender Filme zu präsentieren.</p><p>Es war bloß eine Frage der Zeit, bis die Disney-Studios zu ihrem Themenpark-Geschwisterchen rüber blicken und an diesen ikonischen Attraktionen bedienen. 2003 erfolgte der Doppelschlag: Gore Verbinski brachte mittels Rückendeckung durch Produzent Jerry Bruckheimer die abenteuerlichen Piraten auf die große Leinwand und machte <i>Fluch der Karibik</i> zu einem Sensationserfolg, der ein eigenes Kino-Franchise begründete und den <a href="https://www.sdb-film.de/2013/06/freitag-der-karibik-3.html" target="_blank">Disney-Konzern</a> <a href="https://www.sdb-film.de/2017/01/freitag-der-karibik-25.html" target="_blank">nachhaltig</a> <a href="https://www.sdb-film.de/2017/08/freitag-der-karibik-56.html" target="_blank">veränderte</a>.</p><p><i>Der König der Löwen</i>-Co-Regisseur Rob Minkoff unterdessen verwirklichte mit Disney-Trickfilm-Produzent Don Hahn sowie <i>Freaky Friday</i>-Produzent Andrew Gunn im Rücken die hierzulande <i>Die Geistervilla</i> betitelte <i>Haunted Mansion</i>-Adaption. Die hinterließ kaum Eindruck in der Popkultur, nicht einmal in der Disney-Fangemeinde. Und wenn sich wer an sie erinnert, so wird sie vornehmlich als verschenkte Chance geschunden, einer legendären Bahn gerecht zu werden.</p><p>Vor allem der piefige, überzogene Humor rund um Eddie Murphy und seine Film-Familie wird kritisiert, während das Produktionsdesign und die praktischen Effekte durchaus hier und da Lob erhalten. (Der Fairness halber: In den USA entwickelte sich der Film nicht zuletzt dank regelmäßiger TV-Wiederholung zu einem kleinen Nostalgie-Favoriten innerhalb der Jahrgänge, die 2003 noch zur jungen Kernzielgruppe gehörten. Dass er eines Tages zu einem Kult wie <i>Hocus Pocus</i> heranwächst, wage ich noch zu bezweifeln, und einen Meinungswandel innerhalb der Themenpark-Fangemeinde habe ich auch nicht beobachtet.)</p><p>Schon früh stand fest: Darauf kann man es nicht beruhen lassen. <i>Die Geistervilla</i> muss einen erneuten Anlauf erhalten!</p><p><b>Was uns verwehrt blieb</b></p><p>Der womöglich weltgrößte <i>Haunted Mansion</i>-Fan ist zufälligerweise auch einer der prestigeträchtigsten Regisseure unserer Zeit: Guillermo del Toro, seines Zeichens Disney-Fan und Liebhaber des Grotesken, hat ganze Räume seines Hauses seiner <i>Haunted Mansion</i>-Passion gewidmet. Kein Wunder, dass er sich ins Gespräch für eine erneute Adaption gebracht hat. Jahrelang trat das Projekt auf der Stelle, bis ein berühmter Schauspieler für die Hauptrolle anvisiert wurde. Noch dazu einer, der bekennender, glühender Disney-Park-Fan ist, seine Karriere im <i>Mickey Mouse Club</i> begann und die <i>Haunted Mansion</i> liebt (aber das <i>Nightmare before Christmas</i>-Overlay hasst): Ryan Gosling!</p><p>Dieser Film ist aus nicht genauer bekannten Gründen geplatzt. Setzt hier einfach "kreative Differenzen" ein, rollt die Augen, wie feige Disney wohl war, und seid euch gewiss, dass del Toro stattdessen Referenzen auf die <i>Haunted Mansion</i> in einigen seiner Filme versteckte. Insbesondere <i>Crimson Peak</i> ist ein einziger "Ich mache dann halt meine total disneyunkompatible Version"-Traum von der <i>Haunted Mansion</i>.</p><p><b>Was wir stattdessen bekommen haben</b></p><p>Die alleinerziehende Mutter Gabbie (Rosario Dawson) zieht mit ihrem Sohn Travis (Chase W. Dillon) in ein großes, staubiges Anwesen in New Orleans. Kaum haben sie das Haus betreten, erleben sie sonderbare Dinge und fliehen. Doch sie konnten das Unheil nicht abschütteln: Ein Geist hat sich ihnen angeschlossen und nervt sie, egal wo sie sind. Also kehren sie in die verfluchte Villa zurück und versuchen, den Ereignissen auf den Grund zu gehen. Dazu heuern sie den ehemaligen Physiker Ben (LaKeith Stanfield) an, der sich nun als Tourguide verdingt. Auch der exzentrische Priester Kent (Owen Wilson), das Medium Harriet (Tiffany Haddish) und der ans Übernatürliche glaubende Geschichtsprofessor Bruce (Danny DeVito) schließen sich der Truppe an...</p><p>Ob Regisseur Justin Simien genauso von der <i>Haunted Mansion</i> besessen ist wie del Toro, darf bezweifelt werden. Aber auch er hat eine Passion für die Attraktion und war vor seiner Karriere als Filmemacher sogar Cast Member im kalifornischen Disneyland sowie zeitweise Teil eines Walt-Disney-World-Chors. Seine Disney-Vergangenheit macht sich in <i>Geistervilla</i> (ja, Disney macht den umgekehrten DC-Move, wo auf <i>Suicide Squad</i> ja <i>The Suicide Squad</i> folgte) auch zweifelsohne bemerkbar:</p><p><i>Geistervilla</i> ist rappelvoll mit narrativen, akustischen und visuellen Rückgriffen auf die legendäre Bahn. Von der einprägsamen Tapete über Kerzenhalter und kunstvoll verzierte Absperrungen bis hin zu Dreh- und Angelpunkten der Attraktion wie dem "Stretching Room" oder Madame Leota (hier gespielt von Jamie Lee Curtis): Wer die Vorlage zum Film kennt, wird immer wieder Dinge erkennen. Selbstredend adaptiert Komponist Kris Bowers (<i>Bridgerton</i>) den aus der Attraktion bekannten Ohrwurm <i>Grim Grinning Ghosts</i> und mit narrativen Elementen wie "Es befinden sich 999 Geister im Haus" oder dem "Dir folgt ein Geist nach Hause"-Aspekt wird die potentiell generische Geisterhaus-Geschichte an die Disney-Vorlage angepasst.</p><p>Auch beiläufige inhaltliche Referenzen, wie die Anmerkung, dass es viele sich widersprechende Hintergrundgeschichten gibt, runden den Fanservice-Charakter des Films ab. Dabei reißen diese Querverweise nicht per se aus der eigentlichen Geschichte heraus: Wenn etwas kurioses geschieht, inszeniert Simien es so, dass Disney-Fans sich im "Aha, das kenne ich doch!"-Genuss suhlen können, während für Ahnungslose halt einfach das titelgebende Geistergeschehen geliefert wird. Trotzdem scheitern die Verantwortlichen dabei, ein wirklich makelloses Gleichgewicht aus Fanservice und "Es darf nicht ablenken" zu erzielen:</p><p>Hier und da verweilt die Kamera dann doch zu lang auf einem Easter Egg oder lassen Simien und Filmeditor Phillip J. Bartell (<i>Eating Out 2: Sloppy Seconds</i>) nach einem verbalen Querverweis eine zu lange "Hier wird nun in Anaheim, Orlando oder Tokio sicher heftig applaudiert"-Dialogpause. Das stört den erzählerischen Fluss, könnte manchen Teilen des Publikums ein zu klares "Ich denke, ich habe da was nicht verstanden"-Gefühl geben und ist in einer 123 Minuten langen Familien-Geisterkomödie einfach nicht nötig.</p><p>Was mich derweil positiv überrascht hat: Simien, der zuvor auch <i>Dear White People</i> und <i>Bad Hair</i> gemacht hat, bekommt in <i>Geistervilla</i> den Raum, seine authentische Perspektive auf die Erfahrungen von BPoC zu präsentieren. <i>Geistervilla</i> ist zwar trotzdem mit Abstand sein am wenigsten über die Lebenswirklichkeit schwarzer Menschen in den USA erzählender Film. Aber während die Eddie-Murphy-Variante genauso von einer weißen Familie hätte handeln können, lebt und atmet dieser Film wenigstens eine Spur der Black Community in New Orleans. Und im Falle von Stanfields Figur unterstreicht tatsächlich das Hairstyling seiner Figur ein Stück weit die Charakterzeichnung.</p><p>Drehbuchautorin Katie Dippold derweil ließ mich schon bei <i>Ghostbusters: Answer the Call</i> mehrmals an <i>Haunted Mansion</i> denken, und ihr Gespür für familientaugliche Kalauer mit optionalem, makabrem Touch lebt sie auch dieses Mal aus. Vor allem Haddishs Harriet, die stets Fehlurteile darüber fällt, wie deutlich sie sich in Anwesenheit von Kindern über garstige Dinge äußern darf, liefert dahingehend ab. Wilson und DeVito wiederum agieren ungefähr genau so, wie man es in solch einem Film von ihnen erwarten würde - und das kommt in Dippolds erzählerischem Kontext und unter Simiens Inszenierung solide-kurzweilig rüber.</p><p>Als Einsteiger-Gruselkomödie, geschweige denn "normale" Gruselkomödie funktioniert <i>Geistervilla</i> derweil überhaupt nicht. Das ist, abhängig von der persönlichen Meinung diesbezüglich, wie gruselig denn die als Inspiration dienende Bahn denn nun ist, entweder vollkommen egal oder ein Problem. Ich zumindest sehe die <i>Haunted Mansion </i>als wundervoll-amüsante Annäherung ans Geisterthema an und nehme daher keinen Anstoß an einer Verfilmung ohne Gruselfaktor - was natürlich nicht heißt, dass ich del Toros schaurigere Variante abgelehnt hätte. (Und wenn jemals die <i>Phantom Manor</i> aus dem Disneyland Paris adaptiert wird, werde ich sowieso andere Maßstäbe ansetzen!)</p><p>Statt einen schaurigen Spaß zu kreieren, schufen Dippold und Simien daher einen rar gewordenen Rücksturz zu den Disney-Realfilmkomödien der 1950er bis 1970er: Wir sehen einer verschrobenen Figurengruppe dabei zu, wie sie durch eine Abfolge von kuriosen Ereignissen ihren Charakter formt - mit vielen Schmunzlern, etwas Slapstick und einem andersweltlichen Gimmick. Ich fühlte mich ganz konkret in Filme wie <i>Der unheimliche Zotti, Charley und der Engel</i> oder <i>Käpt’n Blackbeards Spuk-Kaschemme</i> versetzt, was ich charmant fand, euch allen da draußen aber auch klar mitteilen sollte, dass <i>Geistervilla</i> im Jahr 2023 eine extrem spitze Zielgruppe hat.</p><p>Zumal Simien das Geplänkel seiner Charakterköpfe immer wieder für Phasen pausiert, in denen Stanfields Ben an den frühen Tod seiner großen Liebe erinnert wird und ihn endlich zu verarbeiten versucht. Stanfield gelingt es hervorragend, diese Wechsel hin von Disney-Retrokomödie hin zu familientauglicher Trauerverarbeitungs-Dramödie darstellerisch zu tragen, und seine Figur durchweg stimmig zu halten, ganz gleich, wie zerrissen der Film ist.</p><p>Aber Simien und Dippold straucheln gelegentlich dabei, diese zwei Ansätze zu vereinen. Für jede beseelte Szene, in der etwa ein berührendes Gespräch zwischen Ben und Travis durch einen aus dem Leben gegriffenen "Kinder im Grundschulalter rennen mitten in einem profunden Gespräch davon und wollen jetzt einfach spielen"-Gag unterbrochen wird, woraufhin eine albern-herzliche Montage folgt, oder Ben seine verstorbene Partnerin liebevoll anhand von Dingen beschreibt, die ihn einst nervten, gibt es eine bemühte Passage, in denen man im Kinosaal förmlich spürt, wie Simien und Dippold gerade so die Nähte ihres Flickenteppichs zusammenhalten.</p><p>Wäre <i>Geistervilla</i> optisch etwas wertiger und zudem flüssiger erzählt, ließe sich das leichter verzeihen. Aber da der Film ein paar Längen hat, und das gute Produktionsdesign mit einem etwas matschigen Color Grading und einem Übermaß an unbeseelten Effekten konkurriert (insbesondere im Finale), fehlt einfach dieser gewisse Funken an kunsthandwerklicher Passion, der über so etwas hinwegtäuschen könnte.</p><p>Dafür ist es erstaunlich, wie sehr <i>Geistervilla</i> im Dialog-Duktus an <i>Magic in the Moonlight</i> erinnert. Da Simien den Regisseur hinter besagter Schmunzelattacken-Séancendramödie zu seinen künstlerischen Einflüssen zählt, lag es womöglich auf der Hand, dass Simien den Cast seiner geisterhaften Komödie in einem ähnlichen Takt und einer vergleichbaren Sprechfarbe agieren lässt. Nicht, dass er direkt bei dem Film abgeguckt hätte, aber es ist offensichtlich, dass er sich einem ähnlichen Thema auf vergleichbare Weise nähert...</p><p>Dessen ungeachtet, seid mal ehrlich: Wer hatte auf seiner 2023-Bingokarte "Ein und derselbe Film wird sich bei Woody Allen und Disney-Realfilmkomödien der 1950er bis 1970er bedienen, und zudem sein Storytelling non-verbal durch die authentische Darstellung von BPoC-Frisuren stützen"?</p><p><b>Ein Fazit, das den Stretching Room nimmt: </b>Wenn ein Film, über den riesig groß "Disney hat sich nichts getraut und daher del Toro ein Projekt weggenommen, um es stattdessen einem deutlich kleineren Namen zu geben"-Signale schweben, es trotzdem vermeidet, wie ein von Studiokomitees am Reißbrett entwickelter Film zu wirken, ist das erst einmal begrüßenswert. Dass Simien und Dippold eine eklektische Ansammlung an Einsätzen und Einflüssen zusammengeworfen haben, sorgt für tonale Farbe in einer Disney-Realfilmära, in der so etwas selten geworden ist.</p><p>Aber der Verzicht auf große Lacher und packende Geister-Setpieces sorgt im Zusammenspiel mit der eher ernüchternden Bildsprache des Films und zu viel narrativem Leerlauf für leichte Ernüchterung: <i>Geistervilla</i> ist auf dem Weg dorthin, denkwürdig und markant zu sein. Doch dem Film geht die dafür nötige Puste aus. Stattdessen ist es ein Film geworden, der für eine <i>sehr </i>spitze Zielgruppe charmante Unterhaltung bietet. Es ist ein Film für Leute mit meinem verschrobenen Geschmack, die sich an dem einen oder anderen Sonntagnachmittag aufs Sofa legen, in eine Decke murmeln und von dezent modernisiertem Disney-Retroflair umarmt fühlen wollen.</p><p>Ich kann <i>Geistervilla</i> nicht voller Überzeugung verreißen, aber auch nur sehr, sehr wenigen Menschen guten Gewissens empfehlen. Für Normalos ist es ein "Egal"-Film mit einem gefälligen Cast, ein paar Durststrecken und einigen Momenten, wo Humor oder Gefühligkeit genau ins Ziel treffen. Für mich ist er ein "Ich mag ihn mehr, als ich ihn respektiere"-Titel. Ich vergebe hier im Blog eigentlich keine Sterne-Bewertungen, aber um dieser langen Rede endlich einen kurzen Sinn zu verleihen: Das hier wäre so ein "2,5 von 5 Sternen - mit einem Herz"-Ding. <i>Hurry back! </i></p><p style="text-align: center;"><b><i>Geistervilla </i>ist ab dem 27. Juli 2023 in einigen deutschen Kinos zu sehen.</b></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-58860281603631982732023-07-20T14:58:00.003+02:002023-07-24T01:18:17.230+02:00Oppenheimer<p></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg_BLeP4Q3vO72TY0UxbjsQKgwI9cVnX7XXkBWRBh86JtrR0qaA9vMEYC2D9izKLSH6-36l9jqLuIHoYnwZIfzDcsT2xPwvX_Ps07kBBwpBbtENsQt1lfS_XN3NJPXG6vqVy-ON-jkLJr5K4GZOSBkbQbLpY_AC1AjeeVOCzdwbQR9JQb-J8cWiFW3U7LSl/s700/oppenheimer.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="700" data-original-width="495" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg_BLeP4Q3vO72TY0UxbjsQKgwI9cVnX7XXkBWRBh86JtrR0qaA9vMEYC2D9izKLSH6-36l9jqLuIHoYnwZIfzDcsT2xPwvX_Ps07kBBwpBbtENsQt1lfS_XN3NJPXG6vqVy-ON-jkLJr5K4GZOSBkbQbLpY_AC1AjeeVOCzdwbQR9JQb-J8cWiFW3U7LSl/w283-h400/oppenheimer.jpg" width="283" /></a></div><br />Ich weiß nicht, was in den Köpfen jener vorgeht, die deutsche Lehrpläne entwerfen. Aber im gesamten Verlauf meiner Schullaufbahn war das atomare Wettrüsten kein einziges Mal Thema. In den naturwissenschaftlichen Fächern wurde mal kurz erklärt, wie Atomenergie funktioniert, doch die gesamte polithistorische Dimension, weshalb man darin geforscht hat, die Atombombe erfand <i>und </i>einsetzte? Kein Thema. Sämtliches Wissen über die jahrzehntelang die Welt im Atem haltende Atomangst und die Anlässe, die Welt überhaupt erst an diesen Abgrund zu führen? All das musste ich von älteren Verwandten erfahren sowie aus öffentlich-rechtlichen Dokumentationen und der Popkultur ziehen.<p></p><p>Das genügte für ein Verständnis des groben Zeitstrangs. Einen überaus vagen Eindruck dessen, wie es sich angefühlt haben muss, während des nuklearen Wettrüstens morgens im Gedanken aufzuwachen, abends nicht mehr zu leben, bloß weil irgendwer in der einen Hemisphäre irgendwas gesagt hat, das irgendwem auf der anderen Hemisphäre den Hut hat hochgehen lassen. Und für die unbegreiflich im Raum stehende Behauptung: "Naja, die Amis wollten halt die Bombe bauen, bevor die Nazis das tun." </p><p>Wenn ich an <i>Oppenheimer</i> denke, denke ich nicht zuallererst an die einmal mehr wuchtige Klangwelt, mit der Nolan seine Bilder aufwerten lässt. Oder an die visuelle Macht, mit der sich Nolan dem oft so uninspiriert abgewickelten Genre des Biopics nähert. Nicht einmal an Cillian Murphys so ruhig-brodelnd angelegte, so emotional aufzehrend wirkende Darbietung. Oder an Emily Blunt, die lange wie in einer undankbaren Nebenrolle gefangen wirkt und sich dann als weitere das Geschehen reflektierende, Persönlichkeit beweisende Partei enthüllt. Sondern daran, dass mir <i>Oppenheimer</i> endlich die Antwort auf die Frage "Warum zum Henker haben sich Menschen hingesetzt, um so etwas zu entwickeln?" begreiflich gemacht hat.</p><p>Innerhalb von drei Kinostunden entwirft Regisseur/Autor Christopher Nolan ein Szenario, in dem Hybris, Überforderung, widersprüchliche Informationen sowie überbordende, wissenschaftliche Neugier im Gleichschritt mit atemloser Angst vor der Bedrohung durch die Nazis zum Bau eines Weltenzerstörers führten. Eine Waffe, die daraufhin jenen entglitten ist, die ihre Implikationen verstehen, und aus reinem, patriotischen Machtgehabe auf Kosten mehrerer Tausend japanischer Leben der Weltbühne vorgeführt wurde. Nolans <i>Oppenheimer</i> dient nicht als Rechtfertigung, nicht einmal zwingend als schulische Erklärung. Sondern als ernüchternde Begreiflichmachung der sehr speziellen Umstände und Persönlichkeiten, die zu einer die Welt verändernden, unaufhaltsamen Kettenreaktion führten.</p><p>Und das hat mich mit staunender Überwältigung zurückgelassen. Das werde ich so schnell nicht vergessen und dem Film für immer zugute halten.</p><h3 style="text-align: left;">Die düstere Sinfonie der physikalischen Formeln, die Kakophonie des politischen Ellenbogenreibens</h3><p>Wie es bei Nolan zunehmend üblich wird, ist auch <i>Oppenheimer</i> eine von seinen Klängen getragene Filmerfahrung: Das Drama eröffnet, wie viele Klassikkonzerte beginnen: Das Orchester wärmt sich auf, die Streichinstrumente werden ein letztes Mal gestimmt. Dann sehen wir Regen auf eine Wasserfläche prasseln, von <i>Nope</i>-Kameramann Hoyte van Hoytema so gefilmt, dass es glatt so aussieht, als wären die aufprallenden Tropfen Noten auf einer Partitur.</p><p>Von nun an oszilliert die Filmmusik des <i>The Mandalorian</i>-Komponisten Ludwig Göransson zwischen voluminös erklingenden, sinfonischen Stücken und wuchtigem, chaotischem Elektrosound. Ein klassisch aufgebautes Orchester spielt Musik, die im Einklang mit den Bildern den Eindruck vom Vorantreiben von Forschungsprozessen, sprunghafter Passion in privaten wie beruflichen Dingen und flirrenden Gedanken erzählen. Eine Verschmelzung aus klassischem Orchester, Synthesizern und ungewöhnlichen Instrumenten wabert, dröhnt und schlägt entfesselte, bedrohliche Klangwellen. In diesen Passagen klingt Göranssons Musik so sehr nach Hans Zimmer in seinen bombastischsten, wildesten Arbeiten, wie noch nie jemand außer Hans Zimmer nach Hans Zimmer in seinen bombastischsten, wildesten Arbeiten klang.</p><p>Auf der <i>Oppenheimer</i>-Tonspur wird ein unablässiger Kampf ausgetragen, zwischen Konvention und Modernität, Untermalung und Übertönung, einem mitfühlenden und gegen das Bild rebellierenden Ansatz. Nolan, dessen Filme mitunter als verkopft, über-intellektualisiert und kompliziert kritisiert werden, machte schon in <i>Tenet</i> keinen Hehl daraus, dass er doch nur will, dass wir seine Arbeit fühlen, nicht verstehen. Er legte Clémence Poésy sogar eine <i>Tenet</i>-Gebrauchsanweisung in den Mund. In <i>Oppenheimer</i> belässt er es nicht mehr auf eine Dialogzeile. Er lässt es Göransson musikalisch in die Welt hinausbrüllen und trennt visuell seine einmal mehr ineinander verwobenen Erzählebenen in vibrierende, gefühlsüberbetonte Farben und nüchternes, Nuancen auslöschendes Schwarzweiß, um es uns begreiflich zu machen: Nolan will uns die Geschichte mit jeder Pore unseres filmschauenden Körpers erleben lassen. Das Trockene ist trocken, laugt aus. Das Chaos ist laut und desorientierend. </p><p>Wer in der realen Historie an welchem Tag jetzt was warum gesagt hat, ist weniger von Belang als das, was daraus folgt, was es mit der Welt macht, mit Oppenheimers Seelenleben anstellt, mit uns im Saal macht. <i>Oppenheimer</i> ist kein derartiges Wunder an Struktur, Schnitt und Musik wie <i>Dunkirk</i>, setzt dessen Grundgedanken, wichtige Geschichtsereignisse zu destillieren und in uns hineinzujagen, aber deutlich erfolgreicher um.</p><p>Einen Clémence-Poésy-Augenblick nimmt sich Nolan dennoch heraus: Oppenheimer, den wir im Film wiederholt rätselnd ins Leere starren, mit seinen Augen Löcher in die Luft bohren und fragend vom Regen bombardierte Wasserflächen anblicken sehen, bekommt von einem Kollegen gesagt, er sei als an der Mathematik desinteressierter Physiker wie ein Musiker, der keine Noten lesen kann. Was in seinem Fall nicht weiter von Belang wäre, da er die Musik in ihrer Gesamtheit versteht. Womit Nolan noch im ersten Drittel (erstmals, aber nicht zum letzten Mal) den Bogen zurück zum Filmbeginn spannt. Dieser Film wird musikalisch erfahrbar gemacht, schert sich um dornige, widersprüchliche Gesamteindrücke, ignoriert trotz drei Stunden Laufzeit irgendwelche Detailfragen, die allein das Fachpublikum einordnen köönte. Das mag spalten, setzt aber große Energie frei.</p><p>Während die sich um Oppenheimers Lebensperspektive und den physikalischen Forschungsprozess drehenden Sequenzen zwar mit ehrlichem, überzeugtem Pathos, aber auch geordnet ablaufen, ist die dominierende Energie in anderen Sequenzen destruktiv: Immer wieder sehen wir Anhörungen. Aus <i>Oppenheimer</i> wird phasenweise eine Art Justizthriller, mit allem, was zum Genre dazugehört: Uninformierte Fehlurteile, hasserfüllte Anschuldigungen, unsaubere Argumentationen, die mit voller Überzeugung in den Raum gebrüllt werden. Es sind Szenen, die uns aus Oppenheimers Schuhen rausholen und dazu drängen, Urteile über ihn zu bilden. Wohlwissend, wie schwer dies ist. </p><p>Und es sind Szenen, die eiskalt mit dem US-Politzirkus abrechnen. Da ist ein Mann, der sich so sehr auf die Gelegenheit stürzte, die ultimative Waffe zu bilden, dass er davon geblendet einer angriffswütigen Politik in die Hände spielte und somit literweise Blut an seinen Händen kleben hat. Und den will man vor allem deskreditieren, weil er sich einst für die Gründung einer Gewerkschaft aussprach? Die USA, das Land der unbegrenzten "Fairness und Mitspracherecht sind Kommunismus, und somit unser aller Todfeind"-Argumentationsstrudel.</p><h3 style="text-align: left;">Eine Erfahrung, die komprimierter noch stärker gewesen wäre</h3><div>Der bis in die kleinste Nebenrolle prominente Cast, Hoyte van Hoytema soghaften Bilder, Jennifer Lames paradoxer Schnitt (assoziativ und zielgenau zugleich) und Göranssons überwältigender Score helfen enorm, um Nolans elliptische Erzählung zu einem Gefühl zu erheben, statt als intellektuelle Fingerübung in narrativen Tricks enttäuschen zu lassen. Die sprunghaften Übergänge zwischen erzählten Zeiten und Perspektiven drängen unweigerlich dazu, dass unsere Köpfe genauso kreisen wie die derjenigen, die einen unglaublichen naturwissenschaftlichen Fortschritt getätigt und damit die Welt auf ewig verdammt haben.</div><div><br /></div><div>Aber es gibt Passagen, in denen aus Ellipsen Leerlauf wird. So wird im ersten Drittel plötzlich minutenlang von mehreren Figuren in mehreren Erzählebenen darauf rumgeritten, dass es während der geheimen Erforschung der Atombombe zu einem Datenleck gekommen sei. Es folgt das unvermeidliche Fingerzeigen, wer es denn gewesen sein könnte, und wer dafür zuständig ist. Probleme, die im letzten Drittel an Signifikanz gewinnen, im ersten Drittel aber dermaßen überbetont und erneut verbalisiert werden, dass aus der <i>Oppenheimer</i>-Seherfahrung für mich kurzzeitig doch reines Absitzen eines groß aufgezogenen Biopics mit wenig Inhalt wurde.</div><div><br /></div><div>Und auch, sobald der Endspurt beginnt, hin zum großen Crescendo der Musik, der elliptischen Erzählung und Oppenheimers Versuch, sein Tun zu verarbeiten, verliert sich Nolans Skript kurz in einem Übermaß an Erklärungen. Als hätte er das Vertrauen ins Publikum oder seinen Ansatz verloren. Ohne diese Passagen hätte mich <i>Oppenheimer</i> noch stärker erwischt. Doch auch mit ihnen ist es ein Strudel von einem Biopic mit großen kunsthandwerklichen Ambitionen und einer derart schwierigen Hauptfigur mit noch schwierigerem Erbe im Mittelpunkt, dass der Film diese Ambitionen tragen kann.</div><div><br /></div><div style="text-align: center;"><b><i>Oppenheimer</i> ist ab sofort in vielen deutschen Kinos zu sehen.</b></div>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-69060701945548592772023-07-20T14:44:00.002+02:002023-07-27T02:29:49.801+02:00Barbie<p></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhD3TB4MrFBGAg8lg2mDLxRw_rtYkdDM87nYoAE16Qwh-XGcUe8ilmi8qFe_BlhhKege7HgbVcb0Kve4w99XNBMPxF5Fm65qjxiIIphmtXqh4F2K55kAUMr1ZpZHgRRaecLB6CSR2Br2HOLaSnLWhxPwW-dOyc-xbzVIRtsrp-HDlUtSp2SOi58Rj8NSL0W/s3507/barbie.png" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="3507" data-original-width="2480" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhD3TB4MrFBGAg8lg2mDLxRw_rtYkdDM87nYoAE16Qwh-XGcUe8ilmi8qFe_BlhhKege7HgbVcb0Kve4w99XNBMPxF5Fm65qjxiIIphmtXqh4F2K55kAUMr1ZpZHgRRaecLB6CSR2Br2HOLaSnLWhxPwW-dOyc-xbzVIRtsrp-HDlUtSp2SOi58Rj8NSL0W/w283-h400/barbie.png" width="283" /></a></div><br />Meine Lieblingsserie als Kind war <i>Die Dinos</i>. Und es ist immer noch meine Lieblingsserie. Die mit mächtigen Puppen und Animatronicbauten aus dem Hause Jim Henson bevölkerte Sitcom-Satire wägt ihr Publikum mit stolz-tumben Wortspielen, schräg-überspitzten Figuren und allerlei albernen Situationen in Sicherheit. Und dann setzt sie sich mich solchen Themen auseinander wie sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, der Aufweichung der Demokratie durch käufliche Medien sowie machtgierige Großkonzerne, institutionellem Rassismus, die zerstörerische Ausbreitung des Kapitalismus, die verzweifelte Suche nach dem Sinn des Lebens, den sich anbahnenden Klimakollaps und schlechtes Fernsehprogramm. <p></p><p>Die Aussagen, die <i>Die Dinos</i> über all diese Themen trifft, sind fast ausnahmslos direkt und unmissverständlich. Vielleicht, weil Kinder zum anvisierten Zielpublikum gehören, doch zweifelsohne auch, weil die Serienverantwortlichen mit voller Überzeugung hinter ihren Aussagen stehen und keine Abschwächung ihrer Botschaften als nötig erachteten. Allerdings sind geradlinige, deutliche Ansagen nicht gleichbedeutend mit stumpfen, nichtssagenden Inhalten: Die bissige Ausnahmesitcom <i>Die Dinos</i> gelangt über gewitzte Dialoge, gewieft eingefädelte Handlungsbögen und sich gegenseitig in ihrer Bedeutung hochschaukelnden Gesellschaftsbeobachtungen zu ihren Urteilen. Daher hallt sie seit meiner Kindheit in meinem Hinterkopf nach und begeistert mich als Erwachsenen beim x-ten Anschauen immer wieder neu.</p><p>Ja, es ist eine Kunst, Leute näher ran an dein Werk zu locken, sodass sie mit der Lupe in der Hand, gebannt nach dem Sinn des Ganzen suchen. Doch es ist ebenso eine Kunst, sie mit aller Deutlichkeit umzuhauen. Genau die Worte oder Bilder zu finden, die sich aufgrund ihrer Schlüssigkeit und Strahlkraft ins Gedächtnis brennen, und sich dann auch noch trotz aller Direktheit beim wiederholten, genaueren Betrachten als zunehmend raffinierter enthüllen.</p><p>Greta Gerwigs <i>Barbie</i> weckt in mir nicht dermaßen große Begeisterung wie <i>Die Dinos</i>, allerdings bin ich von beiden Werken aus ähnlichen Gründen sehr angetan und ich würde ihnen eine beachtenswerte Familiengemeinsamkeit unterstellen. Daher finde ich es auch so bedauerlich, dass die US- und UK-Freigaben eine Empfehlung für Teenager aussprechen, aufgrund irgendwelcher sprachlicher Grenzüberschreitungen, die ich mit meinen deutschen Sprachsensibilitäten nicht ausgemacht habe.</p><p>Die FSK-Freigabe ab sechs Jahren trifft den Nagel hingegen auf den Kopf. Und ich hoffe sehr, dass sich zahlreiche sechsjährige Kinder finden werden, die <i>Barbie</i> zu ihrem Lieblingsfilm erklären - und ihn nie mehr von diesem Rang verbannen, so wie sich <i>Die Dinos</i> in meinem Serien-Pantheon auf der Spitzenposition festgebissen hat. Ich gönne es ihm. Denn auch er wird es verstehen, junge, noch unwissende Augen zu öffnen, und ältere, welterfahrenere Augen immer wieder auf's Neue durch seine Argumentationsschläue, Schaffensfreude und Beobachtungsschärfe zu begeistern und zum Weiterführen dieser Gedanken anzuspornen. Davon bin ich felsenfest überzeugt. </p><h3 style="text-align: left;">Rosa Feminismus, die Wandelbarkeit von Symbolen und das Streben danach, einen Antrieb zu haben</h3><p>Barbie (Margot Robbie) führt ein sorgenfreies Leben in Barbieland, einer matriarchalisch geführten Welt in Bonbonfarben (vor allem: Pink). Jeder Tag ist der beste Tag ihres Lebens und endet mit einem feierlichen Mädelsabend, den Barbie unter anderem mit Barbie (Issa Rae), Barbie (Hari Nef), Barbie (Alexandra Shipp), Barbie (Emma Mackey) und Barbie (Ritu Arya) verbringt. Am Strand dagegen hängt sie auch gerne mit Ken (Ryan Gosling), Ken (Kingsley Ben-Adir), Ken (Simu Liu), Ken (Scott Evans), Ken (Ncuti Gatwa) und Allan (Michael Cera) ab. Als Barbie plötzlich komplexe, bedrückende Gedanken fasst, Probleme hat, in ihren High Heels zu laufen, und in der Dusche friert, gibt es nur eine Lösung: Sie muss die seltsame Barbie (Kate McKinnon) um Rat fragen. Sie hat doch schon alles durchgemacht, also wird sie ja wohl auch dafür eine Lösung haben...</p><p>Bevor Barbie Sorgen entwickeln kann, muss sie selbstredend erst einmal die Bühne betreten. Und Gerwig führt ihre Titelheldin in einer brillanten <i>2001: Odyssee im Weltraum</i>-Parodie ein: Die <i>Lady Bird</i>-Regisseurin zeigt eine desolate, wüste Welt, in der junge Mädchen bloß Baby-Püppchen haben. Sie können also nicht anders, als Mutter zu spielen. Doch dann steht vor ihnen plötzlich eine riesige Barbie, die den Mädchen keck zuzwinkert. Die Mädchen zerstören ihre wie Babys geformte Püppchen, <i>Also sprach Zarathustra </i>ertönt immer triumphaler, ein neues Zeitalter hat begonnen.</p><p>Oberflächlich betrachtet ist es einfach schön schräg und ulkig, eine überdimensionale Margot Robbie in Sonnenbrille und einem an der Ur-Barbie angelehnten Badeanzug über piefig gekleideten, jungen Mädchen in einer Steinwüste thronen zu sehen. Doch dass sie die Position des Monolithen einnimmt, ist mehr als reine, ins Alberne verzerrte Stanley-Kubrick-Imitation. Es bereitet bei aller Komik die thematische Bandbreite des Films vor:</p><p>In einer Welt, in der mit Puppen spielende Mädchen dazu zwangsverdonnert wurden, eine Mutterrolle einzunehmen, war es ein gigantischer Fortschritt, ihnen neue Wahlmöglichkeiten an die Hand zu geben. Die Fashion-Puppe Barbie gestattete völlig neue Spielszenarien: Wer mit ihr spielt, kann sich nun in Erwachsenenszenarien ohne Nachwuchs hineindenken. Sich vorstellen, selber so wie Barbie chic gekleidet den Strand entlangzulaufen. Oder einen von unzähligen Jobs zu bekleiden (und sich in einem passenden Outfit einzukleiden). </p><p>Aber so, wie der Monolith in <i>2001: Odyssee im Weltraum</i> nicht nur Fortschritt bringt, sondern auch Konflikt und Verderben, ist Barbie keine reine Heilsbringerin. Wie Gerwig und ihr Schreibpartner Noah Baumbach in ihrem herrlich unverblümten Drehbuch mehrfach unterstreichen, kam mit Barbie Stereotypisierung einher: Egal, wie viele Puppen der Hersteller Mattel auf den Markt wirft, große Teile der Gesellschaft werden allein an die schlanke, langbeinige, weiße Blondine denken, für die Mode und Fröhlichkeit alles sind. Womit die Existenz dieses Produkts, ganz gleich wie wenig das beabsichtigt war, zu verzerrten Rollen- und Körperbildern führen kann.</p><p>Und wie kommt es, dass eine Spielzeugfigur, die ungefähr so viele Berufe durchlaufen hat wie Homer Simpson und Donald Duck, nicht in derselben Vehemenz genutzt wird, um ebenfalls eine Vielfalt an Gemütern abzubilden? Wenn Kinder alt genug sind, um sich Filme und Serien über fröhliche, traurige, wütende und ratlose Figuren anzuschauen, wieso werden sie von Spielzeugmarken wie Mattel dauerhaft dazu angetrieben, im Spiel eine Friede-Freude-Eierkuchenwelt zu erschaffen, statt ihnen spielerische Mittel an die Hand zu geben, negative Gefühle zu erkunden und Konfliktlösung zu erlernen?</p><p>Barbie, das Symbol der Emanzipierung aus dem monolithischen biografischen Weg direkt vom Kind zur Mutter, die spielerische Vorlage, sich in mannigfaltigen Rollen und Karrieren hinein zu projizieren, wurde in den Augen nicht weniger Menschen zum Symbol der Frauenunterdrückung und einer gleichgeschalteten Genderwahrnehmung. </p><p>Im Gegensatz zum Monolithen aus <i>2001: Odyssee im Weltraum</i> ist Barbie aber nicht nur Entwicklungsbeschleunigerin und Unheilsbringerin in Personalunion, sondern zugleich Protagonistin. Was es Gerwig und Baumbach gestattet, anhand von ihr nicht nur die intellektuelle Debatte zu starten, wie uneindeutig Symbole sein, Botschaften fehlgedeutet und Ideen variiert werden können. Sie haben obendrein die Möglichkeit, anhand und <i>mit </i>Barbie eine emotionale Reise zu erzählen. Über eine Figur, die herausfinden will, was sie denn nun ist, wo sie hingehört und was sie für sich selbst bezwecken möchte. Coming-of-Age, Coming-of-Meaning, Coming-of-Being, alles in Einem!<br /><br />Und all dies wird durch das Prisma des Feminismus betrachtet: Die Auseinandersetzung mit im guten wie schlechten Sinne verformbaren Ideen und die Erzählung von der Suche nach Sinn, Geborgenheit und Erfüllung lassen sich verallgemeinern und übertragen, so, wie <i>Barbie</i> sie angeht. Doch ganz konkret wird es anhand dessen ausgearbeitet, was Barbie für die Stellung der Frau bedeutet. Und daran, wie deprimierend es ist, dass Frauen und junge Mädchen eine Fantasiewelt aufbauen müssen, in der sie sich entfalten können und ihnen alle Türen offen stehen, während für Männer die echte Welt ein solcher Tummelplatz ist.</p><h3 style="text-align: left;">Sie alle sind Barbie, doch er ist nur Ken</h3><p>Dass in Barbieland nahezu alle Frauen Barbie sind, könnte so aufmunternd, inspirierend und anspornend sein: Egal, wie groß du bist, wie viel du auf die Waage bringst, welche Hautfarbe du hast oder welche Interessenschwerpunkte du mitbringst, auch <i>du</i> bist Barbie. So, wie laut den <i>Spider-Verse</i>-Filmen alles und jeder eine Spider-Persönlichkeit kann und laut <i>Ratatouille</i> jeder kochen kann. Aber: Wenn Barbie alles ist, was hält uns in unserer Wirklichkeit davon ab, sie in jede nur erdenkliche Richtung zu interpretieren und somit vom hinter dem Konzept dieser Puppe stehenden Ursprungsgedanken zu entfernen?</p><p>Und wenn wir in einer patriarchalen Gesellschaft leben, die von kaputten Körperbildern, Rassismus und Sexismus durchzogen ist, wie können wir da schon verhindern, dass (ob aus ideologischer Überzeugung oder widerwillig internalisierten, negativen Einflüssen) es ausgerechnet die abschätzigsten Interpretationen von Barbie sind, die sich festsetzen? Aus der Perspektive der von Margot Robbie gespielten, stereotypischen Barbie in Barbieland wiederum drängt sich das Dilemma auf: Wenn alle ich sind und ich alle bin, wer bin ich dann überhaupt noch, wozu braucht es mich speziell?</p><p>Für einen Film, dessen Kernaussagen sich kompakt als "Sei was du sein möchtest, solange du damit niemandem willentlich schadest :)" und "Feminismus ist gut und wichtig, wie kann man das denn bitte nicht finden, schau doch nur, wie ungerecht die Welt ist, in der wir leben!" zusammenfassen lassen, sind dies gewichtige, komplexe Fragen ohne allgemeingültige, simple Antworten. Fragen, die so offen gestellt werden, und so eng mit der gesamten Struktur des Films verbunden sind, dass sie konsequent an Nachdruck gewinnen. </p><p>Gerwig holt dieses unförmige, engagierende Gedankenfutter aus der verstaubten Leseecke eines Studienzimmers heraus, und spielt mit diesen Überlegungen und Gefühlen stattdessen in einer farbenfrohen Traumwelt. Liebevoll, detailreich und mit tonnenweise Witz kreieren Gerwig und ihr Team Barbie-Spielsets in Menschengröße, kleiden den Cast in schillernden Outfits und bringen die Rädchen im Oberstübchen zum Rattern, während süffisante Doppeldeutigkeiten, teils liebevoll-selbstironische und teils bitter-beißende Seitenhiebe auf das kulturelle Erbe des Mattel-Konsumimperiums verteilt werden, und mehrere Jahrzehnte filmischer Schöpfungsgeschichte die Barbie-Behandlung abbekommen.</p><p>Und dann ist da natürlich noch Goslings Ken, in dem dieselbe Unzufriedenheit aufkommt wie in Robbies Barbie. Nur kanalisiert er sie anders, buhlt zähneknirschend um die alleinige Aufmerksamkeit von Robbies Barbie, entwickelt Geltungssucht, anstelle der plötzlichen Introspektive unserer Barbie-Protagonistin, und wird auf urkomische Weise großkotzig. Man könnte ihn glatt als Schurken verstehen, würde Ryan Gosling Kens Fehltritte nicht so überdeutlich als Folgen absoluter Dummheit spielen. Als sich schädlich äußernde Naivität gegenüber negativen Einflüssen. Und als absolutes Unvermögen, mit denselben Gefühlen umzugehen, die Robbies Barbie hat: Er will doch einfach nur einen Sinn für sein Dasein verspüren - bekommt aber (noch) weniger hilfreichen Rat als unsere Protagonistin. Er ist kein Frauenhasser, er braucht nur Orientierung, die ihm niemand anbietet. Würden Kerle, die ihren Mist überzeugter durchziehen als Ken, doch nur aufhören, so erfolgreich den Feminismus zu bekämpfen; Ken wäre genau geholfen wie Barbie.</p><p>Das gilt doppelt und dreifach, sobald Barbie und Ken ihre Sinnsuche in der realen Welt fortsetzen, und vor Augen geführt bekommen, wie sehr sich die rosa Fantasieblase namens Barbieland und die diesseitige Gegenwart unterscheiden. Während Barbie eine sie verachtende Teenagerin namens Sasha (Ariana Greenblatt) und ihre verworrenere Gedanken über die Puppe hegende Mutter Gloria (America Ferrera) kennenlernt, und von ihnen inspiriert ihre eigene Bedeutung reflektiert und dadurch neue Hoffnungen für ihr Selbstbild entwickelt, sieht Ken eine Welt, in der Männer kein Accessoire sind, keine Unterstützer. Sondern die selbstsüchtigen Herrscher. Armer Ken, lieber Ken, du bist nicht darauf vorbereitet, mit diesem Einfluss kritisch umzugehen...</p><p>Ob es Barbieland ist, unsere Welt, oder das sonderbare Bindeglied zwischen ihnen, die von einer fast endlosen Reihe an Männern in Anzügen geleitete Spielzeugfirma Mattel: Gerwig setzt ihre Schauplätze mit findigem Auge in Szene und nutzt sie gewieft, um ihren Hauptfiguren neue, komische Hindernisse in den Weg hin zur Entdeckung ihres wahren Glücks zu stellen. Daher ist <i>Barbie</i> ein Feuerwerk der Komik, das sich aber niemals gegen dunklere Gefühle wehrt: Allein schon, in einer Szene eine kriselnde Barbie zu sehen, die aber noch immer nicht internalisiert hat, dass sie ihre Angst und Ratlosigkeit mit vollem Körpereinsatz ausdrücken darf, erzeugt geradezu Gänsehaut! Robbies Augen sind verheult, erschöpft und errötet, aber ihr Mund bemüht sich weiter um ein Grinse-Lächeln, ihre Körperhaltung bleibt steif und gerade, als befände sie sich auf dem Laufsteg. </p><p>Generell bekommt Robbie für jeden feist-lustigen Gag, den Gosling mit voller Überzeugung verkauft, ein gefühlvolles Pendant, einen feingliedrigen Moment der Introspektive oder der befreienden Aussprache dessen, was in ihrer Barbie vorgeht. Denn zu Filmbeginn ist Robbies Barbie keinesfalls dumm - aber sie ist hohl. Frei von Selbstreflexion, unangetastet von Fremdreflexion. Zuzusehen, wie sie im Laufe des Films mit Erkenntnis, innerem Antrieb und Zweck erfüllt wird, ist ganz großes Schauspielkino. Sowie raffiniertes Storytelling, da Gerwig diesen potentiell mühselig-didaktischen Prozess so wirken lässt, als würde sie all das locker aus dem Ärmel schütteln, während sie ein Camp-Fest auf die Bühne bringt.</p><p>Und so sind es die exakt ins Schwarze treffenden, entlarvenden Witze über klischeehafte Männerfloskeln, die kopfschüttelnden Seitenhiebe auf Barbies fehlgeleitetes kulturelles Erbe, der spritzige Dialogwitz rund um die vielen Kens und Barbies (aber vor allem Goslings Ken) und die mit Verve und Quirligkeit umgesetzten Musikeinlagen, die uns vor wunderhübsch in Szene gesetzter Kulisse ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Oder wenigstens uns allen, die den Film so genießen wie ich. Doch nach einer famos vertanzten Eskalation bleibt nicht etwa das "Ich hatte wohl zu viel Zuckerwatte"-Bauchweh zurück. Denn <i>Barbie</i> trifft direkte, einfache, noch immer brennend-nötige Aussagen über Selbstwert und Genderrollen. Und erzählt komplexere, filigranere Argumentationen über die Flexibilität von Ideen, die zugleich eine berührende, zarte Geschichte über die Suche nach sich selbst und die Akzeptanz durch andere darstellen.</p><p>All das ineinandergreifen zu lassen, ist eine beeindruckende Kunst, die über Altersgrenzen und Erkenntnishorizonte hinweg Reiz ausübt. Die Einen müssen lernen, dass sie nicht wie die stereotypische Barbie aussehen müssen, den Anderen müssen die Augen geöffnet werden, dass es eben nicht normal ist, dass ihre Bedürfnisse ignoriert werden. Die Nächsten wissen das alles schon, doch es kann nicht schaden, ihnen vor Augen zu führen, wie schnell sich "MÄNNERRECHTE!"-Forderungen in Köpfe pflanzen lassen. Und die Übernächsten brauchen einfach die wärmende Umarmung eines Films, der ihnen sagt: "Ja, ich weiß ganz genau, wie es sich anfühlt, nicht dazuzugehören und am Rande eines Nervenzusammenbruch zu stehen. Keine Sorge. Wir schaffen es da wieder raus. Ich bin bei dir."</p><p>So, wie ich meine geliebten <i>Dinos</i> in verschiedenen Stadien meines Lebens begeistert aufnahm und begeistert aufnehmen werde, kann ich es nicht abwarten, von begeisterten <i>Barbie</i>-Fans zu hören, die erkennen, dass dieser Film immer gleich bleibt. Und trotzdem mit ihnen mitwächst. </p><p style="text-align: center;"><b><i>Barbie </i>ist ab sofort in vielen deutschen Kinos zu sehen.</b></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-1857244771624393732023-07-09T16:45:00.001+02:002023-07-09T16:45:29.699+02:00Mission: Impossible - Dead Reckoning (Teil 1)<p></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjj69oazEuE3JvAlXqXR7DKAySS6T7GqYfH0HB3v4C89KgXJ5luurBEIhhiBx86KOASVmZAWXX0wdeUBMuqlofdOGxB4lBhSz2H-z_RAu1VldE5Sg-leAiOqpG787CK8OFOxMjM-quEoGyQyRmfS7cldUCd1a2wvoUl-FHEFmmgZFjig1cEVLN-AL3i1-_7/s700/mission-impossible-dead-reckoning.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="700" data-original-width="495" height="450" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjj69oazEuE3JvAlXqXR7DKAySS6T7GqYfH0HB3v4C89KgXJ5luurBEIhhiBx86KOASVmZAWXX0wdeUBMuqlofdOGxB4lBhSz2H-z_RAu1VldE5Sg-leAiOqpG787CK8OFOxMjM-quEoGyQyRmfS7cldUCd1a2wvoUl-FHEFmmgZFjig1cEVLN-AL3i1-_7/w283-h400/mission-impossible-dead-reckoning.jpg" width="313" /></a></div><p>Vier Filme lang war die <i>Mission: Impossible</i>-Reihe ein Vehikel für Regisseure mit einer etablierten (und teils überaus deutlichen) Handschrift, um sich stilistisch und tonal auszutoben, während Tom Cruise als verbissen kämpfender IMF-Agent die Welt rettet. Mit <i>Mission: Impossible - Rogue Nation</i> übernahm bei Teil fünf jemand das Steuer, der zwar kein Regie-Neuling war, aber selbst für große Teile des medienaffinen Publikums ein unbeschriebenes Blatt darstellte: Christopher McQuarrie erarbeitete sich zwar als Drehbuchautor einen achtbaren Rang, seine vorherigen Regiearbeiten <i>The Way of the Gun</i> und <i>Jack Reacher</i> ließen aber noch keine klare Handschrift vermuten.</p><p>Da hatten seine direkten <i>Mission: Impossible</i>-Vorgänger schon mehr etabliertes Profil, und dabei inszenierte J. J. Abrams vor <i>Mission: Impossible III</i> nur für's Fernsehen, während Brad Bird mit Teil vier seinen Sprung ins Realfilmfach wagte. Aber was nützt das lange Hinauszögern? McQuarrie erwies sich als hervorragende Wahl und lieferte mit <i>Mission: Impossible - Rogue Nation</i> einen packenden, temporeichen Agenten-Actioner ab, dem ein denkwürdiger Spagat gelang:</p><p>Der Film fühlt sich elegant und im besten Sinne altmodisch an (die Opernsequenz könnte auch von Hitchcock sein, Neuzugang Rebecca Ferguson versprüht als Ilsa Faust eine Aura von Katherine Hepburn und Ingrid Bergman, hätte man sie in einen modernen Big-Budget-Film gesteckt), zugleich ist er frisch und fesch. Analoge Spritzigkeit, könnte man das nennen. Zügig wurde beschlossen, dass er der Filmreihe treu bleibt, und mit <i>Mission: Impossible - Fallout</i> schuf er ein zweites filmisches Oxymoron: Teil sechs der Action-Saga ist eine Fortführung des vorhergegangenen Parts und trotzdem ein Biest für sich. Alte Konflikte werden fortgeführt, und dennoch steht der Film auf eigenen Beinen.</p><p>Auch McQuarrie erfand sich neu: <i>Fallout</i> sieht anders aus, klingt anders, läuft anders ab. Dunkler, getriebener, rauer, noch schneller. Pandemiebedingt dauerte es daraufhin fünf Jahre, damit sich McQuarries nunmehr dritter <i>Mission: Impossible</i>-Film auf die große Leinwand kämpfen konnte. Schon wieder krempelte er die Bild- und Klangästhetik sowie die Tonalität um. Dass er dies beabsichtigt und fähig ist, dies umzusetzen - damit hatte ich bereits gerechnet. Und trotzdem wurde ich bereits wenige Augenblicke nach Beginn von <i>Mission: Impossible - Dead Reckoning (Teil 1) </i>(was für ein Titel) überrascht.</p><h3 style="text-align: left;">Mein Fauxpas: Einstieg mit falscher Erwartungshaltung</h3><p>Ich muss zu meiner Schande gestehen: Ich war sogar so sehr überrascht, dass ich ein paar Minuten benötigte, um meine sprichwörtlichen Antennen auf die Wellenlänge des Films auszurichten. Denn McQuarrie zieht nicht weiter das Tempo an!</p><p>Ja, <i>Dead Reckoning</i> ist erneut ein Popcorn-Blockbuster par excellence mit waghalsigen Stunts, ausschweifenden Verfolgungsjagden sowie Kampfeinlagen, und wesentlich mehr Unterhaltungsfaktor als Sinnsuche. Obwohl dies die erste <i>Mission: Impossible</i>-Fortsetzung ist, in der Paranoia eine relevante Rolle spielt (inhaltlich sowie bezüglich dessen, was der Film beim Publikum auslösen möchte), bleibt sie mit beiden Beinen im Agenten-Action-Metier. Statt sich also zu Brian De Palmas Auftakt der Filmreihe zu gesellen, der es sich abseits seiner gelegentlichen Action-Ausbrüche wesentlich bequemer im Gebiet der Spionage-Suspense gemacht hat.</p><p>Darum muss ich zugeben, dass ich aufgrund meiner falschen Erwartungshaltung (und eines Überschusses an Adrenalin - vor der Pressevorführung hatte ich mir nämlich erneut mit einer Schüssel selbstgemachtem Popcorn Teil sechs angeschaut) während des Prologs etwas unruhig und ungeduldig geworden bin. Mehr als ihr wohl gerade, die diese Kritik aufgerufen habt und euch bestimmt schon vor ein paar Absätzen gewundert habt, wann ich endlich mit meiner Meinung rausrücke, ob Teil sieben denn nun was taugt. Aber was soll ich sagen:</p><p>Nach ein paar selbstironischen, trotzdem die Dramatik des Plots unterstreichenden Dialogzeilen und einem brachialen Vorspann (visuell wie akustisch) hatte ich die Frequenz des Films endlich drin. Zumal uns der Vorspann in seiner Klangdramaturgie keck an der Nase entlangführt. Für sowas bin ich zu haben, und dann konnte <i>Mission: Impossible - Dead Reckoning (Teil 1) </i>auch für mich endlich so wirklich losgehen!</p><h3 style="text-align: left;">Kein reines Katz-und-Maus-Spiel um den MacGuffin</h3><p>Um die Story im ganz, ganz Groben zu umreißen: Eine neue, mächtige Waffe treibt den Geheimdiensten dieser Welt den Schweiß auf die Stirn. Doch obwohl praktisch alle Entscheidungsträger Angst vor den Implikationen dieser Bedrohung haben, wollen sie sie an sich reißen. Als Ethan Hunt (Tom Cruise) davon Wind bekommt, beschließt er dagegen, sie zu zerstören. Dazu benötigt er allerdings zwei Hälften eines Sicherheitsschlüssels.</p><p>Um an sie zu gelangen, benötigt der nimmermüde Kämpfer fürs Gute die Hilfe seiner technologieerfahrenen Freunde Benji Dunn (Simon Pegg) und Luther Stickell (Ving Rhames), und muss sich dem unberechenbaren Terroristen Gabriel (Esai Morales) stellen. Außerdem kreuzen sich Ethans Wege mit den Bahnen der gerissenen Diebin Grace (Hayley Atwell), der brachialen Kämpferin Paris (Pom Klementieff) und der Weißen Witwe (Vanessa Kirby), einer verruchten Untergrund-Händlerin, mit der es Ethan schon einmal zu tun bekam. Und auch Ethans geschätzte Kumpanin / Gelegenheitsgegnerin Ilsa Faust (Rebecca Ferguson) ist im Kampf um die Schlüssel involviert...</p><p>Nach dem temporeichen <i>Rogue Nation</i> und dem nahezu atemlosen Hochdruck-Spektakel <i>Fallout</i> lässt McQuarrie in <i>Dead Reckoning</i> die Zügel wieder etwas lockerer. Auch, um Raum für die zentrale Bedrohung zu schaffen, die er und Co-Autor Erik Jendresen (<i>Band of Brothers</i>) nicht in ein Katz-und-Maus-Spiel verwickeln, wie es in den vergangenen zwei <i>Mission: Impossible</i>-Filmen zu bestaunen gab. Dieses Mal wird die Gefahr erläutert, sie wird vorgeführt und es gibt thematisch angetriebene sowie figurengesteuerte Sequenzen, in denen ihre Implikationen beleuchtet werden.</p><p>In den besten Momenten hat das einen Gänsehauteffekt, da in diesem Film ein einst wie Sci-Fi klingendes Plotelement sehr greifbar gemacht und tagesaktuell skizziert wird. Teils reichen ein paar messerscharfe, präzise Dialoge, um eine Beklemmung zu erzeugen, wie die <i>Mission: Impossible</i>-Reihe sie bei mir nie zuvor hervorgerufen hat. In den schlechtesten Passagen hat mich das Skript allerdings aus dem Film herausgerissen - und das selbst, nachdem ich überzeugt war, meine Erwartungshaltung arretiert zu haben:</p><p>Sämtliche Zurückhaltung, die McQuarrie als alleiniger <i>Fallout</i>-Autor bewiesen hat, wenn es um das Verbalisieren von Motiven, Bedrohungen und Verstrickungen ging, hat sich in <i>Dead Reckoning</i> verflüchtigt. Mehrmals fächeln McQuarrie und Jendresen die zügig offensichtlich gemachten Bedrohungen an, indem Figuren das Gesehene erklären und ausführlich darüber mutmaßen, was noch folgen könnte. An mehreren Stellen wird zusammengefasst, wer bereits was weiß, wo sich was befindet, und wer welche Absicht hat oder noch wohin muss. All diese Wiederholungen und verbalen Ausarbeitungen dessen, was durch Action oder Suspense-Momente bereits spürbar gemacht wurde, hatten bei mir den gegenteiligen Effekt - ich fieberte (kurzfristig) weniger mit. </p><h3 style="text-align: left;">Mission: Spaßbombe</h3><p>Diesen Kritikpunkten zum Trotz macht <i>Dead Reckoning</i> extrem viel Spaß: Nach den Teilen fünf und sechs schiebt McQuarrie den Comedy-Faktor wieder nach oben, und erzählt diese Mission trotz aller thematischen und figurenbezogener Fallhöhe wieder in die humorige Schiene von Brad Birds Part. So klopft Benji vermehrt lockere Sprüche, mehrmals argumentieren sich moralisch graue Figuren zu komischem Effekt in eine Ecke, und selbst Ethan agiert gelegentlich ironischer, leichtfüßiger - etwa, wenn er auf erfrischend alberne Weise Anwaltsgehabe nachahmt.</p><p>Auch die Setpieces haben zwar nicht durchgehend, sehr wohl aber häufig einen kecken, launigen Ansatz. Etwa, wenn beim Einsatz direkt nach dem Vorspann Ethan eine Mission erledigt, Luther und Benji parallel dazu einen weiteren sprichwörtlichen Brandherd entdecken und mehr schlecht als recht versuchen, dies vor Ethan geheim zu halten - sie wollen ihn ja nicht stören.</p><p>Das komödiantische Highlight ist aber eine ausgedehnte Verfolgungsjagd quer durch Rom, bei der sich unentwegt Ethan und Grace kabbeln, und darum ringen, wer denn nun wie den Ton angibt. Auch die Action ist gewitzt orchestriert: Im gelben Fiat 500, einem wendigen, kleinen Flitzer, der <i>Lupin III</i>-Fans das Herz höher schlagen lässt, saust das Duo durch die Straßen, nimmt enge Kurven, brettert über Treppen hinweg. So braust es vor Paris davon, die mit klobigen Stiefeln in einem gigantischen Truck schwere Hebel betätigt und einfach alles wegwummst, was ihr im Weg steht.</p><p>Diese Sequenz ist mit einer Energie und Gewitztheit umgesetzt, dass in mir mehrmals der Wunsch aufkam, dass McQuarrie irgendwann einmal einen <i>Herbie</i>-Film dreht. Diese peppige, lockere Attitüde wird durch Neuzugang Grace weiter verstärkt: Atwell hat ansteckende Freude an dieser Rolle und mischt die <i>Mission: Impossible</i>-Formel ordentlich durch, da sie als findige, wuselige Gaunerin zwar kompetent ist, jedoch auch in Konflikte weit, weit außerhalb ihrer Kragenweite gezerrt wird. Erbittert kämpfen, um ihr Leben fahren, weltumspannende Gefahren korrekt einschätzen? All das liegt nicht in Graces Kompetenzbereich, und Atwell spielt diesen "Bemüht, aber überfordert"-Aspekt sympathisch, die Spannung steigernd frustrierend, und gewitzt zugleich. Es ist, als hätte man Oliver Twist volljährig und weiblich gemacht, und daraufhin in einen Pierce-Brosnan-Bond-Film gepackt</p><p>Auch die manisch-boshafte Paris kommt mit einem gewissen Spaßfaktor daher: McQuarrie setzt diese Schurkin so in Szene, dass wir erfreut ob ihres markanten Auftreten grinsen dürfen, ohne dass sie dadurch an Gefährlichkeit einbüßt. Selbiges gilt für Vanessa Kirby, die die undurchsichtige Weiße Witwe nun eine Spur selbstgefälliger in ihrer Verruchtheit spielt. Als wäre es das größte Vergnügen im Leben dieser Waffenhändlerin und Untergrund-Dienstleistungs-Vermittlerin, ihr Umfeld stets wissen zu lassen, wie sehr sie ihr Job anmacht.</p><p>Die reine Abscheu bleibt Esai Morales vorbehalten, der zwar nicht der denkwürdigste, profilstärkste Schurke der Reihe ist, wohl aber der kompetenteste und daher im denkbar besten Sinne an den Nerven sägt. Apropos Kompetenz: Natürlich drückt auch Rebecca Ferguson einmal mehr allen Szenen, die sie als Ilsa Faust hat, kräftig ihren Stempel auf. Als fähige, im Vergleich zu Ethans Team eher wortkarge, nachdenkliche Agentin bleibt Ilsa Faust ein Highlight im <i>Mission: Impossible</i>-Figurenportfolio.</p><p>Ein waschechtes Highlight ist auch der Schlussakt, der so smart konstruiert ist, dass ich mein Granteln ob der vielen Expositionsdialoge ein Stück weit vergessen habe: Im letzten Viertel finden die diversen Handlungsfäden stimmig zusammen und McQuarrie konstruiert gemeinsam mit Jendresen eine Mixtur aus figurenzentrischer Dramatik, von der Thematik des Films angetriebener Suspense und reinem Spektakel. Es ist nicht ganz auf der Höhe des <i>Lone Ranger</i>-Finales, trotzdem spielt dieser konstant an Fahrt aufnehmende Schluss in derselben Liga.</p><h3 style="text-align: left;">In wen hat sich McQuarrie dieses Mal verwandelt?</h3><p>Mit einer aufgehellten, klareren Bild- und Klangästhetik gegenüber <i>Fallout</i> (Fraser Taggart übernimmt die Kamera von Rob Hardy, Lorne Balfe bleibt als Komponist an Bord), ließ mich <i>Dead Reckoning</i> mit folgendem Eindruck zurück: <i>Rogue Nation</i> war "Was, wenn leichtgängiger Hitchcock, aber als heutiges Action-Spekrakel?", <i>Fallout</i> wurde wegen der rauen Getriebenheit oftmals als "nolanesk" bezeichnet.</p><p>Dieser Film hingegen wirkte auf mich, als sei der Geist von David Lean in Martin Campbell gefahren, der nach einem John-McTiernan-Marathon und dem begierigen Aufsaugen mehrerer <i>Lupin III</i>-Animes (den "bodenständigen" wie auch den völlig durchgeknallten) beschließt, einen neuen Brosnan-Bond-Teil zu drehen. Bloß, dass Bond dieses Mal mehr Freunde hat als zumeist üblich, und sich in Frauen eher platonisch verliebt, statt stets daran zu denken, weitere Kerben in seine Bettpfosten zu ritzen.</p><p>Zur Erklärung: <i>Dead Reckoning</i> operiert mit Popcornkino-Suspense, die aufgrund der unverblümten Drastik, mit der McQuarrie, Jendresen und Produzent Cruise mancherlei Entwicklung einschätzen, immer wieder Mal in richtige Beklemmung übergeht. Es gibt epochale, sich in der Stimmung der Schauplätze suhlende Szenen, die zugleich das Innenleben der Figuren nach außen kehren (ein verwirrter, mit seinem Auftrag ringender Ethan im desorientierenden Sandsturm; Ethan und sein ihm am Herzen liegendes Team atmen bei einer Kanalfahrt noch einmal durch, unsicher, was sie erwarten wird).</p><p>Doch diese atmosphärischen "Ausbrüche" werden zusammengehalten durch eine pfiffig-wuchtige Reihe an Action-Eskapaden mit punktgenauen Sprüchen, quirligem Action-Slapstick und aufwändigen Stunts, die mit einer erstaunlichen Beiläufigkeit in die Storyabläufe gewoben werden.</p><p>Das ist großes Kino, das bitte auch wirklich auf großer Leinwand im Kino verfolgt wird, wenn ihr die Möglichkeit dazu habt. Es ist Spannung, Kurzweil und Weltflucht, die mehrere scharfe Kurven zurück gen Weltangst nimmt. Es hat mich beim ersten Anschauen nicht ganz so geflasht, wie mich derzeit <i>Fallout</i> begeistert, der mir von Mal zu Mal enger ans Filmfanherzen wuchs. Doch es hat mich ungeduldig auf meinen zweiten <i>Dead Reckoning</i>-Besuch zurückgelassen. Und gespannt darauf, ob McQuarrie beim nächsten Film erneut Stil und Tonfall wechselt, oder <i>Dead Reckoning (Teil 2)</i> nahtlos da weitermacht, wo uns dieser Film verlässt.</p><p style="text-align: center;"><b><i>Mission: Impossible - Dead Reckoning (Teil 1) </i>ist ab dem 13. Juli 2023 in vielen Kinos zu sehen, doch schon jetzt machen im deutschsprachigen Raum einige Kinos Previews. Und am 20. Juli nimmt sich <i>Filmgedacht</i> den Themen des Films an. Bis dahin hattet ihr genug Zeit, ihn zu schauen, und wir können daher munter spoilernd konkret auf brennende Fragen eingehen!</b></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-48050093782257998632023-07-01T20:11:00.001+02:002023-07-01T20:11:23.060+02:00Crater<p></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiWuYDFRN5Q5pG9ttYWOqqwnViXvr9u1Tnqm4q4Nuoxw4I7EIdnJkXKExhSEt-wXVoh3UBDV92JliiOvUFOzw69CxcYKRH6NgNYIxPeSnZ-Z-7VJmrrA3tZsWUgsw2OUVdHXZFtGdA14-qHJeiktm2blnkv4NauN_s2vtG5oqx8K47zgcrrYbz2tB3lUE4B/s720/crater.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="720" data-original-width="504" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiWuYDFRN5Q5pG9ttYWOqqwnViXvr9u1Tnqm4q4Nuoxw4I7EIdnJkXKExhSEt-wXVoh3UBDV92JliiOvUFOzw69CxcYKRH6NgNYIxPeSnZ-Z-7VJmrrA3tZsWUgsw2OUVdHXZFtGdA14-qHJeiktm2blnkv4NauN_s2vtG5oqx8K47zgcrrYbz2tB3lUE4B/w280-h400/crater.jpg" width="280" /></a></div><br />Disney hat einen seiner schönsten Realfilme der jüngeren Vergangenheit offline genommen. Und das nur eineinhalb Monate nach seiner Veröffentlichung. Es ist ärgerlich, traurig und führt vor, weshalb die aktuelle Streaming-Strategie mehrerer Hollywood-Studios unverschämt ist.<p></p><p>Und es ist der Grund, weswegen ich diesen Artikel schreibe. Denn ich hatte ungeheuerliches Glück: <i>Crater</i> erschien am 12. Mai als Disney+-Exklusivfilm und landete prompt auf meiner Watchlist. Doch aufgrund auslaufender Veröffentlichungsfenster anderer Produktionen in diversen Mediatheken habe ich erst einmal andere Filme priorisiert. So weit, so schlüssig: Wenn ich weiß, dass mehrere Filme, die mich reizen, nur noch kurze Zeit abrufbar sind, schaue ich die zuerst. Der für Disney+ produzierte <i>Crater</i> wird ja jederzeit abrufbar sein... So dachte ich.</p><p>Als ich dazu kam, <i>Crater</i> zu schauen, war ich hingerissen und hatte vor, ihn bei der nächstbesten Gelegenheit weiterzuempfehlen. Allerspätestens in meinen Jahrescharts 2023, also irgendwann im Herbst 2024 oder so. Hetzt mich nicht, diese Bestenlisten mache ich nur zum Spaß, warum sollte ich sie mit aller Gewalt in den Dezember hebeln? Zeit ist eine komische Sache, Leute.</p><p>Gar nicht komisch ist dagegen, dass ich wenige Tage nach dem Sehgenuss von <i>Crater</i> via Twitter erfahren muss, dass Disney+ den Film offline genommen hat. Ohne jede Vorwarnung und ohne derzeit bekanntes Veröffentlichungsdatum auf einer anderen Plattform. Möglich, dass er irgendwann als digitaler Leih- und Kauftitel angeboten wird. Oder im Fernsehen läuft. Oder nichts dergleichen. </p><p>Um also zu unterstreichen, was Disney+ uns genommen hat, und vielleicht dabei zu helfen, genug Druck zu erzeugen, damit <i>Crater </i>wieder online geht, habe ich mich an die Tastatur gesetzt. Auf dass er sich in euren Hinterköpfen festsetzt und ihr euch auf ihn stürzt, solltet ihr ihn im Frühling 2025 beim Zappen auf dem Disney Channel entdecken. Oder sowas.</p><h3 style="text-align: left;"><i>Crater</i>: Darum geht es</h3><p>In einer fernen Zukunft hat sich die Menschheit ausgebreitet: Die Erde wird weiterhin bewohnt, doch es gibt zudem eine weit entfernte, idyllische Kolonie namens Omega. Außerdem wurde der Mond als Lebensraum erschlossen. Die Mondkolonie dient vornehmlich der Ressourcengewinnung, ist trist und Arbeitsverträge auf dem Mond sind voller ausbeuterischer Klauseln, weshalb alle Mond-Bewohner*innen nur einen Traum haben: Sie wollen ihn wieder verlassen! Bloß Caleb (Isaiah Russell-Bailey) hat anderes im Sinn. Er ist kürzlich Vollwaise geworden und soll daher zu einer Pflegefamilie auf Omega gebracht werden.</p><p>Das bedeutet jedoch, dass er für 75 Jahre in einen Kryoschlaf versetzt wird. Und genau daher sträubt er sich gegen die Aussicht, den Mond zu verlassen. Das würde nämlich bedeuten, dass er seine Freunde wohl nie wieder sehen wird. Oder erst, wenn sie dank des paradoxen Verlaufs der Zeit deutlich älter sind als er. Also raufen sich Dylan (Billy Barratt), der empfindsame Anführer der Clique, der fürsorgliche sowie abergläubische Borney (Orson Hong) sowie der ruhige und herzkranke Marcus (Thomas Boyce) zusammen: Sie wollen ein letztes, gemeinsames Abenteuer erleben und einen besonderen Krater besuchen, von dem Calebs Vater schwärmte. </p><p>Zu diesem Zweck müssen die Freunde ein Gefährt stehlen. Und das gelingt ihnen nur, wenn sie die kürzlich auf den Mond gezogene Addison (Mckenna Grace) überreden, die als Tochter eines Technikers über die nötigen Sicherheitscodes verfügt...</p><h3><b>Ruhige Abenteuer auf dem Mond</b></h3><p>John Griffins <i>Crater-</i>Drehbuch geisterte seit Mitte der 2010er-Jahre durch Hollywood und galt als viel versprechendes Projekt, das auf die richtigen Verantwortlichen wartet, um umgesetzt zu werden. Nach kurzzeitiger Entwicklung bei 20th Century Fox (mittlerweile: 20th Century Studios) als Regie-Vehikel für <i>Free Guy</i>-Macher Shawn Levy landete es letztlich bei den Walt Disney Studios, wo <i>Crater</i> als Disney+-Exklusivfilm angedacht wurde.</p><p>Die Regie übernahm schlussendlich Kyle Patrick Alvarez, der unter anderem drei Episoden der hervorragenden ersten <i>Tote Mädchen lügen nicht</i>-Staffel inszenierte. Und obwohl <i>Crater</i> nicht derart niederschmetternde, drastische Kost ist wie das auch hierzulande besser unter dem Originaltitel <i>13 Reasons Why</i> bekannte Suizid-Jugenddrama, ist dem Film diese Vorerfahrung Alvarez' anzumerken.</p><p>Denn was sich zunächst anschickt, ein Mond-Roadmovie-Abenteuer mit einer Kinder-Chaotengruppe zu werden, das bei <i>Die Goonies</i> abschaut, enthüllt sich schnell als wesentlich sanfter, introspektiver und melancholischer. Die eingeschworenen Freunde und ihre neue Bekannte bemühen sich auf ihrer Reise, unbeschwerte Spielereien loszutreten. Aber immer wieder wird ihr Streben nach Spaß und Freude unterbrochen. Zuweilen durch die Gefahren ihrer Umgebung, aber viel häufiger dadurch, dass sich beim Rumblödeln und in Gesprächen die seelischen Narben dieser Jugendlichen offenbaren.</p><p>Denn die Mondjungs sind das Produkt eines kaputten Systems: In der Schule erhalten sie keine den Geist fördernde Allgemeinbildung, sondern werden schlicht zu effizienten, unkritischen Arbeitskräften erzogen. Zu Arbeitskräften, die sich für den Luxus anderer kaputtackern und ihren Kindern zwangsweise vor allem Schwermut und Zorn vermachen, anstelle einer besseren Zukunft. Addison derweil ist voller Wehmut, weil sie die Erde verlassen musste und in ihren jungen Jahren bereits viel Zurückweisung zu verarbeiten hatte.</p><p>John Griffin lässt die dystopischen Abläufe auf dem Mond vornehmlich im Hintergrund, allerdings wirken sie sich konsequent auf das Seelenleben der jungen Hauptfiguren aus. Es ist eine unmissverständliche, dennoch nie klobige Herangehensweise, um Sozialkritik zu üben und zugleich die Figuren mit (tristem, Empathie weckendem) Leben zu füllen. Alvarez setzt dies feinfühlig sowie melancholisch um, ohne durch diesen Kummer die Freude zu übertönen, die sich die Figuren durch ihr Abenteuer wenigstens phasenweise erkämpfen. <i>Crater</i> ist somit ein Film, der überzeugend den Wert der kleinen Funken Glück, Hoffnung und Zusammenhalt in einem sorgenreichen Dasein ausbreitet, ohne ein filmisches "Wenigstens hattest du <i>etwas</i> Freude, also beschwer dich nicht!"-Opiat zu werden.</p><p>Dass <i>Crater</i> nach einer kurzen Introsequenz eine Rückblende und dann eine Rückblende innerhalb einer Rückblende aufweist, noch bevor Alvarez die inszenatorische Sprache des Films komplett skizzieren kann, sorgt für einen etwas holprigen Start. Und eine Budgetspritze hätte den digitalen Tricks, und somit der Immersion, die von der Filmwelt ausgeht, durchaus gut getan. Aber das ändert nichts daran, dass sich dieses Sci-Fi-Abenteuer dank des nachdenklichen Skripts, der glaubhaften Performances des authentisch interagierenden Casts und der besonnenen Inszenierung zu einer einfühlsamen Erzählung entwickelt.</p><p>Genauer gesagt zu einer traurig-schönen Erzählung über Ungerechtigkeit, die Flecken, die bereits junge Menschen auf ihrer Seele tragen, Verlust und Abschied. Das Finale hat mich mit voller Tränen zurückgelassen und ich hoffe sehr, dass auch ihr die Gelegenheit erhalten werdet, <i>Crater</i> zu gucken.</p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-49882125075246038392023-03-11T14:47:00.001+01:002023-03-11T14:47:52.063+01:00Oscars 2023: Meine Prognose für die 95. Academy Awards<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjfPe_e4AlugeW_SgJEmmZy2uY9G-IjkO-sk7mbIKKPe54Jp1TmUxTgBtq1zdYm8AmzIjG9t8sSkNfravHclgZcm-5imH7WmadDag0eTIhEs57RTFK5lvQSOQpj4Bf3GnXI1_nvs4f3Dl5SggH3sHAGb8GZ0Pdd6owttlLpedVhRmJ5Kal_kVVo7_nSSA/s1200/tar.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1200" data-original-width="927" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjfPe_e4AlugeW_SgJEmmZy2uY9G-IjkO-sk7mbIKKPe54Jp1TmUxTgBtq1zdYm8AmzIjG9t8sSkNfravHclgZcm-5imH7WmadDag0eTIhEs57RTFK5lvQSOQpj4Bf3GnXI1_nvs4f3Dl5SggH3sHAGb8GZ0Pdd6owttlLpedVhRmJ5Kal_kVVo7_nSSA/w309-h400/tar.jpg" width="309" /></a></div><div class="separator" style="clear: both; text-align: left;"><br /></div><div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">Es ist wieder "Hinterher werden alle Gewinner:innen sowas von offensichtlich sein"-Zeit!</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>Bester Animationsfilm</b></div><div style="text-align: left;"><ul style="text-align: left;"><li><i><b>Guillermo del Toro's Pinocchio</b></i></li><li><i>Das Seeungeheuer</i></li><li><i>Marcell the Shell with Shoes On</i></li><li><i>Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch</i></li><li><i>Rot<br /></i></li></ul><div>Auch wenn <i>Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch</i> seit Ende Dezember kontinuierlich neue Fans gewinnt und beispielsweise der Held des filmaffinen Internets ist (zweitbestbewerteter Film des Jahres 2022 bei Letterboxd): Ich denke, dass es hier keinen Weg gibt, der an <i>Pinocchio</i> vorbeiführt. Dafür ist sein Ansehen in der Filmbranche zu gut, sind seine Besprechungen in der Breite zu positiv, ist del Toros Anziehungskraft innerhalb der Academy zu groß.</div><div>Und auch wenn mein Herz etwas lauter für den Kater schlägt: Es wäre ein verdienter Sieger.</div><div><i><br /></i></div></div><div style="text-align: left;"><b>Bestes adaptiertes Drehbuch</b></div><div style="text-align: left;"><ul style="text-align: left;"><li><i>Im Westen nichts Neues, </i>Edward Berger, Lesley Paterson & Ian Stokell</li><li><i>Top Gun: Maverick</i>, Peter Craig, Ehren Kruger, Justin Marks, Eric Warren Singer & Christopher McQuarrie</li><li><i>Living</i>, Kazuo Ishiguro</li><li><i>Glass Onion</i>, Rian Johnson</li><li><b><i>Die Aussprache</i>, Sarah Polley</b></li></ul><div>Ich glaube, das Rennen wird sich zwischen <i>Im Westen nichts Neues</i>, der seit Wochen im englischsprachigen Raum ordentlich an Zugkraft zulegt, und Sarah Polleys wenig gesehene, aber viel bewunderte Romanadaption <i>Die Aussprache</i> entscheiden. Knapp sehe ich Polley vorne: Es ist die Kategorie, um dem Film etwas Liebe zukommen zu lassen, und vereint die Votingfraktion "Starke Dialoge" mit diejenigen, die eine starke Erzählstruktur würdigen.</div><div><br /></div><div><b>Bestes Original-Drehbuch</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Triangle of Sadness</i>, Ruben Östlund</li><li><i>The Banshees of Inisherin</i>, Martin McDonagh</li><li><b><i>Everything Everywhere All at Once</i>, Daniel Kwan & Daniel Scheinert</b></li><li><i>Die Fabelmans</i>, Steven Spielberg & Tony Kushner</li><li><i>Tár</i>, Todd Field</li></ul><div>Selbst in einem Jahr, in dem sich das Klima innerhalb der Filmindustrie nicht für die schräge Art von <i>Everything Everywhere All at Once</i> geöffnet hätte, wäre der Film hier ein Topkandidat. Dieses Jahr und nach den zahlreichen Auszeichnungen erst recht.</div><div><br /></div><div><b>Beste Kamera</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Im Westen nichts Neues</i>, James Friend</li><li><b><i>Elvis</i>, Mandy Walker</b></li><li><i>Empire of Light</i>, Roger Deakins</li><li><i>Tár</i>, Florian Hoffmeister</li><li><i>Bardo, die erfundene Chronik einer Handvoll Wahrheiten</i>, Darius Khondji</li></ul><div>Ich denke, das machen <i>Im Westen nichts Neues, Elvis </i>und <i>Tár</i> unter sich aus. Und tippe mal auf die hypnotische Sogkraft von <i>Elvis</i>.</div><div><br /></div><div><b>Beste Kostüme</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Babylon</i>, Mary Zophres</li><li><i>Black Panther: Wakanda Forever</i>, Ruth E. Carter</li><li><b><i>Elvis</i>, Catherine Martin</b></li><li><i>Mrs. Harris und ein Kleid von Dior</i>, Jenny Beavan</li><li><i>Everything Everywhere All at Once</i>, Shirley Kurata<br /></li></ul><div>Der "Wow, das und das und das ikonische Outfit haben die aber sehr gut getroffen"-Effekt könnte <i>Elvis</i> zum Sieg bringen.</div><div><br /></div><div><b>Bester Schnitt</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>The Banshees of Inisherin</i>, Mikkel E.G. Nielsen</li><li><i>Tár</i>, Monika Willi</li><li><i>Elvis</i>, Jonathan Redmond & Matt Villa</li><li><b><i>Everything Everywhere All at Once</i>, Paul Rogers</b></li><li><i>Top Gun: Maverick</i>, Chris Lebenzon & Eddie Hamilton<br /></li></ul><div>Noch bevor sich abgezeichnet hat, dass <i>Everything Everywhere All at Once</i> von den großen Filmpreisen akzeptiert wird, meinte ich: Dieser Film müsste den Oscar für den besten Schnitt gewinnen.<br />Ich werde diese Haltung jetzt nicht verraten, indem ich einen anderen als Sieger vorhersage.</div><div><br /></div><div><b>Bestes Produktionsdesign</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Avatar: The Way of Water</i>, Dylan Cole, Ben Procter & Vanessa Cole</li><li><b><i>Babylon</i>, Florencia Martin & Anthony Carlino</b></li><li><i>Elvis</i>, Catherine Martin & Karen Murphy</li><li><i>Die Fabelmans</i>, Rick Carter & Karen O'Hara</li><li><i>Im Westen nichts Neues</i>, Christian M. Goldbreck, Ernestine Hipper</li></ul><div>So viele detailreich ausstaffierte Sets in <i>Babylon</i>, kann das die generell spaltende Art des Films übertrumpfen?</div></div><div><br /></div></div><div style="text-align: left;"><b>Bester Dokumentarfilm<br /></b></div><div style="text-align: left;"><ul style="text-align: left;"><li><i>All that Breathes</i></li><li><i><b>All the Beauty and the Bloodshed</b></i></li><li><i>Fire of Love</i></li><li><i>A House Made of Splinters</i></li><li><i>Navalny</i></li></ul><div>Die Doku-Sparte bringt mich regelmäßig zur Verzweiflung: Sage ich den vermeintlich sicheren Gewinnerfilm vorher, gewinnt eine Überraschung. Und umgekehrt. Für mich entscheidet es sich dieses Jahr zwischen <i>Fire of Love</i> (hervorragende Kritiken, wird für seine Bildgewalt und seine Emotionalität gefeiert, ist dank Disney+ leicht zugänglich und hatte somit viel Zeit, Buzz zu gewinnen) und <i>All the Beauty and the Bloodshed</i> (thematisch schwerer, aufwühlender und "wichtiger", spricht über die Relevanz von Medien). Ich gehe dieses Jahr auf "Relevanz" statt "Gefühl".</div><div><i><br /></i></div><div><b>Bester Doku-Kurzfilm</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Die Elefantenflüsterer</i></li><li><i><b>Haulout</b></i></li><li><i>How Do You Measure a Year?</i></li><li><i>The Martha Mitchell Effect</i></li><li><i>Stranger at the Gate</i></li></ul><div>Meine Prognose: Die Horden an Walrössern ziehen die Aufmerksamkeit der Oscar-Stimmberechtigten auf sich.</div><div><i><br /></i></div><div><b>Bester internationaler Film</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Argentina, 1985</i>, Argentinien</li><li><b><i>Im Westen nichts Neues</i>, Deutschland</b></li><li><i>Close</i>, Belgien</li><li><i>The Quiet Girl, </i>Irland</li><li><i>EO</i>, Polen<br /></li></ul><div><i>Pans Labyrinth</i> verlor einst in dieser Kategorie gegen <i>Das Leben der Anderen</i>, obwohl del Toros Film auch in weiteren Sparten nominiert war. Es wäre also ausgleichende Gerechtigkeit, wenn dieses Mal ein vielfach nominierter deutscher Film den vermeintlich sicheren Oscar versäumt. Doch es wäre auch eine statistisch unweise Prognose. Müsste ich raten, wer in einer Wiederholung des 20 Jahre zurückliegenden Ereignisses dem Antikriegsfilm ein Schnippchen schlägt: Mein Gefühl sagt <i>The Quiet Girl</i>.</div><div><br /></div><div><b>Bestes Makeup & Hairstyling</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Im Westen nichts Neues</i></li><li><i>The Batman</i></li><li><i>Black Panther: Wakanda Forever</i></li><li><i><b>Elvis</b></i></li><li><i>The Whale</i></li></ul><div>Die tollen Frisuren in <i>Elvis</i> (plus die zusätzlichen Pfunde an Austin Butler gen Ende) gegen die zusätzlichen Kilos on <i>The Whale </i>und Colin Farrell Verwandlung in <i>The Batman</i>. Oder zieht <i>Im Westen nichts Neues</i> mit seinem rundum großen Buzz davon? Nur das Marvel-Sequel erscheint mir hier trotz guter Arbeit eine unwahrscheinliche Wahl, und sage: <i>Elvis</i> hat einfach mehr Razzle Dazzle und gewinnt daher.</div><div><i><br /></i></div><div><b>Beste Filmmusik</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><b><i>Babylon</i>, Justin Hurwitz</b></li><li><i>The Banshees of Inisherin</i>, Carter Burwell</li><li><i>Die Fabelmans</i>, John Williams</li><li><i>Im Westen nichts Neues</i>, Volker Bertelmann</li><li><i>Everything Everywhere All at Once</i>, Son Lux</li></ul><div>Eines Tages wird die Filmgeschichtsschreibung kollektiv den Kopf schütteln, weshalb <i>Babylon</i> bei den Oscars nicht mehr abgeräumt hat. Aber Justin Hurwitz' Ohrwürmer sind zu mitreißend, als dass sie ignoriert werden könnten.</div><div><br /></div><div><b>Bester Song</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Lift Me Up</i> aus <i>Black Panther: Wakanda Forever</i></li><li><i>This is a Life</i> aus <i>Everything Everywhere All at Once</i></li><li><b><i>Naatu Naatu</i> aus <i>RRR</i></b></li><li><i>Applause </i>aus <i>Tell It Like A Woman</i></li><li><i>Hold My Hand </i>aus <i>Top Gun: Maverick</i></li></ul><div>Ich halte den Sieg von <i>Naatu Naatu</i> nicht für derart sicher, wie manche Kolleg:innen. Schließlich kommen zwar die Nominierungen aus der Musiksparte der Academy, während die gesamte Academy über den Sieg entscheidet. Und da rechne ich mit einigen, die <i>RRR</i> nicht gesehen haben und lieber diese Kategorie nutzen, um hier für einen favorisierten Film abzustimmen. Sollte sich hier also beispielsweise <i>Top Gun: Maverick </i>durchsetzen: Ich werde keine verwirrten Fragezeichen über dem Kopf haben. Dennoch: Mein Tipp geht gen Indien, weil sich die großen, ernst(er)en (Abspann-)Nummern gegenseitig auf den Füßen rumtreten.</div><div><i><br /></i></div><div><b>Bester Animations-Kurzfilm</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>The Boy, the Mole, the Fox and the Horse</i></li><li><i>The Flying Sailor</i></li><li><i><b>My Year of Dicks</b></i></li><li><i>Ice Merchants</i></li><li><i>An Ostrich Told Me the World Is Fake and I Think I Believe It</i></li></ul><div>Hoffentlich verleiht Riz Ahmed den Preis in dieser Kategorie, damit er diese Titel noch einmal vorlesen kann. Und obwohl die Trick-Kurzfilmkategorie seit vielen Jahren sehr mainstreamig ist und oft der niedlichste Nominierte gewinnt: Die stilistisch vielseitige, intim-ehrliche Coming-of-Sexual-Age-Geschichte <i>My Year of Dicks</i> wird gewinnen, so mein Gespür.</div><div><i><br /></i></div><div><b>Bester Kurzfilm</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i><b>An Irish Goodbye</b></i></li><li><i>Le Pupille</i></li><li><i>Nattrikken</i></li><li><i>The Red Suitcase</i></li><li><i>Ivalu</i></li></ul><div>Indikatorpreise und "Es liegt Irland in der Luft" ergeben zusammen diese Prognose.</div><div><i><br /></i></div><div><b>Bester Ton</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Im Westen nichts Neues</i></li><li><i>Avatar: The Way of Water</i></li><li><i>The Batman</i></li><li><i>Elvis</i></li><li><i><b>Top Gun: Maverick</b><br /></i></li></ul><div><i>Top Gun: Maverick</i> brachte die Kinos zum Beben und damit die Kassen zum Klingeln, nun ist es an der Zeit, dafür einen Oscar einzusacken.</div><div><i><br /></i></div><div><b>Beste Effekte</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Avatar: The Way of Water</i></li><li><i>Black Panther: Wakanda Forever</i></li><li><i>The Batman</i></li><li><i>Im Westen nichts Neues</i></li><li><i><b>Top Gun: Maverick</b></i></li></ul><div>Es gewinnt nicht jedes Mal der teuerste Film, wie <i>Ex_Machina</i> bewiesen hat. Und nachdem monatelang fehlberichtet wurde, dass <i>Top Gun: Maverick</i> ja komplett praktisch gedreht wurde, könnte die Erkenntnis, wie viel hier top getrickst wurde, den Film an James Camerons Epos vorbeitragen.</div><div><i><br /></i></div><div style="font-weight: bold;"><b>Bester Nebendarsteller</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li>Brendan Gleeson, <i>The Banshees of Inisherin</i></li><li>Barry Keoghan, <i>The Banshees of Inisherin</i></li><li><b>Ke Huy Quan,<i> Everything Everywhere All at Once</i></b></li><li>Brian Tyree Henry, <i>Causeway</i></li><li>Judd Hirsch, <i>Die Fabelmans</i></li></ul><div>Ke Huy Quan hat praktisch alles gewonnen, wofür er in den vergangenen Monaten nominiert wurde. Sehe diese Siegesserie nicht mehr abreißen.</div></div><div><i><br /></i></div><div style="font-weight: bold;"><b>Beste Nebendarstellerin</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li>Kerry Condon, <i>The Banshees of Inisherin</i></li><li><b>Jamie Lee Curtis, <i>Everything Everywhere All at Once</i></b></li><li>Stephanie Hsu,<i> Everything Everywhere All at Once</i></li><li>Hong Chau,<i> The Whale</i></li><li>Angela Bassett, <i>Black Panther: Wakanda Forever</i></li></ul><div>Ich kann mir noch immer nicht vorstellen, dass Bassett für "Ein bisschen streng und traurig gucken in einem Marvel-Film" einen Oscar gewinnt, und tippe daher auf "Oh, eine Ikone in einem vielfach beachteten Film"-Gewinnerin Curtis.</div></div><div><i><br /></i></div><div style="font-weight: bold;"><b>Beste Hauptdarstellerin</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li>Ana de Armas, <i>Blonde</i></li><li>Michelle Yeoh, <i>Everything Everywhere All at Once</i></li><li><b>Cate Blanchett, <i>Tár</i></b></li><li>Michelle Williams, <i>Die Fabelmans</i></li><li>Andrea Riseborough, <i>To Leslie</i></li></ul><div>Es entscheidet sich zwischen Yeoh und Blanchett, in beiden Fällen habe ich jetzt schon die Schnauze voll von den reißerischen Essays und Tweets am Folgetag, in beiden Fällen gewinnt eine starke Schauspielerin in einer großartigen Rolle. Aber ich sage hier Blanchett vorher, die einfach noch eine Spur magnetischer ist in ihrem Film (so jedenfalls meine Meinung) und weil dies die Kategorie ist, wo Academy-Mitglieder, die <i>Tár</i> mögen, am ehesten ihre Begeisterung kanalisieren werden.</div></div><div><i><br /></i></div><div style="font-weight: bold;"><b>Bester Hauptdarsteller</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li>Paul Mescal, <i>Aftersun</i></li><li>Colin Farrell, <i>The Banshees of Inisherin</i></li><li>Austin Butler, <i>Elvis</i></li><li>Bill Nighy, <i>Living</i></li><li><b>Brendan Fraser, <i>The Whale</i></b></li></ul><div>Es ist fatal, auf die "Willkommen zurück"-Narrative reinzufallen, schließlich hat Mickey Rourke auch keinen Oscar für <i>The Wrestler</i> bekommen. Aber da alle Zeichen darauf deuten, dass beim Nebendarsteller sehr wohl diese Karte gespielt wird, tippe ich hier ebenfalls darauf, dass sich die Academy in einer sentimentalen Stimmung befindet.</div></div><div><i><br /></i></div><div style="font-weight: bold;"><b>Beste Regie</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li>Ruben Östlund, <i>Triangle of Sadness</i></li><li>Martin McDonagh,<i> The Banshees of Inisherin</i></li><li><b>Daniel Kwan & Daniel Scheinert,<i> Everything Everywhere All at Once</i></b></li><li>Steven Spielberg, <i>Die Fabelmans</i></li><li>Todd Field, <i>Tár</i></li></ul><div>Wenn die Daniels diesen Oscar nicht gewinnen, wird "Bester Film" nochmal richtig spannend.</div></div><div><i><br /></i></div><b>Bester Film</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Im Westen nichts Neues</i></li><li><i>Avatar: The Way of Water</i></li><li><i>The Banshees of Inisherin</i></li><li><i>Elvis</i></li><li><i><b>Everything Everywhere All at Once</b></i></li><li><i>Die Fabelmans</i></li><li><i>Tár</i></li><li><i>Top Gun: Maverick</i></li><li><i>Die Aussprache</i></li><li><i>Triangle of Sadness</i></li></ul><div>Wären die vielen Indikatorpreise nicht gewesen, ich würde denken, dass der Film "zu seltsam" für Branchenpreise ist, aber so langsam zieht das Argument nicht. Aber wenn ein Film <i>Everything Everywhere All at Once</i> ausstechen könnte, dann <i>The Banshees of Inisherin</i>.</div></div></div>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-56847152034197761362023-02-28T13:00:00.002+01:002023-02-28T13:00:12.185+01:00Gastbeitrag: Von blutigen Bären und dampfenden Mäusen<p><i>EdiGrieg ist ein Disney-Experte, wie er im Buche steht und ein Meister im Fachbereich Synchronisation. Daher solltet ihr alle seine Seite <a href="http://www.trickfilmstimmen.de/main.htm" target="_blank">Trickfilmstimmen</a> kennen, das beste Disney-Synchron-Archiv des World Wide Webs! Aber auch in anderen Themengebieten kennt er sich bestens aus, wie ihr nun feststellen werdet...</i></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg5V13kmBBwZrzqDB0XNbVed5ibdafVZmv3ihT4KSMFbAwCXOAvqi72sFnoLCc7NM55TXa-_LD8poQybyP3a4x_I9LoxEixNYD3IgnVbRbv8BzSFrWrhTO8tNZpH2FVJsiyDtSRi8ar0fiTyqDpqf52LFj0-25jwTL3L09z2Y8haXM_BnBM1gBQov8ZXA/s1200/wdas.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="627" data-original-width="1200" height="209" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg5V13kmBBwZrzqDB0XNbVed5ibdafVZmv3ihT4KSMFbAwCXOAvqi72sFnoLCc7NM55TXa-_LD8poQybyP3a4x_I9LoxEixNYD3IgnVbRbv8BzSFrWrhTO8tNZpH2FVJsiyDtSRi8ar0fiTyqDpqf52LFj0-25jwTL3L09z2Y8haXM_BnBM1gBQov8ZXA/w400-h209/wdas.jpg" width="400" /></a></div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;"><br /></div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;">2022 erlebte die nicht aufzuhaltende Welle von Realfilm-Umsetzungen klassischer Disneyfilme durch "Pinocchio" einen neuen Tiefpunkt, während Guillermo del Toros Umsetzung des hölzernen Bengels im selben Jahr von Lob geradezu überschüttet wurde. 2023 wird nun der Film "Winnie-the-Pooh: Blood and Honey" Streamingnutzern eine blutige Version von A. A. Milnes berühmten Kinderbuch präsentieren, welches 1926 veröffentlicht wurde und 2021, 95 Jahre später nach US-Recht den Status "Public Domain" (Gemeinfreiheit) erlangte. Nach Christopher Robin Milnes Tod am 20. April 1996 verkaufte seine Witwe die Rechte an Puuh dem Bären an die Walt Disney Company. Solange Regisseur Rhys Frake-Waterfield im oben genannten Horrorfilm nichts verwendet, was wiederum Disney seinerzeit kreativ hinzu fügte, hat der Maus-Konzern aufgrund des PD-Status jedoch nun keine rechtliche Handhabe mehr.</div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;"> </div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;">Die Rechtsgrundlage vom Schutz geistigen Eigentums ist ein Thema, das Bücher füllen könnte und hat nirgendwo eine derartige Komplexität erlangt wie in den USA. Da nun in den kommenden Jahren viele bekannte und berühmte Werke der 20er Jahre aus Literatur, Musik und Film in die erwähnte 95'er Frist kommen, könnte die Medienlandschaft von Hollywood und Co., die sich unlängst in eine kreative Sackgasse aus Reboots, Remakes und Spin-Offs verrannt hat, noch um einige bekannte Franchises "bereichert" werden. Dieser Umstand entfachte unlängst Diskussionen in entsprechenden Fachkreisen. Ruth Bader Ginsburg, Richterin am Obersten Gerichtshof, gab zu Protokoll, dass (Zitat:)<br />"Wir an der Schwelle zu einer Zeit stehen, in der Urheberrechte für eine Reihe visueller Werke auslaufen." und auf einen eventuell kaum überschaubaren Ansturm an Rechtsverletzungsverfahren hinweist.</div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;"> </div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;">So haben diverse Nachrichtendienste reißerisch Artikel mit dem Thema veröffentlicht, dass Walt Disneys Micky Maus 2024 PD-Status erlangen wird und fröhlich darüber spekuliert, was dies wohl alles nach sich ziehen könnte. Nach Persönlichkeitsrecht hätte Micky sogar eine 70-Jahres-Frist nach dem Ableben Disneys bekommen, die erst 2036 ausläuft ... Nur ist Micky, Fans wissen das, nicht Walts persönliche Erfindung, sondern die von Ub Iwerks, der 1971 verstarb und die Frist damit sogar bis 2041 verlängern würde. Das Alles zählt aber nicht, weil Disney schon lange vorher festgelegt hatte, seine Kreationen ins Firmenrecht zu integrieren. Natürlich hatte er damals von der heutigen Rechtslage noch keinen Schimmer.</div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;"> </div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;">Und somit werden Figuren wie King Kong, Popeye, Flash Gordon, Superman und auch Micky & Donald im Laufe der nächsten Jahre gemeinfrei werden. Aber was bedeutet das im Detail? Vereinfacht gesagt geht es darum, dass Micky im Laufe der Jahrzehnte optisch immer wieder verändert wurde, wobei jeder Stil wiederum seinen eigenen Urheberrechtsanspruch einfordern kann.</div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;"><br /></div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;">Anders herum gesagt: Jeder darf eine Micky Maus öffentlich ausstellen, solange sie nicht wie eine von Disney gezeichnete Micky aussieht. Dieser "optische Schutz" verwirkt jedoch nach 95 Jahren. Aktuell geht es um die Verwendung Disneys erster Micky-Cartoons von 1929, allen voran der Klassiker "Steamboat Willie". Kann und darf ein Drittunternehmen ab 2024 die berühmte Dampferszene auf ein T-Shirt drucken und verkaufen, ohne von Disney belangt werden zu können? Nach US-Recht grundsätzlich ja!</div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;"><br /></div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;">Natürlich ist die kleine Maus nicht nur Copyright- sondern auch Marken-geschützt, und dieses Trademark läuft grundsätzlich NICHT ab, solange Disney existiert. Gerade hier wird es mit der Rechtsgrundlage aber etwas schwammig. Ein Trademark beinhaltet, dass die "Ideale" eines Unternehmens nicht gefährdet werden dürfen, und DAS treibt Rechtsexperten Schweißperlen auf die Stirn angesichts eines Unternehmens, dem zur Zeit angedichtet wird, sich auch noch Sony oder/und Netflix unter den Nagel zu reißen, um seinem Medien-Monster weitere Tentakel hinzufügen zu können.</div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;"> </div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;">Selbstredend beschäftigt der Konzern nicht nur einige der besten Künstler der Welt sondern wohl auch einige der besten Rechtsanwälte; und dass Disney mit Rechtsverletzungen nicht zimperlich umgeht, hat er schon des Öfteren unter Beweis gestellt. So wurde eine Kindertagesstätte in Florida gezwungen, ein nicht autorisiertes Minnie-Maus-Wandbild zu entfernen. Im Jahr 2006 sagte Disney einem Steinmetz, dass das Schnitzen von Winnie Puuh in den Grabstein eines Kindes das Urheberrecht verletzen würde, und 2020 berechnete eine Disney-Tochtergesellschaft einer Grundschule 250 US-Dollar, weil sie "Der König der Löwen" ohne Erlaubnis bei einer PTA-Spendenaktion gezeigt hatte.</div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;"><br />Der darauf folgende Mediensturm war so heftig, dass sich Robert A. Iger entschuldigte und sagte, er würde eine persönliche Spende leisten. "Wenn es etwas gibt, das Disney ernster nimmt als geistiges Eigentum, dann ist es das Image in der Öffentlichkeit.", frotzelte Rechtsanwalt Aaron J. Moss, der explizit auf die ständig anwachsende "Creator Culture" der sozialen Medien von YouTube bis TikTok aufmerksam macht. Diese Landschaft könnte für Disney eine Herausforderung darstellen, wenn "Steamboat Willie" PD-Status erhält. "Sie werden nicht in der Lage sein, alle zu verfolgen", sagt Moss, "Kampflinien müssen gezogen werden." Frau Ginsburg gibt an, sie beobachte genau, ob Disney und andere Medien-Unternehmen versuchen, das Markenrecht als Ersatz oder Erweiterung des Urheberrechts anzuwenden, um, wie sie es ausdrückt, "einen separaten Schutz anzuwenden, der letztendlich greifen kann".</div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;"> </div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;">Im Falle von "Steamboat Willie" hat Disney dies unlängst getan. 2007 wurde das Firmenlogo neu gestaltet, der pfeifende Steamboat-Micky darin integriert und damit markengeschützt. Vielleicht - ich spekuliere hier - ist sogar Mickys optische wie charakterliche (freche) Rückkehr in alte Zeiten, welche 2013 begann (aktuelles Franchise: "The Wonderful World of Mickey Mouse"), nicht nur eine künstlerische Frischzellenkur, sondern schlägt auch rechtlich einen Bogen in die Vergangenheit, um später eventuelle Ansprüche des Konzerns unterfüttern zu können.</div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;"> </div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;">Die Themen Micky Maus und Urheberrecht sind seit Ende der 1990er Jahre im öffentlichen Bewusstsein, als sich Disney und andere Medienunternehmen erfolgreich für eine Ausweitung des Urheberrechtsschutzes im Kongress einsetzten. In vielerlei Hinsicht ist Micky dabei zum ultimativen Symbol für geistiges Eigentum geworden. Die Verlängerung des Urheberrechts von 1998 löste einen hässlichen Rechtsstreit aus, wobei Kritiker argumentierten, der Kongress habe die Verfassung missachtet, die klar vorsieht, dass Urheberrechtsschutz nur für eine begrenzte Zeit gewährt werde.</div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;"><br /></div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;">Laut Paul Goldstein, Professor an der Stanford Law School und Autor einer fünfbändigen Abhandlung über das US-Urheberrecht, tauchten damals erstmals "Free the Mouse"-Autoaufkleber auf. "Disney hat nicht aktiver auf die Verlängerung gedrängt als alle anderen, aber der Konzern habe einen bequemen Bösewicht abgegeben.", sagte er. Ginsburg und ihre Richter-Kollegen segneten zwar damals die Kongress-Entscheidung ab, warnten aber vor einer erneuten Verlängerungs-Forderung, die wohl nur in einer unsäglichen Schlammschlacht enden würde. Auch Rechtsanwalt und Medienexperte Daniel Mayeda erklärt: "Sie haben ihre Amtszeit für Micky & Co. erfolgreich verlängert, aber ich denke, dies wird das Ende der Fahnenstange sein."</div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;"> </div><div style="font-family: Verdana; font-size: 12px;"><i>EdiGrieg<br />unter Zuhilfenahme eines Artikels von Brooks Barnes<br />(New York Times, 27.Dezember 2022)</i></div>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-35594258067916956452023-02-08T22:10:00.001+01:002023-02-08T22:54:32.168+01:00Magic Mike's Last Dance<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh5XivWLQJhp0XozOdY0GxRpHbbdRgGOKEAVHAV0yc7yDeCGmzmTHkSqwEmfdnacMAGw4JYK8muJOd1phzzovKj6Xhfc83gdVYrFE54lLoKNVrS6adLjfaHQCdottRITGVJNhGvWOcpdhKv9o13-XpYhqVMYMUSJihMUUMOLHCZkGmdeQiCvIeyagCC9w/s3000/mmld.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="3000" data-original-width="2024" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh5XivWLQJhp0XozOdY0GxRpHbbdRgGOKEAVHAV0yc7yDeCGmzmTHkSqwEmfdnacMAGw4JYK8muJOd1phzzovKj6Xhfc83gdVYrFE54lLoKNVrS6adLjfaHQCdottRITGVJNhGvWOcpdhKv9o13-XpYhqVMYMUSJihMUUMOLHCZkGmdeQiCvIeyagCC9w/w270-h400/mmld.jpg" width="270" /></a></div><div><br /></div>Weniger Sexualität, mehr Sinnlichkeit: Nachdem Steven Soderbergh in <i>Magic Mike XXL</i> "nur" die Kamera führte und den Schnitt betreute, kehrt das Regie-Chamäleon für den (wahrscheinlichen) Abschluss der Channing-Tatum-Stripper-Saga zurück auf den Regiestuhl. Und dieses Mal muss sich der vom Striptease zum Handwerk zum Striptease zum Handwerk zum Barkeeping wechselnde Titelheld seinem womöglich größten Feind stellen: Dem Altern! <div><br /></div><div>Denn zu Beginn von <i>Magic Mike's Last Dance</i> treffen wir den einstigen Superstripper als müde gewordenen Mann. Sein kleiner Handwerksbetrieb ist an den Klippen der harschen wirtschaftlichen Realität unserer Zeit zerschellt, und er hält sich für zu alt, um in seine vorherige Profession zurückzukehren. Als er aber auf einem Event von Maxandra Mendoza (Salma Hayek Pinault), der wohlhabenden Gattin eines Medienimperialisten, der sich ungeliebt fühlenden Gastgeberin auffällt, macht sie ihm ein verführerisches Angebot: Eine Mordssumme für einen verboten heißen Lapdance. </div><div><br /></div><div>Magic Mike heißt nicht grundlos <i>Magic</i> Mike und tanzt für und mit seiner Auftraggeberin auf eine dermaßen prickelnde Art und Weise, dass sie sich daraufhin wie ein völlig neuer Mensch fühlt - und zum Dank Mikes Leben umkrempeln will: Sie gibt ihm die einmalige Gelegenheit, in einem altehrwürdigen Londoner Theater Regie zu führen. Doch wie viel kreativer Saft steckt noch in einem Stripper, der nicht mehr tanzen will?</div><div><br /></div><div>Der erste <i>Magic Mike</i> ist ein über weite Strecken uringelb farbgefiltertes Drama darüber, wie sehr das Strippen Männerfreundschaften zersetzen und Liebesbeziehungen auf die Probe stellen kann. Unterbrochen von Performances, die Soderbergh so inszeniert, als wolle er sagen: "Schaut! Schaut, wie toll diese trainierten Männer tanzen! Es ist siffig, aber schaut doch!"</div><div><br /></div><div><i>Magic Mike XXL</i> gelingt unter der Regie von Gregory Jacobs der Transfer: In einer locker-lässigen "Lasst uns mit den Kings of Tampa abhängen"-Atmosphäre wird daran gewerkelt, wie erotische Tänze <i>mehr</i> sein können. Wie sie den Strippern die Möglichkeit geben, sich künstlerisch zu entfalten, und wie die betanzten Frauen mehr bekommen als eine tumbe Fleischbeschau.</div><div>Die Tänze wurden kreativer, gewitzter und für beide Seiten erfüllender, was in ein sensationelles Finale auf einem Wettbewerb im Rahmen einer Stripper-Convention mündet, dessen Ausgang jedoch völlig irrelevant ist. Wichtig ist: Magic Mike und seine königliche Florida-Tänzertruppe haben ihr Bestes gegeben!</div><div><br /></div><div>Doch was macht ein Erotiktänzer, wenn er älter wird, sich zu genieren beginnt und über seine Gelenke jammert? Wohl dasselbe, was Action- und Tanzfilmstars machen, wenn sie nicht mehr unentwegt knapp und/oder eng bekleidet mitten im Getümmel stehen wollen oder können: Er tritt einen Schritt zurück, zieht lieber hinter den Kulissen die Strippen und tritt nur noch für seinen großen Heldenmoment vor die Kamera.</div><div><p><i>Magic Mike's Last Dance</i> schleudert seinem Publikum daher weniger nackte Haut ins Gesicht und ersetzt stürmischen sexuellen Drang durch hingebungsvolle prickelnde Sinnlichkeit. Jedenfalls immer dann, wenn er nicht die Steven-Soderbergh-Variante eines durch "Lasst uns eine Show auf die Bühne stellen"-MGM-Musicals, gefiltert durch einen <i>Step Up</i>-Trittbrettfahrer-Tanzfilms ist. </p><p>Der erste Tanz in <i>Magic Mike's Last Dance</i> ist dennoch (oder gerade daher) sinnlicher, schärfer als alles, was die deutlich explizitere Netflix-Trilogie <i>365 Days</i> zu bieten hat: Hayek Pinault und Tatum reiben und winden sich in engen, brisanten Stellungen, die großes Vertrauen ineinander verlangen. All das, während sie (größtenteils) bekleidet sind, selbst wenn Max und Mike ins Gesicht geschrieben steht, wie sehr sie sich nach engerem Kontakt verzehren.</p><p>Die prickelnde Choreografie dieser Sequenz und die hingebungsvollen Performances fängt Soderbergh in kühl-schmeichelnden Hochglanzbildern ein, die Kamera bleib weitestgehend in respektvoller Distanz zu den Figuren, als sei sie ein beschämter Beobachter, der jedoch zu fasziniert ist, um den Raum zu verlassen. Dieser Auftakt wird gen Ende in einem geradezu athletischen, dennoch zärtlichen Contemporary im strömenden Theaterregen gespiegelt: Er ist artistischer, ausdrucksvoller und theatraler, in ihm erzählen Tatum und seine Tanzpartnerin Christie-Leigh Emby wortlos eine Geschichte, während Max und Mike zu Filmbeginn reiner Begierde nachgingen.</p><p><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/7kNjrg07yQA" title="YouTube video player" width="560"></iframe></p><p>Der Wassertanz löst auch (zumindest partiell) eine thematische Diskussion in <i>Magic Mike's Last Dance</i> ein: Max sucht privat wie beruflich feministische Erfüllung und einen Weg zur Selbstbestimmung. Die in Mikes Show involvierte Theaterschauspielerin Hannah (Juliette Motamed) unterstreicht den Wunsch nach künstlerischer Erfüllung in Form weiblicher Perspektive. Fragen, die im Dialog wiederholt angestoßen, nicht aber groß ausdiskutiert werden.</p><p>Allerdings wird, ähnlich wie hinsichtlich der Suche nach besserem Erotiktanz in <i>Magic Mike XXL</i>, ein Lösungsvorschlag ausgeführt: Diese Tanzshow voller durchtrainierter Männer umfasst auch Nummern, in denen Frauen mittanzen. Wunscherfüllung durch repräsentierte Partizipation, wenn man so will. </p><p>Zwischen diesen Eckpfeilern des Films steht ein ausgedehnter Mittelteil, in dem wenig getanzt, noch weniger Kleidung vom Leib gerissen, und viel geplant wird. Wir müssen Tänzer casten! Die Besetzung des für Mikes Stück abgesetzten Dramas will involviert werden! Mike hat Ideen, die aber Maxandra ablehnt. Maxandra will sich auf Mikes Ideen einlassen, aber er hat keine. Mike und Max ziehen an einem Strang, doch die Behörden stellen sich ihnen in den Weg! Private Konflikte zehren an den Nerven! Private Konflikte inspirieren!</p><p>Auf dem Papier ist das ziemlicher Genrestandard, und auf der erzählerischen Oberfläche bleibt es auch so. Allerdings bemüht sich Soderbergh, mit Stil und Klasse durch dieses Standardprozedere zu schreiten. <a href="https://l.facebook.com/l.php?u=https%3A%2F%2Fwww.vulture.com%2F2023%2F02%2Fsteven-soderbergh-cant-quit-magic-mike.html%3Futm_campaign%3Dnym%26utm_source%3Dtw%26utm_medium%3Ds1%26fbclid%3DIwAR0Zo2gJf5nkNpaoxdvy-G-G7NY0Np_qRkH3lbjr1mR8-mYsHkDfSqaGkWk&h=AT0gOO7MISJ6vqz9j-Wm4w40-skfSk1bFPE6xITYek0rBFB1ahmwbA0HPNstBm5M7-K8bb1AT2TlkGPuTFbFQ7oH5JZ0TcduoZLqWNBDFqh15lvSU-4bHVXJZm5VI-JypVTeNxxgycQLy1th35bHrQ" target="_blank">Im Interview mit Matt Zoller Seitz von </a><i><a href="https://l.facebook.com/l.php?u=https%3A%2F%2Fwww.vulture.com%2F2023%2F02%2Fsteven-soderbergh-cant-quit-magic-mike.html%3Futm_campaign%3Dnym%26utm_source%3Dtw%26utm_medium%3Ds1%26fbclid%3DIwAR0Zo2gJf5nkNpaoxdvy-G-G7NY0Np_qRkH3lbjr1mR8-mYsHkDfSqaGkWk&h=AT0gOO7MISJ6vqz9j-Wm4w40-skfSk1bFPE6xITYek0rBFB1ahmwbA0HPNstBm5M7-K8bb1AT2TlkGPuTFbFQ7oH5JZ0TcduoZLqWNBDFqh15lvSU-4bHVXJZm5VI-JypVTeNxxgycQLy1th35bHrQ" target="_blank">Vulture</a></i> benannte Soderbergh als Inspirationsquellen den Dialogwitz der Komödien eines Ernst Lubitsch, die feministisch-meinungsstarken Charakterzeichnungen einer Lina Wertmüller und die Bildsprache eines Bernardo Bertolucci.</p><p>Nicht, dass Soderbergh sich auf eine Stufe mit diesen Vorbildern stellt, oder <i>Magic Mike's Last Dance</i> aus dem Stand heraus von Fans auf diese Stufe gehoben wird. Aber die Absicht, der Blick hin zu ihnen, ehrt Soderbergh und ist zuweilen, flüchtig zu merken. Hayek Pinault spielt eine stolze, in prachtvoll-bossiger Mode gekleidete, frustrierte Gattin-in-Trennung, die ebenso sehr als Mikes Mäzenin agiert, wie sie als Produkt einer Männerwelt sich im Heute endlich selbst neu definieren will, auch wenn sie die dazu nötige Methodik noch nicht beherrscht.</p><p>Max' belesene, vorlaute und trotzdem empathische Adoptivtochter Zadie (Jemelia George) und Butler Victor (Ayub Khan Din) sorgen verlässlich für spitzzüngige Wortwechsel. Und die Situationskomik, wenn Ex-Schreiner/Ex-Stripper/Erotikshowregisseur Mike mit Londons High Society kollidiert, ist köstlich. Doch zwischen zündenden Momenten der figurenbasierten Komik und der Dramatik einer Projekt- und Beziehungsfindung plätschern wiederholte Charaktermomente orientierungslos aus, als wäre die Idee für eine Szene bereits da, nicht aber die Idee, wie sie umgesetzt werden sollte.</p><p>Ohne großes tonales Augenzwinkern hat <i>Magic Mike's Last Dance</i> gleichwohl ein metafiktionales Echo. Ging doch auch Channing Tatum nach <i>Magic Mike XXL</i> den Weg nach (Las Vegas und daraufhin nach) London, um dort eine erotisch angehauchte Tanzshow auf die Bühne zu stellen. War doch auch Tatum einige Jahre lang wenig im Rampenlicht zu sehen, orientierte sich privat und als kreativer Schöpfer neu. Die ersten zwei Drittel von <i>Magic Mike's Last Dance</i> sind insofern ein fiktionalisiertes Making-of der realen <i>Magic Mike</i>-Liveshow, deren Choreografien als Blaupause für das Finale dieses Films dienten.</p><p>Zugleich steht der Verdacht im Raum, dass auch etwas Soderbergh in Magic Mike steckt. Kündigte der Filmemacher doch schon mehrmals seinen (Kino-)Ruhestand an, bloß um dann doch wieder zurückzukehren. Und wer wettet, dass die verzweifelte Suche nach einem funktionierenden dritten Akt auch ihm schon mehrmals die Nerven geraubt hat, dürfte diese Wette gewinnen.</p><p>Das Ringen darum, die Showplanung zu vollenden, hätte mehr Pfeffer vertragen können, sei es durch Witz, Dramatik oder erhellende Einblicke in den Kreativprozess. Und sowohl beim Casting als auch in den Proben und in der Finalshow kommt es gelegentlich zu einer sperrigen Kluft zwischen der gezeigten Choreografie und der letztendlich drunter gelegten Musik.</p><p>Wenn <i>Magic Mike's Last Dance</i> Feuer fängt, brennt es trotzdem lichterloh. Vor allem während der filmischen Kurzform der <i>Magic Mike</i>-Liveshow, die durch pointierte Blicke auf das Publikum, eine großartige Soundabmischung und eine sich förmlich näher an die Action sehnende, am Riemen reißende Kameraarbeit mächtig Stimmung macht. </p><p style="text-align: center;"><b><i>Magic Mike's Last Dance</i> ist in vielen Kinos zu sehen.</b></p></div>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-44528802849405200672023-01-20T19:13:00.001+01:002023-01-20T20:15:44.471+01:00Oscars 2023: Meine Prognose für die Nominierungen bei den 95. Academy Awards<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjicencALA1xP-nQhvXXm4qANuI8_qZU_xZUXd-dee1KV6WgY40PaATHBRurStrCafUOVZ3AzMNbndAXfFQuzGwUBJmQtUaslxMYhVbQmTMh4Nwf4UKnNAZQYEB7l5SeRI0x-PSnZSX7pu2_K0JnrvGh_LFdeklxeB-YffugEdX68QgOLDTGQBSX25yQg/s1677/tgm.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1677" data-original-width="1318" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjicencALA1xP-nQhvXXm4qANuI8_qZU_xZUXd-dee1KV6WgY40PaATHBRurStrCafUOVZ3AzMNbndAXfFQuzGwUBJmQtUaslxMYhVbQmTMh4Nwf4UKnNAZQYEB7l5SeRI0x-PSnZSX7pu2_K0JnrvGh_LFdeklxeB-YffugEdX68QgOLDTGQBSX25yQg/w314-h400/tgm.jpg" width="314" /></a></div><br /><div style="text-align: left;">Die Academy Awards bleiben auch in der Saison 2022/2023 ein undurchsichtiger Mischmasch aus offensichtlichen Antworten und Unberechenbarkeiten. Nach zwei stark von der Pandemie beeinflussten Jahren ist dieses Mal vor allem ein Element für meine Verwirrung zuständig: Zwiegespaltener Diskurs!<br /><br /></div><div style="text-align: left;"><i>Babylon</i> etwa hat zwar viele negative Kritiken und ein desaströses US-Einspielergebnis, doch diejenigen, die ihn lieben, <i>lieben </i>ihn. Sind genug Leute von diesem Schlag in der Academy, um ihm Nominierungen zu sichern? <i>Top Gun: Maverick</i> ist ein sehr gut gemachter, aber inhaltlich total normaler Action-Blockbuster - reicht das dieses Jahr aus, um die Academy in einen ähnlichen Taumel der Begeisterung zu versetzen wie die US-Presse, große Teile der internationalen Presse und das zahlende Publikum?</div><div style="text-align: left;"><i><br /></i></div><div style="text-align: left;"><i>Everything Everywhere All at Once</i> würde in jedem anderen Jahr als "zu schräg für die Academy" abgetan, aber reichte das monatelange Dauerfeuer an Hype seitens Filmfans und der Presse aus, um im Zusammenspiel mit der Verjüngung der Academy doch mehrere Nominierungen herbeizuwillen? <br /><br />Egal, wie es kommt: Am Ende wird es heißen "war doch klar!" <i>Babylon, Top Gun: Maverick</i> und <i>Everything Everywhere All at Once</i> sind drin? "Klar, deren Fans sind doch so vehement!" Sie werden aus dem Rennen ausgeschlossen? "War doch klar: Zu kontrovers, zu tumb, zu schräg!" </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Und was ist mit <i>Die Fabelmans</i>, einem Film, den viele als sichere Bank sahen, der in seinen ersten Schüben der Veröffentlichung auch viel und positiv diskutiert wurde, dann an den US-Kinokassen unterging und in der Industrie wenig besprochen wurde, bevor er gegen Ende der Nominierungs-Votingphase wieder an Fahrt zulegte, etwa durch die auf einmal wieder beachteten Golden Globes?<br /><br />Ich bin sehr gespannt, was uns am Dienstag erwartet. Meine Vermutungen besagen, dass es folgendes Feld sein wird:</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>Bester Animationsfilm</b></div><div style="text-align: left;"><ul style="text-align: left;"><li><i>Guillermo del Toro's Pinocchio</i></li><li><i>Der kleine Nick</i></li><li><i>Marcell the Shell with Shoes On</i></li><li><i>Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch</i></li><li><i>Rot</i></li></ul></div><div style="text-align: left;"><b>Bestes adaptiertes Drehbuch</b></div><div style="text-align: left;"><ul style="text-align: left;"><li><i>Im Westen nichts Neues, </i>Edward Berger, Lesley Paterson & Ian Stokell</li><li><i>Glass Onion</i>, Rian Johnson</li><li><i>Living</i>, Kazuo Ishiguro</li><li><i>The Whale</i>, Samuel D. Hunter</li><li><i>Die Aussprache</i>, Sarah Polley</li></ul><div><b>Bestes Original-Drehbuch</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Aftersun</i>, Charlotte Wells</li><li><i>The Banshees of Inisherin</i>, Martin McDonagh</li><li><i>Everything Everywhere All at Once</i>, Daniel Kwan & Daniel Scheinert</li><li><i>Die Fabelmans</i>, Steven Spielberg & Tony Kushner</li><li><i>Tár</i>, Todd Field</li></ul><div><b>Beste Kamera</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Im Westen nichts Neues</i>, James Friend</li><li><i>Elvis</i>, Mandy Walker</li><li><i>Empire of Light</i>, Roger Deakins</li><li><i>Nope</i>, Hoyte Van Hoytema</li><li><i>Top Gun: Maverick</i>, Claudio Miranda</li></ul><div><b>Beste Kostüme</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Babylon</i>, Mary Zophres</li><li><i>Black Panther: Wakanda Forever</i>, Ruth E. Carter</li><li><i>Elvis</i>, Catherine Martin</li><li><i>Mrs. Harris und ein Kleid von Dior</i>, Jenny Beavan</li><li><i>The Woman King</i>, Gersha Phillips<br /></li></ul><div><b>Bester Schnitt</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Avatar: The Way of Water</i>, David Brenner, James Cameron, John Refoua & Stephen E. Rivkin</li><li><i>Babylon</i>, Tom Cross</li><li><i>Elvis</i>, Jonathan Redmond & Matt Villa</li><li><i>Everything Everywhere All at Once</i>, Paul Rogers</li><li><i>Top Gun: Maverick</i>, Chris Lebenzon & Eddie Hamilton<br /></li></ul><div><b>Bestes Produktionsdesign</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Avatar: The Way of Water</i>, Dylan Cole, Ben Procter & Vanessa Cole</li><li><i>Babylon</i>, Florencia Martin & Anthony Carlino</li><li><i>Elvis</i>, Catherine Martin & Karen Murphy</li><li><i>Die Fabelmans</i>, Rick Carter & Karen O'Hara</li><li><i>Glass Onion</i>, Rick Heinrichs</li></ul></div></div><div style="text-align: left;"><b>Bester Dokumentarfilm<br /></b></div><div style="text-align: left;"><ul style="text-align: left;"><li><i>All that Breathes</i></li><li><i>All the Beauty and the Bloodshed</i></li><li><i>Fire of Love</i></li><li><i>Moonage Daydream</i></li><li><i>Navalny</i></li></ul><div><b>Bester Doku-Kurzfilm</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>The Elephant Whisperers</i></li><li><i>The Flagmakers</i></li><li><i>Holding Moses</i></li><li><i>How Do You Measure a Year?</i></li><li><i>38 at the Garden</i></li></ul><div><b>Bester internationaler Film</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Argentina, 1985</i>, Argentinien</li><li><i>Im Westen nichts Neues</i>, Deutschland</li><li><i>Close</i>, Belgien</li><li><i>Die Frau im Nebel</i>, Südkorea</li><li><i>EO</i>, Polen<br /></li></ul><div><b>Bestes Makeup & Hairstyling</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Babylon</i></li><li><i>The Batman</i></li><li><i>Black Panther: Wakanda Forever</i></li><li><i>Elvis</i></li><li><i>The Whale</i></li></ul><div><b>Beste Filmmusik</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Babylon</i>, Justin Hurwitz</li><li><i>The Banshees of Inisherin</i>, Carter Burwell</li><li><i>Die Fabelmans</i>, John Williams</li><li><i>Guillermo del Toro’s Pinocchio</i>, Alexandre Desplat</li><li><i>Die Aussprache</i>, Carter Burwell</li></ul><div><b>Bester Song</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Lift Me Up</i> aus <i>Black Panther: Wakanda Forever</i></li><li><i>Til You're Home </i>aus <i>Ein Mann namens Otto</i></li><li><i>Naatu Naatu</i> aus <i>RRR</i></li><li><i>Applause </i>aus <i>Tell It Like A Woman</i></li><li><i>Hold My Hand </i>aus <i>Top Gun: Maverick</i></li></ul><div><b>Bester Animations-Kurzfilm</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>The Boy, the Mole, the Fox and the Horse</i></li><li><i>The Flying Sailor</i></li><li><i>My Year of Dicks</i></li><li><i>New Moon</i></li><li><i>An Ostrich Told Me the World Is Fake and I Think I Believe It</i></li></ul><div><b>Bester Kurzfilm</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>An Irish Goodbye</i></li><li><i>Le Pupille</i></li><li><i>Nakam</i></li><li><i>The Red Suitcase</i></li><li><i>Warsha</i></li></ul><div><b>Bester Ton</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Im Westen nichts Neues</i></li><li><i>Avatar: The Way of Water</i></li><li><i>Babylon</i></li><li><i>Elvis</i></li><li><i>Top Gun: Maverick</i></li></ul><div><b>Beste Effekte</b></div></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Avatar: The Way of Water</i></li><li><i>The Batman</i></li><li><i>Doctor Strange in the Multiverse of Madness</i></li><li><i>Nope</i></li><li><i>Top Gun: Maverick</i></li></ul><div style="font-weight: bold;"><b>Bester Nebendarsteller</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li>Brendan Gleeson, <i>The Banshees of Inisherin</i></li><li>Barry Keoghan, <i>The Banshees of Inisherin</i></li><li>Ke Huy Quan,<i> Everything Everywhere All at Once</i></li><li>Paul Dano, <i>Die Fabelmans</i></li><li>Eddie Redmayne, <i>The Good Nurse</i></li></ul></div><div style="font-weight: bold;"><b>Beste Nebendarstellerin</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li>Kerry Condon, <i>The Banshees of Inisherin</i></li><li>Jamie Lee Curtis, <i>Everything Everywhere All at Once</i></li><li>Stephanie Hsu,<i> Everything Everywhere All at Once</i></li><li>Hong Chau,<i> The Whale</i></li><li>Jessie Buckley,<i> Die Aussprache</i></li></ul><div>Spätestens durch ihren Globe-Gewinn und ihre Nominierung bei den SAG Awards nehmen immer mehr Oscar-Expert:innen Angela Bassett mit in ihre Prognose auf. Doch ich kann mir nicht helfen: Weder <i>Black Panther</i> noch <i>Avengers || Endgame</i> haben es geschafft, eine erste MCU-Schauspiel-Nominierung zu bewerkstelligen.</div><div>Also lässt sich sagen, dass die Academy in Sachen Schauspielwürdigung nicht an das MCU denkt, und ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Film, dessen Blockbusterbuzz von <i>Avatar: The Way of Water</i> weggewalzt wurde, da groß was ändern wird. Zumal die Academy-Mitglieder, die etwas außerhalb des Rahmens denken schon ihr Stimmgewicht hinter <i>Everything Everywhere All at Once</i> werfen müssen...</div></div><div><i><br /></i></div><div style="font-weight: bold;"><b>Beste Hauptdarstellerin</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li>Ana de Armas, <i>Blonde</i></li><li>Michelle Yeoh, <i>Everything Everywhere All at Once</i></li><li>Cate Blanchett, <i>Tár</i></li><li>Danielle Deadwyler, <i>Till</i></li><li>Viola Davis,<i> The Woman King<br /></i></li></ul><div>Die vernünftige Prognose wäre, Michelle Williams für <i>Die Fabelmans</i> anstelle von Ana de Armas vorherzusagen: Die Academy liebt gut zusprechende Mutterfiguren, Steven Spielberg und Michelle Williams! Aber: Williams wurde nicht für den SAG Award nominiert, also den Preis der Schauspielgilde! Und selbst wenn SAG und die Academy Awards in dieser Kategorie nicht immer deckungsgleich sind, gehe ich dieses Jahr einfach diesen Weg.</div><div><br /></div><div>Die jüngere, internationalere Zusammensetzung der Academy lässt sich, so meine Vermutung, eher auf den umstrittenen <i>Blonde</i> ein. Wir werden es sehen...</div><div><i><br /></i></div></div><div style="font-weight: bold;"><b>Bester Hauptdarsteller</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li>Paul Mescal, <i>Aftersun</i></li><li>Colin Farrell, <i>The Banshees of Inisherin</i></li><li>Austin Butler, <i>Elvis</i></li><li>Bill Nighy, <i>Living</i></li><li>Brendan Fraser, <i>The Whale</i></li></ul></div><div style="font-weight: bold;"><b>Beste Regie</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li>James Cameron, <i>Avatar: The Way of Water</i></li><li>Martin McDonagh,<i> The Banshees of Inisherin</i></li><li>Daniel Kwan & Daniel Scheinert,<i> Everything Everywhere All at Once</i></li><li>Steven Spielberg, <i>Die Fabelmans</i></li><li>Todd Field, <i>Tár</i></li></ul></div><b>Bester Film</b></div><div><ul style="text-align: left;"><li><i>Im Westen nichts Neues</i></li><li><i>Avatar: The Way of Water</i></li><li><i>Babylon</i></li><li><i>The Banshees of Inisherin</i></li><li><i>Elvis</i></li><li><i>Everything Everywhere All at Once</i></li><li><i>Die Fabelmans</i></li><li><i>Tár</i></li><li><i>Top Gun: Maverick</i></li><li><i>The Whale</i></li></ul><div>Kürzlich sicherte sich <i>Im Westen nichts Neues</i> satte 14 Nominierungen bei den BAFTAs - und da beide Akademien einige Überschneidungen in der Zusammensetzung haben, halte ich es also für sehr wahrscheinlich, dass Deutschland einen Film im "Bester Film"-Oscar-Rennen stellen wird. Kurios, dass aus dem Land des ständig selbstgeißelnden "Wir können keine guten Filme!"-Aufrufs bislang so wenig Begeisterung über das Awards-Abschneiden, ach, über den Film generell zu vernehmen war.<br /><i><br /></i></div><div><i>The Whale</i> hat zwar abseits Brandan Frasers Performance eher für zwiegespaltene Reaktionen gesorgt, aber ab und zu ist der Academy sowas egal. Und: Filme mit einer lautstark zelebrierten männlichen Performance rutschen üblicherweise auch ins Rennen um diese Kategorie.</div><div><br /></div><div>Dass <i>Top Gun: Maverick</i> letztlich nicht nominiert wird, halte ich für wahrscheinlicher als wohl viele Oscar-Tippspielende. Doch dieses Oscar-Rennen ist so kurios, ich möchte keinen als sicher geltenden Tipp für ein törichtes Wagnis abgeben, also behalte ich den Mega-Blockbuster in meiner Vorhersage. Aber sollte er oder ein anderer Titel rausfliegen und dafür <i>Glass Onion</i> reinkommen, ich wäre nicht erstaunt.</div></div></div>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-37047398552113458502023-01-08T21:18:00.003+01:002023-01-11T05:10:17.026+01:00Meine liebsten Musical-Einlagen 2022<p>Ich liebe Musicals, und ich habe oftmals diebischen Spaß daran, wenn sich Non-Musicals kurzzeitig in die kinetische Welt des Gesangs und Tanzes stürzen. Daher möchte ich die lange, lange Wartezeit zwischen meiner <a href="https://www.sdb-film.de/2022/12/die-schlechtesten-filme-2022.html" target="_blank">Flopliste 2022</a> und meinen noch ausstehenden Tops überbrücken, indem ich hier meine liebsten Musik-und-Tanz-Sequenzen 2022 zelebriere. </p><p>Bevor ich zu den Top 10 komme, erst einmal in beliebiger Reihenfolge ein paar artverwandte Szenen, die es mir ebenfalls angetan haben. In Baz Luhrmanns rauschhaftem Biopic <i>Elvis</i> stechen vor allem die Performance von <i>Trouble</i>, die Elvis' rebellisches Naturell unterstreicht, <i>Suspicious Minds</i>, das er in Las Vegas in einer Szene singt, während seine Missachtung für seinen Manager wächst, und die Gänsehaut-Darbietung von <i>Unchained Melody</i> heraus. Jedoch sind es streng genommen keine Musical-Einlagen, sondern schlicht und ergreifend Bühnenauftritte in einem Film über einen Musiker. <br /></p><p>Tonal und inszenatorisch ganz anders, allerdings aus demselben Grund kein Musical, ist die Netflix-Komödie <i>Metal Lords</i>, die für mich eine der freudigsten Überraschungen des Jahres war: Inszeniert von Peter Sollett (<i>Nick und Norah – Soundtrack einer Nacht</i>) und geschrieben von D. B. Weiss (<i>Game of Thrones</i>) dreht sich der Film um eine Außenseitertruppe, die durch ihre Liebe (oder neu gefundene Begeisterung) zum Metal zusammengeschweißt wird. Die Komödie hat Charme und Witz, mutet ein bisschen so an, als hätte man einen Disney-Teenie-Film oder einen <i>School of Rock</i>-Trittbrettfahrer genommen und mit ein paar Kanten und sexuellen Anspielungen gewürzt, ohne dabei unnötig zu übertreiben. <i>Emma.</i>-Nebendarstellerin Isis Hainsworth kann hier gehörig auftrumpfen und die Performances der Band, inklusive des Originalsongs <i><a href="https://www.youtube.com/watch?v=QTgD05gbL28" target="_blank">Machinery Of Torment</a></i>, können sich echt hören lassen!</p><p>Auch im Kino gab es eine fiktive Band zu sehen, die fetzt: Die Dramödie <i>Alle für Ella</i> mit Lina Larissa Strahl über drei Freundinnen, deren Beziehung zueinander durch sich unterscheidende Karrierebestrebungen bedroht wird, hat sogleich mehrere stimmige Originalsongs zu bieten. Der beste ist der auch in der Promo zum Film viel verwendete, bittersüße <i><a href="https://www.youtube.com/watch?v=ojJkHbU62aU" target="_blank">Meine Fehler</a></i>, der Dickköpfigkeit, die Lust, aufzubrechen, und einen Hauch Reue vereint.</p><p>Um aber endlich zu Musicaleinlagen zu kommen: Das märchenhafte Abenteuer <i>Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch</i> sieht nicht bloß atemberaubend aus, sondern beginnt auch mit einer peppigen, etwas monotonen, aber dadurch auch irgendwie verwunderlich-humorvollen, selbstbeweihräuchernden Musicaleinlage darüber, wie toll, beliebt und furchtlos der Titelheld doch ist. Die Szene macht Spaß, ging mir dann für einen Zeitraum von vielleicht 15 Sekunden zu lang und danach dachte ich nur noch "Oh, das kann noch stundenlang so weitergehen". Es ist kein Song, den ich mir vom Film losgelöst häufig anhören würde, aber ich denke gern an die Szene zurück (und an den grandiosen Film insgesamt sowieso).</p><p>Und <i>Verwünscht nochmal</i> hat mich zwar mit seiner laschen Gagdichte, ernüchternden Charakterzeichnung und steifen Inszenierung ziemlich enttäuscht (lang erwartete, direkt auf Disney+ geparkte Sequels hatten 2022 ein Murks-Jahr). Aber: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=ht0-_mm3Xuk" target="_blank">Das musikalische "Ich bin besser darin, böse zu sein, als du"-Duell</a> zwischen Amy Adams und Maya Rudolph hat mich kurzzeitig davon träumen lassen, dass eine gelungenere Version des Films möglich war.</p><p>Tja, und wenn ich aktuell Apple TV+ hätte, könnte ich auch sagen, ob eine Szene aus <i>Spirited</i> in meinem Ranking wäre. Aber da dem nicht so ist, geht's nun halt endlich mit meinen Top 10 los. Und in Anlehnung an meine früheren Filmsongs-Rankings hier im Blog (und um keinen Überdruss an Songs aus einem einzigen Film zu haben), gilt: In die Top 10 darf nur eine Musicaleinlage pro Film! Doch ich lasse euch hie und da wissen, welche anderen Songs ich mochte, wenn es sich denn anbietet...</p><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/HlbgvDvd1Gc" title="YouTube video player" width="560"></iframe><p style="text-align: center;"><b>Platz 10: <i>Big Time</i> aus <i>Bühne frei für Nate</i></b></p><p style="text-align: left;">Disney hat leider vorerst seinen King of Camp an Netflix verloren. Aber nimmt man Disney einen Kenny Ortega weg, und gibt ihm bei der Konkurrenz einen Exklusivvertrag, dann wachsen zwei Camp-Kronprinzen nach: Paul Hoen schickt sich mit seiner <i>Z-O-M-B-I-E-S</i>-Saga an, die quirlig-stolze, bunt-schräge Seite Ortegas im Maus der Haus aufrecht zu halten. Cocktailbuchautor Tim Federle wiederum führt nicht nur mit <i>High School Musical: Das Musical: Die Serie</i> Ortegas inhaltliches Erbe fort, sondern inszenierte mit der Disney+-Adaption seines eigenen Bühnenstücks <i>Bühne frei für Nate</i> die Art Film, die Ortega sicher schon längst für Disney gemacht hätte, wäre die Zeit früher reif gewesen: Ein musicalbegeisterter Junge dampft abrupt ab nach New York, um bei einem Broadwaymusical vorzusprechen. Was daraus entsteht, hat die "Kind in der großen Stadt"-Energie früherer Disney Channel Original Movies, gefilmt mit der Größe einer 2000er-Jahre-Disney-Familienomödien-Kinoproduktion. Doch: Halt!</p><p style="text-align: left;">Titelheld Nate und seine beste Freundin haben keinen romantischen Subplot, sondern eine "Sie glaubt, wenn man so eng miteinander ist, müsste da vielleicht Interesse füreinander bestehen, weil, so läuft das doch...(?) während er sich einen Ruck gibt und ein Regenbogenglücksarmband kauft"-Randgeschichte. Ein kurzweiliger Disney-Film, der seine Begeisterung für Bühnenmusicals verinnerlicht hat, aber ähnlich verstohlen-impulsiv zeigt wie Nate zum Verkaufsstand stürmt, um sich sein Armband zu holen: Die meisten Musikeinlagen sind eher kontemporär-social-media-tauglich, was Federle authentisch ins Geschehen einbindet, statt anbiedernd. Dennoch schlägt mein Herz am lautesten, wenn es altmodisch in einer "<i>I Want It All</i> aus <i>High School Musical 3: Senior Year</i>"-esken Traumsequenz auf die Bretter geht, die die Welt bedeuten.</p><p style="text-align: left;"><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/8OC4TmRYWO4" title="YouTube video player" width="560"></iframe></p><p style="text-align: center;"><b>Platz 9: <i>One Way or Another</i> aus <i><a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/230021/kritik.html" target="_blank">Hocus Pocus 2</a></i></b></p><p style="text-align: left;">Habe ich schon gesagt, dass ich Kenny Ortega vermisse? <i>Hocus Pocus 2</i> führt nahezu konstant vor, dass der Choreograf und Regisseur eine prägendere Handschrift hat, als man ihm gemeinhin zumuten würde. Aber wenigstens der obligatorische Versuch, die <i>I Put a Spell on You</i>-Sequenz aus dem Original zu kopieren, macht was her. Die Magie konnte nicht wiederholt werden, aber hier ist wenigstens ein Funken munter-spritziger Zauber versteckt, der dem restlichen Sequel praktisch durchweg fehlt.</p><p style="text-align: left;"><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/ZLBaY65zl3c" title="YouTube video player" width="560"></iframe></p><p style="text-align: center;"><b>Platz 8: <i>Rip up the Recipe </i>aus<i> <a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/251352/kritik.html" target="_blank">Lyle - Mein Freund, das Krokodil</a></i></b></p><p style="text-align: left;">Ein super-knuffiges Krokodil, das singen und tanzen kann, freundet sich mit einer etwas chaotischen Familie an: Fertig ist <i>Lyle - Mein Freund, das Krokodil</i>, ein Wohlfühl-Familienmusicalspaß mit Songs aus der Feder der <i>Greatest Showman</i>-Songwriter Benj Pasek & Justin Paul, unter Mitwirkung von Sänger (und Lyle-Originalstimme) Shawn Mendes. Ein harmloser, angenehmer Film, dessen Songs mir jedoch zumeist zu selbstständig-poppig sind. Als wären die potentiellen Spotify-Abrufzahlen wichtiger gewesen als ihre Integration in die Storyline. <i>Rip up the Recipe</i> ist die güldene Ausnahme (und im Film noch länger und pfiffiger als der obige Clip): Lyle bricht das Eis zur verschreckten Mutter des Hauses, indem er sie anregt, ihre Liebe zur Koch- und Backkunst wiederzufinden und abseits der Küche frohen, munteren Hobbys nachzugehen. Ein Sonnenstrahl von einer Szene!</p><p style="text-align: left;"><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/FM3sOQK-G6E" title="YouTube video player" width="560"></iframe></p><p style="text-align: center;"><b>Platz 7: <i>Allein Allein</i> aus <i>Träume sind wie wilde Tiger</i></b></p><p style="text-align: left;">Nach <i>Einsamkeit und Sex und Mitleid</i> geht Lars Montag rüber ins Familienkino und inszeniert eine bunte Musicalkomödie voller Songs des <i>Bibi & Tina</i>-Teams Peter Plate & Ulf Leo Sommer. Der Ohrwurm <i>Das Leben ist wie Mathematik</i>, die Musiksehnsuchtsnummer <i>Wenn ich sing</i> und der Titelsong <i>Träume sind wie wilde Tiger </i>blieben mir in Erinnerung. Doch <i>Allein Allein</i> ist die für mich beste Kombination aus Lied und dazugehöriger Szene (die im Film auch wieder länger geht als der obige Clip). Mit Michel-Gondry-Touch sehen wir unsere Hauptfigur Ranji beim Musikvideodreh. Kreativ, verspielt, einfach hübsch: Noch ein Sonnenstrahl von einer Szene!</p><p style="text-align: left;"><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/RvmYLZP12jk" title="YouTube video player" width="560"></iframe></p><p style="text-align: center;"><b>Platz 6: <i>Clown Café</i> aus<i> Terrifier 2</i></b></p><p style="text-align: left;">Apropos froh und munter: <i>Terrifier 2</i>! Der absurde 139 Minuten lange, in feister Mitternachts-Sonderschiene-Logik operierende Slasher pausiert das Morden und Quälen für eine Traumsequenz, die zugleich mehrere Funktionen erfüllt. Sie diente zumindest mir als Irreführung, weil ich überzeugt war, dass sie jeden weiteren Kill des Films bitter-ironisch vorbereitet, was nicht in der von mir erwarteten Weise erfolgte. Sie bereitete aber sehr wohl spätere narrative Entwicklungen vor. Und sie gibt Regisseur Damien Leone ein Sprungbrett, um in diesem XXL-Schundkinoexzess sein Publikum minutenlang zu trollen. Naja, nicht sein komplettes Publikum, denn so Dödel wie ich sitzen fröhlich wippend vor der Kinder-TV-Gesang-Hommage und grinsen sich wund, statt sich zu wundern, geschweige denn zu langweilen. Für mich eine der Top-3-Szenen in diesem Film, der schon ganz allein ein knackiges Grindhouse-Double-Feature ergibt.</p>
<iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/r7ysW4hZJ2M" title="YouTube video player" width="560"></iframe>
<p style="text-align: center;"><b>Platz 5: <i>Someone to Say </i>aus <i><a href="https://www.filmstarts.de/nachrichten/18541179.html" target="_blank">Cyrano</a></i></b></p><p style="text-align: left;">Wunderschöne Kostüme, bildhübsche Schauplätze und betörend-schmachtende Figuren: Joe Wrights <i>Cyrano</i> ist eine liebevolle Adaption des oft kopierten, adaptierten und neu interpretierten <i>Cyrano de Bergerac</i>-Stücks. Leider, leider, leider zündet bei mir nur selten die Musik, was in einem Musical nicht gerade ideal ist. Mit seinem verträumten Tanz durch Unmengen an Statist:innen und Drehorten, die UNESCO-Welterbe sind, ist <i>Someone to Say</i> trotzdem eine fabelhafte Szene. So fabelhaft, dass ich zwischendrin glatt vergesse, wie wenig mich der Song beeindruckt, und einfach nur mitschwärme.</p><p style="text-align: left;"><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/OsU0CGZoV8E" title="YouTube video player" width="560"></iframe></p><p style="text-align: center;"><b>Platz 4: <i>Naatu Naatu</i> aus<i> RRR</i></b></p><p style="text-align: left;">Die zumindest in meinen filmaffinen Sphären am meisten hochgejubelte Musikeinlage des Filmjahres ist ein kräftiger Endorphinstoß mit einer einprägsamen Choreografie. Die drei Rs des Films, die Hauptdarsteller Rama Rao und Ram Charan sowie Regisseur S. S. Rajamouli, toben sich hier munter aus. Und daher gönne ich <i>Naatu Naatu</i> seinen Jubel. Aber er lässt mich auch etwas verwundert zurück, denn es ist für mich einfach "nur" eine <i>echt </i>gute Musik-und-Tanz-Einlage (lasst euch von meinem Begleittext zu Rang 5 nicht in die Irre führen, diese Top 10 lässt mein Filmherz höher schlagen, da ist Platz vier kein Trostpreis). Es ist für mich nicht, wie gemeinhin getan wird, ein positiver WTF?!-Moment, ein cineastischer Triumph oder gar die beste Filmsequenz des Jahrtausends. Naja, lieber verwunderlich viel Liebe, als dass onlinefilmdiskurstypisch alles übertrieben verrissen wird. Schmeißt das Genörgel über Bord und<i> let's dance</i>!</p><p style="text-align: left;"><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/42ytb7xc2ko" title="YouTube video player" width="560"></iframe></p><p style="text-align: center;"><b>Platz 3: <i>Anders ist gut</i> aus <i><a href="https://www.sdb-film.de/2022/07/bibi-tina-einfach-anders.html" target="_blank">Bibi & Tina: Einfach anders</a></i></b></p><p style="text-align: left;">Es gibt sie, diese Sequenzen, in denen ein nicht für den Film geschriebenes Lied durch geschickten Einsatz einen Film aufwertet und so sehr mit ihm verschmilzt, dass man schwören könnte, der Song sei für ihn geschrieben worden. <i>Singin' in the Rain</i> etwa wurde nicht für <i>Singin' in the Rain</i> verfasst, dennoch ist es der Einsatz in dieser Regiearbeit von Gene Kelly und Stanley Donen, der aus dem Musicallied einen Evergreen gemacht und den Film entscheidend mitgeprägt hat.</p><p style="text-align: left;">Nun mag es vermessen klingen, <i>Anders ist gut</i> respektive <i>Bibi & Tina: Einfach anders</i> mit <i>Singin' in the Rain</i> zu vergleichen, dennoch greifen ähnliche Argumente, selbst wenn in einer anderen Güteklasse: Das Lied <i>Anders ist gut</i> von Ulf Leo Sommer und Peter Plate wurde zuerst von Schlagersängerin Michelle veröffentlicht, ist in dieser Fassung aber diplomatisch gesagt nicht mein Fall. Die vom <i>Bibi & Tina: Einfach anders</i>-Cast eingesungene Version wiederum rundet (in einem Film voller Originalkompositionen) das kunterbunte, lebensfrohe Familienmusical nicht bloß thematisch ab. Sie klingt auch wenigerschmalzig, überzeugt mehr als ehrlich-munteres Lied über Selbstbewusstsein, Individualität und Zusammenhalt, und pusht somit den Film insgesamt noch einmal kurz vor Schluss. Simpel, aber effektiv.</p><p style="text-align: left;">Notiz am Rand: Auch die Originalsongs aus <i>Einfach anders</i> haben es mir nahezu durchweg angetan. <i><a href="https://www.youtube.com/watch?v=aLiCUDmv_QQ" target="_blank">Hallo Hallo</a> </i>ist ein absoluter Ohrwurm und die dazugehörige Szene buckscher Zuckerschock der Extraklasse (und war nach meinem ersten Anschauen des Films mein Favorit unter den Originalsongs), <i><a href="https://www.youtube.com/watch?v=3IoXCINpUMY">Bisschen kuscheln</a></i> selbstironisch-und-dennoch-nicht-selbstdementierend harmonisch, <i><a href="https://www.youtube.com/watch?v=AZUf4IePgO0" target="_blank">Nein Danke</a></i> ein wundervoller Unfug-Protestsong (und nach Runde zwei mein Liebling), <i><a href="https://www.youtube.com/watch?v=qF5Ws7T0gMM" target="_blank">Baby</a></i> eine pfiffige Parodie selbstzentrischer Prahlsongs (wie sie nunmehr gerne bei der Teenie-Zielgruppe viral gehen), <i><a href="https://www.youtube.com/watch?v=j09KtWdVlvs" target="_blank">Lass es Kartoffeln regnen</a></i> spricht wohl für sich, <i><a href="https://www.youtube.com/watch?v=JRs_gfbe-D0" target="_blank">Liebe muss fliegen</a></i> wirkt als Szene etwas gedrosselt (da wäre in Teil eins bis drei sicher mehr bei rausgesprungen), ist aber als Lied ein weiterer Ohrwurm, und<i> <a href="https://www.youtube.com/watch?v=ImJ91eGk9CU" target="_blank">V. Arscher</a></i> ist im Moment mein Favorit unter den Originalsongs.</p><p style="text-align: left;"><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/hH-kUCX-vkA" title="YouTube video player" width="560"></iframe></p><p style="text-align: center;"><b>Platz 2: <i>Alien Invasion</i> aus <i><a href="https://www.sdb-film.de/2022/07/z-o-m-b-i-e-s-3.html" target="_blank">Z-O-M-B-I-E-S 3</a></i></b></p><p style="text-align: left;">Das Finale der Disney-Musical-Trilogie <i>Z-O-M-B-I-E-S</i> ist wohl meine filmische Enttäuschung des Jahres: Gemessen an meinen Hoffnungen und Erwartungen hat mich die neuste Geschichte von Cheerleader-Mädchen Meg und Zombie-Quarterback Zed sehr ernüchtert zurückgelassen. <i>Z-O-M-B-I-E-S 3</i> ist in meinen Augen keine Graupe, jedoch verzettelt er sich wiederholt und teilt sich seine Energien hinsichtlich Dramatik, Hibbeligkeit und Humor sehr ungleichmäßig ein. <br /></p><p style="text-align: left;">Doch der Filmbeginn ist mir prägnant in Erinnerung geblieben, inklusive des den Plot in Gang setzenden Songs <i>Alien Invasion</i>. Während dieser Nummer wurden bei mir Hoffnungen wach, Disney ließe Regisseur Paul Hoen von der Leine und gestatte ihm, quasi ein Disney-<i>Repo! The Genetic Opera</i> raushauen: Laut, schrill, sozusagen poppig-opernhaft beginnt <i>Z-O-M-B-I-E-S 3</i> als EDM-Disney-Pop-Familienmusical, das sich mit beiden Händen an der Ikonografie von Genre-Comics, 50er-Sci-Fi und 30er/40er-Gruselfilmen bedient, gefiltert durch kinderfreundliche Kaugummiverpackung-Grafik, angereichert mit Selbstironie und mindestens einen Dreiviertelliter Energy Drink. Vielleicht traut sich Disney eines Tages, einen Film zu machen, der durchweg die Power dieser Musicaleinlage aufrecht erhält. Ich wäre Fan, ach was, Überfan!<br /></p><p style="text-align: left;">Die weiteren Songs des Films sind stellenweise Mitgrund, weshalb <i>Z-O-M-B-I-E-S 3</i> als Film nicht höher in meiner Gunst steht, aber <i><a href="https://www.youtube.com/watch?v=q_aMON7vwdk" target="_blank">Ain't No Doubt About It</a></i> ist als Song und Szene schön-neckischer Disney-Teenie-Camp</p><p style="text-align: left;"><iframe allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/EzPZ9VCCRmU" title="YouTube video player" width="560"></iframe></p><p style="text-align: center;"><b>Platz 1: <i>Revolting Children</i> aus <i><a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/280880/kritik.html" target="_blank">Roald Dahls Matilda - Das Musical</a></i></b></p><p style="text-align: left;"></p><p><i>Pride</i>-Regisseur Matthew Warchus inszenierte am Londoner West End eine ungeheuerlich erfolgreiche und vielfach prämierte Bühnen-Musicalfassung von <i>Matilda</i>, dieses Jahr brachte er das Theaterstück auf die Leinwand (etwa in Großbritannien), respektive direkt zu Netflix (etwa in Deutschland). Dabei herausgekommen ist ein kreativer Film, der seine Vorlage und dessen Vorlage respektiert, sich jedoch nicht zwanghaft an ihnen klammert, sondern wiederholt eigene Wege geht, um sich seinem Medium anzupassen. Zwar finde ich<i> </i>Warchus'<i> Roald Dahls Matilda</i> <i>- Das Musical </i>ein wenig überdehnt, trotzdem ist es ein einfalls- und energiereicher Film mit starkem Cast und zahlreichen denkwürdigen Nummern</p><p>Die Szene des Films schlechthin ist für mich die vorletzte Gesangs- und Tanzeinlage, das befreiende und kraftvolle <i>Revolting Children</i>, in dem die unterjochten Schüler:innen geschlossen aufbegehren und singend, tanzend, revoltierend für ihr Recht einstehen, jung, wild und experimentierfreudig zu sein.</p><p>Warchus warf den gesamten Film über die Bühnenchoreografie aus dem Fenster, um die Lieder aus dem Bühnenstück reif für die Kamera zu machen, und für die <i>Revolting Children</i>-Sequenz <a href="https://variety.com/2022/artisans/features/maltilda-the-musical-red-hat-girl-dance-tiktok-1235453115/#!" target="_blank">hatte seine Choreografin Ellen Kane zwei Wünsche</a>. Erstens: Der mit 300 (!) Tänzer:innen gedrehte Aufstand der Kinder sollte gleichberechtigt von einem Jungen und einem Mädchen angeführt werden. Zweitens: Die ganze Szene sollte sich so anfühlen, als würde ein Staudamm brechen und daraufhin eine Flut die Schule überrollen. Warchus folgte Kanes Wunsch und so schufen sie die beste Musicalszene des Jahres, mit großem Abstand! </p><p>Die Tanzschritte und akrobatischen Einlagen sind atemberaubend, die Kamera hält mit den losgelösten Kindern Schritt, gleichzeitig sorgt ein vergleichsweise gezügelter Schnitt dafür, dass wir das Spektakel auf uns wirken lassen können, es uns förmlich wegspült, statt dass es ein Schnittgewitter davon ablenkt. Der temporeiche, beschwingte und ebenso gewitzte wie triumphal-aufstachelnd Song entwickelt daher förmlich Signalwirkung, ist die Krönung des vorangegangenen Films und führt einen Großteil der Geschichte zu einem emotional höchst befriedigenden Abschluss.</p><p>Und ja, <a href="https://www.rollingstone.com/culture/culture-news/red-beret-girl-tiktok-matilda-musical-1234641473/" target="_blank">die Sequenz hat Meesha Garbett zur TikTok-Ikone</a> gemacht, aber im Gegensatz zu <a href="https://www.filmstarts.de/nachrichten/18544804.html" target="_blank">gewissen</a> anderen <a href="https://www.filmstarts.de/nachrichten/18542099.html" target="_blank">TikTok-Ereignissen</a> 2022 mit Filmbezug lässt mich das nicht ratlos zurück. Im Gegenteil: Garbett haut hier eine wuchtige Performance raus und gibt der Sequenz einen zusätzlichen Pepp. Dass sie via TikTok Millionen von (oft jungen) Menschen ordentlich einheizt, sei ihr vergönnt und bestätigt die Wirkung dieser Szene. <i>Revolting Children - </i>das Highlight des Films, ein Highlight des Filmjahres 2022 und ich wage die Prognose: Ein filmischer Höhepunkt, der noch lange nachwirken wird!</p><p></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-35308016398440605472022-12-28T01:12:00.003+01:002022-12-28T01:14:37.646+01:00Die schlechtesten Filme 2022<p>Immer mehr Filmschaffende und Mitglieder der Filmpresse lassen kein gutes Haar an Floplisten. Nachvollziehbar, denn seit popkulturelle Diskussionen in den sozialen Netzwerken im Sekundentakt in Geschrei und Gebrüll ausarten, ist der Diskurs über Kunst, Unterhaltung und unterhaltende Kunst verpestet. Dennoch halte ich vorerst an meiner hier Tradition des negativen Jahresrückblicks fest.</p><p>Einfach, weil ich es wertvoll finde, als Gegengewicht zu meinen filmverliebten Texten und Rankings in Erinnerung zu rufen, bei welchen Filmen ich ratlos oder gar grantig zurückgeblieben bin. Es braucht ja Schatten, um das Licht zu würdigen; wer nur lobt, dem glaub man's irgendwann nicht; yada yada. Man muss dabei ja nicht übermäßig beleidigend werden. Es geht darum, das Bild zu vervollständigen.</p><p>Und vielleicht, aber nur vielleicht, findet ihr in dieser Hitliste sogar Titel, auf die ihr neugierig werdet, weil ihr erahnt, sie mehr zu mögen als ich?</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiA0sZHyMsBQ5jYSA2NvZ1SM0Z1uFt98NuHv6G_BDlIuS64r1spAD1zhqpEVa6sLmynnkJWP4S2VXBf_eLGBIpUf5WMMdcmETHt48WKdVMnYMFBNuhnX1p16zvGfNLc87Lm7bt-jahBlfCLLemM7OVTxSp_i0lz3313DgBWtNrjwNbqyQ77YL1OLsdvoQ/s1113/10a.png" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="599" data-original-width="1113" height="215" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiA0sZHyMsBQ5jYSA2NvZ1SM0Z1uFt98NuHv6G_BDlIuS64r1spAD1zhqpEVa6sLmynnkJWP4S2VXBf_eLGBIpUf5WMMdcmETHt48WKdVMnYMFBNuhnX1p16zvGfNLc87Lm7bt-jahBlfCLLemM7OVTxSp_i0lz3313DgBWtNrjwNbqyQ77YL1OLsdvoQ/w400-h215/10a.png" width="400" /></a></div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><br /><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiIozR1a86HJbGna8iX1NpS-f0btUgjMqD6Ea7y64xRpZSNsCH4dU3ZO7GKWlgxywj91qyRtbXYKfXef4c0mNb7RdIZWaGY3Ec4nQJmghaBa8yfb9C18tTSjdGLNPCRnLWGAPcDb_bzJuoR_19EWxLEEUwtixb2yLuN2qi04wUYU8Ew97wDkdZi4qgSHw/s755/10b.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="569" data-original-width="755" height="301" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiIozR1a86HJbGna8iX1NpS-f0btUgjMqD6Ea7y64xRpZSNsCH4dU3ZO7GKWlgxywj91qyRtbXYKfXef4c0mNb7RdIZWaGY3Ec4nQJmghaBa8yfb9C18tTSjdGLNPCRnLWGAPcDb_bzJuoR_19EWxLEEUwtixb2yLuN2qi04wUYU8Ew97wDkdZi4qgSHw/w400-h301/10b.jpg" width="400" /></a></div></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 10: <a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/230021/kritik.html" target="_blank"><i>Hocus Pocus 2</i></a> (Regie: Anne Fletcher) und <i>Das Versteck</i> (Regie: Pascual Sisto)</b></p><p style="text-align: left;">Eröffnen möchte ich die Retrospektive der negativen Filmgefühle mit einem ungleichen Doppel: Ich liebe <i>Hocus Pocus</i> und bin mit meinem Kaufverhalten sozusagen Mitschuld daran, dass es einen zweiten Teil gibt. Doch beim Anblick von <i>Hocus Pocus 2</i> habe ich mich gefühlt, wie ich mir vorstelle, was in denjenigen vorgegangen sein muss, die dem Original damals Verrisse verpasst haben:<br />Ich fand die jugendlichen Figuren weitestgehend egal, das Drehbuch zäh und unlustig und den Look des Sequels schäbig. Es hat zwar eine meiner liebsten Musikeinlagen des Filmjahres, aber sie überschattet den gesamten Rest des Films, dem einfach die Kenny-Ortega-Campiness fehlt.</p><p style="text-align: left;">Bei diesem Sequel bin ich überzeugt: Es ist <i>sein</i> Problem. Ich glaube, dass das zentrale Hexen-Trio engagiert war, in seiner Gesamtheit wirkt die Fortsetzung auf mich aber wie etwas, das mit der Haltung "Disney+ braucht einen neuen Exklusivfilm, hier, hau mal was raus" angegangen wurde. Ich war ein einfaches Ziel für diesen Film, und dennoch hat er meilenweit an mir vorbeigeschossen.<br /><br /><i>Das Versteck </i>habe ich bereits 2021 unter dem Originaltitel <i>John and the Hole</i> im Rahmen des Fantasy Filmfests auf der großen Leinwand gesehen, und ich habe mich im anschließenden Gespräch mit anderen Besucher*innen wie im falschen Film gefühlt: Ich fand die Geschichte eines Teenagers, der seine Familie in einer Grube im benachbarten Wald gefangen hält, gähnend langweilig, affektiert gespielt und so tiefgreifend wie die Eintrittskarte, die ich für ihn gelöst habe.</p><p style="text-align: left;">Aber alle, mit denen ich sprach, waren begeistert. Und auch <a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/283759/kritik.html" target="_blank">mein geschätzter Filmstarts-Kollege Oliver Kube</a> hat eine schön geschriebene Lobesrede auf den Film verfasst, die mich an mir zweifeln lässt. Habe ich denselben Film gesehen? Es muss ein "Ich-Problem" sein, <i>ich</i> bin unfähig, die richtige Wellenlänge für diesen Film zu finden. Trotzdem hat mich dieser metaphorische Thriller so genervt, es wäre verlogen gewesen, ihn aus meiner Flopliste rauszuhalten. Ihr da draußen, derweil: Hört eher auf Oliver als auf mich.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjkELOPOdXcJj5HBfFVQ7GknNfsJ6bFM4fUxtzfS_oNcNPBnueCk-cSAwiHfxs4M3SjasxrjHZPZXvVc4TtWDcVF9vsz5YdPZfABXveffw6DmMx3rdlpeLML_amD4IEoSSNMAOlVCNwnXlzPZb0EKPZp9mkxDO4RouiHK2XogVFI-JsNLfLvP5b87O7Iw/s2362/Liebesdings.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1574" data-original-width="2362" height="266" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjkELOPOdXcJj5HBfFVQ7GknNfsJ6bFM4fUxtzfS_oNcNPBnueCk-cSAwiHfxs4M3SjasxrjHZPZXvVc4TtWDcVF9vsz5YdPZfABXveffw6DmMx3rdlpeLML_amD4IEoSSNMAOlVCNwnXlzPZb0EKPZp9mkxDO4RouiHK2XogVFI-JsNLfLvP5b87O7Iw/w400-h266/Liebesdings.jpg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 9: <i>Liebesdings</i> (Regie: Anika Decker)</b></p><p style="text-align: left;">Ich drücke Anika Decker die Daumen. Ihr Regiedebüt <i>Traumfrauen</i> ist kurzweilig, ihre Verwechslungskomödie <i>High Society</i> hat mir Spaß gemacht und als Drehbuchautorin verhalf sie sowohl Til Schweiger (<i>Keinohrhasen, Zweiohrküken</i>) als auch Detlev Buck (<i>Rubbeldiekatz</i>) und Karoline Herfurth (<i>SMS für Dich</i>) zu gelungenen Erfolgen. Daher erklärte ich mir die unlustigen Trailer für <i>Liebesdings</i> als Auswüchse eines mies geleiteten Marketings. Dann habe ich den Film gesehen und einer meiner ersten Gedanken war: "Oh, das Marketing war ja noch schmeichelhaft."</p><p style="text-align: left;"><br />Es liegt nicht am Ensemble. Lucie Heinze findet in der Rolle einer feministischen Komikerin eine gute Balance aus quirlig und bodenständig. Denis Moschitto, Peri Baumeister und Alexandra Maria Lara werten praktisch jeden Film auf, in dem sie aufkreuzen. Und Elyas M'Barek habe ich die Rolle eines von der Presse genervten Schauspielers ohne jeden Hauch eines Zweifels abgekauft.</p><p style="text-align: left;"><br />Und <i>Liebesdings</i> hat Momente, die zünden. Etwa, wenn der wie ein Blutsauger gekleidete "Reporter" eines hetzerischen Boulevardblattes, das frappierend an ein reales, leider erfolgreiches Schmierenblatt erinnert, in der Kotze eines Stars rumwühlt, um eine Schlagzeile zu forcieren. Aber: Den Großteil von <i>Liebesdings</i> finde ich einfach stumpf.</p><p style="text-align: left;">Die Dialoge hören sich an wie Platzhalter in einem First Draft, die noch durch geschliffenere Umformulierungen ersetzt werden müssen. Monologe über queere, feministische oder anti-rassistische Belange kommen hier den Figuren nicht authentisch, raffiniert oder peppig von den Lippen, sondern klingen so, wie sich Mario Barth oder Dieter Nuhr wohl fälschlicherweise vorstellen, wie das Stand-up in der <i>Die Caroline Kebekus Show </i>sein könnte. Die Liebesgeschichte in diesem Film zündet nicht, die Figurenentwicklung ist irritierend-sprunghaft.</p><p style="text-align: left;">Alles in allem wirkt <i>Liebesdings</i> so, als hätte Bora Dagtekin im <i>Das perfekte Geheimnis</i>-Mindset anonym Reshoots bewerkstelligt und so Decker ihren Film weggenommen. Mich würde brennend ein ehrliches Making of dieser Komödie interessieren, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass sie Deckers ursprüngliche Vision abbildet. Falls doch: Naja, wir alle haben mal ein Formtief. Nächstes Mal sitze ich wieder erwartungsvoll im Kino.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgdv4EkCjetN9rP0wjOVztNqocdVrob6M3MUoz2ypRActmsm-9Ex4dSEkWSIUMQrGWsX9crGqpmHcKk0DbQw1Dk6eiCyHK78XiOMIZ-WIzae-Tio5vuuk6lKF3UO_KdHTKOxoKl0igRcxRQ-gjRhoQYqWSLH3Sd6sGdllili8n8DJelhKKGTA-KwVFWeA/s1205/lohan.png" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="611" data-original-width="1205" height="203" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgdv4EkCjetN9rP0wjOVztNqocdVrob6M3MUoz2ypRActmsm-9Ex4dSEkWSIUMQrGWsX9crGqpmHcKk0DbQw1Dk6eiCyHK78XiOMIZ-WIzae-Tio5vuuk6lKF3UO_KdHTKOxoKl0igRcxRQ-gjRhoQYqWSLH3Sd6sGdllili8n8DJelhKKGTA-KwVFWeA/w400-h203/lohan.png" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 8: <a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/293024/kritik.html" target="_blank"><i>Falling for Christmas</i></a> (Regie: Janeen Damian)</b></p><p style="text-align: left;">Ich habe Sympathie für Lindsay Lohan übrig und angesichts dessen, wie gut sie spielen kann, wenn sie in der Spur ist und das richtige Projekt gefunden hat, gönne ich ihr ein Comeback. Doch <i>Falling for Christmas</i> ist gleichzeitig ein Schritt nach vorne und ein Schritt zurück: Verkrampft inszeniert, klischee- und sprunghaft geschrieben und von mehreren ihrer Co-Stars mies gespielt, kann Lohan aus diesem Netflix-Weihnachtskitsch unmöglich eine Karrierte-Trumpfkarte formen.</p><p style="text-align: left;">Aber sowohl die Kernzielgruppe dieser Wohlfühl-Sinnlosfilme als auch die für die Memes und ironische Freude am Unfug hereinschauenden Nasen sind wohlwollend genug, um Lohan diesen Film nicht vorzuwerfen. Das macht <i>Falling for Christmas</i> trotzdem nicht besser. Aber irgendwo zwischen den miesen Witzen und übertriebenen Gefühlsschwankungen beweist Lohan charmante Selbstironie. <i>Good for her</i>.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgWUOAtAs0OTn__IwbhYH_8aKi4Bm_h0SwIt9nK7mlvLqqCsezXp1nzJgc2n6v1THdcyi0e3Giiv8wXDoGrvwlWjpOAobR5XZ9Kk7cDnCY1KY__fXOYcLPn1kqkRcYoSIRcfmFiEom8Z_S-OJeK7inFX5RpPWWhQcEidzPROcRYGMrm5eoYUD-o3YfSaA/s810/buckwild.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="441" data-original-width="810" height="217" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgWUOAtAs0OTn__IwbhYH_8aKi4Bm_h0SwIt9nK7mlvLqqCsezXp1nzJgc2n6v1THdcyi0e3Giiv8wXDoGrvwlWjpOAobR5XZ9Kk7cDnCY1KY__fXOYcLPn1kqkRcYoSIRcfmFiEom8Z_S-OJeK7inFX5RpPWWhQcEidzPROcRYGMrm5eoYUD-o3YfSaA/w400-h217/buckwild.jpg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 7: <i><a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/298444/kritik.html" target="_blank">Ice Age - Die Abenteuer von Buck Wild</a></i> (Regie: John C. Donkin)</b></p><p style="text-align: left;">Animationen, die teilweise auf dem Niveau von Samstagmorgen-Computeranimationsserien vergangener Tage liegen, und viel, viel Leerlauf: Der direkt auf Disney+ rausgehauene <i>Ice Age</i>-Nachklapp <i>Die Abenteuer von Buck Wild</i> ist lieblos, träge und kalt kalkuliert. Donkin und sein Team trifft dabei längst nicht der Großteil der Schuld, wurde dieses Projekt doch einst als Serie entwickelt und nach einer entsprechenden Ankündigung unentwegt klein geschrumpft, bis nur noch ein mickriges Team an ihm tüftelte, das viel zu wenig Arbeitskraft hatte, um ein CG-Projekt in Spielfilmlänge zu stemmen, das versucht, visuell an das <i>Ice Age</i>-Erbe anzuknüpfen. In Sachen Budget wird es nicht anders gewesen sein, und wer könnte unter diesen Umständen schon kreativ aus den vollen Schöpfen?</p><p style="text-align: left;">Einen Trost gibt es allerdings: Nach <i>Die Abenteuer von Buck Wild</i> erschien mit der Kurzfilmsammlung <i>Ice Age: Scrats Abenteuer</i> noch ein <i>Ice Age</i>-Projekt auf Disney+. Und die kompakten Geschichten sind nicht nur viel besser animiert, sondern dienten der Belegschaft von Blue Sky Studios als Abschiedsvorstellung. Mit Passion und Witz zeigen sich Studio und Filmreihe darin noch einmal in Top-Form. Ich gebe zu, ich hatte nicht nur viel zu lachen, sondern gen Schluss auch aufgrund dieser außenstehenden Faktoren feuchte Augen. Ich war nie der größte <i>Ice Age</i>-Fan, aber in seinen besten Momenten war das Franchise sehr vergnüglich. Und Blue Sky hatte es nicht verdient, als Opfer der Disney/Fox-Übernahme einfach so gekillt zu werden.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEilfNLgXo-FI6XNQIHkRDv9fv9Qc8Jbkw4XmTsh-2STP42phyql74eByXGpfoplgQGIxoUeKe3Qzh6TDB7VHtbVKwVGaZbRd1KxG48REKHkUadETHGm_s4VmTQFH0_VbrDX8cGPehg8esOprHYcAdbrF78kfHXAb7mwArqspZj9tcTGVTfQ57x5HLw6Pw/s1280/13.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="720" data-original-width="1280" height="225" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEilfNLgXo-FI6XNQIHkRDv9fv9Qc8Jbkw4XmTsh-2STP42phyql74eByXGpfoplgQGIxoUeKe3Qzh6TDB7VHtbVKwVGaZbRd1KxG48REKHkUadETHGm_s4VmTQFH0_VbrDX8cGPehg8esOprHYcAdbrF78kfHXAb7mwArqspZj9tcTGVTfQ57x5HLw6Pw/w400-h225/13.jpg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 6: <i>13 Fanboy</i> (Regie: Deborah Voorhees)</b></p><p style="text-align: left;"><i>13 Fanboy</i> versucht, ein inoffizielles <i>Wes Craven's New Nightmare</i> für die <i>Freitag, der 13.</i>-Reihe zu sein: In diesem Meta-Slasher, inszeniert von einer früheren Darstellerin des Franchises, die ironischerweise und tatsächlich Deborah Voorhees heißt, jagt ein maskierter Killer frühere Darstellerinnen der <i>Freitag, der 13</i>.-Reihe. Einzelne Sequenzen in dieser Jason-Voorhees-Hommage sind für einen Direct-to-Video-Schlitzer ganz passabel konstruiert, etwa eine tödlich endende Stunt-Probe. Doch diese wenigen "Och, das ging ja"-Momente trösten nicht über diesen ungeheuerlich hässlich ausgeleuchteten, abartig zäh erzählten Rest dieses Slashers hinweg. </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEilGTJhn7mh98c1REcRKmYHWBWSoge1P7NfF2LkBpeFZ4XgsIZAv3pPkoiEvOWDpIOQqLvk5r5lG3vgrdCQTgcVnJqPiO5HkDQN8qnUlM9hO4m7zJmF_o5e0INFxxDQT6yuvC9g_1XkMiWnW_UhqF4Wwp_aYOe6XPBSr6XfNHM-ZCWvTLdwiwX3RWAtwg/s800/Brain-Freeze.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="445" data-original-width="800" height="223" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEilGTJhn7mh98c1REcRKmYHWBWSoge1P7NfF2LkBpeFZ4XgsIZAv3pPkoiEvOWDpIOQqLvk5r5lG3vgrdCQTgcVnJqPiO5HkDQN8qnUlM9hO4m7zJmF_o5e0INFxxDQT6yuvC9g_1XkMiWnW_UhqF4Wwp_aYOe6XPBSr6XfNHM-ZCWvTLdwiwX3RWAtwg/w400-h223/Brain-Freeze.jpg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 5: <i>Brain Freeze</i> (Regie: Julien Knafo)</b></p><p style="text-align: left;">Ein neuer Turbodünger vergiftet das Wasser in einem geschlossenen, kanadischen Wohnkomplex und verwandelt alle, die es zu sich nehmen, in blutrünstige, zombieähnliche Unholde. Dieser Low-Budget-Partyhorror will mit abstruser Logik und schrillen Figuren ein Vergnügen für die Mitternachtsschiene oder Bier-und-Nacho-Filmabende sein. Gerne, bin ich für zu haben. Aber ich habe mich durch die 91 Filmminuten gequält und war nach ihnen erstaunt, dass es nur 91 Minuten waren. Es fühlte sich an wie eine gesamte Staffel einer belanglosen, lustig gemeinten, drögen Miniserie.</p><p style="text-align: left;">Die guten Gags sind rarer gesät als in einem Mario-Barth-Instagram-Live-Rant, Spannung ist non-existent und die Gewaltspitzen sind matschiges Effektchaos, wenn sie denn irgendwann mal passieren. Hier könnte man irgendeinen schnippischen Spruch über Hirnfrost einsetzen, wäre dies eine Flopliste nach alter Schule. </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhSTUCWI3aVbkswIQdDDubXXcTBnnzrjQf54MowD5_8dnaorVzjmOWGkqW60eoLHTWBx6oi-Sce4-W68c0RwWaQNK6KviP8ISAu7DR18B9_LwuKYXpe3wL5IBRtXf8Nj3M3krUXIjSe2qOZgeMJjDhIyVl6FwHeIJuC-qwRo6U9on8JKbHEYk0VCG95Mw/s724/mantoronto.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="382" data-original-width="724" height="211" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhSTUCWI3aVbkswIQdDDubXXcTBnnzrjQf54MowD5_8dnaorVzjmOWGkqW60eoLHTWBx6oi-Sce4-W68c0RwWaQNK6KviP8ISAu7DR18B9_LwuKYXpe3wL5IBRtXf8Nj3M3krUXIjSe2qOZgeMJjDhIyVl6FwHeIJuC-qwRo6U9on8JKbHEYk0VCG95Mw/w400-h211/mantoronto.jpg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 4: <i><a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/280718/kritik.html" target="_blank">The Man from Toronto</a></i> (Regie: Patrick Hughes)</b></p><p style="text-align: left;">Sechs Wochen vor Drehstart verließ Jason Statham abrupt <i>The Man from Toronto</i>, laut Berichten des Branchenblogs <i>Deadline Hollywood</i>, weil ihm die eingeschlagene Richtung der Verwechslungs-Actionkomödie missfiel. Hastig wurde Woody Harrelson als Ersatz herangekarrt und so gut den Verantwortlichen möglich auf Statham-Look gestylt. All das ist zehntausendfach spannender als der eigentliche Film, der mit plumper Action, einem stumpf um die Gewaltspitzen herumtänzelndem Schnitt und haarsträubend-lustloser Charakterzeichnung langweilt.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgMilRM82W87fyEmczehI19HC8NaSQgr-YH2hT_JWchwJfXvFcLqHXA6sVxLKyArMq0leK9ViKlUDf_mUVz6wuMVo02Z3n0R3JA2LE5421r-WMZO9txQdseHzy0lqaI91q5alNc7Is1djmHdupXyX0291Mkd_q0Oe9qZIFBoAAFChRf2G9THvL-VMCk5A/s1050/365%203.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="450" data-original-width="1050" height="171" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgMilRM82W87fyEmczehI19HC8NaSQgr-YH2hT_JWchwJfXvFcLqHXA6sVxLKyArMq0leK9ViKlUDf_mUVz6wuMVo02Z3n0R3JA2LE5421r-WMZO9txQdseHzy0lqaI91q5alNc7Is1djmHdupXyX0291Mkd_q0Oe9qZIFBoAAFChRf2G9THvL-VMCk5A/w400-h171/365%203.jpg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 3:<i> 365 Days: Noch ein Tag</i> (Regie: Barbara Białowąs & Tomasz Mandes)</b></p><p style="text-align: left;">Na, erinnert ihr euch an <i>365 Days</i>? Einen dieser Filme, über die Netflix zahlreiche Rekordmeldungen rausgehauen hat und die 2020 für ein paar Wochen großer Streitpunkt in den sozialen Netzwerken war? Die Adaption des ersten Teils einer Erotikromanreihe von Blanka Lipińska war nur der Anfang, auch wenn es vergleichsweise einfach war, das zu versäumen, ließ der Buzz doch von Film zu Film nach! Ich bin aus morbider Neugier allerdings am Ball geblieben, und darf berichten: Das große Finale der Filmtrilogie ist extrem langweilig.</p><p style="text-align: left;">Die Figuren sind in einem paradoxen Irgendwas gefangen zwischen "Sie ändern ihre Ansichten total sprunghaft" und "Aber schlussendlich ändert sich eigentlich nie etwas" (die <i>After</i>-Reihe lässt grüßen), die Popmusik-Einlagen klingen wie schlechte Cover von schlecht abgekupferten Nummern aus der <i>Fifty Shades of Grey</i>-Reihe und der Look ist so passionslos gelackt, dass keine prickelnde Reibung entstehen kann. Und der ganze trashige Sex hat sich hier total abgenutzt, nun werden zumeist unmotiviert Körper aneinander gerieben, ohne irgendwelche Grenzen auszuloten, Figuren damit weiterzuerzählen oder Stimmung zu erzeugen.</p><p style="text-align: left;">Aber eines muss ich Barbara Białowąs & Tomasz Mandes lassen: Sie entwickeln auf der Zielgerade ab und zu Selbstironie, etwa mit einer Traumsequenz, in der sich unsere weibliche Hauptfigur einen Dreier mit den beiden um sie buhlenden Herren herbeiwünscht. Der ist mit einer süffisanten "Komm, hier, das passt noch rein"-Attitüde inszeniert, die ausreichte, um ihn vom Silberrang dieses Countdowns fernzuhalten. </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgYNfbzOrtMtv4W6GAVjcIIZwNvqFURxP22lhQqJQyki9CtPfZKbUbWHtCB52GEV_nm_pbtxu3tYxMie05hYAnAYe7GbZg-qo_VIjLaWeEdBZXmsWU1shStNvxYoxeQCoZSfX0idwjcSVDvWrFDpjIjbLed6Rcn-vKS7MA8znwjaMO1Uv3EHn8VUU1Frw/s1277/2.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="529" data-original-width="1277" height="166" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgYNfbzOrtMtv4W6GAVjcIIZwNvqFURxP22lhQqJQyki9CtPfZKbUbWHtCB52GEV_nm_pbtxu3tYxMie05hYAnAYe7GbZg-qo_VIjLaWeEdBZXmsWU1shStNvxYoxeQCoZSfX0idwjcSVDvWrFDpjIjbLed6Rcn-vKS7MA8znwjaMO1Uv3EHn8VUU1Frw/w400-h166/2.jpg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 2: <a href="https://www.filmstarts.de/kritiken/290651/kritik.html" target="_blank"><i>Jeepers Creepers: Reborn</i></a> (Regie: Timo Vuorensola)</b></p><p style="text-align: left;">Was macht man als Studio, wenn man im Fundus eine Horrorreihe hat, deren Monster zu einer kleinen bis mittelgroßen Ikone des Schreckenskinos der 2000er-Jahre geworden ist, doch mehr und mehr Filmfans erkennen: Oh, diese <i>Jeepers Creepers</i>-Filme wurden von Victor Salva gedreht, der zuvor wegen sexueller Misshandlung eines Minderjährigen im Gefängnis saß. Keine Personalie, die man gerne anfeuert, noch dazu, wenn Salva beispielsweise in Teil drei Szenen einbaut, in denen Figuren mit Sexualstraftätern sympathisieren. Nun, man wirft diesen Mann raus und wagt sich an einem Kann-aber-nicht-muss-Reboot:</p><p style="text-align: left;">In <i>Jeepers Creepers: Reborn</i> werden Handlungspunkte aus den Vorgängern referenziert, allerdings wird auch darüber gesprochen, dass der Creeper eine Filmfigur sei, die auf lokalen Legenden basiert. Da darf sich das Publikum seine eigene Distanz zwischen Teil vier und den vorherigen Filmen herbei interpretieren. Klingt erst einmal nicht nach der allerschlechtesten Idee, und Regisseur Timo Vuorensola hat mit <i>Iron Sky</i> bereits eine schmissige Trash-Hommage verantwortet. Allerdings kam Vuorensola nicht auf <i>Iron Sky</i>-Niveau ans Set, sondern schluderte sich im <i>Iron Sky 2</i>-Stil sonst was zusammen:</p><p style="text-align: left;"><i>Jeepers Creepers: Reborn</i> sieht grässlich aus, der freudlose Score zerstört sämtliche jämmerlichen Reste an Spannung und die Story mäandert konsequenzlos vor sich her. Und der Creeper bekam ein Facelift, das ihm sein Grauen raubt. Einziger Lichtblick in dieser Graupe:</p><p style="text-align: left;">Meine Fast-Namensvetterin Sydney Craven, die in diesem Horrorfilm zwar wiederholt mit übertriebenem Spiel ins Auge sticht. Das halte ich allerdings für ein Versagen ihres schläfrigen Umfelds, denn isoliert betrachtet hat Craven eine spritzig-natürliche Energie, die in einem Projekt, in dem nicht alles um sie herum Murks ist, richtig gut zünden könnte. Ich wünsche ihr eine baldige Gelegenheit, ihren Ruf in bessere Bahnen zu lenken. Und der Creeper hat womöglich einfach ausgedient.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhiYv76NFtGfxPrkriFeLxX-O7H_zvBydNTXDQi-Z3nBDqXJOeSYB4qcVubt6QO-gIq-JcmqEQpDguWLNxY7J1F4D0EXui4Kr6jOwetCRzkLdJKemlWWoyEe-5W-WLZB5euxHjkCw1o41mt04p042J2e5SqBXsZgzyiUxISDUvI3DIHRbPsLwi0I_Hfgw/s615/365%202.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="312" data-original-width="615" height="203" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhiYv76NFtGfxPrkriFeLxX-O7H_zvBydNTXDQi-Z3nBDqXJOeSYB4qcVubt6QO-gIq-JcmqEQpDguWLNxY7J1F4D0EXui4Kr6jOwetCRzkLdJKemlWWoyEe-5W-WLZB5euxHjkCw1o41mt04p042J2e5SqBXsZgzyiUxISDUvI3DIHRbPsLwi0I_Hfgw/w400-h203/365%202.jpg" width="400" /></a></div><p style="text-align: center;"><b>Platz 1: </b><b style="text-align: center;"><i>365 Days: Dieser Tag</i> (Regie: Barbara Białowąs & Tomasz Mandes)</b></p><p style="text-align: left;"><i>365 Days</i> ist Schrott zum Fremdschämen. <i>365 Days: Noch ein Tag</i> ist ein langweiliger, motivationsloser Trilogieabschluss mit einem winzigen, winzigen Funken an "Wir haben nun Narrenfreiheit, oder? Es juckt ja niemanden, was hier abgeht?"-Rebellentum. <i>365 Days: Dieser Tag</i> wiederum ist ein Nichts von einem Film: Die Brücke zwischen dem "Hier, guck mal, wie skandalös wir sind! <i>Shades</i> in fragwürdiger, Hallo, bitte beachtet uns!"-Auftakt und dem weichgespülten Ende hat absolut gar nichts zu sagen, zu erzählen oder zu zeigen.</p><p style="text-align: left;">Szenen beginnen und enden einfach irgendwo, Cliffhanger werden nicht etwa aufgelöst, sondern ignoriert, und die konfusen Twists werden mit einer gähnenden Gleichgültigkeit inszeniert, mit der andere ihre Socken wechseln. <i>365 Days: Dieser Tag </i>ist das, was wohl dabei herauskäme, würde man den Film drehen, den sich die harschesten Verrisse der <i>Fifty Shades</i>-Sequels zusammenspinnen.</p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-60144635723708231372022-11-28T12:12:00.000+01:002022-11-28T12:12:59.777+01:00Strange World<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgrH1cYAeikCSZqgPVI-H3WANqrZ8AroraIvYPYT4rFV9jw0aEeX76gSIfIrqi6dmeYBSSdeitOqlhiXy3zT861f4gDhywWoPlgTbORUhNdsCgXTT0j4pFyohahT_n2MNIsKSkfZ96vK07NIc1KQ5G6HlroRxsQcVvZtx6aI6o40W0HtTlYpGG295rFrg/s1100/strangeworld.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em; text-align: center;"><img border="0" data-original-height="1100" data-original-width="770" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgrH1cYAeikCSZqgPVI-H3WANqrZ8AroraIvYPYT4rFV9jw0aEeX76gSIfIrqi6dmeYBSSdeitOqlhiXy3zT861f4gDhywWoPlgTbORUhNdsCgXTT0j4pFyohahT_n2MNIsKSkfZ96vK07NIc1KQ5G6HlroRxsQcVvZtx6aI6o40W0HtTlYpGG295rFrg/w280-h400/strangeworld.jpg" width="280" /></a></div><p> Als Kirk Wise und Gary Trousdale den Beschluss gefasst haben, nach dem Märchenmusical <i>Die Schöne und das Biest</i> und dem romantisch-dramatischen Musical <i>Der Glöckner von Notre Dame</i> mit <i>Atlantis - Das Geheimnis der verlorenen Stadt </i>einen gezeichneten Action-Abenteuerfilm zu wagen, erklärten sie und ihr Produzent Don Hahn diesen Impuls mit einem <i>Disneyland</i>-Vergleich. Die von Walt Disney moderierte TV-Sendung und der von ihm erschaffene Themenpark sind in mehrere "Länder" unterteilt, die jeweils einem Genre respektive einer Erzähltradition gewidmet sind.</p><p>Während die Disney-Fernsehsendung aufgrund des immensen Erfolgs der Miniserie <i>Davy Crockett</i> gehäuft ins Frontierland wanderte, um auf die heimischen Mattscheiben Western-Geschichten zu werfen, sieht es in der Geschichte der Walt Disney Animation Studios anders aus:</p><p>Würde man die Filmografie des traditionsreichen Disney-Trickstudios in die Logik der <i>Disneyland</i>-Sendung zwängen, während deren Vorspann stets mitgeteilt wurde, in welches Land man heute schlendern wird, oder wie einen Parkbesuch auffassen, so übt ein Land eine überaus dominante Anziehungskraft auf die Studiobosse aus. Das Land direkt hinter dem Schloss. In Don Hahns Worten:</p><p></p><blockquote><p>„Es gibt einen gewaltigen Bereich namens Adventureland im Disneyland, und wir sagten wir uns: Lasst uns einen Abstecher dorthin machen! Wir sind oft genug die Main Street entlang gelaufen und durch das Schloss ins Fantasyland gelangt – diesmal wollten wir die Abzweigung nehmen, nach links ins Adventureland gehen und dort ein bisschen Spaß haben.“</p><p></p></blockquote><p>Leider folgte das zahlende Publikum Hahn, Trousdale und Wise während der Kinoauswertung von <i>Atlantis</i> bloß in überschaubaren Zahlen. Kurz darauf fiel auch <i>Der Schatzplanet</i> auf die Nase. Überhaupt zeigte sich über Jahre hinweg das Kinopublikum zögerlich, animierte Disney-Filme zu würdigen, die nicht ins Fantasyland passen.</p><p>Mittlerweile ist dieser Fluch gebrochen: <i>Atlantis</i> und <i>Der Schatzplanet</i> haben (vor allem unter Millennials) im Heimkino eine mittelgroße, stetig wachsende, sehr innige Fangruppe generiert. Und der dezent futuristische Superheldenfilm <i>Baymax – Riesiges Robowabohu</i>, der wohl am ehesten ins Tomorrowland gehört, wurde sogar zu einem der größten Hits der Walt Disney Animation Studios.</p><p>Insofern ist es nachvollziehbar sowie löblich, dass <i>Der Schatzplanet</i>- und <i>Baymax</i>-Produzent Roy Conli den Mut hatte, ein weiteres Mal das Fantasyland bei Seite zu lassen. Darüber, ob der von ihm produzierte <i>Strange World</i> nun eher ins Adventureland gehört oder in das (teilweise) an Jules Verne angelehnte, Pariser Discoveryland, lässt sich indes streiten. Bedauerlich ist derweil, dass sich bereits jetzt abzeichnet, dass sich die frühen 2000er-Jahre wiederholen:</p><p>Während sich das vergleichsweise überschaubare Echo von <i>Raya und der letzte Drache</i> noch durch die Pandemie erklären ließe, steuert <i>Strange World</i> nun ohne diese Ausrede auf einen ernüchternden Deutschland-Start hin. Die US-Zahlen sind ebenfalls nicht allzu euphorisch, erste Prognosen besagen, dass der Film Disney ein Minus von 100 Millionen Dollar einbringen wird. Zwei Nicht-Fantasyland-Filme mit bedauerlichen Zahlen, recht kurz nacheinander... Kein gutes Signal, dass das Publikum den Walt Disney Animation Studios da sendet. Aber unabhängig davon, wie schade dieses Déjá-vu im Prinzip ist... Wie finde ich eigentlich den Film, mal so ganz praktisch gesprochen?</p><p><b>Drei Abenteuergenerationen, ein anachronistisches Abenteuer</b></p><p>Es hat leider einen Grund, dass ich zunächst auf die ganze Fantasyland/Adventureland-Sache einging, statt direkt mit <i>Strange World</i> einzusteigen. Denn zumindest nach einmaligem Anschauen finde ich seine Position in der Disney-Filmgeschichte und die Wiederholung vergangener Publikumsreaktionen spannender und bedeutungsvoller als den Film selbst. Womit ich <i>Strange World</i> jedoch nicht absprechen will, Qualitäten zu haben. Regisseur Don Hall (inszenierte <i>Winnie Puuh</i>, verfasste unter anderem <i>Mulan</i> und <i>Ein Königreich für ein Lama</i>) und Autor/Ko-Regisseur (wirkte am Drehbuch von <i>Raya und der letzte Drache</i> mit) haben gute Ideen. Bedauerlicherweise ist deren Umsetzung zu oft lau, als dass diese Ideen oft genug reifen und aufblühen könnten.</p><p>Der wagemutige Entdecker Jaeger Clade und sein Sohn Searcher wollen die Welt erkunden und Wege finden, ihr kriselndes Heimatreich Avalonia zu stärken. Als sie während einer Expedition eine Elektrizität ausstoßende Pflanze entdecken, streiten sie sich: Searcher will mit der Pflanze heimkehren und Avalonia in eine neue Ära leiten, Jaeger will sich weiter durch die unüberwindbaren Berge kämpfen. Ihre Wege trennen sich. 25 Jahre später ist Avalonia ein utopisches Land, dessen Versorgung auf der von Searcher entdeckten und nun von ihm und seiner taffen Frau Meridian im großen Stil angebauten Pflanze fußt. Als immer mehr dieser Pflanzen verfaulen, müssen Searcher, Meridian und ihr gemeinsamer Sohn Ethan tief ins Innere der ihnen bekannten Welt vordringen, um der Sache auf dem Grund zu gehen...</p><p>Jules Verne trifft Kino-Serials, Abenteuercomics im Stile der großen Carl-Barks-Spektakel oder <i>Tim & Struppi </i>und B-Movie-Fantasyabenteuer, aufgepeppt mit einem Schuss kontemporärem Zeitgeist und Retro-Futurismus. Die Welt und Erzählhaltung von <i>Strange World</i> ist ein bunter Mix an Einflüssen, und das gilt allein schon, bevor die Clades einen auf<i> Reise zum Mittelpunkt der Erde </i>machen und durch eine wobbelige, wibbelige, glibberige, farbenfrohe Welt der Sonderbarkeiten stapfen, kämpfen und fliegen.</p><p>Ästhetisch geht <i>Strange World</i> dabei nicht derart markante Wege wie einst der im kantigen Mike-Mignola-Stil gehaltene <i>Atlantis</i> oder der an die Brandywine-Schule angelehnte <i>Schatzplanet</i>. Trotzdem sind mir an der Animation und dem Produktionsdesign Elemente besonders aufgefallen. So sind die Oberflächenstrukturen der Figuren und ihrer Umgebung in <i>Strange World</i> vor der zentralen Expedition atypisch spröde, rau, geradezu porös: Avalonia und seine Bevölkerung sind nicht so scheinend-glatt wie im Disney-CG-Animationskino gewohnt. So, als würden wir einen auf rauem Papier gedruckten Comic lesen, während <i>Chaos im Netz</i> etwa in dieser Metapher auf Hochglanzpapier gedruckt wurde.</p><p>Es passt zur Stimmung des Films und hebt Avalonia von der titelgebenden, sonderbaren Welt im tiefen inneren der unerforschten Berge ab. Die ist glibberig, wabbelnd und <i>squishy</i>. Doch hier kommt eine der Schwächen von <i>Strange World</i> zum Zuge: Der Film ist gleichzeitig zu lang, und doch zu hektisch erzählt. Die auf eine deutliche, punktgenaue Lösung zusteuernde Geschichte ist, um im Comic-Talk zu bleiben, ein Carl-Barks-30-Seiter, oder um ins Abenteuerkino von einst zu gehen, ein 75 Minuten langer Familienspaß, den man sich sonntags in der Matinee anschaut. Mit 99 Minuten Laufzeit (inklusive Abspann, zugegebenermaßen) überdehnt <i>Strange World</i> das, was er erzählt, hält sich für eine 70 Seiten Minimum einnehmende Geschichte im <i>Lustigen Taschenbuch</i> oder ein größeres, wortwörtlich abendfüllendes Stück Abenteuerkino. Das bringt mit sich, dass der halb-subtil vorab telegrafierte Schlussakt wirkt nicht wie eine konsequente Lösung. Sondern wie ein schlecht gehüteter Twist.</p><p>Gleichzeitig wirkt <i>Strange World</i> wie gehetzt, da Hall und Nguyen von Schauplatz zu Schauplatz hurten, um kurze Impressionen verschiedener Ecken von Avalonia und dem Expeditionsschauplatz zu zeigen und dann weiterzumachen. <i>Atlantis</i> und <i>Der Schatzplanet</i> sind ebenfalls reich an Eindrücken, finden aber immer wieder prägnante, ruhigere Momente, in denen wir im Publikum ebenso wie die Figuren die Gelegenheit erhalten, zu staunen, die Welt und ihre Kultur aufzusaugen und auch Bedrohungen richtig sacken zu lassen. <i>Strange World</i> hätte auf ein paar Szenen verzichten, die übrig gelassenen dafür mehr auskosten müssen, damit das verspielte Produktionsdesign und die Entdeckergeschichte besser wirken können. Oder, alternativ: Alles so richtig komprimieren, für ein rasantes Abenteuer-Destillat. So hingegen fällt der Film leider zwischen zwei Stühle.</p><p>Die vielleicht größte Enttäuschung war für mich die Filmmusik: Sie störte mich zwar nicht, jedoch gelang es ihr zu keinem Zeitpunkt, eine griffige klangliche Stimmung zu entwickeln. Somit ist sie wohl zu beachtlichem Teil dafür mitverantwortlich, dass <i>Strange World</i> mir nie so einen richtigen Vibe transportiert hat: Die 40er- bis 60er-B-Movie-Abenteuer-Stimmung, der Retro-Futurismus, die Jules-Verne-Ansätze, die Abenteuercomic-Ästhetik und die "esoterischeren" Elemente - es gibt genug Ansätze, an die sich die Musik haften könnte. Geschweige denn Aspekte, die vereint werden könnten.</p><p>Stattdessen dudelt der Score munter, manchmal auch dezent-dramatisch vor sich her, nie unpassend, aber auch nie in einer Form, die den Film aufwertet. Dass die Musik von Henry Jackman stammt, überrascht mich enorm, fand er doch in den <i>Ralph reicht's</i>-Filmen und bei <i>Baymax</i> so eine formidable Balance aus Gefühl und Aufregung, Disney-Tradition und frischen Anstrichen. </p><p>Daher ist es ausgerechnet ein kurzer Moment, in dem die Clade-Familie zu einem in unserer Welt halbwegs aktuellen Electro-Swing-Radiohit in der Küche tanzt und gemeinsam kocht, in dem am ehesten die Bild- und Klangwelt von <i>Strange World</i> zusammenfinden: Ein Radio im 40er-Jahre-Look, Figuren, die flippig mit Gesten moderne Memes referenzieren, eine zeitlos-gemütliche Hütte, in der futuristische technische Versatzstücke für Leben sorgen, all das zusammengehalten von einem Stück, das heute und gestern vereint.</p><p><b>Generischer als es sein sollte</b></p><p>Ähnlich, wie mich Jackmans Score überraschend gleichgültig ließ, und daher dem gesamten Film Atmosphäre fehlte, fand ich die Dialoge ernüchternd: Figuren kabbeln und versöhnen sich in recht generischen Wortwechseln, die man zu großen Teilen aus diesem Film lösen und in zahlreiche andere familienorientierte Abenteuergeschichten pflanzen könnte, ohne dass es auffällt. Wenn sich Farmer/Forscher Searcher mit Entdecker/Kampfnatur Jaeger reibt oder Ethan sich vor seinem Schwarm für seinen Vater schämt, sind das zeitlose Mini-Konflikte mit breitem Identifikationspotential. So weit, so gut.</p><p>Doch sie äußern sich nicht so, dass ich je ein Gefühl dafür entwickeln konnte: "Ja, DAS klingt total nach Ethan!" oder "Aha, das ist also Jaegers tiefergehende Persönlichkeit". Die Wortwechsel bleiben schlicht funktional. Und daher fiel es mir schwer, die Figuren wirklich liebzugewinnen. Sie nervten nie. Aber sie blieben Abziehbilder, Entwürfe, noch zu verfeinernde Archetypen.</p><p>Dabei ist das Potential, das sie hätten entfalten können, offensichtlich: Ethan etwa ist Fan eines Gesellschaftsspiels, irgendwo zwischen <i>Die Siedler von Catan</i> und den Scharen an Sammelkartenspielen, bei denen man sich mit dem Kauf von Blisterpackungen dumm und dusselig zahlt. Er hat eine gute Bindung zu seinem Vater, ist aber auch voll in der Pubertät und würde ihn daher am liebsten verstecken, wenn sein Liebster auf der Familienfarm vorbeischaut. Er ist ein guter Taktiker, lässt sich aber auch schnell ablenken.</p><p>Dadurch müsste Ethan eine herausstehende Disney-Figur werden, oder wenigstens einer der spannenderen Protagonisten im animierten Disney-Abenteuerkino. So nacherzählt ist er es womöglich auch, im Film selbst geht ihm aber durch die "egalen" Dialoge Charakter abhanden. Ähnlich verhält es sich mit dem Rest seiner Familie, geschweige denn mit den Horden an anonymen Besatzungsmitgliedern, die sich an der Expedition beteiligen. Daher sind die wortlosen, nicht-menschlichen Sidekicks denkwürdiger als der tragende, menschliche Cast. Selbst <i>Atlantis </i>hat mehr aus seinem überdimensionierten Cast rausgeholt: Viele Nebenfiguren sind zwar auch nur zweidimensionale Persönlichkeiten, aber sie sind wenigstens waschechte <i>Knallchargen</i>, und nicht etwa Statist:innen mit Text.</p><p>So kommt es auch, dass ich wegen der Schlusslösung von <i>Strange World</i> nur sanft lächelnd mit den Schultern gezuckt habe. Dass ich es vorgeahnt habe, geschenkt. Aber hätte ich die Möglichkeit gehabt, mit den Figuren stärker mitzufiebern, hätte es mich berührt, wenn sie das erfahren, was ich vorgeahnt habe. Und ich hätte mitgelitten, wenn sie darauf basierend schwerwiegende Entscheidungen treffen.</p><p>Nicht missverstehen: Im Prinzip ist <i>Strange World</i> als Fortschritt darin, wen Disney in seinen animierten Produktionen prominent repräsentiert, genauso löblich, wie ich die Lektion, die die Figuren lernen, schlüssig sowie als Gesellschaftskommentar bemerkenswert finde. Aber in Praxis habe ich das metaphorische Comicheftchen zugeklappt und auf einen Stapel geschmissen, statt es zuzuklappen, amüsiert und berührt durchzuatmen und sorgsam ins Regal zu stellen. </p><p>Das, was <i>Strange World</i> für den Disney-Kanon bedeutet, bedeutet mir mehr als der Film selbst. Der ist leider nur ein nettes, schnell vergessenes Disney-Abenteuer. Aber hey, für viele sind <i>Atlantis</i> und <i>Der Schatzplanet</i> genau das. Und ich bin sicher: So wie viele, viele andere animierte Disney-Flops, wird auch <i>Strange World</i> seine Kult-Fangemeinde entwickeln. Und ich gönne es ihm, aus Prinzip. Teil von ihr werde ich nicht sein können, dafür ist er mir in Praxis zu egal.</p><p style="text-align: center;"><b><i>Strange World</i> läuft aktuell im Kino.</b></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-1482420612759246718.post-16569937697079502132022-07-21T12:00:00.002+02:002022-08-11T01:58:08.065+02:00Bibi & Tina – Einfach anders<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgvSfKBt8ODcevFYPtT7EJWoGY7s0MkwZ0CX1QsrD_ocQOuL65zGCGX9QPW_Mw73ot9m_-Mda58xX1_TSVofe0k26njtp8JnYTouZyIvgqSPLgT5snrLIvFIFv5tIyp7mtcB3XZd6WpR31wH8Bj_j6K_r6Yi8H4mmveEbsnsy8HLtYEgdjy9ZAvileF-A/s1080/bibi-tina-einfach-anders-poster.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em; text-align: center;"><img border="0" data-original-height="1080" data-original-width="761" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgvSfKBt8ODcevFYPtT7EJWoGY7s0MkwZ0CX1QsrD_ocQOuL65zGCGX9QPW_Mw73ot9m_-Mda58xX1_TSVofe0k26njtp8JnYTouZyIvgqSPLgT5snrLIvFIFv5tIyp7mtcB3XZd6WpR31wH8Bj_j6K_r6Yi8H4mmveEbsnsy8HLtYEgdjy9ZAvileF-A/w281-h400/bibi-tina-einfach-anders-poster.jpg" width="281" /></a></div><p>Menschen sitzen abends am Lagerfeuer. Während sie ein aufmunterndes Lied singen, wippen, schunkeln und wackeln sie unbeschwert. Gestikulierend unterstreichen sie den Songtext, nähern sich einem Augenblick der vollkommenen Gleichgesinntheit. Sie lassen ihren Frust, ihre Sorgen und ihren Stress der vorherigen Tage hinter sich. Dennoch handeln sie nicht unisono. Unterbewusst drücken alle tänzelnd ihrer Einzigartigkeit aus.</p><p>Der Eine zögert bei wiederkehrenden Bewegungen dieser spontanen Choreografie, als sei er sich unsicher, welche Geste wann genau drankommt. Zwei beste Freundinnen lächeln sich strahlend an und beginnen einen schwungvollen Sitztanz, als hätten sie ihn spontan non-verbal miteinander ausgemacht. Das schüchterne und etwas schroffe Reiterhof-Ferienkind geht mit der Stimmung mit, wippt aber lieber in sich selbst hinein. Und die Mundwinkel des freundlichen Exzentrikers in galanter Aufmachung könnten sich nicht feister in seine Backen graben, so begeistert ist er ob seiner mit Affekt durchgezogenen Gesten. Ein losgelöster Glücksmoment im kleinen, schief um das Feuer gebildeten Kreise...</p><p>So feiern die Titelheldinnen und die Ihren in Detlev Bucks <i>Bibi & Tina – Einfach anders</i> gemeinschaftlich die Individualität – und bewegen sich dabei zu den Klängen des von Joshua Lange, Peter Plate und Ulf Leo Sommer geschriebenen Songs <i>Anders ist gut</i> mühelos aus einer argumentative Zwickmühle. Zeigte doch schon Monty Pythons <i>Das Leben des Brian</i> auf, wie urkomisch widersprüchlich es zumeist ist, wenn eine Menschengruppe gleichzeitig ausruft, individuell zu sein. Entweder handeln alle gemeinschaftlich oder alle individuell, aber beides zugleich ist ein Ding der Unmöglichkeit – sollte man meinen.</p><p>Aber Detlev Bucks Interpretationen des aus Hörspielen und dem Trickmedium bekannten <i>Bibi & Tina</i>-Kosmos lächeln dem Unmöglichen unbeeindruckt ins Gesicht, ehe sie von einem kecken "Hex-hex!" begleitet drüber hinweg springen. Das bewies sich bereits in vier Realfilmen. Stets fanden Buck und Autorin Bettina Börgerding neue Wege, um quirlig freidrehende Kreativität, spielerisch aufbereitete Genrekonventionen, ironisches Zwinkern und eine aus tiefstem Herzen kommende Grundehrlichkeit zu vereinen, damit Hexe Bibi Blocksberg und ihre normalsterbliche Freundin Tina Martin in farbenfrohen, spaßigen Abenteuern dem Kinotrott davonreiten können. Mit einem exzessiv aufgezäumten Film gegen Gier, einer schrägen Komödie, die uns beibringt, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren, einer <i>Mädchen gegen Jungs</i> betitelten Attacke gegen den Geschlechterkrieg. Oder in einer verschroben-fabelhaften Musical-Dramödie über Flucht und Ankunft, die anmutet, als wäre es ein bislang verschollener Film des <i>Schwarze Katze, weißer Kater</i>-Regisseurs Emir Kusturica, der darin seinem zuvor verheimlichten Faible für deutsche Kinderhörspiele frönt.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgjwRnEWnbTMJ0xVRV89mEPheWvuCW9LnV1U3X3oGBHvq2_xPADBnEQIIhZYvQ1vhFLcPl4JdMlLkPO0WQEHLQkVBdoqOIxSGwQERAElVhlgxEBlS83k6MxRbh1qxBtomTaWpdkgtlUmOzyXfnms5n2PSLo1cRApM8kgCv3YtLu2sbcHAimjL0qURhjRA/s1056/bt4.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="702" data-original-width="1056" height="266" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgjwRnEWnbTMJ0xVRV89mEPheWvuCW9LnV1U3X3oGBHvq2_xPADBnEQIIhZYvQ1vhFLcPl4JdMlLkPO0WQEHLQkVBdoqOIxSGwQERAElVhlgxEBlS83k6MxRbh1qxBtomTaWpdkgtlUmOzyXfnms5n2PSLo1cRApM8kgCv3YtLu2sbcHAimjL0qURhjRA/w400-h266/bt4.jpg" width="400" /></a></div><p>Mit der 2020 veröffentlichten <i>Bibi & Tina</i>-Serie änderten sich die Besetzung, die Drehorte und einige filigrane Stellschrauben, wie die Verantwortlichen die erzählerischen sowie inszenatorischen Mechanismen einsetzen. Diese Neuerungen werden im fünften Film beibehalten. Katharina Hirschbergs Bibi ist etwas kindlich-frecher als die pubertierend-emotionale Bibi à la Lina Larissa Strahl. Harriet Herbig-Matten nimmt die verschrobenen Eskapaden auf dem Martinshof und rund herum öfters verdattert-wohlwollend hin, statt sich wie Lisa-Marie Korolls Tina abenteuerlustig reinzustürzen. Alex von Falkenstein (zuvor: Louis Held / nun: Benjamin Weygand) ist etwas bodenständiger geworden, sein Vater Graf Falko (Michael Maertens / Holger Stockhaus) etwas meckeriger. Hofbesitzerin Susanne Martin (Winnie Böwe / Franziska Weisz) hat jetzt eine etwas alltäglich-mütterlichere Art, ihre Seite als verschrobene Alleinunterhalterin tritt in den Hintergrund. So, wie auch die Farbsättigung nunmehr reduzierter ist als noch in den ersten vier Filmen.</p><p>Es sind dieselben Figuren, aber wir begegnen ihnen in einer neuen Kontinuität, wo sie dezent neu interpretiert werden. Es ist halt alles <i>Einfach anders</i>, womit der Filmtitel bereits eine klare Ansage ist. Aber er verweist auch auf den Namen des Internats, aus dem drei neue Ferienkinder kommen, die den Martinshof durcheinander wirbeln. Und er fasst eines der Leitthemen des Films zusammen, in dem es Buck, Börgerding und ihren zahlreichen dramaturgischen Helfer:innen mit Leichtigkeit gelingt, voller Gemeinschaftssinn den Wert der Individualität zu feiern. Denn das <i>Bibi & Tina</i>-Universum ist so musikalisch, so freundlich-kauzig und in dieser Interpretation zugleich so eindrucksvoll-vorbildlich gelassen, dass sich diese Story gar nicht erst in die vorhin erwähnte Zwickmühle manövrieren <i>kann</i>. </p><p>In<i> Bibi & Tina – Einfach anders</i> wird nicht erklärt, nicht erarbeitet und vor allem nicht erkämpft, sondern mit völliger Selbstverständlichkeit ausgelebt, dass Harmonie nicht dadurch entsteht, dass alles identisch ist – sondern dadurch, zusammen unterschiedlich zu sein.</p><p><b>"Eure Welt ist wirklich lächerlich. Langweilig. Langweilig!"</b></p><p>Selbstredend kommen selbst Bucks <i>Bibi & Tina</i>-Kosmen nicht völlig ohne Konflikte aus. Irgendeinen Antrieb brauchen die Pferdemädchen, um sich zielstrebiger auf ihre geliebten Unpaarhufer Amadeus und Sabrina zu schwingen, statt gelassen spazierzureiten oder spontane Wettreiten frei von Fallhöhe vom Zaun zu brechen. In <i>Bibi & Tina – Einfach anders</i> gibt es sogleich drei Ursachen dafür, das Chaos ausbricht:</p><p> Graf Falko von Falkenstein erfährt von einer forschen Justizbeamtin, dass er gar kein Graf sei. Der Martinshof ändert seine Ausrichtung, und begrüßt daher erstmals drei Jugendliche bei sich, die vom Internat Einfach anders vermittelt wurden – und dort kann man froher nicht sein, dass die rotzige Disturber (Emilia Nöth), die mit glühender Begeisterung von wissenschaftlichen Grenzbereichen schwärmende Spooky (Pauletta Pollmann) und der schweigsame Silence (Leander Lesotho) vorübergehend weg sind. Und dann ist auch noch über Falkenstein ein Meteorit abgestürzt, weshalb die örtliche Bevölkerung völlig außer sich ist – angestachelt durch die völlig verantwortungslose Berichterstattung der Radio-Flamingo-Moderatorin Funky Fröhlich (Judith Richter).</p><p>Wo Individualität thematisiert wird, ist der Themenkomplex Identität nicht fern. Die grellste Identitätskrise macht Falko durch, der sich kopflos und wirr fragt, wer er sein soll, wenn er doch kein Graf ist. Der passionierte Westenträger versteift sich derart auf Labels, dass er sich schlagartig für einen blutdurstigen Vampir hält, bloß weil er erfährt, Vorfahren in Siebenbürgen zu haben. Selbst Bibi lässt sich derart vom Etikettendenken leiten, dass sie allein deshalb die Unterlagen der Justizbeamtin hinterfragt, weil sie davon überzeugt ist, dass eine derart traditionsbewusste, stocksteife Person wie Falko ein Graf sein muss. Da reagiert sein Sohn Alex schon gelassener: Er sagt sich, dass er er ist, egal ob Adelstitel oder nicht. Ihm geht es bei den Ermittlungen gegen die Behauptungen der schrillen Frau nur um Gerechtigkeit, nicht um eine Bestätigung seines Selbstbilds.</p><p>Diese Entspanntheit muss er von Butler Dagobert (Herman van Ulzen) gelernt haben, der einfach eine treue Seele ist, ganz gleich, ob er nun als Butler eines Grafen agiert oder doch nur als besonnener, weiser und wortkarger Freund eines wechsellaunigen Exzentrikers. Auch Susanne Martin und ihr Sohn Holger (Richard Kreutz) sind mit ihrer Identität im Reinen. Zumindest auf persönlicher Ebene. Beruflich zögern sie zwischendurch, ob die für den Erhalt des Hofes als nötig erachtete Neuausrichtung eine gute Idee war, oder sie sich mit der Aufnahme dreier "Problem-Teenager" übernommen haben. Jedoch sind die Beiden derart tiefenentspannt, dass ihnen kaum mehr als ein erschöpftes Schnaufen oder ein Augenrollen entfleucht, wenn sie beim Verfolgen ihrer Obhutspflichten ins Schleudern geraten. Wenn eine rebellierende Jugendliche ihnen ins Ohr brüllt und ins Gesicht singt, wie langweilig und lächerlich diese heile Kuschelwelt sei, gehen sie hingegen unbeirrt ihrem Tagwerk nach.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh9W8MxcUt1H2BBq3j0ZULtOrwdG9rKtt7wkLInosXmQJuuZaLBp83iX3LNHKr-PrYo6A8Vek01yqHcraWoEtsfcadRii57Smh7QYYUJdrbhnwfEBMrATAuTBgZPzB6ACX8nG4E7hh4NVoR6ALa1_zXONRZh6xY6LvmiNsE0xGm8T8NyoBk5u4fwg38Aw/s1200/disturber.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="798" data-original-width="1200" height="266" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh9W8MxcUt1H2BBq3j0ZULtOrwdG9rKtt7wkLInosXmQJuuZaLBp83iX3LNHKr-PrYo6A8Vek01yqHcraWoEtsfcadRii57Smh7QYYUJdrbhnwfEBMrATAuTBgZPzB6ACX8nG4E7hh4NVoR6ALa1_zXONRZh6xY6LvmiNsE0xGm8T8NyoBk5u4fwg38Aw/w400-h266/disturber.jpg" width="400" /></a></div><p>Tina hadert unterdessen arg mit sich. Von Disturber als die Stinknormale beschimpft, die sich Hexe Bibi lediglich als Wegbegleiterin ausgesucht hat, um umso außergewöhnlicher zu wirken, und bei all dem Chaos in Falkenstein wiederholt zum reinen Sidekick degradiert, entwickelt sie Frust. Tina hinterfragt angesichts ihrer vermeintlichen Austauschbarkeit ihren Wert, beginnt sogar zu granteln: Leute wie Disturber, die so aufsehenerregend anders sind und damit zum Gesprächsthema werden, die machen das doch allein aus Geltungsbedürfnis. Um aufzufallen, sich nach vorne zu drängeln, langweilige Normale zu überschatten. Grummelt Tina jedenfalls in einem flüchtigen Augenblick der charakterlichen Schwäche, bevor Bibi ihr aufzeigt, dass auch sie hervorstechende Eigenschaften hat. Und dass ihre pampige Eifersucht auf Disturber unangebracht ist, weil es gute Gründe gibt, weshalb manchen Menschen gesteigerte Aufmerksamkeit zuteil kommt – Fürsorge und Unterstützung für jene bedeutet nicht sogleich ein Abwerten anderer.</p><p>Nicht, dass Bibi frei von Fehlern wäre. Selbst wenn man ihre Spitzen gegen Falkos Traditionsliebe ignoriert. So steckt sie Disturber gedanklich mit Vehemenz, zwischenzeitlich gar mit Jähzorn, in die Schublade "Böswillige Unruhestifterin" und will dies zunächst als einzige Eigenschaft Disturbers anerkennen. Gewiss, die mit raspelkurzen Haaren, Vorhängeschloss-Halskette und Zehn-Tage-Regenwetter-Miene auftretende Disturber präsentiert sich beim Kennenlernen als (tief-)schlagfertig und sarkastisch, steckt verbal zügig Grenzen ab. Doch wie kann es sich Bibi, die Tina unter anderem wegen ihrer Sehkraft aufzieht, bitte erdreisten, eine andere Sprücheklopferin als Schurkin abzustempeln, während sie sich darin badet, von allen als freundliche, hilfsbereite Hexe, als Sonnenschein auf zwei Beinen bezeichnet zu werden? Frisur, Kleidungsstil und die Breite des Lächelns allein können ja nicht über das gesamte Wesen eines Menschen entscheiden...</p><p>Identitätsfragen durchziehen den Dialogwitz, die Situationskomik und die charaktergetriebenen Handlungsbögen von <i>Bibi & Tina – Einfach anders</i>, und da kommen solche Mini-Konflikte wie die blitzschnell geäußerte Vermutung aller, Silence sei wegen eines unverarbeiteten Traumas stumm, noch hinzu. Und eine Gesangseinlage über die blendenden Schein der Prominenz. Oder die Szenen, in denen der Lederjacken tragende, handwerklich interessierte Motorrad-Rockerbubi Freddy (Dominikus Weileder) zu einem ratlos stammelnden Jungen wird, weil er sich in die vom Geschehen im Weltall fabulierende Spooky verliebt, und damit nicht umzugehen weiß. Wie sehr würde ihm erst der Kopf kreisen, würde er wie V. Arscher (Kurt Krömer) von Identität zu Identität wechseln, und im damenhaften Abendkleid mindestens so eine gute Figur machen wie in Sakko und Melone oder im altmodischen Ringel-Badeanzug...</p><p><b>"Das beste an der Suppe: Ohne dich schmeckt sie nicht!"</b></p><p>Im Presseheft zu <i>Bibi & Tina – Einfach anders</i> erläutert Buck seine Beweggründe, sich einmal mehr auf den <i>Bibi & Tina</i>-Regiestuhl zu setzen. Er erzählt von seiner Tochter, die nach dem Abitur kurzfristig dachte, im Leben angekommen zu sein – bloß um orientierungslos festzustellen, dass sie glaubt, nicht zu wissen, wer sie ist. Dies sei die Initialzündung gewesen, der Moment der Erkenntnis, welche Mission Bibi und Tina noch zu erfüllen haben. Eine positiv-anspornende Geschichte über den Fragenkomplex "Was kann ich eigentlich? Was will ich? Wer bin ich?" müsse her. Bucks Statement windet sich in seinem typisch sprunghaft-assoziativen, lakonischen Schreib- und Redestil weiter zu den ganzen Kosmos umspannenden Fragen, zur Einordnung wo wir herkommen und wer wir denn schon sind mit unseren Problemen, in den Weiten der Galaxie. </p><p>Alles Fragen und Sorgen, die das junge Publikum angesichts der "aktuellen Weltlage, der Anspannung und Isolation, Hysterie, Unsicherheiten, absichtlicher Falschmeldungen" mitbekäme und sich nur durch Freundschaften leichter durchstehen ließen. Was nach Bucks Überzeugung bedeute, dass man auch Freunde bräuchte, die anders sind als man selbst. Zum Abschluss seines Regiestatements berichtet Buck kurz von seinem Besuch einer queeren Jugendgruppe und deren Motto: "Wir können den Wind nicht drehen, aber die Segel anders setzen!"</p><p>Dieses Motto wird im Film weder zitiert noch paraphrasiert, gleichwohl verkörpert er es vollauf. Buck und Börgerding breiten in ihrer Erzählung die Erkenntnis aus, dass stürmische Zeiten allein schwerer zu meistern sind als zusammen. So, wie der Leitspruch bewusst vom "Wir" spricht, statt sich ratschlagend an die Betrachtenden zu richten: "Du kannst den Wind nicht drehen, aber die Segel anders setzen!" Ebenso sehr liegen dem Motto und dem <i>Bibi & Tina – Einfach anders</i>-Drehbuch die Feststellung inne, dass es Widrigkeiten gibt, denen man nicht unmittelbar Herr werden kann. Doch statt aufgrund ihnen zu resignieren, rät es sich, ihnen mit Zuversicht und Findigkeit zu begegnen, um sie zu umschiffen und letztlich sehr wohl zum Ziel zu gelangen. Dieses Vorgehen gilt gleichermaßen für Feindseligkeiten (im Film vertreten durch Mobbing und Vorverurteilungen) als auch für Stress verursachende, unruhige Situationen und pures Chaos (wie die sonderbaren Himmelsphänomene, Lebensentwürfe aus der Bahn werfenden Nachrichten und die Alien-Massenpanik in <i>Einfach anders</i>).</p><p>Angesichts dessen, wie viel Eindruck die queere Jugendgruppe bei Buck hinterlassen hat, wie sehr <i>Bibi & Tina – Einfach anders</i> von Akzeptanz sowie Identitätsfindung handelt, und dass im Film der von Lange, Plate und Sommer verfasste, in einer abgewandelten Form bereits 2020 von Michelle veröffentlichte Song <i>Einfach anders</i> vorkommt, inklusive sLyrics wie "Es ist wichtig, dass du dich liebst, wie du bist" oder "Was denkst du? Was bist du, woher kommst du? Was träumst du und wen liebst du? So wie du bist, ist’s gut!", ist es durchaus verwunderlich, dass nicht-heteronormative Identitäten nicht konkret in der Handlung vorkommen. Zumal bereits <i>Bibi & Tina: Tohuwabohu total!</i> eine Nebenfigur zeigte, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebt.</p><p>Zweifelsfrei: In <i>Bibi & Tina– Einfach anders </i>keine offen queere Figur <i>auftauchen</i> zu lassen, bleibt eine vertane Chance. Gleichwohl: Bucks und Börgerdings Verzicht darauf, im Vielfalt zelebrierenden Selbstakzeptanz-Film <i>Bibi & Tina– Einfach anders </i>queere Identitäten auch als <i>Handlungskonflikt</i> aufzugreifen, ist vollends nachvollziehbar.</p><p>Nicht nur, weil es den Falkensteinern, so wie sie von den Beiden bisher gezeichnet wurden, schwer abzukaufen ist, sollten sie LGBTQIA+-Fragen problematisieren. Sondern auch, weil es nicht zum Duktus dieses Films gepasst hätte: Eine mit sich hadernde, Intoleranz durch Andere befürchtende, geschweige denn erfahrende Figur, würde die realweltliche Dramatik aus <i>Bibi & Tina: Tohuwabohu total! </i>replizieren. "Das befürchten, mitunter passiert nicht-heteronormativen Jugendlichen", wäre Teil der filmischen Aussage, was daraufhin mit einem "Und das sollte nicht sein" beantworten werden müsste.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEis96iKEygKX1oMhf8QCTfHG5TN6hWPgrMVC5mDAM1hVfqmZNCrX4l73znWrgudkTC3ZZmPqs6QKfAtOrTvM3JSu9-XUH9DqrKvx68_RAjYgZnaIEIMIi151EmxErnhy20ml_u166BF8kDOnni25XDnZi1kiiAS6u2_sYcArlxmWEQqWoNMCv_q_jJMUg/s1024/bt1.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="681" data-original-width="1024" height="266" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEis96iKEygKX1oMhf8QCTfHG5TN6hWPgrMVC5mDAM1hVfqmZNCrX4l73znWrgudkTC3ZZmPqs6QKfAtOrTvM3JSu9-XUH9DqrKvx68_RAjYgZnaIEIMIi151EmxErnhy20ml_u166BF8kDOnni25XDnZi1kiiAS6u2_sYcArlxmWEQqWoNMCv_q_jJMUg/w400-h266/bt1.jpg" width="400" /></a></div><p><i>Bibi & Tina – Einfach anders </i>lebt aber eine idyllischere, gediegenere Konflikte aufweisende Welt vor. Menschen, die in unserer Wirklichkeit bedauerlicherweise tatsächlich gesellschaftliche Sanktionen befürchten müssen, einfach weil sie sie sind, daran zu erinnern, um daraufhin die Kurve ins Idyll zu kriegen, würde den "Vorleb-Charakter" des Films schmälern. Dass <i>Bibi & Tina – Einfach anders</i> den Weg von Pixars <i>Luca</i> geht, der gemeinhin eine Geschichte über Selbstakzeptanz, Vielfalt und gegenseitigen Respekt erzählt, doch ziemlich flink unter anderem auf queere Identität übertragen werden kann, ist da schon cleverer:</p><p>Die Krisen, die die Figuren im fünften <i>Bibi & Tina</i>-Film Bucks durchmachen, dürften den Allerwenigsten Kindern und Jugendlichen 1:1 aus ihrem Leben bekannt vorkommen. So viele Adlige, deren Herkunft hinterfragt wird, und aufgrund eines Nietzsche-Zitatshirts aus dem Kloster geflogene Rebellinnen dürfte es in Deutschland ja wohl nicht geben. Aber den erzählten Konflikten und Identitätskrisen zum Trotz sind die Abläufe und Gefühle, die dahinterstecken, mit großem Identifikationspotential aufgeladen, da sie im Film eindringlich-pointiert geschildert und nachvollziehbar umgesetzt werden.</p><p>Und so darf jede:r im Publikum auf die Figurenbande dieses Films blicken und eigene Ängste, Befürchtungen, Herausforderungen oder auch Hoffnungen hinein projizieren, ungeachtet der demografischen und biografischen Umstände, und ohne während der Schilderungen emotional unbequem angepackt zu werden. Daher ist es auch völlig kohärent, dass der von Lesotho charmant-dauerentspannt angelegte Silence schwarz ist, aber den gesamten Film über niemand darauf eingeht – das Vielfaltsthema also ebenso wenig über Hautfarbe, Ethnie oder Herkunft behandelt wird, wie über die Hürden, die unsere Gesellschaft queeren Menschen in den Weg stellt:</p><p>Geschichten über Rassismus <i>müssen</i> im deutschen Kino<i> dringend</i> erzählt werden, doch genauso sollte Vielfalt im Casting alltäglicher werden. Das sind zwei unterschiedliche, sich insgesamt ergänzende Ansätze. Silences "Andersartigkeit" lässt sich ohne weitere Umstände so aufnehmen, wie im Film präsentiert, nämlich als Schweigsamkeit, die in redseligen Kreisen zuweilen sonderbar aufgefasst wird. Genauso kann man sie als Chiffre auffassen, als Stellvertreter für jeglichen demografischen, charakterlichen oder interessensbasierten Aspekt, der gegebenenfalls zu Ausgrenzung oder Missverständnissen führt, obwohl dem nicht so sein sollte.</p><p>Der Unterschied ist bloß, dass Silence so oder so Repräsentation darstellt, wohingegen queere Repräsentation gar nicht stattfindet, obwohl es auch möglich gewesen wäre, sie im Film zu haben, ohne sie mit den Akzeptanzkonflikten zu verbinden. Kurzum: Die versäumte, konkrete Repräsentation von LGBTQIA+-Identitäten, mag auffallen, fällt jedoch schlussendlich jedoch wenig ins Gewicht, da wie in Pixars <i>Luca</i> die Aussage und der Vibe des Films die größeren Bände sprechen. Und falls man gönnerhaft drauf ist, ist mit V. Arschers unbeeindruckt zwischen den Gendernormen switchendem Modegeschmack und dem blau-lila-pinken Farbschema während Disturbers Solo-Gesangsnummer sehr wohl Repräsentation gegeben, wenngleich keine verbalisierte.</p><p>Ein anderes Thema packt <i>Bibi & Tina – Einfach anders</i> derweil unvermittelt an, nutzt es sogar als Knüpfungspunkt zwischen den drei großen Plotfäden: Das Toleranz-Paradoxon. Denn wie Vollblut-Miesepeter, geschweige denn hauptberufliche Mentalitätsbrandstifter gerne argumentieren: Wenn man doch so tolerant und duldsam sein will, muss man dann nicht auch Dinge hinnehmen, die gegen solch eine Einstellung ackern?</p><p><i>Bibi & Tina – Einfach anders</i> verhandelt das hohlste und am kürzesten gedachte Totschlagargument unter allen Totschlagargumenten nicht in einer ausformulierten Diskussion, sondern konstant beiläufig auf Handlungsebene. Denn selbst auf dem genügsamen Martinshof und im einladenden Schloss Falkenstein finden Geduldsfäden ihre Enden. Nicht aber so rasch, wie man in einem Film erwarten dürfte, der eine lobende Gesangseinlage über Kuschelmentalität umfasst, in der die Titelheldinnen sich umarmend und knuffige Tiere streichelnd darum bitten, sich nach all den schlechten Zeiten nicht mehr zu streiten.</p><p>Disturbers ruppige Art beispielsweise wird der von Emilia Nöth so mitreißend-schnippisch gespielten, sympathisch-ungestümen Figur nicht abtrainiert, wie es in einem seichteren, didaktisch-konservativeren Film gewiss geschehen würde. Ihr mit Metahumor gewürztes pampiges Protestlied <i>Nein Danke </i>wird konsequenterweise auch nicht als Schurkensong aufgezogen, sondern als erfrischendes, nachvollziehbar motiviertes Freibahnen von Gefühlen des Frusts, Dickschädel-Stolzes und Abgrenzens von all der Reiterhofromantik. Ergänzend wird wenige Minuten später Alex ein punkig angehauchter Wutsong zugestanden, mit dem er seinem Vater Grenzen aufzeigt, wofür ihn Dagobert mit zustimmendem Nicken entlohnt und Tina mit Herzchenaugen.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi7EPz27vMXLYYxnDg5Md5G2oLRd6EotKRakI8g2oXH8OMzTGj30RkqidmnM3JHrbdZVaZ-HOIwhT3MVUXZ5sRZS3rB5OoyCY07TvqXLeRj0HSHREXb6rpb4T80J2TdNB3noAmfYByyn_sSxK-4crRvcODd-JZyHBHa1V1XlpZ3x6Y47ThLJiYypLipBA/s1331/kr%C3%B6mer.png" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="623" data-original-width="1331" height="188" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi7EPz27vMXLYYxnDg5Md5G2oLRd6EotKRakI8g2oXH8OMzTGj30RkqidmnM3JHrbdZVaZ-HOIwhT3MVUXZ5sRZS3rB5OoyCY07TvqXLeRj0HSHREXb6rpb4T80J2TdNB3noAmfYByyn_sSxK-4crRvcODd-JZyHBHa1V1XlpZ3x6Y47ThLJiYypLipBA/w400-h188/kr%C3%B6mer.png" width="400" /></a></div><p>Die Freude an Vielfalt und das erfreute Annehmen von Eigensinnigkeiten enden in <i>Bibi & Tina – Einfach anders</i> bei unvertretbaren Einstellungen und schädlichem Verhalten. Das beschränkt sich hier symbolisch auf Mobbing, boshaft motivierte Lügen und das leichtfertige Ignorieren von Fakten – das genügt allerdings völlig, um den Punkt rüberzubringen und das Toleranz-Paradoxon problemlos zu knacken.</p><p>Anders als in <i>Tohuwabohu total!</i> zügeln Börgerding und Buck ihre tagesaktuellen Verweise, wenn sie die Wurzeln der behandelten Probleme anpacken. Ein paar gut platzierte Seitenhiebe konnten sie sich trotzdem nicht verkneifen. Beispielsweise löst der leichtsinnige Sensationsjournalismus von Radio Flamingo eine Massenpanik aus, die wiederum zu überhasteten Hamsterkäufen führt (Zitat: "Wieso eigentlich immer Klopapier? Es ist doch genug für alle da!") – weder den Vernunftsverweigernden noch Funky Fröhlichs Integritätsarmut gesteht Buck inszenatorisch Sympathie zu. Geschweige denn der immergleichen Echokammer aus engstirnigen Erwartungen und Fehlinformationen, die Funky und ihr Publikum gemeinsam aufbauen. Anderer Input tät ihnen gut...</p><p>Zumeist gerät die Abgrenzung zu Fehlverhalten zeitloser, frei von Tagespolitik. Etwa wenn in einer Rückblende jemand für seinen Mut, einfach zu sich zu stehen und zu tun, was ihn erfüllt, fertig gemacht wird. Das filmt Buck in <i>Einfach anders</i> deutlich beiläufiger, "kleiner" und harmloser als das Mobbing in <i>Mädchen gegen Jungs</i>, geschweige denn die dramatischen Elemente in <i>Tohuwabohu total!</i>, und doch wirkt es nicht unbedeutend oder gar weichgespült: Die Erwachsenen im Cast spielen jegliches Überschreiten der Falkenstein-Benimmgrenzen (wo das, was bei uns leider Alltag ist, schon Anlass für jahrzehntelang eingefädelte Komplotte ausreicht), so, dass es ein sanft-amüsiert gerauntes "Oh, <i>das</i> ist wirklich der Grund <i>dafür</i>?!" gestattet, bevor die schwerere Emotion dahinter Überhand gewinnt.</p><p>Krömer etwa ist ein herrlich amüsanter, sich selbst genießender, dick auftragender Widersacher, doch wenn er traurig dreinblickt, rührt dies aller zuvor zur Schau gestellten Exzentrik und gemessen an den vorherigen <i>Bibi & Tina</i>-Filmen läppischen Motiven zum Trotz. Ähnliches gilt für Stockhaus, dessen nachdenklichen, geknickten Blicke ins Leere zwischen den großen Paraden an spaßiger Affektiertheit deutlich mehr aussagen, als man angesichts der Kinderhörspiellogik seines Handlungsfaden vermuten dürfte.</p><p>Wenn das Drehbuch dann im letzten Viertel kurzzeitig den süffisant-spritzigen Duktus pausiert, damit sich Figuren ironiebefreit auf Augenhöhe austauschen, Dagobert kurz zum Erzähler wird, und sogar ein Hauch von Shakespeare durch den Stall weht, um ebenso kompakt wie prägnant das zuvor Unausgesprochene aus dem Weg zu schaffen, wird klar: Buck und Börgerding vermochten es, ernste, echte Probleme in einem <i>Bibi & Tina</i>-Kosmos zu verarbeiten. Aber genauso gelingt es ihnen, sperrige Ärgernisse ins Falkenstein-Vokabular zu übersetzen, kleinzuschrumpfen und wegzukuscheln, ohne sie damit zu verharmlosen. <br /></p><p><b>"Wie Zukunft uns verändern kann … Nur ein Moment und nichts ist, wie es war."</b></p><p>In Terence Malicks <i>Tree of Life</i> schweift der zugleich als Hauptfigur dienende Erzähler in seiner Sinnsuche ab und kehrt zurück zum Beginn allen Seins, womit er die seelischen Narben, die er durch seine unglückliche Kindheit davongetragen hat, in Relation mit der Geschichte des Universums setzt. Ohne suggerieren zu wollen, dass <i>Bibi & Tina – Einfach anders</i> in seiner Gesamtheit schlussendlich "<i>Tree of Life – Familien-Edition</i>" darstellt, darf festgehalten werden, dass Börgerding und Buck etwas ähnliches vollziehen, wenn sie ihre kleine, reiterhofzentrierte Selbstfindungs- und Akzeptanzgeschichte um ein außerirdisches Element ergänzen.</p><p>Der Film eröffnet mit kunterbunten, farbgesättigten Weltallbildern, durch die ein Alien mit seinem Raumschiff gleitet, bevor wir Bibi und Tina erblicken, die staunend den Nachthimmel beäugen. Sie fragen einander über ihn aus und rätseln über ihren Platz in der endlosen Weite. Nachdem die Handlung(en) des Films ins Rollen gekommen sind und die besten Freundinnen förmlich überrollt haben, wenden sie erneut, zunächst erschöpft, ihren Blick gen Himmel, ehe sie sich singend gegenseitig anspornen, wieder ihre frohe Neugier auszuleben (und dem Film eine seiner schrulligsten Passagen zu verleihen). Sie wundern sich in Liedform, ob es andere Welten gibt, "und wer sich außer uns Gedanken macht". In den Köpfen der Pferdemädchen kreisen Gedanken, die weit über ihre persönlichen Sorgen hinausgehen, klingen halblaut zwischen den von Außerirdischen fabulierenden Zeilen wie "Sind sie besorgt?" und "Haben sie ‘ne Idee, wie es weitergeht?" doch globale Zukunftsängste an.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjmFP3Qpq4PxoROLoNOtsOt6oMcNo8b-btKJNojkdEjtqB7kAbUlXILUL83FOKqHJ6jNuXXN7lSLPG1EkDNIyGh9S5iUDSC6PzpZnAZkbOw3MZnzJaFVZNqntSgw6ZTEVApS_vYg_n5TGlEPtBAj3UGfNCpcqrOgihfZAxf-UYQyylpCtOK5LPvPriNiQ/s1200/space.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="798" data-original-width="1200" height="266" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjmFP3Qpq4PxoROLoNOtsOt6oMcNo8b-btKJNojkdEjtqB7kAbUlXILUL83FOKqHJ6jNuXXN7lSLPG1EkDNIyGh9S5iUDSC6PzpZnAZkbOw3MZnzJaFVZNqntSgw6ZTEVApS_vYg_n5TGlEPtBAj3UGfNCpcqrOgihfZAxf-UYQyylpCtOK5LPvPriNiQ/w400-h266/space.jpg" width="400" /></a></div><p>Während Bibi und Tina angesichts des sie direkt betreffenden Rummels auf dem Martinshof ihren Kopf wieder aus den Wolken und weltweiten Krisen nehmen, steckt Spooky gedanklich dort fest. Sie sucht den Sinn dort draußen, opfert jegliche Aussicht auf entspannende Ferien auf dem idyllisch-harmonischen Martinshof der Suche nach, Erforschung von und Spekulation über extraterrestrisches Leben. Obwohl sie früh erahnt, dass Freddy sich in sie verschossen hat, und dies auch erwidert (immerhin bezeichnet sie sich erfreut als seine "Gefährtin"), braucht es lange, bis sie den Aussichten einer ganz und gar bodenständigen Liebesgeschichte ernstlich Aufmerksamkeit schenkt.</p><p>Pauletta Pollmann spielt die abgedreht gekleidete Spooky mit einer faszinierenden Verschrobenheit: Eloquent, aber kindlich näselnd, streng fokussiert in ihren Zielen, jedoch mit schweifendem Blick, changiert Spooky zwischen kindlicher Unbedarftheit und verkopftem Nerdtum. Allzu schnell will man sie aufgrund solcher Formulierungen wie "Nicht ich hab mir den Namen ausgesucht, der Name hat mich ausgesucht" oder ihrer Alienobsession in die Querdenker-Ecke stellen, allerdings entkräftet sie dergleichen konsequent durch Belesenheit, Begeisterung für wissenschaftliche Fakten und das kritische Hinterfragen der örtlichen Massenhysterie.</p><p>Somit wird Spooky, obwohl sie für das Voranschreiten der diversen Handlungsfäden weniger verantwortlich ist als der saukomisch-alberne V. Arscher und die emotional komplexe Disturber, zum Scharnier zwischen zwei entscheidenden Konzepten dieses Films: Sie steht für die erschlagene Fragestellung "Wer sind wir? Woher kommen wir? Sind wir allein?" und die allzu schnell daraus resultierende, fälschliche Mutmaßung, dass individuelles Unbehagen doch im Gesamtbild belanglos sei. Gleichzeitig wird Spooky in den wiederkehrenden Themenkomplex der Selbstakzeptanz und des gegenseitigen Hinnehmens, wie man ist, eingewoben – und darf sogar die Initiative bei der pointierten, finalen Begegnung des Films übernehmen. Selbstredend frei von Vorverurteilung.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhXdzvxIhpuTp3jil2nzuf2PeBs53vF2hpebSIJqFcAYS_mjvYTC2D2oPqEI2blL862n93YzRmsJPB9orNbxH1Ghf8TdTQ_sjXjyHI8vB3BdWmBpJp8oqulZ8j2UVGVHw9mO5Hf3cVoc37oqgXTYmLXRva5dZi91BS7VUVJq7E_wMPeUH8XAbHj2HOr0w/s1919/bt7.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1080" data-original-width="1919" height="225" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhXdzvxIhpuTp3jil2nzuf2PeBs53vF2hpebSIJqFcAYS_mjvYTC2D2oPqEI2blL862n93YzRmsJPB9orNbxH1Ghf8TdTQ_sjXjyHI8vB3BdWmBpJp8oqulZ8j2UVGVHw9mO5Hf3cVoc37oqgXTYmLXRva5dZi91BS7VUVJq7E_wMPeUH8XAbHj2HOr0w/w400-h225/bt7.jpg" width="400" /></a></div><p>So abgespaced <i>Bibi & Tina – Einfach anders</i> inhaltlich sein kann, ist die große Erdung in seiner Erzähltemperatur und Bildsprache nicht nur eine Möglichkeit zur Abgrenzung von den vier Filmen mit der früheren Besetzung, sowie ein vollauf verinnerlichtes Vorleben seiner Botschaft. Sie gestattet Buck zudem, eine andere Facette seines filmemacherischen Seins auszuleben und somit zweimal authentisch, doch grundverschieden <i>Bibi & Tina </i>seinen Stempel aufzudrücken.</p><p>Nach den vier Filmen, die das überdrehte, stolz-feist Dinge ausprobierende Wesen des <i>Rubbeldiekatz</i>- und <i>Asphaltgorillas</i>-Regisseurs zum Ausdruck brachten, steht in <i>Einfach anders</i> die in sich ruhend-urgemütliche "Ja, das is' halt so, guck nich' so verdattert!"-Charakteristik Bucks hinter der Kamera. Während dabei sein Gespür für Ironie etwas seltener durchschimmert, glänzt nun umso mehr sein aus Filmen wie <i>Erst die Arbeit und dann?</i> und <i>Karniggels</i> bekanntes Händchen für Lakonie. </p><p>Ebenso selbstverständlich wie schillernd führt ausgerechnet eine Kartoffelernte-Passage in <i>Einfach anders</i> vor, wie mühelos Buck zwischen Wesenszügen wechselt – womit er als Regisseur die "Du kannst mehreres gleichzeitig sein, und trotzdem 100% du"-Erkenntnis vormacht, die beispielsweise die Rebellin Disturber verinnerlichen muss, um zu erkennen, dass sie sich nicht verrät, wenn sie Freundschaften knüpft: Erst fängt er mit liebevollem Blick für's Detail die banal-simple, urige Form der Kartoffelernte mit Pferd und Pflug ein. Dann lässt er den entadelten Grafen mit breitem Grinsen und quirlig-sprudelnder Stimme ein Loblied auf die Mannigfaltigkeit der Kartoffel singen, womit Falko durchblicken lässt, dass er die langweilige Normkartoffel bedauert und jede Eigenheiten aufweisende Knolle beneidet. Eine inhaltlich schräge Nummer, die Buck zeigt, als sei sie Alltag auf den Feldern Falkensteins, ohne ihr dabei den Witz zu rauben.</p><p>Dieser Ansatz, ein quirliges Wesen geerdet zu vermitteln, setzt sich in der Darstellung der Titelheldinnen fort: Hirschberg und Herbig-Matten haben ihre Rollen nun noch stärker verinnerlicht als in der <i>Bibi & Tina</i>-Realserie. Sie spielen im Kinofilm mit weniger Campiness als ihre Vorgängerinnen, und legen sie mit weniger pubertärer Launenhaftigkeit an – ganz so, wie es zu Skript und Regieführung passt. Trotzdem geben Hirschberg und Herbig-Matten Bibi und Tina unbeirrt eine für diese Figuren nahezu unerlässliche Fröhlichkeit und Unbeschwertheit mit, die je nach Situation Facetten dazugewinnt, die ins Freche, Trotzige oder Mitfühlende tendieren. Kuschelwelt-Cartoonfiguren, ins Reale übertragen – eine diffizile schauspielerische Aufgabe, die hier wirkt wie das Leichteste auf der Welt.</p><p>Von diesen gewitzt-sympathischen Figuren geschultert, ist <i>Bibi & Tina – Einfach anders</i> eine wundervolle Kinozeit. Trotz seiner klaren Haltung ist er zu keinem Zeitpunkt didaktisch. Er mag auf wunderbare Weise die Werte der Vielfalt, des Zusammenhalts und der Authentizität vorleben, allerdings versprüht er in erster Linie eine einladende, unaufgeregte Atmosphäre: <i>Einfach anders</i> ist der filmgewordene Entspannungsurlaub auf einem kauzigen Reiterhof, auf dem es trotz aller Heile-Welt-Kuschelmentalität dank der einzigartigen Charakterköpfe, die sich dort tummeln, niemals langweilig wird. <i>Einfach anders</i>:<i> </i>Einfach schön.</p><p style="text-align: center;"><b>Bibi & Tina – Einfach anders ist in vielen deutschen Kinos zu sehen.</b></p>Sir Donnerboldhttp://www.blogger.com/profile/04238428839176798622noreply@blogger.com0