Vielleicht aber auch eine Welt, in welcher der sexuell Desinteressierte die heißeste Ische der gesamten Schule abschleppt, weil er sich eine neue Brille kauft?
Filme leben von der Erwartungshaltung der Zuschauer. Wer sich einen actionreichen Film ansehen will, wird sich kaum über Verfolgungsjagden und Explosionen beschweren, während das sich anschmiegende Pärchen beim Ansehen des "Romantik-Tipp des Tages" niemals auf die Idee käme, den Protagonisten eine wutentbrannte Trennung an den Hals zu wünschen.
Zugleich möchte der Zuschauer an gewissen Stellen überrascht werden, um ein ideales Filmerlebnis zu haben.
Dieses Gebäude stürzt zusammen, wenn man nach wenigen Sekunden entnervt den restlichen Film vor dem geistigen Auge weiterspinnen kann, weil ähnliche Filme schon seit gefühlten Jahrhunderten die selben Wege gehen. Die der Zuschauer einfach nicht mehr betreten will...
Das sind sie... die Filmklischees, die ich nicht mehr sehen kann:
- Deutsche Filme behandeln mit großer Demut die dunkelsten Epochen der Vergangenheit unseres Landes: "Heute startet die neuste große, deutsche Kinoproduktion...", wenn dieser Satz oder ähnliche Aussagen fallen, weiß man bereits, was kommt. Mit rollenden Augen wartet man schon auf den Inhalt. Wer spielt dieses Mal den menschenverachtenden Nazi? Welcher deutscher Jungschauspieler fällt nun gegen seinen Willen in den braunen Strudel der Hitlerjugend? Versteckt dieses Mal ein Mann eine Jüdin, in die er sich verliebt, oder versteckt sich ein Jude bei einer Deutschen? Was hat die RAF heute schönes vor? Und flieht Veronica Ferres zu Fuß in den Westen oder baut sie sich aus einer Spreewaldgurke und einer Tellermine einen Heißluftballon? Wieso, wieso, wieso muss in deutschen Filmen andauernd unsere Vergangenheit verarbeitet werden? Leute... wir sind erschöpft. Wissensmüde. Wir können keine Nazis mehr sehen. Und das ist scheiße, denn wenn plötzlich einer vor uns steht, dann rennen wir nachher noch in ihn rein, statt ihn zu verprügeln (wie es sich gehören würde). Wie heißt der erfolgreichste deutsche Film der letzten Jahre? Richtig. KeinOhrHasen, eine romantische Komödie im Hier und Jetzt. Weder wird der Hase aus einer alten Nazi-Uniform gebastelt, noch hört jemand von der Stasi Nora Tschirner und Til Schweiger beim Sex ab. Zufall, dass dieser Film so ein großer Erfolg wurde? Ich glaube kaum...
- Männer zerstören Beziehungen. Frauen nicht. Es.Hängt.Mir.Zum.Hals.Raus. Ein Traumpaar lässt seine Liebe von der Leinwand triefen. Beide Partner sind wunschlos glücklich in dieser Beziehung. Und dann knallt er die Tochter der Fleischfachverkäuferin von nebenan. Oder er verkauft die gemeinsame Brut der Liebe (also den Sohn) für einen Breitbildfernseher an die italienische Mafia. Nach einem stressigen Tag im Büro verprügelt er seine geliebte Ehefrau mit einem Tacker und einem Kühlschrankmagneten, weil sie sein Lieblingsessen nicht genügend gesalzt hatte. Oder alles zusammen. Ginge es nach Hollywood, würden 98,7% aller heterosexuellen Beziehungen daran scheitern, dass der männliche Part in der Beziehung strunzdoof ist, fremdgeht und grundlos zu Aggressionen neigt. Zum Glück kämpfen manche Autoren langsam gegen diesen Sexismus an. Judd Apatow liefert derzeit als Regisseur und Produzent gelungene "Männer-RomComs" ab, und auch Pixar zeigt, wie herzlich Männer sein können. Ohne das andere Geschlecht als Bösewicht abzustempeln. Mehr davon.
- Aliens sind grau und haben tränenförmige Köpfe. Eine simple Forderung: Das graue, tränenköpfige Alien wurde einfach totgeritten. Solange man das abgenutzte Äußere als Gag nutzt (etwa American Dad), passt sie natürlich. Ernst nehmen kann man sie aber nicht mehr, Herr Spielberg. Lasst eure Charakterdesigner wieder was arbeiten, liebe Hollywoodproduzenten.
- Fürze sind witzig. Nein, sind sie nicht.
- Das L-förmige Bettlaken: Mann und Frau vereinten sich gerade (mehr oder weniger) leidenschaftlich. Der Akt ist zu Ende, das Paar liegt im Bett und die Kamera schwebt über ihnen, blickt auf sie herab. Sein Oberkörper ist frei, die Bettdecke bedeckt erst seine Hüften und alles darunter. Sie dagegen hat die Decke bis zur Gurgel hochgezogen, da der Film kein R-Rating hat. Was soll der Quatsch? Ein solches Bettlaken gibt es nicht, und unnatürlich ist das auch. Wenn schon keine nackte Frauenbrust, dann auch keinen nackten Männeroberkörper, da er sich auch zudeckt. Und da wir schon dabei sind... woher haben Filmfiguren eigentlich immer die Unterwäsche her? Eben noch zogen sie sich komplett aus, die Kamera fuhr langsam über den mit Hosen, Oberteilen, einem G-String, einer Boxershort und einem BH bedeckten Boden. Kaum ziehen die Leute die Bettdecke weg, haben sie Unterwäsche an. So eine Super-Luxus-Leute-Ankleide-Zauber-Bettdecke gibt es nicht. Auch wenn sie eine Investition wert sein könnte. Vielleicht.
- Horrorfiguren sterben nie so ganz. Es reicht einfach. Immer und immer wieder werden Mike Myers & Co. am Ende des Films erschossen, erstochen, verbrannt, gevierteilt, erhängt oder sonstwas. Wenige Jahre später erscheint eine Fortsetzung, und egal was mit dem Killer, Monster oder sonstwas angestellt wurde... Es steht einfach von den Toten auf. Das muss wirklich nicht sein. Es reicht. Wenn unbedingt eine Fortsetzung kommt, dann tötet das fiese Wesen einfach gar nicht erst. Das macht eine Fortsetzung plausibler...
Ähnliche Artikel:
1 Kommentare:
Wunderbar. Genau meine Meinung ^^. Das mit den deutschen Filmen stört mich auch schon seit Ewigkeiten. Den Rest kann ich auch so unterschreiben. Sehr schön.
Kommentar veröffentlichen