Freitag, 17. Oktober 2008

Von MM-Pop und Floh Floh Action

oder: Die Rückkehr von Sir Donnerbolds Schrank des Schreckens
Anfang des Jahres präsentierte ich euch eine Trilogie des musikalischen Verbrechens: Bugs Bunny und seine Techno Freunde, Käpt'n Blaubärs Alles im Lot Party und What Happened To Rock 'n' Roll, drei CDs, die von mir aufgrund ihrer Schandtaten an der Menschheit in die Untiefen meines Schranks verbannt wurden. Jetzt, wo sich Halloween anbahnt, und somit auch die Zeit des Grauens, habe ich ihn wieder geöffnet und eine weitere Geisel der Musikindustrie zu Tage gefördert. Eine CD, die es sich zum Auftrag machte die Gehörgänge von Erziehungsberechtigten zu zerstören, während sie sich zeckengleich im Gehirn der Zielgruppe festsetzt. Wie ein schäbiger Parasit sitzt der Inhalt dieses kommerziell vermarkteten Albtraums in meinem Schädel und löst immer wieder grauenhafte Erinnerungen frei. Ich spreche von einer CD, der es nicht genügt allein mittels ihres Inhalts Angst und Schrecken zu verbreiten. Diese CD ist kein Armageddon, nein. Sie ist ein Vorbote des Schreckens. Denn in ihrem Titel versteckt sich eine geheime Botschaft, die den Untergang alles Guten vorhersagt. Ich spreche von...
Mickys Mega Charts Vol.1
Als wäre es nicht genug, uns für immer mit grauenhafter Musik zu traumatisieren. Nein... Die fiesen Schergen von Disney Enterprises müssen uns gleich mit einem Nachfolgealbum drohen. Dieses ist zwar bislang noch nicht erschienen, doch es ist sicherlich nur eine Frage der Zeit. Ich bin mir sicher, dass die Reiter der Apokalypse sich den zweiten Teil bereits auf ihren iPod geladen haben. Bis dahin schwirrt uns das Original im Kopf herum. Schlimm genug. Der Teil meines Gedächtnisses, in dem sich diese CD vor mittlerweile elf Jahren festsetzte ist nicht einfach nur unbrauchbar geworden, nein. Er ist verseucht. Verätzt. Aggressiv. Erst gestern zersetzte das "Micky-Mega-Charts-Zentrum" meiner grauen Hirnmasse sämtlicher meiner Erinnerungen an... an... Äh... Ich weiß noch nichtmal mehr, was ich wegen dieser verflixten CD vergessen habe. War ich je tanzen mit einem Roboter namens Carmen? Mickys Mega Charts Vol. 1 ist ein Verbrechen an der traditionsreichen Geschichte Disneys. Falsche Sprecherbesetzungen, Kontinuitätsfehler und ein raffgieriges, hinterhältiges Konzept stehen für dieses Musikalbum und im völligen Gegensatz zu Disneys üblichen Standards. Allein schon beim Cover angefangen... Micky, Goofy, Pluto und Tick, Trick und Track sind ja okay bis gut. Aber wie zittrig wurde denn Daisys Kopf gemalt? War der Zeichner auf Entzug? Und was ist bitte mit Donalds Gesicht los? Das vom Betrachter aus gesehen linke Auge ist ja völlig grässlich. Als hätte der arme Donald was ganz schlimmes im Auge. Chillipulver. Oder eine Fruchtfliege. Oder eine Fruchtfliege, die ihr neues Chillipulver-Kleid Probe trägt. Legt man die Silberscheibe des Grauens erstmal ein, erkennt man, dass das Cover jedoch trügt: Donald hat seine gewohnte Stimme, ist dementsprechend gut getroffen. Seine Neffen dagegen... Statt die leicht quackigen, aber zugleich verständlichen DuckTales-Stimmen oder die ebenfalls passenden und sehr angenehmen Sprecher aus Quack Pack zu wählen werden wir mit schrägen, vielen Tönen verfehlenden und hochgepitschsten Jaulstimmen maltretiert. Auch Dagobert gönnte man keinen etablierten Sprecher. Statt wie ein reicher, rüstiger, alter Abenteurer mit schottischen Wurzeln, harter Schale und weichem Kern zu klingen, klingt Dagobert auf diesem Album wie ein verrückter Rentner mit lockerem Gebiss. Grausig. Die anderen Figuren bekamen glücklicherweise ihre richtigen Stimmen verliehen, was den Schmerz allerdings nur ein wenig zu lindern vermag. Dass die Neffen in zehn von sechszehn Liedern zu hören sind spricht nämlich Bände für die Qualität dieses Albums... Nicht nur, dass die Lieder dämlich sind, nein, die Texte sind voller Fehler. Micky Maus rappt? Dagobert Duck isst einen teuren Truthahn? DER Dagobert Duck, der berühmte Geizkragen? Goofy hat Flöhe? Goofy? Nicht Pluto?! Pluto ist ein Haustier-Hund! Goofy ist ein Mensch... also, ein antropomorpher Hund... Der fängt sich keine Flöhe ein! Im Entenhausener Zoo sind Dinosaurier... Dinosauerier... Nicht einmal bloß einer, gleich mehrere?! Hallo?! Wer hat sich die Texte ausgedacht? Hat diese Lusche überhaupt jemals ein Entenhausen-Comic gelesen? Überhaupt, das komplette Konzept ist nichts anderes als eine Raubkopie der Schlumpf-CDs aus den 90er Jahren. Bereits die waren haarsträubend, doch Disney hat es geschafft mit dieser dreisten Kopie alles zuvor dagewesene in Sachen Grauenhaftigkeit zu übertrumpfen. Seit wann muss Disney die Ideen anderer klauen? Disney steht für Magie, Originalität, Kreativität. Nicht für kommerziellen Ideenklau! Ihr fandet das alles schon schlimm? Nun, dann macht euch auf den absoluten Schocker gefasst, denn jetzt werde ich euch den größten Schrecken ins Gesicht schleudern, den ihr diesen Monat erleben werdet! Vergesst was ich geschrieben habe. Wirklich. Löscht es aus eurem Gedächtnis. Nicht alles, doch den Großteil könnt ihr geflissentlich vergessen. Ja. Echt. Die Idee hinter diesem Album ist zwar dreist geklaut, und Tick, Trick, Track und Dagobert wurden absolut fehlbesetzt. Und ja, manche Melodien sind wirklich nervenzerfetzend und stupide. Doch der Großteil dieser CD ist in Wahrheit... gut. Mickys Mega Charts ist eine sorgfältig produzierte und sehr gut geschriebene Kinder-CD. Eigentlich ist dies ihr größter Fehler. Stehen Disneys klassische Charaktere normalerweise für Generationen übergreifende Unterhaltung, ist diese CD mit ihrem kindlichen Humor, den simplen Texten und den Comicstimmen auf eingängig-unkomplizierten Melodien strikt an Kinder gerichtet. Doch im Vergleich zu anderen Kinder-CDs der 90er, wie den eingangs erwähnten Techno-Alben oder den Schlümpfen, steckt hier durchaus Liebe zum Ausgangsmaterial dahinter. Bereits das Blaubär-Album hatte ja gute Texte, welche allerdings durch die grausame Musik zerstört wurden. Hier bleiben die Originale nahezu unangetastet, während die pfiffigen Texte eine kleine, zu den Charakteren und dem Entenhausen-Universum passende Geschichte erzählen. Das Album ist sozusagen ein Hörbuch mit einer Sammlung mehrerer Kurzgeschichten. Nur werden diese halt gesungen, statt gesprochen vorgetragen. Gelungen sind zum Beispiel "Mr. Tüchtig", basierend auf "Mr. Wichtig" von Tic Tac Toe, in dem die Neffen und das Schwärmlein Kohlmeisen über einen Pfadfinder-Wettbewerb singen oder "FC-Entenhausen" (basierend auf "Bamboleo"), in dem Micky einen Betrugsskandal beim Entenhausener Fußballverein aufdeckte, lange bevor der Café King-Skandal auch nur für möglich gehalten wurde. Und auch wenn es schon einige Überwindung kostet, sich an einen rappenden Micky zu gewöhnen, so ist auch Micky renn' (über Mickys Teilnahme an einem triatholn, bei dem einer der Teilnehmer unfair spielt) ein ganz pfiffiges Lied, was wohl der atmosphärischen Vorlage "Let It Rain" in Verbindung mit der hervorragenden Tonabmischung zu verdanken ist. Auch "Der Samba Wettbewerb" ("(Un Dos Tres) Maria") über Daisy, die mit Gustav an einem Tanzwettbewerb teilnimmt und deshalb mit Donalds Eifersucht zu kämpfen hat. Die kleinen Geschichten in den Songs sind im Grunde vereinfachte und musikalisch unterlegte Handlungen, wie sie im Micky Maus Magazin als Comic vorkommen könnten. Die zwei besten Lieder auf der CD sind mit Abstand das wirklich witzige von einem Sommerurlaub der Ducks mitten in der Eiswüste erzählende Hatschi Hatschi Hatscho, welches die Vorlage Batschi Batschi Batscho, den verzweifelten Versuch nach Schema F einen erfolgreichen Sommersong aus dem Boden zu stampfen, locker in die Tasche steckt, sowie Onkel Don (Der Marsflug) (basierend auf On And On), indem Donald, Tick, Trick und Track von einem kleinen Weltallabenteuer singen. Wie uns allerdings bereits Käpt'n Blaubär zeigte nutzen gute Texte nichts, wenn die musikalische Vorlage an den Nerven zerrt. Die auf altbekannten Kinderliedern, Ohrwürmern und musikalischen Gehirnschmelzen wie La cucaracha, Ya Ya Yippee oder 10 kleine Jägermeister aufbauenden Songs sind wahre Horrorvorstellungen. Auch "MM-Pop" oder "Floh Floh Action", die auch besonders nervigem Kinder- und Teenie-Pop der 90er basieren sind kaum besser. Und unter der dümmlichen Melodie leidet natürlich auch die eh schon simple Erzählstruktur... Die Ausrutscher auf diesem Album sind tatsächlich so grauenhaft, wie ich eingangs das gesamte Album beschrieb. Und auch wenn die Highlights in Mickys Mega Charts ganz gute Kinderlieder sind, so muss ich aufgrund der qualvollen restlichen Songs diese CD in meinen Schrank des musikalischen Grauens stecken. Fazit für das gesamte Album: 8% auf der Schmerzskala 2% auf der Peinlichkeitsskala Sonderwertung für die schlimmsten Ausrutscher: 313 imaginäre Schläge gegen den Musikantenknochen

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen