Dienstag, 13. September 2011

Autokino

Foto gemoppst von ErriTollsten

Vergangenes Wochenende fand in meiner Region zum vierten Mal das alljährliche Autokinoevent statt. Für zwei aufeinanderfolgende Tage wird zu diesem Anlass auf ein einem alten Zechegelände eine aufblasbare Leinwand (16 x 8m) geparkt und eine Radiofrequenz geentert, über die der Filmton gesendet wird. Freitag- und Samstagnacht laufen dann nach Einbruch der Dunkelheit jeweils zwei Kinofilme aus der jüngeren Vergangenheit - und je Vorstellung machen circa 250 Autos (mit jeweils mindestens 2 Insassen) den Spaß mit.

Na gut, ein bisschen habe ich geflunkert: 2008 liefen bloß drei Filme, nämlich Mamma Mia!, der dritte Teil der Mumie-Reihe und Til Schweigers nunmehr legendären Keinohrhasen. Ein Ereignis, dass ich mir nicht entgehen lassen wollte. Doch als ich mich damals mit einigen Freunden im Schlepptau nach den Karten für das ABBA-Filmmusical informierte, waren sie bereits ausverkauft. Die anderen Filme reizten uns nicht genug, und so verschoben wir das Vergnügen. Tja, 2009 gab es dann erstmals vier Filme, allerdings war die Auswahl nicht gerade spannender (Vorstadtkrokodile, Illuminati, Ice Age 3, Fast & Furious). Also auf 2010 gewartet, wo das bisherige Qualitäts-Tief erreicht wurde: Karate Kid mit dem so arrogant wirkenden Sohn von Will Smith, Twilight 3, Kindsköpfe (*würg*) und Knight & Day.

Dieses Jahr waren wir aber richtig heiß auf das Autokino. Verflucht noch eins, seit vier Jahren findet das statt, und wir waren nie dabei?! Das kann ja nicht angehen, und so checkte ich gegen Ende des Sommers die Webseite des Veranstalters, ungeduldig auf die Filmliste wartend. Die kam dann eines Tages, und, jau, zwei Filme, die ich liebend gern im Autokino sehen würde. Je einer pro Tag. Freunde informiert und... plötzlich mutierte das ganze zu einer Mordsaktion. Wir gehen nicht einen, nicht zwei, nein, alle vier Filme gucken! Da man an einem gepflegt zelebrierten Autokinoabend eh kau metwas anderes machen würde, kann man sich an beiden Tagen ja auch den uninteressanten der beiden Filme anschauen. Die sind dieses Jahr ja noch immer besser als Kindsköpfe, Karate Kid oder Twilight 3. Außerdem waren wir dann pro Veranstaltungsjahr einmal im Autokino... so gesehen. Gedacht, gesagt, Karten gekauft, getan!

Ohhh... ein Äffchen!

Freitag Abend gegen 19 Uhr ging es dann los: Sieben Leute, drei Autos. Da wir beide Filme sehen wollten, wurde uns bei Kartenkauf gesagt, wir sollten schon bei Einlass um 19 Uhr da sein und uns einen Platz in der ersten Reihe sichern. Das wäre organisatorisch am klügsten. Als wir unsere zugewiesene Parkplätze einnahmen, waren wir dann nicht gerade begeistert: Noch näher an die Leinwand, und wir könnten sie bemalen. Mit Blick aus der Windschutzscheibe sahen wir nur das unterste linke Drittel des Bilds. Meckernd verplemperten wir die zwei Stunden bis Filmstart mit Getränke- und Knabbereienkauf im Supermarkt und Smalltalk mit Zufallsbegegnungen auf dem "Kinogelände".

Dann ging er los, der Film des Abends: Hangover 2. Den nochmal zu gucken, dieses Mal in größerer Gruppe und mit Autokino-Feeling sowie (für Nichtfahrer) ein paar kühlen Bierchen in Griffnähe war schon eine sehr coole Sache. Und mit runtergekurbeltem Seitenfenster war der Blick auf die Leinwand eigentlich dann doch makellos. Auf Dauer verkrampfte ich zwar schon bei der sehr ungewohnten Sitzhaltung, so teilweise aus dem Fenster hängend, allerdings hat es sich aufgrund des kumpelhaft-lockeren Rahmens gelohnt. Danach kam Fast & Furious Five... und ich weiß, was ihr jetzt denkt. Erst beschwere ich mich über dessen Erfolg, und dann fahr ich selbst in den Streifen. Aber wo könnte man ihn besser sehen, als im Autokino? Zudem ist das Kind eh schon in den Brunnen gefallen, als wäre ich nun Schuld an dem Erfolg.

Naja, es war trotzdem vergebene Liebesmühe. Der Film ist so lala, halt wirklich nichts groß anderes als ein Ocean's Eleven ohne das coole Setting, mit einem weniger talentierten Cast und bloß halb so smart. Dafür mit mehr Autos. Und ich geb zu, gegen Dwayne Johnson in Ocean's Fourteen hätte ich nichts. Aber so langsam wurde es unbequem im Auto, so dass der mich eh nicht groß reizende Streifen auch nicht weiter vom Drumherum profitierte.


Am Samstag haben wir uns dann sprichwörtlich aus dem Fenster gelehnt und den eigentlichen Sinn eines Autokinos auf den Kopf gestellt. Da wir ja wussten, wieder ganz vorne platziert zu werden, dachten wir uns: "Sollen sie doch! Wir nehmen ein Radio mit und Campingstühle. Sitzen ja eh in der ersten Reihe... Packen die Stühle aus, setzen uns vor das Auto und fertig!"

Und exakt das haben wir unter amüsiert, aber auch neidischen Blicken unserer "Nachbarn" in der ersten Reihe getan. Das Auto wurde mit dem Kofferraum zur Leinwand geparkt, so dass wir die Kühlbox und die zahlreichen Naschereien praktisch anrichten konnten, und ein altes, tragbares Radio lieferte uns den Ton zu Bad Teacher, während wir es uns in unseren tollen Klappstühlen bequem machten. Der Film enttäuscht mich noch immer, aber, wow, so unter Freunden, mit großem Vorrat an Biermix und Chips entwickelte sich eine unglaubliche Vereinigung aus Festival-Gefühl und Kino-Erlebnis. Man konnte unbesorgt über Schwächen des Films lästern (wen sollen wir schon stören, die Leute in den geschlossenen Autos?), es war bequem, das Wetter was ausnahmsweise toll...

Tja - und dann kam die Krönung des Wochenendes. Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten. Mittlerweile lernte die Veranstaltungsleitung wohl, dass sie die Autos zu weit vorne geparkt hat, und gestattete so, dass alle ein, zwei Meterchen zurücksetzen. Wir blieben außen vor. Wenn man nicht in einem Auto saß, war die erste Reihe kaum zu schlagen. Mittlerweile war der Himmel schwarzblau, mit einigen, wenigen Wolken bedeckt. Neben mir kein einziges Auto mehr, vor mir eine riesige Leinwand. Und da ich völlig im Film abtauchen wollte, klingte ich mich aus dem gemeinschaftlichen Radiohören aus. Mit Hilfe meines MP3-Players (inkl. Radiofunktion) hörte ich mir den Kinoton in 1a-Qualität an, jederzeit fähig, für meine musikalischen Lieblingspassagen die Lautstärke aufzudrehen. Der Vollmond wachte über die Riesenleinwand und ein mal laues, mal stärkeres Lüftchen sorgte dafür, dass man sich wie auf hoher See fühlte. Einmalig.

Ja, die Qualität der Kopie war nicht ausgezeichnet. Sie war etwas dunkel und auch nicht gestochen scharf. Doch so hatte ich alles: Ich fühlte mich wie in einer Privatvorstellung. Konnte die Autokino-Nostalgie nachfühlen. Hatte Festival-Stimmung und gewissermaßen interaktives Kino. Nun, der Wind hätte besser auf die Handlung abgestimmt sein können ("Die sind gerade in einer Kabine, hallo, Windstille...!"), aber trotzdem... Ihr müsst euch einfach mal dieses Bild vorstellen. Nur die Leinwand, der dunkle Himmel und ein strahlender Mond. Besser geht's kaum!

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2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Großleinwand (16 x 8m)
- das ist normalerweise der kleinste Saal in nem Multiplexx...

Aber ansonsten echt tolle Sache ^^

Anonym hat gesagt…

16x8 der kleinste Saal in einem Multiplex? Wo lebst du denn? Dann zeig mir mal dieses Kino mit der kleinsten Leinwandgröße von 128qm, muss ja ein sehr sehr großes Kino sein...

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