Sonntag, 29. Januar 2012

Gedanken über das Kinojahr 2011


Üblicherweise sagt man ja in der Zeit von Heiligabend bis Silvester, dass man sich "zwischen den Jahren" befindet. Aus filmischer Sicht würde ich aber sagen, dass wir uns jetzt zwischen den Jahren befinden. Hollywood, und somit ja irgendwie die ganze filminteressierte (westliche) Gesellschaft, blickt auf das Kinojahr 2011 zurück, um die (vermeintlich?) besten und wichtigsten Leistungen mit Statuetten und Titeln zu prämieren. Sofern man nicht in den USA lebt, ist diese Phase dann gleichermaßen Rückblick, wie auch Vorschau. Denn viele Filme, die für den Oscar nominiert sind, starten in hiesigen Gefilden erst in den kommenden Wochen und Monaten.

Die meisten Jahresrückblicke in den großen Medien finden bereits Anfang Dezember statt. Was meines Erachtens nach absurd früh ist. So verpassen große Rückblicke öfters wichtige Ereignisse. Die ganze Affäre Wulff spielte in den Jahresrückblicken 2011 keine Rolle. Inwiefern soll das also als Jahresrückblick durchgehen? Ich halte es deshalb eher mit AMPAS und blicke lieber erst nach dem Jahreswechsel zurück. So kann man auch etwas Abstand gewinnen und vermeiden, den Dezember zu akut zu bewerten. Klar, die meisten wollen ihre Kinorückblicke lieber im Dezember haben, und denen werfe ich mit meiner Kino-Flopliste und meinem musikalischen Rückblick auch sehr gerne einen Knochen zu. Doch das mir wichtigste, die Filmwelt die mir nicht die Zornesröte ins Gesicht schreibt, die bekommt ihre Würdigung erst nach Jahresende.

Dass es dieses Jahr aber so lange gedauert hat, tut mir ehrlich leid. Aber ich hatte zu viel um die Ohren, als dass ich einen meinen eigenen Ansprüchen genügenden Kinorückblick auf 2011 hätte früher veröffentlichen können. Jetzt kann es allerdings endlich losgehen - für die kleine Handvoll an Leuten, die sich jetzt überhaupt noch für meine Gedanken zum Filmjahr erwärmen können.

Generelle Gedanken: Wie war das Kinojahr 2011?
Musikalisch und biographisch war 2011 für mich ja eher ein Episodenfilm mit sehr, sehr leicht übersehbarem thematischen roten Faden. Dem deutschen Kinojahr 2011 kann ich hingegen, anders als seinem Vorjahr, recht leicht einen Stempel aufdrücken. Für mich lässt es sich nämlich problemlos mit der Überschrift "Ziemlich unterschätzt" versehen. Wenn ich mich in meinem Umfeld so umhöre und einschlägige Ecken des Internets durchwühle, so scheint der allgemeine Konsens im Bezug auf 2011 "joah ... 'ne Nullnummer ohne Kracher und ohne Müll" zu sein. Dabei waren es doch zwölf richtig starke Kinomonate!

So war es doch eigentlich ein tolles Jahr für den typischen Blockbuster und Film-Franchises. Harry Potter wird wohl niemals zu einer Welt, für die ich mich erwärmen kann, aber alle Potter-Anhänger, die ich so kenne, sind mit dem Finale der Kinoreihe richtig glücklich. Mit Fast and Furious Five kann man mich brutal langweilen, aber Freunde der Reihe und sogar Filmkritiker feierten ihn als besten Teil der Reihe. Leute, die Hangover nicht nur wegen der Story, sondern auch dem Humor mochten, hatten im Regelfall riesigen Spaß an Hangover 2 (ich auch), Kung Fu Panda 2 gehört zu den besseren Trickfilm-Fortsetzungen, Der gestiefelte Kater räumte mit den letzten beiden Shrek-Filmen sein Katzenklo auf, Sherlock Holmes 2 kam beim Publikum (so weit ich das richtig überblicke) toll an, die Marvel-Filme wurden von denen, die sie sich denn auch angesehen haben, fast durchgehend ins Herz geschlossen, Mission: Impossible - Phantom Protokoll erinnerte uns (wieder einmal) daran, dass Tom Cruise ja eigentlich gar kein so mieser Kerl ist, Super 8 war ein besserer Spielberg-Film, als die meisten Spielberg-Streifen der letzten Jahre ... Also, in Sachen Blockbuster gibt's doch kaum etwas zu meckern! Gut, Transformers 3 und Breaking Dawn 1 haben so manchen Gelegenheitskinogänger und Internetpromi in die Verzweiflung getrieben, aber sind wir mal ehrlich: Bei diesen Filmen weiß man schon vorher, was man bekommt. Entweder ist man die Kernzielgruppe (CGI-süchtiger Teenie-Boy oder Kitsch-süchtiges Teenie-Mädel) oder eben nicht.

Oh, und meint ihr etwa, ich gehe hier nicht auf Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten ein? Die Filmkritiker heulten, der Film sei kompliziert (die selben, die Fast and Furios Five für seinen Plot lobten ... mhm, genau ...), bei den Fans wurde er hingegen wohlig aufgenommen. Und ich hatte meinen riesigen Spaß mit ihm.

Jedoch war 2011 nicht nur ein tolles Blockbuster-Jahr, sondern auch ein großartiges Arthouse-/Programmkino-/Kunstfilmjahr. Wo 2010 noch enorm enttäuschte, war 2011 sowohl kommerziell, als auch qualitativ und imagetechnisch ein fantastisches Jahr für den gedankenvollen Film. Es half natürlich, dass mal wieder einige US-Produktionen von 2010 erst nach dem 1.1. 2011 nach Deutschland kamen, trotzdem konnten sich die geschmacklich distinguierteren Kinos in den letzten Monaten die Hände reiben:

Black Swan verführte mehr als 2 Millionen Kinogänger, The King's Speech schaffte es sogar in die Jahres-Top-Ten. Das deutsch-türkische Drama Almanya kam auf fast 1,5 Millionen Besucher, Der Gott des Gemetzels, Tree of Life und Midnight in Paris brachten drei verehrte Regisseure nicht nur wieder ins Gespräch, sondern erschlossenen ihnen auch ein neues Publikum, Melancholia war zwar kommerziell kein großer Wurf, zog aber viel (positive) Aufmerksamkeit auf sich ... Da sah es 2010 noch deutlich düsterer aus. Kurzum: Wieso soll 2011 kein denkwürdiges Kinojahr sein?

Die Enttäuschungen 2011
Gut möglich, dass die großen Enttäuschungen des Jahres die vorherrschende Meinung unnötig düster einfärbten. Denn so mancher Film war 2011 zwar nicht per se schlecht, jedoch äußerst enttäuschend. Sucker Punch hätte ein fantastischer "Hirn aus, Reizüberflutung an!"-Streifen werden können. Er wollte ein audiovisuell überwältigender, smarter Film mit bestechender Aussage und in sich schlüssiger Logik sein. Und letztlich ... wurde es ein halbfertiger, wirklich netter Versuch von Zack Snyder, seine überbordende Fantasie mit seiner eigenen Herangehensweise an Action und einigen klugen Ansätzen zu verbinden, der daran scheitert, dass alles nunmal nur angedacht wird. Ich erkenne, dass Snyder Größeres vorhatte, aber es gelang ihm nur in der Intro-Sequenz, bei der Ankunft des "High Rollers" und (wenngleich streitbar) in der Musicalsequenz im Director's Cut. Ich habe (im Gegensatz zu manch anderen Kritikern) nicht einmal in Erwägung gezogen, Sucker Punch zu den schlechtesten Filmen des Jahres zu zählen. Aber er hätte ein Favorit für die Bestenliste sein können. Stattdessen landete er irgendwo im grauen Mischmasch - und das ist bei all den Ambitionen Snyders wahrlich enttäuschend.

Ein starkes Stück schwächer war dagegen Bad Teacher: Was ein politisch inkorrekteres "Hangover in einer Schule" hätte werden können und sollen, wurde zu einer Rüpelkomödie, die sich nichts traute, eine schwarze Komödie, die zu farbenfroh sein wollte, ein komödiantisches Desaster, das nicht wusste, ob es das Publikum gegen seine Hauptfigur aufbringen will oder eben doch nicht. Bad Teacher versäumte nur knapp den Einzug in meine Flopliste des Jahres, da Cameron Diaz ehrlich versucht, aus dem verschnittenen Film und unebenen Skript noch ein bisschen Humor rauszuholen. Und Jason Segel ist höchst wahrscheinlich hochglücklich vom Muppet-Set vorbeigestolpert, um noch etwas Esprit zu versprühen. Ansonsten: Faule Gags, die auf die Schnaue fallen. Neee, das war nichts!

Eine andere herbe Enttäuschung war Source Code. Ich fand immer noch keine Gelegenheit, Duncan Jones' Regieerstling Moon zu sehen, allerdings wittere ich langsam, dass Jones wieder einer dieser Regisseure ist, die ich für gehörig überschätzt halte. Zumindest Source Code nach zu urteilen ist er wieder einer dieser Kerle, die überdurchschnittliche, nicht aber herrausragende Ware abliefern, bei denen sich aber ein paar elitäre Nasen fanden, die ihn zu einem Künstler ernennen - und schon plappern es alle nach. Man muss nur etwas gegen das Ende von Source Code sagen, und schon wollen einem vier, fünf dahergelaufene Leutchen jegliche Bildung aberkennen. Nein, ich verstehe das Ende von Source Code sehr wohl, es betrügt bloß jegliche zuvor aufgebaute Atmosphäre sowie die "moralische Logik" des Films. Dieser Sci-Fi-Thriller ist spannend und emotional involvierend, bloß ärgert es mich umso mehr, dass in der letzten Viertelstunde alles mit dem Hintern wieder eingerissen wird. (UPDATE: Ich habe Moon endlich gesehen!)

Und dann wäre da Jodie Fosters Der Bieber mit Mel Gibson: Zwischendrin kann man nicht schnell genug atmen, um mit dem Lachen hinterherzukommen, andere Male ist es ein vergnüglich-rührender Blick auf Depressionen ... und dann fühlt es sich für lange Strecken einfach nur wie eine minimal zynischere Kinoversion eines Disney-Fernsehfilms (Pre-High School Musical!) an. Die Botschaft ist so überdeutlich, die Familie so quirlig überzeichnet... Alles irgendwie schade.

Ein Film kann mir allerdings auch sehr gut gefallen, obwohl er mich enttäuschte. So geschah es mit dem folgenden Titel: Der vielleicht am meisten überschätzte Film 2011 ist für mich nämlich Gore Verbinskis Animationsdebüt Rango. Und, so viel sei an dieser Stelle verraten, trotzdem werdet ihr ihn in meiner Jahresbestenliste antreffen! Der Kritikerkonsens scheint bloß irgendwie etwas durchgeknallt zu sein: Rango wurde für seine Verschrobenheit, seinen immer wieder kurz aufkeimenden Surrealismus gelobt, als ein im publikumstauglichen Kleid verstecktes, kleines Experiment in Sachen Genre-Hommage/-Revolution/-Parodie gefeiert. Und, ja, all diese Elemente sind in Rango vorhanden, jedoch setzt Verbinski sie in seinem animierten Western schlechter um, als in Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt. So gibt es eine durchgeknallte, sich an Dalí und Verbinskis Vorgängerfilm orientierende Traumsequenz ... die bloß im Film ist, weil man auf originelle Weise eine Epiphanie herbeiführen wollte. Am Ende der Welt hatte für seine Ausflüchte in die Bereiche der Traumlogik einen triftigen, handlungsimmanenten Grund. Um bloß ein Beispiel zu nennen. Rango ist schon schrill und cool, ich werde deshalb bald eh genug ins Schwärmen geraten, allerdings machten manche Kritiker aus ihm die neue Trickfilm-Offenbarung. Und die ist er, zumindest für mich, nichtmal ansatzweise. Wäre Rango in irgendeinem anderen Jahr gestartet, wäre er höchstwahrscheinlich "nur" mein liebster Non-Disney-Animationsfilm. Dass er 2011 den Trickthron eroberte, hat er zu einem gewissen Grad der sehr, sehr miesen Form von Pixar zu verdanken.

Liebling, ich habe das Publikum gehasst
Traditionen soll man pflegen, und manche davon sind besonders pflegeleicht. Man sollte denken, dass nach mehreren epischen Schimpftiraden mein Vorrat an Geschichten über nervige Kinogänger erschöpft sei. Weit gefehlt! Schon letztes Jahr gab es Nachschub, und auch dieses Jahr musste ich mich ab und an über mein cineastisches Umfeld aufregen. Herausstellen möchte ich zwei Vorfälle. Zum einen die Vorpremiere von The Green Hornet: Mittwochabend, Großstadt, volles Haus, hauptsächlich männlich und kurz nach der Pubertät. Das Kino unserer Wahl ist ein Haus, das sehr notorisch auf ein werbelastiges Vorprogramm setzt. In manchen Lichtspielhäusern überwiegen die Trailer, in diesem hingegen Lokalwerbung (allein schon für DREI!!! Wellness-Zentren), Produktwerbung, Veranstaltungshinweise ... so 'n Scheiß halt.
Dieser Abend war aber etwas besonderes, denn es liefen gleich zwei "Gib Aids keine Chance"-Spots, von denen ich das gesamte restliche Jahr über keinen einzigen mehr im Kino oder Fernsehen gesehen habe.

Der erste war ein absolut typischer Spot, wie man ihn bestimmt schon dutzendfach gesehen hat, im Grunde eine verfilmte Version der aktuellen Plakatkampagne: Ein milchbärtiger Bubi und ein knackiges Mädel machen rum, stoppen, irgendeine rhetorische Frage folgt, Kondom wird aus der Tasche gezogen, Slogan einblenden, yada, yada ... Reaktionen auf den Spot gab es wenige, bloß ein paar Kerle mussten lautstark attestieren, wie scharf das Werbemädchen ist, und dass sie es knallen würden. Nicht sonderlich distinguiert, aber meinethalben ...

Einen Wellness-Werbespot später erfüllte aber ein zweites, in schummrigen Licht eingefangenes Jugendzimmer die Leinwand. Dem nun spielenden Anti-Aids-Spot sollte allerdings deutlich mehr Aufmerksamkeit zu Teil werden: Aus einer eng anliegenden Herrenjeans pellt sich langsam ein wohlgeformter, Boxershorts verhangener Bubenhintern. Der Rücken dieses sich ausziehenden Jungens wird vorfreudig von einem Paar Hände abgetastet. Es folgt ein Schnit, der enthüllt, wie der Besitzer dieser ausgefülten Jeans aussieht. Und wie sein Date aussieht: Zwei Jungs mit zartem Gesicht küssen sich leidenschaftlich und ...

WWAAAAAH! IIIIIH! BAAAAH! ... ein kollektiver Schock überkommt die außerordentlich lautstarke Mehrheit des Saalpublikums. Der Ekel ist unüberhörbar, zwischen all diesen geräuschvollen Anwiderungsbekundungen pieksen ein paar peinlich berührte Lacher hervor, und mit fortschreitender Werbung finden die ersten Zurückgebliebenen ihr Sprachzentrum wieder. Ein Feuerwerk der homophoben Beschimpfungen wird gen Kinoleinwand entlassen, zwei oder drei wünschen sich mit brummender Stimme "die scharfe Ische mit den prallen Titten" von vorhin zurück ... Ich habe nicht den blassesten Schimmer, wie lang dieser Werbespot überhaupt lief, mir kam es aber wie eine halbe Ewigkeit vor und es dauerte noch einige Spots und Trailer, bis ich mich aus dem sprichwörtlichen Grund und Boden rausziehen konnte, in den ich vor Fremdscham versunken bin. Wo war ich gelandet, dass so ein schlichter Anti-Aids-Spot mit zwei jungen Männern die Emotionen derart hochkochen lassen kann?

Dagegen war der kleine Junge in der Rio-Vorstellung noch richtiger Balsam für die Seele. Der hat einfach nur ganz euphorisch jeglichen Text vorgelesen, der eingeblendet wurde. Inklusive der Studiologos! Außerdem wusste er für die ersten zwanzig oder dreißig Minuten immer, was als nächstes geschehen wird. Kleine Anmerkung am Rande: Ich sah den Film mehrere Tage vor dem offiziellen Kinostart! Wo auch immer der Bub' seine Infos her hatte, seine Quellen waren sehr gut über Rio unterrichtet. Und versteht mich nicht falsch, ich hätte ihm gerne seinen Hosenboden lang gezogen. Aber immer noch besser einen überengagierten Jungen im Grundschulalter, als einen ganzen Mob an Spätpubertierenden, die sich in ihren eng gesteckten Vorstellungen sexueller Moral beleidigt fühlen, und kurz davor sind, das Kino mit brennenden Mistgabeln und stinkenden Fackeln im Anschlag kurz und klein zu hauen.

Schöne Stunden zu zweit
Oder zu dritt, zu viert, zu fünft ...
Ich meckere ja gerne über andere Kinogänger, doch da ich noch immer sehr gerne ins Kino gehe, muss es mir ja offensichtlich etwas bieten, das über meine schlechte Erfahrungen hinwegtröstet. Es ist wirklich noch lange nicht jedes Saalpublikum unausstehlich, und deswegen möchte ich an dieser Stelle auch einigen magischen Kinomomenten Tribut zollen. Denn wenn die Leute richtig mitgehen oder das Drumherum stimmt, dann kann das Kinoerlebnis den betroffenen Film so richtig aufwerten.

So muss ich das sehr euphorische Tron: Legacy-Publikum erwähnen, das am Startwochenende die 3D-Vorstellung im größten Saal eines meiner Stammkinos richtig mitging. Die Gags kamen sehr gut an (sogar kleinere Anspielungen an das Original erhielten einige wohlwissende Kicherer), es wurde mehrfach über das visuelle Spektakel gestaunt, die (bemühten) ernsteren Szenen wurden mit ehrfürchtiger, statt gelangweilter Stille bedacht und man spürte, wie die Musik von Daft Punk bei ihren Höhepunkten richtig aufgesogen wurde. Nach Filmschluss hörte man beim Rausgehen auch an allen Ecken und Enden Mutmaßungen, wie es wohl weitergehen könnte. Man merkte: Irgendwie haben sich da einige Tron- und generelle Sci-Fi-Fans zusammengerottet. Als ich den Film ein paar Tage später in einem anderen Kino sah, waren die Publikumsreaktionen wesentlich gediegener.

Der absolute Geek-/Nerdgasmus war aber die Vorführung von Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt im Studentenkino. Der Film selbst gehört ja eigentlich in den Artikel zum Kinojahr 2010, diese Vorstellung fand aber im Februar 2011 statt, also ... suck it! Und, wow, so muss Scott Pilgrim im Kino erlebt werden! Es wurde enorm laut gelacht, jede noch so verschrobene Anspielung fand Anklang, die Indie-Musik wurde gefeiert, es war ein kollektives Wohlfühlsein wie in einem richtig guten Konzert. Ohne, dass es so ausartete, so dass man vom Film nichts mitbekam. Wir haben den Film zu fünft gesehen, davon waren meine vier Begleiter allesamt Scott Pilgrim-Jungfrauen, und alle gingen mit dem Film mit. Bei manch anderen frenetischen Vorführungen im Studentenkino haben Ahnungslose den jeweils bejubelten Film dagegen gar nicht richtig mitbekommen können – das ist dann natürlich wieder zu viel des Guten.

Und natürlich ist mein Filmjahr 2011 auch sehr stark von Pirates of the Caribbean geprägt. Was sich auch auf die besten Kinoerlebnisse auswirkte, denn wenn die richtige Veranstaltung und/oder die richtigen Kino-Mittäter wählt, bietet sich diese Filmreihe für mich als Fan einfach für schwer vergessliche Kinostunden an. Noch bevor Fremde Gezeiten den Weg ins Kino fand, ging es bereits im Februar mit dem Fluch der Karibik-Konzert grandios los. Diese ikonische Filmmusik live zu hören, ist einfach was ganz besonderes, und ich freue mich schon auf das nächste Mal. Allerdings soll Disney auch endlich aus den Puschen kommen und Konzerte zu Teil 2 & 3 ankündigen. Und bitte, dieses Mal nicht erst in der Schweiz und Bayern austesten. Was soll der Driss? Die erste "Staffel" der Fluch der Karibik-Konzerte, Lost, Fantasia ... Der Rest des deutschsprachigen Raums ist ebenfalls kultiviert genug für solche Veranstaltungen, also startet eure Testballons auch etwas weiter nördlich!

Dann kam mit dem Mai halt auch endlich Fremde Gezeiten, und bei dem Film war eigentlich nahezu jeder Kinogang etwas einmaliges. Mit einem ganzen Packen Freunden die Mitternachtspreview sehen, nachdem zur Einstimmung die Vorgängerfilme geguckt wurden? Klasse. Mit einem genauso intensiv auf jedes Detail achtenden Fan ins "Heimatkino" streunen und den Streifen ganz genau analysieren? Jepp, ebenfalls super. Open-Air bei Vollmond? Berückend! Überhaupt hat das Autokino-Wochenende eine lobende Erwähnung verdient. Nicht perfekt organisiert, die Hälfte der Filme waren mir schnuppe, doch mit den richtigen Leuten macht man sich ein wahres Event draus ...

Um aber nochmal spezifisch auf Fremde Gezeiten zurückzukehren: Der Filmmoment des Jahres war definitiv Jacks und Gibbs großartiges, kameradschaftliches und sich (für Fans) heftig ins Postmoderne lehnende Geplänkel ganz zum Schluss des Films. Hier brach der Film, der sich zuvor mehr ins Feeling klassischer Abenteuerromane und piratiger Schauermären lehnte, zu neuen, selbstironischen Horizonten auf und sorgte jedes einzelne Mal dafür, dass nicht nur das ganze Kino lachte, sondern sich auch jedes Mal "meine" Sitzreihe besonders intensiv schieflachte. Absurde Vorschläge, Ziegen, eine Will-Turner-parodiert-Jack-Verballhornung ... Zwerchfell, wir alle hörten dich knacksen vor Schmerz!

Positive Überraschungen
"Was hat The King's Speech bei dieser Unter-Überschrift als Titelbild zu suchen?!?!"
Nun, ein anderer Film hat mich deutlich mehr überrascht, aber den wollte ich lieber an einer anderen Stelle zur Illustration nehmen, deshalb muss der letztjährige Oscar-Gewinner ranhalten. Bei dem erwartete ich natürlich keinen Schrottfilm, jedoch hatte ich vorab durchaus die Vermutung, dass es ein schlichtes Stück "Oscar Bait" sein könnte, dem die Academy grundlos aus der Hand frisst. Und dass es letztlich bloß ein annehmbares, nettes Drama sei. Stattdessen war The King's Speech wirklich stark, mit ausgefeilten Dialogen und superben Darstellungen. Ich hätte ihm nicht unbedingt den Oscar gegeben, aber ich gönne es diesem Film vollauf.

Die für mich dickste Überraschung 2011 war jedoch J. J. Abrams Stück 80er-Blockbusternostalgie Super 8. Während die Hälfte des (US-)Internets bei Anblick der Trailer in einen kollektiven Rausch der Begeisterung verfiel, ließen mich die nach "E.T. ist zurück ... und er ist angepisst" schmeckenden Trailer eher kalt zurück. Ich wusste nicht, worauf ich mich denn groß freuen sollte. Produzent Spielberg und sein x-tes Alien? Filmkinder, die sich garantiert nicht echt anfühlen, die auf die Tränendrüse drücken? Neeee ... Der eigentliche Film hingegen weckte in mir die Begeisterung, die alle beim Trailer verspürten. Großartige Kinderdarsteller, ein herrliches 80er-Feeling und gelungene Alien-Suspense. Super. Auch Scream 4 überraschte mich nach dem miesen Scream 3 sehr positiv, ebenso verhielt es sich mit Der gestiefelte Kater, der dem totgelaufenen Shrek-Franchise ein höchst amüsantes Abenteuerfilmchen entlockte.

So weit also meine halbwegs strukturierten Gedanken zum Kinojahr. Als nächstes muss ich noch ein paar Wackelkandidaten für meine Jahresbestenliste ganz genau und kritisch betrachtet, mir meinen Kopf über ein paar Platzierungen zerbrechen, und noch vor den Oscars sollte ich mit dem Jahr 2011 abschließen. Hübsch von mir, nicht wahr?

Empfehlenswerte Artikel:

2 Kommentare:

Irrsternchen hat gesagt…

Für mich persönlich gehört Sucker Punch zu den absoluten Highlights im vergangenen Jahr. Kann da deine Kritik nur bedingt verstehen, aber der Film hat ja die Gemüter ähnlich geteilt wie Inception ;)

Was ich in meinem Rückblick in der Tat vergessen hatte war King´s Speach. Ohne Zweifel eine Überraschung im vergangenen Jahr, auch wenn ich finde, dass er sich nur schwer einordnen lässt. Definitiv allerdings "ganz großes Kino" ^^

Sir Donnerbold hat gesagt…

Mein Problem mit "Sucker Punch" ist halt, dass er mir für einen Film, der oberflächlich betrachtet "geile Action" bieten und bei näherer Betrachtung intellektuell ansprechend sein möchte, zu sehr zwischen beide Stühle fällt. Da hat natürlich jeder ein anderes "Schmerzempfinden". Mir hätte also entweder mehr harte Action oder mehr Tiefe geliefert werden müssen - wenn es für dich z.B. sehr wohl genug Action war, ist das natürlich völlig legitim. Ich hätte mir halt gewünscht, dass Zack Snyder sein Skript zur Sicherheit noch in etwas erfahrenere Hände gelegt hätte.

Dafür fand ich z.B. "Die drei Musketiere" wieder SO dumm, dass ich an diesem Schwachfug Spaß hatte. Das siehst du ja wiederum anders und fandest ihn einfach *schulterzuck*. Kann ich sogar verstehen. Und dennoch krieg ich das Grinsen nicht aus meinem Gesicht, wenn ich an den Film denke. *g*

Kommentar veröffentlichen