Freitag, 20. April 2012

Disneyland°2 - The Sleeping Beauty Castle & Le Château de la Belle au Bois Dormant


Welcome, foolish mortals!


Disneyland Paris feiert sein 20-jähriges Jubiläum, und während ich es kaum erwarten kann, die großartig angekündigte neue Wassershow Disney Dreams! selbst zu sehen, ist dies für mich die ideale Gelegenheit, den hiesigen Park mit dem Anaheimer Original zu vergleichen.


 


Das zentrale Schloss stellt Prunkstück und Symbol eines jeden Disney-Parks dar.
Als Disneyland 1955 seine Pforten öffnete, war das Dornröschenschloss einfach eine ideale Gelegenheit, um auf den in Produktion befindlichen Disneyfilm aufmerksam zu machen. Die märchenhafte Silhouette wurde bald zu einem der ikonischsten Symbole überhaupt für Disney und selbst das computergenerierte Schloss im neuen Disney-Pictures-Logo, das eine Kombination der verschiedenen Disneyschlösser darstellt, kommt dem Anaheimer Original doch noch am nächsten.









 










 
Der zweite Disney-Park in Orlando bekam mit seinem Cinderella-Schloss eine völlig neue Konstruktion, und während in Hong-Kong und Tokyo jeweils identische Nachbildungen dieser zwei Schlösser stehen, ist Disneyland Paris der einzige Park, in dem das Dornröschenschloss ganz neu interpretiert wurde. Bei seinem Standort im Herzen von Frankreich und nur wenige Stunden von den prachtvollen Loire-Schlössern entfernt, erkannten die Disney-Imagineers die Notwendigkeit, dass diese Inkarnation des Schlosses bei weitem prächtiger sein musste, um es mit den Schönheiten der Umgebung aufnehmen zu können. Wie seine Vorlage, so ist auch dieses Schloss stark von König Ludwigs Neuschwanstein inspiriert - seinerzeit selbst eine Rückbesinnung auf klassische Märchenschlösser - und die Ähnlichkeit der beiden Disney-Schlösser ist nicht zu übersehen. Doch während das Original wirklich aus einem zuckrigen Märchenfilm entsprungen scheint, so nimmt die Pariser Version die Herausforderung an, ein nahezu realistisches Bauwerk darzustellen.

 

In Los Angeles habe ich mich mit einer Amerikanerin über Disneyland Paris unterhalten, und sie fragte, warum wir überhaupt ein eigenes Schloss hätten, wenn es in Europa doch genug echte Burgen gibt - ein Gedanke, der mir nie in den Sinn gekommen wäre. Allerdings kamen wir gemeinsam schnell auf die Lösung: Auch in unseren Gestaden muss man eben nach Disneyland gehen, will man ein pinkes Schloss erleben. 
 
Das Pariser Schloss ist so groß, dass es beinahe von jedem Punkt des Parkes aus sichtbar ist; eine Rolle, die in Anaheim eher das Matterhorn einnimmt. Zwar führt dies zu einer größeren geistigen Verbundenheit der verschiedenen Länder, andererseits kann die Überlappung der verschiedenen dargestellten Kontinente und Zeitspannen auch zu unfreiwillig komischen Bildern führen.


 

Natürlich ist das Schloss trotz allem nicht in Originalgröße gebaut, sondern nutzt wie beinahe jedes Gebäude in Disneyland eine falsche Perspektive für seine scheinbare Größe. Trotzdem ist das Innere beider Schlösser groß genug, um Platz für eine kleinere, Dornröschen gewidmete Attraktion zu schaffen - auch wenn diese in den beiden Versionen sehr unterschiedlich ausgefallen ist.
In Anaheim beherbergt das Schloss eine Walk-Through-Attraktion; einen schmalen Gang, der einmal quer durch das Gebäude führt und dem Besucher eine Ansammlung von Fenstern bietet, in denen Szenen aus Dornröschen in kleinen Tableaus räumlich nachgestellt sind. Da diese noch vor Fertigstellung des Films geschaffen wurden, stellen sie die Filmszenen nicht unbedingt 1:1 dar, doch dafür halten sie sich in ihrer bewegten Zweidimensionalität perfekt an den Stil des Films, der von mittelalterlichen Wandteppichen inspiriert ist. Die Attraktion ist übrigens auf der Platinum-Edition von Dornröschen in digitaler Form rekonstruiert.
In Paris wird das Motiv der Wandteppiche noch wörtlicher genommen. Über einigen Souvenirläden befindet sich im ersten Stock eine mittelalterliche Galerie, in der man die Geschichte des Märchens anhand von handgearbeiteten Glasfenstern und Teppichen erleben kann. Zusätzlich befindet sich unterhalb des Schlosses eine dunkle Höhle, in der der gewaltige Drache - mit seinen 27 Metern seinerzeit die größte Animatronic-Figur überhaupt - sein Zuhause hat. Nebenbei bemerkt bietet diese Höhlen mit ihren verschiedenen Ausgängen morgens oft ein Schlupfloch für ungeduldige Besucher, die noch vor der allgemeinen Öffnung ins Fantasyland schlüpfen möchten.




Wenn der Tag sich dem Ende neigt und der Park in (relativer) Dunkelheit versinkt, hat das Schloss natürlich noch eine höchst spektakuläre Aufgabe zu erfüllen: Es stellt die Kulisse für das nächtliche Feuerwerk dar, das perfekte Ende eines jeden Disneyland-Besuches.
Während das Feuerwerk in Anaheim wirklich allabendlich bewundert werden kann, sind die Pariser Restriktionen leider weitaus schärfer: Aus Lärmschutzgründen findet es nur in der Sommersaison oder zu speziellen Gelegenheiten statt. Diese Saison muss es sogar komplett der neuen Wassershow weichen, doch dazu später mehr.

 
 Ein Vergleich der verschiedenen Feuerwerke ist schwierig, nicht zuletzt, da sie saisonbedingt immer wieder wechseln. Zu bemerken ist auf jeden Fall, dass in Anaheim Glöckchen persönlich einige Runden über das Schloss fliegt und ihren Glanz verteilt. Meiner persönlichen Meinung nach stellt das Pariser Schloss insgesamt einfach die atemberaubendere Kulisse dar. Besonders von meinem Lieblingsplatz an der rechten Seite, von wo das Schloss in seiner ganzen Pracht direkt vor dem Betrachter in den Himmel ragt, ist es die wahrgewordene Manifestation jeden Disney-Traumes.

Chronicle


Was aus Hancock hätte werden können, gehört zu den bedauerlichsten Hollywood-Entwicklungen der vergangenen Jahre: Ein erschütterndes Superhelden-Drama mit bösem Humor und einem verantwortungslosen Helden, das aus kerniger Action und sehr viel Tragik besteht. Stattdessen bekamen wir einen Film, der nur unwesentlich mutiger als der Durchschnitt war und nach derberen Superhelden-Komödien wie Kick-Ass schwer an Attraktivität verloren hat.

Chronicle zeigt uns, selbstredend mit einer ganz eigenen Geschichte, wie Hancock tonal hätte aussehen können. Wahrscheinlich ist er sogar ein gutes Stück besser, als Hancock im Idealfall geworden wäre. Denn Chronicle vereint das Superheldengenre mit dem Spaß juveniler Internet-Tagebücher, dem "mittendrin, statt nur dabei"-Thrill eines Cloverfield sowie einer tragischen Coming-of-Age-Geschichte. Es ist fast so, als hätte der weit gelobte Mobbingopfer-Fernsehfilm Homevideo seinen übernatürlichen Cousin gefunden. Eine Mischung, die man sich nur schwer vorstellen kann, die aber sehr gut aufgeht und für 90 sehr intensive Kinominuten sorgt.

Auch der Einsatz des "Found Footage"-Stils ist schlüssig: Der von seinem Vater bedrohte, in der Schule ständig schikanierte Andrew baut mit seiner Filmkamera eine Barriere zwischen sich und der ihn verletztenden Umwelt auf. Als er, sein Cousion Matt und der beliebte Schüler Steve auf ein mysteriöses Objekt stoßen, das ihnen Superkräfte verleiht, wird aus diesem Schutzmechanismus des Filmens eine Videochronik dessen, wie die drei Jungs durch das gemeinsame Geheimnis ihrer telekinetischen Kräfte zu Freunden werden und ihre Kräfte trainieren. Mit größerer Macht steigen allerdings auch die Gefahren, denn Außenseiter Andrew hat trotz allem Probleme, sich gegen seinen Vater und gemeine Mitschüler zur Wehr zu setzen ...

Manche verglichen Chronicle schon mit den Fantastic Four (pfffff...), andere mit Akira oder Carrie. Teilt das Regiedebüt von Josh Trank mit den letzten beiden Filmen zumindest ein paar grundlegende Themen, so ist es letztlich doch eine ganz eigene Entität. Das liegt vor allem daran, dass die gewählte Medienform dieses Mal mehr als nur ein Gimmick ist, sondern eine schlüssige, die narrative Erzählweise beeinflussende Entscheidung: Chronicle wirkt wie ein persönliches Dokument, das eine zuweilen vergnügliche, sehr oft aber auch tragische Jugendgeschichte von Anerkennung, bedauerlichen Umständen, Rache und Verantwortungsgefühl erzählt. Während Matt und Steve zwar abgerundet, aber dennoch nur Standardfiguren sind, ist Andrew eine komplexe, verletzliche Figur, die Chronicle eine moralische Ambiguität verleiht. Es fällt einem schwer, sich in vielen Szenen nicht herbeizusehnen, dass sich Andrew an seinem Arschloch von einem Vater zur Wehr setzt. Dennoch bleibt stets bewusst, dass die Jungs mit harmlosen Blödeleien besser bedient sind.

Chronicle dreht im Finale vielleicht etwas zu sehr auf. Es ist beeindruckend, was mit einem 15-Millionen-Dollar-Budget geleistet wurde, auch wenn gelegentlich das Shading etwas unfertig scheint. Aber wer bereit ist, nach gelungener Figurenbildung auch ein etwas extremeres Finale in Kauf zu nehmen, wird in Chronicle mit einem außergewöhnlichen Genre-Mix belohnt, der seine steten Stimmungswechsel perfekt unter Kontrolle hat und wie aus einem Guss wirkt.