Posts mit dem Label Baz Luhrmann werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Baz Luhrmann werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Donnerstag, 19. Juli 2018

Die erfolgreichsten Musicals in Deutschland (Rang elf bis 20)

Deutschland, das Land der Musicalmuffel? Fast mag man das glauben: Der US-Sleeperhit Greatest Showman generierte hierzulande wohlwollendere Kritiken als bei der Presse auf der anderen Seite des Teiches, und dennoch ließen sich nur 710.500 Menschen von Hugh Jackman, Zendaya, Zac Efron und Konsorten in die Kinos locken. Tim Burtons blutiges Musicaldrama Sweeney Todd - Der teuflische Barbier aus der Fleet Street kam sogar nur auf 467.343 verkaufte Eintrittskarten - und dabei erschien er auf der Höhe des Johnny-Depp-Hypes. Selbst der (von Disney finanzierte) deutsche High School Musical-Abklatsch Rock it! erreichte mit 474.361 ein größeres Publikum.

Andererseits überrascht das deutsche Kinopublikum immer wieder: Der berühmt-berüchtigte Musicalstreifen Xanadu brachte es irgendwie auf mehr als 0,97 Millionen Interessenten, und der allmählich in Vergessenheit geratene Rockfilm Tommy, den ich hier mal als Musical zähle, brachte es damals auf 1,2 Millionen. Damit ist er auch extrem nah dran, zu den 20 erfolgreichsten Realfilmmusicals der deutschen Kinohistorie zu zählen.

Die Plätze 20 bis elf möchte ich euch nun an dieser Stelle präsentieren. Dabei gilt: Die Definition eines Musicals ist etwas schwammig, weshalb ich mich mit mir darauf geeinigt habe, dass die Gesangs- und Tanzsequenzen einen erheblichen Teil des Films ausmachen sowie die Story und/oder Figurenzeichnung vorantreiben müssen. Trotz mehrerer kleiner Gesangseinlagen sehe ich Mel Brooks Robin Hood - Helden in Strumpfhosen nicht als Musical, während euch auf Platz 19 ein Film begegnet, dessen Gesangseinlagen diegetisch sind, aber so aussagekräftig über die Figuren sind, dass der vermeintlich realistische Überbau des Films für mich wie ein narratives Gimmick daherkommt wie auch die Traumsequenzen im Musicalfilm Chicago. So oder so: Viel Spaß beim Entdecken und Erinnern!

Platz 20: Bibi & Tina: Voll verhext! (1,29 Millionen Ticketverkäufe)

Wow: Der zweite Teil von Detlev Bucks Bibi & Tina-Reihe kam nur neun Monate nach dem Erstling heraus. Was für ein Mordstempo. Und es lohnte sich: Die Fortsetzung erreichte an den Kinokassen über 127.000 Menschen mehr als der Beginn der musikalischen, kreativen Filmreihe voller Hexerei, Pferde, Teenie-Romanzen und verspielter Gags. Die mehrere Stimmungen und Stile durchlaufende Musik stammt, wie auch in den anderen Filmen der Reihe rund um die titelgebenden, von Lina Larissa Strahl und Lisa-Marie Koroll verkörperten Freundinnen, von Peter Plate, Ulf Leo Sommer und Daniel Faust.

Platz 19: A Chorus Line (1,30 Millionen Ticketverkäufe)

Die von Richard Attenborough inszenierte Filmadaption des gleichnamigen Broadwaymusicals des Duos James Kirkwood, Jr. & Nicholas Dante kam zu einer Zeit raus, als das Musical nicht als besonders hip galt. Doch der Film wusste, das Problem zu umgehen: Gewissermaßen ist er lange in unserer Realität verwurzelt und zeigt eine Gruppe hoffnungsvoller Talente beim Vorsprechen und Proben eines Musicals. Insofern ist es eigentlich eher ein Filmdrama über eine Musicalgruppe, und weniger ein Musical. Zumindest eingangs. Denn letztlich singen die Figuren dann doch Lieder aus einer Show-im-Film, die perfekt zu ihrer Charakterisierung und Gefühlslage passen, und Songs, die frisch aus ihnen herausbrechen und nicht gerade als spontane Castingidee durchgehen ...

Platz 18: Moulin Rouge! (1,35 Millionen Ticketverkäufe)

Noch ein Film mit einer Show-im-Film, nur dass hier keinerlei Zweifel bestehen, dass wir es mit einem Musical zu tun haben: Der Australier Baz Luhrmann hält mit Moulin Rouge! einen farbenfrohen, fieberhaften Wahngesang auf die Liebe ab und packt auch die Handlung rund um die Show-im-Film mit Gesang und Tanz voll. Zudem ist es eines der erfolgreichsten filmischen Jukebox-Musicals der Geschichte, denn der Sensationserfolg aus dem Jahr 2001, der die Musicalkunst wieder ins Augenmerk des breiten Publikums rückte, lässt Nicole Kidman, Ewan McGregor und Co. Rock- und Popkracher dahinschmettern, als gäbe es kein Morgen.

Platz 17: Evita (1,39 Millionen Ticketverkäufe)

"Don't Cry for Me, Argentina": Die Poplegende und vielfach als Schauspielerin verrissene Madonna schlüpft in diesem von Oliver Stone mitverfassten Musical-Biografiedrama in die Rolle der Politikerin Eva Perón - und wurde 1996 nach Kinostart ausnahmsweise mit positiven Kritiken bedacht. Von Alan Parker auf der Grundlage des Musicals von Tim Rice und Andrew Llyod Webber inszeniert, ist Evita das einzige Musical des vergessenen Disney-Tochterlabels Hollywood Pictures.

Platz 16: Yentl (1,39 Millionen Ticketverkäufe)

Während Evita in Deutschland aufgerundet auf 1,39 Millionen Kinobesucherinnen und Kinobesucher kam, bringt es mit Yentl ein anderes Musicaldrama abgerundet auf 1,39 Millionen Interessenten. Von Barbra Streisand als Regisseurin, Produzentin, Drehbuchautorin und Hauptdarstellerin getragen, setzt Yentl auf Musik von Michel Legrand und Liedtexte von Alan & Marilyn Bergman. Die 1983 gestartete Adaption einer Kurzgeschichte dreht sich um das titelgebende jüdische Mädchen Yentl, das sich nach dem Tod ihres Vaters als Mann verkleidet, um an einer Religionsschule zu studieren.

Platz 15: Verwünscht (1,41 Millionen Ticketverkäufe)

Dieses Disney-Mischfilmmusical aus dem Jahr 2007 lässt Amy Adams als Zeichentrickfigur ihr märchenhaftes Reich verlassen, um im modernen New York City zu lernen, dass es mehr gibt als nur die flüchtig erfahrene, wahre Liebe auf den ersten Blick. Bestückt mit vergnügt-selbstironischen Liedern von Disneys Haus- und Hofkomponisten Alan Menken und Texter Stephen Schwartz verneigt sich Verwünscht augenzwinkernd vor dem Disney-Erbe und erarbeitete sich damit sogleich drei Oscar-Nominierungen für den besten Song. Wundersamerweise ging der Film jedoch leer aus.

Platz 14: Bibi & Tina: Tohuwabohu total! (1,65 Millionen Ticketverkäufe)

Eigentlich wollte Detlev Buck bloß eine Bibi & Tina-Trilogie drehen, doch dann ist die Welt durchgedreht, und so sah er sich gezwungen, dem jungen Publikum eine Antwort auf den entstandenen Tumult zu präsentieren: Bibi & Tina: Tohuwabohu total! handelt unter anderem von der vermeintlichen Krise, die durch Flüchtlinge entsteht, von der Angst jener, die ihr Heimatland verlassen, um woanders eine bessere Zukunft zu finden, von Irren, die Mauern aus Hass bauen und vielem mehr. Harter Tobak, verpackt in eingängigen Liedern und im Mary Poppins-Sinne mit einem Löffelchen voll Zucker verdaulich gemacht.

Platz 13: La La Land (1,81 Millionen Ticketverkäufe)

Damien Chazelles Kritikerliebling aus dem Jahr 2016 lief in Deutschland erst 2017 an - und tanzte sich unbesorgt zu überaus löblichen 1,81 Millionen losgeschlagenen Eintrittskarten. Versehen mit Texten des Greatest Showman-Duos Pasek & Paul und Melodien aus der Feder des Komponisten Justin Hurwitz, lässt La La Land Emma Stone und Ryan Gosling durch die Zwickmühle "Beruf, Berufung oder Liebe" schreiten und macht auf dem Weg zur emotional aufwühlenden, wunderschön inszenierten Lösung einen beeindruckenden Haufen an Filmreferenzen.

Platz 12: Pink Floyd - The Wall (1,83 Millionen Ticketverkäufe)

Alan Parker steuert das wohl seltsamste Musical in dieser Liste bei: Die Verfilmung des gleichnamigen Konzeptalbums der einflussreichen Band Pink Floyd ist ein surrealer (Alb-)Traum, der zwischen düsteren Alltagsbildern, unwirklichen Einbildungen und Zeichentrickelementen hin und her switcht. Grob geht es um einen Rockmusiker, der an seine Kindheit und Jugend zurückdenkt und wie im Delirium Rückschläge und Ängste vor seinen Augen aufflimmern sieht. Ein introspektives Musical aus einer filmisch und musikalisch experimentierfreudigen Zeit. 1982 konnte sowas das deutsche Publikum noch in großen Scharen ins Kino locken. Heute wäre das wohl undenkbar ...

Platz 11: Bibi & Tina: Jungs gegen Mädchen (2,00 Millionen Ticketverkäufe)

Der dritte und ursprünglichen Plänen Bucks zufolge finale Teil der Bibi & Tina-Reihe ist das High School Musical 3 dieser kunterbunten, deutschen Filmreihe: Überbordend, durchgeknallt, hoch selbstironisch und voller Film- und Musikreferenzen, die über die Köpfe des jungen Publikums gepfeffert hinwegsegeln sollten. Und ein YouTuber rappt frauenfeindliche Klischees daher. Was halt so alles passiert, im Sommercamp ...


Samstag, 1. März 2014

Meine finale Oscar-Prognose 2014


In der Nacht vom 2. auf den 3. März ist es endlich so weit: Die 86. Academy Awards werden verliehen. Filmliebhaber aus der ganzen Welt blicken dann nach Los Angeles, um zu sehen, welche Filme als Gewinner in die Geschichte eingehen, wer zurecht und wer unberechtigterweise übergangen wird. Und selbstredend fragen sich mal wieder zahllose Zuschauer: "Wie gut habe ich wohl getippt?" Auch ich zähle mich zur Gruppe der passionierten Oscar-Tipper und möchte euch hier meine Vorhersage präsentieren. 

Wie ich vorgehe? Ich basiere meine Einschätzungen auf anderen Filmpreisen, Kritikerreaktionen, meinem Bauchgefühl und den Entscheidungen, die bislang bei den Oscars gefällt wurden. Eine Methode, die sich für mich in den vergangenen Jahren als relativ brauchbar erwies. Dieses Jahr ist es aber sehr knifflig, da die Indikator-Preisverleihungen sehr zwiegespalten urteilten. Nun, immerhin wird es also eine spannende Oscar-Nacht!

Prognostizierte Gewinner in Fett und Kursiv!

Bester Animationsfilm
  • Die Croods
  • Ich - Einfach unverbesserlich 2
  • Ernest & Celestine
  • Die Eiskönigin
  • The Wind Rises
Nahezu sämtliche Indikatorpreise, darunter der Golden Globe und der Annie, gingen an Die Eiskönigin, zudem eroberte dieser Film die Herzen von Kritikern und zahlendem Publikum gleichermaßen im Sturm. Es wäre töricht, gegen ihn zu tippen.

Bester fremdsprachiger Film
  • The Broken Circle – Belgien
  • Das fehlende Bild  – Kambodscha
  • Die Jagd – Dänemark
  • La Grande Bellezza – Die große Schönheit – Italien 
  • Omar – Palästinensische Autonomiegebiete
Oh du tückische: Diese Kategorie ist eine wahre Krux. Zwar gewinnen dann und wann gerne die Frontrunner (etwa: Nadar und Simin), doch häufig genug überholt ein anderer Kritikerliebling aus dieser Sparte den Film, der zuvor bei den Globes und BAFTAs den Award für den besten fremdsprachigen Film gewann (so verlor unter anderem Das weiße Band). Der Frontrunner dieses Jahr: Der in Europa alle Filmpreise einsackende La Grande Bellezza. Die möglichen "Spielverderber": Die Jagd und The Broken Circle. Ich versuche mich in einem Oscar-Tippspiel-Psychospielchen: Nahezu Jahr für Jahr setze ich auf den Frontrunner, doch dann wird es sein engster Verfolger. Daher gehe ich hier aktiv gegen meine Vernunftentscheidung (die wäre La Grande Bellezza) und setze auf Die Jagd.

Bester animierter Kurzfilm
  • Feral 
  • Get a Horse!
  • Mr Hublot 
  • Possessions
  • Für Hund und Katz ist auch noch Platz 
Auch wenn Mr Hublot, die originelle Geschichte eines Uhrenmachers mit Zwangsneurose, die nachhallende Fabel Feral, der im Miyazaki-Stil gehaltene Possessions über einen Samurai, der sich mit schaurigen Ereignissen konfrontiert sieht und die visuell runde Kinderbuchadaption Für Hund und Katz ist auch noch Platz alles etwas für sich haben, so bevorzugen die neuen Abstimmregeln bekanntere Kurzfilme. Get A Horse! gewann schon bei den Annies (hat also bei Animationskennern offenbar einen Nerv getroffen) und ist jedem Eiskönigin-Kinozuschauer bekannt. Ein relativ sicherer Tipp.

Bester Kurzfilm
  • That Wasn't Me
  • Avant que de tout perdre
  • Helium
  • Do I Have To Take Care of Everything?
  • The Voorman Problem 
Diese verflixte Kategorie. Gewinnt Helium, die traurige Geschichte eines todkranken Jungen und des Hausmeisters, der in dem Krankenhaus arbeitet, wo sich dieses Kind seinem Ende nähert? Ist es Avant que de tout perde, der von einer Ehefrau handelt, die vor ihrem brutalen Mann zu fliehen versucht? Wird es Do I Hate To Take Care of Everything?, der energetische, kurzweilige Film über eine Frau, die gegen Mittag aufwacht und feststellen muss, dass sie ihre ganze Familie für eine Hochzeit bereit machen muss? Oder doch That Wasn't me, ein minimalistischer Thriller über Kindersoldaten? Oder trifft es den viel Buzz auf sich ziehenden Kurzfilm The Voorman Problem, basierend auf einer Kurzgeschichte von Cloud Atlas-Autor David Mitchell über einen Psychiater, der einen Mann interviewt, der sich für Gott hält? Aufgrund der philosophischen Fragen dieses Films einerseits und der namhaften, spaßigen Besetzung (Martin Freeman und Tom Hollander) andererseits vereint letztgenannter Kandidat Kurzweil und Tiefsinn. Für mich ein Erfolgsrezept, zumal dieser Kurzfilm mitterweile der prominenteste aus diesem Feld ist. Sowas kann in den "kleinen" Kategorien selten schaden.

Bester Dokumentarfilm
  • The Act of Killing 
  • Cutie and the Boxer 
  • Dirty Wars: The World Is a Battlefield 
  • Al Midan 
  • 20 Feet from Stardom
Ein enges Dreierrennen zwischen Al Midan (Thema: Arabischer Frühling), 20 Feet from Stardom (inspirierende, energetische Doku über Background-Sängerinnen) und den verstörenden Kritikerliebling The Act of Killing, ein erzählerisches Experiment, in dem Völkermörder ihre Taten in Filmform nacherzählen sollen. Greifbar und relevant, in Film gepackte Euphorie oder surreal, intelligent und bösartig pointiert? Ich setze mit einem unguten Bauchgefühl auf die am häufigsten diskutierte und am lautesten gelobte Doku in diesem Feld.

Beste Kurzdokumentation
  • CaveDigger
  • Facing Fear
  • Karama Has No Walls
  • The Lady in Number 6
  • Prison Terminal: The Last Days of Private Jack Hall
Die Kategorie, in der es fast schon darauf hinausläuft, zu bewerrten, welches Thema einem mehr zu Herzen geht. In Reihenfolge der Nominierungsliste geht es dieses Jahr um: Eine Reportage über einen Künstler, der gigantische Sandskulpturen baut. Ein Neonazi trifft sein homosexuelles Gewaltopfer. Ein Blick auf die Todesfälle im arabischen Frühling. Die Älteste noch lebende Holocaustüberlebende, die davon erzählt, wie sie allein aufgrund ihres musikalischen Talents überleben konnte. Und zuletzt gibt es noch eine Doku über einen Todestraktinsassen, der von seinen Mithäftlingen gepflegt wird. Ich kann nicht anders, als auf die tragische, rührende Geschichte der Holocaustüberlebenden zu tippen.

Bester Ton
  • Captain Phillips – Chris Burdon, Mark Taylor, Mike Prestwood Smith und Chris Munro 
  • Gravity – Skip Lievsay, Niv Adiri, Christopher Benstead und Chris Munro 
  • Der Hobbit – Smaugs Einöde  – Christopher Boyes, Michael Hedges, Michael Semanick und Tony Johnson 
  • Inside Llewyn Davis – Skip Lievsay, Greg Orloff und Peter F. Kurland 
  • Lone Survivor – Andy Koyama, Beau Borders und David Brownlow
Jeder Film wäre ein verdienter Sieger, doch die Klangqualität von Inside Llewyn Davis, die dynamische Soundkulisse des klugen Thrillers Captain Phillips, das Knochenknacksen von Lone Survivor hatten alle bei den bisherigen Sound-Awards keine Chance gegen Gravity. Und da die Soundkulisse nicht nur überwältigend ist, sondern durch bewusste Auslassungen auch teils auffällig, glaube ich kaum, dass Gravity nun ausgerechnet beim Oscar verliert.

Bester Tonschnitt
  • All Is Lost – Steve Boeddeker und Richard Hymns
  • Captain Phillips – Oliver Tarney 
  • Gravity – Glenn Freemantle 
  • Der Hobbit – Smaugs Einöde – Brent Burge 
  • Lone Survivor – Wylie Stateman
Auch hier gilt: Gravity ist der bisherige Abräumer und da bis auf die Dialogfragmente alles künstlich erschaffen werden musste, ist dies auch die größte (und somit beste?) Leistung.

Beste Effekte
  • Gravity – Tim Webber, Chris Lawrence, Dave Shirk und Neil Corbould 
  • Der Hobbit – Smaugs Einöde – Joe Letteri, Eric Saindon, David Clayton und Eric Reynolds 
  • Iron Man 3 – Christopher Townsend, Guy Williams, Erik Nash und Daniel Sudick 
  • Lone Ranger – Tim Alexander, Gary Brozenich, Edson Williams und John Frazier 
  • Star Trek Into Darkness – Roger Guyett, Patrick Tubach, Ben Grossmann und Burt Dalton
So hämisch ich auch bei einem Sieg vom Lone Ranger grinsen würde: Gravity ist nahezu komplett computergeneriert, sieht aber aus wie eine Weltalldoku. Das garantiert den Sieg.

Bestes Make-up & Hairstyling
  • Dallas Buyers Club – Adruitha Lee und Robin Mathews 
  • Jackass presents: Bad Grandpa – Stephen Prouty
  • Lone Ranger – Joel Harlow und Gloria Pasqua-Casny
Sind wir mal ganz ehrlich: McConaughey und Leto haben sich für Dallas Buyers Club mager gehungert und erarbeiteten eine Leichenblässe. Das Make-up-Budget für den Film betrug 250 Dollar. Anders gesagt: So viel haben die nominierten Verantwortlichen nicht geleistet. Im Gegensatz zu den Leuten hinterm Altersmake-up der anderen beiden Filme. Eigentlich müsste Dallas Buyers Club hier leer ausgehen. Aber ... das wird nicht passieren. Auch wenn es Lone Ranger echt verdient hätte, wenn man nur an William Fichtner und den gealterten Tonto denkt.

Bestes Produktionsdesign
  • 12 Years a Slave – Adam Stockhausen und Alice Baker
  • American Hustle – Judy Becker und Heather Loeffler
  • Gravity – Andy Nicholson, Rosie Goodwin und Joanne Woollard
  • Der große Gatsby – Catherine Martin und Beverley Dunn
  • Her – K. K. Barrett und Gene Serdena
Hier ist eigentlich alles möglich: Gewinnt einer der drei Gewinner der Art-Directors-Guild, also das digitale, realitätsnahe Spektakel Gravity, Baz Luhrmanns popmöse Romanverfilmung Der große Gatsby mit seinen prachtvollen Sets oder doch die subtile Zukunftsvision von Her? Oder wird es doch die rau-dramatische Arbeit von 12 Years a Slave? Oder das opulente 70er-Feeling von American Hustle? Ich persönlich vertraue bei meiner Prognose auf die Liebe der Academy zum Look von launigem Retropomp, wie in Hugo Cabret, Die Geisha, Chicago oder Moulin Rouge. Wenn es aber doch Her wird, wäre ich hoch erfreut.

Beste Kamera
  • The Grandmaster – Philippe Le Sourd
  • Gravity – Emmanuel Lubezki
  • Inside Llewyn Davis – Bruno Delbonnel
  • Nebraska – Phedon Papamichael
  • Prisoners – Roger Deakins
Jeder Nominierter wäre ein verdienter Sieger. Doch der atmosphärisch-verwaschene Stil von Inside Llewyn Davis, der herbstiche Look von Prisoners, das entlarvende Schwarz-weiß von Nebraska und die coolen Licht-und-Schatten-Spiele von The Grandmaster haben kaum eine Chance gegen die atemberaubenden Plansequenzen von Gravity, die bereits massig Preise abräumten.

Beste Kostüme
  • 12 Years a Slave – Patricia Norris
  • American Hustle – Michael Wilkinson
  • The Grandmaster – William Chang Suk Ping
  • Der große Gatsby  – Catherine Martin
  • The Invisible Woman – Michael O'Connor
Ich sehe drei mögliche Gewinner: Den prachtvollen, detailreichen Reichtum an 20er-Garderobe in Der große Gatsby, den bei den Costume Designer Guild Awards ausgezeichneten 12 Years a Slave und die enthüllende, verspielte 70er-Kleider von American Hustle. Da Luhrmanns Gattin einen Stein im Brett der Academy hat, setze ich auf Gatsby.

Bester Schnitt
  • 12 Years a Slave – Joe Walker 
  • American Hustle – Jay Cassidy, Crispin Struthers und Alan Baumgarten 
  • Captain Phillips – Christopher Rouse 
  • Dallas Buyers Club – John Mac McMurphy und Martin Pensa 
  • Gravity – Alfonso Cuarón und Mark Sanger
Sehr häufig gehen "Bester Schnitt" und "bester Film" Hand in Hand, in Jahren, in denen besonders schnittlastige Filme nominiert sind, können sich aber auch diese durchsetzen. Was uns beim Oscar dieses Jahr Kopfschmerzen verursacht: Gravity und 12 Years a Slave  sind beide die Frontrunner beim Filmpreis und fallen eher durch ihren Mangel an Schnitten auf, wobei die Kunst beider Filme darin besteht, wann denn ein Schnitt erfolgt (was in Gravity meiner Ansicht nach viel kunstvoller gelungen sind). American Hustle und Captain Phillips dagegen sind sehr dynamisch geschnitten und erhielten beide einen Gewerkschaftspreis. In diesem Viererrennen setze ich hauchdünn auf Captain Phillips, da einst schon Greengrass' Das Bourne Ultimatum gegen die "Bester Film"-Favoriten No Country for Old Men und There Will Be Blood gewann. Denke, das wird sich wiederholen.

Beste Musik
  • Die Bücherdiebin – John Williams 
  • Gravity – Steven Price 
  • Her – William Butler und Owen Pallett 
  • Philomena – Alexandre Desplat 
  • Saving Mr. Banks – Thomas Newman
Gravity arbeitet seht intensiv mit seiner Filmmusik, die sich sogar hervorragend in den Albencharts in aller Welt sehr gut verkaufte. Hinzu kommt dieser bombastische Schluss, der sich ins Gedächtnis brennt. Alle anderen Kandidaten wären zwar auch gut, aber ich glaube, dass das Gravity-Fieber zu stark ist, als dass was anderes gewinnen würde.

Bester Filmsong
  • Happy aus Ich – Einfach Unverbesserlich 2 – Pharrell Williams 
  • Let It Go aus Die Eiskönigin – Idina Menzel, Kristen Anderson-Lopez und Robert Lopez 
  • The Moon Song aus Her – Karen Lee Orzolek und Spike Jonze 
  • Ordinary Love aus Mandela – Der lange Weg zur Freiheit – U2
Chartstürmer Happy wird zwar gefährlich, aber wenn ein so starker, eingängiger Song im Rennen ist, der den gesamten Film auf ein neues Level hebt, dann wird er ja wohl auch gewinnen?

Bestes Originaldrehbuch
  • American Hustle – Eric Warren Singer und David O. Russell
  • Blue Jasmine – Woody Allen
  • Dallas Buyers Club – Craig Borten und Melisa Wallack
  • Her – Spike Jonze
  • Nebraska – Bob Nelson
Für Her spricht, dass Jonze ein von der Academy geachteter, origineller Filmschaffender ist, der mit seinem Drehbuch die Grundlage für einen "Bester Film"-Kandidaten erarbeitete. Autorenfilmer plus Karrierehöhepunkt = Oscar? Bei den Globes und Gewerkschaftspreisen gewann Her auch, doch was, wenn sich die American Hustle-Fans hinter das unkonventionell konstruierte Buch stellen? 

Bestes adaptiertes Drehbuch
  • 12 Years a Slave – John Ridley 
  • Before Midnight – Richard Linklater, Julie Delpy, Ethan Hawke 
  • Captain Phillips – Billy Ray 
  • Philomena – Steve Coogan und Jeff Pope 
  • The Wolf of Wall Street – Terence Winter
Philomena gewann bei den BAFTAs, Captain Phillips den Preis der Autorengilde, Before Midnight könnte als Danksagung für eine grandiose Trilogie gelten und The Wolf of Wall Street hat energische Fans, zudem loben Insider das den Darstellern bewusst eine Impro-Steilvorlage liefernde Skript. Doch der bei den Autorengewerkschaftspreisen disqualifizierte 12 Years a Slave hat die wichtigste Botschaft und das größte Prestige. Jeder Film könnte gewinnen, aber ich tippe auf Ridleys packendes, düsteres Drama.

Bester Nebendarsteller
  • Barkhad Abdi – Captain Phillips
  • Bradley Cooper – American Hustle
  • Michael Fassbender – 12 Years a Slave
  • Jonah Hill – The Wolf of Wall Street
  • Jared Leto – Dallas Buyers Club
Letos Performance wird intensiver gelobt und stärker diskutiert als die von McConaghey. Wenn dies bei einem Nebendarsteller geschieht, ist der Oscar nahezu sicher. Letos Durchmarsch durch nahezu sämtliche andere Filmpreise untermauert ihn als beinahe sicheren Tipp.

Beste Nebendarstellerin
  • Sally Hawkins – Blue Jasmine
  • Jennifer Lawrence – American Hustle
  • Lupita Nyong’o – 12 Years a Slave
  • Julia Roberts – Im August in Osage County
  • June Squibb – Nebraska
Lawrence und Nyong'o liefern sich bei den Indikatorpreisen ein enges Rennen, aber da Lawrence vergangenes Jahr bereits gewann und Doppelsiege in den Darstellerkategorien überaus rar sind (und ihre Rolle in American Hustle eigentlich eh nur Beiwerk ist), setze ich auf Nyong'o.

Bester Hauptdarsteller
  • Christian Bale – American Hustle 
  • Bruce Dern – Nebraska 
  • Leonardo DiCaprio – The Wolf of Wall Street 
  • Chiwetel Ejiofor – 12 Years a Slave 
  • Matthew McConaughey – Dallas Buyers Club
McConaughey gewann sämtliche Indikatorpreise, dennoch werde ich das Gefühl nicht los, dass DiCaprios facettenreiche, intensive Performance in The Wolf of Wall Street ebenfalls großartige Chancen hat. DiCaprio hat viele Fans und gab sich während der Kampagnenphase große Mühe, außerdem spielt er in seinem Film alle an die Wand, während sich McConaughey die Aufmerksamkeit mit Leto teilen musste. McConaughey ist die sichere Wahl, aber wenn es eine Überraschung geben sollte, so will ich sie vorhergesehen haben. Und da scheint mir DiCaprio wahrscheinlicher als das restliche Feld.

Beste Hauptdarstellerin
  • Amy Adams – American Hustle
  • Cate Blanchett – Blue Jasmine
  • Sandra Bullock – Gravity
  • Judi Dench – Philomena
  • Meryl Streep – Im August in Osage County
An Blanchett führt kein Weg vorbei.

Beste Regie
  • Alfonso Cuarón – Gravity
  • Steve McQueen – 12 Years a Slave
  • Alexander Payne – Nebraska
  • David O. Russell – American Hustle
  • Martin Scorsese – The Wolf of Wall Street
Bester Film
  • American Hustle
  • Captain Phillips
  • Dallas Buyers Club
  • Gravity
  • Her
  • Nebraska
  • Philomena
  • 12 Years a Slave
  • The Wolf of Wall Street
Schon lange war das Oscarrennen nicht mehr so eng wie dieses Jahr. 12 Years a Slave hat einen Globe, Gravity den Preis der Regiegilde, beide gewannen die Auszeichnung der Produzentengewerkschaft und je einen der Top-Awards bei den BAFTAs. Eine Splittung bei Regie und Film erscheint daher eigentlich naheliegend. So enden viele enge Oscarrennen. Doch wie solle es ausgehen? Normalerweise gewinnt der Regisseur des thematisch schwereren Films den Regiepreis, während das runde, etwas leichtere Gesamtergebnis den Hauptpreis bekommt. Der Pianist gegen Chicago. Traffic gegen Gladiator. Der Soldat James Ryan gegen Shakespeare in Love. Reds gegen Chariots of Fire. Wenn man auch so will:  Life of Pi gegen Argo. Aber kann sich irgendjemand ernsthaft vorstellen, dass Gravity bester Film wird, ohne dass Cuarón für den von ihm geschaffenen technischen Meilenstein prämiert wird? Nahezu ausgeschlossen. Cuarón ist, erst recht nach seinem Sieg bei der Regiegewerkschaft, fast gesetzt. Also bleibt nur die Frage aus, ob Gravity oder 12 Years a Slave als bester Film gewinnt. Und auch wenn ich beiden Filmen den Sieg total gönnen würde, schätze ich die Karten des letztgenannten als schlechter ein: Wer Gravity nicht liebt, mag ihn im Zweifelsfall aber noch immer und achtet seine technische Glanzleistung sowie den packenden, dramatischen Ritt, den dieses Werk ermöglicht. 12 Years a Slave-Gegner wiederum setzen ihn aufgrund seines Inhalts weit nach unten - weil er die Thematik falsch anpacken würde oder zu trist ist. Allein dies verbessert schon die Aussichten von Gravity. Und in solch einem engen Jahr muss ich mich als Oscar-Prognosenspieler an jedem noch so kleinen Detail festhalten. Daher setze ich auf Gravity.

So oder so: Ich freue mich auf die Oscar-Nacht, die uns von Sonntag auf Montag erwartet! Und werde ab ca. 0.30 Uhr bloggen. Ich hoffe, ihr seid mit dabei!

Mittwoch, 15. Januar 2014

Oscar 2014: Wer wird für das beste Produktionsdesign nominiert?


Es ist schwer, seinen persönlichen Lieblingen "Adieu!" zu sagen, doch ich würde mir nur selber ins Fleisch schneiden, wenn ich weiterhin darauf bestehe, dass Lone Ranger für das beste Produktionsdesign nominiert wird. Mit einem 1930er Jahrmarkt, einem wandernden Sündenpfuhl, einer detaillierten Westernstadt sowie historisch akkuraten Zügen hätte sich Gore Verbinskis Westernepos redlich eine Nominierung verdient, jedoch stehen die Chancen aufgrund des (noch!) eher mageren Rufs des Films und einer fehlenden Nominierung bei den Gewerkschaftspreisen der Produktionsdesigner überaus mies.

Trotzdem steht sicherlich eine Disney-Nominierung zu erwarten: Saving Mr. Banks umfasst eine Vielfalt an handwerklichen und künstlerischen Herausforderungen, da sowohl das Farmleben in "Old Time England" als auch das Hollywood der 60er rekreiert wurden und zudem das kalifornische Disneyland der Gegenwart mühselig zurück in seinen damaligen Zustand zurückversetzt werden musste. Damit sind Michael Corenblith & Susan Benjamin gesetzt. Außerdem holt sich mit großer Sicherheit das Der große Gatsby-Team Catherine Martin & Beverly Dunn eine Nominierung, erschufen sie doch eine brodelnde, farbenfrohe Baz-Luhrmann-Version des Big Apple in den 20ern. Und weshalb das Sklavendrama 12 Years a Slave Adam Stochausen & Alice Baker, die Armut, chaotische Großstädte und Südstaatenreichtum zeigten, eine Nominierung beschert, muss man wohl kaum erläutern.

So sicher ich mir bei diesen drei Filmen bin, so unsicher bin ich mir, welche Filme die zwei verbliebenen Plätze ausfüllen werden. Gravity ist ein naheliegender Kandidat: Starke 3D-Welten werden mittlerweile gerne berücksichtigt, zudem ist der hohe Grad an Realismus bemerkenswert. Jedoch könnte dies genauso gut in der Effektkategorie prämiert werden. Ein weiterer Kandidat wäre Der Hobbit: Smaugs Einöde, da bisher sämtliche Mittelerde-Filme in dieser Kategorie repräsentiert wurden und nun mit Smaugs Höhle und der Seestadt zwei neue beachtliche neue Umgebungen hinzukamen. Andererseits kam der erste Hobbitt schon bei der Academy relativ schwach an ... wird sie Teil zwei nun überhaupt beachten?

Inside Llewyn Davis bietet sich aufgrund seiner mühevoll ausgestatteten Hintergründe an, ebenso wie die sanfte Zukunftsvision von Her oder American Hustle mit den großen Gegensätzen zwischen Büro- und Disco-Welt. Und dann wären da noch der Historienschinken Invisible Woman und Disneys Fantasyspektakel Die fantastische Welt von Oz ...

Schlussendlich gebe ich American Hustle und dem Hobbit einen leichten Vorteil, weil ersterer viel Buzz genießt und letzterer fast schon Tradition ist.

Meine Prognose:

  • Catherine Martin, Der große Gatsby
  • Michael Corenblith, Saving Mr. Banks
  • Adam Stockhausen, 12 Years a Slave
  • Judy Becker, American Hustle
  • Dan Hennah, Der Hobbit: Smaugs Einöde

Dienstag, 14. Januar 2014

Oscar 2014: Die möglichen Anwärter in der Kategorie "Beste Kostüme"


Willkommen zur Kategorie, in der Filme die größten Chancen haben, wenn sie nicht in der Gegenwart spielen und in der "Mehr" und "Ausgefallener" zumeist positive Einschätzungen darstellen: Beste Kostüme!

Diese Sparte liebt nicht nur aufwändige, leicht schrille Arbeit sowie akkurate Nachbildungen vergangener Zeiten, sondern auch ihre bereits bekannten Gesichter. Wenn eine Kostümdesignerin / ein Kostümdesigner es einmal in den erlesenen Kreis geschafft hat, so dürfen Oscar-Liebhaber sicher sein, dass viele Wiedersehen folgen werden. Die große Leistung ist erstmal der Sprung in diesen Kreis. Daher werden wird sicherlich keine Nominierung für Penny Rose (Lone Ranger), Julian Day (Rush), Trish Summerville (Die Tribute von Panem - Catching Fire) oder Bart Mueller & Kurt Swanson (Stoker) sehen. Sie leisteten allesamt tolle Arbeit, doch ich glaube nicht, dass diese Leistungen in einem solch visuell beeindruckenden Jahr genügend Zugkraft haben, um Oscar-Neulinge ins Rennen zu zerren.

Nicht, dass ich vermute, nur Oscar-Veteranen in der Kostüm-Kategorie anzutreffen. American Hustle ist wohl nahezu gesetzt: Gutaussehende Stars in prachtvoller (oder im Falle von Christian Bale und zuweilen Bradley Cooper wunderbar grauenvoller) Garderobe, traumhaft geschnittene Kleider (es ist eine Leistung, dass die Klamotten an Amy Adams und Jennifer Lawrence sitzen, ohne dass dauernd was zu sehen ist, was nicht gesehen werden soll) und Zusammenstellungen, die viel über die Figuren aussagen ... Michael Wilkinson dürfte sich vielleicht sogar bereits auf den Oscar-Sieg freuen!

Ebenfalls neu dabei ist Daniel Orlandi. Die Fähigkeit, gleich zwei Ären einzufangen und zudem P. L. Travers verbiestert-britische Trockenheit gegen die sonnig-frohgemute Disney-Studio-Mentalität auflaufen zu lassen sollte ihm eine Oscar-Nominierung einbringen. Bei den BAFTAs und den Preisen der Costume Designers Guild mischt er immerhin auch schon mit.

Bei den Designerinnen und Designern mit Ocar-Erfahrung mischt derweil Patricia Norris ganz vorne mit: 12 Years a Slave ist nicht nur eine detailreiche Leistung im Segment des Historiendramas, sondern zudem eine faszinierende Gegenüberstellung der sozioökonomischen Klassen und zeigt darüber hinaus Einfallsreichtum beim Design der Kleider, die als Mätressen arbeitenden Sklavinnen tragen müssen.

Des Weiteren führt kaum ein Weg an einer Nominierung für Catherine Martin vorbei: Baz Luhrmanns Kostümzauberin gehört zu den heimlichen Stars von Der große Gatsby und durfte sich in dieser Romanverfilmung völlig austoben. Ein wenig schrill, ein wenig historisch akkurat, stets atemberaubend!

Diese vier halte ich für garantiert, aber wer erkämpft sich als fünfter Film in dieser Riege eine Nominierung? Ruth E. Carter könnte aufgrund Masse an unterschiedlichen Kostümen eine Nennung für The Butler rausholen, Mary Zophres leistet in Inside Llewyn Davis stilles Storytelling, The Invisible Woman passt als von Michael O'Conner ausgestattetes Geschichtsdrama voll ins Schema dieser Kategorie und Die fantastische Welt von Oz markiert die furiose Rückkehr von Oscar-Preisträger Gary Jones, der zuletzt einige Gänge zurückschaltete und optisch eher unauffälligere Filme bestückte, nun aber in historischen Gefilden wandern darf (die Schwarz-Weiß-Passage des Films) sowie in Fantasy-Prunk und zudem den drei zentralen Damen der Erzählung bezaubernde Kleider verpasste.

Auch wenn Die fantastische Welt von Oz sonst kaum Oscar-Buzz aufweist, halte ich ihn unter den eben genannten Titeln für den in Sachen Kostümdesign stärksten und die Nominierung für den Gewerkschaftspreis zeigt, dass Hollywoods Kostümbranche Sam Raimis Disneyfilm nicht vergessen hat. Wenn Alice im Wunderland diesen Preis gewinnen kann, dann wird Oz ja wohl wenigstens eine Nominierung erhalten!

Meine Prognose:

  • Catherine Martin, Der große Gatsby
  • Patricia Norris, 12 Years a Slave
  • Michael Wilkinson, American Hustle
  • Daniel Orlandi, Saving Mr. Banks
  • Gary Jones, Die fantastische Welt von Oz

Montag, 22. Juni 2009

Moulin Rouge

Denkbar ungünstig für jeden, der gerade eine Trennung durchsteht. Denkbar überwältigend für alle, die sich gerade am anderen Ende einer Beziehung befinden.

Ein Film über Wahrheit, Schönheit, Freiheit, aber vor allem über Liebe. Eigentlich liefert Regisseur und Co-Autor Baz Luhrmann selber in seinem schillernden Popmusical-Opus die perfekte Zusammenfassung für seinen zweifachen Oscar-Gewinner Moulin Rouge, der simplen geschichte eines aufstrebenden Künstlers, der sich in Mitten des schillernden Moulin Rouges unsterblich in eine Curtisane verliebt, die wieder wahre und idealistische Liebe lernt und hofft durch ein von ihm geschriebenes Stück eine echte Schauspielerin werden zu können. Doch die Tücken der "Unterwelt" des Showgeschäfts und ein eifersüchtiger Duke stellen sich entgegen die bedingungslose Liebe.

Eine ziemlich simple, altbekannte tragisch-dramatisch-romantische Liebesgeschichte. Aber wie sich selbst unter den wenigen, die Moulin Rouge bislang nicht gesehen haben rumgesprochen haben sollte, ist nicht etwa eine originelle Geschichte das Verkaufsargument von Moulin Rouge, sondern zum einen die rasante und extreme Gefühlsachterbahn aus Witz, Trauer und Spannung, auf die der Australier Baz Luhrmann seine Zuschauer schickt, zum anderen (und vor allem) die schillernde Optik dieses filmischen Sündenpfuhls.

Moulin Rouge fängt bereits andersartig an. In der genialen Eröffnungssequenz weist ein wild gestikulierender Dirigent am unteren Bildrand das ungesehene Orchester an, die berühmte "20th Century Fox"-Fanfare zu spielen. Direkt danach beginnt die opulente, mit vibrierender Energie ausgestattete, völlig verrückt mit Stilmitteln jonglierende Fahrt ins Paris des Jahres 1889 und in eine dermaßen glühend, überfrachtet und verkitschte Liebesgeschichte, dass alle, denen bereits Luhrmanns Romeo + Julia zu übertrieben war schreiend aus dem Raum rennen und sich die Augen auswaschen werden, um danach zum gefühlsmäßigen Ausgleich ein Death-Metal-Album durchzuhören.

Um Luhrmanns Abschluss der so genannten "Red Curtain"-Trilogie (mit den Vorläufern Strictly Ballroom und Romeo + Julia) lässt sich sorglos als Antonym für Subtilität und Intovertiertheit beschreiben. Moulin Rouge ist auf stilistischer Ebene "Romeo + Julia im Quadrat", wenn nicht sogar noch mehr. Um das Blitzgewitter an Kameraeinstellungen, Schnitten, Schwenks, reizvollen Kostümen, knalliger Ausstattung und theatralischer Inszenierung zu überstehen, muss sich der Zuschauer wirklich in der richtigen Stimmung befinden, und während er bei jedem neuen Michael-Bay-Film am besten sein Logikzentrum an der Kinokasse abgibt, sollte er bei Luhrmann, und gerade bei Luhrmanns bislang buntestem Werk, am besten vor DVD-Start alles aus dem Fenster schmeißen, das weder auf den Namen Herz, noch auf den Namen "Seh- und Hörnerven" gehorcht. Hier sind Romantiker, hoffnungslos Verliebte und all diejenigen gefragt, die sich für rund zwei Stunden von einem audiovisuellen Feuerwerk mit blinkenden Lichtern, satten Farben, lauter, wild durcheinander gewürfelter Musik und schrillen Figuren gegen die nächste Wand brennen lassen möchte. Zeit zum Atmen gibt es bei Moulin Rouge nämlich genauso wenig, wie Platz für rationale oder gar sarkastische Einwürfe.

Doch genau hier drin liegt die Stärke und die Intention von Moulin Rouge: Als sich der junge Künstler (ein witzig-jungenhafter Ewan McGregor) erstmals vom ruhigen Land in die lebhafte und sündige Stadt Paris, und dann noch in das Zentrum dessen Nachtlebens, begibt, ist er (dazu noch von Absinth beflügelt) selbstverständlich völlig erdrückt von der ihm umgebenden Reizüberflutung. Genau dies lässt uns Luhrmann mit seinem Inszenierungsstil nachfühlen. Viel mehr noch stellt er aber die Emotionen nach, die unsere Hauptfigur für die bezaubernde Satine (Nicole Kidman bevor sie zum regungslosen Porzellanpüppchen mutierte) hegt.
Diese vibrierende Energie die den stilistischen Cocktail von Moulin Rouge durchzieht, und die seltsame, unterbewusste und emotionale Logik, die das Wechselgewitter in der Farbästhetik durchzieht, das stetige Gefühl des Irrealen, die prachtvolle Ausstattung und rasante, wahnsinnige, überwältigende Kameraführung, die einen die Kontrolle über das Gesehene entreißt, die Unerklärlichkeit, dass in der Musik Raum und Zeit sowie stilistische Gräben (von Elton-John-Pop und Monroe-Filmtiteln zu Grunge und Kiss in nur wenigen Sekunden) völlig sorglos durchquert werden und alles in einer seeligen Trunkenheit zusammenkommt und das Gefühl hinterlässt auch zusammenzugehören, das alles rührt einzig und allein aus der Liebe. So wie sich Moulin Rouge in der ersten Hälfte erleben lässt, fühlt sich auch sein zentrales Thema an. Alles entbehrt sich in Worte zu fassenden Argumenten, und ist dennoch in sich schlüssig, es ist viel zu schnell und übersteigt das eigene Fassungsvermögen - und die Welt sieht plötzlich unheimlich theatralisch, glitzernd und glamourös aus.

Leider gibt es dahingehend einen großen Wermutstropfen zu beklagen: Moulin Rouge schafft es zwar zu anfangs die Rauschartigkeit junger Liebe nachzustellen, jedoch lässt die Bildgewalt mit der Zeit nach, das Tempo des Films wird wieder ruhiger und die Umsetzung gewöhnlicher.
Zyniker würden dazu sagen, dass das nur konsequent ist und man diese Entwicklung deshalb loben solle: Wem es gefällt, dass Moulin Rouge zu Beginn so sehr überwältigt, wie eine frisch aufkeimende Liebe, dem müsste es ebenso gefallen, dass die Energie des Films mit der Zeit erschlafft. In der Liebe sei das ja nicht anders.
Aber unabhängig davon, dass ich (zumindest in dieser Hinsicht) kein solcher Zyniker bin, fände ich es als Zuschauer wesentlich erfüllender, wenn Moulin Rouge die komplette Laufzeit über seine berauschende Wirkung beibehielte, völlig gleich, ob dies nun weiterhin als Parallele zu den in der Handlung geschilderten Gefühlen zählen könne oder nicht. Denn konventionelle Romanzen gibt es in der Filmgeschichte bereits mehr als genug - welche, die so wie (der Anfang von) Moulin Rouge aufgezogen sind, gibt es dagegen weniger. Zu guter Letzt hielte ich ein durchgehend überwältigendes Ton- und Bilderlebnis zumindest einer solch hingebungsvollen Liebe wie der im Film gezeigten angemessen, da kann mir niemand mit Realismus kommen. Hartherzige würden so oder so nicht mit Luhrmanns Liebesstreifen klarkommen und wer Moulin Rouge zu kitschig und zu überfrachtet findet, steigt eh nach wenigen Minuten raus. Der formell gemäßigtere Teil wird also niemanden plötzlich von Moulin Rouge überzeugen.

Das zentrale Elephant Love Medley, in dem Liebeslieder aus mehreren Jahrzehnten Pop- und Rockmusik ineinander verschmelzen, steigert sich in seiner Intensität immer und immer mehr, bis es letztlich zum finalen, Gänsehaut erzeugenden Befreiungsschlag I will always love you angelangt. Und nach diesem Klimax... hat Moulin Rouge erstmal keine Energie mehr. Es ist so, als hätte die unvorstellbare Leistung, es tatsächlich hinzubekommen dieses eigentlich total nervige Lied in einen solchen Kontext zu setzen und so zu akzentuieren, dass es mir tatsächlich gefällt, sämtliche Kräfte aus diesem Film gesogen hätte.
An den Stil der ersten Hälfte reicht als alleiniger Höhepunkt "Tango de Roxanne" heran, eine intensive und ekstatische, großartig choreographierte Nummer, die ebenfalls in einem fabulösen Kimax gipfelt.

Ansätze sind auch in The show must go on zu vernehmen, wo man sich jedoch im Spannungsaufbau ein paar ärgerliche Atempausen gönnte, die wohl als Konterpunkte gedacht waren, in Wahrheit jedoch bloß die Antizipation des enormen Schlusspunktes dieser Nummer untergraben.

Der inszenatorische Abbau scheint eine echte Macke von Baz Luhrmann zu sein. Von Strictly Ballroom angefangen, der als cleverer, selbstironischer und einfallsreicher Tanzfilm beginnt und nach den ersten paar Sequenzen zu einem 08/15-Tanzfilmchen mit Klischees verkommt, bis zu Australia, was Luhrmann beeindruckend und überwältigend beginnt, führt er schwächer zu Ende. Im direkten Vergleich zieht Romeo + Julia seinen Stil am konsequentesten durch, und Moulin Rouge würde enorm davon profitieren, etwas mehr wie sein direkter Vorgänger zu sein.

Allerdings möchte ich die zweite Hälfte von Moulin Rouge nicht zu sehr schlecht reden, sie ist zwar weniger beeindruckend, aber es ist nicht gleich so, als wäre ein krasser Bruch im Film, der es möglicherweise gar so aussehen ließe, als wären zwei verschiedene Filme zusammengekleistert worden.

Moulin Rouge fährt auch nachdem er betrüblicherweise einen Gang zurückschaltete den richtigen Kurs und bleibt sich selbst treu: Für Verliebte perfekt, für Zyniker Gift, für jeden auf der Suche nach einem berauschenden Trip eine herrliche Versuchung.

Weitere Rezensionen: