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Donnerstag, 17. August 2017

The Promise


Das Historiendrama The Promise geriert Anfang des Jahres in die Negativschlagzeilen der Filmpresse, weil es zügig in die höheren Reihen der IMDb-Flopliste wanderte. Doch die von Hotel Ruanda-Regisseur Terry George inszenierte und verfasste, mehr als zweistündige Produktion ist nicht etwa so ein qualitativer Totalausfall wie die ebenfalls mit zahllosen Negativbewertungen bedachte Animationskomödie Emoji – Der Film, die sich im Userranking der bekannten Plattform einen Katastrophenrang sicherte. Stattdessen ist The Promise ein Paradebeispiel für die Unverlässlichkeit des Filmportals. Unmittelbar nach der Weltpremiere war der Film für Userwertungen freigegeben – und wies innerhalb weniger Sekunden mehr 1/10-Wertungen auf, als die Premiere überhaupt Besucher hatte. Kurze Zeit später hatte The Promise rund 70.000 Wertungen mit der Tiefstnote. Georges Versuche, sich mit den IMDb-Betreibern wegen dieser Hate-Wertungen auseinanderzusetzen, liefen schief – und so starteten er und diverse Prominente einen Aufruf, zum Ausgleich 10/10-Wertungen abzugeben, so dass sich die unehrlichen Abstimmungen gegenseitig aufwiegen.

Diese Hintergründe überschatten nicht etwa den eigentlichen Film und sein geschichtliches Thema – sie unterstreichen viel mehr, wie dringend eine Kinoproduktion wie The Promise gebraucht wird: Die Geschichte beginnt während der letzten Atemzüge des Ottomanischen Reiches und mündet letztlich darin, dass die Protagonisten Zeugen des Völkermordes an über einer Millionen Armenier während des Ersten Weltkrieges werden. Ähnlich, wie Deutschland beschämenderweise noch immer Probleme mit Geschichtsverleugnern hat, die den Holocaust als infame Lüge bezeichnen, gibt es noch immer viele Menschen, die diesen Genozid als fiktiv erachten – und da sich die Literatur und Filmkultur deutlich weniger mit dem Mord an zahlreichen Armeniern beschäftigt als mit den Schandtaten der Nationalsozialisten, haben die Geschichtsverdreher in diese Fall ein leichteres Spiel.

Die The Promise-IMDb-Misere ist eine Folge dessen: Das Geschichtsdrama wird in dunkleren Ecken des Internets als Propaganda bezeichnet, die eine erlogene Schandtat als Wahrheit darstellen würde. Diese sowieso schon ungeheuerlichen Kommentare sind angesichts des eigentlichen Schwerpunkt des Films noch kurioser, denn schlussendlich erzählt The Promise nur im Hintergrund von den wahren Gräueltaten – im Mittelpunkt des Films stehen fiktive Figuren und ihre Liebe zueinander: Der begabte Medizinstudent Michael (Oscar Isaac) verliebt sich Hals über Kopf in die attraktive Künstlerin Ana (Charlotte Le Bon), die aber bereits in einer Beziehung mit einem amerikanischen Fotojournalisten (Christian Bale) steckt. Dessen ungeachtet fangen Michael und Ana eine leidenschaftliche Affäre an – bis der Erste Weltkrieg eskaliert und die Herrschenden im Ottomansischen Reich Jagd auf Menschen mit armenischen Wurzeln macht, und somit auf Michael und Ana …

George fängt dieses Liebesdreieck zunächst mit einer altmodischen Melodramatik ein – in prachtvollen Bildern und mit schmachtender Musik. Überhaupt wirkt The Promise, wann immer das Drama nicht nah an die Kriegsschrecken heranfährt, bewusst altbacken und von der Exotik eines anderen Ortes zu einer anderen Zeit verzaubert. Das ist eine zweischneidige erzählerische Entscheidung. Der Ansatz, das dunkle Geschichtskapitel des Genozids an Armeniern während des Ersten Weltkrieges mit einer tragischen Liebesgeschichte zu verschränken, ist nur auf dem ersten Blick abgedroschen. Dutzende von wichtigen Geschichtskapiteln wurden durch die Verquickung einer (oft fiktiven) Romanze, und somit einem zwischenmenschlichen, privaten Schicksal, und der umfassenderen historische Tragödie begreifbar gemacht. Regisseur/Autor Terry George versucht mit The Promise, ein Ungleichgewicht zu beheben, indem er eine oft unter den Teppich des Verschweigens gekehrte Begebenheit genau so anpackt, wie schon viele andere zuvor.

Dennoch stolpert The Promise in der Umsetzung zuweilen über die eigenen Füße. Wenn der hervorragende Hauptdarsteller Oscar Isaac in den dreckig-ergreifenden Bildern des Kameramanns Javier Aguirresarobe die Grausamkeit der Ereignisse unmittelbar erkennt, ist dies viel ergreifender als die nach Lehrbuch konstruierte Dreiecksbeziehung, welche das genreaffine Publikum zuvor (und danach) durch ihre Austauschbarkeit zu distanzieren droht. Die an historischen Begebenheiten orientierten Szenen sind dank der passionierten Umsetzung aber genug, um die schwächeren Momente aufzuwiegen, wenn man dem Film denn eine Chance gibt. Dennoch wäre hier etwas weniger mehr gewesen – mit einer konzentrierteren Erzählung und einer etwas zügigeren Laufzeit würden die immer harscheren Tiefen, die unsere Protagonisten durchmachen, noch härtere Schläge in die Magengrube und daher eindringlicher.

The Promise ist ab sofort in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

Donnerstag, 10. Dezember 2015

Golden Globes 2016: Die Nominierungen



Bester Film (Drama):

The Revenant

Spotlight

Mad Max: Fury Road

Carol

Room

Mad Max: Fury Road räumte bereits bei einigen Filmpreisen ab, die in den Medien weniger eng verfolgt werden. Mit einer Globe-Nominierung in der Hauptkategorie lässt sich nun endgültig nichts mehr daran rütteln: Das visuell umwerfende Action-Spektakel von George Miller hat den Sprung zum Award-Film geschafft, und das völlig verdient. The Revenant  und Spotlight zementieren sich ebenfalls als Favoriten der Saison, zudem rückt das bislang hauptsächlich für Brie Larsons Performance besprochene Drama Room nun auch als Gesamtwerk stärker in den Fokus.



Bester Film (Komödie oder Musical):

Dating Queen

Spy – Susan Cooper Undercover

Der Marsianer – Rettet Mark Watney

The Big Short

Joy – Alles außer gewöhnlich

Dafür brauchen wir die Globes: Spy und Dating Queen sind spritzige, tolle Komödien - haben aber als solche bei den wenigsten Filmpreisen Aussichten auf Nominierungen. Nun bekommen sie endlich, was sie verdienen!



Beste Hauptdarstellerin (Drama):

Cate Blanchett, Carol

Brie Larson, Room

Rooney Mara, Carol

Saoirse Ronan, Brooklyn

Alicia Vikander, The Danish Girl



Bester Hauptdarsteller (Drama):

Bryan Cranston, Trumbo

Leonardo DiCaprio, The Revenant – Der Rückkehrer

Eddie Redmayne, The Danish Girl

Will Smith, Concussion

Michael Fassbender, Steve Jobs



Beste Hauptdarstellerin (Komödie oder Musical):

Jennfier Lawrence, Joy – Alles außer gewöhnlich

Melissa McCarthy, Spy – Susan Cooper undercover

Amy Schumer, Dating Queen

Lily Tomlin, Grandma

Maggie Smith, The Lady in the Van



Bester Hauptdarsteller (Komödie oder Musical):

Christian Bale, The Big Short

Steve Carell, The Big Short

Matt Damon, Der Marsianer – Rettet Mark Watney

Mark Ruffalo, Infinitely Polar Bear

Die Oscar-Kampagnen nennen Christian Bale als Nebendarsteller in The Big Short. Ob dies nach den Globe-Nominierungen so bleiben wird?



Beste Regie:

Tom McCarthy, Spotlight

Ridley Scott, Der Marsianer – Rettet Mark Watney

George Miller, Mad Max: Fury Road

Alejandro González Iñárritu, The Revenant – Der Rückkehrer

Todd Haynes, Carol



Beste Nebendarstellerin:

Jane Fonda, Youth

Jennifer Jason Leight, The Hateful Eight

Helen Mirren, Trumbo

Alicia Vikander, Ex_Machina

Kate Winslet, Steve Jobs



Bester Nebendarsteller:

Paul Dano, Love & Mercy

Idris Elba, Beasts of No Nation

Michael Shannon, 99 Homes

Sylvester Stallone, Creed

Mark Rylance, Bride of Spies – Der Unterhändler



Bestes Drehbuch:

Quentin Tarantino, The Hateful Eight

Charles Randolph und Adam McKay, The Big Short

Aaron Sorkin, Steve Jobs

Emma Donoghue, Room

Tom McCarthy und Josh Singer, Spotlight



Beste Musik:

Daniel Pemberton, Steve Jobs

Ennio Morricone, The Hateful Eight

Carter Burwell, Carol

Alexandre Desplat, The Danish Girl

Ryuichi Sakamoto und Alva Noto, The Revenant – Der Rückkehrer



Bester fremdsprachiger Film:

The Club

Das brandneue Testament

Mustang

Die Kinder des Fechters

Son of Saul



Bester Originalsong:

„Love Me Like You Do“, Fifty Shades of Grey

„One Kind Of Love“, Love & Mercy

„See You Again“, Fast & Furious 7

„Simple Song #3“, Youth

„Writing's on the Wall“, SPECTRE



Bester Animationsfilm:

Alles steht Kopf

Anomalisa

Arlo & Spot

Die Peanuts – Der Film

Shaun das Schaf – Der Film


Der Milliarden-Erfolg Minions muss aussetzen, stattdessen setzt sich das Feld aus Pixar und "kleineren" Filmen zusammen. Eine respektable Entscheidung der Hollywood Foreign Press Association!

Freitag, 17. Januar 2014

Die Nominierungen für die 86. Academy Awards



Die erste Phase der Unklarheit liegt hinter uns, liebe Filmfans. Nun steht fest, welche Filme und welche Filmschaffenden sich dieses Jahr Hoffnungen auf einen Academy Award machen dürfen. American Hustle überrascht mit starken zehn Nominierungen, Gravity zog gleich und 12 Years a Slave landete mit neun Nennungen direkt dahinter. Wie sich dies auf meine Prognose auswirkte? Schauen wir mal nach ...

Bester Film

  • American Hustle
  • Captain Phillips
  • Dallas Buyers Club
  • Gravity
  • Her
  • Nebraska
  • Philomena
  • 12 Years a Slave
  • The Wolf of Wall Street
Prognose: 8/10
Weder sah ich kommen, dass es nur neun Nominierungen gibt, noch habe ich mit Philomena gerechnet. Leider musste Saving Mr. Banks hier aussetzen, wie in nahezu allen Kategorien. Der herzliche Streifen fiel bei der Academy offenbar durch und wurde nur in der Musik-Kategorie nominiert, womit er auch in Sparten fehlt, wo er eine sichere Wette schien. Etwa bei der Hauptdarstellerin oder dem Produktionsdesign.

Beste Regie
  • Alfonso Cuarón – Gravity
  • Steve McQueen – 12 Years a Slave
  • Alexander Payne – Nebraska
  • David O. Russell – American Hustle
  • Martin Scorsese – The Wolf of Wall Street
Prognose: 4/5
Paul Greengrass zog den Kürzeren und machte Platz für Alexander Payne, dessen Nebraska vergleichsweise stark ankam. Schade, denn ich finde, dass Captain Phillips eine sehr beeindruckende Regieleistung war. Auch Spike Jonze vermisse ich ...

Bester Hauptdarsteller
  • Christian Bale – American Hustle 
  • Bruce Dern – Nebraska 
  • Leonardo DiCaprio – The Wolf of Wall Street 
  • Chiwetel Ejiofor – 12 Years a Slave 
  • Matthew McConaughey – Dallas Buyers Club
Prognose: 4/5
Christian Bale bricht entgegen vieler (und meiner) Prognosen ins Feld ein und kegelt somit Tom Hanks raus, der gegen Ende von Captain Phillips seine beste Leistung der vergangenen zehn Jahre ablieferte. Und David O. Russel? Der verhilft zum zweiten Mal hintereinander vier Darstellern zu einer Oscar-Nominierung ...

Beste Hauptdarstellerin

  • Amy Adams – American Hustle
  • Cate Blanchett – Blue Jasmine
  • Sandra Bullock – Gravity
  • Judi Dench – Philomena
  • Meryl Streep – Im August in Osage County
Prognose: 4/5
Von wegen "Entweder Streep oder Adams"! Beide haben es ins heiß umkämpfte Film geschafft, dafür ist Emma Thompson nicht mit dabei. So oder so: Ein starkes Feld an Hauptdarstellerinnen, das sich wahrscheinlich zwischen Adams und Blanchett entscheiden wird. Oder überrascht Bullock mit einem Sieg?

Bester Nebendarsteller
  • Barkhad Abdi – Captain Phillips
  • Bradley Cooper – American Hustle
  • Michael Fassbender – 12 Years a Slave
  • Jonah Hill – The Wolf of Wall Street
  • Jared Leto – Dallas Buyers Club
Prognose: 4/5
Die Wolfsliebe war dann doch größer als erwartet, und reichte weit genug, um Superbad-Star Jonah Hill seine zweite Oscar-Nominierung zu sichern. Wann wird ihm Seth Rogen in den Club der Oscar-Nominierten folgen? 

Beste Nebendarstellerin
  • Sally Hawkins – Blue Jasmine
  • Jennifer Lawrence – American Hustle
  • Lupita Nyong’o – 12 Years a Slave
  • Julia Roberts – Im August in Osage County
  • June Squibb – Nebraska
Prognose: 5/5
Selbstredend hat sich Oprah Winfrey nicht durchgesetzt! So gehört sich das! Glückwünsche an dieser Stelle an Sally Hawkins, die nun endlich ihre erste Oscar-Nominierung erhielt, nachdem sie ja für Happy Go-Lucky leer ausging.

Bestes Originaldrehbuch
  • American Hustle – Eric Warren Singer und David O. Russell
  • Blue Jasmine – Woody Allen
  • Dallas Buyers Club – Craig Borten und Melisa Wallack
  • Her – Spike Jonze
  • Nebraska – Bob Nelson
Prognose: 4/5
Auch wenn ich hier erneut das Fehlen von Saving Mr. Banks beklagen darf, ist es kein überraschendes sowie kein peinliches Feld. Dramatik, Humor und Tragikomik sind allesamt vertreten, womit diese Sparte auch sehr abwechslungsreich ausfällt. Ein wiederkehrendes Thema dieses Jahr ...

Bestes adaptiertes Drehbuch
  • 12 Years a Slave – John Ridley 
  • Before Midnight – Richard Linklater, Julie Delpy, Ethan Hawke 
  • Captain Phillips – Billy Ray 
  • Philomena – Steve Coogan und Jeff Pope 
  • The Wolf of Wall Street – Terence Winter
Prognose: 5/5
Würde es doch immer so laufen ... :-D

Bester Animationsfilm
  • Die Croods
  • Ich - Einfach unverbesserlich 2
  • Ernest & Celestine
  • Die Eiskönigin
  • The Wind Rises
Prognose: 4/5
Es ist ja in Ordnung, dass Die Croods oder Ich - Einfach unverbesserlich 2 drin sind. Aber dass beide Filme drin sind, während Die Monster Uni fehlt? Gutes Design im ersten, anspruchsloser Spaß im zweiten und Pixar-Charme im dritten. Was ging schief? War es das "Träume werden nicht wahr"-Thema? Hat Pixar einfach genug gewonnen? Mag die Academy keine Prequels?

Bester fremdsprachiger Film
  • The Broken Circle – Belgien
  • Das fehlende Bild  – Kambodscha
  • Die Jagd – Dänemark
  • La Grande Bellezza – Die große Schönheit – Italien 
  • Omar – Palästinensische Autonomiegebiete
Prognose: 3/5
Ungewöhnlich, nicht aber revolutionär, dass The Grandmaster zwei Nominierungen erhielt, aber keine in dieser Sparte.

Bester animierter Kurzfilm
  • Feral 
  • Get a Horse!
  • Mr Hublot 
  • Possessions
  • Für Hund und Katz ist auch noch Platz 
Prognose: 3/5
Geht so in Ordnung, denke ich ...

Bester Kurzfilm
  • That Wasn't Me
  • Avant que de tout perdre
  • Helium
  • Do I Have To Take Care of Everything?
  • The Voorman Problem 
Prognose: 3/5
Martin Freeman und Tom Hollander als Therapeut und ein sich für Gott haltender Philosoph ... eigentlich kein Wunder, dass The Voorman Problem nominiert wurde ...

Bestes Produktionsdesign
  • 12 Years a Slave – Adam Stockhausen und Alice Baker
  • American Hustle – Judy Becker und Heather Loeffler
  • Gravity – Andy Nicholson, Rosie Goodwin und Joanne Woollard
  • Der große Gatsby – Catherine Martin und Beverley Dunn
  • Her – K. K. Barrett und Gene Serdena
Prognose: 3/5
Erneut: Es ist zwar schade, dass Saving Mr. Banks fehlt, trotzdem gibt es über diese einmalige, abwechslungsreiche Auswahl nichts zu meckern!

Beste Kamera
  • The Grandmaster – Philippe Le Sourd
  • Gravity – Emmanuel Lubezki
  • Inside Llewyn Davis – Bruno Delbonnel
  • Nebraska – Phedon Papamichael
  • Prisoners – Roger Deakins
Prognose: 4/5
Starke, starke Auswahl.

Beste Kostüme
  • 12 Years a Slave – Patricia Norris
  • American Hustle – Michael Wilkinson
  • The Grandmaster – William Chang Suk Ping
  • Der große Gatsby  – Catherine Martin
  • The Invisible Woman – Michael O'Connor
Prognose: 3/5
Ich bin etwas baff wegen The Grandmaster, trotzdem kann ich auch hier nicht wirklich meckern.

Bester Dokumentarfilm
  • The Act of Killing 
  • Cutie and the Boxer 
  • Dirty Wars: The World Is a Battlefield 
  • Al Midan 
  • 20 Feet from Stardom
Prognose: 3/5
Dass es weder Blackfish noch Stories We Tell geschafft haben gehört zu den ärgsten Snubs dieses Oscar-Jahres. Selbst wenn er kaum diskutiert wird ...

Beste Kurzdokumentation
  • CaveDigger
  • Facing Fear
  • Karama Has No Walls
  • The Lady in Number 6
  • Reed Prison Terminal: The Last Days of Private Jack Hall
Prognose: 5/5
Ich habe mich bei meiner Vorhersage allein an den behandelten Themen der Kurzdokus entlanggehangelt, und siehe da, ich hatte Glück damit!

Bester Schnitt
  • 12 Years a Slave – Joe Walker 
  • American Hustle – Jay Cassidy, Crispin Struthers und Alan Baumgarten 
  • Captain Phillips – Christopher Rouse 
  • Dallas Buyers Club – John Mac McMurphy und Martin Pensa 
  • Gravity – Alfonso Cuarón und Mark Sanger
Prognose: 4/5
Ich bin noch immer perplex, weil es The Wolf of Wall Street nicht geschafft hat. Eine kleine Sensation, wenn ihr mich fragt ...

Bestes Make-up & Hairstyling
  • Dallas Buyers Club – Adruitha Lee und Robin Mathews 
  • Jackass presents: Bad Grandpa – Stephen Prouty
  • Lone Ranger – Joel Harlow und Gloria Pasqua-Casny
Prognose: 2/3
Yiiiiiiieeee-haw!

Beste Musik
  • Die Bücherdiebin – John Williams 
  • Gravity – Steven Price 
  • Her – William Butler und Owen Pallett 
  • Philomena – Alexandre Desplat 
  • Saving Mr. Banks – Thomas Newman
Prognose: 3/5
Mir fehlt Zimmer in dieser Liste ...

Bester Filmsong

  • Alone, Yet Not Alone aus Alone Yet Not Alone – Bruce Broughton und Dennis Spiegel 
  • Happy aus Ich – Einfach Unverbesserlich 2 – Pharrell Williams 
  • Let It Go aus Die Eiskönigin – Idina Menzel, Kristen Anderson-Lopez und Robert Lopez 
  • The Moon Song aus Her – Karen Lee Orzolek und Spike Jonze 
  • Ordinary Love aus Mandela – Der lange Weg zur Freiheit – U2
Prognose: 2/5
Die Songkategorie, stets für eine Überraschung gut! Wer hätte schon mit Happy gerechnet? Geschweige denn mit dem christlichen Alone, Yet Not Alone? Und wo ist Lana del Rey?

Bester Ton
  • Captain Phillips – Chris Burdon, Mark Taylor, Mike Prestwood Smith und Chris Munro 
  • Gravity – Skip Lievsay, Niv Adiri, Christopher Benstead und Chris Munro 
  • Der Hobbit – Smaugs Einöde  – Christopher Boyes, Michael Hedges, Michael Semanick und Tony Johnson 
  • Inside Llewyn Davis – Skip Lievsay, Greg Orloff und Peter F. Kurland 
  • Lone Survivor – Andy Koyama, Beau Borders und David Brownlow
Prognose: 3/5
Soll mir recht sein.

Bester Tonschnitt
  • All Is Lost – Steve Boeddeker und Richard Hymns
  • Captain Phillips – Oliver Tarney 
  • Gravity – Glenn Freemantle 
  • Der Hobbit – Smaugs Einöde – Brent Burge 
  • Lone Survivor – Wylie Stateman
Prognose: 4/5
Ich vermisse zwar Die Eiskönigin, bin aber dennoch zufrieden.

Beste Effekte
  • Gravity – Tim Webber, Chris Lawrence, Dave Shirk und Neil Corbould 
  • Der Hobbit – Smaugs Einöde – Joe Letteri, Eric Saindon, David Clayton und Eric Reynolds 
  • Iron Man 3 – Christopher Townsend, Guy Williams, Erik Nash und Daniel Sudick 
  • Lone Ranger – Tim Alexander, Gary Brozenich, Edson Williams und John Frazier 
  • Star Trek Into Darkness – Roger Guyett, Patrick Tubach, Ben Grossmann und Burt Dalton
Prognose: 4/5
Ein Hoch auf den Ranger! ;-)

Insgesamt habe ich 91 von 123 Punkten. Wirklich nicht mein schlechtester Schnitt. Nun gilt es, die Gewerkschaftspreise zu verfolgen, die letzten filmischen Wissenslücken zu schließen und sich so perfekt auf die Oscar-Verleihung einzustimmen.

Mittwoch, 15. Januar 2014

Oscar 2014: Meine Prognose in der Kategorie "Bester Hauptdarsteller"


Bilde ich es mir ein, oder ist Jahr um Jahr diese Sparte eine der am heißesten umkämpften? Alle fünf SAG-Anwärter sind gute (oder zumindest wahrscheinliche) Oscar-Kandidaten, und zusätzlich zu den Nominierten der Schauspielergewerkschaft gibt es auch dieses Jahr eine kleine, feine Auswahl an Darstellern, die es eigentlich auch verdient hätten und die zudem in Filmen mitspielen, die von der Academy (voraussichtlich) eh berücksichtigt werden.

In der aktuellen Oscar-Saison haben sich diese fünf Mimen eine Nominierung für den Screen Actors Guild Award als bester Hauptdarsteller sichern können:

  • Bruce Dern, Nebraska
  • Chiwetel Ejiofor, 12 Years a Slave
  • Tom Hanks, Captain Phillips
  • Matthew McConaughey, Dallas Buyers Club
  • Forest Whitaker, The Butler
Das schwache Glied in dieser Kette ist natürlich Forest Whitaker, der zwar einige überzeugende Momente hat, gerade im Schlussakt des Films aber dermaßen überzeichnet agiert, dass eine Nominierung unwahrscheinlich wird. Was sehr gelegen kommt, denn Leonardo DiCaprio liefert in The Wolf of Wall Street eine seiner besten Performances ab und Oscar Isaac reihte sich in Inside Llewyn Davis mit einer musikalisch fähigen und subtil-zerrütteten Leistung in den Pantheon der besten Coen-Akteure ein. Christian Bales Rolle in American Hustle dagegen ist etwas zu komödiantisch für einen sicheren Oscar-Tipp, doch der Film genießt nennenswerten Hype, insofern ... Und zu guter Letzt ist da Robert Redford zu nennen, der fast ganz allein All is Lost trägt und Kritiker weltweit in Lobeshymnen ausbrechen ließ.

Mein Versuch, auszusieben: Redford hätte schon bei den SAG Awards nominiert werden müssen, doch da dem nicht so wahr, ist zu befürchten, dass All is Lost noch nicht genügend Stimmberechtigte erreichte. Inside Llewyn Davis ist darstellerisch zu trist, um in diesem Feld zu bestehen und bei Bale bleibe ich dabei, dass die Rolle zu launisch ist. Somit dürfte DiCaprio auf eine Oscar-Nominierung hoffen ... seit Einsendeschluss für die SAG Awards ist Wolf of Wall Street regulär in den US-Kinos zu sehen und sollte so einige Academy-Mitglieder erreicht haben ...

Meine Prognose:

  • Bruce Dern, Nebraska
  • Chiwetel Ejiofor, 12 Years a Slave
  • Tom Hanks, Captain Phillips
  • Matthew McConaughey, Dallas Buyers Club
  • Leonardo DiCaprio, The Wolf of Wall Street

Dienstag, 14. Januar 2014

Oscar 2014: Die möglichen Anwärter in der Kategorie "Beste Kostüme"


Willkommen zur Kategorie, in der Filme die größten Chancen haben, wenn sie nicht in der Gegenwart spielen und in der "Mehr" und "Ausgefallener" zumeist positive Einschätzungen darstellen: Beste Kostüme!

Diese Sparte liebt nicht nur aufwändige, leicht schrille Arbeit sowie akkurate Nachbildungen vergangener Zeiten, sondern auch ihre bereits bekannten Gesichter. Wenn eine Kostümdesignerin / ein Kostümdesigner es einmal in den erlesenen Kreis geschafft hat, so dürfen Oscar-Liebhaber sicher sein, dass viele Wiedersehen folgen werden. Die große Leistung ist erstmal der Sprung in diesen Kreis. Daher werden wird sicherlich keine Nominierung für Penny Rose (Lone Ranger), Julian Day (Rush), Trish Summerville (Die Tribute von Panem - Catching Fire) oder Bart Mueller & Kurt Swanson (Stoker) sehen. Sie leisteten allesamt tolle Arbeit, doch ich glaube nicht, dass diese Leistungen in einem solch visuell beeindruckenden Jahr genügend Zugkraft haben, um Oscar-Neulinge ins Rennen zu zerren.

Nicht, dass ich vermute, nur Oscar-Veteranen in der Kostüm-Kategorie anzutreffen. American Hustle ist wohl nahezu gesetzt: Gutaussehende Stars in prachtvoller (oder im Falle von Christian Bale und zuweilen Bradley Cooper wunderbar grauenvoller) Garderobe, traumhaft geschnittene Kleider (es ist eine Leistung, dass die Klamotten an Amy Adams und Jennifer Lawrence sitzen, ohne dass dauernd was zu sehen ist, was nicht gesehen werden soll) und Zusammenstellungen, die viel über die Figuren aussagen ... Michael Wilkinson dürfte sich vielleicht sogar bereits auf den Oscar-Sieg freuen!

Ebenfalls neu dabei ist Daniel Orlandi. Die Fähigkeit, gleich zwei Ären einzufangen und zudem P. L. Travers verbiestert-britische Trockenheit gegen die sonnig-frohgemute Disney-Studio-Mentalität auflaufen zu lassen sollte ihm eine Oscar-Nominierung einbringen. Bei den BAFTAs und den Preisen der Costume Designers Guild mischt er immerhin auch schon mit.

Bei den Designerinnen und Designern mit Ocar-Erfahrung mischt derweil Patricia Norris ganz vorne mit: 12 Years a Slave ist nicht nur eine detailreiche Leistung im Segment des Historiendramas, sondern zudem eine faszinierende Gegenüberstellung der sozioökonomischen Klassen und zeigt darüber hinaus Einfallsreichtum beim Design der Kleider, die als Mätressen arbeitenden Sklavinnen tragen müssen.

Des Weiteren führt kaum ein Weg an einer Nominierung für Catherine Martin vorbei: Baz Luhrmanns Kostümzauberin gehört zu den heimlichen Stars von Der große Gatsby und durfte sich in dieser Romanverfilmung völlig austoben. Ein wenig schrill, ein wenig historisch akkurat, stets atemberaubend!

Diese vier halte ich für garantiert, aber wer erkämpft sich als fünfter Film in dieser Riege eine Nominierung? Ruth E. Carter könnte aufgrund Masse an unterschiedlichen Kostümen eine Nennung für The Butler rausholen, Mary Zophres leistet in Inside Llewyn Davis stilles Storytelling, The Invisible Woman passt als von Michael O'Conner ausgestattetes Geschichtsdrama voll ins Schema dieser Kategorie und Die fantastische Welt von Oz markiert die furiose Rückkehr von Oscar-Preisträger Gary Jones, der zuletzt einige Gänge zurückschaltete und optisch eher unauffälligere Filme bestückte, nun aber in historischen Gefilden wandern darf (die Schwarz-Weiß-Passage des Films) sowie in Fantasy-Prunk und zudem den drei zentralen Damen der Erzählung bezaubernde Kleider verpasste.

Auch wenn Die fantastische Welt von Oz sonst kaum Oscar-Buzz aufweist, halte ich ihn unter den eben genannten Titeln für den in Sachen Kostümdesign stärksten und die Nominierung für den Gewerkschaftspreis zeigt, dass Hollywoods Kostümbranche Sam Raimis Disneyfilm nicht vergessen hat. Wenn Alice im Wunderland diesen Preis gewinnen kann, dann wird Oz ja wohl wenigstens eine Nominierung erhalten!

Meine Prognose:

  • Catherine Martin, Der große Gatsby
  • Patricia Norris, 12 Years a Slave
  • Michael Wilkinson, American Hustle
  • Daniel Orlandi, Saving Mr. Banks
  • Gary Jones, Die fantastische Welt von Oz

Samstag, 21. Juli 2012

The Dark Knight Rises


Vier Jahre sind vergangen, seit The Dark Knight die Kinowelt in Aufruhr versetzte. Ein intelligent geschriebener, komplex gesponnener Action-Thriller mit tiefschürfenden Darbietungen, basierend auf den Batman-Comics, eroberte nicht nur im Sturm die Herzen der Kino-Kritiker, sondern katapultierte sich in die oberen Ränge der Hitliste, die für die erfolgreichsten Filme aller Zeiten reserviert ist. Christopher Nolan übertraf die Erwartungen vieler, die nach seinem bereits hoch respektierten Batman Begins gebannt waren, wie er seine psychologisch-dramatische Interpretation des Rächers und dunklen Ritters weiterführen wird, schürte so aber auch sofort wieder Anspannung. Kann die Batman-Reihe ohne Heath Ledger und seine alles überschattende Darstellung des Jokers angemessen fortgeführt werden? Wie kann die Fortsetzung von The Dark Knight die so hoch angesetzte Messlatte noch nehmen und die Saga konsequent auf eine höhere Ebene führen, ohne zur reinen Materialschlacht zu verkommen?

Noch während The Dark Knight seinen Siegeszug vollführte, der unter anderem acht Oscar-Nominierungen (darunter zwei Siege, einmal für den Tonschnitt und einen Nebendarsteller-Oscar für Ledger) sowie kurzzeitig Platz 1 in der ewigen Bestenliste der IMDb beinhaltete, überschlugen sich die Spekulationen. Früh schien sich die Internet-Fangemeinde einig, dass Catwoman und der Riddler Teil eines weiteren Bat-Abenteuers sein müssen. Doch wäre ein Verrückter, der gerne Rätsel aufgibt, nicht zu nah am Joker? Und Catwoman könnte für Nolan gewiss zu kitschig sein ... Überhaupt – wie düster wird wohl die Fortführung von Batman Begins und The Dark Knight? Der Regisseur und Autor, der zwei Jahre nach seinem Milliarden-Dollar-Kassenerfolg mit Inception eine melancholische, vergrämte Liebesgeschichte im Gewand eines Science-Fiction-Action-Kriminalthrillers erzählte, betonte dereinst in einem Interview, optimistische Filme zu drehen. Wenn jedoch der Mann, der einen Superheldenfilm erschafft, in dem die Hauptfigur lernen muss, dass sie Soziopathen erst dazu inspirierte, massive Verbrechen zu begehen, und dass sie deswegen den schmerzvollen Lebensweg eines Gejagten einnehmen muss, sein eigenes Werk als "optimistisch" betrachtet – so darf der spekulierende Filmfreund über diese Sichtweise sicherlich zynisch lächeln und sich ein ganz besonders "optimistisches" Finale der Saga ausmalen.

Die Zeit der Spekulationen hat nunmher ein Ende gefunden, denn Christopher Nolans Interpretation Batmans kommt für ein drittes und letztes Mal ins Kino. Mit der Rückkehr des dunklen Ritters in Fledermausmaske und Cape erfährt das geneigte Kinopublikum auch die Rückkehr diverser Stilmittel, welche für Christopher Nolan typisch sind, in The Dark Knight allerdings nur in subtilerer Form aufkamen oder sogar gänzlich fehlten. Das Finale dieser Batman-Trilogie lässt die Handschrift ihres Schöpfers deutlicher erkennen, wodurch es sich Batman Begins annähert und als konsequenter Kreisschluss dient. Schilderte The Dark Knight unvermittelt den einschneidenden Wendepunkt in Batmans Werdegang, bildete ein großes Ereignis ab, umfassen Batman Begins und The Dark Knight Rises komplexere Prozesse – nämlich jene, die zum Anfang und zum Ende dieser Batman-Saga führen. Was in der Zwischenzeit geschah, soll dem Zuschauer zwar durchaus interessant vorkommen, ist für Christopher Nolan allerdings nicht von größerem Belang, so dass er die Übergänge zwischen Anfangsphase, Wendepunkt und Schlussphase seiner Trilogie bewusst in einem Schleier der Mystik verhüllt. Insbesondere im ersten Akt von The Dark Knight Rises werden Fragen aufgeworfen, wohlweislich inhaltliche Lücken gelassen und Geheimnisse gestreut.

Seit Commissioner Gordon die Jagd auf Batman eröffnen musste, damit dieser sich als der Schuldige hinter den Taten des durch den Joker in den Wahnsinn getriebenen Harvey Dent inszenieren konnte, ist vieles in Gotham geschehen; das meiste davon reißen die für das Drehbuch verantwortlichen Brüder Jonathan & Christopher Nolan allerdings bloß an. Neue Bekanntschaften wurden geschlossen, Bindungen wurden gekappt, einige der Figuren veränderten ihre Position in der Welt – oder gar die Position, die sie der Welt gegenüber einnehmen. So ist unter anderem nicht nur Batman, zu Beginn von The Dark Knight noch ein Vorbild vieler Einwohner Gothams, zu einer finsteren Persönlichkeit verkommen, es färbte auch auf Bruce Wayne ab, den wir in The Dark Knight Rises anfangs ohne nähergehende Erläuterungen als zurückgezogenen, verbitterten Mann vorfinden. Die zahlreichen offenen Stellen in Nolans Batman-Mythos machen es möglich, ihn überhaupt als solchen aufzufassen, obwohl er so firm in einer realistischen Welt verankert ist. Die vielen, nie aber zentralen Rätsel dienen der Weltenbildung, geben das Gefühl, dass mehr als das bloße Erzählte hinter der Geschichte steckt. Somit ist es auch ein spannungsförderndes Stilmittel, es soll das Publikum an den Rand des Kinosessels ziehen, gebannt, ein sichereres Gefühl für die Figuren, Hintergründe und Ereignisse zu entwickeln. Zugleich riskiert Nolan somit, seine Zuschauer von der Handlung zu distanzieren. Erst recht, nachdem er sie in The Dark Knight unmittelbar an Batmans Kampf gegen den ein perfides Spiel treibenden Joker teilhaben ließ, kann sein Einstieg in The Dark Knight Rises etwas entfremdendes an sich haben, da es sich nun um eine gänzlich andere Form von Spannungsbildung handelt.


Selbstredend arbeitet selbst ein Christopher Nolan, welcher weder über eine E-Mail-Adresse noch über ein Handy verfügt, nicht in einem künstlerischen Vakuum. Zu den beliebtesten Momenten von The Dark Knight gehört die ausführliche Introsequenz, die im überwältigenden IMAX-Format einen vom Joker geplanten, genialen Banküberfall schildert und so das unberechenbare Handeln dieses Schurken sowie seinen makaberen Humor vorführt. Während die Erzählstruktur, die Bildästhetik und die Grundstimmung eher an Batman Begins angelehnt sind, gehört der Versuch, diesem denkwürdigen Einstieg nachzueifern, zu den von The Dark Knight beeinflussten Sequenzen des großen Endkapitels der Batmansaga. Obwohl Banes großer Auftritt durchaus Parallelen zur Introsequenz von The Dark Knight aufweist, und selbstredend wieder im IMAX-Format gedreht wurde, macht Nolan dennoch unmissverständlich deutlich, dass Batman nun nicht einfach bloß einem Joker-Abklatsch die Stirn bieten muss. Bane beweist bereits in wenigen Minuten, dass er in größeren Maßstäben denkt, bei vergleichbarer Ruchlosigkeit kontrollierter handelt und dass mit ihm weitaus weniger zu spaßen ist. Zudem ist er körperlich um ein Vielfaches stärker, wodurch er Batman sowohl im Zweikampf als auch im Planungsvermögen ebenbürtig ist.

Paradoxerweise schlägt Bane den Joker sogar in seinem eigenen Fachbereich: Bane agiert geordneter, ist ein fokussierterer Wahnsinniger, doch gerade dadurch behauptet er sich in The Dark Knight Rises als der effektivere Anarchist. Denn wie ungebührend wäre ein Ende der Batman-Legende, in dem es um bloße monetäre Dinge geht? Nein, auch Bane verfolgt eine Agenda völlig eigener Ideale – wenngleich diese für ihn, im Gegensatz zum Joker, keinen perfiden Spaß darstellt. Das macht ihn werkimmanent betrachtet zum gefährlicheren Widersacher für Batman, aus der Publikumssicht kommt Bane derweil nicht ganz an den Psychopaten mit der Clownsschminke heran, weil in ihm kein so großer Funken der manisch-kindlichen Begeisterung brennt. Was keineswegs bedeuten soll, dass Bane ein langweiliger Antagonist ist. Skript, Inszenierung und Darstellung verleihen ihm bedeutsam mehr Profil als den Schurken aus Batman Begins, und selbst wenn hinter der Maske Banes nur wenig von Tom Hardys Gesicht zu erkennen ist, verraten bereits seine in der Rolle versunkenen Augen, dass der Inception-Star mit großer Passion dabei ist. Er nimmt diesen in sein Vorhaben vernarrten, intelligenten Koloss von Mann und gibt ihm selbstdarstellerische Züge, durch welche Banes brachialsten und wortgewaltigsten Szenen gleichfalls bedrückend wie faszinierend wirken. Mit einem heiteren Singsang in der düsteren Stimme hält Bane vernichtende Monologe, während er mit dem Körper eines Kampfgiganten den Gestus eines entspannten Showmasters einnimmt.
Die Brillanz des Jokers erreicht diese komplexe Performance nicht, auch das Drehbuch deutet zwar einvernehmende Tiefen für Bane an, kann aber die Geniestreiche aus The Dark Knight nicht gänzlich erreichen. Dennoch hat Bane eine derart für sich gewinnende, abscheuliche Ausstrahlung, weswegen es enttäuscht, dass es nicht zu mehr Interaktion zwischen ihm und Batman kommt und Tom Hardy nicht wenigstens noch eine ausschweifende, auf ihn konzentrierte Sequenz erhielt, um Bane mit noch größerer Gewalt in die Erinnerung des Zuschauers zu prügeln.

Die etwas geringere Präsenz Banes gegenüber dem Joker ermöglicht es aber, Batman wieder etwas stärker ins Zentrum zu rücken. Erneut weist Nolan seinem Helden nicht die prominente Position zu, die er in Batman Begins einnahm, allerdings lässt sich nunmehr mit Sicherheit sagen, dass dies Methode hat. Einzig das Anfangskapitel der Trilogie trägt Batman explizit im Titel, die Fortsetzungen dagegen nennen ihn (ehr)fürchtig bei seiner inoffiziellen Bezeichnung – es steht sinnbildlich dafür, dass Batman in diesen Filmen als Symbol eine gesteigerte Bedeutung hat, was Nolan auch auf die Narrative überträgt. Dennoch wird Batman somit nicht zum Nebendarsteller im Finale seines eigenen Filmmythos degradiert. Christian Bale stellt sowohl Bruce Wayne als auch sein Alter Ego überzeugend in verschiedensten Facetten dar, er skizziert wohl das komplexeste Bild dieser Figur, die es im Kino bislang zu bewundern galt: Verbittert, moralisch gebrochen, seinen Einsatz als Held wieder genießend, von Wut getrieben und verzweifelt-verbissen – für Batman steht in The Dark Knight Rises eine emotionale Tour de Force bevor. Dass diese nachvollziehbar und glaubwürdig erscheint, ist vor allem Bales nuanciertem, zwischen diesen so weit voneinander liegenden Gefühlsregungen plausible Brücken bauendem Spiel zu verdanken, denn Nolans Erzählung bemüht sich vorrangig um die Vermittlung ihrer thematischen Kernthesen, so dass Batmans innere Reise auf ihre Eckpfeiler reduziert wird. Die Übergangsphase deutet das Drehbuch oftmals nur an, weshalb die emotionalen Entwicklungen nicht durchwegs Schritt für Schritt erklärt werden – unglaubwürdig werden sie dadurch nicht, jedoch gleichen sie eher schnellen, dramaturgischen Pinselstrichen. Nolan legt größeren Wert, dass die Beschlüsse Batmans überzeugen und trotzdem erstaunlichen Effekt haben, nicht, dass der Zuschauer auf jede einzeln Entscheidung die Antwort darauf parat hat, weshalb der Ritter der Nacht diese Wege einschlägt.

Es wird einige Fans sicherlich freuen, dass Batman, obwohl The Dark Knight Rises einen noch ernsteren Ton anschlägt, verbal wieder schlagfertiger geworden ist. Insbesondere gegenüber Catwoman kann sich der grimme Held diverse verschmitzte Wortspielereien nicht verkneifen. Es ist wohl ein künstlerisches Naturgesetz, dass Batman in der Nähe der katzenhaften Meisterdiebin seinen Humor wiederfindet, und diese Grundregel schadet The Dark Knight Rises keineswegs, da die kurzen Phasen pointierter Dialoge stets behutsam in die dramatische Handlung eingestreut sind.


Aufgrund der vielen Catwoman-Fans führte die Ankündigung, Batmans bezirzende Widersacherin käme in The Dark Knight Rises vor, vorab für einigen Jubel, zugleich herrschte jedoch unter einigen Kinogängern Sorge, Anne Hathaway könne bei weitem nicht an Michelle Pfeiffers Version aus Batman Returns heranreichen. Tatsächlich aber macht Hathaway ihre Sache sehr gut und interpretiert die diebische Verführung ohne zu starken Einfluss aus vorhergegangenen Batman-Inkarnationen. Aufgrund der ihr recht wenig bemessenen Leinwandzeit verfügt Hathaways Catwoman-Performance jedoch nicht über die ikonische Ausstrahlungskraft des Ledger-Jokers, Aaron Eckharts Harvey Dent oder auch Tom Hardys Bane, und da sie klar als Nebenrolle und nicht als heimlicher Star angelegt ist, kann sie auch nicht mit der nachhaltigen Präsenz von Michelle Pfeiffer mithalten. Dennoch besteht kein Zweifel daran, dass Hathaway die richtige Catwoman für diesen Batman ist. Die ouverte Sexualität der im Lack-und-Leder-Fetisch gekleideten Batman Returns-Katzenfrau (über die von Halle Berry gespielte Domina-Straßennutte hüllen wir den Mantel des Schweigens) tauscht die Der Teufel trägt Prada-Hauptdarstellerin gegen eine subtilere, natürlichere Attraktivität ein, sie versprüht durch beiläufige Blicke und unaufgesetztes Selbstbewusstsein ihre verführerische Ausstrahlung. Die aufgeweckte Diebin stiehlt sich gekonnt, aber dennoch nur ausreichend erfolgreich durch Gotham, um in einer ihr nicht gerechten Welt überleben zu können. Somit repräsentiert sie jene, die in der schattenhaften Metropole zwischen Licht und Dunkelheit der Moral stehen. Während andere unpriviligierte Bürger Gothams das Gestz selbst in die Hand nehmen und es dermaßen verdrehen, dass sie zu einer Geißel der Ordnung werden, nimmt sie nur notgedrungen von den Überpriviligierten, um sich über Wasser zu halten. Denn für ein Leben auf der gesetzestreuen Seite ist es für sie bereits zu spät, längst hat sie ihre Hände zu schmutzig gemacht, um einer rechtmäßigen Tätigkeit nachzugehen.

Die weniger aufdringliche Sinnlichkeit Catwomans und die von ihr nie theatralisch angesprochene Unglücklichkeit hinter ihrem kessen Auftreten passen wundervoll in Nolans Filmuniversum und werden von Anne Hathaway mit ungezwungenem Charme rübergebracht. Trotzdem wird Christopher Nolan nur manche der Kritiker verstummen lassen können, die ihm vorwerfen, beim Erschaffen von Frauenrollen ein weniger fähiges Händchen zu haben als bei den Männerrollen. So galant Hathaways Selbstversorgerin in hochhakigen Schuhen auch zwischen Gut, Böse und Opportunismus tigern mag, zugleich ist sie das möglicherweise unverdienteste Opfer der gewollt unvollkommenen, narrativen Legendenbildung von The Dark Knight Rises. Zwar sind die Facetten vorhanden, die für eine mehrschichtige Skizzierung dieser Figur notwendig sind, doch sie werden nicht ausreichend vertieft, um diese eigentlich sehr bodenständige Nebenrolle vollkommen greifbar zu machen. Die Inszenierung Catwomans als eine schwer durchschaubare, flüchtige Bekanntschaft Batmans mag reizvoll sein, aufgrund ihrer Position im Schickalsspiel von The Dark Knight Rises hätte es sich allerdings angeboten, sie etwas ausgiebiger zu charakterisieren und somit als kleines Licht, das in große Ereignisse verstrickt wird, erzählerisch besser zu erden.

Auch weitere Nebenrollen werden eher flüchtig dargelegt, bei ihnen ergibt sich aber dank ihrer klareren Rolle dessen ungeachtet ein rundes Bild: Morgan Freeman begeistert erneut als freundliches, zum trockenen Witz aufgelegtes Technikgenie Lucius Fox und Gary Oldman bietet als gealterter Jim Gordon weiterhin die brüchige Klasse eines überforderten, von seiner Aufrichtigkeit dennoch weiter vorwärtsgetriebenen Polizeibeamten. Gordon trifft in The Dark Knight Rises eine bedeutungsvolle Fehlentscheidung, die zwar unter Berücksichtigung seiner Charakterisierung in den Vorgängerfilmen für ihn naheliegend ist, da Nolan sich in diesem Film allerdings nicht die Zeit nimmt, die gutgläubige Seite Gordons erneut zu etablieren, dürfte diese Tat Gordons einige Zuschauer verärgern, da sie ohne frische Erinnerung an The Dark Knight sehr konstruiert wirkt. Hier muss jeder bei der Bewertung der erzählerischen Stärke beschließen, ob es wichtiger ist, dass eine Trilogie am Stück besser funktioniert, oder ob ihre Einzelelemente primär alleinstehend aufgehen sollten.

Unterstützung erhält der in The Dark Knight Rises nicht mehr sonderlich prominent (wenngleich bedeutsam) auftretende Jim Gordon durch den noch ungeschliffenen, ebenso idealistischen wie ungestümen Cop John Blake, gespielt von Joseph Gordon-Levitt. Gordon-Levitt gibt eine adäquate Leistung ab, er drängt sich nicht zu sehr in den Vordergrund, hinterlässt dennoch Eindruck. Ähnliches gilt für Marion Cotillard, die als Energieunternehmerin Miranda Tate zwar sympathisch spielt, jedoch vom Skript nur wenig herausgefordert wird. Manchen wird es stören, dass Alfred und Bruce Wayne sie wie eine alte Bekannte behandeln, ohne dass dem Publikum ihre Vorgeschichte über wenige Bruchstücke hinaus nahegelegt wird. Es stützt die schattenhafte, leicht zerfranste Erzählweise, die Nolan eingangs verwendet, um The Dark Knight Rises mit Unklarheiten und atmosphärischer Spannung zu füllen, anders als bei Selina Kyle aka Catwoman schadet es der Figur der Miranda Tate aber nicht im Geringsten. Dessen ungeachtet kann es schnell als unsaubere Erzählweise aufgefasst werden, wenn man sich auf diese Narrative nicht völlig einzulassen vermag.

Zu guter Letzt muss hinsichtlich der Darsteller erwähnt werden, dass Michael Caine in The Dark Knight Rises als Alfred noch gewitzter ist als in den Vorläuferfilmen. Darüber hinaus darf er den juxenden, väterlichen Butler aber auch von seiner fürsorglichsten und verletztlichsten Seite zeigen. In diesen Szenen wird wieder das ungeheuerliche Talent Caines deutlich, der in Nolans intellektueller, psychologischer Heldenstudie die rührendsten und menschlichsten Dialogzeilen aufgebracht spielen kann, ohne deplatziert zu wirken.


Nach der unweltlich-rotbraunen Bildästhetik von Batman Begins und dem kühlen Blauschleier, in welchen sich The Dark Knight hüllte, tritt The Dark Knight Rises in einem verwaschenen/überbelichteten, gleißendem Weiß auf. Selbstredend ist es keine ästhetische Entscheidung ohne Belang. Das herbstliche Kastanienbraun von Batman Begins weckte Assoziationen zu Gruselgeschichten, was angesichts der Anleihen an die 13-teilige Batman-Erzählung The Long Halloween und dem zentralen Motiv der Angst eine naheliegende Wahl darstellt. Zumal trat Batman in diesem Film als albtraumhafter, noch kaum bekannter Schrecken der Unterwelt auf, während auch die unbequeme Hintergrundgeschichte des Helden erzählt wird. The Dark Knight rückte visuell näher an harte, dennoch weitestgehend realistische Kriminalthriller, war nicht nur Batman nun eine greifbare Bedrohung des Bösen, sondern auch der Kampf zwischen dem Titelhelden und dem Joker so weltnah, wie nie zuvor derKernkonflikt eines Superheldenfilms. Zugleich unterstrich das eisige Blau die emotionale Kälte in Gotham und in Bruce Waynes vereinsamendem Leben.

Das gleißende Weiß, welches über dem Geschehen in The Dark Knight Rises liegt, fußt gleich auf mehreren Gedanken. Mit seinem helleren Farbton impliziert The Dark Knight Rises nicht so düster wie seine Vorläufer zu sein, was sehr oberflächlich betrachtet anfänglich auch zutrifft. Gotham scheint seit den Ereignissen von The Dark Knight mühselig Frieden erarbeitet zu haben. Aber das Weiß dieses Films ist ein verwaschenes, imperfektes, der Frieden trügt nur. Das helle Licht dieses Finales blendet zu sehr, ist befremdender als die Farbfilter der ersten beiden Filme. Der verwaschene, helle Weißton kann sogar beinahe schmerzlich sein, was sinnbildlich für eine zentrale Aussage Banes steht: Dieser predigt, sinngemäß, davon, dass erst der helle Schein eines Hoffnungsschimmers Menschen in einer ausweglosen Situation vergehen lassen kann. Eine Weisheit, die The Dark Knight Rises methodisch verfolgt: Wie erläutert tritt er als der strahlendste, demnach vermeintlich hoffnungsvollste Film der Reihe auf, dann aber hält er dem Zuschauer und seinen Helden konsequent vor, dass diese Hoffnung nur aus der Ferne scheint, dass dieses Licht auf einen Hort der Verzweiflung runterblickt und die dort Gefangenen blendet. The Dark Knight Rises wird somit der stringenteste, die ärgsten Konsequenzen vordernde Teil der Saga. Er missleitet bewusst mit seinen Lichtschimmern, was ihn schlussendlich zum düstersten Teil der Trilogie macht.

Diese duale Deutung der Hoffnung lässt sich auch auf Batman übertragen, der sich herausgefordert sieht, den Bürgern Gothams endlich als leuchtendes Symbol zu dienen – gleichwohl zeichnet sich ab, dass Bruce Wayne ob dieses Vorhabens verglühen dürfte. Sein Licht droht, sein Untergang zu werden, Hoffnung und hehre Absichten können seinen Untergang bedeuten. Die Kernproblematik, die The Dark Knight Rises behandelt, ist die zerstörerische Kraft von Heldentum und Hoffnung, was sich visuell in der unwohlen Leuchtkraft von Wally Pfisters Kinematografie äußert.

Bei aller Genialität, wie tief die Farbästhetik von The Dark Knight Rises im Filminhalt verwurzelt ist, verfügt der Film nicht über derart viele minutiös geplante, Bände sprechende Stillbilder wie The Dark Knight. Obschon Christopher Nolan und sein versierter Stammkameramann Wally Pfister erneut einige imposante, stimmungsvolle und ausdrucksstarke Bilder kreieren, wie etwa Banes in seiner selbstgefälligen Entspanntheit eine kontrollierte Aggressivität ausstrahlender Gang, während er sich darauf vorbereitet, ganz Gotham eine Rede zu halten, lassen sie seltener als in The Dark Knight allein die Bilder sprechen. Auch verweilen Nolan und Cutter Lee Smith kürzer auf aussagekräftigen Einstellungen, weshalb diese nicht die nachhallende Kraft entwickeln können, die mehreren Szenen des Vorgängers innewohnte. Nolan nutzt also zwar starke Motive und lässt auf visueller Ebene das Innenleben der zentralen Figuren sowie den Stand der von ihm erschaffenen Filmwelt widerspiegeln, aber solche Momente wie Batman, der über einer Ruine stehend sein Versagen zu begreifen versucht, oder die Szene, in der der Joker beharrlich darauf wartet, von Batman angefahren zu werden, entstehen in The Dark Knight Rises nicht.

Partiell ist dies darin begründet, dass dieser dramatische Superheldenthriller sehr viel Handlung zu erzählen hat, die sich über einen größeren Handlungszeitraum erstreckt. Da das Geschehen deshalb selbst bei einer Laufzeit von 165 Minuten stark komprimiert werden muss, kann Regisseur Christopher Nolan nicht ohne weiteres länger auf beeindruckenderen Bildern ruhen bleiben. Wegen seiner komprimierten Erzählung kann er in The Dark Knight Rises außerdem nicht davon ablassen, Handlungsstränge und Figuren hastig bei Seite zu schieben, sobald sie seiner Ansicht nach ihre Funktion erfüllt haben. Wer sich schon in Batman Begins und The Dark Knight schwer mit der raschen Abfertigung vereinzelter Figuren tat, wird auch beim Finale der Saga feststellen müssen, dass nicht alle Handlungsfäden zeremoniell abgeschlossen werden. Die starke Verdichtung der Erzählzeit ermöglicht zugleich aber eine effektvolle Verunsicherung des Zuschauers. Dies trifft vor allem auf die zweite Hälfte des Films zu, welche inhaltlich wieder größere Anleihen bei The Dark Knight nimmt. Banes Plan konkretisiert sich, es wird ersichtlich, dass auch er ein Agent des Chaos ist. Doch während der Joker die Welt einfach nur brennen sehen wollte, um sich daran zu vergnügen, will Bane ihr seine Deutung von Gerechtigkeit und Selbstbestimmung bescheren. Was vermeintlich nur gelingen kann, indem er sie mit Zerstörung und Verzweiflung erfüllt, weil dies die einzigen Wege sind, die er kennt und die es seiner Auffassung nach zu beschreiten gilt.

Über Banes Verbreitung von Furcht und Unordnung knüpft das ausführliche Kernstück von The Dark Knight Rises schlüssig Bande mit seinem Vorläufer, obwohl der Film stilistisch näher an Batman Begins ist und auch seine thematischen Schwerpunkte zu einem bedeutsameren Anteil aus dem Anfang der Trilogie generiert. Dass Bane eigene Beweggründe hat, ist jedoch nicht der alleinige Unterschied zur Anarchie des Jokes, Nolan erzählt diesen Aspekt auch anders, statt erneut Schritt für Schritt das Katz-und-Mausspiel zwischen dunklem Helden und chaotischem Schurken nachzuverfolgen: Immer wieder springt die Geschichte für kleinere Zeitspannen voran, so dass Nolan mühevoll das Zeitgefühl seines Publikums aus dem Gleichgewicht bringt, was dazu führt, dass es sich selten gewiss sein kann, wie tief Gotham bereits im Morast steckt oder wie aussichtslos die Situation für Batman nunmehr geworden ist. Insgesamt ist dies ein stimmiges Stilmittel, welches gekonnt durchgeführt wird, zumal dem aufmerksamen Zuschauer regelmäßig wieder Anhaltspunkte gegeben werden, wie viel Zeit verflogen ist. Allerdings überspringt Nolan dabei vereinzelte Punkte, die sehr wohl von Interesse wären, so dass haarspaltende Zuschauer einige bohrende Fragen aus dem Kinosaal mitnehmen werden.


Wie eingangs erwähnt, stellte sich in den vergangenen vier Jahren, wie The Dark Knight Rises als dramatisches Finale die schiere Bandbreite von The Dark Knight übertrumpfen kann, ohne in die berüchtigte Sequelfalle zu tappen und einfach das gleiche Feuerwerk nochmal abzubrennen, nur halt größer.

Die Antwort liegt, erneut, in den kleinen, doch feinen Unterschieden zwischen Joker und Bane. Der Joker sponn ein die Helden quer durch Gotham jagendes, explosives Wirrspiel, es gab mehrere, sich in ihrer Intensität steigernde Attentate, die Hinweise zu ihrer Abwendung ließen Batman und Gordon nur knapp bemessene Zeit. Bane lädt zu keiner solchen Verfolgungsjagd ein, er ist ein stationäres Ziel, statt eine eskalierende Abfolge von Gräueltaten vollführt er einen megalomanischen Plan, ein längerfristiges Vorhaben. Dadurch hat The Dark Knight Rises ein völlig anderes Tempo, die Action nimmt andere Gestalt an. Statt vieler atemberaubender Verfolgungen und knapp ausgehenden Kämpfen gibt es in The Dark Knight Rises zunächst nur sehr kurze, sehr harsche Auseinandersetzungen. Diese sind auf den Punkt inszeniert und einschneidende Sequenzen, nicht aber so bombastisch, wie man es vielleicht erwarten würde. Denn der überragend kräftige Bane will Batman und Gotham auch innerlich, moralisch zerbrechen, weshalb sich seine Handlungen weniger auf große Verbrechensakte und verbitterte Kämpfe mit Batman konzentrieren, sondern auf Manipulation und Zerstörungen mit symbolischer Aussage. So zeichnet Nolan ein Finale mit deutlicher Fallhöhe, ohne einfach The Dark Knight in größerem Maßstab zu wiederholen.

Für Batman wiederum bringt das von Bane erstellte Szenario vor allem einen Kampf mit sich selbst. Einen Kampf, dem so oder so Batmans Untergang vorprogrammiert scheint. Gibt er kleinbei, ist er kein Held mehr, doch je mehr er sich zum Leuchtbild hochstilisiert, desto ärger werden die Folgen, die dies nach sich zieht. Denn wie in The Dark Knight klar wurde, ist Batman Mitverursacher des Leids, welches er zu bekämpfen versucht Wer zu lange Held spielt, wird schließlich selbst zum Schurken, so die pessimistische Moral, die der Joker hinterließ. Womit das visuelle Leitmotiv wieder zum Vorschein kommt: Eines der Themen von The Dark Knight Rises ist, dass für Batman sowohl die Flucht ins Licht als auch in die Schatten der Vergessenheit nur Schmerzen bedeuten werden. So eine ausweglose Situation schilderte selbst der Vorgängerfilm nicht – dieser wies dafür den straffer umrissenen Spannungsbogen auf, weil sein Kernkonflikt explizitere und dynamischere Auseinandersetzungen zwischen Protagonisten und Antagonisten gestattete. Die Actionhöhepunkte von The Dark Knight Rises sind dagegen Selbstbezwingung und der Versuch, Banes Demoralisierung Einhalt zu gewähren. Nolan holt das packendste aus diesen Szenen heraus, den klassischen Thrill aus The Dark Knight kann er dennoch nicht vollauf erreichen.

Umso handgreiflicher ist dafür die Musik in The Dark Knight Rises. Der Oscar-prämierte Komponist Hans Zimmer schuf für Bane ein wiederkehrendes Thema, welches mit wild hämmernder Percussion, manischen Streichern und einem einschüchternden Chorus wuchtvoll voranschmettert. Es ist laut, düster und begleitet die Szenen, in denen es vorkommt, mit einer unheilvollen, wie ein Damoklesschwet über den Bildern schwebenden Andersweltlichkeit, die allerdings sehr gezielt eingesetzt wird, so dass sich eine Sogwirkung ergibt, der man sich nur schwer entreißen kann. Zimmer setzt jedoch nicht nur auf pure Klanggewalt, sondern schuf auch ein zärtlicheres, mit leiser Tragik spielendes Motiv für Catwoman und dramatische Szenen untermalt er mit traurigen Melodien, die sich eine heroische Ehrwürdigkeit bewahren. Aber auch das in den Vorgängern aufgebaute Batman-Leitthema kommt erneut zum Einsatz, meistens im verzweifelten Kampf um die Vorherrschaft gegen sich langsam aufbäumende Reinterpretationen des Bane-Themas. Die Filmmusik ist, kurzum gesagt, kraftvoll, bei Bedarf feinfühlig und vor allem das Ergebnis von kontrolliertem Wahnsinn. Perfekt für diesen Film, in dem es um die Ungerechtigkeit des Heldentums sowie um die stets durch das Unheil durchschimmernde, durchaus auch destruktive Wirkung der Hoffnung geht.

Fazit: Christopher Nolan fügt in The Dark Knight Rises konsequent zusammen, was er zuvor aufgebaut hat und verfolgt dabei gezielt den angemessenen Ansatz, die übergreifenden Themen seiner Trilogie stärker in den Vordergrund zu rücken. Dadurch wird The Dark Knight Rises nicht zu dem Film, den sich alle Liebhaber von The Dark Knight gewünscht haben, sehr wohl aber zu dem Finale, das sich Nolans Batman-Trilogie verdient hat. Das Gesamtbild ist aufgrund der überwältigenden Inszenierung, zahlreichen intelligenten Handlungselementen und der durchdachten, handfesten Betrachtung der Heldenthematik stimmig geraten, wenngleich sich der brillante Autor und Regisseur bei vereinzelten Details verkalkuliert hat. Denn zu Gunsten der effektvollen Durchführung seiner thematischen Konzepte wird die Charakterentwicklung in manchen Sequenzen mit einem solchen Nachdruck vorangetreiben, dass sie stellenweise sprunghaft erscheinen kann und nicht jede Figur die ihr gebührende Aufmerksamkeit erhält.

Dienstag, 13. September 2011

"The Dark Knight": Analyse der Verfolgungsjagd

Bis der dunkle Ritter wieder aufsteigt, dauert es leider noch ein wenig. Glücklicherweise ist Christopher Nolans meisterliche Comicadaption The Dark Knight ein so reichhaltiger Film, dass auch Jahre nach dem Kinostart immer wieder neue, detallierte Blicke auf diesen Superheldenthriller möglich sind. So lässt sich die Wartezeit exquisit verkürzen.

Ausnahmsweise sei mal ein kritischer Blick auf The Dark Knight gegönnt. Filmkritiker Jim Emerson pflückt die große Verfolgungsjagd auseinander un erklärt, weshalb er sie nur passabel findet:


(gefunden via /Film)

Haarspalterei oder berechtigte Kritik? Ihr entscheidet...

Samstag, 30. April 2011

Newsies

Zahllose Zeichentrickfilme, Mary Poppins, Die tollkühne Hexe in ihrem fliegenden Bett, Die Muppets-Weihnachtsgeschichte und, ja, selbst die High School Musical-Teile: Wenn der Disney-Konzern ein Musical rausbringt, dann ist ihm ein beachtlicher Erfolg gewiss. Schließlich ist der einprägsame Einsatz von Musik die Spezialität Disneys, nicht wahr?

Trotzdem sind Musikeinlagen keine garantierte Erfolgsformel für Disney. Manche Musicals scheitern daran, sich große Publikumsresonanz zu erarbeiten. Wer kennt schon Der glücklichste Millionär? Die Produktion von 1967 geriet rasch in Vergessenheit und lebt nur noch als Hintergrundmusik in der Main Street U.S.A. der Disneyparks weiter. Der glücklichste Millionär beweist allerdings auch: Ab einer gewissen Produktionsgröße ist es eigentlich nahezu unmöglich, dass Disneyfilme komplett untergehen. Irgendwie finden sie immer einen Zufluchtsort, an dem sie weiterleben. So erging es auch einem weiteren erfolglosen Disney-Musical: Newsies.

Der auf wahren Begebenheiten basierende Realfilm kam 1992 auf den Schwingen der Disney-Trickrenaisssance in die US-Kinos, und das wohl nicht gerade von tiefstapelnden Erwartungen begleitet. Ursprünglich war es geplant, die Ereignisse des Zeitungsjungenstreiks anno 1899 als Drama zu verfilmen, aber da sich Disney mit Arielle, die Meerjungfrau wieder auf sein musikalisches Geschick zurückbesinnte, wurde Komponist Alan Menken herbeigeordert und Newsies zum Musical umfunktioniert. Für den Score engagierte Disney allerdings den unterschätzten Studioveteranen J.A.C. Redford, der bereits den Score zu Oliver & Co. schrieb und in den Folgejahren auch an Mighty Ducks 2 & 3, Mein großer Freund Joe oder WALL•E mitarbeiten sollte. Die Regie und Chroegraphie übernahm derweil Kenny Ortega, der zuvor die Tanzschritte des Welterfolgs Dirty Dancing erdachte und später mit Hokus Pokus einen Disney-Kulthit schaffen sollte. Und wieder einige Jahre darauf fand er auf dem Regiestuhl der High School Musical-Trilogie Platz.

Disney wünschte sich für Newsies zunächst den Oscar-prämierten Texter Howard Ashman, welcher allerdings schon zu Produktionsbeginn von seiner AIDS-Erkankung stark geschwächt war und die Federführung deswegen an Jack Feldman (Oliver & Co.) abgeben musste. Einige Monate vor Kinostart verstarb Ashman bekanntlich und hinterließ in der Musikwelt und den Disney-Studios eine große Lücke.

Newsies wurde ein bitterer Kinoflop für die Disney-Studios: In den USA nahm das Musical gerade einmal 2,8 Millionen Dollar ein, die internationale Auswertung fiel ebenfalls sehr klein aus - in manchen Ländern wurde Newsies zur bloßen Videopremiere degradiert. Wie jedoch erwähnt, leben gerade bei Disney öfters mal Totgesagte länger. Als Leihkassette und mittels zahlreicher Wiederholungen im Disney Channel wurde Newsies in den USA ein Achtungserfolg, der sich eine eingeschworene Kult-Fangemeinschaft aufbauen konnte. Diese konnte mittels Petitionen eine DVD-Veröffentlichung erbetteln und ist generell recht lautstark. Wie Hauptdarsteller Christian Bale anmerkte, der sich lange Zeit von Newsies distanzierte und erst jüngst wieder mit dem Film wärmer geworden ist: Sagst du etwas schlechtes über Newsies, sind sofort seine Verteidiger da und ermahnen dich.

Möglicherweise ist es auch die Chance, einen jungen Christian Bale singen und tanzen zu sehen, die den Kult um Newsies immer weiter anfacht. Mittlerweile ist Newsies nämlich vom Schandfleck zu einem respektierten Katalogtitel Disneys geworden - schon länger wurde laut über eine Broadway-Adaption nachgegrübelt und seit letztem Jahr arbeitet Alan Menken tatsächlich an Variationen seiner alten Songs sowie neuen Melodien für das Bühnenstück. Nicht schlecht für einen mehrfach Razzie-nominierten Kinoflop, der Menken die berühmt-berüchtigte Goldene Himbeere einbrachte...

Kommen wir endlich mal zur Story des Films: Joseph Pulitzer beschäftigt 1899 für seine Zeitung New York World zahllose heimatlose, arme und verwaiste Jungen als Zeitungsverkäufer. Unter den sich in feinster Charles-Dickens-Manier durchschlagenden Buben befindet sich auch der 17-jährige Jack "Cowboy" Kelly, der mit seinen hochtrabend klingenden Geschichten über seine Vergangenheit sowie seiner Gewitztheit eine Führungsperson für die Zeitungsjungen-Bande darstellt. Als der Satz, den Zeitungsjungs für die Ausgaben bezahlen müssen erhöht wird, nicht aber der Endpreis, beschließen Jack und sein enger Freund David, dass es an der Zeit ist, einen Streik anzuzetteln. Dabei erhalten sie Hilfe vom Reporter Bryan Denton und dem Veudeville-Star Medda "Swedish Meadowlark" Larkson. Für den von der Polizei verfolgten Jack entsteht so ein Dilemma, da er seinen neu gewonnenen Freunden zur Seite stehen, aber auch gerne sämtliche Brücken abfackeln und nach Santa Fe fliehen möchte...

Dass Newsies seinerzeit von vielen Kritikern verrissen wurde, erstaunt nicht wirklich. Die größte Sünde dieser Disney-Produktion ist ihre Unbeständigkeit im Tonfall. Die meisten Gesangseinlagen versprühen den klassischen Disney-Musical-Kitsch oder -Pathos, sie sind über-lebensgroß, bunt, spaßig. Der Kern der Handlung wird hingegen für die meiste Zeit viel seriöser genommen. Newsies versteht sich nicht als die verrückte, aber wahre Geschichte eines Zeitungsjungen-Streiks, sondern als ein echtes Drama. Selbstverständlich nicht als ein bitteres, schwerfüßiges Drama... Newsies möchte eines dieses inspirierenden Dramen für die ganze Familie sein, das für jeden leisen Schluchzer später eine Freudenträne einlösen möchte. Und dann kommen wieder diese Momente, in denen Newsies wieder wie eine Disney-Familienkomödie wirkt. Das sind zwar alles keine krassen Gegensätze, und in den Händen eines erfahrenen Regisseurs könnten diese Elemente garantiert auch fließend ineinander übergehen, Debütant Kenny Ortega lieferte aber einen Film ab, der den Eindruck erweckt, dass nach Drehschluss das Studio die abgelieferte Version nicht mochte und von einem zweiten Regisseur unter großem Zeitdruck einige Nachdrehs forderte. Missionsziel: Den Tonfall ändern. "Wir wollen alles genauso... nur anders!" Newsies ist für Disney-Musicals insofern ungefähr das, was Hancock für das Superheldengenre darstellt.

Damit erklärt sich jedoch auch ein sicherlich nicht unerheblicher Teil des Kultfaktors von Newsies. Während Hancock als großes, ambitioniertes Experiment scheiterte und somit zwar unterhält, aber auch deprimiert, nahm sich Newsies ja keine Revolution der Musicalwelt vor. Es waren wesentlich kleinere Brötchen, die gebacken werden sollten, und dass sie nun nicht wirklich rund geworden sind, stört mit etwas Abstand zum Werk überhaupt nicht. Für Kinder ist Newsies vielleicht passagenweise etwas langatmig, aber auch ein ganz süßer Spaß, für den erwachsenen Zuschauer gehen mittelmäßige bis gute Musicaleinlagen Hand in Hand mit dieser typischen Kult-Wirkung... Newsies hat aufgrund der Divergenz zwischen seinen Kern-Sequenzen einen leicht campigen Touch, ohne dabei derart schrill wie High School Musical zu werden. Newsies ist eher "Annie für Jungen... mit dem Versuch, etwas Kitsch durch Anspruch zu ersetzen, wobei allerdings Camp entstand".

Stellt euch vor, im Hintergrund hinge ein roter Vorhang... "Zeitungs... Jungen... Musical...!"

Darstellerisch ist Newsies recht durchwachsen: Die meisten der Kinder- und Jugenddarsteller sind hauptsächlich als Tänzer und Sänger ausgebildet, weshalb das Schauspiel zwar unaffektiert, nicht aber besonders tiefgreifend ist. Christian Bale macht seine Sache gut und gibt dem Film einen emotionalen Bezugspunkt. Die Erwachsenen hingegen sind entweder blass (etwa Bill Pullman), oder sie übertreiben in ihrer Darstellung maßlos, wie etwa im Fall von Robert Duvall als Joseph Pulitzer. Gerade die Nebendarsteller Duvall und Ann-Margret tun den Film mit ihren Leistungen aus künstlerischer Sicht überhaupt nicht gut, verstärken aber enorm den Spaßfaktor.

Bei einem Musical ist es natürlich immer besonders wichtig, wie gut die Musik denn nun abschneidet. Newsies ist in diesem Belang recht unauffällig. Der generelle Stil der Lieder ist sehr familiär, erinnert an kleinere, dramatische Musicals aus der Zeit zwischen dem Glamour-Boom und der Renaissance zu Beginn der 90er Jahre und bricht selten aus diesem Klangschema aus. Mit Alan Menken als Komponisten kann man sich jedoch gewohntermaßen auf einige hartknäckige Ohrwürmer einstellen. Die Szenenstücke, wie das Eröffnungslied Carrying the Banner oder den wiederkehrenden Titel The World Will Know finde ich recht blass, während das "Ich will"-Lied Santa Fe, welches die Abenteuerlust und das Fernweh von Bales Figur mit seiner Klangverschmelzung von Western-Versatzstücken und klassischem Broadway-Sehnsuchtsballadenschmalz besingt, eines der interessanteren und originelleren Lieder aus Newsies ist. Die mit der Goldenen Himbeere prämierte, eingeschobene Vaudeville-Nummer High Times, Hard Times wiederum ist eigentlich recht kurzweilig, jedoch ziemlich überflüssig und auch klischeebeladen. Der Anti-Preis ist dennoch unverdient, selbst wenn der bei Disney fast schon unverzichtbare Slot des Spaßsongs viel erfrischender und kecker durch King of New York erfüllt wird, einer augenzwinkernden Feiernummer der Zeitungsjungen, in der sie nach einem Zwischensieg davon träumen, was sie sich alles gönnen können. Wie etwa Havannas für einen Vierteldollar. King of New York, Alan Menkens Lieblingsnummer aus Newsies, ist auch in exakt dem Tonfall gehalten, der diesem Musical konstant gut getan hätte. Es hat eine grundlegende Ehrlichkeit in sich, aber auch ein verschmitztes Lächeln.

Mein Lieblingsstück aus Newsies ist dennoch das als Protestlied der Zeitungsjungen eingeführte Seize the Day. Es ist eine dieser typischen Musical-Massennummern, inklusive dem markanten Disney-Touch und amüsantem, noch knapp vor dem Overkill eingesetztem Pathos. Der dezente irische Flair bringt Schwung rein, gleichzeitig setzt man mit unisono gesungenen, langgezogenen Textpassagen auf Gänsehaut-Wirkung. Es ist schwer, es im Gesamtkontext des Musicals komplett ernst zu nehmen, doch ein schönes Lied.

Dies bringt mich auch zur Choreographie in Newsies: Kenny Ortega muss man es einfach lassen, dass er wirklich viel von diesem Geschäft versteht. Nicht umsonst war er einer der Vertrauensmänner Michael Jacksons und was man auch von der High School Musical-Musik halten mag, die Tanzschritte waren eine großartige Mischung aus jung und frisch sowie ehrwürdigen Hommagen. Auch Newsies versteckt ein paar Verbeugungen vor großen Meistern mit aufwändigen, eigenen Tanzschritten, die auch allesamt von der Kamera gut eingefangen werden. An Produktionswerten hat Disney bei Newsies sowieso nicht gespart... Jedoch hat Ortega gerade bei der wohl sehr ergreifend und inspirierend wirken wollenden Reprise von Seize the Day ein weeeeenig zu mordern gedacht, weshalb man sich das Grinsen in der Sequenz kaum verkneifen kann. Aber seht selbst:



Da respektiert man Leute wie Gore Verbinski sogleich um ein vielfaches mehr. Denn so hätte die Eröffnungssequenz von Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt bestimmt ebenfalls aussehen können... Im großen Finale von Newsies passiert ein ähnlicher Patzer. Das eh schon recht kitschige Ende wird von einem lachhaften Mini-Auftritt böse untergraben... Auch wenn man ihn sich bestimmt denken kann, will ich ihn hier nicht verraten. Doch ich habe keine Hemmungen zu sagen, dass es nicht so aussieht, als wäre da am Rande des Bildes ein Schauspieler, sondern ein ausrangierter Audio-Animatronic, den man aus dem Disneyland geklaut und auf's Set verfrachtet hat. Und ja... auch sowas vergrößert nur den Kultfaktor von Newsies.

Kurzum: Newsies ist ein sehr gut gemeintes Musical-Drama, das ganz nüchtern betrachtet schlicht ein mittelmäßiger Disney-Realfilm unter vielen ist, aber diesen altbekannten, ungewollten Charme hat, der viele Kultfilme ausmacht. Nicht, dass er so schlecht ist, dass er wieder gut wird... Nein. Newsies ist einfach nur so anders als von seinen Machern geplant, dass er unversehens vergnüglich wird.

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Mittwoch, 26. August 2009

Nolan jagt Batman über die IMAX-Leinwand

Von allen derzeit in Planung befindlichen Hollywoodfilmen ist Christopher Nolans Fortstezung zum gigantischen Welterfolg The Dark Knight wohl derjenige, über den die meisten Gerüchte kursieren. Da die meisten absoluter Schwachsinn sind (neuster Müll: uns erwartet Megan "Ich habe nur einen Gesichtsausdruck" Fox als Catwoman), halte ich mich gar nicht mehr groß daran auf.
Dieses Gerücht ist allerdings wirklich interessant, und es könnte sogar eintreffen. Das legitimiert doch eine Meldung...
Laut Ain't It Cool News besteht nämlich die Möglichkeit, dass Nolan seinen dritten Batman-Film komplett im IMAX-Format drehen wird. Nolan und sein Stammkameramann Wally Pfister erhielten massig Anerkennung für ihre beeindruckenden Bilder in The Dark Knight und Nolan äußerte bereits Interesse daran, einen kompletten Film mit IMAX-Kameras zu drehen, doch der Kostenpunkt, die begrenzte Menge an IMAX-Equipment und die Schwerfälligkeit der IMAX-Kameras ließen es wahrscheinlicher scheinen, dass Nolan zunächst erstmal wieder einige Luftaufnahmen und Actionszenen im Riesenformat drehen wird, nicht aber einen kompletten Spielfilm.

Allerdings ist Nolan nicht weiter ein zufällig zu Bekanntheit geratener, talentierter Independentautor und -regisseur, sondern der Kopf hinter einem der erfolgreichsten Filme aller Zeiten. Warner Bros. möchte ihn zufriedenstellen und die Technologie hat sich ebenfalls weiterentwickelt - angeblich soll dies die Türen für einen kompletten IMAX-Batman öffnen. Es wäre begrüßenswert, selbst wenn ich kein IMAX in meiner nächsten Nähe habe.

Zum Abschluss übrigens ein weiteres, großartiges Gerücht über Nolans dritten Batman. Das von Geheimnissen überfrachtete Projekt Inception (hier seht ihr den beeindruckenden ersten Teaser) mit Musik von Hans Zimmer, hohem Budget, beeindruckender Action, und Cillian Murphy (Scarecrow in Batman Begins) im Cast ist in Wahrheit... Nolans dritter Batman-Film! Christian Bales Beteiligung am Film wird komplett geheim gehalten und die Labyrinth artige Anordnung von Wolkenkratzern im Teaser sind Hinweise darauf, dass der Riddler (möglicherweise gespielt von DiCaprio) der Bösewicht des nächsten Batman-Kapitels wird.

Das ist selbstverständlich völlig an den Haaren herbeigezogen - aber es wäre genial, wenn es wahr wäre. Stellt euch vor, ihr geht 2010 am Starttag nichtsahnend in Inception und bekommt Nolans dritten Batman-Film gegen die Nase geklatscht... Hach, ich würde es lieben.

Freitag, 7. August 2009

Public Enemies

Miami Vice war bislang der einzige Film während dem ich kurz davor war das Kino zu verlassen, obwohl er noch nicht zu Ende war. Collateral find ich durchaus überschätzt. Insider dagegen finde ich beispielsweise großartig.
Meine Einstellung zum Regisseur Michael Mann ist also äußerst ambivalent, ich entscheide von Film zu Film, was ich von ihm zu halten habe.

Auf Public Enemies hielt ich im Vorfeld bereits große Stücke. Die 30er-Jahre reizen mich als zeitliches Setting für einen Film besonders und mit Johnny Depp und Christian Bale wurden zwei Schauspieler in den wichtigsten Rollen besetzt, die mich in Vergangenheit bereits mehrfach zu begeistern wussten. Und auf ein neues, waschechtes Gangsterstück hatte ich ebenfalls schon länger Lust.

Manns Adaption des Sachbuchs Public Enemies: America's Greatest Crime Wave and the Birth of the FBI, 1933–34. beginnt im Jahr 1933. Das von J. Edgar Hoover geleitete FBI haderte beim Versuch zu einer Bundespolizei heranzuwachsen mit den Gerichten, die in diesem Vorhaben eine Geldverschwendung sehen. Der ursprünglich vom Land stammende Gangster John Dillinger (Johnny Depp) raubt zusammen mit seinen Banden eine Bank nach der anderen aus. Während er aufgrund seines Raubeincharmes (er achtet stets auf seinen Auftritt gegenüber des Volkes) bei den Bürgern als Ikone gefeiert wird, setzt das junge FBI alles daran ihn zu erwischen. Unter der Leitung von Melvin Purvis (Christian Bale) wird eine Sondereinheit, die "Dillinger Squad" gegründet, die durch für ihre Zeit aufwändige und neumodische Methoden dem gefürchteten Bankräuber auf die Spur kommen soll. Vor allem durch die Beobachtung seiner Geliebten Billie Frechette (Marion Cotillard) erhofft sich das FBI Dillinger zu erwischen.
Allerdings ist Dillinger außerordentlich gerissen und schafft es immer wieder seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
Dieses Katz-und-Maus-Spiel ist die Grundlage des Plots von Public Enemies, auch wenn es weit weniger Schachzüge umfasst, als man vor dem Kinogang erwarten würde.
Überhaupt geschieht in Public Enemies weniger, als der Zuschauer vermuten mag, die Banküberfälle lassen sich beispielsweise an einer Hand abzählen.

Natürlich sollten Filme nach der Maxime "Klasse statt Masse" leben, so dass die schiere Menge an eingefangenen Momenten aus Dillingers Leben kein Qualitätskriteritum darstellen sollte. Und Michael Mann hat in der Inszenierung einiger ikonischer Momente aus Dillingers Karriere wirklich gute Arbeit geleistet, vor allem zwei unverschämt selbstbewusste, locker-lässige Spielereien mit der Polizei (darunter eine in die Geschichte eingegangene Pressekonferenz) konnte Mann hervorragend in den Film einarbeiten und mit ihnen den Charakter der Gangsterberümtheit effektiv zur Schau stellen. Diese Szenen gehören automatisch zu den absoluten Höhepunkten des Films.
Allerdings ruht sich Mann darauf aus zu zeigen, wie der Star Dillinger sein bereits erarbeitetes Image auskostet. Die eigentliche Legendenbildung reißt Mann bloß an - ein Mangel, der durch das zeigen weiterer Stationen sicherlich hätte behoben werden können.

Bezüglich der Darstellerriege bewies Michael Mann in Public Enemies bis in die letzte Nebenrolle ein glückliches Händchen, wobei der Zuschauer sein Hauptaugenmerk selbstverständlich auf die drei größten Namen auf der Besetzungsliste lenken wird. Je nach Erwarungshaltung könnte sich bei dem einen oder anderen Kinogänger jedoch eine kleine Enttäuschung einstellen. Johnny Depp spult in der ersten Hälfte des Films eine lässige Routinenummer ab und erhält erst in der zweiten Hälfte des Films die Gelegenheit einige ihn fordernde Szenen zu meistern. Das steht auch stellvertretend für die Qualitäten des gesamten Films: Sind in der ersten Hälfte von Public Enemies durchaus starke Einzelszenen anzutreffen, die sich bloß nicht zu einem runden Ganzen zusammenfügen wollen (wodurch die Gesamtspannung leidet, nur vereinzelte Szenen entwickeln eine eigene Spannung und bleiben somit im Gedächtnis haften), läuft der Film in der zweiten Stunde (plus ein paar Minuten) wie aus einem Guss und fesselt unentwegt.

Hier kann Depp die Coolness der Ikone Dillinger, die Dramatik der Szenen und die in Dillinger ablaufenden Gedankengänge und Gefühlsschwankungen unter einen Hut bringen. Ob es für die im Vorfeld schon mehrfach prophezierte Oscar-Nominierung reicht hängt aber stark von der darstellerischen Leinwandkonkurrenz in der Herbst- und Wintersaison ab. Der "wahre Begebenheit"-Bonus schadet jedenfalls nicht.

Christian Bales FBI-Agent Melvin Purvis wiederum erhält eine solche Gelegenheit überhaupt nicht und kann aufgrund seiner wenigen bedeutsamen Szenen nur einen soliden Antagonisten (oder Protagonisten, je nach Sichtweise) abliefern. Seiner Figur fehlt eine Szene, in der sie sich wirklich profilieren kann, ihr Höhepunkt ist ein kleines Wortgefecht mit John Dillinger. Dort wird Bale allerdings von Depp an die Wand gespielt. Die Konzentration Manns auf Dillinger in dieser Szene und das in der Persönlichkeit der beiden Charaktere begründete Prominenzgefälle zwischen Dillinger und Purvis erleichtert es Bale auch nicht gerade, etwas tiefere Spuren an Public Enemies zu hinterlassen.

Die für mich konstant beste Leistung lieferte Marion Cotillard als "Dillingers Mädchen" Billie Frechette ab. Ihre Figur wird vom Drehbuch leider viel zu wenig beleuchtet, doch in ihren wenigen Szenen kann Cotillard brillieren, unabhängig davon, ob gerade die in dieses Drama hineingeschlitterte Unschuldige in Frechettes Wesen überwiegt oder die Komplizin.

Manns Einsatz digitaler Videokameras anstelle klassischer Filmkameras traf nicht überall auf Gegenliebe. Viele beschwerten sich, dass der moderne Digitalkamera-Look nicht in die Ära passe.
Ich bin bezüglich der Optik aufgeschlossener ins Kino gegangen. Die Realität sieht weder so wie ein 30er-Jahre-Gangsterfilm aus, noch wie ein moderner mit DV-Kamera gefilmter Actionfilm. Von diesem Standpunkt her passen beide optische Richtungen gleich gut in die Unterwelt der 30er Jahre. Mir ist natürlich bewusst, dass manche Paarungen von Form und Optik weniger nahe liegen als andere (beispielsweise wäre ein Film wie Crank 2 mit 30er-Jahre-Technik ziemlich sinnlos), die Trailer zu Public Enemies aber ließen mich nicht laut aufschreien.

Ich wurde, wie ich finde, für meine Aufgeschlossenheit belohnt: Die Ausstattung und Kostüme in Public Enemies sind authentisch, ebenso wie die Musik. Da ist es an und für sich erstmal völlig gleich, ob man dies mit einer veralteten Filmkamera, einer modernen Filmkamera oder eben mit digitalen Videokameras eingefangen wird. Die entscheidende Frage ist, was man damit anfängt. Das Cloverfield-Konzept (der Zuschauer wird im Glauben gelassen, dass jemand alles mit der Kamera mitfilmte) würde bei Public Enemies selbstverständlich nicht aufgehen, Manns Vorgehensweise geht dagegen sehr wohl auf. Von gelegentlicher Grobkörnigkeit abgesehen sehen die Einzelbilder in Public Enemies genauso aus, wie mit einer klassischen Kamera gefilmt. Wo der Einsatz von DVs zur Geltung kommt ist weniger der Look, sondern mehr die Kameraarbeit selbst, die Entscheidung wo die Kameras platziert werden und wie sie sich bewegen. Und die Kameraarbeit in Public Enemies unterstreicht die hektischen Momente des Gangsterdaseins ohne die Übersichtlichkeit zu opfern, während die bislang eher ungewöhnliche Wahl der Kameras in den ruhigeren Szenen kaum zu spüren ist.

Trotzdem bin ich von den Schusswechseln ein wenig enttäuscht. Über weite Strecken sind diese nämlich einfach nur laut, was jedoch nicht das Verschulden der Tonabteilung ist. Die Schießereien haben den richtigen "Wumms" und klingen trotz ihrer erhöhten Lautstärke gut. Derjenige, der etwas versäumte ist Regisseur Michael Mann, der sich während der Schusswechsel zu sehr auf das akustische Element verlässt, statt ihnen einen visuellen Reiz zu verleihen oder während ihnen Dramaturgie aufzubauen. Deshalb zahlt sich der Digitalkameragebrauch erst so richtig während der Fluchtszenen aus.

Bevor ich zu meinem Fazit komme, möchte ich noch schnell ein paar Worte zur Synchronisation verlieren. Wie einige ja vielleicht wissen ist Public Enemies für Kontinuitätsfans ein kleiner Albtraum, weil so gleich zwei populäre Schauspieler mit dem selben Stammsprecher große Rollen mit gemeinsamen Szenen haben. Christian Bale und Johnny Depp werden beide im Normallfall vom Berliner David Nathan gesprochen.

Was tut man nun in einem solchen Fall? Da sowohl Depp als auch Bale eher normale Charaktere spielen, die eine alltäglichere Stimme verlangen, fällt die Möglichkeit, dass Nathan beide spricht raus. In einem gemeinsamen Film von Willy Wonka und Batman wäre das schon eher machbar.
Eine von vielen geforderte Lösung (und ursprünglich die von mir favorisierte) war es, David Nathan auf Christian Bale zu besetzen und Marcus Off erneut für Johnny Depp zu wählen. Off sprach Depp bereits hervorragend in den Fluch der Karibik bzw. Pirates of the Caribbean-Filmen und empfahl sich somit als "Ersatzbesetzung".

Das Synchronstudio (in diesem Fall Film & Fernseh-Synchron GmbH) jedoch besetzte Nathan auf Depp und suchte sich für Bale eine Alternative, eine Entscheidung an der David Nathan angeblich beteiligt gewesen sein soll, womöglich weil Nathan befürchtete anderweitig als Sprecher für Johnny Depp ersetzbar zu werden.
Im ersten deutschen Trailer (siehe hier) gab es dann schon die erste Kostprobe des im Film zu hörenden Nathan-Ersatzes auf Christian Bale: Sascha Rotermund, mir bislang am besten bekannt als die deutsche Stimme des Kuchenbäckers Ned in Pushing Daisies. Eine großartige Figur in einer fantastischen, leider zu früh eingestellten Serie, keine Frage. Allerdings keine wirkliche Empfehlung für die Rolle des toughen FBI-Agenten Melvin Purvis.

Im fertigen Film überzeugt Rotermund auf Bale allerdings wesentlich mehr als noch im Trailer. Genau genommen fand ich ihn überraschend gut, so dass ich die Neubesetzung nach wenigen Sätzen gar nicht mehr bemerkte. Und da ich Rotermund bislang immer direkt mit der gänzlich anderen Rolle von Kuchenbäcker Ned in Verbindung brachte, habe ich ihn stellenweise gar nicht mehr erkannt.

Fazit: Public Enemies ist ein interessantes Gangsterepos mit mäßigen Actionszenen, das mit fortschreitender Laufzeit immer besser wird, seine Figuren dem Zuschauer trotzdem nicht nahe genug bringt und nach mehr Verlangen lässt. Die Darstellerleistungen sind aufgrund dessen sehr gut bis solide.

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