Platz 1: Die Dinos
Keine Disney-Fernsehserie bringt mein Herz höher zum Schlagen, als diese. Ich war als Kind in sie vernarrt, fand sie als Jugendlicher cool und bin auch jetzt völlig von ihr begeistert.
Die kurz vor seinem Tod von Jim Henson ersonnene und von Michael Jacobs produzierte Serie rund um die Saurierfamilie Sinclair hat sich bereits schon dadurch einen der vordersten Plätze in meiner ewigen Rangliste verdient, dass sie ein Schlüsselerlebnis in meinem Disney-Fandasein auslöste. Denn bei Die Dinos habe ich erstmals erst im Nachhinein erfahren, dass Disney hinter einer mich bezaubernden Sache steckt. Donald Duck hatte mich zu jenem Zeitpunkt längst um seinen gefiederten Finger gewickelt, ebenso wie die Serien aus dem ARD-Disney Club sowie manche der abendfüllenden Disney-Zeichentrickfilme. Da ging ich allerdings auch stets mit dem Wissen und der Erwartung heran, dass "das ja noch etwas von den Machern von Donald (und Käpt'n Balu etc.) ist". Und ja, ich habe als Kind in Kursivschrift und Klammern gedacht – wundert das hier tatsächlich irgendjemanden?
Jedenfalls war das bei Die Dinos anders. Erst lernte ich die Serie kennen und lieben, und dann entdeckte ich nach der Erstausstrahlung einer späteren Episode das Disney-Logo mitsamt Schriftzug im Abspann. Zuvor haben meine Eltern wohl noch während des Abspanns umgeschaltet, oder irgendwas hat meinen kindlichen Verstand abgelenkt, ich weiß es nicht mehr genau. Aber ich erinnere mich noch als wäre es letzte Woche gewesen, wie meine Augen dieses schreckliche, 90er-Jahre rot-gelb-orange-farbene Walt Disney Television-Logo aufnahmen und in mir der Groschen fiel: Disney macht wirklich nahezu alles, was ist richtig super finde.
Damit war das Fundament meines Fandaseins wohl endgültig gelegt, und in einem widerstandsfähigen Zustand noch dazu. Denn was Fans ja nicht häufig eingestanden wird: Wir sind ja im Normalfall Fan von etwas oder jemandem, weil wir es oder ihn oder sie eh in unwahrscheinlich häufigen Fällen überragend gut finden. Weshalb es dann nahe liegt, generell ein Fan dieser Sache oder Person zu werden. Und nicht umgekehrt: "Ich bin Fan, also find ich alles gut."
Jedoch ist obige Anekdote nur der nostalgische Zuckerguss meiner Verehrung für diese prähistorische Sitcom. Ein weiteres, großes Stück meiner Zuneigung rührt von den sensationellen Produktionswerten und den beeindruckenden Puppentricks her. Nun gut, als Erwachsener fällt einem, spätestens nach wiederholter Sichtung, natürlich schon auf, dass Nebenfiguren und einmalig aufkreuzende Saurier von einem kleinen Ensemble an Puppen gespielt werden. Insgesamt 17 verschiedene , hoch aufwändige vollbewegliche Puppen und 50 Handpuppen sind zwar bereits eine Menge, aber nicht genug, um Wiederholungen zu vermeiden. Dennoch sind die großen, detailreichen Sets sowie die Animation der großen Saurier bemerkenswert. Als Kind war ich völlig baff und fragte mich, wie die Serie denn gemacht wurde: Zeichentrick und Computer fallen vom Look her raus, aber Puppen können Earl und Co. doch auch nicht sein ... Nun, damals kannte ich an Puppen nur die Muppets, die Sesamstraße und Käpt'n Blaubär, die ja alle das selbe filzige Aussehen und die auffälligen Stöcke an den Armen haben. Auf die Idee, dass sich hinter Die Dinos mannshohe Latexkostüme mit elektronisch gesteuerten Audio-Animatronic-Köpfen verbergen, wäre ich als kleiner Racker so schnell nicht gekommen.
Allerdings ist die technische Seite auch nur ein Element, wodurch sich meine Begeisterung für diese Serie verstärkt. Das wichtigste ist und bleibt nunmal der Inhalt. Das Konzept, der Humor, die Umsetzung. Dadurch wurde Die Dinos zu meiner liebsten Disney-Fernsehserie und auch der Maßstab, an dem ich alle möglichen, auch nur ansatzweise vergleichbaren Produktionen messe. Aus der Erinnerung heraus ist Die Dinos für so manchen nur ein Die Simpsons-Abklatsch, der zudem ein paar Einfälle aus der Familie Feuerstein klaute. Und dass die Simpsons-Macher sich über die vermeintlich riesigen Parallelen in einer Episode sogar lustig machten, hilft auch nicht gerade, die verschwommen Erinnerungen ins rechte Licht zu rücken. Ja, in beiden Serien gibt es einen dümmlichen, übergewichtigen Vater und eine als Hausfrau tätige Mutter. Hossa, das hat man ja noch nirgends gesehen. Außer in einem Großteil der Sitcoms dieser Welt.
In Ordnung, das ist eine weitere Parallele: Beide Serien nahmen das Sitcom-Format und übertrugen es in ein anderes Medium. Die Simpsons in den Zeichentrick (was zuvor schon Familie Feuerstein gemacht hat) und Die Dinos in den Puppentrick. Von dort an gingen beide Serien völlig verschiedene Wege. Die Simpsons waren in ihrem ersten Jahr nicht wesentlich mehr, als eine gezeichnete Sitcom, die sich an einen schwärzeren Humor herantraute, in Staffel 2 fanden die Macher ihre eigene "Sprache" und ab der dritten Staffel saßen die Pointen, die ein unangenehmeres Bild des Durchschnittsamerika zeigten, erst so richtig. Die Dinos hingegen mutierte rasend schnell von einer Sitcom-Parodie mit prähistorischem Setting und satirischen Zwischentönen zu einem bitterbösen schuppigen Zerrspiegel der westlichen Gesellschaft.
Und das ist einfach das geniale an Die Dinos. Die Autoren von Die Dinos nutzten das dramaturgische Konzept sowie die Figurenkonstellation einer klassischen Sitcom, setzten dies mit Puppen um (Dinosauriern noch obendrein) und lieferten dann feinste Satire über die verschiedensten gesellschaftlichen Probleme ab. Die Persiflage von Sitcom-Klischees und -Stereotypen ist da nur Garnierung am Rand. So viel politische Aussage, solch galligen Kommentare über die Medien, so feinsinnige Bemerkungen über in Disneys heiler Welt üblicherweise totgeschwiegene Themen wie Pubertät, Emanzipation und blindem Religionseifer ... Diesbezüglich ist Die Dinos zweifelsohne einsame Klasse.
Dass Die Dinos nie belehrend wirkte und mit seinen ständigen Botschaften so predigend rüberkam, wie es mittlerweile teils solchen Serien wie South Park vorgeworfen wird, liegt vor allem an den sympathischen Figuren, die allesamt gelungene Saurierabwandlungen von Sitcom-Archetypen sind. Earl Sinclair, der dümmlich-liebenswerte Familienvater mit antiquierter Weltanschauung (und in der deutschen Fassung mit der wunderbar väterlichen Stimme Edgar Otts bzw. Jürgen Kluckerts ausgestattet), die meist oberflächliche, aber unschuldige Tochter Charlene, die ihr Licht unter den Scheffel stellende Mutter Fran und der rebellische, moderne Werte vertretene Sohn Robbie, dem die Pubertät öfter einen Saurierknochen zwischen die Beine wirft. Und natürlich das knuddelige, vorlaute Baby, das in den Erinnerungen vieler die gesamte Serie repräsentiert (und im Original von Elmo-Spieler Kevin Clash gesprochen wird). Die glaubwürdige, und dennoch sitcomhaft-verspielte Umgehensweise in der Sinclair-Familie gaben der Serie ein Herz, wodurch die satirischen Botschaften erst so richtig amüsant werden konnten.
In einer sehr frühen, sitcomhaften Episode meldet sich Familie Sinclair bei einer Gameshow an, um endlich den kaputten Familienfernseher ersetzen zu können. Wie sich diese Geschichte abspielt, würde heute man heute mit wesentlich derberem Humor bei South Park oder mit einigen zusammenhanglosen Gag-Sequenzen und unsympathischen Fratzen bei Family Guy zeigen. Diese Serien, ebenso wie American Dad oder auch die später aufkeimende, boshaftere Seite der Simpsons, sie alle bekamen von Die Dinos vorgelebt, wie man es perfekt machen könnte. Die Episode parodiert die Erzählweise von Sitcoms, zeigt abgerundete Figuren mit einer Seele und frechem Mundwerk, hält uns Medienkonsumenten ein schlimmes Spiegelbild vor, und ist dennoch "locker-flockig". Und dabei ist das noch eine der schwächeren Episoden!
Die Sternstunden der Dinos schlugen, als mit beißendem Sarkasmus mediengeile Eltern, die ihre Kinder zu Ruhm drängen, abgezockte, quotengeile Fernseh-Programmplaner, der Irak-Krieg, Fernsehprediger, Erziehungsratgeber, Scheinehen oder Goethes Faust (von allen Dingen!) durch den Schlamm gezogen wurden. Oder Disneyland. Denn als die hohen Herren von ABC das Budget kürzten, kannten die frechen, geistreichen Macher dieser Serie kein Halten mehr. Daher rührt auch das traurigste, bitterböseste und konsequenteste Serienfinale, dass Disney, das Familienfernsehen und die Sitcomgeschichte je gesehen haben.
Die Dinos ist intelligent, hat eine erfrischende Dosis Albernheit, liebenswerte Figuren und einen erstaunlich schwarzen, boshaften Humor. Was zu einer echten "Feel-Good-Serie" verbunden wurde. Das ist Fernsehen, voll und ganz nach meinem Geschmack. Und ein Volltreffer, wie ihn Disney wohl leider nie mehr wiederholen wird.
Und somit wünsche ich euch allen, ganz im Geiste von Die Dinos, ein frohes Fest mit euren Liebsten, vielen Geschenken und einem prall gefüllten Kühlschrank! Auf dass es euch weit über die Feiertage hinaus fröhliche Farbe in einen farblosen Alltag bringt!
Wir wünschen frohe Eisnacht, wir wünschen frohe Eisnacht, wir wünschen frohe Eisnacht ...
Schenken Sie doch Farbe!
Schenken Sie doch Farbe!