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Samstag, 2. November 2024

Mediatheken-Tipps (2. November 2024)

Wir sind keine Engel (Weihnachtliche Ganovenkomödie, 1955) Michael Curtiz' Weihnachtsklassiker mit Humphrey Bogart, Peter Ustinov, Aldo Ray, Joan Bennett und Basil Rathbone über einen Betrüger und zwei Mörder, die kurz vor Weihnachten von einer Gefängnisinsel fliehen und in einer kleinen Kolonialstadt landen, wo sie eine Krämerladenfamilie ins Herz schließen. Einfach schön. arte-Mediathek, abrufbar bis zum 15. November 2024

Orpheus in der Unterwelt (Filmoperette, 1974) Kurze, knackige DEFA-Adaption der berühmten Operette von Hector Crémieux und Jacques Offenbach über Götter, Menschen, Begierde und Moral. Prächtige Farben, interessante Drehorte und luftige Garderoben, sowie Dialoge im Kabarettduktus. ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 26. November 2024, um 10.15 Uhr

Fahrschule (Komödie, 1986) Familie Steinköhler besitzt keinen Führerschein und geht aus Überzeugung zu Fuß. Doch plötzlich besitzt sie sogleich zwei Autos! Schnell müssen Führerscheine her, sonst wäre das ja Verschwendung. Doch Herr und Frau Steinköhler machen in der Fahrschule sehr gegensätzliche Erfahrungen... Flott-lockere DDR-Komödie voller Humor über den damaligen Alltag, dessen Kern aber heute noch immer nachvollzogen werden kann. ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 30. November 2024 um 8.45 Uhr

20 Jahre Walt Disney Hall: Los Angeles Philharmonic und Gustavo Dudamel (Konzert, 2024) Die Walt Disney Hall in Los Angeles feiert Jubiläum, weshalb die Los Angeles Philharmonic und Chefdirigent Gustavo Dudamel zum Jubelkonzert laden. Sie spielen Bach, Debussy und Poulenc, zudem tanzt Lucinda Childs zu Esa-Pekka Salonen. ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 18. Januar 2025

Die Wollust (Kurzfilm, 1962) Jacques Demys Beitrag zum französischen Episodenfilm Die sieben Todsünden ist derzeit einzeln in der arte-Mediathek abrufbar und dreht sich um Hieronymus Bosch sowie ulkige Kindheits-Missverständnisse. arte-Mediathek, abrufbar bis zum 1. März 2025

Die Kunst zu lieben (Episodenfilm, 2011) Süffisanter, kurzweiliger, abwechslungsreicher und zügiger Omnibus über Fehlkommunikation, (Un-)Glück und Überraschungen im modernen (französischen Großstadt)-Sexleben. Zwischendurch was "heteromännerig" geraten, aber für mein Gefühl mehr aus einem eng gesetzten Schwerpunkt heraus, weniger aus Boshaftigkeit. arte-Mediathek, abrufbar bis zum 1. Mai 2025

Sonntag, 24. Dezember 2017

Meine (so ziemlich) vollständige "A Very Murray Christmas"-Hitliste


Obwohl es einige Weihnachtsfilme gibt, die ich mag, so haben sich nur drei als absolute "Must Sees" herauskristallisiert, die ich unbedingt zwischen Heiligabend und dem zweiten Weihnachtstag sehen muss, einfach, weil es ein inneres, brennendes Verlangen gibt, das nur so gestillt werden kann. Das sind seit Kindheitstagen Santa Clause mit Tim Allen und Die Muppets Weihnachtsgeschichte - und dann ist da meine jüngste Weihnachtstradition: Sofia Coppolas A Very Murray Christmas, ein faszinierendes, deutlich in drei Akte zu teilendes Weihnachtsspecial voller Musik, Selbstironie und festtäglicher Melancholie. Ich habe zwar bereits über meine Faszination für diese Netflix-Eigenproduktion geschrieben, doch manchmal gilt: Doppelt hält besser. Und so möchte ich zum dritten Jubiläum dieser Festtagsgewohnheit sämtliche Musikeinlagen aus A Very Murray Christmas in ein Ranking quetschen. Denn das Internet liebt Hitlisten und ich habe gerade eh nichts besseres zu tun! Und vielleicht brauchen manche von euch noch einen Antrieb, endlich mal diese Sofia-Coppola-Regiearbeit anzuschauen ..?

Platz 12 : Alone on Christmas Day

Dieses Lied markiert (fast, beinahe, ungefähr, wenn man so will) den Mittelpunkt des Specials, und es ist für mich der kleine Moment zum Durchatmen. Wir sind im zweiten Drittel angelangt, das (in meiner Vorstellung) aufzeigt, wie Bill Murray seine Heiligabende verbringt - und mit seiner piefigen retroluxuriösen, leicht verbitterten Hostelästhetik wohnt diesem Teil von A Very Murray Christmas etwas inne, das mich sehr anspricht. Ich würde liebend gern einmal einen Heiligabend so verbringen: In einer schmucken, aber altmodischen Bar, allein mit anderen einsamen Seelen, die dennoch stilvoll durch den Abend wollen. Aber der Phoenix-Song ist so belanglos und so neutral inszeniert, weder bitter, noch süß, noch bittersüß, dass diese Gesangsnummer für mich schlicht immer wieder den Moment bedeutet, an dem ich mir denke: "Joah, ich könnte ja mal auf Pause drücken und mir etwas Glühwein nachschenken. Und sind eigentlich noch Spekulatius im Haus?"

Platz 11: Do You Hear What I Hear?

Entweder ist Sofia Coppola nochmal eine Spur gewitzter, als ich ihr vor diesem Special zugetraut habe, oder sie hat einfach ein glückliches Händchen. So oder so, was ich ihr einfach bei A Very Murray Christmas zugute halten muss: Sie weiß, was Filme ausmacht, die übermäßig oft konsumiert werden - oder trifft es intuitiv. Kennt ihr das, dass manche Kultfilme Szenen beinhalten, die erst nach x-maligem Gucken aufgehen, dann aber umso besser wirken? Bei A Very Murray Christmas gibt es sogleich mehrere solcher Augenblicke - so, als wüsste Coppola, dass einige traurige Seelen das Special ungesund oft und jährlich konsumieren werden, und daher Momente verdient haben, die nach mehrfacher Sichtung in neuem Licht dastehen. Beim ersten und zweiten Mal war das Duett zwischen einem unmusikalischen Chris Rock und einem (vermeintlich) unmotivierten Bill Murray der absolute Tiefpunkt des Specials für mich, ein Beinahe-Abschaltmoment. Mittlerweile komme ich kaum aus dem Grinsen heraus. Bei den Musikmomenten reicht es trotzdem (aktuell) nur für den vorletzten Rang, aber es gibt ja auch Szenen dazwischen - und ich ahne, dass dieser Part noch wachsen wird ...

Platz 10: The Christmas Blues

Simpel, aber ein bezeichnender Vorbote für dieses Special: Bill Murray singt, wie wenig Lust er auf Weihnachten hat, und doch schleicht sich eine dezente Festlichkeit in die Melodie. Der perfekte Auftakt für A Very Murray Christmas, mit einem blues-ig dahinräuchelndem Murray in comichafter Montur, bestehend aus lässig gelockertem Anzug und Rentierhaarreif.

Platz 9: Silent Night

Laut Sofia Coppola war dieses Lied ursprünglich gar nicht eingeplant, doch Miley Cyrus und Pianist Paul Schaffer improvisierten das Stück, als Coppola am Drehtag die Beiden fragte, ob sie neben den geprobten Nummern noch ein Lied beherrschten. Angeblich haben die Beiden sehr zügig diesen besinnlichen Klassiker einstudiert - und Cyrus mit ihrem dunklen, leicht angequarzten Timbre Stille Nacht singen zu lassen hat etwas, zumal diese Einlage noch einmal unterstreicht, welch gute Sängerin an ihr verloren gegangen ist. Für eine höhere Platzierung reicht es nur deshalb nicht, weil das Lied (unter dem Gesichtspunkt, wie die Stimmung des Specials verläuft) vielleicht eine Strophe (oder eine halbe) zu lang dargeboten wird.

Platz 8: A Fairy Tale of New York

Die einsame, verbitterte Gruppe an Hotelbesuchern und -angestellten ist im weihnachtlichen Geiste vereint, kippt von Bill Murray ausgeschüttete Shots und singt ein semi-feierliches Lied, das von einem Großstadtmärchen erzählt - das sich nach einer versoffenen Nacht abspielt. Eigentlich ein magischer Moment, und das Engagement des Ensembles stärkt ihn noch mehr, doch das schlichte, zurückhaltende Arrangement verblasst einfach im Vergleich zu der Version, die The Porgues von diesem Lied abgeliefert haben.

Platz 7: Let It Snow, Let It Snow, Let It Snow

Murray, Cyrus und George Clooney geben eine vergnügliche, Energie versprühende Version dieses Evergreens (Everwhites?) zum Besten. Mehr gibt's dazu eigentlich nicht zu sagen.

Platz 6: We Wish You A Merry Christmas

Das Lied ist unverschämt simpel - und so fies-eingängig! Es ist, so unfestlich es auch sein mag, eines meiner liebsten Weihnachtslieder, und selbst eine kurze Darbietung des Songs wie hier in A Very Murray Christmas lässt mich ein ums andere Mal strahlen.

Platz 5: I Saw The Light (Only You)

Das einzige Nicht-Weihnachtslied in diesem rund einstündigen Netflix-Film rundet den Mini-Subplot ab, der fast-beinahe-eventuell das zweite Drittel des Films trägt: Jason Schwartzman und Rashida Jones finden als zerstrittenes Fastehepaar mit Hilfe von Bill Murray Schlichtung. Das Lied passt so gut ins Special, gerade, weil es thematisch überhaupt nicht reinpasst. Klingt paradox, ist aber einfach nur schön - und ein herzlicher Moment in diesem zynisch-ironisch-bitter-einsam-übertriebenfestlichen Special.


Platz 4: Christmas (Baby Please Come Home)

Ich weiß nicht, ob ich mich dafür schämen muss, oder ob es vielen so geht, doch ich wusste vor diesem Special nicht, welch fantastische Singstimme Maya Rudolph hat. Die Brautalarm-Darstellerin kommt in die Handlung spaziert, in bestem "Betrübte, aber keinerlei Anstand machende Diva"-Look und schmettert einfach so eine herzzerreißende, weihnachtliche Nummer dahin, nur um sich daraufhin, als wäre nichts geschehen, vergnügt in die folgenden Ensemblenummern einzureihen. Wie schön, dass ihr als Verneigung vor dieser Leistung die Abspannsequenz gewidmet ist. Hut ab!

Platz 3: Baby, It's Cold Outside

Ein stimmiger Auftakt für das zweite Drittel dieses Weihnachtsspecials: Bill Murray, sich nach seinem gescheiterten Weihnachtsspecials lustlos in einer Bar niederlassend, trifft auf eine sympathische Kellnerin und flirtet unschuldig-spielerisch mit ihr, nach und nach die ablehnende Rolle einnehmend, während sie mit Augenzwinkern die aktive Rolle übernimmt. Jenny Lewis' Spiel und Stimme sind toll und Murrays trockene Einwürfe werden mit jeder Sichtung des Specials lustiger. Da bekommt man glatt Lust, Weihnachten desorientiert und ohne weiterführende Pläne im Anzug in einer Hotelbar zu verbringen und darauf zu warten, dass die Zeit umgeht, während man mit Gleichgesinnten halb-verbittert, halb-amüsiert den Abend totschlägt.

Rang 2: Sleigh Reid

Das erste Drittel von A Very Murray Christmas ist genau das, was ich von einem Bill-Murray-Weihnachtsspecial erwarten würde: Ein mürrischer Meta-Kommentar auf klassische Weihnachtsspecials. Das zweite Drittel ist, wie weiter unten bereits ausgeführt, ein Weihnachtsfest, an dem ich ungeheuerlich gern teilhaben würde, und das dritte Drittel ist ein TV-Weihnachtsspecial, wie ich es unfassbar gern in abendfüllender Länge sehen würde: Übertrieben-showy, selbstironisch-künstlich-edel und in seinen Emotionen aufgedreht. Die Eröffnungsnummer dieses Drittels, ein flottes Lied zwischen Murray und einer rauchig gestimmten, munteren Miley Cyrus, ist genau der Energieschuss, den es nach dem bittersüßen Hotelpart braucht. Toll!

Rang 1: Santa Claus Wants Some Lovin'

Ich kann mir einfach nicht helfen, aber diese Musiknummer trifft einfach mein Komikzentrum mit einer schockierenden Genauigkeit. In diesem zu rund zwei Dritteln doch recht gemäßigten, melancholischen Weihnachtsspecial drehen Bill Murray und Band plötzlich den Swing auf und setzen auf eine groovige Nummer, in der Bill Murray von einem Familienvater singt, der am Heiligabend nach Sex mit seiner Frau lüstert - und dann lehnt sich George Clooney aus dem Gebüsch und quäkt "Santa Claus Wants Some Lovin'" daher. Es ist so erfrischend, so albern und so unromantisch, dass es aus dem restlichen Special heraussticht - und es ist für mich das wundervoll-depperte Leuchtfeuer dieser fast einstündigen Netflix-Produktion, das mich immer wieder an sie zurückdenken lässt. Was auch immer das über mich aussagt.

Und damit wünsche ich euch allen ein frohes Fest. Feiert es auf eure Weise, fühlt euch von mir gedrückt und lasst es euch bitte gut gehen!


Samstag, 24. Dezember 2016

"Donald, die Weihnachtsente" und ich wünschen frohe Feiertage

Egal, ob ihr alleine feiert oder im Kreise Anderer. Ob ihr besinnlich durch die Tage geht, festlich oder dem Trubel aus dem Weg gehend: Fühlt euch angesprochen, geherzt und gedrückt. Allen, die diesen Blog verfolgen, wünsche ich schöne Tage! Danke für eure Treue! Und viel Spaß mit dem jüngsten Disney-Weihnachtsspecial!


Duck the Halls: A Mickey Mouse Christmas Special | Disney Channel DE

Freitag, 7. Oktober 2016

Die Highligen Drei Könige


Weihnachtsfreunde, lasst mich erzähl'n von 'nem Film, wo's so richtig kracht,
er heißt Die Highligen Drei Könige, 's ist 'ne Komödie, die ist echt 'ne Pracht!
Puritaner, denen religiöse Feste heilig sind, und Leute mit Drogenhumor-Allergie;
eure Chance, den derben Spaß zu mögen, liegt wohl bei: „Wahrscheinlich nie.“
Aber wer schon Superbad, Bad Neighbors oder 50/50 lustig fand,
der wird es wohl kaum bereu'n, wenn er kommt ins Heimkino angerannt.

Die Geschichte beginnt 2001, aufgrund einer schicksalshaften Weihnachtsnacht,
da wurden die Eltern von Teenager Ethan bei einem Unfall umgebracht.
Aber seine Freunde Isaac und Chris, die sind auch am 24.12. zur Stelle,
mit Alkohol, Gras, Kameradschaft: Auf zum Genuss, in aller Schnelle.
Eine Tradition ward geboren, die das Trio ins Erwachsenenalter begleitet,
14 Jahre später Zweien ihr verändertes Leben den Spaß d'ran verleidet.
„Ein letztes Mal!“, so lautet deswegen die Ankündigung,
geben sich die drei Brüder im Geiste die volle Dröhnung.

Dann entdeckt Ethan, der einzige, der diese Tradition nicht aufgeben will,
drei Eintrittskarten für einen sagenhaften Ball, der ist ganz und gar nicht still.
Also geht das Trio auf, in eine so wahrlich noch nie da gewes'ne Nacht,
mit alten Gewohnheiten, neuem Zoff – und einer hat Drogen mitgebracht.
Es sollen Stunden der Höhen und Tiefen, der absurden Eskapaden werden,
all das beim Warten auf ein Event, das vielleicht so schön, man könnt' glatt sterben.

Gedreht wurd' das Ganze von Jonathan Levine, dem Warm Bodies-Regisseur,
und der verleiht seinem Film ein besond'res, ausgewog'nes Odeur.
Er zeigt ebenso den überwält'gen, bunten Prunk der Großstadt-X-mas-Partys,
und die peinlich berührte Geselligkeit, wenn man sitzt bei seiner Freunden Mammis.
Doch vor allem steht der Jonathan nie der Dynamik seines Titeltrios im Weg,
und das ist gut, denn die ist so köstlich wie so manches Steak.
S'harmonieren wundervoll, Seth Rogen, Anthony Mackie und Joseph Gordon-Levitt,
ihr Zusammen- und Gegen'anderspiel, so fesch und echt, 's hält den Streifen fit!
Bewirkt wird’s durch Aufnahmen, die sich konzentrieren auf die Truppe der Drei'n,
und eben jene lässt er versiert gen Pointe juxen, der Jonathan, der Levine.

Aber diese Buddy-Komödie ist nicht nur gesellig, sondern auch absurd,
und wenn's passiert, schnellt das Tempo so an, man braucht fast 'nen Gurt!
Ob entgleisender Drogentrip, wilder Toilettensex oder verrückte Partyideen,
was den drei Weggefährten geschieht, lohnt sich zu seh'n!
Highlight ist Michael Shannon als creepy Drogendealer, die Rolle hat's ihm angetan,
auch humorig und engagiert mit dabei: Mindy Kaling, Jillian Bell und Lizzy Caplan.
Nur bedauerlich: Diese Damen dürfen nur kurz ihr Potential zeigen; was ist da los?
Naja, immerhin gibt’s dafür hammergeile Cameos.

Ihr fragt euch, wie dieser Film denn all das macht,
wie er uns mit grobem, teils erzwung'nem Chaos zum Lachen gebracht?
Entscheidend ist das Gleichgewicht,
wie sich hier Plausibles und Schrilles mischt.
Die Figuren und ihre Sorgen sind geerdet genug,
dass sie nich' wirken wie flacher Kino-Betrug.
Wenn das Skript diese Bro's zu Bizarrem hinleitet,
vor Überraschung einem 'n lauter Lacher entgleitet.

Gleichwohl die Filmwelt von Die Highligen Drei Könige so benebelt ist,
so besoffen oder nur trunken von der Festtagsstimmung, an der sich alles misst,
man nie denkt: „Dies' Handeln, dieser Satz, diese Wende, hat die Logik gebrochen!“
Und so ein Rezept könn' nur rare Partyeskapaden, wie Hangover, kochen.
Der drei Helden Sorgen, ihr gelegentlicher Zwist,
stets nachvollziehbar auf jedermanns Seite ist.
Aber die Kabbelei von ihnen nie lang den Spaß versaut,
daher man zu den Kumpels 'ne Bindung aufbaut.
Ja, ein paar kleine Zieher hat diese Komödie zwar,
doch wenn sie aus allen Rohren feuert, ist's wunderbar.

Ein Fazit, das geb' ich euch nun wirklich gern,
dieser Film ist ein herzlich, zotig-frivoler Spaß
für diese Weihnacht und für Winter, die noch sind fern.
Denn bei aller Blödelei ist's kein hin'klotzter Kiffer-Fraß.

Sind's ein liebenswert' Trio, Joseph Gordon-Levitt, Anthony Mackie und Seth Rogen,
und den wen'gen Leerlauf übertönen fesche Szenen mit hoher Rewatchability,
daher sag ich: Die Highligen Drei Könige ist toll, jubel-di und jubel-den.
Anhänger herb-gutherz'ger Komödien, schaut ihn und lachet: „Ha-ha-hi!“
Also, wollt ihr Die Highligen Drei Könige sehen,
dann solltet ihr ab dem 20. Oktober in den Handel gehen!



Donnerstag, 24. Dezember 2015

A Very Murray Christmas



Weihnachtszeit. Zeit für Besinnlichkeit. Und Familiensinn. Zeit des Kommerzdenkens. Und des festlichen Exzesses. Und der verdrießlichen „Kann das nicht alles bald vorbei sein?“-Mentalität. Und noch so vieles mehr: Die Weihnachtszeit ist eine emotionale Zeit, in der sich Höhen und Tiefen einen Schlagabtausch liefern. Ob gewollt oder nicht: Das Netflix-Weihnachtsspecial A Very Murray Christmas kondensiert die zahlreichen Aspekte eben jener besonderen Tage auf weniger als 60 Minuten Laufzeit. Daher ist das erste Fernsehspecial der Oscar-Gewinnerin Sofia Coppola zwar längst nicht das unterhaltsamste, besinnlichste oder beeindruckendste Weihnachts-Programm der vergangenen Jahre. Aber es ist ein treffendes, schwer zu vergleichendes, feines Kuriosum. Wer Coppola und/oder Murray mag, wird nicht enttäuscht – und bekommt eine filmgewordene Feuerzangenbowle vorgesetzt, die folgenden Zutaten beinhaltet: 

#1: A Very Murray Christmas, die kritische Meta-Show. Der erste Akt nimmt mit kritischer, niedergeschlagener Attitüde das Konzept klassischer Weihnachts-Fernsehspecials auseinander, wie sie in den USA bis in die 80er hinein zum Festtags-Alltag gehörten. Wie viele von ihnen, beginnt auch A Very Murray Christmas mit dem Gastgeber, der aufgrund des schlechten Wetters um seine heimelige, mit vielen Gästen bespickte Sondersendung fürchtet. Nur, dass sich Bill Murray eher pro forma ärgert. Eigentlich würde er sehr gerne auf die Show verzichten – wären da nicht die Knebelverträge, an die ihn seine Produzentinnen (Amy Poehler und Julie White) erinnern … 

#2: A Very Murray Christmas, der gemütlich-rustikale Weihnachtstreff. Nach einer gezielt peinlichen Gesangsnummer mit einem gequält dreinblickenden Chris Rock beginnt der zweite, tonal ganz andere Akt dieses Specials. Murray verabschiedet sich in die Bar des Carlyle Hotels in New York City. Sofia Coppolas kühl-distanzierte Bildsprache, die an Lost in Translation erinnert, weicht einer stilvoll-gemütlichen Optik mit wärmenden, dennoch zurückhaltenden Farben. Und auch Murrays genervter Blick taut auf, während er mit den Hotelangestellten und Gästen singt, scherzt und versucht, ihre Liebesleiden zu lösen. Das von Coppola, Murray und Mitch Glazer geschriebene Special reiht nun rasch eine Musiknummer an die nächste und weckt dank einer Lovestory über in Zweifel geratene Verlobte (Jason Schwartzman und Rashida Jones) sowie manch einer emotionalen Gesangseinlage weihnachtlich-romantische Gefühle. 

#3: A Very Murray Christmas, das künstlich-spaßige Showspektakel. Im dritten Akt mutiert dieses Special zu einer großen, glitzernden Weihnachtsshow, wie sie heute noch im deutschen Fernsehen zur Primetime laufen könnte. Nur mit einer Selbstironie, die hierzulande zur besten Sendezeit nur Joko und Klaas beweisen. Auf einer mit silberfarbenen Tannenbäumen geschmückten Showbühne tummeln sich lasziv gekleidete Tänzerinnen, Musiker und natürlich Murray sowie Murrays Stargäste George Clooney und Miley Cyrus, die wahlweise mit voller Kraft oder vollem Irrsinn ihre Nummern zum besten geben. Und die große Überraschung: Es ist Clooney, der hier die Lachmuskeln mit deppertem Blick wachkitzelt, nicht Cyrus! 

#4: A Very Murray Christmas, das bemühte Special. Wie auch die Festivitäten im wahren Leben, kommt auch diese American-Zoetrope-Produktion zuweilen erzwungen rüber. Die Griesgrämigkeit im ersten Akt sorgt für allerlei gute Lacher, wird aber arg breitgetreten. Im zweiten Akt spielen zwar Schwartzman und Jones für sich genommen gut, da es zwischen ihnen an romantischer Chemie mangelt, kommt die gefühlvolle Ader des Specials dennoch erzwungen daher. Ebenso haben die Meta-Späße direkt zu beginn einen etwas muffeligen Beigeschmack. Nur die übertrieben glanzvolle Showhommage am Schluss ist ein wahrer Volltreffer – wenn man denn auf den gekünstelten Primetimeshow-Kitsch steht, den Murray und Coppola eingangs noch liebevoll auf den Arm genommen haben. 

#5: A Very Murray Christmas, die Spielzeugkiste voller Insidejokes. George Clooneys Kinoflop Monuments Men – Ungewöhnliche Helden bekommt sein Fett weg. Einzelne Kameraeinstellungen erinnern an Lost in Translation, ebenso wie ein Foto Murrays, das aus der in diesem Drama gezeigten Whiskey-Werbeanzeige entliehen ist. Der Titel- und Gastgeber schenkt die slowenische Wodka-Marke aus, in die er im wahren Leben groß investiert hat. Und wer tief in der US-Fernsehhistorie verwurzeltes Popkulturwissen hat, wird so einige Referenzen auf klassische Specials entdecken! 

#6: A Very Murray Christmas, das verfilmte Weihnachtsalbum. Es muss nicht immer 'Rock Christmas' sein, und auch die neue Platte von Helene Fischer darf gern im Schrank bleiben: Wer beim Dekorieren der Wohnung, beim Schmücken des Baums oder beim Festessen eine bunte Auswahl an Festtagsmusik hören will, kann auch einfach Netflix anschmeißen! Ob Miley Cyrus damit erstaunt, wie kraftvoll sie 'Silent Night' singen kann, Bill Murray und George Clooney mit 'Santa Claus Needs Some Lovin'' für groovigen Fun sorgen, Jenny Lewis und Murray 'Baby, It's Cold Outside' die Unschuld zurückgeben oder Maya Rudolph 'Christmas (Baby Please Come Home)' gefühlvoller neu interpretiert als Mariah Carey: Wenn nicht gerade Chris Rock zu hören ist, ist dieses Special ein Ohrenschmaus. 

#7: A Very Murray Christmas, oder: Netflix macht einen auf Network-Fernsehen. Netflix-Eigenproduktionen decken bereits einige Genres ab. Eine Variety-Show, so wie sie bei den klassischen Sendern beheimatet sind, gab es bei Netflix aber bislang noch nicht zu sehen. Mit diesem Einstünder wildert der VoD-Anbieter also in noch einem Gebiet, das einst sicher vor Internetunternehmen schien. Das bedeutet mehr Abwechslung bei Netflix und mehr Konkurrenz für die Networks, die so hoffentlich zu mehr Inspiration angetrieben werden. Leider ist nicht nur das Konzept, sondern auch der Look des Specials gelegentlich „typisch Network“: Während Coppolas Inszenierung jedem Akt sein eigenes Flair verleiht und somit lobenswert ist, ist die Lichtsetzung – untypisch für Netflix-Werke – arg grell und erinnert mit dem Mangel an Tiefenwirkung zuweilen an Network-Fließbandware. Auch die Szenenübergänge wirken oft planlos – so, als müsste eigentlich eine Werbepause zwei Sequenzen voneinander trennen. 

#8 A Very Murray Christmas, das Special mit Leerlauf. Obwohl Coppola ihr Netflix-Debüt ziemlich vollgestopft hat, kommt es wiederholt zu kurzen Augenblicken, in denen es an Schwung verliert und leicht melancholisch oder schlicht orientierungslos auf der Stelle tritt. Diese Momente sind rar genug, um keine Langeweile grassieren zu lassen, bei einer einmaligen Sichtung von A Very Murray Christmas nehmen sie dem Special trotzdem seine Dynamik. Jedoch ist A Very Murray Christmas nicht darauf angelegt, einmal angeguckt zu werden. Coppola, Murray und Netflix wollen einen neuen Klassiker erschaffen, der immer und immer wieder genossen wird – wie Ist das Leben nicht schön?. Und wie es Weihnachts-Traditionen nun einmal an sich haben, hat auch dieses potentiell zum Evergreen heranwachsende Special so seine Durchhänger – und auf Dauer sind diese sogar willkommen. Wenn es A Very Murray Christmas in die traditionelle Festtagsrotation geschafft hat, erlauben die Zäsuren, sich im Weihnachtsstress kurz anderen Aufgaben, Pflichten oder Genüssen zu widmen. Ob geplant oder nicht – auf langer Sicht sind die kurzen Dürreperioden in A Very Murray Christmas gar nicht mehr gravierend, sondern paradoxerweise erfrischend … 

Fazit: Viel Alkohol, etwas Süßes, etwas Bitteres und ein Funke muss auch übergehen: Eine Feuerzangenbowle braucht acht Zutaten, um so richtig zu gelingen. Ob A Very Murray Christmas nun so viel Zunder hat wie eine gute Feuerzangenbowle, wird wohl jeder Netflix-User für sich selbst entscheiden. Einmal dran nippen, ist hier aber empfohlen, denn A Very Murray Christmas schmeckt nach Adventswochen. Mit allem Süßen und Bitteren, was dazugehört.

Mittwoch, 24. Dezember 2014

Frohes Fest!


Liebe Leserinnen und Leser,

euch ein schönes Fest. Ganz gleich, wie ihr feiert, wo ihr feiert und warum. Genießt die Zeit, macht euch schöne Stunden und besinnt euch ein wenig auf all das, was euer Herz erwärmt.

Frohe Weihnachten!

Dienstag, 24. Dezember 2013

Seasons Greetings


Ich wünsche sämtlichen Leserinnen und Lesern dieses Blogs ein frohes Fest! Möget ihr nicht nur reich beschert werden, sondern auch die Chance haben, die Tage im Kreise eurer Liebsten zu verbringen. Nutzt die Zeit zur Besinnung und Erholung sowie auch dazu, euch auf die kommenden Jahre zu freuen, in denen ihr euer Glück weiterhin genießen oder ausbauen könnt. Je nachdem, wie gerade eure Lage ist.

Außerdem möchte ich mich bei all jenen bedanken, die Geduld mit diesem Blog und der rapide gesunkenen Schlagzahl an neuen Postings haben. In meinem Alltag hat sich viel verändert und mein Blog muss noch seinen Platz im neuen alltäglichen Zeitplan finden.

Doch glaubt mir: Es wird sich stets alles zum Guten wenden.

Montag, 24. Dezember 2012

Ein frohes Fest wünsch ich euch!


Meine lieben Leserinnen und Leser,

ich hoffe, ihr hattet einen schönen Heiligabend und ich wünsche euch noch weitere frohe Feiertage. Lasst euch reich beschenken, genießt das Leben und macht schön einen drauf. Oder nutzt die Zeit zur Entschleunigung und Besinnung. Abhängig davon, was ihr dringender braucht.

Ich hätte euch gern mit einem Weihnachtsfilmpodcast in die Weihnachtstage entlassen, aber leider spielte die Technik uns einen Streich.

Also müsst ihr halt ohne auskommen.

Dennoch: Fröhliche Weihnachten!

Sonntag, 19. Februar 2012

Toy Tinkers

War Micky das "Über-Ich" des ewigen Träumers Walt Disney, lässt sich der vom Pech verfolgte und cholerische Donald Duck als sein "Es" betrachten. Mit seiner unverwechselbaren Art trat er schnell aus dem Schatten der Maus. Diese Artikelserie präsentiert die Cartoons, die Donald auch aus Sicht der Academy of Motion Picture Arts &  Sciences in den Film-Olymp aufsteigen ließen. Dies sind die Kurzfilme, die ihm eine Oscar-Nominierung einbrachten. Dies ist Entengold.

Im achten Teil dieser Reihe begegnet Donald erneut seinen ärgsten Widersachern aus späten Kinojahren. Diese erleben magische Minuten in einer Spielzeugwelt, bevor zwischen ihnen und Donald während der besinnlichen Weihnachtszeit ein Kleinkrieg losbricht. Es geht um den in einigen Ländern zu einer alljährlichen Tradition gewordenen Cartoon Toy Tinkers.

Die Titelkarte zum Oscar-nominierten Kurzfilm

1947 trafen Donald und Chip & Chap in einem winterlichen Cartoon erstmals aufeinander, nachdem Donald beim Feuerholz hacken ausgerechnet den Heimatbaum der zwei Streifenhörnchen fällte. Zwei Jahre später, genauer gesagt am 16. Dezember 1949, kam erneut ein Winterkurzfilm mit diesen drei Disney-Stars in die Kinos. Jedoch zeugt dies nicht davon, dass dem Team rund um Jack Hannah bereits innerhalb so kurzer Zeit die Ideen für diese Figurenkonstellation ausgingen. Viel eher stehen die zwei Oscar-nominierten Cartoons Chip an' Dale und Toy Tinkers exemplarisch dafür, wie sich die Cartoonduelle zwischen Ente und Nagetier weiterentwickelten. Sie nahmen ihren Anfang als Disneys ganz eigene Antwort auf den Trend der Jäger-und-Gejagter-Dynamik in animierten Kurzfilmen und waren zunächst noch vom eher besonnenen Nachkriegs-Charakter Donalds geprägt.

Doch schnell schliffen Jack Hannah und sein Team von Enten-Autoren und -Zeichnern, darunter vor allem Bill Justice, der die Auftritte der Streifenhörnchen enorm beeinflusste, ihre neue Cartoonformel ein. Sie formten aus ihr etwas neues, indem sie Donalds Zorn wieder stärker betonten und eine dynamischere, schnellere Inszenierung sowie Gagfolge etablieren. Es passte definitiv auch zum Publikumsgeschmack der Zeit, dass die Cartoongewalt größere Ausnahme annahm, aber es blieb dem Titelhelden dieser Filme treu.

Toy Tinkers sticht zugleich dadurch hervor, dass er das Weihnachtsfest ungewöhnlich thematisiert. Dass dieses besinnliche Fest als Hintergrund immer weiter eskalierender Cartoongewalt dient, was damals nicht nur für Disney-, sondern auch für Zeichentrickfilme generell noch nahezu unbeackertes Gebiet. Zu den raren Ausnahmen gehörte etwa der Tom-und-Jerry-Cartoon The Night Before Christmas, in dem sich allerdings keine Zeit für weihnachtliche Festlichkeit genommen wird. In Toy Tinkers dagegen wird dieser weite Bogen geschlagen, selbst wenn die stilistische Präferenz überdeutlich ist:


Donald schmückt seinen Weihnachtsbaum in einer der detailreicheren Einstellungen des Kurzfilms (und dennoch sah das Storyboard noch mehr Details vor)

Zur Weihnachtszeit fällt Donald im Wald seinen Weihnachtsbaum. Durch seinen Lärm weckt er Chip und Chap (oder nunmal Ahörnchen und Behörnchen) auf, die es sich in ihrem Winterversteck gemütlich machten. Neugierig folgen sie Donald in sein Haus, das bis zum Bersten mit Spielzeug gefüllt ist. Verspielt, wie er ist, streunt Chap die Rolle eines Gentleman verkörpernd durch Donalds Spielzeuge, doch Chip ruft ihn alsbald zur Vernunft zurück. Sie machen sich auf, Donalds Nussvorrat zu stehlen, und zwar unter Verwendung eines Spielzeuglasters. Donald beobachtet dieses Schauspiel, und gönnt sich den Spaß, ebenfalls mit Spielzeug und Fantasie zurückzuschlagen. Dies misslingt, und die Zankerei um die Nüsse eskaliert, bis sich beide Parteien in Schützengräben verschanzen und zu den Waffen (sowie List und Tücke) greifen ...

Stellt man Chip an' Dale und Toy Tinkers direkt nebeneinander, verdeutlicht sich, welche Entwicklung Jack Hannah als Haupt-Regisseur der Donald-Cartoonreihe durchmachte. Das erste Aufeinandertreffen von Donald und seinen pelzigen, kleinen Widersachern war eher von der durch treffende Charakteranimation ausgeformten Situationskomik bestimmt, wie die Gegner oftmals verdutzt aufeinander reagieren. Das Tempo dieses Kurzfilms war nicht sonderlich rasant und die Action noch eher gedrosselt. Auch andere frühe Regiearbeiten Jack Hannahs verfügten über einen vergleichbaren Stil: In Daddy Duck übt sich Donald, so weit es ihm mit seinem Nervenkostüm gestattet ist, in Geduld mit seinem Känguru-Pflegekind, in Inferior Decorator versucht er die ihm lästige Biene mit kleineren Streichen loszuwerden. Und selbstredend weckt es auch Erinnerungen an Tea for Two Hundred. Jack Hannah verwirklichte allerdings auch temporeichere Cartoons, in denen Donalds Cholerik und die freche Natur seiner Quälgeister zu cartoonhafter Slapstickgewalt führte, die mit zunehmendem Tempo inszeniert wurde. Zu nennen wären etwa Three for Breakfast, in dem Donald zahlreiche Küchenutensilien gegen Chip und Chap einsetzt, oder das ewige Hin und Her zwischen den drei Trickhelden in All in a Nutshell. Diese Seite des späten Donald-Stammregisseurs gewann schnell Überhand.


Das Ende von Toy Tinkers unterstreicht diese Entwicklung. Gab es in Chip an' Dale nur wenig Schlagabtausch, besteht die zweite Hälfte dieses Weihnachts-Kurzfilms aus fantasievollem sowie zunehmend gewalttätigem Einsatz von Spielzeug und Sprengstoff. Die Kriegs-Analogien sind gewitzt, und die Auseinandersetzung zwischen Donald und den Streifenhörnchen eskaliert ganz und gar konsequent. Noch folgende Kurzfilme mit Chip & Chap, wie Crazy Over Daisy, Trailer Horn oder Out on a Limb, sollten sogar ein noch stärkeres Augenmerk auf diese Ente-und-Streifenhörnchen-Jagd legen und das Slapstick-Timing der neuen Donald-Zeichner und ihres Regisseurs Hannah als ihre sprichwörtliche Visitenkarte verwenden. Somit entfernten sich die actionreichen, frenetischen Donald-Cartoons noch weiter von den ruhigeren Micky- und Pluto-Cartoons sowie Goofys eher auf Situationskomik basierendem Sport-Slapstick sowie seiner sich in den 50ern entwickelnden Durchschnittsamerikaner-Attitüde, welche Jahre zuvor unter Jack King vielleicht noch Donald zugekommen wäre.

Die makellose, fließende Dynamik von Toy Tinkers und der einfallsreiche wie auch pointierte, nicht ermüdende Einsatz der Jack-Hannah-Trickgewalt dürften einen großen Teil zur Oscar-Nominierung dieses Kurzfilms beigetragen haben. Tricktechnisch ist dieser Donald-Klassiker zumindest kein Beispiel aus der allerersten Reihe der Disney-Kurzfilmproduktion. Donald ist in mehreren Einstellungen kurz "Off model", hat etwa plötzlich Pausbäckchen oder zu dünne Ärmlein. Und während Hintergrundmalerin Thelma Witmer in den Oscar-Kandidaten der zwei letzten Vorjahre Glanzleistungen vollbrachte, ist Donalds Blockhütte in Toy Tinkers ein Opfer von Sparzwang und Cartoon-Physik: Es besteht aus einem gräulichen Teppich und einer detaillosen, blauen Wand, die Dimensionen des Hauses wechseln ununterbrochen. Die Charakteranimation von Chip und Chap sowie die liebevolle Ausarbeitung der Spielzeuge heben Toy Tinkers rein visuell allerdings noch auf den damaligen Disney-Durchschnitt.


Ein weiteres Herausstellungsmerkmal dieses Cartoons ist Chaps kurzer Streifzug durch die Unmengen an Spielzeug, die Donald in seinem Häuslein hortet. Wie er von jazziger Musik begleitet an Püppchen und Teddybären vorbeischlendert und ein Duell zweier Aufziehfiguren betrachtet, weckt den Geist früher Silly Symphonies. Zusammen mit der letzten Szene des Films, in der Chip und Chap mitsamt einem stattlichen Nussvorrat und Donalds Aufziehspielzeug Archibald Willards Ölgemälde The Spirit of '76 nachstellen, hat diese Spielzeugparade auch etwas vom ersten großen Disney-Weihnachtscartoon Santa's Workshop, der ebenfalls Charme und Witz aus seinen animierten Aufziehfiguren gewan. Die Gegenüberstellung von Spielzeugzauber und -gewalt entwickelt sich somit zum inszenatorischen Clou von Toy Tinkers; lässt sich dieses anarchische Finale zunächst doch gar nicht absehen.

Begleitet wird die eben genannte Schlussszene von einer Adaption Franz Schuberts Militärmarsch, den Beginn des Cartoons untermalte dagegen ein die für Disney-Kurzfilme übliche Leichtigkeit versprühendes Arrangement von Jingle Bells. Chaps Erkundungsreise durch die Spielzeugsammlung Donalds wird hingenen von einer freien Jazz-Variations von Tchaikovskys Waltz of the Flowers unterstrichen. Verantwortlich für die wandlungsfähige und stimmige Musik dieses Cartoons war nicht Stammkomponist Oliver Wallace, sondern Oscar-Preisträger Paul J. Smith, der unter anderem Pinocchio, Drei Caballeros und Die Wüste lebt zu ihrem Klang verhalf.


Willards Ölgemälde wurde von einer Feiertagsparade inspiriert und wurde durch seine Museumsausstellung im Rahmen der Feierlichkeiten zum hundertjährigen Jubiläum der Unabhängigkeitserklärung zu einem US-patriotischen Symbol

Am 23. März 1950 fand die 22. Oscar-Verleihung statt, bei welcher Toy Tinkers gegen drei weitere Cartoons in der Kategorie "Bester animierter Kurzfilm" antrat. Ursprünglich waren wie nunmehr üblich fünf Produktionen nominiert, jedoch zog Edward Selzer den von ihm produzierten Canary Row mit Sylvester & Tweety nach Bekanntgabe der Nominierungen aus dem Oscar-Rennen zurück. Die Gründe für diese Entscheidung sind nicht bekannt.

Somit bestand Disneys Konkurrenz zum einen aus jazzigen The Magic Fluke, dem vorletzten Cartoon der nunmehr nahezu vergessenen Figuren Fox & Crow. Grund dafür war, dass die Columbia Studios ihre Trickfilmproduktion nicht mehr zur vollen Zufriedenheit regeln konnten. Auf Anfrage des aufstrebenden Produzenten Steven Bosustow lagerten sie die Animationsarbeiten zu Bosustows kleinen Trickstudio UPA aus. Dieses brauchte damals dringend eine Vertragspartnerschaft mit einem großen Studio und willigte deshalb in Columbias Forderung ein, die etablierten Reihen fortzuführen und an anthropomorphen, komödiantischen Tieren festzuhalten. Die Künstler bei UPA waren jedoch weniger konformistisch als ihre Vorgesetzten und lieferten unter der Regie John Hubleys zwei nahezu avantgardistische Fox-and-Crow-Filme ab. Diese stießen bei Columbia auf arge Zweifel, welche jedoch durch die Oscar-Nominierung beider Cartoons plötzlich vergessen waren. Nun gaben die Columbia Studios UPA freies Geleit, weshalb sie nach einem dritten Cartoon mit dem tierischen Duo, Punchy de Leon, die Reihe fallen ließen. Der neue Star von Columbia/UPA wurde bald darauf ein gewisser, blinder, älterer Herr namens Mister Magoo ...

Zum anderen wurde neben Toy Tinkers der mittlerweile 41. Kurzfilm mit Tom & Jerry nominiert, Hatch Up Your Troubles. In diesem fällt Jerry unversehens ein Spechtbaby in die Arme, mit dem der Mäuserich es jedoch nicht lange aushält. Als Jerry den kleinen Vogel davon scheucht, gerät dieser ins Visier von Kater Tom, weshalb Jerry sich aufrafft und gemeinsam mit dem Holz zerhämmernden Vogel gegen den hungrigen Samtpföter antritt.

Die begehrte Statuette gewann aber Edward Selzer, der seinen Cartoon For Scent-imental Reasons im Rennen behielt. Es ist der erste und bislang einzige Kurzfilm mit Pepé Le Pew, der mit einem Academy Award ausgezeichnet wurde, sowie Chuck Jones erste mit einem Oscar gekrönte Regiearbeit. In dieser versucht Pepé vergebens der Katze Penelope, die er für ein Stinktier hält, Avancen zu machen. Diese nimmt bei Pepés eigenwilligem Aroma aber ununterbrochen Reißaus.

Drei der vier Oscar-Kandidaten waren also ganz eigendynamische Abwandlungen eines ewigen Katz-und-Maus-Spiels, darunter auch der Gewinner-Cartoon. Es sollte aber das aufblühende Studio UPA sein, das in den Folgejahren das Gesicht der Trickfilmkunst entscheidend mitprägte ...


Disney-intern lässt sich aber auch Toy Tinkers durchaus eine prägende Funktion zusprechen. Die Idee, Chip und Chap als kleine, neugierige und spielfreudige Betrachter in eine bunte Welt zu packen und darauf Slapstick-Action folgen zu lassen, fand sich zwei Jahre später in Out of Scale wieder, in welchem sie in Donalds Modellstadt einziehen, sowie zu gewissem Grade in Test Pilot Donald und Chips Ahoy, in denen sich die Streifenhörnchen als Piloten bzw. Kapitäne von Donalds Modellflugzeug/-schiff behaupten. Ohne Donald wurde das Erfolgsrezept von Toy Tinkers zudem 1952 im Weihnachts-Cartoon Pluto's Christmas Tree wiederholt. Dort wandern die Nager staunend durch einen Weihnachtsbaum und bringen somit ihren allerersten Widersacher Pluto auf die Palme. Toy Tinkers markiert zugleich einen Wendepunkt, ab welchem man auch diskutieren könnte, dass Chip und Chap die Hauptfiguren sind, und Donald ihr Konkurrent. Der Kurzfilm Two Chips and a Miss macht sie 1952 letztlich sogar zu den alleinigen Stars – und auch hier darf Zeichner Bill Justice beweisen, wie lässig und jazzig-stilvoll er die kleinen Tierchen erscheinen lassen kann.

Gemeinsam mit zahlreichen andere Cartoons fand Toy Tinkers zudem Eingang in das TV-Weihnachtsspecial From All of Us to All of You aus dem Jahr 1958, welches in den skandinavischen Ländern bis heute eine Festtagstradition darstellt und durch seine rituelle Ausstrahlung Schuberts Militärmarsch als weihnachtliche Komposition ins kollektive Gedächtnis brannte.

Toy Tinkers inspirierte außerdem eine Comicadaption, die ein Jahr nach seinem Kinostart in Walt Disney's Christmas Parade #2 erschien. Die Zeichnungen stammen von Paul Murray, der jedoch eine drastisch gezähmte Version von Hannahs sich beinahe als Anti-Weihnachtsfilm qualifizierendem Wahnwitz umsetzen musste (mehr dazu bei 2719 Hyperion). Dell bemühte sich gemeinsam mit zahlreichen anderen Verlegern schon zu dieser Zeit um ein betont kinderfreundliches Image, während Kino-Kurzfilme weiterhin als ebenfalls an Erwachsene gerichtete Unterhaltung aufgenommen wurden. So konnten die Disney-Trickstudios, inmitten sentimentaler Weihnachtsfilmchen der Konkurrenz, Weltkriegs-Analogien verwenden, einem im Weihnachtsmann-Kostüm steckenden Donald eine Pistole in die Hand drücken und Chap in eine der Zeit des Ersten Weltkriegs nachempfundene Gasmaske verpassen, während die Disney-Comics stets die Harmlosigkeit der Situation verdeutlichten.

Die Freiheiten, die sich der Cartoon nahm, führten allerdings in den Neunzigern zu heftigen Kürzungen bei US-Fernsehausstrahlungen. Kurioserweise empfand man diese im nächsten Jahrzehnt wieder als harmlos genug, um keinen Warnhinweis von Leonard Maltin auf die Walt Disney Treasures-Veröffentlichung von Toy Tinkers zu pappen.

Im nächsten Teil von Entengold geht es wiederum um einen stilistisch gänzlich anderen Cartoon, in dem Jack Hannah seinem Star Donald Duck erneut eine vergessene Nebenfigur eines anderen Disney-Helden zur Seite stellte.

Montag, 26. Dezember 2011

Weihnachten im Schatten der Maus III: Disney, Santa's Workshop und die Gestalt von Weihnachten


Robert Tieman, Verfasser des Disney-Geschichte zum Erlebnis machenden Buchs The Disney Treasures, erklärt den phänomenalen Erfolg, den Walt Disney auf dem internationalen Markt feierte, mit den folgenden Worten:

"Der vielleicht einleuchtendste [Grund] ist, dass Zeichentrickfilme eine besondere Wirkung auf das internationale Publikum haben. Die Eigenheiten gezeichneter Fantasien und Ideen stoßen selten auf Übersetzungs- oder Verständnissschwierigkeiten. Walt Disney verstand das beinahe intuitiv und er vermied es bewusst, Figuren zu erfinden, die einzig auf amerikanischen oder christlich religiösen Traditionen beruhten. Es gibt zum Beispiel keinen Kurztrickfilm, in dem die Figuren Erntedankfest oder den 4. Juli feiern - nur eine Hand voll, die von Weihnachten handeln, und nur einen über Ostern."

Die Scheu vor der Weihnachtsthematik hat sich über die Jahrzehnte hinweg gelegt. Allein fürs Kino produzierten die Walt-Disney-Studios gleich drei Adaptionen von Charles Dickens A Christmas Carol, welche durch Tiny Tims obligatorischen Wunsch "Gott segne uns, jeden von uns" auch die von Disney üblicherweise ignorierte Religion direkt ansprechen. Darüber hinaus verzichten nur wenige Disney-Fernsehserien auf eine Weihnachtsepisode, gleich dreimal trat Tim Allen in den Santa Clause-Kinofilmen als Weihnachtsmann auf, und, und, und ... Nicht zu vergessen, dass die Weihnachtssaison in den Disney-Themenparks zu den geschäftigsten Tagen gehört.

Dass zu Beginn von Walt Disneys Eroberung der Filmwelt Weihnachten noch als internationales Kassengift gefürchtet wurde, und es nunmehr zum Stammrepertoire des weltumspannenden Unterhaltungskonzerns gehört, ist eine von der Säkularisierung der Festtage und der Globalisierung getragene Entwicklung. Und es ist mittlerweile wohl eine unvermeidliche Tradition, dass Jahr für Jahr irgendwo in den Medien über Coca-Cola und die Erschaffung des uns heute bekannten Weihnachtsmanns referiert wird. Fast genauso unvermeidlich sind die darauf reagierenden Berichte, die diesen populären Mythos zu korrigieren versuchen.

Nein, Virginia, Coca-Cola hat unser Bild des Weihnachtsmanns nicht erfunden. Dass er rot-weiße Kleidung trägt, kommt dem mit bunt beleuchteten Weihnachtstrucks werbenden Erfrischungsgetränkehersteller zwar gewiss entgegen, jedoch existierten schon vor Coca-Colas Weihnachtskampagnen Darstellungen eines älteren, rundlichen Santa Claus in rot-weißem Mantel.

An dieser Stelle die Geschichte der sich wandelnden Darstellung des Weihnachtsmanns umfassend nachzuerzählen, wäre zweifelsohne müßig und würde uns zu weit von unserem Kernthema entfernen. Deshalb sei schlicht zusammengefasst, das bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Weihnachtsmann oder Nikolaus üblicherweise als Herr in dickem Pelz beschrieben wurde. Farbige Illustrationen tendierten normalerweise zu Brauntönen oder in manchen Fällen einem dunklen Grün. Der deutsch-amerikanische Karikaturist Thomas Nest wird gemeinhin als "Erfinder" des modernen Weihnachtsmannes beschrieben, inklusive der rot-weißen Farbe, die er ihm in den 1860er-Jahren erstmals verlieh.

Allerdings beeinflussten die Illustrationen Nests zunächst die US-amerikanischen Vorstellung des Weihnachtsmanns. 1927 waren die Schaufenster New Yorker Geschäfte bereits völlig standardisiert, 1931 begann Coca-Cola seine erste Weihnachtskampagne, womit sich in den USA endgültig dieses Bild durchsetzte.

Dass sich dieses festgelegte Bild des Weihnachtsmanns auch in anderen Teilen der Welt durchsetzte, wo zu Beginn des 20. Jahrhunderts oft noch eigene Traditionen und der religiöse Ursprung des Fests vorherrschten, ist jedoch wirklich der weltweiten Werbemaschinierie Coca-Colas zuzuschreiben. Sowie den wenigen frühen Weihnachtscartoons Walt Disneys, die den US-amerikanischen Santa Claus in die Kinos dieser Welt brachten.

Dass der alte Mann im Rauschebart viel Humor hat, zeigt auch schon dieser Cartoon. Sei markantes "Ho ho ho!" war 1932 hingegen noch nicht unverzichtbar. Dieser Santa Claus hat noch ein sehr schneidendes "Ha ha ha!" als Standardlache

Die Silly Symphony Santa's Workshop von 1932 popularisierte in Europa nicht nur die mittlerweile allbekannte Vorstellung des Weihnachtsmanns. Zudem war er auch für viele die erste Konfrontation mit dem aus US-amerikanischen Kinderbüchern und -gedichten entliehenen, damals noch sehr jungen Gedanken, dass Santa Claus am Nordpol lebt, wo seine Elfen eine Spielzeugwerkstatt betreiben.

Um bei amerikanischen Weihnachtslegenden zu bleiben: Für moderne Zuschauer ist der Cartoon Santa's Workshop eventuell verwunderlich, weil das Rentier Rudolph mit Abwesenheit in den Stallungen des Nordpols oder an der Spitze des Schlittengespanns glänzt. Das liegt daran, dass dieses Element des zeitgenössischen Weihnachtsmann-Mythos erst sieben Jahre nach Santa's Workshop in die US-Kultur eingeführt wurde. Auch die mittlerweile in Weihnachtsfilmen und -cartoons standardisierte Form der Elfen als sehr jung gebliebene Wesen ist noch neueren Datums, weshalb die Elfen in Santa's Workshop noch wie kleine, grün gekleidete Weihnachtsmänner aussehen.

Der Cartoon, der unter der Regieführung von Wilfred Jacksons entstand, ist von der atypischen Weihnachtsthematik abgesehen, eine ganz und gar klassische Silly Symphony. Es gibt keine echte Handlung oder einen Konflikt, stattdessen bietet dieser Kurzfilm vor einem bunten Hintergrund kurze, amüsante Sequenzen in denen sich die Figuren perfekt zur Musik abgestimmt bewegen. Santa's Workshop gehört dabei zu den ersten Cartoons seiner Reihe, in dem die Hintergründe sehr detailliert sind, und er stellte auch die Vorlage für den 1934 veröffentlichten Cartoon Funny Little Bunnies dar. Dieser zeigte die Arbeitsabläufe im Tal der Osterhasen und verfolgte nicht nur einen sehr ähnlichen Ablauf, sondern kopierte auch vereinzelte Gags aus Disneys erstem Weihnachtsmann-Film.

Zu den fidelen Spielzeugen in diesem Kurzfilm gehört nicht nur eine Aufziehvariante von Walt Disneys befreundetem Kollegen Chaplin sondern eine Spielzeug-Arche. Was gehörige Fragen in der ganzen "Können der Weihnachtsmann und das Christentum koexistieren"-Diskussion aufwirft ...

Santa's Workshop ist Teil des Walt-Disney-Weihnachtsspecials From All of Us to All of You, welches 1958 im Rahmen der Anthologieshow Walt Disney presents ausgestrahlt wurde. Seit 1960 ist es alljährlicher Bestandteil des schwedischen Weihnachts-Fernsehprogramms, seit Mitte der 70er in veränderter Form auch anderer skandinavischer Länder. Ähnlich wie hierzulande Dinner for One trotz mangelnder Synchronisation zu einem richtigen Silvester gehört, betrachten viele Schweden Kalle Anka och hans vänner önskar God Jul (Donald Duck und seine Freunde wünschen fröhliche Weihnachten) als unerlässliche Weihnachtstradition. Das Programm landet stets in den Top 5 der meistgesehenen Fernsehsendungen des Jahres (zwischen Sportgroßereignbissen, dem Eurovision Song Contest sowie dem Melodiefestivalen) und einige der Filmzitate sowie die darin vorkommende Musik wurden Teil der schwedischen Populär- und Weihnachtskultur. Als der Sender SVT bekannt gab, die Tradition aufgrund der hohen Lizenzkosten enden zu wollen, löste dies massenhaft Proteste aus und die Kosten sparende Idee musste begraben werden.

Santa's Workshop ist allerdings nicht nur ein faszinierendes Untersuchungsobjekt für jeden, den die Internationalisierung von Weihnachten sowie den Aufbau einer standardisierten Weihnachtsmann-Sage interessiert. Der Kurzfilm ist auch Teil einer Reihe von Disney-Cartoons, an denen sich die veränderte Mentalität bezüglich rassistischer Stereotypen verfolgen lässt. In einer Sequenz überprüft der Weihnachtsmann blonde Püppchen, die "Mama" sagen, wenn man sie ein wenig kippt. Als letztes rutscht energisch eine schwarze Puppe auf den Tisch des Weihnachtsmanns und brüllt ihm kess ein "Mammy!" entgegen, bevor sie sich selbst den "O.K."-Stempel aufdrückt. Da die Puppe den Blackface-Figuren einer typischen Minstrel Show nachempfunden ist, wird diese als eventuell rassistisch interpretierbare Szene häufig aus TV-Wiederholungen und Heimkino-Veröffentlichungen geschnitten.

"Und dich schenke ich den Machern von Fantasia! Ho ho ho! Ich meine: Ha ha ha!"

Santa's Workshop fand im Folgejahr eine indirekte Fortsetzung in Form von The Night Before Christmas, in welchem der Weihnachtsmann seine Geschenke verteilt. Natürlich, indem er den Kamin runterrutscht. Damals allerdings ohne die Hilfe hoch technisierter Elfen. Wer weiß, ob in siebzig Jahren nicht die Welt von Prep & Landing (Elfen helfen) und Aardman Animations Arthur Weihnachtsmann für jedes Kind ganz selbstverständlich zeigt, wie der Weihnachtsmann vorgeht ...

Sonntag, 25. Dezember 2011

Weihnachten im Schatten der Maus II: Grüße von Familie Sears

Weihnachten! Es gibt Menschen, die viele Wochen mit dem Geschenke kaufen, Plätzchen backen und dekorieren verbringen. Andere widmen sich dem am 23. Dezember. Doch selbst die Spätentschlossenen müssen ihre Grußkarten rechtzeitig zur Post bringen, wenn sie möchten, dass sie bis Heiligabend ihre Adressaten erreichen. Wer das mit dem Terminus Aufwand verbindet, hat mit Sicherheit noch nie etwas von den Weihnachtskarten gehört, die Ted Sears viele Jahre lang, mit der Unterstützung seiner Familie, zu verschicken pflegte. Und zu erdenken. Und zu gestalten. Und zu drucken. Und zu kaligraphieren.

Ted Sears bediente sich des Mittels der Trickfotographie, die in Zeiten digitaler Bildbearbeitungen nurmehr als Mittel von Nostalgikern angesehen wird. Die Entwicklung der einzelnen Motive dauerte viele Monate, ganz zu schweigen vom Schreiben des Textes. Es handelte sich um aufklappbare Karten, die er seit den 1930er Jahren gestaltete. Der Ursprung seiner Leidenschaft lag weitere fünfzehn Jahre zurück und begann mit seiner Ausbildung zum Schildermaler und der Arbeit für das Barré-Studio. Nachdem er 1931 bei Walt Disney zum Leiter des Story Department ernannt wurde und seine Frau Vee geheiratet hatte, begann er, leidenschaftlich an Weihnachtskarten zu arbeiten. Die Begeisterung der Empfänger animierte ihn, immer aufwändigere Werke anzustreben. Während die Meisten zu Beginn des neuen Jahrs noch mit den zusätzlich aufgelasteten Pfunden aus dem alten kämpften, saß Ted Sears schon an seiner nächsten Karte. Die Zahl derjenigen, die von seiner Familie bedacht wurden, stieg schlussendlich auf über 300 Familien an, die zu pünktlich zu Weihnachten mit einer persönlichen Karte beschenkt wurden.

Die schönsten dieser Karten entstanden ab den 1940er Jahren, als Tochter Marcia die Familie Sears vergrößerte. Die Motive sprühen vor Kreativität, besonders beeindruckend sind diejenigen, in denen Ted Sears mit Größenverhältnissen spielt und verschiedene Welten vermischt. Es wäre vermessen, die Schönheit und den Humor der Arbeiten in Worte fassen zu wollen. Stattdessen sei nur jedem empfohlen, sich die Motive genau anzusehen (bitte für die große Ansicht, zu der unbedingt zu raten ist, auf das Bild klicken). Der Blick in jeden Winkel des Motivs zeigt die Detailliebe des Künstlers, der so lange nicht zufrieden war, bis ein hohes Maß an Perfektion erreicht war. Wer behauptet, man erkenne, dass alles nicht echt und von den heutigen Möglichkeiten durch Photoshop und Co. meilenwert entfernt sei, der ist, bei allem Respekt, ein Aufschneider.

Mein Lieblingsmotiv ist im Übrigen die letzte Weihnachtskarte, die hier gezeigt wird. Wer sie weniger als fünf Minuten betrachtet, kann genausowenig von sich behaupten, alles gesehen zu haben, wie ein Kinozuschauer, der nach der Hälfte des Films den Saal verlässt.

Zu den einzelnen Motiven ist leider nur sehr wenig bekannt. Auf eine Angabe der Jahreszahlen verzichte ich, die ungefähre Einordung gelingt dem aufmerksamen Betrachter schon alleine durch die Abbildung der Beteiligten. Viel Freude damit!










Alle in diesem Beitrag gezeigten Karten wurden von molliesc auf Flickr hochgeladen. Wer weitere Karten sehen möchte, sei auf das dortige Album verwiesen. Mehr über Ted Sears erfahrt ihr in seiner ausführlichen Biographie, die vor einigen Wochen Im Schatten der Maus veröffentlicht wurde.

Samstag, 24. Dezember 2011

Televisionärer Dauerspaß – Meine 24 liebsten Disney-Serien (Teil XXIV)

Platz 1: Die Dinos

Keine Disney-Fernsehserie bringt mein Herz höher zum Schlagen, als diese. Ich war als Kind in sie vernarrt, fand sie als Jugendlicher cool und bin auch jetzt völlig von ihr begeistert.

Die kurz vor seinem Tod von Jim Henson ersonnene und von Michael Jacobs produzierte Serie rund um die Saurierfamilie Sinclair hat sich bereits schon dadurch einen der vordersten Plätze in meiner ewigen Rangliste verdient, dass sie ein Schlüsselerlebnis in meinem Disney-Fandasein auslöste. Denn bei Die Dinos habe ich erstmals erst im Nachhinein erfahren, dass Disney hinter einer mich bezaubernden Sache steckt. Donald Duck hatte mich zu jenem Zeitpunkt längst um seinen gefiederten Finger gewickelt, ebenso wie die Serien aus dem ARD-Disney Club sowie manche der abendfüllenden Disney-Zeichentrickfilme. Da ging ich allerdings auch stets mit dem Wissen und der Erwartung heran, dass "das ja noch etwas von den Machern von Donald (und Käpt'n Balu etc.) ist". Und ja, ich habe als Kind in Kursivschrift und Klammern gedacht –  wundert das hier tatsächlich irgendjemanden?

Jedenfalls war das bei Die Dinos anders. Erst lernte ich die Serie kennen und lieben, und dann entdeckte ich nach der Erstausstrahlung einer späteren Episode das Disney-Logo mitsamt Schriftzug im Abspann. Zuvor haben meine Eltern wohl noch während des Abspanns umgeschaltet, oder irgendwas hat meinen kindlichen Verstand abgelenkt, ich weiß es nicht mehr genau. Aber ich erinnere mich noch als wäre es letzte Woche gewesen, wie meine Augen dieses schreckliche, 90er-Jahre rot-gelb-orange-farbene Walt Disney Television-Logo aufnahmen und in mir der Groschen fiel: Disney macht wirklich nahezu alles, was ist richtig super finde.
Damit war das Fundament meines Fandaseins wohl endgültig gelegt, und in einem widerstandsfähigen Zustand noch dazu. Denn was Fans ja nicht häufig eingestanden wird: Wir sind ja im Normalfall Fan von etwas oder jemandem, weil wir es oder ihn oder sie eh in unwahrscheinlich häufigen Fällen überragend gut finden. Weshalb es dann nahe liegt, generell ein Fan dieser Sache oder Person zu werden. Und nicht umgekehrt: "Ich bin Fan, also find ich alles gut."

Jedoch ist obige Anekdote nur der nostalgische Zuckerguss meiner Verehrung für diese prähistorische Sitcom. Ein weiteres, großes Stück meiner Zuneigung rührt von den sensationellen Produktionswerten und den beeindruckenden Puppentricks her. Nun gut, als Erwachsener fällt einem, spätestens nach wiederholter Sichtung, natürlich schon auf, dass Nebenfiguren und einmalig aufkreuzende Saurier von einem kleinen Ensemble an Puppen gespielt werden. Insgesamt 17 verschiedene , hoch aufwändige vollbewegliche Puppen und 50 Handpuppen sind zwar bereits eine Menge, aber nicht genug, um Wiederholungen zu vermeiden. Dennoch sind die großen, detailreichen Sets sowie die Animation der großen Saurier bemerkenswert. Als Kind war ich völlig baff und fragte mich, wie die Serie denn gemacht wurde: Zeichentrick und Computer fallen vom Look her raus, aber Puppen können Earl und Co. doch auch nicht sein ... Nun, damals kannte ich an Puppen nur die Muppets, die Sesamstraße und Käpt'n Blaubär, die ja alle das selbe filzige Aussehen und die auffälligen Stöcke an den Armen haben. Auf die Idee, dass sich hinter Die Dinos mannshohe Latexkostüme mit elektronisch gesteuerten Audio-Animatronic-Köpfen verbergen, wäre ich als kleiner Racker so schnell nicht gekommen.

Allerdings ist die technische Seite auch nur ein Element, wodurch sich meine Begeisterung für diese Serie verstärkt. Das wichtigste ist und bleibt nunmal der Inhalt. Das Konzept, der Humor, die Umsetzung. Dadurch wurde Die Dinos zu meiner liebsten Disney-Fernsehserie und auch der Maßstab, an dem ich alle möglichen, auch nur ansatzweise vergleichbaren Produktionen messe. Aus der Erinnerung heraus ist Die Dinos für so manchen nur ein Die Simpsons-Abklatsch, der zudem ein paar Einfälle aus der Familie Feuerstein klaute. Und dass die Simpsons-Macher sich über die vermeintlich riesigen Parallelen in einer Episode sogar lustig machten, hilft auch nicht gerade, die verschwommen Erinnerungen ins rechte Licht zu rücken. Ja, in beiden Serien gibt es einen dümmlichen, übergewichtigen Vater und eine als Hausfrau tätige Mutter. Hossa, das hat man ja noch nirgends gesehen. Außer in einem Großteil der Sitcoms dieser Welt.

In Ordnung, das ist eine weitere Parallele: Beide Serien nahmen das Sitcom-Format und übertrugen es in ein anderes Medium. Die Simpsons in den Zeichentrick (was zuvor schon Familie Feuerstein gemacht hat) und Die Dinos in den Puppentrick. Von dort an gingen beide Serien völlig verschiedene Wege. Die Simpsons waren in ihrem ersten Jahr nicht wesentlich mehr, als eine gezeichnete Sitcom, die sich an einen schwärzeren Humor herantraute, in Staffel 2 fanden die Macher ihre eigene "Sprache" und ab der dritten Staffel saßen die Pointen, die ein unangenehmeres Bild des Durchschnittsamerika zeigten, erst so richtig. Die Dinos hingegen mutierte rasend schnell von einer Sitcom-Parodie mit prähistorischem Setting und satirischen Zwischentönen zu einem bitterbösen schuppigen Zerrspiegel der westlichen Gesellschaft.

Und das ist einfach das geniale an Die Dinos. Die Autoren von Die Dinos nutzten das dramaturgische Konzept sowie die Figurenkonstellation einer klassischen Sitcom, setzten dies mit Puppen um (Dinosauriern noch obendrein) und lieferten dann feinste Satire über die verschiedensten gesellschaftlichen Probleme ab. Die Persiflage von Sitcom-Klischees und -Stereotypen ist da nur Garnierung am Rand. So viel politische Aussage, solch galligen Kommentare über die Medien, so feinsinnige Bemerkungen über in Disneys heiler Welt üblicherweise totgeschwiegene Themen wie Pubertät, Emanzipation und blindem Religionseifer ... Diesbezüglich ist Die Dinos zweifelsohne einsame Klasse.

Dass Die Dinos nie belehrend wirkte und mit seinen ständigen Botschaften so predigend rüberkam, wie es mittlerweile teils solchen Serien wie South Park vorgeworfen wird, liegt vor allem an den sympathischen Figuren, die allesamt gelungene Saurierabwandlungen von Sitcom-Archetypen sind. Earl Sinclair, der dümmlich-liebenswerte Familienvater mit antiquierter Weltanschauung (und in der deutschen Fassung mit der wunderbar väterlichen Stimme Edgar Otts  bzw. Jürgen Kluckerts ausgestattet), die meist oberflächliche, aber unschuldige Tochter Charlene, die ihr Licht unter den Scheffel stellende Mutter Fran und der rebellische, moderne Werte vertretene Sohn Robbie, dem die Pubertät öfter einen Saurierknochen zwischen die Beine wirft. Und natürlich das knuddelige, vorlaute Baby, das in den Erinnerungen vieler die gesamte Serie repräsentiert (und im Original von Elmo-Spieler Kevin Clash gesprochen wird). Die glaubwürdige, und dennoch sitcomhaft-verspielte Umgehensweise in der Sinclair-Familie gaben der Serie ein Herz, wodurch die satirischen Botschaften erst so richtig amüsant werden konnten.

In einer sehr frühen, sitcomhaften Episode meldet sich Familie Sinclair bei einer Gameshow an, um endlich den kaputten Familienfernseher ersetzen zu können. Wie sich diese Geschichte abspielt, würde heute man heute mit wesentlich derberem Humor bei South Park oder mit einigen zusammenhanglosen Gag-Sequenzen und unsympathischen Fratzen bei Family Guy zeigen. Diese Serien, ebenso wie American Dad oder auch die später aufkeimende, boshaftere Seite der Simpsons, sie alle bekamen von Die Dinos vorgelebt, wie man es perfekt machen könnte. Die Episode parodiert die Erzählweise von Sitcoms, zeigt abgerundete Figuren mit einer Seele und frechem Mundwerk, hält uns Medienkonsumenten ein schlimmes Spiegelbild vor, und ist dennoch "locker-flockig". Und dabei ist das noch eine der schwächeren Episoden!

Die Sternstunden der Dinos schlugen, als mit beißendem Sarkasmus mediengeile Eltern, die ihre Kinder zu Ruhm drängen, abgezockte, quotengeile Fernseh-Programmplaner, der Irak-Krieg, Fernsehprediger, Erziehungsratgeber, Scheinehen oder Goethes Faust (von allen Dingen!) durch den Schlamm gezogen wurden. Oder Disneyland. Denn als die hohen Herren von ABC das Budget kürzten, kannten die frechen, geistreichen Macher dieser Serie kein Halten mehr. Daher rührt auch das traurigste, bitterböseste und konsequenteste Serienfinale, dass Disney, das Familienfernsehen und die Sitcomgeschichte je gesehen haben.

Die Dinos ist intelligent, hat eine erfrischende Dosis Albernheit, liebenswerte Figuren und einen erstaunlich schwarzen, boshaften Humor. Was zu einer echten "Feel-Good-Serie" verbunden wurde. Das ist Fernsehen, voll und ganz nach meinem Geschmack. Und ein Volltreffer, wie ihn Disney wohl leider nie mehr wiederholen wird.

Und somit wünsche ich euch allen, ganz im Geiste von Die Dinos, ein frohes Fest mit euren Liebsten, vielen Geschenken und einem prall gefüllten Kühlschrank! Auf dass es euch weit über die Feiertage hinaus fröhliche Farbe in einen farblosen Alltag bringt!

Wir wünschen frohe Eisnacht, wir wünschen frohe Eisnacht, wir wünschen frohe Eisnacht ...
Schenken Sie doch Farbe!

Weihnachten im Schatten der Maus I: Die Poesie der Bäume

Fantasia is timeless. It may run 10, 20 or 30 years. It may run after I'm gone. Fantasia is an idea in itself. I can never build another Fantasia. I can improve. I can elaborate. That's all.“ - „We all make mistakes. Fantasia was one, but it was an honest mistake. I shall now rededicate myself to my old ideals.
- Walt Disney


Ganz im Sinne dieser geradlinigen Beurteilung seines Schöpfers möchte ich in dieser Artikelreihe Im Schatten der Maus Walt Disneys zeitlosen Fehler näher beleuchten.

Wer den Ablauf von Fantasia im Kopf hat, wird wissen, dass es nun Zeit wäre für Beethovens Pastorale. Doch anlässlich des heutigen Festtages tue ich mich schwer, einen Artikel über den griechischen Pantheon zu schreiben und stattdessen werde ich den Anlass nutzen, mich einem passenden Segment aus einem anderen Disney Meisterwerk zuzuwenden.

Man kann sagen, dass Disney sich seit jeher bemüht, um das Christentum - oder allgemein um lebende Religionen - sorgsam einen Bogen zu schlagen. Eindeutig christliche Themen in Disney-Filmen lassen sich an einer Hand abzählen: Abgesehen vom Kurzfilm „Der Esel von Bethlehem“ handelt es sich meist um persönliche Gebete oder Gute-Nacht-Lieder der Figuren, und selbst das Ave Maria, dass den krönenden Abschluss von Fantasia bildet, wird durch die Kombination mit dem vorangehenden Hexensabbat eher in einen mythologischen Kontext gebracht.
Gerade im oft unterschlagenen Film Musik, Tanz und Rythmus kommt aber eine Szene vor, die einen ganz anderen Ansatz zu der Thematik bietet. Es ist für mich eine der subtilsten und außerordentlichsten Szenen, die Disney zum Thema Gott geschaffen hat:

Die Poesie der Bäume

Das Segment beruht auf einem Werk von Alfred Joyce Kilmer. Der amerikanische Schriftsteller sagte von sich selbst, er habe 1912 durch die Kinderlähmung seiner Tochter zum Glauben gefunden. Ein Jahr später schrieb er sein mit Abstand berühmtestes Gedicht Trees:

I think that I shall never see
A poem lovely as a tree.

A tree whose hungry mouth is prest

Against the earth's sweet flowing breast;

A tree that looks at God all day,

And lifts her leafy arms to pray;

A tree that may in summer wear
A nest of robins in her hair;

Upon whose bosom snow has lain;

Who intimately lives with rain.

Poems are made by fools like me,

But only God can make a tree.

Das Werk erlang bald außerordentliche Beliebtheit und wurde in den folgenden Jahrzehnten mehrfach vertont. Schließlich verwendete Walt Disney die musikalische Bearbeitungen von Oscar Rasbach für eine Aufnahme von Fred Waring and the Pennsylvanians, die dann für Musik, Tanz und Rythmus visuell untermalt wurde.

Zusätzlich zu seiner Ode an Bäume hat das Gedicht eine selbstreferenzierende Meta-Ebene; es versucht, seine eigene Qualität zu bewerten. In diesem Sinne wird die bescheidene Aussage auch durch das besonders einfache Reimschema noch verstärkt.
Da (wie im englischen Vorspann explizit erwähnt) für Disneys Version mit Ton und Bild noch zwei andere Medien zum Zuge kommen, stellt sich die Frage, wie Kilmers Ansatz hierbei übertragen wurde.

In der Vertonung werden die Strophen des Gedichtes mit unterschiedlichen Melodien unterlegt, so dass das Lied im Endeffekt aus zwei Strophen und einem Zwischenspiel besteht. So hat Rasbach es geschickt geschafft, das simple Reimschema aufzubrechen und eine Komposition zu schaffen, in der keine Gleichförmigkeit mehr auffällt.
Das Ergebnis ist eine sehr gefühlvolle Musik, die an die Soundtracks von Bambi oder Die alte Mühle erinnert, aber dafür die Bescheidenheit des Gedichtes vollkommen untergräbt.

Auch die Bilder, die verschiedene Bäume durch die Jahreszeiten begleiten, erinnern stark an die wundervolle Natur-Animation von Bambi oder Fantasia. Leider reicht das Segment - wie auch der ganze Film - von seiner Popularität her nicht an diese großen Vorbilder heran, und dadurch ist es schwierig, an nähere Informationen zum Entstehungsprozess zu gelangen.
Für einen kleinen Überblick sorgt diese Zusammenstellung von moremosaics.blogspot.com:
Das Konzept des Stückes, nicht einen einzelnen Baum durch das Jahr zu verfolgen, passt übrigens zu Kilmers Intention: Inspiration für das Gedicht bildete nicht ein spezieller Baum, sondern die Idee der Bäume allgemein.

Die Personifizierung, die die Bäume in dem Gedicht erfahren, wurde dagegen nicht unmittelbar übertragen - eine derartige anthropomorphe Darstellung hätte dem Segment auch nicht gut getan. Stattdessen werden, wiederum vergleichbar zu Bambi, Waldtiere als Empathieträger genutzt. Es verwundert nicht, dass die Hirsche von Don Lusk animiert wurden, der bei Bambi entsrechende Erfahrungen sammeln konnte.

Bemerkenswert sind auch die genialen Übergänge zwischen den einzelnen Szenen, die mit ihrer leichten Surrealität wiederum an Fantasias Nussknacker-Suite erinnern.










Die Kombination von Kilmers Worten und der spärischen Bilderflut regt zum Nachdenken an.

Es gibt wohl keine Kunst, der es so extrem gelingt, wie der Animation - sei es nun Computeranimation oder Zeichentrick - aus buchstäblich „Nichts“ eine lebensnahe Welt neu zu erschaffen. Dieses schöpferische Prinzip spiegelt sich schon in dem Wort Animation, das sich mit Beseeligung übersetzen lässt.
Nun könnte man argumentieren, dass die visuelle Darstellung von Trees dem Sinn des Gedichts widerspricht: Es wird sehr wohl versucht, den Göttlichen Genius durch menschliche Kunst einzufangen.

Andererseits muss man die schlichte, stilisierende Natur der Bilder anerkennen. Die Zeichner bemühten sich nicht um einen photorealistischen, lebensnahen Ansatz (der wohl kaum so beeindruckend geworden wäre), sondern versuchten vielmehr, die Seele der Natur einzufangen.

Etwas prätentiöser ausgedrückt: Das Segment würde so nicht funktionieren, wenn der Zuschauer das Bild eines Baumes nicht im Herzen trüge.

Das Schlussbild des Stückes zeigt in einem wundervollen Übergang die Vereinigung von Natur, Kultur und Religion - untermalt durch den ausklingenden Chor, der durch sanfte Glockenschläge unterstützt wird. Man könnte diese Zusammenstellung als eine ideale Darstellung von der Idee des Panentheismus verstehen.
Bemerkenswert an diesem Schlussbild scheint mir auch, dass man sich für einen derart nachdrücklichen Ansatz entschieden hat. Disney hätte den religiösen Kontext der letzten Zeile in problemlos ignorierern können und vielleicht wäre eine neutralere Darstellung eher zu erwarten gewesen. Stattdessen wird der religiöse Kontext am Ende eindeutig herausgestellt und beschert uns so ein einmaliges Stück Zeichentrick-Kunst.