Sonntag, 26. Oktober 2008

High School Musical 3: Senior Year



Lange Zeit waren Fortsetzungen die billigen, für den TV- oder Videomarkt dahingeschluderten Ableger erfolgreicher Kinofilme. Mittlerweile gehen dagegen immer mehr Fortsetzungen den umgekehrten Weg und sind um einiges teurer, oft auch erfolgreicher, als ihre Vorgänger. X-Men kostete vergleichweise wenige 75 Millionen Dollar, während der dritte Teil sage und schreibe 210 Millionen, Fluch der Karibik sorgte mit seinem 152-Millionen-Dollar-Budget für schweisnasse Stirnpartien bei den Disney-Chefs, während für Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt ganze 300 Millionen Dollar aus vollen Rohren geschossen wurden.

Häufig werden Fortsetzungen auch düsterer als die Originalfilme. Das Imperium schlägt zurück ist um einiges pessimistischer als der ungleich buntere Krieg der Sterne; die Fortsetzungen von Fluch der Karibik sind viel härter, gruseliger und dramatischer als der erste Teil; The Dark Knight übertrifft in seinem erschütternden Realismus Batman Begins um ein leichtes, Prinz Kaspian von Narnia ist bei weitem nicht so zauberhaft-angenehm wie Der König von Narnia; und so weiter, und so weiter.

High School Musical 3: Senior Year ist völlig anders. Nicht nur, dass hier die zweite Fortsetzung eines Fernsehfilms international einen breiten Kinostart spendiert bekommt, nein, er ist trotz Budgeterhöhung gegenüber seinen Vorgängern noch immer spottbillig produziert. Schlappe 13,3 Millionen Dollar hat das dritte Teenagermusical gekostet, im Vergleich zu 4,2 Mio. $ (Teil 1) bzw. 7 Millionen $ (Teil 2).
Dem Trend, immer düsterer zu werden hat sich das High School Musical-Franchise mit seinem knallbunten, heiteren und quietschfidelen zweiten Teil bereits erfolgreich zur Wehr gesetzt, und auch HSM 3: Senior Year zeigt keinerlei Hemmungen, wenn es darum geht Jugendliche in knallige Klamotten zu schmeißen, sie fröhlich grinsend durch die Gegend springen zu lassen und die Zwillingsgeschwister Sharpay (Ashley Tisdale) und Ryan Evans (Lucas Grabeel) als überdrehtes Glamour-Dreamteam darzustellen.
Allerdings ist das musikalische Abschlussjahr nicht bloß eine bunte Fortsetzung, die allein aufgrund des Erfolges ihrer Vorgänger den Weg ins Kino fand. Stattdessen kann High School Musical 3: Senior Year tatsächlich auch Kinoformat aufweisen. Auch wenn der Plot anderes vermuten lässt.

Es sind die letzten Tage auf der East High für unsere alten Bekannten aus High School Musical 1 & 2. Die Wildcats stehen im Basketball-Finale und es liegt an Teamcaptain Troy Bolton (Zac Efron) seine zurückliegende Mannschaft zum Sieg zu führen. Nicht nur für die Ehre, sondern auch um die letzten gemeinsamen Minuten als Mannschaft zu einem krönenden Abschluss kommen zu lassen.
Dabei eröffnet sich dem Abschlussjahrgang bald darauf eine weitere Möglichkeit, zusammen etwas auf die Beine zu stellen. Weil sich aus lauter Angst vor Prüfungsstress nahezu niemand für das Jahresabschluss-Stück eingeschrieben hatte, droht der East High eine One-Man-Show mit Sharpay Evans (Ashley Tisdale). Um dies zu vermeiden meldet die Komponisten Kelsi (Olesya Rulin) hinter deren Rücken all ihre Freunde und Bekannte für das Musical an. Nach kurzen Protesten lassen sie sich auf das Unterfangen ein, kurz vor dem High-School-Abschluss noch eine Schulaufführung einzuproben und aufzuführen. Auf Vorschlag der Theaterlehrerin Mrs. Darbus (Alyson Reed) soll das Stück "Senior Year" heißen und von den Erfahrungen und Gefühlen handeln, welche die East-High-Schülerschaft in ihrem letzten Schuljahr durchmachte.
Mrs. Darbus erwähnt außerdem, dass die renommierte "Julliard School der darstellerischen Künste" ein Stipendium vergeben wird und sich Kelsi, Sharpay, Ryan (der Choreograph des Schulmusicals) und Troy Bolton in der engeren Auswahl befinden.

Für den letzteren stellt sich aufgrund dieser Neuigkeit sein gesamtes Weltbild auf den Kopf. Bislang ging er stillschweigend davon aus, dass er den Vorstellungen seines Vaters (BartJohnson) folgen wird und zusammen mit seinem besten Freund und Teamkollegen Chad (Corbin Bleu) auf ein nahe gelegenes College geht und in das dortige Basketball-Team wechselt.
Sharpay, die Austauschschülerin Tiara Gold (Jemma McKenzie-Brown) als Assistentin engagierte, versucht derweil mit hinterhältigen Mitteln die Hauptrolle im Musical zu ergattern, um so ihrem Traum ein Broadwaystar zu werden ein Stück näher zu kommen und Gabriella (Vanessa Hudgens) sieht sich mit der schweren Aufgabe konfrontiert, den richtigen Zeitpunkt zu finden, in dem sie mit ihrem Freund Troy über ihr Hochbegabten-Stipendium an der Stanford University und die daraus resultierende Entfernung zwischen ihnen zu sprechen.

Auf den ersten Blick klingt die Grundkonstellation von High School Musical 3: Senior Year nicht so, als hätte sich viel auf der East High verändert. Grob gesehen täuscht dieser Eindruck auch nicht - der Ausflug auf die Kinoleinwand unterzieht die Grundsubstanz des Franchises keiner Generalüberholung, der Film bleibt leicht als Teil der Reihe erkennbar. In der Darstellerriege hat sich bis auf die Ergänzung dreier neuen Randfiguren (die dezent im Hintergrund bleiben, in ihren wenigen Szenen jedoch durchaus zu glänzen wissen) nichts getan und auch der strahlende und sprühende Frohsinn der Reihe bleibt erhalten. High School Musical bedeutet nunmal süße, harmlose und auch naive, optimistische Familienunterhaltung. Das muss ja auch keineswegs schlecht sein und sollte sich mit dem dritten Teil auch nicht urplötzlich ändern.

Was dagegen an den ersten beiden Filmen störte und wovon ich hoffte, dass es sich im dritten Teil ändert ist deren naiv-dümmliche Dramaturgie.
Im ersten High School Musical zeigte sich dem Zuschauer noch eine modernisierte, zugleich stark vereinfachte, süßliche Variation der Romeo-und-Julia-Geschichte, der ich beim ersten Ansehen noch recht positiv gegenüberstehen konnte. Sie war nichts besonderes, genügte dabei allerdings völlig ihren Ansprüchen und wusste irgendwie zu verzaubern. Was warmes für's Herz, sozusagen.
Bereits beim zweiten Anschauen jedoch bröckelte die Fassade und die Romanze zwischen Troy und Gabriella verlor an Reiz, die überspannte Naivität und die anorganisch hineingeprügelte Kurzzeitkrise zwischen den beiden verliehen den beiden einen gewissen Nervfaktor. Dafür rückten mit einem Male die Antagonisten Sharpay und Ryan für mich in den Fokus, und spätestens beim dritten Ansehen (ja... ich habe den Film öfters gesehen...) waren sie für mich die wahren Stars.

Der zweite Teil verschob dies noch weiter ins Extreme: Während ich den selbstironischen, triefend kitschigen und ausufernden Camp liebte, den Ryan und Sharpay verströmten, ging mir Troys und Gabriellas Beziehungskiste nur auf den Keks. Die Liebesgeschichte war zunächst einmal inhaltlich viel zu naiv für ihr eigenes Wohl. Ein Naivität aussprühender Film ist die eine Sache, ein Film, der seine Haupthandlung all zu naiv angeht, ist eine andere.
Schlimmer war für mich aber, wie der Autor (Peter Barsocchini) versuchte ihr Spannung und Dramatik zu verleihen. Die neuen Krisen in der Beziehung zwischen Troy und Gabriella waren krampfhaft aufgesetzte Schnulzen-Heulereien, zu dick aufgetragen, mies dargestellt und dann kamen sie nichtmal logisch aus den Charakteren heraus, sondern waren nicht mehr als verzweifelte Bemühungen, die Handlung bis zum nächsten Lied zu strecken und es irgendwie inhaltlich vorzubereiten.

High School Musical 3: Senior Year ist dagegen eine reine Wohltat, es gibt keine hineingezwängte, gegen die Charakterisierung der Figuren laufende, unlogischen Konflikte, was den Film so viel ungezwungener, lockerer und natürlicher wirken lässt. Dadurch wird die von ihm ausgelöste Stimmung auch gleich viel reibungsloser vom Zuschauer aufgenommen, wo ich mich in den Vorgängerfilmen noch über die so eben gelösten Beziehungsprobleme und deren Sinnlosigkeit beschwerte, genoss ich in diesem Teil die Fröhlichkeit der Protagonisten.
Unklar bleibt, ob Autor Barsocchini dazu gelernt hat, oder ob wir uns hier über positive Nebeneffekte der Kontinuität innerhalb der Rehe freuen dürfen. Einige der handlungsvorantreibenden Elemente, die in den TV-Filmen überreizt wurden, fallen nun nämlich weg. Sharpay ist noch immer die selbstverliebte und ungesund ehrgeizige Drama Queen der Schule, lernte jedoch in den letzten Filmen genug über Hinterhältigkeit, um es in diesem Film nicht zu sehr zu übertreiben. Vor allem ihre Balzgebarden gegenüber Troy gehören der Vergangenheit an, das abgenutzte und in dieser Reihe eh deplatzierte Liebesdreieck wurde glücklicherweise genauso zu Grabe getragen wie Ryans Rolle als Sharpays Handlanger. Aus dieser kämpfte er sich bereits im zweiten Teil erfolgreich heraus, und tatsächlich sah man davon ab, ihn aus dramaturgischen Gründen wieder dahin zurückzuverfachten.
Doch das wichtigste: Troy und Gabriella sind endlich in einer halbwegs befestigten Liebesbeziehung, das seifenoperettenhafte an, aus, hin und her hat endlich ein Ende, ohne dass der Film plötzlich auf seinen Antrieb verzichten muss. Ganz im Gegenteil, frei von platt erzwungener Dramaturgie funktioniert die Romanze der beiden Hauptfiguren besser denn je.

Die entspanntere Lage zwischen Troy und Gabriella bedeutet keinesfalls, dass es bei ihnen zum Stillstand kommt. Ihr Handlungsfaden verläuft einfach nur viel glatter, durchdachter und ist zu keinem Zeitpunkt nervig. Für mich ein kleines Wunder, dabei ist das noch längst nicht alles:

War High School Musical in Wahrheit Sharpays Geschichte (pfeiff' auf die zentrale Liebesgeschichte, hier geht es um eine arrogante Nachwuchsschauspielerin, die zum Fall gebracht wird) und High School Musical 2 eigentlich Ryans Film (pfeiff' auf die dämliche zentrale Liebesgeschichte, hier dreht sich alles um einen liebenswerten Choreographen, der aus dem übermächtigen Schatten seiner Schwester tritt), so ist High School Musical 3: Senior Year tatsächlich und unumstritten Troys große Stunde. Richtig gelesen, nicht die von Troy und Gabriella, sondern die von Troy. Er ist der Antrieb der Handlung, steht im Mittel- und stellt selbst Dreh- und Angelpunkt dar. Der Film konzentriert sich vornehmlich auf seine Herausforderungen vor Schulabgang und die damit verbundenen Empfindungen.

Logischerweise bedeutet das etwas weniger Troy & Gabriella (was für mich wirklich ein Grund zur Freude ist) und auch weniger Sharpay & Ryan (als in Teil 2), was wirklich schade ist, aber nicht bedeutet, dass die beiden völlig untergehen. Vor allem bedeutet die strikte Orientierung an Zac Efrons Figur, logischerweise, auch mehr Troy. Das klingt im ersten Moment - und ehrlich gesagt auch im zweiten und dritten - noch ziemlich grausig, was es allerdings seltsamerweise nicht ist. Es ist... oh wunder... gut.
Abhängig ist dies natürlich Zac Efrons darstellerischen Leistungen. Efron ist noch immer relativ blass und kann seinen typischen, leeren Blick nicht den ganzen Film über abschütteln, dennoch hat er insgesamt eine solide und den Ansprüchen vollauf genügende, mich positiv überraschende Leistung abgeliefert, mit der er die zu erzählende Geschichte tragen kann. Und diese ist der Hauptgrund dafür, dass ich "mehr Troy" im Falle von High School Musical 3: Senior Year wirklich für eine gute Entscheidung halte.

Seine Story ist eine hübsch anzusehende, disney-fizierte Version der Orientierungsprobleme, die viele im Angesicht ihres Schulabschlusses hatten und sie wird sehr spaßig und auch nachvollziehbar aufbereitet.
Natürlich ist es ein simpler, übertriebener und mit übersichtlicher Dimensionalität versehener Ansatz, doch was anderes würde zu diesem fröhlichen Teenie-Musical gar nicht passen. Oscarreife, dreidimensionale Gefühlswelten und eine realistische Darstellung der High School soll es nicht werden, sondern ein plausibler, unterhaltsamer und auch angenehm dosiert kitschiger Blick auf das Schülerdasein. Vor allem an der Plausibilität und der richtigen Dosis Kitsch und Naivität scheiterten die ersten zwei Filme, was von älteren Zuschauern stark forderte, sich darauf einzulassen und mich eine rein campige, ironische und sich der eigenen Natur bewusste Reihe mit den bunten Evans-Geschwistern wünschen ließ.
Jetzt, nachdem man für Troys Geschichte die richtige Balance gefunden hat kann ich weiterhin dieses Element genießen und zugleich wieder etwas Teenie-Mentalität und -Emotionalität aufleben lassen. Noch immer erfordert die HSM-Reihe von seinen reiferen Zuschauern Geduld sowie Verträglichkeit gegenüber knalliger Spielfreude, quietschigen Farben und süßlicher Sauberkeit. Wer für etwas mehr als 100 Minuten den mürrischen Sauertopf nicht zu Hause lassen kann ist definitiv im falschen Film.

So sehr mich der Autor mit seiner aus dem nichts auftauchenden gelungenen Storyline für Troy auch überraschen mag, und so sehr sich Zac Efrons Spiel im Vergleich zu den ersten Teilen gesteigert hat, die Achillesferse eines Musicals bleiben die Lieder. Die Geschichte und die schauspielerischen Leistungen können noch so gut sein, wenn man sich durch sämtliche Gesangssequenzen quälen muss und mit Ohrenkrebs aus dem Kinosaal schreitet, wird man sich kaum vom Film angezogen fühlen. Musicals mit schlechter Handlung, aber großartigen Liedern sind dagegen zumindest auf DVD (mit Fernbedienung in der Hand) oder als Soundtrack-CD ganz genehme Erfahrungen.

High School Musical 3: Senior Year steht musikalisch in der Tradition seiner Vorgänger: Poppig-moderne Antworten auf den Stil klassischer Bühnenmusical-Songs, Teenie-Pop-Balladen und auf Mainstream runtergerechneter Rock, Hip-Hop und Dance-Pop, gerne auch untereinander gemischt, alles in einem klinisch aufpolierten Tongewand. Klingt niedergeschrieben sehr qualvoll, muss es aber überhaupt nicht sein.
Ein "junges" Gehör ist sicherlich von Vorteil, da auch die zeitloseren Nummern (genauer gesagt die an traditionellere Musicals angelehnten Lieder) den heutigen Hörgewohnheiten angepasst wurden. Das kann kurzfristig durchaus verwirrend sein, da die Verbindung aus Musikclip-Klangästhetik und einer klassischen Theater-Struktur alles andere als alltäglich ist, doch für mich stellte es sich als einfach heraus, mich daran zu gewöhnen. Die moderneren Lieder sind letztlich noch frischer, denn der Rock, der hier verarbeitet wird ist kein 70er-Classic-Rock. Es ist aktueller Rock, der dann noch der Gesamtmischung angepasst wird (ebenso wie alle anderen musikalischen Strömungen im Film).
Insgesamt betrachtet bewährt sich dieses Konzept allerdings, kein Lied fällt stilistisch aus dem Rahmen, und wer sich für die Dauer des Films nicht auf den Inhalt einlassen kann, ist gewiss auch nicht für (gelungene) Beispielexemplare aktueller Stilrichtungen im Mix mit modernisierten Herangehensweisen an bewährte Musikrichtungen empfänglich.

Bezeichnend für die Weiterentwicklung des Kinoausfluges im Vergleich zu High School Musical 1 & 2 ist wohl Sharpays und Ryans große Musicalnummer I Want It All, in dem sie von ihrer Zukunft als Musicalstars träumen.
Das Lied, und noch mehr seine visuelle Umsetzung, ist bombastischer, witziger und lebendiger als alles, was man bislang unter dem Namen High School Musical zu sehen und zu hören bekam.
Regisseur Kenny Ortega und seine Co-Choreographen Charles Klapow und Bonnie Story verneigen sich mit überdeutlicher Ehrlichkeit vor Theatern und Musicals, insbesondere dem Broadway, während sie zugleich sämtliche Register ziehen und die Karten der Evans-Geschwister gekonnt ausspielen. Die Sequenz ist knallig, albern, frech-selbstironisch in ihrem Umgang mit glitzerndem, leuchtenden Kitsch (und davon gibt es jede Menge) und noch immer eine ehrliche Liebeserklärung an die Bretter, die die Welt bedeuten.
Mit voller Inbrunst rennen die Geschwister (bzw. ihre Darsteller Tisdale und Grabeel) durch die bunten Kulissen, schmettern Hymnen ans Darstellerleben in die Welt hinaus und schlüpfen in Kostüme, die nicht von ungefähr an die klassische Musicalkunst und ans Varieté erinnern.

Bedenkt man, dass die mutigste Nummer im ersten Teil ein vom "normal" gekleideten Grabeel und Tisdale im blauen Kleidchen und mit viel Glitzer im Gesicht vor schwarzem Hintergrund und gülden-glänzender Leiter gesungenes Latino-Pop-Liedchen war, das man auch noch mehrfach mit anderen Szenen unterbrach, wird überdeutlich welchen Weg diese Reihe gegangen ist.

I Want It All bildet den Höhepunkt in Sachen selbstironischem Camp, ist der große Knall, mit dem die Evans ihre farbenfrohe Unterwanderung der HSM-Filme grandios abrunden. Die darauf folgenden Songs steigen in der Knalligkeit wieder vom Gaspedal herunter. Und so ist zwar I Want It All allein schon Grund genug für die Aufwertung auf's Kinoformat gewesen, doch längst nicht der einzige. Die Choereographie, die Ausstattung und Kameraführung ist den gesamten Film hindurch viel lebendiger, mutiger, größer, tiefer, einfach besser.

Ryan und Sharpay in I Want It All. Meine nur ich das, oder ahmt Tisdales Look hier Jean Harlow nach? Oder gibt es eine näherliegende Parallele zu Größen des Showgeschäfts?


Allein schon der eröffnende Song Now Or Never präsentiert mit beeindruckender Sicherheit die Vorzüge der Kinoinszenierung, lässt das Basketballspiel im ersten Teil endgültig lachhaft aussehen. Ortega hat seine knapp 13 Millionen Dollar Budget effektiv eingesetzt und fruchten lassen. Spürbar ist das höhere Budget sogar in den Sequenzen, die Teil des "Bühnenmusicals-im-Film" sind. Sahen die Kulissen im ersten Teil noch wie bei einer echten Amateurvorstellung aus, sind sie nun viel glamouröser. Bei mir stellte sich so während dieser Sequenzen eine wohlige Nostalgie ein, verträumt erinnerte ich mich an meine Schulzeit, da hier die schönen Elemente der Schule leicht glorifiziert eingefangen wurden.
Ich möchte außerdem nochmal daran erinnern, dass das Musical im Film "Senior Year" heißt - ich würde nicht behaupten, dass die Reihe somit Meta wird, an der vierten Wand kratzt sie dadurch aber sicherlich. Ein Song im Film heißt dann letztlich sogar High School Musical, und darüber kann man urteilen wie man möchte, aber für mich ist das kein zärtliches Kratzen mehr. Damit pfeffert der Film mit jeder Menge Spaß an der Freude durch die vierte Wand. Für mich ein netter Wink an die Erwachsenen im Kinosaal, andere werden es vielleicht auch nur als einfallslose Betitelung empfinden, das kann natürlich auch sein.

Natürlich sind nicht alle Lieder in High School Musical 3: Senior Year Volltreffer, gerade Gabriellas obligatorische Ballade und ein an Start of Something New-erinnerndes Ständchen zwischen Troy und seiner Angebeteten recht früh im Film wollten mich einfach nicht mitreißen, waren nicht emotional nicht tief und komplex genug um mir auch nur ansatzweise einen warmen Schauer über den Rücken laufen zu lassen.

Umso überraschter war ich, als Troys zentrales "Was mach ich jetzt?"-Lied Scream einsetzte. Mit großem Schrecken erinnere ich mich noch immer an Bet on it aus dem zweiten Teil zurück, ein an sich ganz nettes Pop-Dance-Lied, das stilistisch aber nicht so ganz zu den ausgedrückten Gefühlen passte (und in einem kurzen Moment gruselig nah an dem Techno-Remix von He's a Pirate war) und durch die peinliche Inszenierung nichtmal den Hauch einer Chance hatte, dass ich mich als Zuschauer auf Troys Seite stellen, mitfühlen oder mich sogar identifizieren kann.

Deshalb bot sich mir der ungute Gedanke an, dass Ortega das höhere Budget in eine noch peinlichere Nummer investierte, was jedoch glücklicherweise nicht der Fall war. Scream ist atmosphärisch toll inszeniert, die Ausstattung und Beleuchtung passt ideal zum Lied und Troys Gefühlen und die Choreographie und Kameraführung sind dieses Mal zwar ebenfalls sehr expressionistisch, allerdings im Gegensatz zu Troys zentralem Song in HSM 2 in der genau richtigen Dosis. Die hier verwendeten Ideen sind nicht allesamt neu, aber noch immer frisch und gut in Kontext gesetzt. Super Inszenierung und vor allem wird somit visuell ein Lied unterstützt, das sich musikalisch dem Inhalt anpasst.


Die Musikrichtungen der einzelnen Songs in HSM 3 entsprechen nämlich allesamt dem derzeitigen Innenleben der Charaktere. So ist zum Beispiel Scream ein kräftiger Mix aus Teen-Rock, Disney-Pop und Musical, während Troys und Chads gemeinsamer Song auf dem Schrottplatz eine wilde Vereinigung des Boygroup-Sounds der 90er (nein, nicht deren Balladen, ich mein' die anderen Songs, die Boygroups ab und zu so machen) und Pop-Rock. Ich hätte nie in meinem Leben gedacht, dass solch eine Symbiose funktionieren kann, und noch weniger hätte ich gedacht, dass sie auch mir gefallen wird. Dass es sich hierbei um einen Zac-Efron-Song handelt, dürfte mich schlussendlich gar nicht mehr aus dem Staunen rauskommen lassen. Doch ich habe mich noch während der ersten Strophe längst damit abgefunden.
Disney vollbringt einmal mehr das Unmögliche...

Vielleicht hilft auch, dass Efrons und Bleus Rumtollerei auf dem Schrottplatz mit ehrlicher Spielfreude beider Darsteller auf's Zelluloid gebannt wurde, und auch die Inszenierung zwischen Ortegas eigenem, und typischem Musikvideo-Stil stützt den Moment. Der Zuschauer darf bloß nicht die Logik hinterfragen: Die Sequenz ist klar darauf konzipiert auf dem Schrottplatz zu spielen, funktioniert auch nur dort und deshalb muss die Geschichte dorthin manövriert werden. Wenn man zuviel nachdenkt wird man sich daran sicherlich stören, doch die zwanghafte "wir müssen jetzt für eine gute Gesangssequenz dies und das machen"-Einstellung in HSM 3 ist eine riesige Verbesserung gegenüber den krampfhaften Handlungsverzerrungen in den ersten zwei Teilen.

Für mich das unumstrittene Highlight von High School Musical 3: Senior Year, um mich langsam dem Schluss dieser Rezension zu nähern, ist unterm Strich ganz klar der Song A Night to Remember und die dazugehörige Sequenz. Die Sets sind liebevoll gestaltet und eine wunderbare Filmadaption und Verneigung vor aufwändigeren Bühnenaufbauten, die Kostüme sind schön, der Cast läuft in dieser Sequenz zu Höchstform auf, die Regie ist auf den Punkt und lässt die Grundidee hinter dieser Szene reibungslos funktionieren. Das Lied fasst die Gefühle eines Abschlussball mit einem Lächeln zusammen, der Stress bei der Vorbereitung wird mit viel Witz eingebaut, ohne die Wirkung der Szene zu untergraben, die Melodie ist flott, hat viel Schwung und fängt dennoch die Emotionalität des Abends ein.
Es ist eine träumerische Szene. Manche würden vielleicht befürchten, dass sie den jüngeren Zuschauern zu hohe Erwartungen eintrichtern könnte, was aber völlig albern ist. Viel mehr trifft sie einen sanften Punkt bei denjenigen, deren Abschluss kurz bevorsteht oder noch nicht zu lange zurückliegt.
Ich möchte daran erinnern, dass ich an die ersten zwei Filme vornehmlich zynisch herangegangen bin, die vom Film selbst ernstgenommenen Momente (Troy & Gabriella) verachtete und dafür die selbstironischen Sequenzen (Sharpay & Ryan) umso mehr liebte. Und jetzt kommt dieser dritte Teil an.... Und macht mich mit A Night To Remember ganz melancholisch. Es ist ein spaßig-fröhliches Lied mit einem erwartungsvollen, zeitlosen und irgendwo auch liebevoll-romantischen, sich verbeugendem Kern in der Melodie - Disney wäre dumm wenn man es nicht als weniger narrative, rund dreiminütige Ball-Version neu veröffentlichen würde. Es könnte (zumindest in den USA, wo HSM eine größere Position in der Popkultur hat als hier) problemlos der nächste Ball-Klassiker werden.

Anhand von A Night To Remember lässt sich optimal erklären, weshalb mit High School Musical 3: Senior Year so viel besser gefällt, als die ersten zwei Teile, denn dieses Lied zeigt, dass sich die Naivität und Kitschigkeit der Reihe in exakt die richtigen Richtungen entwickelten. Der campige, spaßige und ironische Kitsch wurde noch lauter und knalliger, wenn auch in geringerer Häufigkeit; die kindliche Naivität und der fast ununterbrochene Frohsinn dagegen wächst in eine neue Altersgruppe hinein. Die Probleme in HSM 3 sind reifer, werden mit etwas mehr Dimension beleuchtet als die in den ersten Teilen (sie bleiben simpel, doch sie sind nicht mehr nervtötend platt), und das alles ohne den naiven Charme, den man mit den TV-Filmen aufbauen wollte, zu zerstören. In A Night To Remember zeigt sich das am besten, doch es zieht sich durch den gesamten Film.

Schade ist nur, dass die Szenenabfolge etwas stockend geriet. Manche Szenen sind, wenn man sie für sich allein stehen lässt, zwar gelungen, im Gesamtablauf aber leider zähflüssig, woraufhin andere zu hastig verlaufen. Das stört den Filmeindruck ein wenig, er scheint nicht immer wie aus einem Guss.
Fazit: High School Musical 3: Senior Year ist eine ansteckend heitere Fortsetzung von High School Musical 1 & 2, die gekonnt die Fehler der Vorgängerfilme vermeiden kann und zugleich deren Stärken weiter ausbaut. Der Großteil der Lieder ist gelungen, der Witz ist generationenübergreifend und die emotionale Seite (im Gegensatz zu den Vorgängern) durchgehend nachvollzieh- und nachfühlbar. So lange man sich nur darauf einlässt und lang genug seine sarkastische Seite zu Hause lassen kann, bietet sich hiermit sauberer und fröhlicher Spaß im jugendlichen Gewand. Oder kurz gesagt: Der Film ist schockierend gut.

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