Donnerstag, 26. Dezember 2019

Die schlechtesten Filme 2019 (Teil II)

Es tat weh, aber es wird noch mehr schmerzen: Nach den Plätzen 20 bis 11 meiner Flopliste 2019 präsentiere ich euch nun die unerbittlichen, die ätzenden, die schmerzvollen, die dämlichen, die nervenzersägenden Ränge 10 bis 1. Die üblichen, ehrenlosen Nennungen von Filmen, die es nur knapp nicht in die Flop 20 verschlagen hat, erspare ich uns dieses Mal dagegen. Es hat mich im Filmjahr 2019 nicht genug geärgert, um diesen Bonus zu bieten.

Platz 10: Und wer nimmt den Hund? (Regie: Rainer Kaufmann)

Eine Streitkomödie! Eines meiner Lieblingsgenres! Aber das heißt nicht, dass man das nicht verbocken kann: In Und wer nimmt den Hund? sehen wir ein jahrzehntelanges Ehepaar, wie es sich auseinanderlebt und letztlich trennen will. Es besucht dennoch eine Paartherapeutin (damit wir simpel in die Story forcierte Expositionsdialoge erhalten) und ... Joah, viel mehr steckt da nicht hinter: Die Figuren sind unsympathische, biedere und kleinliche Nervensägen, und ihre Wortgefechte sind so schlagfertig wie eine zu lange gekochte Nudel. Martina Gedeck ist selbst in Szenen, die spürbar als "So, wir müssen die Frau mal positiv darstellen, sonst gibt das Ärger"-Passagen geschrieben wurden, kratzbürstig, Ulrich Tukur gibt sich Mühe, hat aber mit dem laschen Skript zu kämpfen, und es wirkt einfach alles wie ein 30-minütiges TV-Special, das im Schnitt übergequillt ist und dann im Kino geparkt wurde.

Platz 9: Oh, Ramona (Regie: Cristina Jacob)

Netflix, Retter des Kinos™ und Beschützer der Filmkunst®, belästigte sein Publikum dieses Jahr mit einer rumänischen Teeniekomödie, bei der sich einem durchaus die Haare sträuben können. Der Film beginnt ja noch so, als könnte er auf schlichte Art gefällig sein. So durchbricht der Protagonist und Erzähler, Vollversager Andrei (Bogdan Iancu), mehrmals die vierte Wand und zensiert etwa die Drogen auf einer Party, indem er sie durch Obst ersetzt. Er scherzt darüber, dass man bei Netflix ja nie weiß, ob Kinder zuschauen, Nacktheit wird mit gewollt schlechten Grafikeinblendungen zensiert und Sexszenen werden durch visuelle Doppeldeutigkeiten ersetzt. Das ist ja alles ganz amüsant.

Doch die Figurenzeichnungen in der Filmadaption eines osteuropäischen Bestsellers ist selbst an den Maßstäben von Teenie-Sexkomödien gemessen platt und fahrig: Andrei ist ein Vollnerd, der sich in das schönste und populärste Mädchen der Schule verliebt hat - Titelfigur Ramona. Als Ramona ihn unerwartet von der Party weg- und in ein Schlafzimmer lockt, schmettert er ihre Avancen ab, weil er eine echte Beziehung, keinen schnellen Fick will. Daraufhin vergisst das Drehbuch völlig, wie es bis dahin diese Figuren gezeichnet hat, und macht Andrei zum unerklärlichen Frauenhelden und Superstecher, während Ramona zur sonderbaren Stalkerin mutiert, die ihm Hals über Kopf verfallen ist. Es sei denn, eine Sequenz verlangt für einen schnellen Gag erneut veränderte Persönlichkeitszüge. Der Film hätte mit seinem unglaubwürdigen Erzähler eine Ausrede für solches Hin und Her, doch diese Steilvorlage nutzt er nicht. Stattdessen skizziert Oh, Ramona Frauen als hohl und einen starken Mann an der Seite benötigend, misst den Wert eines Mannes an den sexuellen Eroberungen, die er hat, und verrennt sich in ein Liebesdreieck, in dem eine Option gleichgültiger ist als die andere.

Und nimmt man die ganzen Derbheiten bei Seite, die halt irgendwie zum Genre gehören, hier aber verkrampft-kopflos daherkommen, statt als "So sind notgeile Teenies halt"-Kolorit, ist ein völlig unverantwortlich behandelter Subplot, in dem Ramona behauptet, von ihrem Freund geschlagen zu werden, nur eine sonderbare Kleinigkeit in diesem Turm aus "Was zur Hölle?!"-Entscheidungen. Denn wenn die Liebesgeschichte auserzählt scheint und man denkt "Naja, da war viel Schrott bei, aber auch manch kreativer Einfall und Aggy Adams hat sich mit aller Macht bemüht, aus der lahmen Titelfigur was rauszuholen" kommt ein elendig langer, zäher, möchtegerndramatischer Nachklapp, der den Protagonisten endgültig zum verkommenen, sich selbst vollwinselnden Hasssubjekt macht und den Film über Gebühr ausdehnt. Es ist ein dämlicher, nerviger Schluss und der hat dann noch einen Nachklapp. Selten sitze ich vorm Bildschirm und schreie einen Film an: "Jetzt hör doch endlich auf!" Oh, Ramona ist einer dieser Filme.

Platz 8: Im Netz der Versuchung (Regie: Steven Knight)

Dafür, dass dieser "Es sollte ein Prestigeprojekt werden, wurde aber Edeltrash"-Film mit Matthew McConaughey und Anne Hathaway einen der, ähm, ambitionierteren (?) Twists der Dekade hat, ist Im Netz der Versuchung trotzdem einfach nur träge und öde: Der WTF?!-Faktor versackt völlig in Knights lebloser Inszenierung und die schleppenden Dialoge helfen auch nicht. Aber ich bin auch nach wenigen Minuten schon auf den Twist gekommen - wenn ihr ihn nicht kennt, sehr neugierig seid und Zeit totzuschlagen habt, könnt ihr euch mal an diesen Streifen wagen. Vielleicht reicht es bei euch für ein "Es ist mies, aber faszinierend."

Platz 7: Hellboy - Call of Darkness (Regie: Neil Marshall)

Meine Fresse, war das ein ätzender Film: Das Hellboy-Reboot ist einer dieser Filme, die einem die "Ich wurde in der Postproduktion zerschnitten"-Warnsignale ins Gesicht reibt. Abrupte Szenenwechsel, im Off vermittelte Figurenmotivation und mehrere hintereinander geklatschte Enden sind nur ein paar Beispiele dafür. Nicht, dass da viel war, das man hätte retten können, denn das Drehbuch spurtet ohne jegliches Gespür dafür, was die Titelfigur ausmacht, durch mehrere Hellboy-Comicstorylines und die Dialoge sind ohne jegliches Flair geschriebene Ansammlungen von Schimpfwörtern, Exposition und vulgärer Exposition. Die Actionszenen leiden unter einer steifen Inszenierung und schäbigen Effekten und der Sound ist extrem schrammelig abgemischt. David Harbour spielt die Ausgeburt der Hölle gut und mitten im Film gibt es eine storytechnisch völlig überflüssige Szene über die Sagengestalt Baba Jaga, in der plötzlich mit haptischen Effekten schaurige Stimmung erzeugt wird. Aber das hilft alles nichts.

Platz 6: Iron Sky: The Coming Race (Regie: Timo Vuorensola)

Ich mag den ersten Iron Sky, sehr sogar: Er ist eine irre, spritzige Mischung zwischen Nazisploitation-Persiflage, knalliger Sci-Fi-Komödie und tagespolitischen Sketchen. Iron Sky: The Coming Race dagegen ist eine viel zu spät nachgereichte Fortsetzung mit verstaubten Gags (Haha! Apple-Fans sind wie Sektenanhänger!), Effekten, die weit unter dem Niveau des charmanten Originals liegen, konfusem Storytelling und viel, viel, viel Leerlauf. Ein paar gute Gags hat er ja, wie etwa einen verflucht unkaputtbaren Mechaniker, aber alles in allem ist Iron Sky 2 ein Sketch, der einfach nicht enden will, obwohl der Gag schon lange durch ist.

Platz 5: Maleficent: Mächte der Finsternis (Regie: Joachim Rønning)

Wo wir bei Fortsetzungen sind, die es nicht braucht: Maleficent war ein ungeheuerlich mieser Disney-Film, das Produkt eines grausigen Produktionsprozesses und ein Meisterstück in Sachen "Wir haben überhaupt keine Ahnung, wovon genau wir jetzt erzählen wollen". Als dieses Elend 2014 unverdienterweise dennoch über 758 Millionen Dollar einnahm, hätte das Haus der Maus sich auf die Schulter klopfen können und sagen: "Wow, wie wir das nur überstanden haben?! Glück gehabt!" Aber: Nein, ein zweiter Teil musste her. Und der ist narrativ genauso halbgar: Erneut erzählt Linda Woolverton von der Fee Maleficent, die eigentlich eine Gute ist, nein, eine Gute, die schnell an die Decke geht, nein, eine Gute, die einfach alle falsch verstehen, nein, eine Gute, die zur Bösen wird, nein, eine Böse, die sich lange gut verhalten hat, nein, eine Gute ist.

Angelina Jolie stolziert so selbstverliebt durch den Film, dass sich nie die Möglichkeit gibt, Maleficent stimmig als Figur aufzubauen, und dieser Film hat ungeheuerliche Angst vor Konsequenzen: Unentwegt wird zurückgerudert, weggeschnitten oder Figurenentwicklung rückgängig gemacht, wenn sich was schlimmes andeutet. Was ziemlich peinlich ist, wenn man gleichzeitig versucht, ein düsteres Fantasyepos zu sein. Joachim Rønning ringt dem Material zwei, drei hübsche Bilder ab, doch es überwiegt das Gefühl, riesiger Zeitverschwendung beizuwohnen. Für einen Film, der einen Genozid-Subplot anreißt (und natürlich zu buntem Fluff degradiert) ganz schön dämlich.

Platz 4: Head Full of Honey (Regie: Til Schweiger)

Überflüssiges Nahezu-1:1-Remake, das jeglichen künstlerischen Impuls missen lässt, Teil I: Til Schweiger hat seinen gigantischen Kassenschlager Honig im Kopf noch einmal gedreht, nun aber in englischer Sprache. Doof nur, dass Til Schweiger in der Zwischenzeit als Regisseur und Cutter nachgelassen hat: Head Full of Honey sieht noch mehr nach Aufbackbrötchenwerbespot aus, womit die Emotion der Geschichte noch schlechter rüberkommt, und das Remake ist ein noch grausigeres Schnittgewitter, bei dem ruhige Gespräche mehr Cuts aufweisen als eine Michael-Bay-Actionszene. Immerhin, unpopuläre Meinung meinerseits: Nick Nolte spielt den rauen Großvater, der durch seine zunehmende Demenz aufweicht, besser als Dieter Hallervorden, der von Schweiger im Original in ein paar grobe Gags mehr reingequatscht wurde. Hilft diesem Film aber nur unwesentlich.

Platz 3: Monsieur Claude 2 (Regie: Philippe de Chauveron)

Ein spießiger Mistkerl rennt pampig dreinblickend durch die Gegend und beleidigt alles und jeden, was nicht ist wie er. Und wir sollen gehörig mit ihm mitlachen, weil er noch sagt, was sich sonst keiner traut. Nur ab und zu sollen wir schockiert lachen und dann sympathisch grinsen, "Ach, Monsieur Claude, du meinst es sicher nicht so!" Dann wendet sich das Blatt und er inszeniert eine riesige Lügennummer, um seine Schwiegersöhne vom Auswandern abzubringen. Nicht, weil er sie nun mag, sondern nur, weil er die Idee abscheulich findet, dass man sein geliebtes Frankreich doof finden könnte. Monsieur Claude 2 ist eine Reihe an Parolen und Witzen, wie sie der AfD gefallen könnten, dargeboten mit holperndem Timing und einem selbstgefällige Grimassen schneidendem Christian Clavier. Im Frühling 2019 in der Sneak gesehen, war Monsieur Claude 2 eines der unangenehmsten, elendsten Kinoerlebnisse, die ich seit längerem hatte. Und dieses Grauen wurde 2019 noch zwei Mal überboten. Seufz.

Platz 2: Das perfekte Geheimnis (Regie: Bora Dagtekin)

Überflüssiges Remake mit wenigen, aber sehr schädlichen kreativen Impulsen: Fack Ju Göhte-Macher Bora Dagtekin hat sich das Drehbuch zur italienischen Dramödie Perfect Strangers genommen, den Look des französischen Perfect Strangers-Remakes Le Jeu übernommen, ein paar charakteristische Ecken und Kanten abgefeilt und ein identitätsloses Remake rausgerotzt. Wobei, das stimmt nicht: Es ist ein lange Zeit identitätsloses Remake, das (anders als Sönke Wortmanns tolle Komödie Der Vorname) ohne Verve und Schwung die Pointen der Vorlage durchnudelt. Und dann wirft der Film gegen Schluss einfach mal jegliches Feingefühl sowie die Vorlage aus dem Fenster und wird zu einer grobschlächtigen, dummen Lachnummer, die ein regressives Weltbild hochleben lässt und homophoben Scheiß freundlich weggrinst, frei nach dem Motto: "Ja, ach, komm, hab dich nicht so!" Eine geschmacklose, dumme, Produktion, in der zu keinem einzigen Zeitpunkt Passion seitens des Filmemachers zur Geltung kommt - alles, was diesen Film anzutreiben scheint, sind die Erwartungen klingender Kinokassen. Dieser Film hat meinem wunderbaren Kollegen Dominik Porschen weh getan, wie könnte ich diesen Streifen guten Gewissens durchwinken?

Platz 1: Der König der Löwen (Regie: Jon Favreau)

Überflüssiges Nahezu-1:1-Remake, das jeglichen künstlerischen Impuls missen lässt, Teil II: Das perfekte Geheimnis hat wenigstens eine goldig aufspielende, sympathische Jella Haase auf der Pro-Seite. Was dagegen hat Der König der Löwen? Diese 250-Millionen-Dollar-Tech-Demo saugt sämtliches Leben, jegliche Emotion, alle künstlerische Brillanz aus der wunderschönen Zeichentrickvorlage und hinterlässt ein Grau-in-Grau-in-Sandbraun, durch das Tiere spazieren, deren Münder leblos auf- und zuklappen. Ja, das hier sind sensationell fotorealistische Animationen. Doch als ausgedehnte Der König der Löwen-Nacherzählung, die wahlweise das Original 1:1 kopiert oder aber dessen Sequenzen langsamer und steifer neu interpretiert, ist Jon Favreaus Der König der Löwen eine künstlerische Bankrotterklärung, ein kreatives Schwarzes Loch und der dreisteste, uninspirierste, eiskalt kalkulierteste Wirtschaftsschachzug, der behauptet, ein Film zu sein, den Disney in diesem Jahrzehnt abgezogen hat. Und dann vollführt diese Tech-Demo nicht einmal ihren Zweck, denn das Effektstudio, das diese Bilder gestemmt hat, ist mittlerweile pleite. Na, das hat sich ja mal gelohnt!

Mittwoch, 25. Dezember 2019

Die schlechtesten Filme 2019 (Teil I)

Vor allem im englischsprachigen Diskurs haben "Worst of"-Listen mittlerweile einen schlechten Ruf. Ich möchte aber für Floplisten eine Lanze brechen: Sie sind die beste Möglichkeit, die sich mir als Kritiker bietet, um in einem Meer aus Lob, Geheimtipps, "Ach, das und das kann gefallen" und "Naja, geht so" auch daran zu erinnern, dass ich etwas schlecht finden kann. Das stärkt die Glaubwürdigkeit. Und es sorgt für Perspektive. Während die einen schimpfen, Star Wars - Der Aufstieg Skywalkers sei ja der schlechteste Film des Jahres, weil ihre Lieblingsfigur zu wenige Sätze hatte oder es einen Kontinuitätsfehler zum restlichen Star Wars-Universum aufweist, sind das hier die Filme, die mich am meisten ärgerten. So anders können Ansätze sein.

Wie jedes Jahr gilt auch dieses Mal an dieser Stelle: Ich habe mit "Die schlechtesten Filme" eine zwar aufmerksamkeitserregende, allerdings reißerische Überschrift gewählt. Mir fällt nur leider nichts besseres ein. Schließlich klingt "Hassfilme" leider noch aggressiver. Selbst wenn es treffender wäre, denn hier geht es nicht ausschließlich um handwerkliche Rohrkrepierer, sondern um Filme, die bei mir auf höchst persönlicher Ebene große Antipathiepunkte sammeln. Filme, die mich wütend gemacht haben, mich frustrieren und nerven oder auf ätzende Weise langweilen. Anders gesagt: Während in der noch kommenden Liste meiner Lieblingsfilme die Filme gefeiert werden, die mein Filmliebhaberherz haben höher schlagen lassen, stelle ich euch nun die vor, bei denen es sich vor Antipathie zusammengezogen hat. Los geht es mit ...

Platz 20: Holmes & Watson (Regie: Etan Cohen)

Diese gähnend langweilige Sherlock Holmes-Parodie hat ihre Momente. Die generieren sich aber leider zumeist aus den weiblichen Nebendarstellerinnen, statt aus den Hauptfiguren, die nun einmal den Großteil des Films beschreiten. Wenn Rebecca Hall trocken über den Stand der Frau scherzt, Kelly Macdonald sich süffisant durch ihre paar Szenen scherzt oder Lauren Lapkus den Will-Ferrell-Schrägheit-Nerv besser trifft als es dieses Mal Will Ferrell tut, muss ich tatsächlich schmunzeln. Und Alan Menken hat eine herrlich überzogene Musicaleinlage verfasst. Aber davon abgesehen wird der "Was, wenn Holmes und Watson dumm wären?"-Gag sehr schnell sehr alt: Überdehnte, tumbe Gags und viel Grimassen schneiden. Gähn.

Platz 19: Friedhof der Kuscheltiere (Regie: Kevin Kölsch und Dennis Widmyer)

Diese Neuverfilmung des Stephen-King-Klassikers Friedhof der Kuscheltiere hat die tollste Filmkatze, die es dieses Jahr im Kino zu sehen gab. Das ist ein gigantischer Pluspunkt. Aber sonst? Die Figuren sind ungeheuerlich dünn skizziert, womit mir die tragischen Entscheidungen des Protagonisten ebenso sehr am Allerwertesten vorbeigehen, wie mir ihr Schicksal egal ist, wenn die Figuren von Horrorereignissen heimgesucht werden. Der Look ist, von ein paar Szenen mit kreativen Schneid abgesehen, völlig uninteressant und selbst die üblichen Billig-Schrecksequenzen mit aufgedrehter Tonspur fallen flach. Dieser Film ist völlig leblos. Hier könnt ihr nun ein Wortspiel eurer Wahl einsetzen.

Platz 18: Raus! (Regie: Philipp Hirsch)

Aus der Kategorie "Filme, bei denen es mir leid tut, dass ich sie nervig und enttäuschend finde", präsentiere ich euch dieses Mal: Die politisch angehauchte Aussteiger-Wander-Jugendramödie Raus! mit Milena Tscharntke, Tom Gronau, Matti Schmidt-Schaller und vielen anderen. Der Film zeigt einen Linksaktivisten, der nicht hinter der Sache steht, sondern damit nur Frauen beeindrucken will, und sich nach einer superpeinlichen Aktion verschanzt. Er stolpert über einen Aufruf, sich aus der Gesellschaft auszuklinken. Diesem Aufruf folgen auch ein Reichensöhnchen, eine frühere Rechtsradikale, eine Sex-Influencerin mit antikapitalistischer Weltsicht und ein abenteuerlustiger Typ, der einfach nur was erleben will. Was folgt, verwässert seinen Gesellschaftskommentar bis zur Unkenntlichkeit, setzt auf ultradünn geschriebene Figuren und erinnert mehr an KiKA-Wanderabenteuer, als an Teenager-Problemauseinandersetzung. Naja, bis Psychoterror und Gewaltspitzen auch die Ausrede "Es ist halt Babys erster Film über Gesellschaftsausstieg" kaputt machen. Raus! hat einen guten Cast und Philipp Hirsch hat ein inszenatorisches Auge, doch der Film findet partout nicht zusammen.

Platz 17: Green Book (Regie: Peter Farrelly)

Todd Phillips jammerte während der Promo-Phase für seine Comicadaption Joker, dass er das Komödienfeld vorzeitig verlassen hat und sich neuen Genres zuwendete, weil es unmöglich geworden sei, heute noch Komödien zu drehen. Die müssten ja nun alle gesellschaftlich aufgeklärt sein, und wo bliebe da der Witz? Mal davon abgesehen, dass Phillips irrt und es sehr wohl großartige Komödien gibt, die nicht weiter nachtreten, wenn Leute schon am Boden liegen, frage ich mich, was er gemacht hat, während Green Book seinen Erfolgszug erlebt hat. Denn Green Book beweist mit seinem Einspielergebnis von 323,5 Millionen Dollar (bei einem Budget von 23 Millionen) sowie mit drei Oscar-Siegen (darunter als bester Film), dass auch 2019 noch immer unsensible Komödien riesigen Anklang finden können.

Jede Oscar-Saison bringt einen Film mit, den ich überhaupt nicht leiden kann, doch dass er zum großen Abräumer der Saison wird, ist mir bisher nur sehr, sehr, sehr selten passiert. Aber Green Book ist für mich wirklich der mieseste Oscar-Gewinner dieser Dekade, wenn nicht sogar seit noch längerer Zeit. Ja, Mahershala Ali spielt großartig und dank ihm hat der Film seine gefälligen Momente. Doch eine Komödie über einen Pizza mampfenden Italiener, der einem Schwarzen beibringt, dass seinesgleichen doch Brathähnchen lecker finden muss, und dass er den Stock aus dem Hintern nehmen und einfach nur Spaß haben sollte, ist schon eine ziemlich fragwürdige Angelegenheit. Und wenn der Film dann noch Szenen beinhaltet wie "Du bist selber Schuld, wenn du von Rassisten verprügelt wirst", dann kann ich nur sagen: Willkommen in den Flops des Jahres, Leute! Und kommt mir nicht mit "Nun stell dich nicht so an", denn zuckrige Grütze, die sich nicht wirklich für das Leid ihrer Figuren interessiert, ist Green Book auch im luftleeren, apolitischen Raum.

Platz 16: Nightmare Cinema (Regie: Alejandro Brugués, Joe Dante, Mick Garris, Ryūhei Kitamura und David Slade)

Was habe ich mich auf den Film gefreut, ich als alter Liebhaber von Horror-Episodenfilmen. Und dann spielt die Rahmenhandlung auch noch in einem Kino, in dem ein seltsamer Kerl (Mickey Rourke) die Filme zum Publikum passend aussucht! Doch leider ist Nightmare Cinema ein Gemischtwarenladen, in dem man Qualität mühevoll suchen muss, zwischen all den Resterampe-Produkten. Der Film beginnt solide mit einem postmodernen Slasherkommentar, der seine Idee schlicht etwas überreizt, doch dann folgt eine sehr behäbige, witzig gemeinte, doch sehr hohle Episode über Schönheitsoperationen, bevor eine völlig lächerliche Dämonengeschichte in einer katholischen Schule das Niveau noch weiter herunterreißt. Ergänzt wird das Elend durch eine pseudo-intellektuelle, schnell durchschaubare Schwarz-Weiß-Episode über einen albtraumhaften Arztbesuch und letztlich durch eine Episode, die so abläuft, wie Shyamalan-Hater denken, dass all seine Filme so ablaufen. Was für ein Schrott.

Platz 15: Feedback (Regie: Pedro C. Alonso)

Dieser Kammerspielthriller zeigt einen beliebten, aber auch umstrittenen Radiomoderator (Eddie Marsan), wie er während einer Livesendung von Eindringlingen bedroht wird. Sie erpressen ihn und verlangen, dass er seinem Gast des Abends schreckliche Wahrheiten entlockt. Klingt nach genau meinem Geschmack, war aber eine unfassbare Geduldsprobe: Regisseur Pedro C. Alonso lässt seine Low-Budget-Produktion echt edel aussehen, leider ist die Soundabmischung eine unfassbare Katastrophe und die Dialoge sind klobig, unnatürlich und nervig. In einem dialoglastigen Film ist das ein extremes Minus, und dann schlägt die Story auch noch Haken, die es mir völlig unmöglich machen, mitzufiebern: Es gibt keine Sympathieträger, aber Alonso inszeniert diesen Thriller so, dass sich Spannung aus der empatischen Frage "Wie kommt X nur aus der Lage wieder heraus?" generieren soll. Und wenn man auch nur eine Sekunde zu lang über die politische Massage des Films nachdenkt (und die trägt Feedback gegen Ende mit naivem Stolz vor sich her), wird erst deutlich, wie sich der Film mehrmals ins eigene Knie schießt. Aber, hey, ein paar gute Gewaltspitzen hat er.

Platz 14: Godzilla II: King of the Monsters (Regie: Michael Dougherty)

Nach Gareth Edwards packendem Godzilla wird Warner Bros. westliche Godzilla-Saga einfach mal mit voller Macht gegen die Wand gefahren: Weg mit der langsam brodelnden, intensiven Spannung, her mit chaotischer digitaler Zerstörungswut. Und statt diese Megamonster-Klopperei wenigstens auf die sich kloppenden Megamonster zu fokussieren, zeigt Michael Dougherty bevorzugt digitalen Rauch, computeranimierten Schotter und fliegende Funken aus dem Computer. Kombiniert mit ziellosen, widersprüchlichen, schleppenden Szenen rund um dünn skizzierte, menschliche Figuren, die sich saudumm anstellen und dem Film jegliche Energie rauben, ergibt Godzilla II Popcornkino der hirnlosen Kopfweh-Kajüte.

Platz 13: Cats (Regie: Tom Hooper)

Ein abartig hässlicher Film mit dem Spannungsbogen einer geraden, horizontalen Linie und einem Übermaß an unangenehm nahen Nahaufnahmen. Aber der Cast hängt sich voll rein und es ist wenigstens ein Film wie keiner zuvor. Grausig, aber denkwürdig.

Platz 12: Murder Mystery (Regie: Kyle Newacheck)

Ein durchschaubarer Krimiplot, eine lange Parade an mäßig witzigen Witzen und ein Plot, der mit zehn, 15 Minuten weniger vielleicht noch ganz süffig hätte geraten können: Adam Sandlers Netflix-Filme sind für ihn nichts anderes als Ausreden, schöne Orte zu bereisen und für Netflix sind sie Content, der aus irgendwelchen Gründen zieht. Murder Mystery hat wenigstens einen sympathischen Cast, der sich bemüht, was aus dem Material zu machen. Es gibt viel zu wenig Filme mit Luke Evans und Gemma Arterton!

Platz 11: Belleville Cop (Regie: Rachid Bouchareb)

Was für ein elend langweiliger Film: Der bequemliche Cop Baaba Keita (Omar Sy) schlägt eine Beförderung nach der anderen aus. Doch seine Freundin will hinaus in die weite Welt, weg von den Fängen Baabas dominanter Mutter, die sich in alles einmischt. Als eines Tages ein Freund Baabas getötet wird, bricht er doch auf in neue Gefilde: Er zieht mit seiner Mutter nach Miami, wo er sich mit dem amerikanischen Polizisten Ricardo (Luis Guzman) zusammentut, um den Mord an seinem Freund aufzuklären. Belleville Cop klaut sich Versatzstücke aus den Beverly Hills Cop-Filmen, Lethal Weapon und Red Heat zusammen, ohne sie irgendwie zu kommentieren oder sehenswert abzuwandeln, und ist dann auch noch mit witzfreien Dialogen gesegnet, einem Erzähltempo, bei dem einem fließender Honig rasant vorkommt und der Krimiplot lebt von Zufällen und noch mehr Zufällen. Was für ein Elend.


Sonntag, 22. Dezember 2019

Musikalisches Immergrün – Die besten Disney-Songs der Dekade (Teil III)

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Platz 65: Hochzeits-Abenteuer ("Wedding Adventure") aus Phineas & Ferb
Musik und Text von Martin Olson, Rob Hughes und Aliki Theofilopoulos (dt. Fassung von Christine Roche, Ursula von Langen & Thomas Amper)

In einem ähnlichen Stil gehalten wie zwei sehr frühe Phineas & Ferb-Songs und mit leichten Anleihen an den Red-Hot-Chili-Peppers-Song By the Way ist dieser ganz und gar unkitschige Hochzeitssong eine turbulente Aufzählung von skurrilen Hochzeitsfeierideen und Phineas & Ferb-Rückgriffen. Nicht der hellste Song auf dem Phineas & Ferb-Leuchter, aber sehr schmissig und launig. Ich kann mir nicht helfen, ich hab einfach Freude an ihm.


Platz 64: Zeige dich ("Show Yourself") aus Die Eiskönigin II
Musik und Text von Robert Lopez & Kristen Anderson-Lopez (dt. Fassung von Nina Schneider)

Ich kann mir nicht helfen, ich finde allgemein einfach nicht den Zugang zu Lopez & Lopez, wenn sie ein Lied vollkommen ernst meinen. Rare Ausnahmen bestätigen die Regel, aber für mich klingen die Lieder des mehrfach preisgekrönten Ehepaars zu oft zu sehr nach den Bausteinen ihrer inhaltlichen Funktion. Daher zünden ihre parodistischen Arbeiten (etwa in der Scrubs-Musicalfolge) für mich viel besser. Auch Zeige dich klingt für mich etwas zu arg nach "Hallo, ich bin der Wendepunkt-Song, der den dritten Akt auflöst", doch er lässt Elsa genug Raum, um richtig was rauszuschmettern und rein gesanglich Gänsehaut zu erzeugen - egal, von welcher Sprachfassung wir hier reden. Die Szene zum Lied gefällt mir deutlich mehr, da sie eine visuelle Wucht ist. Aber, allem Meckern auf hohem Niveau zum Trotz: Zeige dich ist schon ein Song mit viel Nachdruck, und er hat sich bei mir durchaus eingeprägt. Leicht widerwillig, aber erfolgreich.


Platz 63: Walmingo ("Whalemingo") aus Phineas & Ferb
Musik und Text von Robert F. Hughes, Dan Povenmire, Martin Olson und Bobby Gaylor (dt. Fassung von Christine Roche, Ursula von Langen & Thomas Amper)

Eine absurde, surreale kleine, musikalische Geschichte, die wunderbar vorführt, wie viel kreative Schöpfungskraft in Phineas & Ferb steckt. 'nuff said.


Platz 62: Mondgeschmack Sensation ("Moon Farm") aus Phineas & Ferb
Musik und Text von Jon Colton Barry, Robert F. Hughe und Dan Povenmire (dt. Fassung von Christine Roche, Ursula von Langen & Thomas Amper)

Ein historischer Song in der Geschichte von Phineas & Ferb: Die Trickserie, die sich sukzessive zu einem schwindelerregenden Turm aus Running Gags, Selbstironie und Meta-Gags steigerte, brach hier erstmals im Laufe eines Songs die vierte Wand: Baljeet legt sich hier mit dem Sänger aus dem Off an, Phineas wiederum spricht explizit vom Soundtrack, der gerade zu hören ist. Diese Illusionsbrüche sollten später noch häufiger vorkommen. Vor allem aber ist Mondgeschmack Sensation einfach ein lustiger, eingängiger, alberner Song.


Platz 61: Hack mein Herz kurz und klein ("Chop Away at My Heart") aus Schlimmer geht's immer mit Milo Murphy
Musik und Text von Scott Heiner, Andrew Novak und Dan Povenmire (dt. Fassung von Michael Ernst)

Dieser fiktive Boyband-Chartkracher ist ein Schlimmer geht's immer mit Milo Murphy-Running-Gag, der in sieben Folgen vorkommt und eine der Stammfiguren in ihrer Jugendsünden-Zeit als Herzschmerz-Popbubi zeigt. Es ist eine alberne, süffisante Parodie von Boyband-Pop, wie es ihn heute (im Westen) kaum noch gibt, ein echter Ohrwurm und ein herrliches, wiederkehrendes Element in dieser spaßigen, feinen Serie. One Direction? Wer sind das?!

Samstag, 14. Dezember 2019

Musikalisches Immergrün – Die besten Disney-Songs der Dekade (Teil II)

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Los geht es, mit meinem musikalischen Rückblick auf das Disney-Jahrzehnt. Was die 2010er in der Welt der Disney-Musik von anderen Jahrzehnten abhebt? Nun, eine Sache sticht klar hervor: Irgendwie standen die Welten in den Jahren 2010 bis 2019 Kopf. Einst war das Kino Disneys große Musical-Plattform, während etwa in den 1990er-Jahren die Trickserien eher abenteuerlicher Natur waren. Dank Dan Povenmire und Jeff 'Swampy' Marsh sah das im nun ausklingenden Jahrzehnt schon ganz anders aus: Phineas & Ferb und Schlimmer geht's immer mit Milo Murphy wurden die Disney-Fernsehserien musikalischer denn je. Auf der großen Leinwand dagegen mischten sich Musicals und Nicht-Musicals bunt durcheinander.


Platz 70:  Good To Be Bad aus Descendants 3
Musik und Text von Antonina Armato, Tim James, Thomas Sturges und Adam Schmalholz

Was die High School Musical-Trilogie in den 2000er-Jahren war, ist Descendants für die nun endende Dekade. Wie schon der Schulspaß mit Zac Efron, Vanessa Hudgens, Ashley Tisdale und Lucas Grabeel, ist auch die Descandants-Saga von Choreograf Kenny Ortega inszeniert, der hier noch bunter und noch schriller vorgeht. Teil drei lief seltsamerweise noch immer nicht in Deutschland (man hätte die neusten Geschichten der Schurken-Nachfahren doch an Halloween zeigen können?!), aber Good To Be Bad konnte ich trotzdem nicht entgehen. Der Song ist das, was passiert wenn man die "Happy Village"-Musical-Trope auf den heutigen Disney Channel anwendet, und eröffnet die Story des campigen Musicalabenteuers. Und das mit vereinzelten visuellen Rückgriffen auf die vorhergegangenen Teile.


Platz 69: Der Hai im Danville Hafen ("The Shark of Danville Harbor") aus Phineas & Ferb
Musik und Text von Jim Bernstein, Michael Diederich, Robert Hughes, Martin Olson und Dan Povenmire (dt. Fassung von Christine Roche, Ursula von Langen & Thomas Amper)

Stellt euch schonmal darauf ein, dieser Serie noch häufiger zu begegnen: Phineas & Ferb machte es sich zur (nahezu) granitharten Regel, mindestens einen Song pro Folge zu bieten. Und als für Disney-Verhältnisse erstaunlich langlebige Serie hat diese irre, mit Running Gags und Selbstironie bestückte Produktion halt allerhand Lieder zu bieten. Dieses Shanty über einen Monsterhai lehnt sich an Sink the Bismark von 1960 an. Der Song wiederum kommt in einer Blues Brothers-Deleted-Scene vor, und Blues Brothers gehört zu den Dutzenden von Filmen, auf denen in der Serie angespielt wird. In der Folge, aus der dieses Lied stammt, wird dagegen unter anderem auf Donald Duck und Fluch der Karibik angespielt. Ja, kein Wunder, dass sie zu meinen Lieblingsfolgen gehört ...


Platz 68: FroyoYOLO aus Live & Maddie
Musik und Text von Ron Hart und Eric Peter Goldman

Disney-Channel-Sitcoms sind leider so ziemlich Hit 'n' Miss, aber für Liv & Maddie habe ich wirklich eine Schwäche: Nicht nur, dass Dove Cameron sehr gut spielt, generell ist die Familie, um die sich die Serie dreht, zwar am Familiensitcom-Reißbrett entwickelt, doch mit mehr Pepp und Nuance umgesetzt als üblich. Und die Serie traut sich auch immer wieder an überraschend bissige Plots heran - wie etwa an voreiligen Onlinejournalismus und an toxische Online-Fandoms, die gegen Genderswap-Blockbuster sind (die Ghostbusters lassen grüßen). Die Serie hat auch eine (nicht immer konsequent durchgezogene, dennoch positiv auffallende) feministische Ader. Eine Folge, die sich damit auseinander gesetzt hat sowie mit der Frage "Pop mit Haltung oder knalliger Pop mit kreativ-aufwändigen Musikvideos?" hat sogleich zwei gute Songs zu bieten. Leider ist der inhaltlich mehr tragende Song dieser Episode, What a Girl is, nicht ganz so schmissig wie der (innerhalb der Serienwelt peinliche, auf metafiktionaler Ebene jedoch herrlich-parodistische) Zuckerpop FroyoYOLO, über den ich mich noch Jahre später beömmeln kann.


Platz 67: Alienherz ("Alien Heart") aus Phineas & Ferb
Musik und Text von Dan Povenmire und Martin Olson (dt. Fassung von  Christine Roche, Ursula von Langen & Thomas Amper)

Alienherz gehört zu den ausgewählten Songs aus Phineas & Ferb, zu denen Disney offiziell auch eine Demo-Version veröffentlicht hat, was allen Serienfans die Gelegenheit gibt, hinter den Entstehungsprozess zu blicken. Das Lied wird von Ferbs Vater und Phineas & Ferb in der Rolle der Retro-Band Max Moden and the Mainframes gesungen, womit der ruhige, unauffällige Lawrence versucht, seine Frau Linda (die in den 80ern ein Popstar war) davon zu überzeugen, dass auch er aufregend sein kann. Klingt nach Sitcom-Plot, wird aber mit dem üblichen, spritzigen Phineas & Ferb-Humor aufgepeppt. Die Szene umfasst unter anderem Rückgriffe auf die Folge rund um die Pinke (das Ende der Schnürsenkel), während der Song an Planet Claire der B-52s angelehnt ist. Der ist übrigens aus dem Jahr 1979 und ist somit älter als die meisten der Referenzen rund um Lindas Popkarriere. Ob Lawrence seiner Frau damit was beweisen wollte?


Platz 66: Ich will 'ne Frau mit 'ner Ritterrüstung (" I Want a Girl with a Suit of Armour") aus Schlimmer geht's immer mit Milo Murphy
Musik und Text von Danny Jacob (dt. Fassung von Michael Ernst)

Ich kann ein ganz simpler Mensch sein. Gib mir Disney, pack Hard Rock dazu, und ich denke: "Ach, geil, ein Disney-Song, der rockt." Und schon bin ich glücklich. So etwa geschehen bei Ich will 'ne Frau mit 'ner Ritterrüstung, einem fetzigen Loblied auf die in Mittelalteraufmachung daherkommende Pizzalieferantin und Ex-Babysitterin Veronica. Der Verfasser des Songs, Danny Jacob, hat übrigens hier und da in der Animationswelt seine Spuren hinterlassen: Der regelmäßige Hans-Zimmer-Kollaborateur arbeitete zusammen mit Elton John an DreamWorks' Trickkomödie Der Weg nach El Dorado, außerdem klampfte er in Shrek und verfasste Lieder für Lilo & Stitch: Die Serie, den Direct-to-DVD-Film Leroy & Stitch, für Kuzcos Königsklasse und für die herausragende Serie Kim Possible.

Fortsetzung folgt ...

Sonntag, 1. Dezember 2019

Musikalisches Immergrün – Die besten Disney-Songs der Dekade (Teil I)


In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Disney-Konzern enorm gewandelt. Was 2003 beinahe Opfer einer feindlichen Übernahme durch Comcast geworden wäre und 2009 hoffte, dass Die Jagd zum magischen Berg ein Blockbuster werden könnte, ist mittlerweile der Platzhirsch im Kinogeschäft. Der 2009 noch mit gutem Glauben erhoffte, dritte Frühling für die Kunst des abendfüllenden Zeichentrickfilms blieb dennoch aus. Aber eine Sache hat sich auch in zehn Jahren nicht geändert: Musik ist ein essentieller Teil des Disneyzaubers.

Angefangen mit Steamboat Willie, der mit seinem bildsynchronen Ton die Kinozuschauer erstaunte und Micky zu Turkey in the Straw allerhand Schabernack treiben ließ, über die Silly Symphonys, die sich durch ihren mitunter nahezu lyrischen Musikgebrauch definierten, bis hin zu Schneewittchen und die sieben Zwerge, der Geburtsstunde dessen, was jahrzehntelang als Kern der Marke "Disney" aufgefasst wurde: Lange Zeichentrickmärchen für die ganze Familie, die einen mit ihren markanten, harmonischen Liederkompositionen für den Rest des Lebens begleiten. Auch abseits des Zeichentrickfilms setzte Walt Disney häufig auf die magische Macht der Musik, und so verwundert es wohl kaum jemanden, dass das mit Zeichentrickelementen versehene Musical Mary Poppins die erfolgreichste Realfilmproduktion zu Walts Lebzeiten wurde - und für zwei Jahrzehnte Disneys größter Realfilmhit blieb. Inflationsbereinigt ist Mary Poppins sogar weiterhin ungeschlagen - solange wir von Filmen der Marke Disney sprechen, denn Disneys (eingekaufte) Tochterfirmen haben so manchen Hit zu bieten, der noch größer ist.

Derweil hat in den vergangenen zehn Jahren eine Generation an Disney-Realfilmmusicals eine beeindruckende Entwicklung durch gemacht: Die poppigen Disney-Channel-Produktionen, die einst viele ältere Disney-Fans zur Verzweiflung gebracht haben, sind mittlerweile für einen ganzen Schlag an erwachsenen Disney-Fans genauso nostalgisches Wohlfühl-Klangfutter wie es einst die Songs aus der Disney-Renaissance für Leute in ihren Zwanzigern und Dreißigern waren. Und dieser Disney-Klangkosmos wächst und wächst: Wo einst Hannah Montana und High School Musical für Jubelschreie sorgten, sind schon längst Violetta und die Descendants durch die Gehörgänge marschiert.

Und selbst in den Disney-Freizeitparks ist es eine wahre Herausforderung einen Winkel zu finden, an dem man vor musikalischer Stimmungsmanipulation sicher ist - überall lauern Eigenkompositionen, stärker oder weniger stark umarrangierte Instrumentalversionen von populären Disney-Songklassikern und kurze Anleihen an obskurere Lieder, die selbst unter den stolzesten Disneyliebhabern weniger bekannt sind. Es ist, wie es ist: Disney wäre ohne seine Musik, und insbesondere ohne sein herausragendes Liedgut, nicht solch eine mächtige Institution. Das muss gar nicht erst groß ausdiskutiert werden, selbst die größten Verehrer der Non-Musicals Disneys werden da - vielleicht mürrisch - zustimmen.

Um den Wechsel von dieser zur nächsten Dekade zu zelebrieren, möchte ich euch in dieser Artikelreihe mitnehmen. Mit auf eine Reise quer durch Disneys beeindruckende Liedersammlung der Jahre 2010 bis 2019. Und ihr kennt es vielleicht noch von dieser Artikelreihe: Ich werde nicht chronologisch vorgehen, sondern den Reiseverlauf von meiner ganz persönlichen Hitliste abhängig machen.

Ich präsentiere also voller Stolz und ohne Scheu:

Musikalisches Immergrün - Die besten Disney-Songs der Dekade

Damit genug des Vorgeplänkels. Der Übersicht zu Liebe soll hiermit auch dieser Artikel sein Ende finden - und mit dem nächsten Beitrag in dieser Artikelreihe geht es dann endlich los und wir arbeiten uns langsam hoch bis hin zur Spitzenposition.

Ich hoffe ihr genießt diesen Countdown so sehr, wie ich die Arbeit an ihm.

Auf dann!