Freitag, 27. Mai 2022

Der schlimmste Mensch der Welt


Das Allgemeine im Spezifischen.

Julie führt kein alltägliches Leben. Sie hat im Bett Vorlieben, die zwar keinesfalls unerhört sind, doch ebenso wenig als geläufiger Kink durchgingen. Ihre Universitätsbiografie ist außergewöhnlich. Sie bandelt mit einem berühmten Comiczeichner an. 

Und doch ist Julie womöglich meine größte Identifikationsfigur des Kinojahres. Und es geht nicht nur mir so. Ganz gleich, mit wem ich mich über das zwölf Kapitel, einen Prolog und einen Epilog umfassende Julie-Porträt Der schlimmste Mensch der Welt unterhalte. Egal welcher Demografie diese Personen angehören, wo sie im Leben stehen, und wie sie dazu stehen, wo sie im Leben stehen. Immer wieder höre ich: "Ich habe das Gefühl, dass dieser Film speziell für mich gemacht wurde."

Das Geheimnis dahinter dürfte sein, dass sich die von Renate Reinsve ebenso liebenswert und nachvollziehbar wie sprunghaft und verärgernd gespielte Julie nicht wie eine am Reißbrett entworfene Identifikationsfigur wirkt. Sondern wie ihre ganz eigene Frau mit ihrem ganz individuellen Kopf, die sich authentisch durch emotionale Stürme bewegt und vor rationalen Wegzweigen verzweifelt. Reinsve spielt dies wie aus dem Leben gegriffen, während Autor Eskil Vogt und Autor/Regisseur Joachim Trier Julies Stationen mal mit semi-dokumentarischer, rein beobachtender Nüchternheit abbilden, mal Julies Innerstes nach außen kehren, amplifizieren und zu Kino-Magie erhöhen. Immer genau dann, wenn sich eine irreale Erzählform und Bildsprache echter anfühlen als es eine wirkliche Skizzierung von Julies Innenleben könnte.

So zeigt uns Der schlimmste Mensch der Welt eine hyperspezifische fiktive Biografie einer Frau, die von den unzähligen Möglichkeiten erschlagen, von den widersprüchlichen Erwartungen an sie erzürnt und von den ungerechterweise verschlossenen Türen in ihrem Leben frustriert ist. Und eben diese hyperspezifische Skizze eines ganz speziellen Lebens ist so greifbar, gewitzt, unverfälscht und bewegend, dass sie wieder allgemeingültig wird. Julies Überlegungen, Gefühle und Probleme sind so wahrhaftig, dass ich mich immer wieder an eigene Lebensstationen erinnert habe. Und sei es aus noch so anders gearteten Gründen:

Hier ging es mir genauso wie Julie, dort habe ich auf einen ähnlichen Satz ganz anders reagiert, und in jene Situation war völlig anders, aber Julies Reaktion gleicht einem Gedanken, den ich mal hatte. Der schlimmste Mensch der Welt und mein Leben wirkten wie aus demselben Baukasten zusammengesetzt, nur zu variierenden Ergebnissen. So unterstreicht der Film die Universalität von Erfahrungen und Befindungen als auch die riesige Bandbreite an Möglichkeiten, die das Leben bereit hält, sowie das, welche Implikationen diese Erkenntnis hat.

Das Spezifische ist allgemeingültig.

Der schlimmste Mensch der Welt ist ab dem 2. Juni 2022 in deutschen Kinos zu sehen.

Donnerstag, 19. Mai 2022

Top Gun: Maverick

Top Gun hat interessante Loopings hinter sich: Ursprünglich von der Kritik negativ besprochen, aber vom zahlenden Publikum gefeiert, hat sich der von Tony Scott inszenierte Kampfjet-Pilotenfilm mittlerweile Kultklassikerstatus erarbeitet. Neue Generationen an Filmkritiker:innen lassen ihm zumeist die Liebe zukommen, die er 1986 in der Presse nicht erhalten hat. Beim breiten Publikum gibt es wiederum zwei Hauptlager: Entweder genießt man ihn als das, was er ist (und grinst sich ab und zu durch Sequenzen, die arg in 80er/Navy-Kitsch schwimmen). Oder man hat ironischen Spaß an ihm (und ist ab und zu wirklich gefesselt von ihm). 

Ich zähle zu einem Randlager im Top Gun-Diskurs: Obwohl ich eine Schwäche für Jerry-Bruckheimer-Produktionen habe und Regisseur Tony Scott wahrlich vermisse, konnte ich mit Top Gun nie was anfangen. Als Actionfilm reißt er mich nicht mit, als Drama über die beruflichen sowie privaten Dilemmata eines draufgängerischen Kampfpiloten ist er mir viel zu seicht in seiner Charakterzeichnung und/oder den ausgeloteten Themen. Ich finde Top Gun nicht grottig, denn oft genug kommt in Einzelszenen der Esprit bei mir an, auf den Scott es abgesehen hat. Man könnte meine Reaktion auf Top Gun wohl am besten mit einem Schulterzucken beschreiben, begleitet von einem energischen Kopfschütteln mit sanftem Lächeln.

Daher war ich hinsichtlich der Erwartungshaltung an Top Gun: Maverick in einem Camp, das meiner Vermutung nach winzig klein sein dürfte: Als angekündigt wurde, dass Joseph Kosinski (Tron: Legacy, Oblivion, No Way Out) Regie führen soll, raunte ich: "Schön, dass er wieder was zu tun hat. Aber dafür ist er doch viel zu schade!"

Wen ich jetzt schon verloren habe (ich könnte es nicht verübeln, es gäbe Filme, bei denen ich keine drei negative Absätze schlucken würde), dürfte zur Kernzielgruppe von Top Gun: Maverick zählen. Denn von allen "Legacyquels", die strukturell und thematisch beliebte Filme erneut mit Teilen des alten Casts aufkochen, aber als Fortsetzung dienen, die eine neue Generation einführt, ist dies das Originalgetreuste. Mehr als Star Wars: Das Erwachen der Macht. Mehr als Scream (5), aber ohne dies derart auf narrativer oder thematischer Ebene zu begründen wie das bitterbös-gewiefte Slasher-Legacyquel. Top Gun: Maverick sagt sich "Ihr mögt Top Gun? Ihr bekommt Top Gun mit allen Wiederholungen, die man sich vorstellen kann, und genug inhaltlicher Fortführung, um sich den Weg zu etwas Modernisierung und weiterem Fanservice zu bahnen!"

Die hauchdünne stilistische Begründung, die ich Top Gun: Maverick dafür in den Mund legen kann, ist dass sich Tom Cruises Figur Pete „Maverick“ Mitchell seit dem Ende des Vorläufers kaum verändert hat (mental, karrieretechnisch, körperlich), und der Film dieses Verharren durch die vielen, vielen Wiederholungen unterstreicht. Doch egal, ob das Intention oder wohlmeinende Interpretation von mir ist: Es sind nur Spurenelemente. Ähnliches gilt für das metafiktional durchschimmernde Element des "Vielleicht wird es sowas irgendwann nicht mehr geben, doch noch gibt's das!":

Die Titelfigur wird als Relikt bezeichnet, das sein Ding unbeirrt durchzieht - und das lässt sich sowohl auf Superstar Tom Cruise übertragen als auch auf Produzent Jerry Bruckheimer, der einst König des Popcornkinos war und jetzt eher zum alten Eisen gezählt wird. Vor allem aber ist es eine Art Selbstbeweihräucherung dieses Films: "Top Gun ist als Film nicht Schnee von gestern, und daher darf, soll, ja sogar muss dieses Sequel nun über die Leinwand düsen!"

Nicht, dass man Top Gun lieben muss, um Top Gun: Maverick mögen zu können. David Ehrlich hält wenig vom Original und ist nahezu begeistert von Teil zwei. Und auch ich finde die Fortsetzung viel besser als den Vorgänger. 

Für mich funktioniert Top Gun: Maverick praktisch als Verbesserung von Top Gun. Als wäre Tony Scotts Kultfilm von 1986 die Rohfassung, und dieser Film die 36 Jahre später nachgereichte, überarbeitete, überzeugt eingereichte Finalfassung. Die Story ist noch immer kein großer Wurf, aber Mavericks Hadern zwischen Verantwortungsbewusstsein und Teufelskerldasein wird ausgereifter erzählt und von Cruise packender gespielt als Mavericks Dilemma im Original.

Und auch wenn Top Gun: Maverick immer noch große Herzchenaugen beim Anblick der ganzen Militärmaschinerie entwickelt, geht ihm der kitschige Navy-Werbeclip-Enthusiasmus ab, was zugleich die Schlagzahl an unfreiwillig selbstparodistischen Sequenzen drosselt. Im Gegenzug gibt es Actionszenen, die mich deutlich mehr mitreißen als im Original: Spektakuläre, reale Stunts, weitestgehend nahtlose Digitaltricks und eine aufregende Erzählweise sorgen in der zweiten Filmhälfte für einen ordentlichen Adrenalinrausch.

Kosinski erwies sich als tolle Wahl für diesen Stoff: Seine distanzierte Inszenierung verlegt den Schwerpunkt vom "Hurra, militärische Kameradschaft und patriotisches Heldendasein"-Duktus zu einem mit stockendem Atem erfolgten Beobachten der bildschönen Landschaften, der von Jennifer Connelly geleiteten Pilotenbar, und vor allem der faszinierend akkurat eingefädelten Flugmanöver.

Der Score von Hans Zimmer und Top Gun-Komponist Harold Faltermeyer, der zudem Lady Gagas Abspannsong immer wieder thematisch einwebt, fühlt sich enorm nach 1980ern an und bedient sich intensiv beim ersten Teil, ist aber im Arrangement und der kräftig-dynamischen Abmischung im Heute angekommen. Das tröstet mich bei einem Film dieser Art größtenteils darüber hinweg, wie egal die meisten Figuren sind, auch wenn es wirklich nicht geschadet hätte, Mavericks Schützlingen mehr Profil zu verleihen.

Dafür gibt es eine großartige Szene mit Val Kilmer, der nach seiner Krebserkankung nun eine würdevolle Ehrenrunde machen darf, und ein finales Drittel, das zwar jegliche potentielle Dramatik aufgibt, aber endlich all den temporeichen Popcornspaß-Actionritt bietet, den ich bei der Kombi "Bruckheimer-Produktion und Kampfjets" schon vom Original erwartet hatte.

Wer auch nur einen Hauch Interesse an Top Gun: Maverick hat, sollte ihn aufgrund seiner audiovisuellen Kraft im Kino schauen. Wer hadert, aber die Mission: Impossible-Filme mag, bekommt eine Art Wegzehrung geboten. Und ich freue mich einfach für Kosinski, dass er diesen von der Kritik geachteten, visuell eindrucksvollen Film in seiner Vita stehen hat. Möge es ihn näher an eine Position bringen, stets nur das zu tun, worauf er Bock hat!

Top Gun: Maverick ist ab dem 26. Mai 2022 in den deutschen Kinos zu sehen.

Mittwoch, 4. Mai 2022

Doctor Strange in the Multiverse of Madness



Sinister- und Erlöse uns von dem Bösen-Regisseur Scott Derrickson erklärt im Audiokommentar zu Doctor Strange einen der Schlüsselkonflikte seines Marvel-Cinematic-Universe-Films: Wut ist seiner Ansicht nach eine Maske, hinter der sich zumeist Angst verbirgt. Und Angst generiere sich laut Derrickson zumeist aus Verlust.

Im Januar 2020 wurde bekannt, dass der Doctor Strange-Macher entgegen anfänglicher Pläne das Sequel Doctor Strange in the Multiverse of Madness nicht inszenieren wird. Dennoch nimmt die Fortsetzung seine Schlussfolgerung "Wut ist maskierte Angst, Angst entsteht durch (erlittenen oder erwarteten) Verlust" und steigert sie massiv. Daher auch der zweideutige Filmtitel: Viel zu einfach ist man dazu verleitet, ihn einzig als "Doctor Strange im Multiversum der Merkwürdigkeit" zu verstehen. Schließlich gab bereits Stephen Stranges kurzer Multiversumtrip im ersten Doctor Strange einen bizarren Vorgeschmack auf die multiversalen Möglichkeiten.

Jedoch wird mit "Madness" nicht bloß "grotesk", "eigenartig" und "schrullig" konnotiert. "Madness" bedeutet abhängig vom Kontext auch "Tobsucht". Drehbuchautor Michael Waldron (Loki, Rick & Morty) und der Derricksons Platz einnehmende Tanz der Teufel-, Spider-Man- und Drag Me to Hell-Regisseur Sam Raimi leben eben diese diffuse Bedeutung des Filmtitels mit glühendem Eifer aus.

Denn der nunmehr 28. (!) Marvel-Cinematic-Universe-Film steckt nicht nur voller konfuser Anblicke und skurriler Späße. Seine Antriebsfeder ist nämlich Zorn, der Angst kaschieren soll, wodurch Doctor Strange in the Multiverse of Madness zu einem Big-Budget-Genrevertreter des "Spielkind-Horrors" wird: Sam Raimi haut wie ihm Wahn mit aus der Wut diverser Figuren motivierten, finsteren Designs, morbiden Ereignissen und schaurigen inszenatorischen Kniffen um sich, sowie mit deformierten Wesen, die das verkümmerte Innere ins Äußere verkehren.

Wie es seine markante Art ist, dient Raimi nicht etwa als Antrieb, sein Publikum zu verstören, selbst wenn er ein paar Schrecken und Augenblicke des Angewidertseins dankend in Kauf nimmt. Viel mehr strahlt seine Inszenierung eine diabolische Freude an Visualisierungen eines korrumpierenden Jähzorns aus. Der filmemacherische Aspekt von Doctor Strange in the Multiverse of Madness vibriert daher ständig zwischen "Schau mal, was solche Gefühle und Gedanken mit uns machen" und einem ansteckend-amüsiertem "Guck mal, was ich mir hab einfallen lassen!" 

Das ist längst nicht Raimis dreckigster Ansatz, jedoch ein sündig-boshaftes Vergnügen, das nicht nur überdeutlich seine Handschrift trägt, sondern auch den Handlungsmotiven und Charakterbögen des Films gerecht wird.

Mit dem Zornmotor durch das Multiversum gescheppert

Ähnlich wie der kürzlich in den deutschen Kinos gestartete Everything Everywhere All At Once wäre Doctor Strange in the Multiverse of Madness ohne das in der Filmhandlung unentwegt angesprochene Konzept eines Multiversums denkbar, wenngleich weniger lohnenswert. Denn beide Filme lassen die Idee mehrerer verbundener Paralleluniversen, durch die man mit ausreichend geleistetem Aufwand reisen kann wie durch ferne Länder, nicht zum Selbstzweck verkommen.

In Everything Everywhere All At Once dient das Verknüpfen zahlreicher (mitunter haarsträubend-durchgeknallter) Universen, um den Weltschmerz der von Michelle Yeoh gespielten Protagonistin ebenso kreativ wie nachdrücklich zu unterstreichen: "Hätte ich damals nur... Wäre mir einst bloß... Wieso habe ich nicht..."-Gedankenexperimente, die in Momenten der Langeweile, des Stresses und vor allem zutiefst empfundener Unzufriedenheit durchexerziert werden, werden in der schrill-bunten Dramödie des Regie-Duos Daniel Kwan & Daniel Scheinert schlagartig greifbare Wirklichkeit. 

Doctor Strange in the Multiverse of Madness derweil hätte auch als Doctor Strange and the Emotional State of Madness konzipiert werden können: Was in Everything Everywhere All At Once Überlegungen des Bedauerns sind, ist in diesem Film gärender Zorn über Ungerechtigkeit, Bigotterie, ungleichmäßig verteilte Glücksaussichten und die Starrsinnigkeit Anderer, sich einfach mal in fremde Positionen zu denken. Das wäre ohne Multiversum umsetzbar, und Doctor Strange in the Multiverse of Madness trägt diverse wiederkehrende Sam-Raimi-Motive vor sich her, mit denen er Frust, Korrumpierbarkeit und finstere Verführungen bereits in anderen Filmen angepackt hat. Durch den Multiversumsaspekt vergrößert sich allerdings die Spielwiese, auf der Raimi und Waldron sich austoben können, und für die Figuren intensivieren sich emotionale Fallhöhe sowie Verdruss.

Dem über allem stehenden Aspekt der Wut konsequent folgend, macht Doctor Strange in the Multiverse of Madness gewaltigen Druck: Gemeinsam mit Avengers | Infinity War und The Return of the First Avenger (alias Captain America: Winter Soldier) bildet Raimis Regiearbeit die Erzähltempo-Speerspitze im MCU. Das Publikum sowie die zentralen Figuren werden unmittelbar ins chaotische Geschehen gestürzt und daraufhin artet es nahezu unaufhörlich aus. Teils in Form von Science-Fantasy-Superhelden-Spektakel in glühender, überbordend detaillierter, farblich satter Sam-Raimi-Ästhetik, die zwischen Gothic, Stoner Rock und makabrem Camp oszilliert. Teils mittels Popcornspektakel-Grusel-Setpieces.

Lediglich eine nennenswerte Insel der Ruhe gönnt sich Doctor Strange in the Multiverse of Madness, eine Phase, in der die Heldenfiguren ihre Gedanken sortieren und sich mit Hintergründen, Lösungsansätzen und der Aufarbeitung brennender Fragen beschäftigen. Eine Atempause, die gewiss etwas kürzer hätte ausfallen können. Allerdings ist sie aus narrativer und tonaler Sicht notwendig, selbst wenn sie auf dem ersten Blick überflüssig, womöglich von Produzent Kevin Feige ferngesteuert erscheinen mag. Sie ist ein atypisch früh erfolgendes, jedoch pro­non­ciert eingesetztes retardierendes Moment, durch das der anschließende Akt erst seine zornig-dringliche Energie verliehen bekommt.

Es ist Raimi, der diesen Wahnwitz zusammenhält und in einen soghaften Vorwärtsdrang kanalisiert. Mit seinen schubartigen Kamerafahrten, im exakt richtigen Moment in eine Schräge kippenden Kamera (hier geführt von Gladiator-Filmer John Mathieson), gelegentlichen POV-Shots, sehr spärlich eingesetzten, wirkungsvollen Blicken des Casts exakt in die Linse und dem tolldreisten Wechseln von übernatürlichem Geprotze zu Albernheit zu Gravitas zu Gewaltspitzen. Gewaltspitzen, die glatt einer Herausforderung an Gore Verbinski gleichen. An den Regisseur, der vier Mal mit effektlastigen Big-Budget-Erlebnissen die Grenzen dessen auslotete, was in einem "Vier-Quadranten-Film" mit US-Freigabe PG-13 respektive einer deutschen FSK-Freigabe ab zwölf Jahren möglich ist. 

Ob Verbinski eines Tages Doctor Strange in the Multiverse of Madness sehen, "Herausforderung angenommen!" raunen und einen noch feisteren PG-13-Härterausch nachlegen wird, muss sich noch zeigen. Schon jetzt hat sich dagegen gezeigt, dass Elizabeth Olsen es versteht, ihre Figur der Wanda Maximoff von Projekt zu Projekt völlig neu zu erfinden und dennoch eine stringente Entwicklung zur Schau zu stellen, sowie eine konstante Intensivierung ihres Spiels.

Cumberbatch wechselt unterdessen mühelos von Facette zu Facette seiner Rolle, Quasi-Newcomerin Xochitl Gomez gibt dem Film eine unverbrauchte Energie zwischen Ängstlichkeit und "Ich lass mich nicht unterkriegen"-Kampfeswillen und der Rapport zwischen Benedict Wong und Cumberbatch ist einmal mehr höchst amüsant.

Komponist Danny Elfman untermalt den sinistren Zornestrubel, in denen die Figuren gestürzt werden, effektiv und mit zahlreichen klanglich heraussteckenden Kanten, selbst wenn noch mehr erzürnter Zunder und dämonischer Sog drin gewesen wäre. Aber vielleicht wäre das zwischen dem, was Raimi, Olsen und Cumberbatch allesamt an schweren Geschützen auffahren, damit Doctor Strange in the Multiverse of Madness ohne Rücksicht auf Verluste durch die multiplen abgefahrenen Dimensionen der Tobsucht brettern kann, sogar zu Ballast geworden?

Doctor Strange in the Multiverse of Madness ist ab sofort in vielen deutschen Kinos zu sehen.