Montag, 31. August 2015

Captain America - The First Avenger


Für Marvel-Fans war es 2011 der Tag der Entscheidung: Seit dem überraschenden Erfolg von Iron Man im Jahr 2008 arbeitete der Filmstudio-Ableger des Comic-Giganten auf das riesige Crossover The Avengers hin, in dem sich einige der populärsten Superhelden zusammenschließen. Captain America - The First Avenger stellte den letzten Marvel-Film vor dem heiß ersehnten Superheldenspektakel dar und führte den Kinokosmos voller Heroen erstmals in die Vergangenheit. Gewissermaßen schloss sich somit der Kreis, denn der 1941 erfundene Supersoldat war die erste Figur der Comicmarke, die es auf die Kinoleinwand schaffte: 1944 startete eine fünfzehnteilige Serial-Reihe, die stilprägend für die ersten Comic-Realverfilmungen war. Seither machte das Genre allerdings allerhand Wandlungen durch, ganz zu schweigen von der weltpolitischen Lage. Und so stellte sich durchaus die Frage: Kann ein Film über den Supersoldaten Steve Rogers auch im 21. Jahrhundert funktionieren?

Die Formel zu einer erfolgreichen Umsetzung des blonden Muskelpakets fanden Produzent Kevin Feige und seine Kreativverantwortlichen interessanterweise nicht in einer aggressiven Modernisierung der Titelfigur. Sondern in der Methode, sich an den Wurzeln des Superheldenkinos zu orientieren. Gleichzeitig nahm man es sich zum Ziel, aus der für das internationale Publikum eher unattraktive US-patriotischen Schöpfung einen Blockbuster zu formen, der auch außerhalb seines Heimatlandes gefällt. Dazu engagierte man den einstigen Spezialeffektkünstler Joe Johnston, der nach seiner Effektarbeit an Star Wars und Indiana Jones bei Filmen wie Jumanji und Jurassic Park III Regie führte. Und der sich vor allem mit Rocketeer einen Namen gemacht hat, dem kultgewordenen Disney-Superheldenflop aus den frühen 90er-Jahren. Das Drehbuch stammt derweil vom Autorenduo Stephen McFeely & Christopher Marcus, die an der Die Chroniken von Narnia-Trilogie beteiligt waren. Diese Namen haben wohl nicht bei jedermann Jubelstürme auslösen können, aber mit Captain America - The First Avenger stellten sie eindrucksvoll unter Beweis, was sie drauf haben.

Die Geschichte
1942: Steve Rogers (Chris Evans) ist klein und schmächtig. Aber das hält ihn nicht davon ab, sich freiwillig bei der Armee zu melden. Jedoch wird der tapfere junge Mann, der schlicht davon angetrieben wird, in der Welt etwas Gutes bewegen zu wollen, aufgrund seines Körperbaus abgelehnt. Als er mit seinem zum Militärdienst eingezogenen Freund Bucky (Sebastian Stan) über die Wissenschaftsausstellung des Milliardärs und Erfinders Howard Stark (Dominic Cooper) schlendert, beschließt er, sein Glück ein weiteres Mal zu versuchen. Daher wird der Wissenschaftler Dr. Abraham Erskine (Stanley Tucci) auf Steve aufmerksam. Er sieht in seinem Engagement einen wertvollen Charakterzug, weshalb er ihn für ein geheimes Supersoldaten-Programm rekrutiert.

Erskine, Stark, die britische Agentin Peggy Carter (Hayley Atwell) und der erfahrene Colonel Chester Phillips (Tommy Lee Jones) bezwecken, mittels eines die körperlichen Leistungsfähigkeit ums Vielfache potenzierenden Serums, die Armee der Zukunft zu erstellen, und so eine geheime Unterorganisation der Nazis zu bezwingen. Diese Organisation nennt sich HYDRA und wird von dem auch als Red Skull bekannten Johann Schmitt (Hugo Weaving), einem besessenen Erforscher des Okkulten, angeführt. Dieser bemächtigte sich eines mysteriösen Tesseraktes, welcher nordischen Mythen zu Folge die Macht der Götter beinhalte. Red Skulls Plan ist es, damit besonders gefährliche Waffen anzutreiben und so die Weltherrschaft an sich zu reißen…

Eine US-patriotische Weltkriegsfigur für das 21. Jahrhundert
Die ursprüngliche Form von Captain America gehört mit ihrem ironiefreien, unreflektierten Patriotismus und ihrem unbezwingbaren Enthusiasmus längst der Vergangenheit an. Selbst das US-Publikum ist nationalkritischer als noch in den 40ern, und dass international ein patriotischer Strahlemann nicht all zu gut ankommen sollte, dürfte selbstredend sein. Klar, dass für diese rund 150 Millionen Dollar teure Kinofassung Änderungen getroffen werden mussten. Dennoch konnte man den Hintergrund der Figur nicht völlig auf den Kopf stellen, schließlich hätten sonst die auf Vorlagentreue pochenden Comicfans revoltiert. Ganz davon zu schweigen, dass in die Gegenwart verlegte Adaptionen von Captain America in den Bewegtbildmedien bislang große Peinlichkeiten darstellten. Schlussendlich geht Captain America - The First Avenger den konsequenten sowie richtigen Kompromiss ein und verliert sämtlichen blinden Vaterlandsstolz, behält aber das Szenario eines Supersoldaten während des Zweiten Weltkriegs bei. Chris Evans ist auf der Kinoleinwand kein Amerika ungefragt liebender, es auf Naziblut absehender Säuberling, sondern ein junger Mann, der trotz seiner körperlichen Schwäche seinen kleinen Teil dazu beitragen will, den Krieg zu beenden. Dass er nur dank wissenschaftlicher Experimente zu einem besonders schnellen und besonders starken Soldaten mutiert, wird nicht als Amerika-Loblied verkauft, sondern schlicht als der fantastische Twist, der aus Captain America - The First Avenger einen seiner Natur stets bewussten Superheldenfilm macht.

Aufgrund seines Hauptziels, dem vornehmlich jugendlichen Publikum auf Hochglanz polierte, sorglose Unterhaltung zu bieten, kann sich Captain America - The First Avenger nicht zu viele ernste Zwischentöne über den Zweiten Weltkrieg leisten. Dennoch gelang es den Autoren McFeeley & Marcus, sowie dem im Abspann für seine Polierarbeit am Skritp nicht genannten Joss Whedon, einen differenzierteren Captain America zu zeigen. Einen, in dem sich eine deutschstämmige Figur dem noch schwachen Chris Evans annimmt und ihn in einem ehrlich anrührenden Ton daran erinnert, dass man Deutschland als das erste von den Nazis annektierte Land betrachten müsse. Denn Adolf Hitler habe die zerrüttete Mentalität des deutschen Volkes perfekt auszunutzen gewusst.

Der moderne Zeitgeist schlägt sich auch in einer gänzlich anderen Form in Captain America - The First Avenger nieder. Eine ausführliche, durch und durch komische Montage in Mitten des Films parodiert genussvoll die US-Propagandamaschinerie zu Zeiten des Weltkriegs. Kitschige Bühnenaufführungen, anbiedernde Aufrufe zur finanziellen Unterstützung von Vater Staat und ein lieblich trällerndes Werbelied (aus der Feder des Disney-Hofkomponisten Alan Menken sowie Texter David Zippel): Hier nimmt Regisseur Joe Johnston den ganzen US-Patriotismus vergangener Tage sowie die frühen Jahre seines Filmhelden aufs Korn. Wer danach noch darüber klagt, dass Captain America - The First Avenger voller widerlichem US-Pathos sei, müsste aus Prinzip jeden Film verabscheuen, in dem ein US-Amerikaner etwas Gutes tut.

Quelle: Turksworks

Marvels Indiana Jones</b>
Ein Captain America ohne ätzend übertriebenen US-Stolz allein ist freilich kein Beweggrund, ins Kino zu gehen. Dass Captain America - The First Avenger ein sehenswerter Sommer-Blockbuster wurde, liegt viel mehr am eingangs erwähnten Ansatz, wieder auf die Anfänge des Superheldenkinos zurückzugreifen. Denn während viele andere Comicverfilmungen im Fahrwasser von Christopher Nolans The Dark Knight versuchten, besonders grimm und nachdenklich zu sein, erkannten die Verantwortlichen von Captain America - The First Avenger, dass dies mit der Neuinterpretation des Ursprungs ihres Helden nahezu unmöglich wäre. Stattdessen lässt Joe Johnston den schrillen Spaß früherer Abenteuer-Kinoserien wieder aufleben, indem er eine simple Geschichte mit viel Abenteuerspaß und wagemutigem Einfallsreichtum erzählt. Ganz so, wie George Lucas und Steven Spielberg mit den Indiana Jones-Filmen die so genannten Serials der 30er-Jahre für das aktuelle Blockbusterkino aufpeppten, ist Captain America - The First Avenger die moderne Variante der 40er-Superheldenserials.

Allein schon die Optik hebt Captain America - The First Avenger von anderen aktuellen Superheldenfilmen ab. Mit nostalgischer, detailverliebter Kostümarbeit von Anna B. Sheppard (u.a. Oscar-nominiert für Der Pianist) und weitschweifigen (teils digitalen, teils realen) Sets sowie einer stimmigen Farbästhetik versetzt Johnston seine Zuschauer in eine verklärte Comicheft-Vision der 40er-Jahre. Durch die charmanten Übertreibungen im Produktionsdesign fügen sich auch die verrückten, doch nie albernen Fantasy-Versatzstücke nahtlos in das Geschehen ein. Die Welt, die hier gezeichnet wird, ist eine Mischung aus den Universen von Indiana Jones und der bereits bekannten Marvel-Filmkontinuität, wobei die Umsetzung von Red Skull auch leichte Erinnerungen an Hellboy hervorzurufen vermag. Der Humor ist hoch dosiert, die Abenteuerpassagen wirken zeitlos verspielt, die Action ist zwar knallig, hält sich aber von moderner Hektik gepflegt fern. Und die geradlinige Geschichte weiß auch völlig ohne inhaltliche Revolutionen zu packen.

Allerdings tappt die fünfte Erzählung im so genannten Marvel Cinematic Universe auf der Erzählebene weiterhin in die Fallen, die auch ihren Vorgängern schadete. Iron Man 1 & 2, Der unglaubliche Hulk und Thor sind alle ein Stückchen zu lang, erreichen eine Phase, die weder überflüssig, noch langweilig ist, und dennoch den flotten Drive des restlichen Films vermissen lässt. Bei den Vorgängern von Captain America hatte dies paradoxe Folgen: Obwohl all diese Filme zeitlich etwas schlanker sein dürften, kommt es auch dazu, dass manche Storyelemente zurückbleiben. In Captain America - The First Avenger trifft es vor allem die Entwicklung des Titelhelden: Chris Evans ist eine Figur, mit der es sich mitfühlen lässt, da sie auch zu menscheln weiß. Doch neben den Stars aus Iron Man und Thor droht Captain America, allen Sympathiepunkten zum Trotz, angesichts seines zurückgefahrenen Egos und seiner geringeren Entertainerqualitäten, etwas spröde zu geraten. Dafür ist seine Beziehung zur britischen Agentin Peggy, wenngleich weiterhin recht rudimentär, wesentlich besser ausgebaut und somit nachvollziehbarer, als die Liebesgeschichte aus Thor.

Dass diese Superhelden-Abenteuergeschichte den anderen großen Marvel-Titeln das Wasser reichen kann, obwohl ihr Held keine so markante Type ist wie etwa Robert Downey juniors Tony Stark, liegt an den hervorragenden Schauspielern, die hier auftreten. Bis in die kleinste Rolle sind die Figuren gut besetzt und jeder der Darsteller tritt mit ehrlicher Energie auf. Leute wie der staubtrocken-komische Tommy Lee Jones oder die passionierte Hayley Atwell lassen ihre Figuren immer ein Stück neben dem Genre-Stereotyp auftreten, und lassen sie so trotz ihrer klaren Verwurzelung in Archetypen frisch erscheinen. Besondere Erwähnung verdient zudem Dominic Cooper, der als der junge Howard Stark jede Szene an sich reißt, in der er vorkommt.

Nimmt man all dies zusammen, wird schnell klar: Im Grunde ist Captain America - The First Avenger ein charmantes B-Movie, nur mit der makellosen technischen Umsetzung einer modernen Big-Budget-Produktion, und ganz in Tradition von Indiana Jones, stets mit der nötigen Prise Selbstironie sowie einem Extraquäntchen Verstand. Genau das war auch die Absicht der Filmemacher, und besser kann man die Vorlage für ein heutiges, weltweites Publikum nicht umsetzen.

Der bis dahin beste Marvel?
Selbstverständlich können persönliche Vorlieben im Bereich Superhelden-Unterhaltung auf die letztlich getroffene Wahl einwirken, doch für mich ist Captain America die Marvel-Adaption, die aus dem Erfolgsstudio endlich ein Ausnahmestudio macht. Während das Downey-junior-Vehikel Iron Man stärker auf den Charme seines Hauptdarstellers setzt und so ein neues Franchise erschaffen hat, lebt Captain America vom Flair seines Settings und von der durchweg vergnüglichen Attitüde, mit der die Story verkauft wird.

Die Auffrischung des 40er-Retrofeelings und die vorsichtige Modernisierung der alten Abenteuerserials sind rundum gelungen. Eine nahezu perfekte Optik (bloß Red Skulls Effektmaske ist nicht so einschüchternd, wie sie wohl gedacht ist und manche der digitalen Hintergründe sind auffällig geraten), gute Filmmusik aus der Feder von Alan Silvestri und ein wunderbar aufeinander eingespieltes Ensemble sorgen für einen hohen Gute-Laune-Faktor. Dieser wird vom selbstbewussten Retro-Pulp-Drehbuch und der ausgefeilten Inszenierung sicher über die gesamte Filmlaufzeit bewahrt. Zwar sind zwischen die vielen gewollt lustigen Szenen auch zwei oder drei unbeabsichtigt komische Momente gerutscht, trotzdem unterschätzt Captain America - The First Avenger nie die Intelligenz seiner Zuschauer. Für Filme wie diesen leider keine Selbstverständlichkeit.

Fazit: Captain America - The First Avenger bringt eine imposante Optik mit sich und weiß, seine Vorlage zeitgemäß umzusetzen. Und zwar durch Retro-Charme und mit fähigen Darstellern, die dem altmodischen Abenteuerspaß die nötige Grundsubstanz verleihen.

Freitag, 28. August 2015

Freitag der Karibik #15


Pintel und Ragetti. Die zwei Burschen. Heimliche Publikumslieblinge. Fanfavoriten. Krakentöter – naja, zumindest will Pintel letzteres behaupten, um ahnungslose Passanten übers Ohr zu hauen. Kurz: Die von Lee Arenberg und Mackenzie Crook verkörperten Piraten sind beliebt. Und das zu guter Recht. Umso bestürzter waren die Pirates of the Caribbean-Fans, als bekannt wurde, dass das aus den ersten drei Teilen bekannte Duo in Fremde Gezeiten nicht auftaucht.

Schuld daran sind jene Banausen, die Die Truhe des Todes und Am Ende der Welt vorgeworfen haben, zu kompliziert und zu lang zu sein. Der vierte Film der Pirates of the Caribbean-Saga sollte daher kürzer und im Idealfall geradliniger erzählt werden. Wie Terry Rossio in seinem bei 'Wordplayer' veröffentlichten Drehtagebuch erklärt:

„Weil wir zwei Weltklasseschauspieler (Lee Arenberg und Mackenzie Crook) haben, müssen ihre Rollen substanziell genug sein, damit sie ihrer Zeit würdig sind. Niemand wird sie fragen, im Hintergrund herumzustehen und nur ein Teil der Schiffscrew zu sein. Ihre Rollen aber bedeutungsvoll zu gestalten, bedeutet, der Handlung eine weitere Last aufzuzwingen, und dies auf Kosten der Leinwandzeit neuer Figuren.“ Rossio und Elliott, stets versucht, ihren Abenteuerspektakeln ein Extra an narrativem Anspruch zu verleihen, entwickelten trotzdem eine Idee, wie sie Pintel und Ragetti in die Story einbinden könnten.

Letztlich war es Rob Marshall, der das fatale Urteil über einst verfluchte Zweigespann fällte. In Rossios Worten: „Schlussendlich war sich Rob Marshall nicht sicher, ob der Subplot den Ansprüchen an die Verständlichkeit der Story und einer knapperen Laufzeit gerecht wird; es wäre eine Tragödie, wurden ihre Erlebnisse gekürzt oder komplett aus dem Film geschnitten.“ Also lieber gar nicht erst filmen.

Welche Idee Rossio und Elliott hatten? Pintel und Ragetti entzweien, „ihnen einzeln begegnen, wie sie Teil jeweils unterschiedlicher Mannschaften sind und denken, der jeweils andere sei tot, bis sie im Endkampf wiedervereint werden.“ Also, ich hätte das sehr gerne gesehen und bin überzeugt, dass Fremde Gezeiten dadurch nicht zu kompliziert geworden wäre, aber an treibender Kraft gewonnen hätte. Da sich die Fragen gestellt hätten: Wann treffen sie sich? Wie reagieren sie? Wie reagieren die anderen Figuren?

Andererseits halte ich ja auch keinen einzigen Teil der Reihe für kompliziert, also bin ich in dieser Hinsicht wohl nicht der richtige Ansprechpartner.


Rossio kündigte im Fahrwasser von Fremde Gezeiten an, die Idee für Teil fünf wiederbeleben zu wollen, doch daraus wurde bekanntlich auch nichts. Und ob jemals ein sechster Film kommt und jemand Rossios Vorschlag dann endlich umsetzt, muss sich leider auch erst zeigen. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.

Freitag, 21. August 2015

Freitag der Karibik #14


Klar. Das Pirates of the Caribbean-Musikstück schlechthin ist in der öffentlichen Wahrnehmung He's a Pirate, und daran will ich auch keineswegs rütteln. Es ist eine verflucht gute Komposition, und wie sich im Laufe der Fortsetzungen des Originalfilms zeigte, auch eine sehr wandelbare. Doch die Filme rund um Käpt'n Jack Sparrow haben noch massenhaft weitere gute Stücke zu bieten. Eines der stärksten ist in meinen Ohren das Kraken-Leitthema, welches essentiell darin ist, Pirates of the Caribbean - Die Truhe des Todes seinen kernigen Drive zu verleihen.



Da Hans Zimmer in Interviews anmerkte, die verschiedenen Piratencrews in den Gore-Verbinski-Teilen der Saga als Rockerbanden zu betrachten, und der Oscar-Preisträger bekannt dafür ist, das übliche Filmorchester durch elektrische respektive elektronische Elemente zu ergänzen, ist es ein leichtes, auf die falsche Fährte gelockt zu werden und zu denken: Hey, wie cool, dieser Track benutzt aber E-Gitarren! Was hier aber in den wildesten Momenten so metalmäßig rumwabert, sind keine E-Gitarren, sondern die Klänge des Filmorchesters.

Wie Zimmer Soundtrack.net erklärte, ist es genauer gesagt der Klang des Orchesters, den Zimmer während der Aufnahmesession durch einen Gitarrenvertärker gejagt und live zurück in das Studio hat beschallen lassen. Zimmer begründete seine Idee wie folgt:

"Wenn Johnny Depp seine Figur nach dem Vorbild von Keith Richards modelliert, muss ich für seinen Widersacher Davy Jones ein Gegengewicht finden. Als ich seine Erkennungsmusik geschrieben habe, standen zuallererst die Orgel und seine Spieluhr, die aber nicht gerade einen 'rockigen' Charakter erschaffen. Eine Kirchenorgel ist in dieser Hinsicht einfach nicht sehr lebhaft, und es ist richtig schwer, für sie  Actionmusik zu schreiben. Also habe ich mir gedacht: Jage ich halt das ganze Orchester durch einen Gitarrenverstärker. Finde ich sehr Lemmy-von-Motörhead-haft."


Montag, 17. August 2015

D23 Expo 2015: Von Piraten, Superhelden, Riesen und Sternenkriegern



Endlich war es wieder so weit: Der Disney-Konzern hielt die nunmehr vierte D23 Expo ab. In Anaheim kam es daher zum Schaulaufen der Disney-Fans, die sich durch meterlange Warteschlangen kämpften, um teures Merchandising zu kaufen, sich einige der zahlreichen Ausstellungen anzuschauen ... und natürlich auch um an einigen der Panels teilzunehmen. Manche Panels auf der D23-Expo sind informativer Natur. So gab es dieses Jahr einen ausführlichen Rückblick auf Aladdin und die Produktionsgeschichte dieses Meisterwerks. Andere Panels dienten der Unterhaltung, wie das Kostümevent Mousequerade. Andere gaben den anwesenden Fans die Gelegenheit, zahllose Disney-Größen live in Aktion zu erleben. Wie etwa die Kür neuer Disney Legends. Und was eine Popkultur-Convention ist, ist natürlich auch nicht komplett ohne News!

Die Newsdichte der D23 Expo 2015 ist allerdings schwer einzuschätzen. Gerade im Filmbereich wurden vor allem Gerüchte und offene Geheimnisse bestätigt, nur vereinzelte Ankündigungen erwischten die gut unterrichteten Filmportale und Disney-Fans völlig auf dem kalten Fuß. Auch im Themenparkbereich blieben die ganz großen, welterschütternden Ankündigungen aus. Jedoch: Die D23 Expo bescherte das Disney-Fandom mit einer Flut an neuen Bildern, und den anwesenden Fans wurden auch extrem gute Shows geboten. Dass einige der spannendsten Panels (etwa: Auszeichnung der neuen Disney-Legenden und der Ausblick auf die neue Muppet-Serie) gleichzeitig stattfanden, ist gerade daher natürlich bedauerlich. Und dass die D23 Expo auf einen offiziellen Livestream verzichtete, nachdem Disney mit der Star Wars Celebration bewies, wegweisende Expo-Berichterstattung zu ermöglichen, ist fast schon schockierend. Dennoch: Wo 2015 jede Menge los ist, da ist ein weg, an Bilder und Fakten zu kommen. Dieser Weg ist allerdings so überwältigend lang, verzweigt und breit, dass ich für diesen Artikel nur eine sehr selektive Auswahl getroffen habe. Würde ich alles abdecken wollen, so säßen wir noch übermorgen hier ...

Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales
Quelle: Offizielle Facebook-Seite 

Ich kann natürlich nicht aus meiner Haut. Der wichtigste Moment der D23 Expo war für mich natürlich das Segment rund um Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales während des Realfilm-Panels. Johnny Depp torkelte als Käpt'n Jack Sparrow über die Bühne und persiflierte John Lasseter, der bei einem früheren Panel Hawaiishirts ins Publikum schoss. Sparrows Antwort? Trauben. "Traube? Will jemand eine Traube? Traube!", brüllte er, während er seine Ware nicht sonderlich überzeugt angepriesen hat: "Ich hasse diese verrotteten kleinen Dinger!" Außerdem bot er an, mit dem Saalpublikum ein Lied zu singen, wurde dann aber von Sean Bailey, dem Präsident für Filmproduktion bei den Walt Disney Studios, von der Bühne eskortiert. "Ich wollte sowieso kein  Lied singen!", grätzte Sparrow.

Generell wiederholte Bailey auf der Bühne hauptsächlich das, was bei der Drehstartankündigung mitgeteilt wurde: Geoffrey Rush kehrt als Barbossa zurück, Brenton Thwaites und Kaya Scodelario sowie Javier Bardem sind neu an Bord. Darüber hinaus wurde jedoch ein bislang von Studioseite aus unbestätigtes Gerücht zum Fakt emporgehoben: Orlando Bloom segelt wieder durch die Karibik. Über Will Turners Rückkehr habe ich mir bislang kein klares Urteil bilden können. Einerseits bin ich Bloom gegenüber seit einigen Jahren enorm aufgetaut, und zudem ergibt es bei einem Abenteuer über ein die Gezeiten steuerndes Artefakt Sinn, Will Turner zu involvieren. Jedoch fehlt einfach etwas, nicht "Will und Elizabeth" sagen zu können, und was es über Teil vier aussagt, wenn er als einziger ohne Turner auskommt, muss sich auch noch zeigen. Ich will nicht, dass Fremde Gezeiten einen Außenseiterstatus erhält.

Darüber hinaus wurde endlich das Logo zum Film enthüllt. Und ich finde es ja immer extrem spannend, das Debüt des neuen Totenkopfs abzuwarten. Jeder Teil der Saga hat sein eigenes Symbol, und nachdem die Original-Trilogie dem immer gleichen Totenkopf neue Schmuckstücke sowie ein neues Hintergrundsymbol verpasste, änderte Teil vier den Schädel selbst. Teil fünf setzt diese neue Tradition fort, und heiliges Kanonenrohr, sieht der Kopf großartig aus. Und einzigartig!


Wer sich das Bild in Originalgröße anschaut (einfach anklicken), wird einen Dreizack entdecken, der in den Schädel eingraviert ist. Und dann hätten wir die originelle Form, die Farbgebung, die verschiedenen Details, diese Goldgravur, der kernige Vibe dieses Kopfs ... Ich kann es nicht abwarten, ein Shirt dieses Logos zu erwerben. Und rauszufinden, wie sehr das Logo die Stimmung des Films wiederspiegelt ...



Moana
Quelle: Inside the Magic

Disneys nächstjähriges Meisterwerk Moana ist in zweierlei Hinsicht ein besonderer Film: Zunächst, weil aufgrund dieses Projekts zum ersten Mal seit 2002 nicht eine, sondern gleich zwei neue Langfilm-Produktionen aus den Walt Disney Animation Studios in die Kinos stürmen. Zum anderen, weil es das Computeranimationsdebüt zweier besonders wichtiger Disney-Regisseure darstellt. Ron Clements und John Musker, die Köpfe hinter Basil, der Mäusedetektiv, Arielle, die Meerjungfrau, Aladdin, Hercules, Der Schatzplanet und Küss den Frosch! Interessanterweise lieferten sie mit Der Schatzplanet schon 2002 ein Meisterwerk ab, dass in einem Jahr mit interner Konkurrenz startete. Diese war Lilo & Stitch, der mit Moana das sommerliche Inselstaat-Feeling teilt. Während Lilo & Stitch aber in Hawaii spielt, ist Moana in Polynesien angesiedelt, dem kulturellen und geografischen Dreieck nahe Australien, dem unter anderem die Cook-Inseln angehören.

In Moana begibt sich das titelgebende Teenager-Mädchen gemeinsam mit dem Halbgott Maui (gesprochen von Dwayne Johnson) auf eine Reise quer durch den Ozean begibt, um eine unerfüllte Aufgabe ihrer Ahnen endlich abzuhaken. Maui bricht eines der Tabus der Disney-Trickstudios: Er ist tätowiert. Nicht falsch verstehen: Er ist nicht die erste Disney-Figur, die auf Körperbemalung setzt, und Tattoos verstoßen auch nicht gegen irgendeinen Moralkodex der Disney-Studios. Jedoch haben sich die Künstler bei Disney nach Atlantis geschworen, nie wieder Figuren mit prominent platzierten Tätowierungen zu erschaffen, weil sie im Produktionsprozess die reinste Hölle darstellen würden. Schließlich muss stete Kontinuität gewahrt werden. Die Fortschritte in der Digitaltricktechnik ermöglichen nun aber nicht nur, dass Maui Tattoos hat, sondern dass diese sich sogar verwandeln können. Wir dürfen gespannt sein, wie es in Bewegung aussieht!

Das Setting, welches das Produktionsteam disney-typisch zu einigen Recherchereisen in den Südpazifik inspirierte, ermöglicht natürlich, dass Moana ein exotisches Flair aufweist, das aus den restlichen Disney-Filmen heraussticht. Man schaue sich nur die Lava-Dame auf einem der obigen Konzeptbilder an! Auch musikalisch geht Moana eigene Wege und stellt dem Komponisten Mark Mancina (Tarzan, Bärenbrüder, Arrangements für Der König der Löwen als Film sowie Bühnenmusical) zwei außergewöhnliche Künstler zur Seite: Den Komponisten Lin-Manuel Miranda, der auf dem Broadway gerade für seine Latino-Klänge gefeiert wird, sowie den Singer/Songwriter Opetaia Foa’i aus Samoa.

Untenstehender Clip führt einen der Filmsongs vor. Und zeigt einmal mehr, was für eine Charmegranate Dwayne Johnson ist!



Gigantic
Quelle: Disney

Glasklar die größte Überraschung auf der D23 Expo, was Filme der Marke Disney anbelangt: Nathan Grenos seit 2013 dem Fandom bekanntes Projekt Giants lebt! Seit nunmehr zwei Jahren wird in Kennerkreisen über die nächste Regiearbeit des Rapunzel-Ko-Regisseurs diskutiert. Einerseits, weil natürlich jeder neuer Trickfilm von Interesse ist, an dem sich jemand aus dem Team hinter der Prinzessin mit dem güldenen, magischen Haar beteiligt. Allerdings waren die vergangenen Jahre auch regelmäßig kritische Stimmen zu vernehmen: Darf sich der Meisterwerke-Kanon Disneys nach nicht einmal 60 Filmen einfach schon wiederholen? Da Greno eine Neuadaption von Jack and the Beanstalk plant, greift er immerhin eine Episode aus Fröhlich, frei, Spaß dabei auf.

Die Debatten werden zwar gewiss nicht verstummen, allerdings bin ich zuversichtlich, dass die sehr hübschen Konzeptbilder sowie die ersten inhaltlichen Details zum nun als Gigantic aus der Versenkung zurückkehrenden Films die Zahl der Kritiker dezimieren wird. Denn seit wir zuletzt vom zwischenzeitlich totgeglaubten Werks hörten, hat sich einiges getan. Die Geschichte spielt nun in England zu Zeiten solcher Entdecker wie Christoph Columbus.  Jack eifert ihnen nach und begibt sich in die Welt der Riesen - wo ihm nicht etwa ein furchteinflössender, männlicher Riese begegnet. Sondern die gerade einmal elfjährige Riesin Imma, die zwar einen sehr selbstbewussten Charakter hat, jedoch verloren ist. Jack versucht daraufhin, sie nach Hause zurückzubringen ...

Der für 2018 vorgesehene Film wird ein Musical und setzt auf neue Songs von Kristen Anderson-Lopez und Robert Lopez (Die Eiskönigin), welche sich der schweren Aufgabe annehmen, der Welt ein neues Lass jetzt los zu bescheren. Statt eines halben Dutzends neuer Steintroll-Lieder.



Coco
Quelle: Inside the Magic

Was Disney kann, kann Pixar auch: Ähnlich wie Gigantic ist Coco nämlich die Rückkehr eines totgeglaubten Projekts. Auf der CinemaCon 2012 hieß es, dass Lee Unkrich, der Regisseur von Toy Story 3 einen Film über den mexikanischen Tag der Toten plant. Bezüglich The Untitled Pixar Movie About Dia de los Muertos wurde es allerdings alsbald sehr ruhig. Nun ist das Projekt zurück, hat mit Coco einen Titel verpasst bekommen und visiert einen Start im Herbst 2017 an.

Die Story zum Film, den John Lasseter auf der Bühne als "atemberaubend, schön, lustig und emotional" beschrieben hat, dreht sich um den 12-jährigen Miguel, der sich einem Jahrhunderte alten Mysterium annimmt. Dadurch gelingt es ihm, ein Wiedersehen mit verstorbenen Familienmitgliedern herbeizuführen. Da ich Animationsfilme mit mexikanischem Flair liebe (siehe: Drei Caballeros und Manolo und das Buch des Lebens) kann ich Unkrichs neusten Film kaum abwarten!

Zoomania

Der im Original Zootopia betitelte neue Film von Byron Howard (Rapunzel) und Rich Moore (Ralph reicht's) war natürlich ebenfalls auf der D23 Expo vertreten. Und auch wenn sich die News darauf beschränkten, dass Shakira eine laszive Gazelle sprechen wird, so zählt diese Kriminalkomödie für mich zu den Höhepunkten der Convention. Einfach deshalb, weil sämtliche Bilder aus Zootopia verflixt gut aussehen. Ich kann es kaum abwarten, in diese irre Großstadt abzutauchen!



Star Wars
Quelle: Disney

Selbstredend spielte auch Star Wars eine große Rolle auf der D23 Expo, und dies sowohl in Sachen Kino als auch in Sachen Themenparks. Beginnen wir mit den Filmnews: Der Regisseur von Episode IX steht fest! Nach J. J. Abrams, der Das Erwachen der Macht inszeniert, und Looper-Regisseur Rian Johnson, der Teil acht der Sternensaga dreht, folgt ... Jurassic World-Macher Colin Trevorrow. Außerdem wurden die Star Wars Anthology-Filme umbenannt. Die kleinen Anekdoten aus dem riesigen Star Wars-Universum hören nun auf die Bezeichnung A Star Wars Story. Die erste dieser Geschichten, Rogue One, hat obendrein ein neues Ensemblemitglied! Und dies ist niemand Geringeres als Mads Mikkelsen, der dänische Schauspielgott aus Casino Royale und Die Jagd!

In Sachen Themenparks wurden zwei Star Wars-Themenbereiche offiziell angekündigt. Sowohl Disneyland Kalifornien als auch der in Orlando beheimatete Park Disney's Hollywood Studios bekommen über 56.000 Quadratmeter große Bereiche rund um die von Lucasfilm erschaffene Welt. Beides werden die bislang größten Themenparkerweiterung in der Disney-Geschichte darstellen und die Besucher in einen überdimensionalen, von Humanoiden, schrillen Aliens und Droiden bevölkerten Raumhafen entführen. Selbstredend wird es eine Cantina geben (Ohrwurmalarm!), außerdem versprach Disney-CEO Bob Iger, dass wirklich alles in diesen Themenbereichen "in character" sein wird. Schon einmal im Discoveryland oder Tomorrowland einen Shop betreten? Dort wird man von Verkäuferinnen und Verkäuferin in Kleidung bedient, die zum Themening des Bereichs passt. Die Shops in den Star Wars-Bereichen dagegen sind von Cast Membern bevölkert, die die Rolle Einheimischer spielen - teils humanoid, teils Alien. Manche sollen auch Droiden spielen. Zwei Attraktionen wurden auch enthüllt: Eine lässt die Besucher den legendären Millennium Falken steuern, eine andere versetzt sie mitten in einen Kampf zwischen der imperialen First Order und den Rebellen.

Marvel

Der heiß herbeigesehnte Ausblick auf Captain America: Civil War blieb leider den Anwesenden in der Halle vorenthalten. Aber die ungeheuerlich charmanten und kecken Grußworte von Benedict Cumberbatch alias Doctor Strange und das wunderbare Geplänkel zwischen Chris Evans und Anthony Mackie ist auch sehenswert:



Shanghai Disneyland

Disney-Kenner waren enttäuscht: Über Shanghai Disneyland gab es keine wirklichen Neuigkeiten. Aber jede Menge Bildmaterial und hörbar ambitionierte Stimmen. Daher verweise ich auf dieses Video, solltet ihr ein Gespür bekommen wollen, was uns mit dem ersten Disneypark auf chinesischem Festland erwartet:



Avatar in Walt Disney World

Quelle: Themepark Insider

Endlich hat der Avatar-Themenbereich in Disney's Animal Kingdom in Orlando einen Namen! Er ist Pandora: The World of Avatar betitelt und wird, glaubt man den veröffentlichten Konzeptzeichnungen und den Modellen, die auf der Expo ausgestellt wurden, ein unvergleichlich immersives Erlebnis. Mit Audio-Animatronics, 3D-Hologrammen, schwebenden Felsen, dichten Bäumen sowie hohen Wasserfällen möchten die Imagineers die Besucher völlig in der Welt des Riesenblockbusters verschwinden lassen. Herzstück des Themenbereichs wird ein aufwändiger Flugsimulator, der die Besucher auf dem Rücken eines Banshees durch die bunte Fauna führt. Außerdem wird es eine Wasserbahn geben, die einen quer durch Pandora führt.

Geht man von der Präsentation aus, wird der Avatar-Bereich auf Storytelling und Atmosphäre setzen, statt sich auf dem Namen des Franchises auszuruhen. Da die Nachhaltigkeit von Avatar als populäre Marke noch nicht bewiesen ist, eine sehr willkommene Erkenntnis!



Weitere nennenswerte Dinge im Schnelldurchlauf

The Finest Hours ist einer der raren, kleineren Disney-Filme der nahen Zukunft. Das wahre Katastrophen-Drama hat mit Chris Pine aber einen namhaften Darsteller zu bieten, der sic zuletzt ordentlich mauserte und die Masse klar in der Hand hat:


Alice Through the Looking Glass tauscht Tim Burton gegen Die Muppets-Regisseur James Bobin aus, der aus der Vorlage eine Zeitreisegeschichte macht, deren Produktions- und Kostümdesign wesentlich ansprechender aussieht als das, was der magere Milliarden-Hit geboten hat:


Pete's Dragon sieht, schenkt man den Beschreibungen derjenigen Glauben, die den auf der Expo gezeigten Ausschnitt kennen, sehr melancholisch, nachdenklich und zauberhaft aus. Und Bryce Dallas Howard (nicht Jessica Chastain!) wirkt sehr überzeugt von ihrem Film:


Auf Jon Favreaus Das Dschungelbuch habe ich bislang nichts gegeben. Doch die Präsentation auf der D23 Expo wurde von Standing Ovations empfangen. Nun bin ich neugierig ...


Die Schöne und das Biest setzt auf zwei neue Lieder von Alan Menken und Tim Rice. Und Emma Watson hat den Belle-Charme drauf. Ich freu mich!


James Monroe (Broadways Dschinni) singt den Oogie Boogie Song:


Toy Story 4 wird eine Liebesgeschichte und handelt davon, wie Buzz versucht, seinem Kumpel Woody Bo Peep zurückzufinden. Außerdem: Lasseter lässt auf der Bühne die Puppen tanzen!



Ne-Yo verneigt sich vor Robin Williams:


Außerdem gab es Neues zu Finding Dory und Der gute Dinosaurier, jedoch muss ich zugeben, dass ich diese beiden Präsentationen eher enttäuschend fand, selbst wenn ich natürlich noch immer gespannt bin, wie die beiden Filme werden. Das Spinatmädchen hat viele weitere Infos zur Expo. Schaut doch einfach mal vorbei!

Und zum Abschluss, noch mein Lieblingsschnappschuss des Wochenendes:

Quelle: Alberto E. Rodriguez/Disney

Käpt'n Sparrow und Han Solo, sich verwundernd dreinblickend vereint. Sowas kann nur Disney!

Freitag, 14. August 2015

Freitag der Karibik #13

Struktur einer retroaktiv erschaffenen Filmtrilogie

Obligatorische Spoilerwarnung: Wer Fluch der Karibik und dessen Fortsetzungen noch nicht gesehen hat, sollte diesen Beitrag noch nicht lesen. Und verflucht noch eins endlich diese Filme nachholen!

Innerhalb von zwölf Jahren kann viel passieren. Kinder, die auf den Tag genau vor zwölf Jahren geboren wurden, dürfen heute erstmals ganz allein Fluch der Karibik und Tausende andere Filme schauen. Auch Hollywood hat sich enorm verändert. So ist die Traumfabrik noch franchiseorientierter geworden als sie es 2003 war: Wenn heutzutage eine US-Produktion eine gewisse Budgetgrenze überbietet, so ist sie üblicherweise ab Werk darauf ausgerichtet, Fortsetzungen zu ermöglichen. Dies äußert sich etwa darin, dass lose Handlungsfäden nach einer Weiterführung der Geschichte drängen oder in zahllosen Andeutungen, was sich noch alles im Filmuniversum tun könnte. Das kann den Vorteil haben, dass Sequels organischer wirken, sich Filmreihen flüssiger entwickeln können. Es kann aber auch gewaltige Nachteile haben, etwa wenn Geschichten bloß noch wie die Vorbereitung auf spätere Produktionen rüberkommen. Siehe etwa The Amazing Spider-Man 2.

Als Fluch der Karibik in die Kinos segelte, sah das alles etwas anders aus. Ja, schon damals existierten massenhaft Fortsetzungen, doch für sich stehende Filme gehörten auch im hoch budgetierten Bereich noch zur Tagesordnung. Die Jerry-Bruckheimer-Produktion war ein solches Werk. Gewiss, der damalige Disney-Chef Michael Eisner ließ gegen Ende der Produktion den Originaltitel von Pirates of the Caribbean zu Pirates of the Caribbean: The Curse of the Black Pearl erweitern, um dann doch für ein etwaiges Sequel vorbereitet zu sein. Und um weniger kinderfreundlich respektive themenparkhaft zu klingen. Und ja, es lassen sich Aussagen der Autoren Ted Elliott und Terry Rossio finden, dass sie während des Drehs erste Ideen für Fortsetzungen hatten, wobei diese eher spaßeshalber gehegt wurden. Denn ernstlich glaubte niemand an einen Kassenerfolg, geschweige denn an grünes Licht für eine Fortsetzung. Anders als heute, wo selbst Filme, deren Sequelaussichten dürftig sind, Cliffhanger aufweisen (siehe etwa: Percy Jacskson: Im Bann des Zyklopen), wollte man daher keine expliziten Verweise auf neue Abenteuer hinterlassen. Deshalb mussten die einige Wochen nach dem sensationellen US-Kinostart angekündigten 'Back-to-Back-Sequels' auf Grundlage einer auserzählten Geschichte erschaffen werden.

Um eine in sich schlüssige, narrativ flüssige Trilogie zu verfassen, die sich obendrein an der klassischen Drei-Akt-Struktur orientiert, sind dies denkbar schlechte Voraussetzungen. Erstens, weil der Originalfilm die Figuren bereits auf eine dramaturgisch  vollständige Reise geschickt hat, mit Teil zwei müsste man den am häufigsten Verbreiteten Erzähltheorien nach also nochmal bei Null anfangen. Oder rekursiv alle Handlungsfäden so umschreiben, dass Part eins nur noch als Exposition dient. Was gerade für den dritten Teil ein großes Problem bedeutet. Nicht, dass Trilogieabschlüsse es nach den archetypischen Modellen besonders einfach hätten: Laut William Goldman und zahlreichen anderen Theoretikern darf der dritte Akt einer Geschichte respektive der dritte Part einer Trilogie keine neuen Elemente mehr einführen, sondern sollte ausschließlich der Auflösung entgegen rauschen. Das retardierende Moment kennen viele der (filmzentrischen) Erzählmodelle im englischsprachigen Bereich gar nicht erst, womit der abschließende Part einer Trilogie praktisch gar nichts mehr zu bieten hätte.

Das alles mag erklären, weshalb so mancher dritter Film in Hollywood-Reihen nicht so ganz aufgeht. Immerhin sind die stringenten Drei-Akt-Modelle in der Traumfabrik weit verbreitet. Und auch, wenn die alten, bewährten Strukturen helfen können, sollten Künstler wissen, wann sie sich ihnen widersetzen sollten. Ted Elliott und Terry Rossio zumindest haben sich beim retroaktiven Erschaffen der ursprünglichen Pirates of the Caribbean-Trilogie hingesetzt und gegrübelt, wie sie eine zusammenhängende Filmreihe auf die Beine stellen können, in der sich alle Teile ergänzen. Selbst wenn der erste Part entstand, ohne dass ernsthafte Gedanken an die weiteren Elemente verschwendet wurden. Und zudem suchten sie nach einem narrativen Prozess, der Part drei zu mehr macht als bloß "Auflösung - Der Film!"

Die Lösung fanden sie in einer weiteren klassischen Struktur, die allerdings weniger starre narrative Grenzen setzt und so den einzelnen Elementen mehr inhaltlich-dynamische Freiheiten erlaubt. Wie Elliott gegenüber Behind the Scenes TV vor Start von Pirates of the Caribean - Am Ende der Welt erklärte, nutze man nämlich einen typischen Diskussions-Aufbau: "Stell dir jeden Teil als einen Satz vor. Der erste Film war eine These, der zweite eine Antithese und nun kommen wir zur Synthese. Eigentlich ist das ja auch so etwas wie eine klassische, dramatische Struktur. [...]  Es spitzt sich zwar am Ende alles zu, aber wir haben noch immer einiges an Geschichte zu erzählen. Es geschieht noch immer etwas."

Fragt man mich, so muss ich sagen: Elliott behauptete damals nicht bloß irgendetwas, sondern nennt einen der zentralen Gründe, weshalb zumindest ich der PotC-Trilogie einen sehr guten Aufbau attestieren würde. Jeder Film fühlt sich anders an, ist individuell und somit interessant anzuschauen, gleichwohl bauen die drei Teile aufeinander auf, ergeben somit eine zusammenhängende Argumentation, äh, Geschichte. Während etwa die drei ersten Stirb langsam-Filme, die Ocean's-Trilogie oder die Bourne-Trilogie eigentlich nur Dreierpacks sind. Die Wellengänge, die tonalen und inhaltlichen Schwankungen der ersten beiden Fluch der Karibik-Fortsetzungen gehen hingegen so auf das Original ein, dass sich eine erfüllende, klar strukturierte Geschichte ergibt.

Um aufzuzeigen, dass Fluch der Karibik, Pirates of the Caribbean - Die Truhe des Todes und Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt eine filmische Argumentation nach der These-Antithese-Synthese-Struktur darstellen, möchte ich jeweils auf die Schlussphasen der jeweiligen Filme eingehen. Denn gerade das, was der jeweilige Abschluss der drei Piratengeschichten über ihre Welt und die in ihr agierenden Figuren aussagt, unterstreicht den von Elliott besagten Vorgang. Die drei Stücke Seemannsgarn lassen den Betrachter in den ersten zwei Anläufen mit sehr gegensätzlichen Fazits zurück, ehe Am Ende der Welt einen Kompromiss erarbeitet. Womit er inhaltlich mehr zu bieten hat als nur ein schlichtes "Alles zum stringenten Ende bringen. Denn entgegen des Goldmann-Modells führt Am Ende der Welt auch viele der Aspekte ein, dank derer ein Kompromiss geschlossen werden kann. Der Film schlussfolgert, statt den eingeschlagenen Weg konsequent zu verfolgen.

Yo-Ho, yo-ho, Piraten haben's gut?
Die drei Akte der Trilogie und ihre jeweilige Position zum Piratenleben

Fluch der Karibik endet nach allerlei De- und Rekonstruktion (und noch mehr Ironisierung) auf einer Note, die vor Abenteuerromantik nur so sprüht. Gouverneurstochter Elizabeth Swann (eingangs von Piraten begeistert, dann von ihnen genervt und letztlich eben doch wieder eine Sympathisantin) und Waffenschmied Will Turner (wandelt sich vom Kämpfer gegen das Piratentum zum widerwilligen und letztlich zum überzeugten Kollaborateur) helfen Käpt'n Jack Sparrow, dem Galgen zu entkommen. Sogar Commodore James Norrington willigt dem verwegenen Betrüger genügend Vorsprung ein, um sich in Sicherheit zu bringen, bevor das Militär seine obligatorische Jagd nach ihm fortführt. Im Port Royal umgebenden Ozean gelandet, entdeckt er wider Erwarten sein geliebtes Schiff. Die Black Pearl! Die Besatzung, die vorhatte, Jack zum Sterben zurückzulassen, hat ihre Meinung geändert. Verrat unter Piraten? Das ist keine Regel, sondern eher eine Richtlinie, und gegen die verstößt man aus Treue und Kameraderie doch liebend gern! Jack hat alles, was er wollte, und macht sich triumphierend singend auf gen neue Untaten! Trinkt aus, Piraten, yo-ho!

Die Truhe des Todes greift sich den Optimismus, durch den das Piratentum im Vorläufer beweihräuchert wurde, steckt alles in Brand und flieht ins Nirgendwo. Ehrlichkeit unter Piraten? Gibt es nicht. Um seine eigene Haut zu retten spielt Käpt'n Jack Sparrow Will und Elizabeth gegeneinander aus. Hatte die verfluchte Crew aus Teil eins noch einen spröden Humor und wusste in den richtigen Momenten ihre übernatürliche Bürde zu genießen, sind Davy Jones' Mannen deformierte, leidende und durch und durch empathie- sowie humorbefreite Monster. Und unsere beiden wohl behüteten Helden aus Port Royal? Die bekommen Jacks schlechten Einfluss in doppelter Hinsicht zu spüren. Zunächst, weil die Rechtsprechung aufgrund der gutherzigen Tat nach ihnen trachtet, die sie am Ende von Fluch der Karibik zu Jacks Wohl getätigt haben. Und dann, weil Jacks Betrügereien auf sie abfärben. Will, weiterhin der moralisch reinste in diesem Epos, kämpft verbissener und schmutziger als noch in Teil eins. Und die Abenteuerromane verschlingende Piratenromantikerin Elizabeth Swann? Die wird zur Mörderin. Jack geht mitsamt seines geliebten Schiffs unter, und sogar seine Genugtuung, sich an Barbossa gerächt zu haben, wird ihm (posthum) genommen. Der listige Käpt'n Barbossa weilt wieder unter den Lebenden. Endete Teil eins noch auf einem triumphalen Piratenliedchen, nachdem die schrillste Figur des Stücks alles erhalten hat, was sie wollte, endet Die Truhe des Todes auf einem schmutzigen Lachen. Und mit Barbossas fies grinsend geäußertem Verlangen, die Pearl wieder an sich zu reißen. Piraterie lohnt sich nicht ...

Am Ende der Welt letztlich zeichnet das komplexeste Seeräuberbild der Reihe. Nach dem beschwingten Spaß des Erstlings und dem desaströsen Weltbilds des Nachfolgers erstrahlt das Piratendasein nun in einem variierenden Grauton. Begegnungen zwischen Piraten und Galgen gehen längst nicht so glimpflich aus, wie Fluch der Karibik es darstellte und, ja, der Hang zu Lug, Trug, Verrat und doppelten Spielchen, den Die Truhe des Todes abbildete, wird hier bestätigt. Jedoch haben viele Piraten einen freiheitsliebenden moralischen Kompass, der sie positiv von der "zivilisierteren" neuen Welt abhebt. Und wenn man erst so eine Ikone ist wie Käpt'n Jack Sparrow, so ist selbst der Tod nur eine Stolperschwelle. Piraten mögen unfähig sein, geordnete politische Diskussionen zu führen, allerdings halten sie sich, wenn es hart auf hart kommt, an Abmachungen, die eine friedliche Zukunft ermöglichen. Anders als militärisch organisierte Händler, denen es nur um den Profit geht. Will? Er musste eine Phase des listigen Eigensinns durchlaufen, um zu seinem altruistischen Ich zurückzufinden. Und Elizabeth? Sie hat nun den Titel "König der Piraten" errungen, hat in ihrem Handeln aber zu Besonnenheit zurückgefunden, trifft wieder deutlich weniger diskutable Entscheidungen und kann sich obendrein wieder allem zum Trotz in ihren geregelten Alltag zurückziehen. Kurzum: Das Piratenleben ist eines voller Stress, Unangenehmlichkeiten und unangenehmer Gesellen, der generelle Lebensentwurf der versoffenen Seefahrer ohne geregeltes Einkommen ist trotzdem von Schönheit und Idealen durchzogen. Eine Lektion, die auch auf Jack Sparrow ihren Einfluss hat: Erneut wird er um sein Schiff betrogen, erneut segelt er allein über die sieben Weltmeere, um ein Ziel anzusteuern. Hat sich das alles also gelohnt, Jack? Nicht unbedingt, aber erstens ist eh der Weg das Ziel, und zweitens bringt es nichts, nach Rache zu sinnen. Dieses Mal hat Jack Frieden mit seinem Dasein als einsamer Wolf der See geschlossen und begibt sich auf die Suche nach dem sagenumwobenen Jungbrunnen. Die Pearl braucht es nicht. Ihr Verlust mag ärgerlich sein, Freiheit kann man aber auch ohne sie erlangen ...

Piratenromantik: Liebe in Zeiten des Skorbuts
Die drei Akte der Trilogie und ihr Grad an Liebesglück
Ein Waffenschmied und eine Gouverneurstochter? Na, sicher kriegen sich die Beiden. Eine unkomplizierte Liebe, für die Ewigkeit, das garantieren wir euch.

Oder auch nicht. Die große Hochzeit von Will & Elizabeth fällt (wortwörtlich) ins Wasser, das unsterblich verliebte Paar wird zum Tode verurteilt und geht eigenständige, eigensinnige Wege, um dies zu verhindern. Will ist so erpicht drauf, Elizabeth zu retten, und Elizabeth so erpicht, Will zu retten, dass das harmonische Gleichgewicht zwischen ihnen zerstört wird. Elizabeth hegt leise Zweifel an ihrer Wahl des zukünftigen Gatten (die sie zu vertreiben versucht, darüber, wie erfolgreich, lässt sich debattieren), und Wills Misstrauen in Elizabeth wächst dermaßen, dass er überzeugt ist, sie sei Jack völlig verfallen. Die Truhe des Todes endet damit, dass aus dem Liebespaar eine sich nicht leiden könnende Zweckgemeinschaft wird.

Aber was sich wirklich liebt, findet auch einen Weg zueinander: Will und Elizabeth mögen nicht weiter die Personen sein, die sie einst waren. Und zwischenzeitlich waren sie sich sogar nicht mehr sicher, ob sie die Personen sind, die sie für den Rest ihres Lebens an der Seite wissen wollen. Doch schlussendlich hat die Zuneigung füreinander obsiegt. Beide emanzipieren sich in Am Ende der Welt, entwickeln immer individuellere Denkwege und Handlungsmechanismen, aber während sie sich in Die Truhe des Todes wegen einer ähnlichen Dynamik gegenseitig vor den Kopf gestoßen haben, lernen sie nun, eigenständig zu sein, und dabei stets das Gemeinsame im Sinn zu haben. Wie romantisch ..? Ja, allerdings ist das große Happy End ohne Fußnoten nur was für Kinder. Oder erste Teile einer Filmreihe. Selbst wenn sich Will und Elizabeth ewige Treue schwören und ihre Hochzeit bekommen, so fällt besagte Hochzeit überhaupt nicht aus wie geplant, und das mit dem "das Leben miteinander verbringen" ist auch so eine Sache, wenn die äußeren Umstände einen zu einer Fernbeziehung zwingen, die solch melancholische Beiklänge hat, dass man ihr eine bittersüße Oper widmen könnte!

Und so wandelten Rossio und Elliott die "Einführung - Konflikt - Lösung"-Struktur in den Feinheiten derart ab, dass eine Resonanz zwischen dein einzelnen Filmen entstanden ist, die viel mehr Reibung und Spannung erzeugt als im glatten Normalfall. Und den dritten Film der rekursiv erschaffenen Trilogie haben sie so zu mehr gemacht als zur reinen Zielgeraden. Jeder Film hat seinen eigenen Schlusssatz, aber diese Schlusssätze zu den Themen Liebe und Freiheitsdrang stehen in Spannung zueinander, haben eine Wechselwirkung.

Zweifelsohne werden nun manche sagen: "Hätten Rossio und Elliott das mal anders gemacht!" Oder "Soooo neu ist das nun auch nicht!". Letzteres stimmt, allerdings haben sie auch nie behauptet, das Steuerrad völlig neu erfunden zu haben. Sie haben es, in meinen Augen, aber sehr, sehr gut an die Bedürfnisse ihrer Piratensaga angepasst. Dass die Trilogie (oder viel eher die Fortsetzungen) ihre Gegner haben, ist mir bewusst. Aber vielleicht, vielleicht konnte ich nun den einen oder anderen überzeugen, dass sie eben nicht so konfus dahingeklatscht wurden, wie manch unverbesserlicher Nörgler behauptet ... 

Sonntag, 2. August 2015

Thor


Das Comicuniversum Marvels war über Jahrzehnte hinweg am besten für seine diversen mutierten Superhelden bekannt. Seien es die freundliche Spinne von nebenan, die Mutantenschüler von Professor X oder, wenn man auch ihn als Mutanten auffassen will, der grüne Wutriese Hulk. Während der Comicgigant ab 2008 bei der eigenständigen Produktion von Kinofilmen zwar auf letzteren zurückgreifen durfte, lagen durch zuvor geschlossene Lizenzvereinbarungen zahlreiche weitere populäre Figuren außer Reichweite. So beschloss das Team rund um Kevin Feige, sich innerhalb des riesigen Marvel-Archivs gezielt auf die noch vorhandene B-Riege zu stürzen. Wichtige Figuren, die ein unerlässlicher Bestandteil des Avengers-Teams sind, aber zuvor nicht solch eine breite Berühmtheit erlangt haben wie Spider-Man oder die X-Men. Schon Iron Man war vor seinem eigenen Realfilm zwar dank seiner eigenen Trickserie auch manchen Nicht-Comiclesern ein Begriff, jedoch längst nicht die Ikone, zu der er daraufhin aufstieg. Mit Thor gingen die Marvel Studios noch einen Schritt weiter und ließen einen Superhelden auf die Leinwand, dem "nur" ein 13-teiliges Segment innerhalb der spärlich budgetierten Trickserie The Marvel Super Heroes und diverse Gastauftritte in anderen Serien aufzuweisen hatte.

Mit seiner mythologischen Unterfütterung stellte Thor aber eine gute Wahl für den vierten Eintrag ins 'Marvel Cinematic Universe' dar, immerhin ließen sich so auch Kinomärkte ansprechen, die in Sachen Superhelden weniger experimentierfreudig sind als im Bereich der Fantasy. Denn nach einem kurzen, irdisch verorteten Prolog mit guter Humordosis eröffnet Thor erst einmal so wie ein schwelgerischer Fantasy-Film (bevor wir uns einer "Fish out of the water"-Storyline nähern, die viel Spaß auf unserem blauen Planeten mit sich bringt): Göttervater Odin (Anthony Hopkins) hat seine kriegerischen Tage hinter sich gelassen. Einst führte er einen erbitterten Kampf gegen die seinem Königreich Asgard feindlich gesinnten Eisriesen, nunmehr zeigt er sich als besonnener Herrscher, dem heißblütige Rachemanöver zuwider sind. Odins Erstgeborener Thor (Chris Hemsworth) hingegen ist ein Krieger, wie er im Buche steht. Als eine Gruppe Eisriesen in die Waffenkammer eindringt, beschließt er, Rache zu nehmen. Gegen Vaters Rat zieht er mit seinen Freunden in das feindliche Reich, um den Eisriesen seine Macht zu demonstrieren. Dies erzürnt Odin derart, dass er dem blonden Recken seine Kräfte raubt und ihn auf die Erde verbannt – sehr zur Freude von Thors eifersüchtigen Bruder Loki (Tom Hiddleston), der somit in der Thronfolge nach vorne rückt.

Auf der Erde rennt Thor geradewegs in den Wagen der Forscherin Jane Foster (Natalie Portman), die mit ihrem Team unerklärliche Wetterphänomene untersucht. Die unsanfte Begegnung endet zwar glimpflich genug, aber Thor verwirrtes Gerede beschert ihm trotz körperlicher Unversehrtheit einen Krankenhausaufenthalt. Während Janes Kollegen die ganze Geschichte damit als beendet betrachten wollen, glaubt sie, durch ihre Zufallsbekanntschaft Antworten auf brennende Forschungsfragen zu erhalten ...

Obschon die Szenen in der weit entfernten Welt Asgards Thor fast sowas wie ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb des Superheldengenres verleihen, so sind sie gleichzeitig das schwache Glied im Kettenhemd dieses Marvel-Abenteuers. Shakespeare-Experte Kenneth Branagh bemüht sich redlich, dem Göttertreiben gediegene Theatralik zu verleihen, indem er die Gespräche zwischen den Asen bevorzugt in weite Räume verlegt, die er wiederum in weiten Winkeln einfangen lässt. Hinzu kommen eine vom britischen Barden inspirierte Sprache sowie Akzente setzende, mittellange Pausen in den Dialogen - allerdings verfehlen diese Elemente teils ihre Wirkung. Denn das Komplott von Thors intrigantem Bruder hat rein konzeptuell vielleicht das Zeug, aus dem Shakespeare-Dramen sind, in der Umsetzung ist Lokis leicht weinerliches, opportunistisches Vorgehen zu seicht, um dieser 'Verpackung' gerecht zu werden. Das Design Asgards ist zwar prächtig und treffend überbordend, allerdings leuchtet Kameramann Haris Zambarloukos die realen Sets zu häufig in einem so grellen Licht aus, dass sie künstlich wirken. Im Zusammenspiel mit den sterilen CG-Ergänzungen wecken Kamerafahrten durch Asgard daher öfters Erinnerungen an MMORPG-Trailer als an waschechte Kinoware.

Wie aus einem Fantasy-Rollenspiel von der Stange mutet auch die erste Actionsequenz von Thor an: Der Feldzug des Donnergotts und seiner Anvertrauten gegen die Eisriesen ist unrhythmisch geschnitten, ohne dramaturgischen Unterbau und leidet zudem an durchwachsenen Digitaltricks, deren visuelle Gestaltung zusammen mit den (ebenfalls weitestgehend digitalen) Hintergründen der Eiswelt einen grau-grau-eisblauen Matsch ergibt. Nicht zuletzt wegen dieser unkoordinierten Schlacht gerät der anfängliche Asgard-Part zäh und trocken, so dass nur die humorvollen Aspekte rund um Thors Hammer-Kampfstil für einen Hauch Esprit sorgen. Sobald der rebellische Thronanwärter aber auf die Erde verbannt wird, nimmt Branaghs Superhelden-Actionkomödie ordentlich an Fahrt auf.

Denn das Drehbuchteam Ashley Edward Miller, Zack Stentz und Don Payne hat es tatsächlich vollbracht, die selten ansprechende Grundidee, eine Figur mit fantastischem Hintergrund in unsere urbane Realität zu versetzen (siehe etwa Beastmaster II – Der Zeitspringer und Masters of the Universe) stimmig umzusetzen. Anders als viele verwandte Filme blickt Thor in seinem Culture-Clash-Aspekt weder auf unseren Alltag herab, noch auf den verständlicherweise verwirrten, mit unseren Gepflogenheiten aneckenden Thor. Beiden Parteien wird Sympathie abgerungen, der Witz generiert sich nicht aus Abfälligkeiten, sondern aus gewitzt eingefangenen Diskrepanzen zwischen dem, wie Thor sich zu verhalten hat und wie er sich verhalten möchte. Dass dieser Balanceakt funktioniert und das Gag nicht nach wenigen Minuten ausgelutscht ist, ist dabei zu großen Teilen der Performance von Chris Hemsworth zu verdanken. Durchtrainiert und mit dem spitzbübischen Lächeln eines rebellischen Sohnes, der es eigentlich nur gut meint, hat er die Sympathien schnell auf seiner Seite. Der Australier verschwindet entsprechend schnell in seiner Rolle des gleichermaßen charismatischen wie ungestümen Donnergottes. Zwar ist es möglich, Haare zu spalten und einige Ungereimtheiten in der Charakterzeichnung finden (Thors saubeutelnde Wikinger-Mentalität mutiert innerhalb eines Wimpernschlags zu durchgehend ritterlicher Höflichkeit). Allerdings ist Hemsworths Leinwandpräsenz derart übermächtig und sein komödiantisches Timing so punktgenau, dass diese schwankende Persönlichkeit nur auffällt, wenn man mit Adleraugen nach Makeln im Film sucht.

Unterstützt wird der Witz, der Hemsworths trotz aller Spaßigkeit nie lächerlich wirkenden Rolle innewohnt, dadurch, dass auch sein unmittelbares irdisches Umfeld deutlich lockerer auftritt als die Bewohner Asgards. Durch die flockige, sich selten um einen leichtgängigen Spruch drückende Art von Natalie Portman, Kat Dennings sowie Stellan Skarsgård erhöht sich auch die Glaubwürdigkeit des Plots: Figuren, die eh nicht alles bierernst nehmen, kauft man einfach viel problemloser ab, wenn sie das strenge, logische Denken, Aliens könne es nicht geben, hinterfragen und dann auch mal nach kurzen Zweifeln direkt glauben, eben diese Aliens könnten die Vorlage für altnordische Religionen sein. Dahingehend erweist sich auch das Casting Portmans als Glücksgriff: Während das Skript ihrer Rolle der Jane Foster nur die allernötigsten Konturen verleiht, hebt die Mimin die Figur mit einer grundsympathischen Heiterkeit und zurückhaltend-romantischer Ader auf ein überzeugenderes Niveau. Dennings derweil bekommt die besten Einzeiler und Skarsgård tänzelt zwischen stiller Erhabenheit und trockener Kauzigkeit. Tom Hiddleston indes bemüht sich redlich, Loki Tiefe zu verleihen, und wann immer er sich auf der Gewinnerseite wähnt, blitzt das auf, was seine Rolle später in Avengers und dem Thor-Sequel zum Publikumsliebling machen wird. Aber die Versuche, Loki hier eine innere Zerrissenheit zu verleihen, scheitern schlicht am Skript.

Ein Aspekt, in dem Thor dafür meilenweit an Iron Man 2 vorbeidüst, ist die Verwebung dieses Soloabenteuers in das riesige Marvel-Filmuniversum. Kam der zweite Einsatz des Mannes in der fliegenden Eisenrüstung zwischendurch wie eine penetrante Avengers-Promo rüber, arbeitet Thor seine Referenzen viel flüssiger ein. Neben einigen in Pointen verorteten Anspielungen auf andere Comichelden kommt auch hier die obligatorisch gewordene Organisation S.H.I.E.L.D. vor, deren Auftauchen allerdings eher als Bonus für Marvel-Kenner angelegt ist. Die Geschichte würde ähnlich verlaufen, hätte man irgendeinen anderen Geheimdienst abkommandiert, Thors Hammer zu untersuchen, bloß wäre das für Insider dann nicht ganz so unterhaltsam. Vor allem, weil man dann auf den köstlichen Clark Gregg in seiner Rolle als S.H.I.E.L.D.-Agent Phil Coulson verzichten müsste.

Worauf Branagh, vor dem unter anderem Sam Raimi (Spider-Man) und Matthew Vaughn (Kick-Ass) als Regisseur im Gespräch waren, derweil sehr wohl verzichtet: Es mangelt Thor an einem wikingerstarken Soundtrack. Patrick Doyles Kompositionen sind zwar gefällig, jedoch wecken sie nicht gerade Assoziationen mit nordischen Göttern und passionierten Kriegern. Mit ihrer passablen Qualität befindet sich die Originalmusik von Thor also ungefähr auf einem Niveau mit der 3D-Konvertierung dieses Superheldenfilms: Der Effekt wird nur selten ausgereizt, jedoch ist die Tiefenwirkung, wenn sie zur Geltung kommt, grundsolide und das Bild ist zudem nahezu frei von Irrbildern.

Unterm Strich ist Thor viel unterhaltsamer, als man nach so vielen negativen Aspekten annehmen müsste. Die unaufregenden Actionsequenzen sind ähnlich schnell verziehen, wie die Unfähigkeit des Drehbuchs, Lokis Komplott fesselnd vor einem auszubreiten. Denn die Sequenzen im staubigen US-Provinzkaff sind zu kurzweilig geschrieben und die Darsteller zu charmant, als dass Thor hinter dem Comicfilm-Durchschnitt zurückfällt. Längen gibt es durchaus, der spaßige Kern dieses Films wird dafür mit jedem Ansehen charmanter. Kein Hammer von einem Film, doch grundsolide!

Cruise the Musical


Irgendwie ist es ja schon besorgniserregend: Wir sind mittlerweile so sehr an unsere filmische Franchisekultur gewöhnt, dass aus dem Hause Disney interessante Neuigkeiten über ein Filmmusical kommen können, welches keine Adaption und kein Sequel ist, und diese Nachricht kaum Wellen schlägt! Denn so schwach der Titel Bob the Musical auch sein mag, die Namen, die der Disney-Konzern mit diesem Realfilm paart, sind bemerkenswert!

Die Idee zu Bob the Musical ist bereits mehrere Jahre alt und erinnert in groben Zügen an die Musical-Episoden aus Scrubs - Die Anfänger oder Pepper Ann: Ein Normalsterblicher aus unserer normalen, auf spontane Gesangs- und Tanzeinlagen verzichtenden Welt, bekommt einen gewaltigen Schlag auf den Kopf. Seither nimmt er sein Umfeld als Musical wahr, inklusive schwelgerischer Lieder, die das Innerste seiner Mitmenschen vor ihm ausbreiten. Bob macht sich verständlicherweise Sorgen ...

Die Filmidee nahm bei Disney lange nicht Fahrt auf. Nun aber kommt es Schlag auf Schlag. So ist laut The Hollywood Reporter niemand Geringeres als Tom Cruise im Gespräch, die Hauptrolle zu übernehmen. Und dass Cruise ein fähiger Tänzer ist, stellt der 53-Jährige ja bei jeder Gelegenheit unter Beweis, während sich seine gute Singstimme in der Filmwelt leider nur im grottigen Rock of Ages so richtig Gehör verschaffen durfte. Cruise eine zweite Musicalchance zu geben, könnte sich meiner Ansicht nach bezahlt machen, zumal die Schreiberlinge hinter Bob the Musical sehr vielversprechend sind.

Für die Lieder wurde nämlich Bret McKenzie angeheuert, das humorvolle Genie hinter den meisten Songs aus Die Muppets und sämtlichen Originalnummern aus Muppets Most Wanted. Das Drehbuch wiederum soll von Pulitzer-Preisträger Michael Chabon überarbeitet werden, der Sam Raimis Spider-Man 2 verfasst hat. Für den Regieposten ist unterdessen Michel Hazanavicius im Gespräch, der schon in The Artist ein tolles Gespür für Schwung, Witz und leise Zwischentöne bewies. Sowie für das fähige in Szene setzen eines Hauptdarstellers mit strahlendem, breitem Grinsen.

Also, ich weiß nicht, wieso nicht mehr Disney- und Filmfreunde auf das Projekt hinfiebern. Ich zumindest finde diese Kombi klasse.