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Mittwoch, 26. Juli 2023

Geistervilla

Was wir hatten

Die Fangemeinde der Disney-Themenparks ist so bunt durcheinander gewürfelt, dass es wohl keine steile These ist, dass jede Disney-Attraktion für irgendwen die Lieblingsattraktion darstellt. Zugleich ist es ebenso risikofrei, zu behaupten, dass sich zwei Attraktionen einen besonderen Platz in den Herzen der Disney-Fans erkämpft haben: Pirates of the Caribbean und Haunted Mansion gelten ungebrochen als Paradebeispiele dafür, wie Themenparkfahrten ein immersives, atmosphärisches Erlebnis mit Witz, Persönlichkeit und fragmentiertem, in sich schlüssigem Storytelling bieten können. Und all das, ohne sich als Adaption bestehender Filme zu präsentieren.

Es war bloß eine Frage der Zeit, bis die Disney-Studios zu ihrem Themenpark-Geschwisterchen rüber blicken und an diesen ikonischen Attraktionen bedienen. 2003 erfolgte der Doppelschlag: Gore Verbinski brachte mittels Rückendeckung durch Produzent Jerry Bruckheimer die abenteuerlichen Piraten auf die große Leinwand und machte Fluch der Karibik zu einem Sensationserfolg, der ein eigenes Kino-Franchise begründete und den Disney-Konzern nachhaltig veränderte.

Der König der Löwen-Co-Regisseur Rob Minkoff unterdessen verwirklichte mit Disney-Trickfilm-Produzent Don Hahn sowie Freaky Friday-Produzent Andrew Gunn im Rücken die hierzulande Die Geistervilla betitelte Haunted Mansion-Adaption. Die hinterließ kaum Eindruck in der Popkultur, nicht einmal in der Disney-Fangemeinde. Und wenn sich wer an sie erinnert, so wird sie vornehmlich als verschenkte Chance geschunden, einer legendären Bahn gerecht zu werden.

Vor allem der piefige, überzogene Humor rund um Eddie Murphy und seine Film-Familie wird kritisiert, während das Produktionsdesign und die praktischen Effekte durchaus hier und da Lob erhalten. (Der Fairness halber: In den USA entwickelte sich der Film nicht zuletzt dank regelmäßiger TV-Wiederholung zu einem kleinen Nostalgie-Favoriten innerhalb der Jahrgänge, die 2003 noch zur jungen Kernzielgruppe gehörten. Dass er eines Tages zu einem Kult wie Hocus Pocus heranwächst, wage ich noch zu bezweifeln, und einen Meinungswandel innerhalb der Themenpark-Fangemeinde habe ich auch nicht beobachtet.)

Schon früh stand fest: Darauf kann man es nicht beruhen lassen. Die Geistervilla muss einen erneuten Anlauf erhalten!

Was uns verwehrt blieb

Der womöglich weltgrößte Haunted Mansion-Fan ist zufälligerweise auch einer der prestigeträchtigsten Regisseure unserer Zeit: Guillermo del Toro, seines Zeichens Disney-Fan und Liebhaber des Grotesken, hat ganze Räume seines Hauses seiner Haunted Mansion-Passion gewidmet. Kein Wunder, dass er sich ins Gespräch für eine erneute Adaption gebracht hat. Jahrelang trat das Projekt auf der Stelle, bis ein berühmter Schauspieler für die Hauptrolle anvisiert wurde. Noch dazu einer, der bekennender, glühender Disney-Park-Fan ist, seine Karriere im Mickey Mouse Club begann und die Haunted Mansion liebt (aber das Nightmare before Christmas-Overlay hasst): Ryan Gosling!

Dieser Film ist aus nicht genauer bekannten Gründen geplatzt. Setzt hier einfach "kreative Differenzen" ein, rollt die Augen, wie feige Disney wohl war, und seid euch gewiss, dass del Toro stattdessen Referenzen auf die Haunted Mansion in einigen seiner Filme versteckte. Insbesondere Crimson Peak ist ein einziger "Ich mache dann halt meine total disneyunkompatible Version"-Traum von der Haunted Mansion.

Was wir stattdessen bekommen haben

Die alleinerziehende Mutter Gabbie (Rosario Dawson) zieht mit ihrem Sohn Travis (Chase W. Dillon) in ein großes, staubiges Anwesen in New Orleans. Kaum haben sie das Haus betreten, erleben sie sonderbare Dinge und fliehen. Doch sie konnten das Unheil nicht abschütteln: Ein Geist hat sich ihnen angeschlossen und nervt sie, egal wo sie sind. Also kehren sie in die verfluchte Villa zurück und versuchen, den Ereignissen auf den Grund zu gehen. Dazu heuern sie den ehemaligen Physiker Ben (LaKeith Stanfield) an, der sich nun als Tourguide verdingt. Auch der exzentrische Priester Kent (Owen Wilson), das Medium Harriet (Tiffany Haddish) und der ans Übernatürliche glaubende Geschichtsprofessor Bruce (Danny DeVito) schließen sich der Truppe an...

Ob Regisseur Justin Simien genauso von der Haunted Mansion besessen ist wie del Toro, darf bezweifelt werden. Aber auch er hat eine Passion für die Attraktion und war vor seiner Karriere als Filmemacher sogar Cast Member im kalifornischen Disneyland sowie zeitweise Teil eines Walt-Disney-World-Chors. Seine Disney-Vergangenheit macht sich in Geistervilla (ja, Disney macht den umgekehrten DC-Move, wo auf Suicide Squad ja The Suicide Squad folgte) auch zweifelsohne bemerkbar:

Geistervilla ist rappelvoll mit narrativen, akustischen und visuellen Rückgriffen auf die legendäre Bahn. Von der einprägsamen Tapete über Kerzenhalter und kunstvoll verzierte Absperrungen bis hin zu Dreh- und Angelpunkten der Attraktion wie dem "Stretching Room" oder Madame Leota (hier gespielt von Jamie Lee Curtis): Wer die Vorlage zum Film kennt, wird immer wieder Dinge erkennen. Selbstredend adaptiert Komponist Kris Bowers (Bridgerton) den aus der Attraktion bekannten Ohrwurm Grim Grinning Ghosts und mit narrativen Elementen wie "Es befinden sich 999 Geister im Haus" oder dem "Dir folgt ein Geist nach Hause"-Aspekt wird die potentiell generische Geisterhaus-Geschichte an die Disney-Vorlage angepasst.

Auch beiläufige inhaltliche Referenzen, wie die Anmerkung, dass es viele sich widersprechende Hintergrundgeschichten gibt, runden den Fanservice-Charakter des Films ab. Dabei reißen diese Querverweise nicht per se aus der eigentlichen Geschichte heraus: Wenn etwas kurioses geschieht, inszeniert Simien es so, dass Disney-Fans sich im "Aha, das kenne ich doch!"-Genuss suhlen können, während für Ahnungslose halt einfach das titelgebende Geistergeschehen geliefert wird. Trotzdem scheitern die Verantwortlichen dabei, ein wirklich makelloses Gleichgewicht aus Fanservice und "Es darf nicht ablenken" zu erzielen:

Hier und da verweilt die Kamera dann doch zu lang auf einem Easter Egg oder lassen Simien und Filmeditor Phillip J. Bartell (Eating Out 2: Sloppy Seconds) nach einem verbalen Querverweis eine zu lange "Hier wird nun in Anaheim, Orlando oder Tokio sicher heftig applaudiert"-Dialogpause. Das stört den erzählerischen Fluss, könnte manchen Teilen des Publikums ein zu klares "Ich denke, ich habe da was nicht verstanden"-Gefühl geben und ist in einer 123 Minuten langen Familien-Geisterkomödie einfach nicht nötig.

Was mich derweil positiv überrascht hat: Simien, der zuvor auch Dear White People und Bad Hair gemacht hat, bekommt in Geistervilla den Raum, seine authentische Perspektive auf die Erfahrungen von BPoC zu präsentieren. Geistervilla ist zwar trotzdem mit Abstand sein am wenigsten über die Lebenswirklichkeit schwarzer Menschen in den USA erzählender Film. Aber während die Eddie-Murphy-Variante genauso von einer weißen Familie hätte handeln können, lebt und atmet dieser Film wenigstens eine Spur der Black Community in New Orleans. Und im Falle von Stanfields Figur unterstreicht tatsächlich das Hairstyling seiner Figur ein Stück weit die Charakterzeichnung.

Drehbuchautorin Katie Dippold derweil ließ mich schon bei Ghostbusters: Answer the Call mehrmals an Haunted Mansion denken, und ihr Gespür für familientaugliche Kalauer mit optionalem, makabrem Touch lebt sie auch dieses Mal aus. Vor allem Haddishs Harriet, die stets Fehlurteile darüber fällt, wie deutlich sie sich in Anwesenheit von Kindern über garstige Dinge äußern darf, liefert dahingehend ab. Wilson und DeVito wiederum agieren ungefähr genau so, wie man es in solch einem Film von ihnen erwarten würde - und das kommt in Dippolds erzählerischem Kontext und unter Simiens Inszenierung solide-kurzweilig rüber.

Als Einsteiger-Gruselkomödie, geschweige denn "normale" Gruselkomödie funktioniert Geistervilla derweil überhaupt nicht. Das ist, abhängig von der persönlichen Meinung diesbezüglich, wie gruselig denn die als Inspiration dienende Bahn denn nun ist, entweder vollkommen egal oder ein Problem. Ich zumindest sehe die Haunted Mansion als wundervoll-amüsante Annäherung ans Geisterthema an und nehme daher keinen Anstoß an einer Verfilmung ohne Gruselfaktor - was natürlich nicht heißt, dass ich del Toros schaurigere Variante abgelehnt hätte. (Und wenn jemals die Phantom Manor aus dem Disneyland Paris adaptiert wird, werde ich sowieso andere Maßstäbe ansetzen!)

Statt einen schaurigen Spaß zu kreieren, schufen Dippold und Simien daher einen rar gewordenen Rücksturz zu den Disney-Realfilmkomödien der 1950er bis 1970er: Wir sehen einer verschrobenen Figurengruppe dabei zu, wie sie durch eine Abfolge von kuriosen Ereignissen ihren Charakter formt - mit vielen Schmunzlern, etwas Slapstick und einem andersweltlichen Gimmick. Ich fühlte mich ganz konkret in Filme wie Der unheimliche Zotti, Charley und der Engel oder Käpt’n Blackbeards Spuk-Kaschemme versetzt, was ich charmant fand, euch allen da draußen aber auch klar mitteilen sollte, dass Geistervilla im Jahr 2023 eine extrem spitze Zielgruppe hat.

Zumal Simien das Geplänkel seiner Charakterköpfe immer wieder für Phasen pausiert, in denen Stanfields Ben an den frühen Tod seiner großen Liebe erinnert wird und ihn endlich zu verarbeiten versucht. Stanfield gelingt es hervorragend, diese Wechsel hin von Disney-Retrokomödie hin zu familientauglicher Trauerverarbeitungs-Dramödie darstellerisch zu tragen, und seine Figur durchweg stimmig zu halten, ganz gleich, wie zerrissen der Film ist.

Aber Simien und Dippold straucheln gelegentlich dabei, diese zwei Ansätze zu vereinen. Für jede beseelte Szene, in der etwa ein berührendes Gespräch zwischen Ben und Travis durch einen aus dem Leben gegriffenen "Kinder im Grundschulalter rennen mitten in einem profunden Gespräch davon und wollen jetzt einfach spielen"-Gag unterbrochen wird, woraufhin eine albern-herzliche Montage folgt, oder Ben seine verstorbene Partnerin liebevoll anhand von Dingen beschreibt, die ihn einst nervten, gibt es eine bemühte Passage, in denen man im Kinosaal förmlich spürt, wie Simien und Dippold gerade so die Nähte ihres Flickenteppichs zusammenhalten.

Wäre Geistervilla optisch etwas wertiger und zudem flüssiger erzählt, ließe sich das leichter verzeihen. Aber da der Film ein paar Längen hat, und das gute Produktionsdesign mit einem etwas matschigen Color Grading und einem Übermaß an unbeseelten Effekten konkurriert (insbesondere im Finale), fehlt einfach dieser gewisse Funken an kunsthandwerklicher Passion, der über so etwas hinwegtäuschen könnte.

Dafür ist es erstaunlich, wie sehr Geistervilla im Dialog-Duktus an Magic in the Moonlight erinnert. Da Simien den Regisseur hinter besagter Schmunzelattacken-Séancendramödie zu seinen künstlerischen Einflüssen zählt, lag es womöglich auf der Hand, dass Simien den Cast seiner geisterhaften Komödie in einem ähnlichen Takt und einer vergleichbaren Sprechfarbe agieren lässt. Nicht, dass er direkt bei dem Film abgeguckt hätte, aber es ist offensichtlich, dass er sich einem ähnlichen Thema auf vergleichbare Weise nähert...

Dessen ungeachtet, seid mal ehrlich: Wer hatte auf seiner 2023-Bingokarte "Ein und derselbe Film wird sich bei Woody Allen und Disney-Realfilmkomödien der 1950er bis 1970er bedienen, und zudem sein Storytelling non-verbal durch die authentische Darstellung von BPoC-Frisuren stützen"?

Ein Fazit, das den Stretching Room nimmt: Wenn ein Film, über den riesig groß "Disney hat sich nichts getraut und daher del Toro ein Projekt weggenommen, um es stattdessen einem deutlich kleineren Namen zu geben"-Signale schweben, es trotzdem vermeidet, wie ein von Studiokomitees am Reißbrett entwickelter Film zu wirken, ist das erst einmal begrüßenswert. Dass Simien und Dippold eine eklektische Ansammlung an Einsätzen und Einflüssen zusammengeworfen haben, sorgt für tonale Farbe in einer Disney-Realfilmära, in der so etwas selten geworden ist.

Aber der Verzicht auf große Lacher und packende Geister-Setpieces sorgt im Zusammenspiel mit der eher ernüchternden Bildsprache des Films und zu viel narrativem Leerlauf für leichte Ernüchterung: Geistervilla ist auf dem Weg dorthin, denkwürdig und markant zu sein. Doch dem Film geht die dafür nötige Puste aus. Stattdessen ist es ein Film geworden, der für eine sehr spitze Zielgruppe charmante Unterhaltung bietet. Es ist ein Film für Leute mit meinem verschrobenen Geschmack, die sich an dem einen oder anderen Sonntagnachmittag aufs Sofa legen, in eine Decke murmeln und von dezent modernisiertem Disney-Retroflair umarmt fühlen wollen.

Ich kann Geistervilla nicht voller Überzeugung verreißen, aber auch nur sehr, sehr wenigen Menschen guten Gewissens empfehlen. Für Normalos ist es ein "Egal"-Film mit einem gefälligen Cast, ein paar Durststrecken und einigen Momenten, wo Humor oder Gefühligkeit genau ins Ziel treffen. Für mich ist er ein "Ich mag ihn mehr, als ich ihn respektiere"-Titel. Ich vergebe hier im Blog eigentlich keine Sterne-Bewertungen, aber um dieser langen Rede endlich einen kurzen Sinn zu verleihen: Das hier wäre so ein "2,5 von 5 Sternen - mit einem Herz"-Ding. Hurry back! 

Geistervilla ist ab dem 27. Juli 2023 in einigen deutschen Kinos zu sehen.

Sonntag, 18. Juli 2021

Behind the Attraction


2017 startete auf Netflix die Dokuserie Spielzeug - Das war unsere Kindheit, die in jeder Episode eine flott erzählte Abhandlung über die Entstehung, den Aufstieg und den etwaigen Fall (und Wiederaufstieg) einer Spielzeugkollektion bietet. Der charmante Clou hinter der Serie ist die spür- und hörbare Begeisterung der Verantwortlichen für das Thema, die sich in kleinen Running Gags, Insiderjokes und spielerischen formalen Albernheiten äußert und dem Spielzeug-Element gerecht wird, der ein tiefer reichendes Behandeln des Themas gegenübersteht. Seien es Konflikte innerhalb des Kreativteams hinter einem Spielzeug, wer für welche Idee Anerkennung verdient, Steuerskandale, die zwischenzeitlich den Stern der Barbie-Marke haben sinken lassen, oder kulturelle Wandel, die eine Spielzeugserie anschieben oder ausbremsen: Fanhaftes Abkulten trifft auf kritisches Behandeln der unternehmerischen Hintergründe.

Brian Volk-Weiss, der Strippenzieher hinter der Dokureihe, ließ auf diese Dokuserie eine weitere Reihe bei Netflix folgen: Die ähnlich schnippisch aufgezogene Produktion Filme - Das waren unsere Kinojahre. Auch dort werden das Zelebrieren von Erfolgsgeschichten und das Erinnern an unschönere oder dramatischere Details vereint, wie "Der Autor von Stirb langsam dachte, seine Ehe zerrüttet und er verursacht jeden Moment einen tödlichen Autounfall, und als sich das als Irrtum herausstellte, fand er in seiner Angst den emotionalen Kern des Films" oder "Ohne Vertragsbruch gäbe es Kevin - Allein zu Haus nicht". Die Publikums- und Pressereaktion auf diese Dokuserie war etwas gespalten, da manchen die juxenden Erzählkommentare und die flippige Aufmachung nicht gefallen hat. Ihnen wäre ein ernsteres Making of der gewählten Filmtitel lieber. Andere mochten die Abwechslung.

Unter Disney-Themenparkfans wird Behind the Attraction sicher ähnliche Reaktionen hervorrufen. Denn Disney+ hat sich Brian Volk-Weiss ins Boot geholt, um sozusagen Disney-Attraktionen - Das waren unsere Themenparkerlebnisse auf die Beine zu stellen. Naja, ganz genau genommen hat Volk-Weiss mit seiner Produktionsfirma Disney+ ein anderes Format gepitcht, doch Disney+ fand seine Idee nur gut, allerdings nicht sehr gut, weshalb man ihn gefragt hat, ob er in seiner üblichen Tonalität nicht etwas über die Disney-Themenparks machen möchte. Volk-Weiss hat sozusagen aus eigenen Stücken ein Ticket für's Boot geholt und bekam dann diesen Posten zugesprochen.

Jedenfalls: Mit Dwayne Johnson als Massentauglichkeit anvisierenden, ausführenden Produzenten und Paget Brewster (DuckTales, Community) als humorvolle Erzählerin im Original schlägt Behind the Attraction eine andere Richtung ein als das tief im Archiv wühlende, kulturhistorisch-journalistische The Imagineering Story von Leslie Iwerks oder das Disney-Werbung betreibende One Day at Disney oder Disney Insider

Mit selbstironischen Spitzen und ständig auf's Gaspedal drückenden Kommentaren aus dem Off (halt im Stile der oben genannten Volk-Weiss-Projekte) vermeidet Behind the Attraction definitiv den Vorwurf, einfach nur Disney-Eigen-PR zu sein. Behind the Attraction könnte auch einfach eine Travel-Channel-Produktion sein, die sich etwas hipper und flippiger verkaufen will als für den Spartensender üblich. Aber dieses "Hach, es geht halt um Themenparks, und wir lieben Themenparks, aber es ist halt ... ein Themenpark ... und nicht tiefdüstere Politgeschichte!"-Spaßelement wird garantiert manchen Leuten auf den Keks gehen. 

Ich dagegen muss sagen: Hey, ist doch super, dass es mehrere Tonalitäten auf Disney+ gibt, um hinter die Disney-Kulissen zu blicken. Liebend gern würde ich eine zweite Staffel des ernsteren The Imagineering Story schauen, wenn ich Disneys PR-Spin sehen will (will ich das?!), schau ich Disney Insider, und Behind the Attraction gestattet weitere Einblicke in die Themenparks und deren Geschichte, aber eher auf eine "MTV der späten 90er, frühen 2000er, komm, hab 'ne gute Zeit und lern dabei, hier, nimm 'nen Keks und hör mal, hier ist 'n Joke!"-Weise.

Oder, in den Worten von Brian Volk-Weiss selbst, der in einer virtuellen Pressekonferenz seine Gedanken zur Show erklären durfte: "Es ist eine spaßige Sendung, die in allererster Linie unterhalten soll. Aber hoffentlich ... um das böse L-Wort zu benutzen, lernt man am Ende auch was."

Zumal: Behind the Attraction nutzt diese flippige Art, um mittels dieser Verpackung dem Publikum Elemente nahe zu bringen, die es nicht unbedingt anfragen würde ... von solchen Fans wie mir mal ausgenommen. Es gibt selbstkritische Auseinandersetzungen mit schlecht gealterten Ideen und Imagineers mit bislang weniger Medienprominenz dürfen ihre Perspektive erläutern und so auch den Hardcore-Fans Neues bieten. Denn was die prominenteste Garde so zu ihren Arbeiten sagt, das weiß das Themenpark-Fandom ja mittlerweile. Aber natürlich kommen auch die zu Wort, schließlich schauen auch "Normalos" rein. Und so reicht die Liste der Interviewpartner:innen von Bob Weis, Jeanette Lomboy, Kim Irvine und Scott Trowbridge bis Tom Fitzgerald und Joe Rohde.

Oder, um Vanessa Hunt vom Walt Disney Imagineering Art Collection Team zu zitieren, die schon mehrere Disney-Sachbücher verfasst hat: "Als ich die Show geschaut habe, war es für mich ein echtes Vergnügen, aus erster Hand die Geschichten meiner Imagineering-Kolleg:innen über Attraktionen zu hören, über die ich dies und das schon wusste." Die Interview-Segmente zu sehen und zu hören und so persönliche Erfahrungsberichte von Imagineers zu bekommen, ist einfach etwas anderes als die knallharten Fakten zu lesen.


Imagineer Dave Durham, der vornehmlich in der frühen Planungsphase kommender Attraktionen tätig ist und schon an Indiana Jones Adventure arbeitete, merkte zudem an, dass er das Format Behind the Attractions so sehr mag, weil so viele Imagineers zur Sprache kommen und darin die ganzen Anekdoten der Öffentlichkeit erzählen können, die sie sich zuvor verkniffen haben.

Ich kann nur hoffen, dass es eine zweite Staffel geben wird. Denn Volk-Weiss, der großer Disney-Fan ist, tat sich schon ungeheuerlich schwer, die Themen der ersten Staffel zu wählen. Am liebsten hätte er allein über Mission to Mars zehn Folgen gemacht, so enthusiastisch geht er an dieses Metier heran, und das merkt man dem Format definitiv an. Wieso also nicht mehr davon? Es gibt noch genügend andere Winkel der Parks zu erkunden!

Die erste Hälfte von Staffel eins geht am 21. Juli 2021 bei Disney+ online, im weiteren Verlauf des Jahres folgen fünf weitere Episoden.

Mittwoch, 28. Oktober 2020

Musikalisches Immergrün – Die besten Disney-Songs der Dekade (Teil XIII)

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Platz 15: Ich bin Vaiana ("I am Moana") aus Vaiana

Musik von Mark Mancina, Opetaia Foa'i und Lin-Manuel Miranda, Text von Opetaia Foa'i und Lin-Manuel Miranda (dt. Text von Tommy Amper)


Mit Ich bin Vaiana finden die drei musikalischen Stimmen aus Vaiana zusammen: Score-Komponist Mark Mancina, Musicalstar Lin-Manuel Miranda und der preisgekrönte Musiker Opetaia Foa'i, der zum Projekt hinzugezogen wurde, um einen authentischen südpazifischen Touch zu erhalten. Inhaltlich ist das Lied derweil quasi zugleich Staffelstabübergabe und Motivationslied: Zunächst singt Vaianas Großmutter dieses Lied der Ahnen für Vaiana, dann adaptiert sie es im Gedenken an ihre Oma und voller Stolz für sich selbst. Rührend und mit gesundem Pathos ist Ich bin Vaiana eine wunderschöne Powerballade!


 

Platz 14: Ways to be Wicked aus Descendants 2

Musik und Text von Sam Hollander, Josh Edmondson, Grant Michaels und Charity Daw


Müsste ich jemandem erklären, was der Disney Channel in den 2010er-Jahren so fabriziert hat, ich würde wohl zuallererst obiges Musikvideo zu Ways to be Wicked vorführen, dem Introsong zu Descendants 2. Denn ich wüsste keinen Clip, der kompakter zusammenfasst, wofür Disney-Channel-Eigenproduktionen dieses Jahrzehnts stehen: Extrem von Elektropop und anderen modernen Einflüssen geprägte Musik, ein junger Cast an Schauspiel-Gesang-Tanz-Dreifachtalenten, knallige Farben, Musikvideo-Sounddesign, Schul-Geschichten, pubertierende Hauptfiguren und Konzepte, die mit einem Fuß in klassischen Disney-Gefilden stehen, und mit dem anderen irgendwie flippiger, bunter oder schräger sein wollen. 


Und darüber hinaus macht mir Ways to be Wicked einfach absurd viel Spaß. Wikipedia sortiert ihn als Dance-Rock ein, äh, ja gut, meinetwegen, ich würde es dagegen als "Disney-Introsong auf kennyortegasche Disney-Channel-Logik nach vier Dosen Energy Drink, wild in einer knallig gefärbten Kunstlederjacke von einer Lautsprecherbox zur nächsten springend" bezeichnen. Aber gut, das wird wohl kein geläufiges Genre. Die Nummer ist ein gigantischer Fake-out, die eine ganz andere Story für den auf sie folgenden Film anteasert, und zugleich doch inhaltlich kohärente Etablierung von Mals Dilemma, ein laut und wild voranpreschendes Stück Zuckerschock, die kitschig-alberne, ungeheuerlich liebenswerte Disney-Channel-Vision dessen, was wohl Punk-Attitüde wäre. Gaga und genau richtig so.


Platz 13: Lost in the Magic aus Disneyland Paris

Musik von Mark Hammond, Text von Carolyn Gardner


Seit 1989 arbeitet Vasile Sirli für Disney. Seither hat sich der Rumäne zum Musikalischen Direktor des Disneyland Paris aufgeschwungen. Anfangs verfasste er auch selbst unzählige der Songs, die während Shows oder Paraden unseres europäischen Disneylands ertönt sind - und während dieser Phase entstanden auch die für mich größten Original-Ohrwürmer, die "mein Heimatpark" so zu bieten hat. Die Paradensongs nach Sirlis aktiver Zeit direkt an der musikalischen Front sind zwar auch allesamt für unzählige unvergessliche Momente zuständig (*versoffene Piratenstimme an*"Magic Everywhere!!!"*versoffene Piratenstimme aus*), jedoch dauerte es bis zum 25-jährigen Jubiläum des Disneyland Paris, bis sich ein neuer Paradensong so sehr in mein Herz, meinen Verstand und meinen Gehörgang gebohrt hat, dass ich ihn mir auch außerhalb der Tore des Pariser Disneylands immer wieder anhöre. 


Der frühere A*Teens-Produzent und Arrangeur mehrerer Alan-Menken-Kompositionen lässt im Paradensong Lost in the Magic beide Welten seines früheren Schaffens wundervoll kollidieren und erschafft eine poppige, knallige Kollision aus einem neuen klanglichen roten Faden und den zahlreichen Disney-Stücken, durch die er sich hier schlängelt. Dieser Paradensong setzt auf eine sehr künstliche, aber auch sehr kräftige Klangkulisse, die das Marschieren der Tänzertruppen und Disney-Figuren vor Ort vortrefflich begleitet und auch in den eigenen vier Wänden zumindest bei mir für ordentlich Laune und Energie sorgt. Mit Lost in the Magic fühle ich mich beim Staubwischen, Wäscheaufhängen oder Fenster- und Bodenputzen als wäre ich bei einer magischen Parade und lasse in Gedanken großartige Erinnerungen wieder aufleben.



Platz 12: Mutter weiß mehr ("Mother Knows Best") aus Rapunzel

Musik von Alan Menken, Text von Glenn Slater (dt. Fassung von Thomas Amper)

Während Rapunzel gemeinhin auf Lieder setzt, die durch Pop und Soft Rock inspiriert sind, so baten die Regisseure Byron Howard und Nathan Greno das Songwriter-Duo Alan Menken & Glenn Slater darum, auch eine broadwayeskere, klassischere Nummer zu schreiben. Und so bekam Mutter Gothel eine Schurkennummer spendiert, in der sie mit selbstdarstellerischer Genüsslichkeit all die Gefahren aufzählt, die Rapunzel angeblich außerhalb ihres Turms erwarten. Gespickt mit passiv-aggressiven Attacken, getarnt als Fürsorge, die Rapunzel kleinhalten und gefügig machen sollen, ist Mutter weiß mehr in seiner beiläufigen Garstigkeit sehr sondheimesk. Die Lyrics der Hauptversion dieses Songs reichen leider weder im Original noch in der deutschen Synchro an Sondheim-Größe heran, jedoch ist Gothel einer der wenigen Disney-Fieslinge, denen eine Reprise vergönnt ist – und die baut sich melodisch wie textlich wundervoll-fies auf. Gepaart mit dem ominöseren, kraftvolleren Arrangement ist es die Reprise, die Mutter weiß mehr in meinem Ranking auf diesen Platz schiebt. 

Platz 11: Wann fängt mein Leben an? ("When Will My Life Begin?") aus Rapunzel

Musik von Alan Menken, Text von Glenn Slater (dt. Fassung von Thomas Amper)

Der Eröffnungssong von Rapunzel ist zugleich ihr „Ich will“-Lied, wobei sich Rapunzel ihren Sehnsüchten nicht von Beginn an durch und durch klar ist: Zunächst listet das blonde Langhaar all das auf, womit es sich seine Zeit im Turm vertreibt. Und das in einer munteren, mild-flotten Art, die Andrew Lloyd Webbers Evita auf den Blumenkinderrock von Joni Mitchell treffen lässt. Das Arrangement lässt die Akustikgitarre klar in den Vordergrund treten, doch auch die Percussion ist deutlich und zunächst flippig. Erst, wenn Rapunzel allmählich aufgrund der Monotonie ermüdet und sich ihre Sehnsucht herauskristallisiert, an ihrem Geburtstag die alljährlich den Nachthimmel erleuchtenden Lichter von ganz nah zu erleben (oder gar generell mehr von all dem da draußen mitzubekommen, sollte Mutter es denn gestatten), wird die Melodie langsamer und die Streicher werden deutlicher.

Wann fängt mein Leben an? drückt Rapunzels Dilemma (sie kennt nur ein Leben, ist weitestgehend komfortabel damit, fühlt sich dennoch eingepfercht, aber aufgrund ihrer Ziehmutter hat sie Angst vor dem Unbekannten, so dass sie sich nicht im Klaren ist, ob, und wenn ja, wann sie ein Leben im Freien führen will/wird, geschweige denn ein Leben der freien Entscheidungen) auf den Punkt genau aus – und war laut Alan Menken der erste Song, der für Rapunzel geschrieben wurde. Diese Nummer bestätigte die Disney-Legende darin, den Weg einzuschlagen, die Musik im Film durch Mitchell beeinflussen zu lassen, und wurde auch im Score zu Rapunzels Leitmotiv.

Für Wann fängt mein Leben an? wurden zwei Reprisen verfasst, wobei die erste es nur auf den Soundtrack geschafft hat, während die zweite den Wendepunkt im Film markiert, an dem sich Rapunzel aus dem Turm hinaus wagt. Anfangs zögerlich, hüpft diese Reprise geradezu in immer freiere, forschere, frohere Klanggefilde und mündet in ein großartiges Gänsehaut-Crescendo. 

Dienstag, 14. Juli 2020

Musikalisches Immergrün – Die besten Disney-Songs der Dekade (Teil X)

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Diese Ausgabe von Musikalisches Immergrün ist voll mit Spoilern für Teen Beach 2, Rapunzel - Die Serie, Once Upon a Time in Hollywood und Ryan Murphys Netflix-Serie Hollywood. Ihr seid gewarnt!



Platz 30: What's My Name aus Descendants 2
Musik: Tom Sturges und Adam Schmalholz, Text: Antonina Armato, Tim James, Thomas Sturges, und Adam Schmalhol

Unter anderem produziert von Rock Mafia, dem Produktions-Duo, das unter anderem mit Eminem, Gwen Stefani, Green Day, Mariah Carey, Justin Bieber, Flo Rida, Ellie Goulding und Tokio Hotel zusammengearbeitet hat und sich in jüngeren Jahren dem Disney Channel und seinen Stars öffnete, präsentiert sich dieser Schurkinnensong als eine wuchtige Mischung aus Electrohop und Pop-Rap. Tja, es ist halt ein modernes Disney-Channel-Musical. Da sind solche Stilmischungen an der Tagesordnung. Und da China Anne McClain alias Ursulas Tochter Uma eine ziemlich voluminöse Stimme mitbringt, die an den ganzen Beats und Soundeffekten vorbeischmettern kann, ist dieser Egoboost-Fieslingssong auch schön kraftvoll geraten. Macht Spaß!


Platz 29: Ich bin Tex Richman ("Let's Talk About Me") aus Die Muppets 
Musik: Bret McKenzie, Text: Ali Dee Theodore (dt. Text von Christine Roche & Klaus-Rüdiger Paulus)

Einst produzierte Disney einen Film über eine Gruppe filzig-haariger, musikalischer Gestalten, die sich nach einer langen, gefeierten Karriere zerstritten haben. Nun will ein raffgieriger Geldhai die letzte Gedenkstätte an ihr Vermächtnis zerstören. Und zwar aus Gier. Und aus Rache daran, dass sie (in seinen Augen) einst daran Schuld getragen haben, dass er blamiert wurde. Aber genug von Die Country Bears. Lasst uns über Die Muppets reden.

Die Parallelen zwischen den beiden Disney-Musikkomödien mit genialen Puppentricks, die entweder aus Jim Hensons Puppenschmiede stammen oder einst aus ihr stammten, sind frappierend. Auch wenn Die Muppets eine Parallele aus dem Film gekürzt hat: Ursprünglich sollte Tex Richmans albern-selbstsicherer, prahlerischer Song auch von seiner peinlichen Muppet-Begegnung handeln. Das ist im Bonusmaterial der Blu-ray und auf dem Soundtrackalbum noch zu hören. Aber auch in der gestutzten Filmfassung ist diese wunderbar-dämliche Nummer ein großes Vergnügen.


Platz 28: Es ist vorbei ("Crossing the Line") aus Rapunzel - Die Serie
Musik: Alan Menken, Text: Glenn Slater (dt. Text von?)

Rapunzel - Die Serie ist ein wichtiger Baustein in dem Gebilde, das ich "Das neue Goldene Zeitalter der Disney-Serien" nennen möchte. Denn neben den neuen DuckTales, Willkommen in Gravity Falls, Die Legende der Drei Caballeros und Tron - Der Aufstand setzt auch Rapunzel - Die Serie auf eine bestechende Balance zwischen "Jede Episode steht dank eines Gimmicks oder eines klaren, abgeschlossenen Storybogens für sich" und einer horizontalen Erzählweise. Darüber hinaus vertieft die Rapunzel-Serie die Figuren aus dem Originalfilm, statt sie abzuflachen - das ist wahrlich nicht jeder Disney-Trickserie, die auf einem abendfüllenden Trickfilm basiert, vergönnt gewesen. Auch die neuen Figuren sind komplex - mit einer erstaunlichen/verwunderlichen Tendenz dazu, ins Machtgeile zu verfallen. Es ist vorbei ist eine echt starke, mit gesundem Pathos versehene Nummer, die Cassandras Wandlung fesselnd zur Schau stellt. 

Platz 27: That's How We Do aus Teen Beach 2
Musik und Text: Mitch Allan, Dan Book und Nikki Leonti

Es ist drehbuch- und songschreiberisch eine nicht genügend gewürdigte Leistung von Teen Beach 2, dass der Film einen schönen erzählerischen Bogen schlägt: Jeffrey Hornadays Musicalkomödie eröffnet mit einem Song, der gleichzeitig als Opener für Teen Beach 2 funktioniert als auch als Schlusssong des Films-im-Film Wet Side Story glaubwürdig ist. Zum Abschluss von Teen Beach 2 erklingt derweil ein Lied, das sowohl die perfekte Finalnummer dieses Films ist wie auch eine sehr plausible Eröffnungsnummer für den Film-im-Film. Aber damit noch nicht genug, denn Hornaday und die Teen Beach 2-Autoren Matt & Billy Eddy haben sich 2015 mit diesem Disney-Channel-Original-Movie-Streich in filmhistorischem Revisionismus geübt, bevor Quentin Tarantino und Ryan Murphy dafür gesorgt haben, dass es en vogue ist.

Denn dieses ach-so-seicht-wirkende, sommerliche Disney-Channel-Musical haut einen exquisiten, aussagekräftigen Twist heraus, dessen Botschaft zwar bereits 2015 vollauf angebracht war, jedoch erst wenige Jahre später zu einem thematischen Dauerthema im leichtgängigen US-Filmoutput werden sollte: Nachdem die Hauptfiguren des kitschig-stereotypen, aber auch sehr charmanten 1960er-Strandmusicals Wet Side Story einige Zeit in der realen Gegenwart verbracht haben, müssen sie zum Wohle der Existenz ihrer zurückgelassenen Freunde in die moralisch überholten und beengenden Begrenzungen ihres heimeligen Films zurückkehren. So fürchten sie jedenfalls. Aber: In einem sich einen feuchten Kehricht über "So waren solche Filme damals halt!"-Argumentationen kümmernden Twist, bekommt die in Wet Side Story bloß als rebellisch-hübsche, sich dennoch als Grazie in Nähe ihres vom System angestammten Platz fügende Lela, die den sozialen Fortschritt lieben gelernt hat, eine Botschaft von unserer dieserweltlichen Protagonistin Mack gesteckt: "Mach die Geschichte zu deiner eigenen!"

Teen Beach 2 endet damit, dass die Rückkehr der nun aufgeklärten und angespornten Wet Side Story-Nebenfigur nicht nur ihren Film veränderte, sondern somit auch die reale Welt von Teen Beach 2: Aus dem zwar liebenswerten, allerdings auch arg verstaubten und rückständigen Film Wet Side Story wurde durch Lelas neu erworbenes, feministisches Selbstbewusstsein das für seine Zeit revolutionäre Strandmusical Lela - Queen of the Beach mit einer starken, nuancierten, ihr Schicksal selbst in die Hand nehmenden Protagonistin.

In der Welt von Teen Beach 2 mutierte somit Lelas Film von "einem besonders kurzweiligen von vielen Strandmusicals", das nur ein paar nostalgisch-nerdige Filmfreaks kennen, zu einem aussagekräftigen, inspirierenden Kult-Dauerbrenner der Güte eines Rocky Horror Picture Show oder gar mehr. Das wiederum führt dazu, dass Teen Beach Movie- und Teen Beach 2-Protagonistin Mack den Film nicht mehr bloß halb augenrollend, halb schmunzelnd genießt, weil sie von ihrem Freund mit aller Macht mit der Nase auf ihn gestoßen wird (und sind wir ehrlich: Viele von uns haben geliebte Menschen vehement an alte Filme herangeführt, die uns etwas bedeuten, ihnen aber nichts zu bieten haben), sondern den Film mit ganzem Herzen zelebriert. Und mit ihr feiern auch Dutzende von andere Jugendliche Lelas Leinwandabenteuer auch noch im Heute, weil dieses neue, feministische Strandmusical für die Jugend der Gegenwart mehr Identifikationspotential bietet als der nostalgische Rücksturz Wet Side Story, den wir im Teen Beach-Filmuniversum bis dahin erlebt haben.

Teen Beach 2 schreibt für sein konsequent die Bedürfnisse seiner weiblichen Figuren verfolgendes Happy End also mal eben die Regeln eines spießig-spaßigen Subgenres neu (an dem sich auch Disney-Legende Annette Funicello beteiligte) - und unser Protagonist Brady hat auch etwas davon, weil er nunmehr seine Retrofilm-Begeisterung auf Augenhöhe mit der Frau seiner Träume teilen kann. Die Aussage des Ganzen könnt ihr euch ja wohl selber zusammenreimen.

That's How We Do erzählt all dies in etwa sechs flippigen, flotten, quirligen Minuten, die gespickt sind mit keck-altmodischem 50er/60er-Jugendfilm-Jargon und einer fröhlichen Melodie, während textlich die Logik der Wet Side Story-Songs sinnvoll weitergedacht wird: Während Bradys "Das war doch voll cool, oder?"-esk an Andere herangetragener Lieblingsfilm, der sich der eigenständigen Mack nicht erschlossen hat, mit so seichten, nichts hinterfragenden oder inspirierenden Feststellungen wie Best Summer Ever aufwartet, trällert That's How We Do auf verspielte, überhaupt nicht didaktische, sondern selbstredende Art und Weise daher, dass Mann und Frau gleichermaßen den eigenen Kopf verfolgen kann, und dass etwaige Differenzen bloß zu einem vergnüglichen Miteinander führen, solange wir alle kooperativ-freundlich gestimmt sind. THAT'S How We Do!



Platz 26: Come Dream a Dream aus Disneyland Paris
Musik und Text: Joel McNeely

Im Disney-Themenpark-Sprech ist das große Nachtspektakel der Gutenachtkuss für das Publikum - denkt man das weiter, so ist Come Dream a Dream der wohl zärtlichste Kuss, den Themenpark-Disney seinen Fans je gegeben hat. Denn dieser nach einer kurzen Atempause nach dem betörend schönen Lichter-, Farb-, Musik- und Feuerwerkspektakel Disney Dreams! erklingende Song mit sanftem Gesang von Cara Dillon ist ein liebevolles, beruhigendes, leicht-melancholisches Abschiednehmen hinein in die Nacht, wie es im Buch der Träume steht. Hach.

Montag, 20. Januar 2020

Musikalisches Immergrün – Die besten Disney-Songs der Dekade (Teil V)

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Platz 55: Bin Nummer eins, du Nummer zwei ("I'm Number One") aus Muppets Most Wanted
Musik und Text: Bret McKenzie (dt. Version: Christine Roche & Klaus-Rüdiger Paulus)

Musikalisch nicht so raffiniert wie der Herzschmerz-Song im Celine-Dion-Stil Wieso fühlt es sich so falsch an? respektive Something So Right, der gegen Ende von Muppets Most Wanted läuft, doch ich habe einfach diebische Freude an dieser Schurken-Nummer mit einem grinsend-gedemütigten Ricky Gervais und Kermits dick auftragendem, bösen Doppelgänger Constantine: Behämmerte Reime, eine scheppernd-spaßige Melodie und all das passt so gut zu diesen gemeinen Figuren. Ich hab meinen Spaß!


Platz 54: Fired Up aus Zombies - Das Musical
Musik und Text: Mitch Allan & Nikki Leonti Edgar

Und an Fired Up habe ich noch mehr Spaß: Der Disney Channel Original Movie Z-O-M-B-I-E-S (oder Zombies - Das Musical) spielt in einer quietschig-farbenfrohen Comicwelt, in der Zombies aussehen wie freundliche Clowns im Joker-Kostüm und Menschen in 50er-Jahre-Pastellton-Heiteiteiwelt-Lebensräumen gefangen sind. Cheerleading ist hier der wichtigste Sport von allen, und so überrascht es nicht, dass ein treibender, wiederkehrender Song in diesem Film eine Uptempo-Cheerleading-Nummer ist, in der ein Grinskopf mit Strahlemann-Lächeln und Mistkerl-Gestus (als befänden sich Sharpay und Ryan aus der High School Musical-Trilogie in einem Körper) die Anwärter fertig macht und unsere Heldin Addison die Moral hebt. Zuckrig, klebrig, lieb ich.


Platz 53: Surf Crazy aus Teen Beach Movie
Musik und Text: David Lawrence & Faye Greenberg

Noch einmal der Disney Channel: In Teen Beach Movie wird sich mit verschmitztem Grinsen und persiflierender Passion, doch auch voller Hingabe vor den Strand-Musikfilmen der 1950er- und 1960er-Jahre verneigt. Und dazu gehört natürlich auch ein froher, locker-leichter Song, in dem der ganze Cast darüber trällert, wie sehr er das Surfen liebt.


Platz 52: Twist Your Frown Upside Down aus Teen Beach 2
Musik und Text: Jeannie Lurie, Aris Archontis & Chen Neeman

In Teen Beach 2 werden Figuren aus dem fiktiven Surfer-gegen-Rocker-Teeniefilm Wet Side Story in die reale Welt transportiert. Naja, in die reale Welt eines normalen Disney Channel Original Movies jedenfalls. Und dort wundern sich zwei lebenslustige, dauerlächelnde Strandfilm-Leutchen, wieso sich auf dem Pausenhof die Leute in Grüppchen verziehen und eine miese Fluppe ziehend Trübsal blasen, lästern und andere necken. Daraufhin brechen sie in einen mitreißenden Ohrwurmsong darüber aus, wie leicht und toll es ist, zu lächeln. Twist Your Frown Upside Down ist quasi der Schwesternsong zu Stick to the Status Quo aus High School Musical und die Abfolge an verschiedenen Grüppchen, die sich plötzlich breit lächelnd Komplimente haben und angraben, ist einfach Gute-Laune-Garantie.


Platz 51: The Forest of Enchantment aus The Forest of Enchantment: A Disney Musical Adventure
Musik und Text: Gordon Goodwin & Lisa Goodwin

Meine liebste "Jukebox-Bühnenshow" des Disney-Themenpark-Jahrzehnts: Grammy-Preisräger Gordon Goodwin, der unter anderem schon für Ray Charles, Christina Aguilera, Johnny Mathis, Toni Braxton, John Williams, Michael Giacchino und Trevor Rabin arrangierte, kreierte für diese liebevoll gestaltete Show herrliche, lebhafte Versionen altbekannter Disney-Lieder. Vor der Kulisse eines bildhüschen, stilisierten Waldes und bevölkert mit fantasievoll zugespitzten Chos-Charakteren, lädt uns diese Show in einen Zauberwald ein. Als Klammer zu Beginn und Ende der Show dient ein neues Lied von ihm und seiner Gattin, das die rhythmische, fidele Klangwelt dieser Show etabliert sowie die Stimmung des Stücks toll zusammenfasst.

Sonntag, 1. Dezember 2019

Musikalisches Immergrün – Die besten Disney-Songs der Dekade (Teil I)


In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Disney-Konzern enorm gewandelt. Was 2003 beinahe Opfer einer feindlichen Übernahme durch Comcast geworden wäre und 2009 hoffte, dass Die Jagd zum magischen Berg ein Blockbuster werden könnte, ist mittlerweile der Platzhirsch im Kinogeschäft. Der 2009 noch mit gutem Glauben erhoffte, dritte Frühling für die Kunst des abendfüllenden Zeichentrickfilms blieb dennoch aus. Aber eine Sache hat sich auch in zehn Jahren nicht geändert: Musik ist ein essentieller Teil des Disneyzaubers.

Angefangen mit Steamboat Willie, der mit seinem bildsynchronen Ton die Kinozuschauer erstaunte und Micky zu Turkey in the Straw allerhand Schabernack treiben ließ, über die Silly Symphonys, die sich durch ihren mitunter nahezu lyrischen Musikgebrauch definierten, bis hin zu Schneewittchen und die sieben Zwerge, der Geburtsstunde dessen, was jahrzehntelang als Kern der Marke "Disney" aufgefasst wurde: Lange Zeichentrickmärchen für die ganze Familie, die einen mit ihren markanten, harmonischen Liederkompositionen für den Rest des Lebens begleiten. Auch abseits des Zeichentrickfilms setzte Walt Disney häufig auf die magische Macht der Musik, und so verwundert es wohl kaum jemanden, dass das mit Zeichentrickelementen versehene Musical Mary Poppins die erfolgreichste Realfilmproduktion zu Walts Lebzeiten wurde - und für zwei Jahrzehnte Disneys größter Realfilmhit blieb. Inflationsbereinigt ist Mary Poppins sogar weiterhin ungeschlagen - solange wir von Filmen der Marke Disney sprechen, denn Disneys (eingekaufte) Tochterfirmen haben so manchen Hit zu bieten, der noch größer ist.

Derweil hat in den vergangenen zehn Jahren eine Generation an Disney-Realfilmmusicals eine beeindruckende Entwicklung durch gemacht: Die poppigen Disney-Channel-Produktionen, die einst viele ältere Disney-Fans zur Verzweiflung gebracht haben, sind mittlerweile für einen ganzen Schlag an erwachsenen Disney-Fans genauso nostalgisches Wohlfühl-Klangfutter wie es einst die Songs aus der Disney-Renaissance für Leute in ihren Zwanzigern und Dreißigern waren. Und dieser Disney-Klangkosmos wächst und wächst: Wo einst Hannah Montana und High School Musical für Jubelschreie sorgten, sind schon längst Violetta und die Descendants durch die Gehörgänge marschiert.

Und selbst in den Disney-Freizeitparks ist es eine wahre Herausforderung einen Winkel zu finden, an dem man vor musikalischer Stimmungsmanipulation sicher ist - überall lauern Eigenkompositionen, stärker oder weniger stark umarrangierte Instrumentalversionen von populären Disney-Songklassikern und kurze Anleihen an obskurere Lieder, die selbst unter den stolzesten Disneyliebhabern weniger bekannt sind. Es ist, wie es ist: Disney wäre ohne seine Musik, und insbesondere ohne sein herausragendes Liedgut, nicht solch eine mächtige Institution. Das muss gar nicht erst groß ausdiskutiert werden, selbst die größten Verehrer der Non-Musicals Disneys werden da - vielleicht mürrisch - zustimmen.

Um den Wechsel von dieser zur nächsten Dekade zu zelebrieren, möchte ich euch in dieser Artikelreihe mitnehmen. Mit auf eine Reise quer durch Disneys beeindruckende Liedersammlung der Jahre 2010 bis 2019. Und ihr kennt es vielleicht noch von dieser Artikelreihe: Ich werde nicht chronologisch vorgehen, sondern den Reiseverlauf von meiner ganz persönlichen Hitliste abhängig machen.

Ich präsentiere also voller Stolz und ohne Scheu:

Musikalisches Immergrün - Die besten Disney-Songs der Dekade

Damit genug des Vorgeplänkels. Der Übersicht zu Liebe soll hiermit auch dieser Artikel sein Ende finden - und mit dem nächsten Beitrag in dieser Artikelreihe geht es dann endlich los und wir arbeiten uns langsam hoch bis hin zur Spitzenposition.

Ich hoffe ihr genießt diesen Countdown so sehr, wie ich die Arbeit an ihm.

Auf dann!

Montag, 19. Februar 2018

Oasen in der DTV-Wüste: "Peter Pan: Neue Abenteuer in Nimmerland"


Es war einmal, vor über einem Jahrzehnt, da war es noch alltäglich, dass der Walt-Disney-Konzern seine Zeichentrickklassiker nahm und mit niedrig budgetierten Fortsetzungen weitererzählte. Diese wurden von den DisneyToon Studios für den Heimvideomarkt produziert und gemeinhin im Rahmen einer Disney-untypisch kurzen Produktionsphase verwirklicht. Oder, weniger freundlich gesagt: Disney verramschte den angesehenen Ruf seines Meisterwerk-Archivs, indem das Unternehmen unambitioniert zusammengeklöppelte Video- und später DVD-Premieren veröffentlichte, die darauf warteten, dass Eltern und Großeltern mit tiefen Taschen ihren Liebsten ein hochpreisiges Geschenk in Form eines brandneuen Disney-Films machen wollen.

Aber es wäre ungerecht, die Produktionen der DisneyToon Studios in ihrer Gesamtheit als Schund abzutun. Nicht nur, dass es gelungene Ausnahmen wie Aladdin und der König der Diebe gab: Auch ganz normale Wegwerfware aus den DisneyToon Studios hat den einen oder anderen glanzvollen Aspekt zu bieten. So wie Peter Pan: Neue Abenteuer in Nimmerland, der aufgrund der positiven Resonanz innerhalb des Konzerns entgegen der ursprünglichen Pläne sogar in die Kinos entlassen wurde.

Was man bei Disney in dem Film sah, wird aber wohl für immer ein Rätsel bleiben. Vielleicht wollte man auch nur den Saatkorn eines Gedankens namens "Piraten sind toll, Yo-Ho" in die Köpfe der Menschen pflanzen, so rein vorsorglich. Wer weiß? Denn Neue Abenteuer im Nimmerland weist dieselbe grelle, wenig nuancierte Kolorisation wie die meisten DisneyToon-Studios-Zeichentrickfilme auf und mit "Das Kind einer Hauptfigur aus Teil eins" ist der Plot dem DTV-Stammpublikum ebenfalls bestens bekannt. Der Übergang zwischen Akt zwei und Akt drei, in dem Wendys Tochter Jane zwischen einem Verrat an Peter Pan sowie dem Genuss ihrer Zeit im Nimmerland hin und her gerissen ist, ist trotz der strammen Filmlaufzeit von nur 72 Minuten zäh und die Charakteranimation an Tinkerbell (respektive Naseweis in der deutschen Synchro) eher schwammig, während Peter Pan wiederholt off model erscheint. Und die CG-Elemente (vor allem der Flug durch das nächtliche London) sind ein Graus.

Aber: Jane ist eine passable Hauptfigur. Als junges Mädchen, das zuhause glaubt, aufgrund des London ereilenden Zweiten Weltkrieges frühzeitig erwachsen werden zu müssen, das aber dennoch einen nicht zu verachtenden Abenteuerdrang in sich trägt, passt sie gut in eine Nimmerland-Geschichte. Überhaupt sitzt einfach die Atmosphäre der Rahmenhandlung in London (abgesehen vom besagten Digitalflug durch den Nachthimmel). Und der Slapstick rund um einen Kraken, der es auf Hook abgesehen hat, ist zügig und eskaliert mit cartoonhafter Genüsslichkeit. Die wahre Oase in der DTV-Qualitätswüste, die sich in Neue Abenteuer in Nimmerland finden lässt, ist allerdings die Instrumentalmusik!

Neue Abenteuer in Nimmerland ist gewissermaßen der Vorbote der Tinkerbell-Filmreihe: Kitschige, uneingängige Songs - hervorragender Score aus der Feder Joel McNeelys! McNeely ist eh ein heimlicher Disney-Fortsetzungs- und Ablegerfilm-Experte, komponierte er abseits der ganzen Nimmerland-Weitererzählungen doch unter anderem die Musik zum Splash-Sequel, den Score des afro-amerikanisch besetzten Pollyanna-Remakes und die Musik von Lilo & Stitch 2. Außerdem ist McNeelys Arbeit in Teil drei und vier (!!) von Die Vermählung ihrer Eltern geben bekannt ... zu hören sowie in Cinderella III.

Und was viele Disney-Fans entweder verdrängt, vergessen oder sich schlicht nie bewusst gemacht haben: Die ungeheuerlich beliebte Feuerwerks- und Projektionsshow Disney Dreams setzt prägnant auf dezent umarrangierte Passagen aus seiner vergnüglich-verträumten Eröffnungssuite von Neue Abenteuer in Nimmerland! Es war McNeely, der die Musik zu dem Disneyland-Paris-Original geschrieben hat, und dabei komponierte er nicht nur den rührenden, epischen Abschluss, sondern überarbeitete für den Einstieg noch einmal seine für diesen DisneyToon-Studios-Film geschriebene Suite aus bekannten Nimmerland-Klängen.

Allein schon für McNeelys Musik lohnt es sich, diesen Film nochmal aus dem Regal zu kramen (oder ihn bei einem der vielen Streaminganbieter anzuklicken, wenn man's nicht so mit einer haptischen Sammlung hat). Besonders für Disneyland-Paris-Fans, die Dreams vermissen. Da werden Erinnerungen wach, von denen man vielleicht gar nicht wusste, dass sie sogar weit über die Dreams-Premiere hinausreichen!

Samstag, 18. November 2017

Disneyland Paris und sein dritter Park: Eine Nuss, die es zu knacken gilt


Vielleicht haltet ihr mich für zu optimistisch, doch für mich steht eines außer Frage: Eines Tages wird das Disneyland Paris einen dritten Park eröffnen - und damit meine ich einen richtigen Disney-Park, und nicht etwa eine Verlegenheitslösung wie Villages Nature. Der dritte Park war schon früh Teil des Gesamtplans für den europäischen Disney-Themenparkkomplex und ist ein vertraglich abgesicherter Aspekt im Abkommen zwischen Disney und den französischen Behörden. Aufgrund des wirtschaftlichen Standes von Disneyland Paris wurde die Deadline zur Parkeröffnung jedoch immer wieder verschoben, weshalb viele Themenparkfans glauben, dass der dritte Park einfach so lange nach hinten geschoben wird, bis er letztlich nie gebaut werden muss, weil die Erde vorher in die Sonne stürzt oder ein verrückter Politiker den Globus in die Luft jagt.

Ich habe dagegen im Gefühl, dass Disneyland Paris sehr wohl um einen dritten Park wachsen wird. Wenn eines Tages endlich die Geschäftszahlen stimmen, wird Disney die 1.944 Hektar Platz ausnutzen wollen. Zumal Disneyland Paris mit seinen zahlreichen Hotels genügend Schlafplätze bietet, die gerne stärker ausgelastet werden dürften und so noch mehr Geld ins Säckel der Maus bringen.

Doch die brennende Frage ist: Welches Thema sollte der dritte Park verfolgen? Mit dem magischen Königreich des Disneyland Parks und dem Walt Disney Studios Park, welcher der ganzen Bandbreite von Disneys Filmfranchises thematisch Tür und Tor öffnet, sind die zwei naheliegendsten Sprungbretter für Disney-Themenparks bereits nahe Paris verankert worden. Und da die Studios noch viel Platz bieten und nach einer Vergrößerung schreien, werden viele Ideen für potentielle Attraktion in naher Zukunft sicher erst einmal dort verwirklicht, statt in die Schublade "Konzepte für Park Nr. drei" geschoben.

Meine kontroverse Meinung zum eventuellen dritten Park: Disney schießt sich aktuell selber damit ins Bein, dass sie das Konzept der Studios verändern, weg von "Die magische Welt der Filmproduktion" hin zu "Abgetaucht in die beeindruckende Welt bestimmter Filmmarken". Vor allem die geplante Neukonzeptionierung der linken Hälfte des Parks zur großen Marvel-Welt sehe ich als Problem. Nicht, weil mich Marvels Präsenz in einem Disney-Park stört. Sondern, weil es Potential für Park drei raubt, der in einer idealen Welt unter anderem Marvel Platz bietet, während die Studios weiterhin für das klassischere Hollywood und Pixar stünden.

Meine vollkommen verträumte, daher unrealistische, Idee für Park drei wäre nämlich, ein etwas stärker auf Jugendliche und junge Erwachsene gebürstetes Pendant zum familienorientierten, zauberhaften Disneyland Park aufzubauen. Einen Park, der durch intensives Themening seine Besucher in die actionreichen Welten von Marvel, Star Wars und anderen "wilderen" Disney-Marken entführt und in dem es, dem europäischen Parkbesuchergeschmack entsprechend, auch ein paar Thrillrides mehr gibt als in Disney-Parks üblich - wobei weiterhin der Eskapismus Vorrang haben sollte, nicht das Durchrütteln des Publikums. Ein Teil des Parks könnte kontemporäres Großstadt-Themening haben (für Avengers wie Ant-Man, Iron Man und Captain America), einer in die kunterbunte Welt der Guardians of the Galaxy entführen, ein geräumiger Teil wäre für "unsere" Version von Star Wars: Galaxy's Edge, und es gäbe natürlich noch Raum für mehr. Ich persönlich würde mich etwa nicht über eine Pirates of the Caribbean-Ecke beschweren, aber ich weiß, dass das zu viel verlangt ist. Andererseits ist eh dieser ganze Park zu viel verlangt. Denn Disney muss jetzt erst einmal die Studios auf Vordermann bringen, und da ist Marvel ein so großes Geschenk, dass es da einfach eingesetzt werden muss.

Wenn die Studios also zum Marvel-Pixar-Park werden, was könnte dann das Thema des dritten Parks werden? Fans wünschen sich seit Ewigkeiten einen Schurken-Park, aber das wird wohl niemals umgesetzt, ein europäisches Epcot dürfte völlig außer Frage stellen, ebenso wie ein zweites Animal Kingdom - zumindest ich halte das Konzept des Parks nicht für sehr europaaffin.

Ich hoffe ja, dass es ein originelles, unerwartetes Thema wird, das dem dritten Park seinen Aufhänger gibt. Ähnlich wie Japans hoch gepriesenes Tokyo DisneySea: Wir brauchen einen mit intensivem Themening aufwartenden, "erwachsenen" Park, um noch stärker gegen das Vorurteil, Disneyland Paris sei nur für Familien, aufzuwiegen. Zudem sollte der dritte Park, wenn wir schon meine erträumte Marvel/Star Wars-Kombi nicht bekommen werden, in genau die entgegengesetzte Richtung schlagen und auf Filmlizenzen verzichten. Wir haben dafür ja schon die Studios.

Ein zweites DisneySea wäre natürlich einfallslos, da geklaut, aber es muss ja keine fiktive Hafenstadt sein, in die man hier entführt wird. Was wären eure alternativen Ideen?

Freitag, 10. November 2017

Freitag der Karibik #68


Im Herbst dieses Jahres ist eine piratige Disney-Legende von uns gegangen: Francis Xavier Atencio, bestens bekannt als X. Atencio. Der am 4. September 1919 in Walsenburg, Colorado geborene Künstler starb am 10. September dieses Jahres. Er wurde 98 Jahre alt und hinterließ ein umfangreiches Lebenswerk, das Generationen von Trickfilm- und Themenparkfans begeisterte - und das noch viele weitere Generationen verzaubern wird.

Atencios wohl meistzitierte Leistungen sind musikalischer Art: Er verfasste die Liedtexte zu Yo-Ho (A Pirate's Life for Me) und Grim Grinning Ghosts, also zu den Songs, die sich wie ein roter Faden durch zwei absolute Fanlieblinge unter den Disney-Attraktionen ziehen. Ohne Atencios Texte wären Pirates of the Caribbean und Haunted Mansion/Phantom Manor nicht das, wofür sie so sehr gefeiert werden. Aber Atencio hat diese kultigen Juwelen der Disney-Themenparkwelt nicht nur mit diesen Liedern geprägt: Er verfasste auch die generellen Scripts für die Originalversionen von Pirates of the Caribbean und Haunted Mansion.

Dass Atencio diese Aufgaben zugetragen bekam, ist einem glücklichen Zufall zu verdanken: Nachdem Walt Disney ihn ins Imagineering-Team geholt hat, war er Teil der Gruppe, die an Pirates of the Caribbean tüftelte. Eines Tages sagte Atencio zu Walt Disney, dass diese bunte, bislang zusammenhanglose Abfolge an Szenen am besten durch ein Lied zusammengehalten werden sollte. Walt Disney gefiel die Idee und meinte: "Du solltest das Lied schreiben!" Atencio hatte bis zu diesem Zeitpunkt nicht ein einziges Mal als Liedtexter gearbeitet, befolgte aber diese Aufforderung. Und schuf einen unsterblichen Klassiker, auf dessen Schwingen er die Karriereleiter im Imagineering nach oben stolperte. Atencio arbeitete später unter anderem auch am Space Mountain und Spaceship Earth mit.

Atencio stieg 1938 bei Disney ein und wirkte zuerst als Reinzeichner an Filmen wie Pinocchio sowie Fantasia mit, ehe er zum Militärdienst eingezogen wurde. 1945 kehrte er in die Disney-Studios zurück und war zuerst in kleineren Positionen an diversen Episodenfilmen beteiligt, ehe er maßgeblich am Oscar-prämierten Kurzfilm Toot, Whistle, Plunk and Boom mitwirkte. Walt Disney gefiel, was Atencio mit limitierter Animation bewerkstelligen konnte und holte ihn ins Team für den Mickey Mouse Club, wo "große Leistung für kleines Geld" gefragt war. Atencio zeichnete dort Jiminy Grille, dieses Mal als Chef-, statt als Reinzeichner. Erneut wurde Walt auf Atencio aufmerksam und beauftragte ihn, an stilisierten Stop-Motion-Kurzfilmen wie Noah's Ark mitzuarbeiten - Posten, die ihm Aufträge in der Effektcrew von Aufruhr im Spielzeugland und Mary Poppins einbrachten.

Danke, X!

Freitag, 21. Juli 2017

Freitag der Karibik #52

Auf der D23 Expo gab es ein nahezu einstündiges Panel zur Geschichte der Marke Pirates of the Caribbean innerhalb des Disney-Konzerns, das ich euch nicht vorenthalten möchte!


Freitag, 11. November 2016

Steven Gätjen: "Rankings sind eine Reibungsfläche"


Nachdem ich vor wenigen Wochen mit Steven Gätjen über seine neue ZDF-Sendung sowie über das Geben und Aushalten von Kritiken gesprochen habe, haben wir uns nun erneut gesprochen. Dieses Mal ganz locker und ungezwungen zum Thema Disney. Denn demnächst geht es im Disney Channel mit der dritten Staffel Disney Magic Moments weiter. Ein weiteres Mal moderiert Steven Gätjen die ambitioniert und passioniert über die Disney-Wunderwelt informierende Rankingshow, und wie schon in Runde zwei bin auch ich als Kommentare von sich gebender Disney-Experte mit von der Partie. Grund genug, sich jeweils über die Show und unsere jeweilige Disney-Fanbiografie auszutauschen!

Wann und wie hat deine Leidenschaft für Disney begonnen?
Es fing mit den ersten Disney-Filmen an, die ich gesehen habe. Ich habe mich in diesen traumhaften, schönen Welten einfach wohl gefühlt. Und da mir meine Eltern schon sehr früh gerne vorgelesen haben, habe ich bereits als kleiner Junge gute Geschichten zu wertschätzen gelernt – und Disney kann das einfach! Intensiver wurde es dann, als ich mit 14 Jahren erstmals in Walt Disney World war. Das war für mich ein echter Wow-Moment, die Parks sind total genial, so märchenhaft und toll gemacht. Ich bin da mehrmals wieder hingereist, sowohl beruflich als auch privat.

Was war denn dein erster Disney-Film?
Ich weiß es nicht mehr so genau … Die ersten, an die ich vage Erinnerungen habe, sind Schneewittchen und die sieben Zwerge und Bambi, doch der, bei dem der Funke so richtig übergesprungen ist, war Das Dschungelbuch. Der hat meine Liebe zu Trickfilmen als Medium so richtig geprägt und mich nachhaltig geprägt.

Mein erster Disney-Film war ja Aladdin, aber meine Disney-Leidenschaft fing schon mit dem Disney Club im Ersten an, wo mich die Donald-Cartoons total gepackt haben …
Ohja, Donald ist ja auch richtig klasse!

… und daher war ich fast schon persönlich gekränkt als er selbst hier, im Entenland Deutschland, in Staffel zwei der Disney Magic Moments nicht zum lustigsten Tier gewählt wurde.
Ja, die Rankingergebnisse sind immer für eine Überraschung gut – da bleibe auch ich manchmal verdattert zurück. Ich bin mir sicher, dass du in der neuen Staffel bei der Ausgabe zu den besten Disney-Schauspielerinnen und -Schauspielern bei der einen oder anderen Platzierung fragend dreinblicken wirst. (lacht) Ich schätze, dass die Leute da mitunter danach abgestimmt haben, wie sehr sie die Personen generell mögen, und nicht konkret nach den Schauspielleistungen in deren Disney-Filmen. Aber das liegt in der Natur der Rankings: Sie sind ja eine Reibungsfläche, die Diskussionen anregen soll, wie man zu Filmen, Szenen und Künstlern steht, und da ist der vehemente Vergleich zwischen den eigenen Meinungen und der repräsentativen Abstimmung sehr willkommen.

Ja, ich freue mich schon sehr auf die Twitter-Debatten! Vor allem zu der Schauspieler-Folge, da kenne ich dank meiner Mitwirkung als Greenscreen-Kommentator bereits einige der Plätze. Das wird besonders spannend. Welche der Disney Magic Moments-Themen sind eigentlich deine Favoriten?
Ich zähle mal das Star Wars-Ranking dazu – da stand ja dasselbe Team dahinter, auch wenn es nicht als Disney Magic Moments lief. Die Folge hat mir riesigen Spaß gemacht, weil bei diesem Universum mein Herz aufgeht. Und in der neuen Staffel hatte ich besonders große Freude am Pixar-Ranking – auch hier, weil ich einen persönlichen Bezug zum Thema habe. Ich weiß noch, wie ich Toy Story im Kino gesehen habe und vorher dachte: „Ein computeranimierter Film über Spielzeuge, die zum Leben erwecken, das kann ja nichts werden …“ Und dann kam da so eine großartig erzählte Geschichte bei raus! Seither habe ich jeden Pixar-Film verschlungen und bin immer wieder enorm gespannt, wie die es schaffen, ihren Storys diesen speziellen Dreh zu verleihen. Einer meiner Favoriten von Pixar ist Die Unglaublichen. Allein die Idee, dass der Film in einer Welt spielt, in der Superheldsein verboten ist, weil die Bevölkerung dagegen geklagt hat, dass ihnen geholfen wird … Klasse. Oder Alles steht Kopf, wo uns Pixar in die Gefühlswelt eines jungen Mädchens entführt und mit einer kunterbunten Fantasiefigur bekannt macht … Bei Pixar gibt’s einfach immer wieder so brillante Einfälle.

Wo du Die Unglaublichen erwähnst: Da freue ich mich ja auch schon sehr auf die Fortsetzung!
Ich warte da erstmal ab. Ich bin natürlich gespannt, wie sie aussehen wird, aber … Ich weiß nicht. Findet Dorie fand ich zwar toll, aber längst nicht so gut wie das fantastische Original. Es fehlte mir da der Neuheitsfaktor.

Also bist du generell nicht so der Fortsetzungsfreund?
Daran liegt es nicht, ich mag viele Fortsetzungen. Aber gelegentlich fehlt mir bei ihnen halt was. Bei Avengers habe ich mich riesig gefreut, all diese Figuren erstmals auf der Leinwand miteinander interagieren zu sehen – und dann kam Avengers: Age of Ultron, der zwar als Film eigentlich genauso gut ist, doch er hat mich nicht mehr so sehr mitgerissen, weil ich halt schon wusste, wie es ist, wenn diese Helden aufeinander treffen. Aber er war wenigstens toll gemacht, genauso wie Pixar bei seinen Fortsetzungen bisher immer handwerklich top ist – gut, inhaltlich war Cars 2 nicht unbedingt mein Fall, dennoch hat er Achtung verdient. Ich habe mehr Probleme mit lieblos gestalteten Fortsetzungen wie Cap & Capper 2 oder Peter Pan: Neue Abenteuer im Nimmerland, die sich dann doch schwer tun, nicht wie Geldmache zu wirken …

Und wann hat bei dir die Faszination für die „Geschichten hinter den Geschichten“ begonnen, also für die Entstehung der Filme sowie für die Biografien der Macher? Meine erste Disney-Biografie habe ich mit 10 verschlungen, aber ich war sicher ein Frühstarter …
Oh, so jung war ich nicht, als das losging. Ich habe dennoch früh damit angefangen, mich dafür zu interessieren, wo die Ideen für die Filme herkommen, und auch die großen Persönlichkeiten hinter den frühen Disney-Filmen haben früh meine Aufmerksamkeit gewonnen. Intensiv habe ich mich mit der Materie aber erst im Erwachsenenalter auseinandergesetzt, als es mit der Disney Filmparade losging. Da dann aber so richtig – da habe ich mich auch mit der Disney-Arbeitsphilosophie befasst und der ganzen Einstellung des Unternehmens. Das fand ich richtig packend.

Auch wenn die kritischen Stimmen immer leiser werden, so hat es ja doch einige Unkenrufe gegeben, als Disney damit anfing, mehr und mehr Marken zu erwerben. Wie stehst du zu Disneys Kauf von Pixar, Marvel und Lucasfilm?
Wie alles im Leben, hat auch Disneys Unternehmensstrategie sicher positive wie negative Seiten. Aber ich glaube zum Beispiel nicht, dass George Lucas mit seinen letzten Filmen die Star Wars-Saga verbessert hat. Die Prequels sind bei weitem nicht so schlecht, wie sie gern geredet werden – aber so gut, wie man es sich gewünscht hätte, sind sie ebenfalls nicht. Mit Das Erwachen der Macht“ hat Disney hingegen gezeigt, dass sie der Reihe frischen Wind verleihen können. Und mit Rogue One, den tollen Castingentscheidungen beim Han-Solo-Film und den ganzen Marvel-Filmen beweisen sie auch, welche tollen Impulse sie setzen können und wie klug sie an diese Wahnsinnsaufgabe, solche Riesenfilme auf die Beine zu stellen herangehen. Und auch bei Pixar habe ich keine negativen Entwicklungen seit dem Disney-Einkauf bemerkt – es ist halt nur zu einfach, irgendwas negatives zu behaupten.

Angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen eine alberne, kleine Rausschmissfrage: Welche Disney-Figur würdest du dir den USA anstelle Donald Trump als Präsident wünschen?
Es geht ja darum, eine Position zu besetzen, die Intelligenz erfordert und mit Erfahrung sowie bedachter Emotionalität bekleidet werden sollte … Da würde ich auf Carl Fredricksen aus Oben setzen, dessen kaltes Herz im Laufe des Films erwärmt wurde und der am Ende Witz und Lebensfreude mitbringt. Alternativ wäre ich für Judy Hopps aus Zoomania, die mit ganz viel Engagement und Leidenschaft dabei ist, die zudem immer willens ist, dazuzulernen und die voller Energie dafür kämpft, für jeden die Welt zu einem besseren Ort zu formen. Das ist die richtige Einstellung.

Besten Dank für das Gespräch!

Disney Magic Moments ist ab Montag, dem 14. November 2016, wöchentlich ab 20.15 Uhr im Disney Channel zu sehen - immer schön mittwittern unter #DisneyMagicMoments!

Mittwoch, 16. März 2016

Let's Swing into Spring!


Seit meinem letzten Besuch im Disneyland Paris sind leider drei laaaange Jahre vergangen, aber dieses Frühjahr war es endlich wieder so weit: Ich bin ins französische Zauberreich gefahren, das von einer quietschfidelen Maus regiert wird. Obwohl wir alle wissen, dass eine gewisse cholerische Ente die beste Figur ist, die je das Licht der Disney-Welt erblickt hat. Aber lassen wir diese jahrzehntealte Debatte ruhen, um uns meinem nunmehr 23. Trip ins Disneyland Paris zu widmen. Dieser Besuch bot für mich tatsächlich einige Neuheiten - sowas kommt nun einmal vor, wenn man nicht oft genug vorbeischaut.

So kam ich erstmals in den Genuss der noch vergleichsweise frischen Frühlingssaison im Disneyland Paris. Obwohl das Swing into Spring-Fetival erst 2014 eingeführt wurde, stellt es mittlerweile für nicht wenige Mitglieder in der DLP-Fancommunity die Lieblingssaison dar. Und ich kann sehr gut nachvollziehen, weswegen: Der Disneyland-Frühling hat zwar weder die Coolness von Halloween, noch den Prunk von Weihnachten, jedoch ist diese Saison eine besonders muntere: Durch die warme, freundliche Gestaltung der Frühlingsdeko wird das Disneyland Paris von einer charmanten, süßlichen Atmosphäre erfüllt. Mehr als eh sch. Von den zahlreichen über den Park verteilten Osterei-Versionen ikonischer Disney-Figuren, über die zahlreichen Blumendekorationen in der Main Street, U.S.A., bis hin zu kunstvollen Gestecken: Der Frühling im Disneyland Paris hat geradezu eine Wohlfühlgarantie.

Und für alle Disney-Park-Geeks hat er den besonderen Bonus, dass er das im viktorianischen Stil gehaltene Fünftel des Parks zum Leben erweckt, wie sonst keine Saison: Die Disney-Figuren treffen ihre Fans in Outfits im galanten Dapper-Stil und sobald die Swing into Spring-Saison richtig in Gang geht, gibt es zudem Musik und Streetmosphere, die perfekt zum Look der Main Street passt. Herrlich! Und ideal, wann immer man im Laufe eines ereignisreichen Urlaubstages in der so atmosphärisch dichten, bildhübschen Main Street kurz durchschnaufen möchte.


Bis Mai besteht das frühlingsafte Entertainment-Programm im Disneyland Paris zudem aus der sehr schönen Show The Forest of Enchantment, die Teil jedes Besuchs in den kommenden Monaten sein sollte! Meine Gedanken zu dem liebenswerten, kleinen Bühnenmusical könnt ihr hier nachlesen.

Wie bei jedem Disneyland-Paris-Besuch habe ich mich auch dieses Mal auf die Bäckereien und Süßwaren-Snackstände gestürzt, um mir wiederholt die umwerfendste Köstlichkeit zu gönnen, die man in Marne-la-Vallée erwerben kann: Die superschokoladigen Brownies! Von diesen verboten guten Zuckerbomben gestärkt, ging es auf all meine Lieblingsattraktionen im Disneyland Park - und da es im Frühjahr vergleichsweise ruhig ist, wurden die meisten von ihnen sogleich drei Mal oder öfter besucht! Kaum etwas bringt mich so sehr auf Trab wie eine Kreuzfahrt mit den Pirates of the Caribbean, und ich würde lügen, müsste ich sagen, dass ich nicht süchtig danach bin, meine eigenen Highscores beim interaktiven Darkride Buzz Lightyear Laser Blast zu brechen. Das schaurig-düsterromantische Pariser Original Phantom Manor wollte natürlich ebenfalls bestaunt werden, und it's a small world ist und bleibt ein kitschig-fröhlicher Superspaß. Auf Big Thunder Mountain und Peter Pan's Flight musste wegen Renovierungsarbeiten verzichtet werden, dafür habe ich mich, nachdem ich die Bahn beim letzten Besuch ausgelassen habe, von Space Mountain bis zum Mond und darüber hinaus schießen lassen.

Viel gespannter als auf das Wiedersehen mit diesen und weiteren Bahnen im klassischen Park war ich aber auf das, was der Walt Disney Studios Park für mich zu bieten hatte. Okay, Forest of Enchantment als neue Show und meine ewige Lieblingsbahn Pirates of the Caribbean waren ganz oben auf meiner "To do"-Liste. Sowie das obligatorische Treffen mit Donald Duck, denn ein Disneyland-Besuch ohne Donald ist für mich nur ein halber Besuch. Trotzdem: Der zweite meiner drei Urlaubstage sollte der große, gespannt erwartete Studio-Tag werden!


Der Walt Disney Studios Park ist für manche Disney-Park-Nerds so etwas wie das schwarze Schaf in der Familie. Und mit seinem sehr geringen Themening in den ersten Jahren sowie der künftige Erweiterungen des Parks erschwerenden Platzierung einiger Rides sehe ich auch, wo diese Meinung herkommt. Trotzdem habe ich eine gewisse Schwäche für den Disney-Park, der wohl die höchste Thrill-pro-Quadratmeter-Dichte aufweist und zudem mit Cinemagique und bis vor kurzem auch mit der Schwarlicht-Bühnenshow Animagique zwei tolle Originale zur Eröffnung herbeizauberte. Donalds wunderliche Reise durch das Disney-Archiv ging nach rund 15 Jahren endgültig in Rente, aber seit Sommer 2014 gibt es in unmittelbarer Nähe des wirbelnden, wilden Crush's Coaster (einem weiteren Pariser Original) immerhin die weltweit exklusive Ratatouille-Bahn! Hinter dem zungenbrecherischen französischen Namen Ratatouille: L’Aventure Totalement Toquée de Rémy verbirgt sich eine technisch ausgefeilte Attraktion, in der man sich als Besucher auf Rattengröße geschrumpft fühlt und auf einer schienenlosen Strecke durch das noble Restaurant Gusteau's düst.

Selbst wenn mich die hochmoderne Technologie, die auf eine Kombination aus ultrahochauflösenden 3D-Projektionen und klassischen Requisiten setzt, nicht in die Story versetzt hat, sondern über die Umsetzung der Bahn grübeln ließ, kann ich jedem Disney-Urlauber diese Fahrt nur ans Herz legen. Es ist ein rasantes, spaßiges Abenteuer, das zwar familienfreundlich ist, mit Tempo und Illusionen aber auch Pepp hat. Ich bin zwei Mal hintereinander mit Remy durch Gusteau's gedüst, danach wurde es in der pittoresk gestalteten, französischen Ecke der Studios einfach zu voll! Diese Bahn hat echt viele Fans, und das völlig verdient!

Das Warten auf meine erste Ratatouille-Fahrt, die direkt nach der offiziellen Parkeröffnung erfolgte, war übrigens sehr kurzweilig! Als so gegen 9 Uhr die Pforten des Parks geöffnet wurden und alle Anwesenden eilig zu den Topattraktionen gedüst sind, um sich einen der ersten Plätze zu sichern, schlenderte ich zur Single-Rider-Line bei Remy. Und als sich diese Warteschlange und auch die anderen Schlangen vor der Bahn immer mehr füllten, kamen mehr und mehr Cast Member heraus, die allesamt sehr ulkig drauf waren. Einige "Besen gegen Lichtschwert"-Kämpfe und andere Albereien mit anstehenden Kindern später habe ich gar nicht gemerkt, wie lange ich eigentlich gestanden habe. So lässt sich auch die unvermeidliche Schattenseite eines Themenparkbesuchs verschönern.

Ein weiteres Muss im Studio Park war der Rock'n'Roller Coaster, eine für Disney-Verhältnisse sehr temporeiche, turbulente Achterbahn, die einen gewissermaßen mitten in einen Aerosmith-Song versetzt. Von allen Looping-Bahnen im Resort ganz klar mein Favorit, da Soundtrack und Strecke so gut verschmelzen und die Lightshow während der Fahrt großartig ist. Und da es Gerüchte gibt, dass die Achterbahn über kurz oder lang umgestaltet wird, führte für mich kein Weg an ihr vorbei!


Und auch abends war für Wohlfühlmomente gesorgt: Dank eines unschlagbaren Angebots konnte ich mir einen Abstecher ins Newport Bay Club gönnen, eines der höherklassigen Hotels im Resort. Das im Neuengland-Stil gehaltene, maritime Hotel befindet sich aktuell in den allerletzten Zügen seiner Renovierung und erstrahlt in einem nobleren Glanz denn je: Die Inneneinrichtung erlaubt es mit dunklem Holz und angenehmen, gedeckten Blautönen, abends langsam abzuschalten und sich wie auf dem Luxusdeck eines Edeldampfers zu fühlen. Im neuen Compass Club, einer höheren Zimmerkategorie innerhalb des Hotels, geht der Luxus noch weiter: Gratis Gepäckservice, eine eigene Rezeption für schnelleres Einchecken, eine eigene Etage nur für Compass Club-Gäste sowie eine eigene Lounge sind Teil dieses Angebots. Und vor allem für die sehr schmucke Lounge macht sich die Compass Club-Wahl bezahlt: Nachmittags warten dort gratis Kuchen und andere Snacks, abends kann man bei Trockenobst und Nüsschen entspannen. Alkoholfreie Getränke sind inklusive. Und morgens gibt es ein großes Frühstücksbuffet, das zum üblichen kontinentalen Frühstück noch allerlei Süßgebäck und warme Speisen hinzufügt. Und da der Compass Club nur relativ wenige Zimmer zur Verfügung hat, ist das Frühstück in der Lounge drängelfrei und superleise. Was für ein köstlich-gemütlicher Start in den Tag!

Ich könnte noch ewig weitermachen. Die drei Tage im Disneyland Paris waren einfach traumhaft. Und weil es da ja so schön zauberhaft ist, habe ich mich auch endlich wieder richtig entspannen können - obwohl ich den ganzen Urlaub über total viel getan habe! Das ist die Magie eines Disney-Urlaubs: Pickepackevolles Programm, und dennoch kann die Seele wieder durchatmen. Ich kann mein nächstes Mal kaum erwarten! Auf dass es nicht wieder drei Jahre dauert, bis ich ins Disneyland Paris zurückkehre!

Montag, 7. März 2016

The Forest of Enchantment: Neuer Musicalzauber im Disneyland Paris



Ende Februar war es für mich so weit: Endlich wieder Urlaub! Und wo führte mich meine Reise hin? Natürlich ins Disneyland Paris! Nach meiner Heimkehr habe ich mich leider schwer erkältet, und kaum war ich wieder fit, hatte ich verflixt viel Arbeit zu erledigen, aber nun kann ich euch endlich an meiner Reise ins französische Zauberreich teilhaben lassen. Ich möchte meine Reiseberichte mit The Forest of Enchantment beginnen, dem neuen Musical im Chaparral Theater, dem rustikalen Showgebäude im Frontierland.

Seit Ende Februar läuft diese speziell für den europäischen Disneyland Park erdachte Show im Wild-West-Fünftel des zauberhaften Themenparks. Und ich darf erfreut mitteilen: Ich bin von der Show begeistert! Während meines dreitägigen Aufenthalts im Disneyland Paris habe ich The Forest of Enchantment vier Mal gesehen, und jedes Mal hat mich die Aufführung noch stärker gepackt als zuvor. Ich wage sogar zu behaupten, dass es die ambitionierteste, live gesungene "Compilation Show" ist, die ich je im Disneyland Paris sehen durfte.


Für alle, die es nicht wissen: Als "Compilation Show" werden jene Bühnenaufführungen bezeichnet, die sich aus der Präsentation bekannter Disney-Lieder aus verschiedenen Filmen zusammensetzen, statt primär auf neu geschriebenem Material zu fußen oder einen einzelnen Film nachzuerzählen. Rein theoretisch könnte man daher auch die mittlerweile eingestellte Schwarzlicht-Bühnenshow Animagique dazuzählen, diese möchte ich jedoch kurz ausklammern, weil bei ihr ausschließlich Disney-Figuren aufgetreten sind. Bei "Compilation Shows" denkt der Themenparkliebhaber im Regelfall aber an jene Stücke, bei denen Bühnenschauspieler live Gesang dazu steuern.

In früheren Jahren war es im Disneyland Paris etwa eine gern genutzte Rahmengeschichte, dass eine Disney-Ikone einer anderen eine Party schmeißen will - und daher kommen einige Sängerinnen und Sänger auf die Bühne, um die Lieder vorzustellen, die sie sich für die Feier vorstellen können. The Forest of Enchantment hingegen ist abstrakter und kunstvoller: Das Publikum wird in einen Wald mit malerischer Pop-up-Buch-Optik entführt. Die menschlichen Bühnendarsteller verkörpern in exzentrischen Kostümen verschiedene Beispiele für die Flora und Fauna des Waldes. Es gibt etwa einen gelben Papagei, einen Akteur, der Seerosen repräsentiert, einen weiblichen Käfer, einen feurigen Echsendarsteller und viele mehr.

Diese Figuren werden so dargestellt, dass man sich in einer disneyfizierten Version des Cirque du Solei glauben könnte: Jede Rolle hat eine eigene Art und Weise, sich zu bewegen, und diese drückt auf artistische Weise die Persönlichkeit dieser Figuren aus. Allein schon daher lohnt es sich, die Show mehrmals zu schauen: Einmal, um dem zentralen Geschehen der Show zu folgen, wenn der Cast mit diversen Disney-Stars interagiert. Und dann wiederholte Male, um auf die Forest of Enchantment-Figuren zu achten, die sich gerade nicht im Rampenlicht befinden, sondern am Rand oder im Hintergrund den Chor geben und dabei vor individueller Persönlichkeit förmlich glühen.


Angeführt werden diese neuen Figuren von der Enchantress, die den Besuchern ihres magischen Waldes (also dem Showpublikum) verschiedene Geschichten erzählt, die dank des ebenso schönen, wie simplen und beweglichen Bühnenbildes zum Leben erwecken. Und eben diese Geschichten sind musikalische Ausschnitte aus beliebten Disney-Filmhits. So gibt es das Farbenspiel des Winds aus PocahontasProbier's mal mit Gemütlichkeit und Ich wär so gern wie du aus Das Dschungelbuch, Wann fängt mein Leben an und Endlich sehe ich das Licht aus Rapunzel, So ein Mann aus Tarzan und Touch the Sky aus Merida zu hören - und zwar allesamt in tollen, neuen Arrangements.

Diese wurden von Vasile Sirlie, Music Director im Disneyland Paris und für diverse starke Paradensongs verantwortlich, sowie von den Grammy-Award-Gewinnern Gordon und Lisa Goodwin geschrieben. Die Neuarrangements würdigen die Originalversionen, erlauben dennoch eine Neuentdeckung dieser Lieder. Bei den Dschungelbuch-Songs etwa wird der Jazz-Einschlag stärker betont und zudem ein fließender Übergang von Balus Nummer zu King Louies Evergreen ermöglicht. Auch die beiden Rapunzel-Songs verschmelzen zu einer wunderschönen Nummer, während Touch the Sky sehr vital und feierlich daherkommt. Als roter Faden durch die Show zieht sich ein neues Lied namens Belive In What You See, ein echter Ohrwurm-Titel, der im Finale Gänsehaut garantiert!



Christophe Leclercq, der Show Director für Disneyland Paris, hat mit The Forest of Enchantment eine wundervolle, neue Sehenswürdigkeit geschaffen. Der Livegesang des Ensembles ist preisverdächtig, die Auswahl an Songs ein liebenswerter Mix aus großen Disney-Krachern und weniger häufig genutzten Nummern. Und die von den international tätigen Choreografen Caroline Roelands, Florence Delahaye und Yohann Benhamou erdachte Akrobatik gehört zum Besten, was es seit der Tarzan-Show im Disneyland Paris zu sehen gab!

Wer bis zum 8. Mai 2016 ins Disneyland Paris fährt, sollte sich diese komplett in englischer Sprache gehaltene Show nicht entgehen lassen! Denn so lange wird The Forest of Enchantment noch ausgeführt. Ab dann kehren Anna und Elsa ins Frontierland zurück. Die Möglichkeit einer Rückkehr des verzauberten Waldes nach der Sommersaison ist bislang noch nicht bestätigt.