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Dienstag, 28. Dezember 2021

Die schlechtesten Filme 2021

Alle Jahre wieder, gibt's hier im Blog das große Kopfschütteln. Denn wie könnte ich mich Jahr für Jahr durch Hunderte von Filmen ackern, ohne dabei bei einigen Titeln vor Frust und Missfallen jammernd Aufzustöhnen? Und auch wenn sich in den vergangenen Jahren in der Filmkritik-Blase ein Auflehnen gegen Floplisten entwickelt hat, so will ich an meiner Angewohnheit festhalten. Denn zum filmischen Jahresrückblick gehört es doch, nicht nur an die Glanzlichter zurückzudenken, sondern auch an die dunkelsten Schatten. Man muss ja beim Gedanken an diesen Graupen nicht direkt Schläge und Tritte unterhalb der Gürtellinie verteilen. Denn die Tendenz dazu ist doch ein viel größeres Problem als ein Sammelsurium der größten Schwachpunkte?

Bevor es losgeht, rasch noch ein paar obligatorische Anmerkungen: Der Titel dieses Eintrages ist nicht richtig zutreffend, es müsste "Die mir unliebsten Filme 2021" lauten, aber das klingt so ungelenk, dass ich lieber Jahr für Jahr erkläre, was ich meine, statt den Titel zu ändern. Denn ich gehe nach Ablehnhaltung, die ein Film bei mir ausgelöst hat, sei es durch verschenktes Potential, quälende Langeweile oder erzählerische/kunsthandwerkliche Inkompetenz. Außerdem kann ich natürlich nur das beurteilen, was ich auch gesehen habe, das erklärt sich ja wohl von selbst. So, los geht's!

Platz 10: Asphalt Burning (Regie: Hallvard Bræin)

Dank seines Status als Netflix-Originalfilm und der Beteiligung einiger deutscher Stars und Sternchen dürfte dies der hierzulande bekannteste Teil der am zweitinkonsequentesten betitelten Autoactionfilmreihe dieses Jahrtausends sein. Auf Borning: The Fast & The Funniest folgte Børning 2 - On Ice, und dann halt Asphalt Burning. Die norwegische Autorenn-Saga mit Witz und viel Familienkonflikt geriet in den ersten beiden Runden sehr charmant, doch Teil drei fährt alles an die Wand. Die etablierten Figurendynamiken werden unglaubhaft weitergeführt, das Dialogbuch hat sämtlichen Witz verloren und die Action fühlt sich ungeheuerlich bleiern an. Und das, obwohl mit dem Gedanken "Da können wir so schnell sein, wie wir wollen" durch Deutschland gebrettert wird. Gähnend langweilig.

Platz 9: LEGO Star Wars Gruselgeschichten (Regie: Ken Cunningham)

Ich erwarte von LEGO-Specials eigentlich nur eines: Dass sie lustig sind. LEGO Star Wars Gruselgeschichten hat mich nicht nur nicht zum Lachen gebracht, sondern mich derart gelangweilt, dass ich dachte, es sei ein zweistündiger Film, obwohl diese Nummer nur rund eine Dreiviertelstunde geht. Und manche der Gags sind so aggressiv schlecht, dass es mir noch für Stunden die Laune verhagelte. Einfach aggressiv mies.

Platz 8: Halloween Kills (Regie: David Gordon Green)

In Sachen Kameraführung, Lichtsetzung, Schauspiel, Sounddesign, Kostüm, Make-up und so weiter, und so weiter, ist dies klar der am fähigsten umgesetzte Film in meinem Flopranking. Aber die Balance aus erzählerischer Grundidee, dramaturgischer Ausarbeitung des Skripts und inszenatorischer Tonalität ist derart katastrophal, dass Halloween Kills dennoch der von mir am achtmissachteste Film des Jahres ist. Auf konzeptueller Ebene bin ich fasziniert von Greens Gedanken, im Sequel zu seinem wie ein Remake betitelten Halloween-Sequel inhaltlich das auszuerzählen, was das Filmerbe zuvor schon aus dem Serienkiller Michael Myers gemacht hat: Aus einem unerklärlichen, jedoch realistisch denkbaren Gewalttäter wurde sukzessive ein Mysterium, eine tödliche Chiffre, das Böse in Person. Dass also in Halloween Kills aus einer äußerst unwahrscheinlichen, trotzdem weitestgehend realistischen Killerfigur ein mythologisch angehauchtes Ungeheuer wird: Gern, meinetwegen, is' mal was Neues.

Jedoch ist das Slasher-Element von Halloween Kills so knochentrocken und sperrig erzählt sowie im Löwenanteil der Szenen so monoton inszeniert, dass der Film mir weder Thrill noch Spaß geboten hat. Und das, obwohl die Kills für sich betrachtet zum härtesten gehören, das das Halloween-Franchise abseits Rob Zombie zu bieten hat. Und leider ist es nicht so, als hätte Halloween Kills an anderer Stelle umso mehr zu bieten: Die Dialoge sind derart platt und haben solch eine Wachsmalkreide-Verkrampftheit, dass jeglicher Versuch, Halloween intellektuell auf einer Metaebene weiterzubringen, genauso flach fällt, wie die gallig-tumbe Anti-Mob-Mentalität-Gesellschaftskritik.

In anderen Händen hätte Halloween Kills mit dieser Grundidee ein Brett werden können. Ryan Murphy hätte ein campy-sündiges Vergnügen draus machen können, Christopher Landon eine clever-witzige Slasher-Dekonstruktion und Ari Aster hätte den bitteren Witz noch bitterer und das angedachte, verstörende Element auch wirklich zappenduster umsetzen können. So dagegen war Halloween Kills eine Geduldsprobe. Und das nicht auf die Weise, auf die Horrorfilme unsere Nerven strapazieren möchten.

Platz 7: Mosquito State (Regie: Filip Jan Rymsza)

Beim diesjährigen Fantasy Filmfest war die Durchschnittsqualität meiner Ansicht nach außerordentlich. Doch drei gewaltige Ausreißer nach unten gab es. Einer hat die Flops 2021 knapp verpasst, einer hat einen offiziellen deutschen Start für 2022 erhalten, und bei Festivalfilmen verfolge ich in meinen Jahreslisten ja die Regel "Wenn kurz vor Veröffentlichung ein deutscher Start abseits des Festivalzirkus feststeht, gilt der". Und dann ist da noch das Shudder Original Mosquito State, das bisher keinen deutschen Start hat und daher für mich mangels Alternative als 2021er-Film gilt. Die Grundidee ist denkbar simpel: "Was, wenn wir Wall-Street-Spekulanten als Blutsauger darstellen - DIE FILMMETAPHER" Als Kurzfilm hätte dies in der von Filip Jan Rymsza hier gebotenen, eisig-sauberen Bildstilistik super funktioniert, doch als Langfilm ist Rymszas Herangehensweise einfach nicht genug: Die Metapher ist schnell durchschaut, die Länge des Films verwässert die Aussage eher, als sie zu intensivieren, und letztlich habe ich mich nur noch vor Langeweile im Kinosessel gewälzt. Ziemliche Bankrotterklärung für einen Film, der mich eher unbequem zurücklassen müsste wie zahlreiche Mückenstiche.

Platz 6: Jiu Jitsu (Regie: Dimitri Logothetis)

Sterbenslangweiliger, stellenweise auf fast schon beleidigende Weise lieblos runtergefilmter Mix aus Action und Sci-Fi, in dem Frank Grillo und Tony Jaa verschenkt sind und Nicolas Cage in einer Handvoll Szenen ansteckend viel Spaß hat und somit im Alleingang Jiu Jitsu vor einer noch mieseren Platzierung bewahrt.

Platz 5: Nobody Sleeps in the Woods Tonight II (Regie: Bartosz M. Kowalski)

Der erste Nobody Sleeps in the Woods Tonight-Film ist eine wenig originelle, aber passable Slasher-Hommage irgendwo zwischen ständiger Verneigung vor unvergesslichen Genremomenten und reinem Ideenklau, der jedoch durch die neckisch-wendungsreiche Story zumindest annehmbar gerät. Teil zwei, der von ein paar halbseidenen Referenzen auf den Vorgänger abgesehen, praktisch ein In-Name-Only-Sequel ist, nimmt sich vor, das Genre vehementer auf links zu drehen und mischt Killersympathien mit dem Thema "Sinnlichkeit zwischen Monstern". Auch das sind keine völlig neuen Ideen, aber sie sind sehr wohl weniger abgenutzt als die Versatzstücke des Vorläufers, noch dazu in dieser Kombination. Wieso also landet dieser polnische Netflix-Horror in meinen Flops? Nun: Kowalskis interessante Idee gerät zur filmgewordenen Schlaftablette, weil die Figurenzeichnungen ultraflach sind, die Dialoge absolut frei von Witz, Stil oder Charakter und die Regieführung so steif wie ein Bügelbrett, während bildästhetisch "ohne Blitz mit einer Wegwerfkamera in einer Tropfsteinhöhle fotografiert" als Vergleich angebracht ist. Das große Gähnen, im Tandem mit dem enttäuschten Seufzen "Diese Idee hätte was werden sollen".

Platz 4: Happy Family 2 (Regie: Holger Tappe)

Pro: Joko Winterscheidt haut hier als Synchronsprecher echt einen raus.

Contra: Praktisch alles andere. Eine Spannungskurve wie ein vor Wochen umgekippter Besenstiel, eine Figurenanimation, die auf Automatik zu laufen scheint ("solange die Augen alle paar Sekunden blinzeln reicht das für's Gesicht, oder?") und eine Story, die die Sequel-Plage "Komm, wir lassen die Figuren einfach nochmal das Problem und die Lektion aus Teil eins durchlaufen" mit "Öh, irgendwas mit höher, schräger, weiter?!" verquickt. Grausig.

Platz 3: The Reckoning (Regie: Neil Marshall)

Mein Fantasy-Filmfest-Flop 2020 erhielt 2021 seinen offiziellen deutschen Start, und auch mit dem großen Abstand hat sich meine Frustration über dieses Machwerk nicht gelegt. Marshalls "Ist sie eine Hexe oder gibt es Hexen nicht, und ich will einfach nur die Machtgeilheit der Kirche und des Patriarchats vorführen?"-Thriller ist ein Paradebeispiel der inszenatorischen Doppelzüngigkeit: Um seine Horrorwurzeln nicht zu verleugnen, unterwandert Marshall die auf dem Papier so geradlinige "Die Frau ist unschuldig und Opfer einer selbstgefälligen Machtnummer der Männer um sie herum"-Erzählung mit ambivalenten Genreeinflüssen, die übernatürliche Deutungen des Stoffes zulassen. Und der ganze feministische Grundgedanke dieser Handlung wird durch die Kameraführung, die Bildästhetik und die Inszenierung von Marshalls Lebensgefährtin in der Hauptrolle ad absurdum geführt:

Charlotte Kirk räkelt sich sauber rausgeputzt in lasziven Mittelaltermarktkostümen, als sei sie Teil eines Fotoshootings der Sports Illustrated Renaissance Fair Edition. Fehlen nur noch lauter abgemischtes Stöhnen auf der Tonspur und eine "Bowchickawowowow"-Originalmusik für's Softcore-Privatfernsehen-Nachtprogramm. Weißte, wenn du deine Partnerin angesext in einem Erotikfilm in Szene setzen willst, dann mach's halt, aber schnell doch nicht zu Boden, indem du das und einem diesen Gedanken völlig entgegengesetzten Film im selben Atemzug verbrichst!

Platz 2: Aquaslash - Vom Spaßbad zum Blutbad (Regie: Renaud Gauthier)

Eine Wasserrutsche wird zur Todesfalle. Geile, simple, trashig-launige Idee. Was kann da schon schiefgehen? Naja, einfach alles, was über das Verkaufsargument hinausgeht: Grottiges Schauspiel, ein Drehbuch, das Horrorpartystimmung versprühen müsste, aber stattdessen von Minute eins an tot im Chlorwasser schwimmt, ein schwammiger Schnitt und spröde Uninspiriertheit machen alles vor dem blutigen Finale zur Geduldsprobe. Das blutige Finale ist dann sogar ganz lustig, aber es reicht völlig, den Trailer zu schauen. Der bietet alles, was Aquaslash zu bieten hat, ohne den Murks drumherum.

Platz 1: Buddy Games (Regie: Josh Duhamel)

Ich bin den Grown Ups-Filmen wohl fast eine Beinahe-Entschuldigung schuldig: So unangenehm ich die Chaos-Freundesgruppe aus Adam Sandlers "Ich will einfach mit meinen Buddys abhängen"-Filmen auch finde, die sind absolute Musterschüler im Vergleich zu den keinerlei Chemie miteinander aufweisenden Mistkerlen aus Buddy Games. Josh Duhamels Regiearbeit ist eine Art "Grown Ups trifft Catch Me!", nur dass sämtliche Schwächen aus den Adam-Sandler-Abhängkomödien potenziert werden, die Story von Catch Me! (einmal im Jahr stärken Freunde ihre ansonsten allmählich schwindende Bindung zueinander mit einem absurd eskalierenden, kindischen Wettkampf) aufgebrummt bekommen und sämtliche Stärken des Jeremy-Renner-Vehikels auf der Strecke bleiben.

Dass die Typen in Buddy Games nicht im Geringsten Typen sind, mit denen ich abhängen wollte? Geschenkt, ich würde auch niemals mit dem Hangover-Wolfsrudel Junggesellenabschied feiern wollen, da muss man ja um seine Gesundheit, seinen ganzen Lebensentwurf, wenn nicht sogar ums Leben bangen! Aber zwischen ihnen besteht eine witzige Reibung, die dank Todd Phillips' hochwertiger Regie spaßig anzuschauen ist. Und Catch Me! vereint Reibung und glaubwürdig wirkende, enge Bindung zwischen den Freunden mit Selbstironie, Herz und herrlicher Albernheit.

In Buddy Games dagegen glaube ich den Figuren nicht eine Sekunde lang, dass sie Freunde sind, unentwegt ätzt eine Abneigung zueinander aus ihnen heraus, die sich durch deren nerviges Gehabe nur potenziert und mich durch die von Duhamel spürbar intendierte "Na? NA?! COOL, ODER?!"-Brudi-Darstellung richtig wütend macht. Da fallen die propagierten Männer- und Frauenbilder aus der Hölle direkt doppelt schwer ins Gewicht. Kein Film 2021 hat mich mehr damit kämpfen lassen, ihn auszuhalten, als Buddy Games, und dafür gibt es die Flop-Spitzenposition!


Das waren natürlich längst nicht alle Graupen 2021, aber um das Ganze abzurunden, seien zwei gesondert erwähnt, ehe über den Rest der Flops der Mantel des Schweigens gehüllt wird. Zunächst: Mein Beinahe-in-den-Flop-10-gelandet-Filmfestkandidat John and the Hole, eine lästig-grobschlächtige Pubertätssinnkrisemetapher, gehüllt in einem Thrillergewand ohne Thrills, über einen Jungen, der seine Familie in einer Baugrube zurücklässt.

Und dann natürlich Der Duft von wildem Thymian mit Emily Blunt und Jamie Dornan, der unschuldig-banal beginnt und alsbald so hirnrissig-pathetisch und chaotisch-kauderwelschig wird, dass er einmal mit Anlauf auf einen Flop-Podestplatz zu rennt und dann wieder die Kurve kriegt und als "So unfassbar dumm, dass es wieder Spaß macht" endet. Ein Film, um ihn einmal im Jahr feucht-fröhlich zu begießen und sich über ihn zu wundern! Na, schönen Dank auch!

Samstag, 11. Januar 2020

Oscars 2020: Meine Prognose der Nominierungen für die 92. Academy Awards


Am Montag ist es mal wieder so weit: Die Academy of Motion Picture Arts & Sciences gibt die Oscar-Nominierungen bekannt. Und auch wenn diese Saison in Sachen Schmierenkampagnen und galligen Diskussionen bislang angenehm wenig zu bieten hatte, ist es eine etwas ernüchternde Saison. Denn sehr früh hat sich das Rennen auf eine Handvoll Filme verdichtet, deren momentane Popularität bunt durchgemischt wird – während einige bessere und zudem trotzdem Oscar-taugliche Filme außen vor geblieben sind. Hier dennoch mein Prognosenversuch:

Bester Film
1917
Le Mans 66
The Irishman
Jojo Rabbit
Joker
Knives Out
Little Women
Marriage Story
Once Upon a Time in Hollywood
Parasite

Oder etwa Die zwei Päpste, Leid und Herrlichkeit, The Farewell, Bombshell, Rocketman, Wir, Avengers || Endgame, Hustlers, Uncut Gems

Beste Regie
Greta Gerwig, Little Women
Bong Joon-Ho, Parasite
Sam Mendes, 1917
Martin Scorsese, The Irishman
Quentin Tarantino, Once Upon a Time in Hollywood

Schwere Kategorie, denn auch Noah Baumbach für Marriage Story, Todd Phillips für Joker, Taika Waititi für Jojo Rabbit, Pedro Almodóvar für Leid und Herrlichkeit, die Safdie Brothers für Uncut Gems und Rian Johnson für Knives Out rechne ich Chancen ein, und ginge es nach Verdienst, müssten unter anderem auch Celine Sciamma für Porträt einer jungen Frau in Flammen und Lorene Scafaria für Hustlers im Rennen sein, aber der Verdienst allein hievt einen nicht ins Oscar-Rennen, man braucht leider auch Momentum …

Beste Hauptdarstellerin
Cynthia Erivo, Harriet
Scarlett Johansson, Marriage Story
Lupita Nyong'o, Wir
Charlize Theron, Bombshell
Renée Zellweger, Judy

Die kniffligste Kategorie des Jahres, denn da sind ja unter anderem noch Saoirse Ronan für Little Women, Alfre Woodard für Clemency, Awkwafina für The Farewell, Elizabeth Moss für Her Smell und Ana de Armas für Knives Out


Bester Hauptdarsteller
Antonio Banderas, Leid und Herrlichkeit
Leonardo DiCaprio, Once Upon a Time in Hollywood
Adam Driver, Marriage Story
Taron Egerton, Rocketman
Joaquin Phoenix, Joker

Sollten Adam Sandler für Uncut Gems, Robert De Niro für The Irishman oder Eddie Murphy für Dolemite is My Name nominiert werden, würde es mich ebenfalls null überraschen. Jonathan Pryce für Die zwei Päpste und Christian Bale für Le Mans 66 wären Nominierungen aus der Sparte "War denkbar, aber zu diesem Zeitpunkt habe ich sie wieder abgeschrieben". Wenn George MacKay für 1917 im Rennen ist, zementiert sich der Film als Frontrunner, und Roman Griffin Davis würde für Jojo Rabbit nominiert werden, hätte der Film mehr Fahrt aufgenommen.

Bester Nebendarsteller
Willem Dafoe, Der Leuchtturm
Song Kang Ho, Parasite
Al Pacino, The Irishman
Joe Pesci, The Irishman
Brad Pitt, Once Upon a Time in Hollywood

Mit Dafoe lehne ich mich angesichts der Oscar-Untauglichkeit des Films ziemlich aus dem Fenster, aber ich wüsste nicht, wer aus dem folgenden Pool mehr Aufmerksamkeit gewonnen haben könnte: Tom Hanks für A Beautiful Day in the Neighborhood, Alan Alda für Marriage Story, Anthony Hopkins für Die zwei Päpste und John Lithgow für Bombshell.

Beste Nebendarstellerin
Laura Dern, Marriage Story
Jennifer Lopez, Hustlers
Scarlett Johansson, Jojo Rabbit
Florence Pugh, Little Women
Margot Robbie, Bombshell

Diese Fünf halte ich für ziemlich gesetzt.

Bestes Original-Drehbuch
Booksmart
Knives Out
Marriage Story
Once Upon a Time in Hollywood
Parasite

Oder vielleicht: 1917, Leid und Herrlichkeit, The Farewell, Uncut Gems

Bestes adaptiertes Drehbuch
Hustlers
The Irishman
Joker
Jojo Rabbit
Little Women

Oder vielleicht: A Beautiful Day in the Neighborhood, Die zwei Päpste

Bester Schnitt
1917
Le Mans 66
The Irishman
Once Upon a Time in Hollywood
Parasite

Ich habe in dieser Kategorie auch Marriage Story auf dem Schirm, wusste aber nicht so ganz, welchen Film ich für ihn kicken soll. Am wackeligsten sehe ich eigentlich Le Mans 66, aber ein temporeicher Film schafft's eigentlich schon stets rein …

Beste Kamera
1917
The Irishman
Joker
Der Leuchtturm
Once Upon a Time in Hollywood

Rechnet aber auch mit Parasite, Porträt einer jungen Frau in Flammen, Ad Astra und Le Mans 66

Beste Kostüme
Dolemite Is My Name
Downton Abbey
Little Women
Once Upon a Time in Hollywood
Rocketman

Ebenfalls im Rennen: Aladdin, Jojo Rabbit, Hustlers, Joker, The Irishman und Maleficent: Mächte der Finsternis.

Bestes Produktionsdesign
1917
The Irishman
Little Women
Once Upon a Time in Hollywood
Parasite

Mögliche Prognosenspielverderber sind Jojo Rabbit Knives Out, Joker und Le Mans 66.


Bester Animationsfilm
Die Eiskönigin II
Ich habe meinen Körper verloren
Klaus
Mister Link – Ein fellig verrücktes Abenteuer
A Toy Story – Alles hört auf kein Kommando

Und um das schwächste Glied in dieser Prognose kreist Drachenzähmen leicht gemacht 3: Die geheime Welt

Beste Filmmusik
1917
Avengers || Endgame
Joker
Little Women
Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers

Aber man darf auch Marriage Story, Jojo Rabbit, Motherless Brooklyn und Le Mans 66 nicht vergessen …

Bester Song
Speechless aus Aladdin
Into The Unknown aus Die Eiskönigin II
Stand Up aus Harriet
(I’m Gonna) Love Me Again aus Rocketman
Glasgow aus Wild Rose

Aber ich könnte mir auch I’m Standing With You aus Breakthrough, Stand Up aus Harriet und Spirit aus Der König der Löwen vorstellen.

Beste Effekte
1917
Avengers || Endgame
The Irishman
Der König der Löwen
Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers

Eigentlich hat Captain Marvel ein deutlich besseres digitales Verjüngerungsspiel drauf als The Irishman, aber … Seufz.

Bestes Make-up und Hairstyling
Bombshell
Joker
Once Upon a Time in Hollywood
Maleficent: Mächte der Finsternis
Rocketman

Aber auch die Frisuren in Dolemite Is My Name und die Verletzungen in 1917 könnten sich rein kämpfen.

Bester Ton
1917
Avengers || Endgame
Le Mans 66
Once Upon a Time in Hollywood
Rocketman

Aber vielleicht schaffen es auch Ad Astra, Joker undStar Wars: Der Aufstieg Skywalkers rein.

Bester Tonschnitt
1917
Avengers || Endgame
Le Mans 66
Once Upon a Time in Hollywood
Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers

Doch Rocketman,Ad Astra und Joker sind mögliche Prognosenspielverderber.

Bester internationaler Film
Senegal, Atlantics
Polen, Corpus Christi
Spanien, Leid und Herrlichkeit
Südkorea, Parasite
Frankreich, Die Wütenden – Les Misérables

Beste Dokumentation
American Factory
Apollo 11
The Cave
Honeyland
One Child Nation

Bester Animationskurzfilm
Dcera (Daughter)
Hair Love
Kitbull
The Physics of Sorrow
Sister

Beste Kurz-Dokumentation
After Maria
Fire in Paradise
Learning to Skateboard in a Warzone (If You’re a Girl)
Stay Close
St. Louis Superman

Bester Kurzfilm
Brotherhood
Little Hands
Refugee
A Sister
The Neighbors’ Window

Sonntag, 23. Dezember 2018

Oscars 2019: Wer wird in der Kategorie "Beste Effekte" nominiert?


Die Academy of Motion Picture Arts & Sciences macht es allen, die aus beruflichen Gründen oder schlicht zum Zeitvertreib Oscar-Nominierungen tippen, ein gutes Stück einfacher: Sie hat sogleich mehrere Shortlists veröffentlicht, darunter für die Kategorie "Beste Effekte". Aus den nachfolgenden 10 Produktionen werden die fünf rausgesiebt, die sich in dieser Sparte um den Goldjungen prügeln. Im Rennen sind:

“Ant-Man and the Wasp”
“Avengers | Infinity War”
“Black Panther”
“Christopher Robin”
“First Man”
“Jurassic World: Fallen Kingdom”
“Mary Poppins Returns”
“Ready Player One”
“Solo: A Star Wars Story”
“Welcome to Marwen”

Sogleich mehrere Filme, die ich einer Nominierung als würdig erachtet hätte, sind nicht mehr im Rennen - vor allem das Fehlen von Mission: Impossible - Fallout bedauere ich sehr. Dafür sind nun mehrere Filme in der Auswahl, die hier meiner Ansicht nach nicht zu suchen haben: Black Panther hat einige Szenen sehr mieser CG-Arbeit (der Film ist beim Produktionsdesign dagegen sehr gut aufgehoben), Jurassic World: Fallen Kingdom hat effektetechnisch seine Höhen und Tiefen und Mary Poppins Returns holpert sich durch Can You Imagine That? aus meiner Vorauswahl für diesen Preis. Und Ready Player One ist ... matschig.

Meine Prognose lautet:

“Ant-Man and the Wasp”
“Avengers | Infinity War”
“Christopher Robin”
“First Man”
“Welcome to Marwen”

Und was tippt ihr?

Sonntag, 14. Januar 2018

Oscars 2018: Meine Prognose der Nominerungen für die 90. Academy Awards


Dieses Oscar-Rennen hat mit The Shape of Water, Lady Bird, Three Billboards Outside Ebbing, Missouri und Get Out vier gefühlte Frontrunner, und sie alle sind sehr untypisch für die Academy Awards. Und sie machen es in einigen Kategorien schwer, die Kandidatinnen und Kandidaten vorherzusagen. Emma Stone muss in einer gerechten Welt für Battle of the Sexes - Gegen jede Regel nominiert werden, doch abseits der Globe-Nominierung ist im Awards-Reigen keine Liebe für ihre Performance zu spüren. Und vorzeitige gemutmaßte filmische Topkandidaten wie Die Verlegerin, Die dunkelste Stunde und Dunkirk verloren im bisherigen Preisverleihungsrennen an Zugkraft. Knifflig, knifflig ...

Bester Film
  • The Big Sick
  • Call Me By Your Name
  • The Florida Project
  • Get Out
  • I, Tonya
  • Lady Bird
  • Die Verlegerin
  • The Shape of Water - Das Flüstern des Wassers
  • Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
  • (der zehnte Slot bleibt leer)
Beste Regie
  • Guillermo Del Toro (The Shape of Water - Das Flüstern des Wassers)
  • Greta Gerwig (Lady Bird)
  • Martin McDonagh (Three Billboards Outside Ebbing, Missouri)
  • Jordan Peele (Get Out)
  • Luca Guadagnino (Call Me By Your Name)
Beste Hauptdarstellerin
  • Frances McDormand (Three Billboards Outside Ebbing, Missouri)
  • Margot Robbie (I, Tonya)
  • Saoirse Ronan (Lady Bird)
  • Sally Hawkins (The Shape of Water - Das Flüstern des Wassers)
  • Michelle Williams (Alles Geld der Welt)
Bester Hauptdarsteller
  • Gary Oldman (Die dunkelste Stunde)
  • Timothee Chalamet (Call Me By Your Name)
  • Daniel Day-Lewis (Der seidene Faden)
  • James Franco (The Disaster Artist)
  • Daniel Kaluuya (Get Out)
Bester Nebendarsteller
  • Willem Dafoe (The Florida Project)
  • Sam Rockwell (Three Billboards Outside Ebbing, Missouri)
  • Armie Hammer (Call Me By Your Name)
  • Richard Jenkins (The Shape of Water - Das Flüstern des Wassers)
  • Steve Carell (Battle of the Sexes - Gegen jede Regel)
Beste Nebendarstellerin
  • Laurie Metcalf (Lady Bird)
  • Allison Janney (I, Tonya)
  • Holly Hunter (The Big Sick)
  • Mary J. Blidge (Mudbound)
  • Lesley Manville (Der seidene Faden)
Bester Trickfilm
  • Coco
  • The Breadwinner
  • The Big Bad Fox and Other Tales
  • Loving Vincent
  • In This Corner Of The World
Beste Dokumentation
  • Jane
  • Faces Places
  • Human Flow
  • Icarus
  • Last Men in Aleppo
Bester fremdsprachiger Film
  • Aus dem Nichts (Deutschland)
  • A Fantastic Woman (Chile)
  • On Body and Soul (Ungarn)
  • The Square (Schweden)
  • Loveless (Russland)
Bestes adaptiertes Drehbuch
  • Call Me By Your Name
  • The Disaster Artist
  • Mudbound
  • Molly's Game
  • Wonder
Bestes Original-Drehbuch
  • The Big Sick
  • Get Out
  • Lady Bird
  • The Shape of Water - Das Flüstern des Wassers
  • Three Billboards Outside of Ebbing, Missouri
Bester Schnitt
  • Baby Driver
  • Dunkirk
  • Get Out
  • I, Tonya
  • Thee Billboards Outside of Ebbing, Missouri
Beste Kamera
  • Blade Runner 2049
  • Die dunkelste Stunde
  • Dunkirk
  • The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers
  • Call Me By Your Name
Beste Effekte
  • Blade Runner 2049
  • Dunkirk
  • Planet der Affen - Survival
  • The Shape of Water - Das Flüstern des Wassers
  • Star Wars - Die letzten Jedi
Bestes Make-up & Hairstyling
  • Die dunkelste Stunde
  • Guardians of the Galaxy Vol. 2
  • I, Tonya
Bestes Produktionsdesign
  • Blade Runner 2049
  • Die dunkelste Stunde
  • Die Schöne und das Biest
  • The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers
  • Die Verlegerin
Beste Kostüme
  • Greatest Showman
  • Der seidene Faden
  • Mord im Orient-Express
  • The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers
  • Die Verführten
Beste Filmmusik
  • Die dunkelste Stunde
  • Dunkirk
  • Der seidene Faden
  • The Shape of Water - Das Flüstern des Wassers
  • Die Verlegerin
Bester Filmsong
  • Remember Me (Coco)
  • The Mystery of Love (Call Me By Your Name)
  • This is Me (Greatest Showman)
  • Evermore (Die Schöne und das Biest)
  • Mighty River (Mudbound)
Bester Tonschnitt
  • Baby Driver
  • Blade Runner 2049
  • Dunkirk
  • Star Wars – Die letzten Jedi
  • The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers
Bester Ton
  • Baby Driver
  • Blade Runner 2049
  • Dunkirk
  • Detroit
  • The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers
Bester animierter Kurzfilm
  • Cradle
  • Dear Basketball
  • Fox and the Whale
  • Life Smartphone
  • In a Heartbeat
Beste Kurzdokumentation
  • Alone
  • Edith + Eddie
  • Heroin(e)
  • Ten Meter Tower
  • Traffic Stop
Bester Kurzfilm
  • The Eleven O’Clock
  • Facing Mekka
  • Lost Face
  • The Silent Child
  • Witnesses
Ich hab da ein ganz mieses Gefühl bei meiner Prognose. Und, womit rechnet ihr so? Was wird am 23. Januar verlesen?

Samstag, 18. November 2017

Disneyland Paris und sein dritter Park: Eine Nuss, die es zu knacken gilt


Vielleicht haltet ihr mich für zu optimistisch, doch für mich steht eines außer Frage: Eines Tages wird das Disneyland Paris einen dritten Park eröffnen - und damit meine ich einen richtigen Disney-Park, und nicht etwa eine Verlegenheitslösung wie Villages Nature. Der dritte Park war schon früh Teil des Gesamtplans für den europäischen Disney-Themenparkkomplex und ist ein vertraglich abgesicherter Aspekt im Abkommen zwischen Disney und den französischen Behörden. Aufgrund des wirtschaftlichen Standes von Disneyland Paris wurde die Deadline zur Parkeröffnung jedoch immer wieder verschoben, weshalb viele Themenparkfans glauben, dass der dritte Park einfach so lange nach hinten geschoben wird, bis er letztlich nie gebaut werden muss, weil die Erde vorher in die Sonne stürzt oder ein verrückter Politiker den Globus in die Luft jagt.

Ich habe dagegen im Gefühl, dass Disneyland Paris sehr wohl um einen dritten Park wachsen wird. Wenn eines Tages endlich die Geschäftszahlen stimmen, wird Disney die 1.944 Hektar Platz ausnutzen wollen. Zumal Disneyland Paris mit seinen zahlreichen Hotels genügend Schlafplätze bietet, die gerne stärker ausgelastet werden dürften und so noch mehr Geld ins Säckel der Maus bringen.

Doch die brennende Frage ist: Welches Thema sollte der dritte Park verfolgen? Mit dem magischen Königreich des Disneyland Parks und dem Walt Disney Studios Park, welcher der ganzen Bandbreite von Disneys Filmfranchises thematisch Tür und Tor öffnet, sind die zwei naheliegendsten Sprungbretter für Disney-Themenparks bereits nahe Paris verankert worden. Und da die Studios noch viel Platz bieten und nach einer Vergrößerung schreien, werden viele Ideen für potentielle Attraktion in naher Zukunft sicher erst einmal dort verwirklicht, statt in die Schublade "Konzepte für Park Nr. drei" geschoben.

Meine kontroverse Meinung zum eventuellen dritten Park: Disney schießt sich aktuell selber damit ins Bein, dass sie das Konzept der Studios verändern, weg von "Die magische Welt der Filmproduktion" hin zu "Abgetaucht in die beeindruckende Welt bestimmter Filmmarken". Vor allem die geplante Neukonzeptionierung der linken Hälfte des Parks zur großen Marvel-Welt sehe ich als Problem. Nicht, weil mich Marvels Präsenz in einem Disney-Park stört. Sondern, weil es Potential für Park drei raubt, der in einer idealen Welt unter anderem Marvel Platz bietet, während die Studios weiterhin für das klassischere Hollywood und Pixar stünden.

Meine vollkommen verträumte, daher unrealistische, Idee für Park drei wäre nämlich, ein etwas stärker auf Jugendliche und junge Erwachsene gebürstetes Pendant zum familienorientierten, zauberhaften Disneyland Park aufzubauen. Einen Park, der durch intensives Themening seine Besucher in die actionreichen Welten von Marvel, Star Wars und anderen "wilderen" Disney-Marken entführt und in dem es, dem europäischen Parkbesuchergeschmack entsprechend, auch ein paar Thrillrides mehr gibt als in Disney-Parks üblich - wobei weiterhin der Eskapismus Vorrang haben sollte, nicht das Durchrütteln des Publikums. Ein Teil des Parks könnte kontemporäres Großstadt-Themening haben (für Avengers wie Ant-Man, Iron Man und Captain America), einer in die kunterbunte Welt der Guardians of the Galaxy entführen, ein geräumiger Teil wäre für "unsere" Version von Star Wars: Galaxy's Edge, und es gäbe natürlich noch Raum für mehr. Ich persönlich würde mich etwa nicht über eine Pirates of the Caribbean-Ecke beschweren, aber ich weiß, dass das zu viel verlangt ist. Andererseits ist eh dieser ganze Park zu viel verlangt. Denn Disney muss jetzt erst einmal die Studios auf Vordermann bringen, und da ist Marvel ein so großes Geschenk, dass es da einfach eingesetzt werden muss.

Wenn die Studios also zum Marvel-Pixar-Park werden, was könnte dann das Thema des dritten Parks werden? Fans wünschen sich seit Ewigkeiten einen Schurken-Park, aber das wird wohl niemals umgesetzt, ein europäisches Epcot dürfte völlig außer Frage stellen, ebenso wie ein zweites Animal Kingdom - zumindest ich halte das Konzept des Parks nicht für sehr europaaffin.

Ich hoffe ja, dass es ein originelles, unerwartetes Thema wird, das dem dritten Park seinen Aufhänger gibt. Ähnlich wie Japans hoch gepriesenes Tokyo DisneySea: Wir brauchen einen mit intensivem Themening aufwartenden, "erwachsenen" Park, um noch stärker gegen das Vorurteil, Disneyland Paris sei nur für Familien, aufzuwiegen. Zudem sollte der dritte Park, wenn wir schon meine erträumte Marvel/Star Wars-Kombi nicht bekommen werden, in genau die entgegengesetzte Richtung schlagen und auf Filmlizenzen verzichten. Wir haben dafür ja schon die Studios.

Ein zweites DisneySea wäre natürlich einfallslos, da geklaut, aber es muss ja keine fiktive Hafenstadt sein, in die man hier entführt wird. Was wären eure alternativen Ideen?

Mittwoch, 31. Mai 2017

Rogue One: A Star Wars Story


Rogue One – A 2016 Story
Eine Geschichte über Rebellion. Über die Rebellion einer wild durcheinandergewirbelten Gruppe von Haudegen, Träumern und Freidenkern unterschiedlicher ethnischer Herkunft – angeführt von einer Frau. Gemeinsam brechen sie auf, um sich gegen ein faschistoides Imperium zur Wehr zu setzen. Die Aussichten mögen gering sein. Aber es besteht wenigstens ein Funken von Hoffnung – und Rebellion entsteht aus Hoffnung.

In den Wochen des gebannten Wartens auf den Start dieser Rebellenerzählung wurde unter Filmliebhabern (vor allem im US-amerikanischen Raum) vermehrt auf die möglichen politischen Implikationen eingegangen. Der Weltkonzern Disney bewarb seine 200-Millionen-Dollar-Produktion im November und Dezember 2016 unter anderem mit dem Hinweis, dass es an der Zeit für eine Rebellion sei. Selbst wenn der Film noch vor Trumps Wahlsieg abgedreht war, fällt es schwer, beim angespannten politischen Klima innerhalb der Vereinigten Staaten keine Parallelen hineinzuinterpretieren.

Von Filmreportern darauf angesprochen, wie sehr sich Menschen, die vor den möglichen Umwälzungen im „Land of the Free“ Angst haben, in das vorab gezeigte Rogue One-Material hineinprojizieren, beschwichtigte Disney-Konzernboss Bob Iger auf der Weltpremiere: „Dieser Film ist nicht politisch!“ Er sei als bloße Unterhaltung gedacht.

Iger tat, was er in seiner Position als Generaldirektor eines globalen Unternehmens tun muss: Er gab auf einem Geschäftstermin eine Richtung vor. Er stellte mit autoritärer Haltung die Aussage in den Raum, nur Eskapismus zu produzieren und niemandem etwas Böses zu wollen. Man will ja keine potentiellen Geschäftspartner oder Kunden vergraulen. Somit stellte er sich, ganz gleich wie seine Absichten zu betrachten sind, schützend vor das damals jüngste Riesenprojekt seiner Firma. Bloß: Er als Generaldirektor hat wenig Einfluss auf die künstlerische Intention der von Disney vertriebenen Filme. Und selbst wenn er Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller in einer Person wäre, könnte er die öffentliche Wahrnehmung nur bedingt steuern.

Jeder Geschichtenerzähler trifft Entscheidungen, was er wann und wie erzählt. Dies ist, insbesondere bei Storys, die ein immenses Publikum erreichen, in gewissem Sinne ein politischer Prozess. Wurde dieser erstmal abgeschlossen, liegt es an den Rezipienten, wie sie die ihnen gebotene Narrative auffassen. Denkwürdige Filme schlagen zwangsweise Wellen. Da ist die Unterscheidung zwischen öffentlich behaupteter Intention, unterstellten heimlichen Absichten und wilder Interpretation der Kinogänger nebensächlich.

In diesem Sinne: Ja. Rogue One ist eine zeitlose Erzählung über Widerstand. Über den mit Willensstärke vollführten Kampf gegen Unterdrückung. Über den Wert von Zusammenhalt, basierend auf Idealen und Aufgeschlossenheit. Dass dies im Jahr 2016, in dem durch mehrere große Nationen ein Ruck des Populismus ging, einen freiliegenden, pochenden Nerv traf, liegt in der Natur der Sache. Dass die Drehbuchautoren Chris Weitz und Tony Gilroy ihr dreckiges Weltraum-Freiheitskampf-Abenteuer nicht mit bedeutungsschweren, steifen Monologen unterbrechen, nimmt vielleicht Dringlichkeit aus der Sache. Es stärkt dafür aber die eigentliche Geschichte – zumal sie auf beiden Seiten des Konflikts von Handlungsträgern erzählen, die etwas ruchloser oder nachsichtiger sind als ihr direktes Umfeld. Dies verleiht Rogue One eine thematische Mehrdimensionalität – die Erkenntnis, dass nicht alles Schwarz oder Weiß ist, sondern sich auf allen Seiten Charakterschweine und netter geartete Zeitgenossen finden, ist eine Erkenntnis, die nicht genug wiederholt werden kann.

Da die Autoren zudem auf durchsichtige Analogien bezüglich wahrer Ereignisse verzichten, was ihrer Erzählung ein knapp bemessenes Mindesthaltbarkeitsdatum aufdrücken würde, formen sie Rogue One zu einer allgemeingültigen Geschichte über Courage – statt nur kurz gedachte tagespolitische Statements zu setzen. Insofern: Ja, Iger liegt nicht so falsch. Rogue One steht über der heutigen Politik. Es ist ein Film über Grundsätze. Andererseits: Diese Grundsätze haben nicht gerade an Aktualität verloren. Insofern ist der Film schon politisch.


Rogue One – A Star Wars Reconfiguration
Grundsätze sind dazu da, irgendwann gebrochen zu werden. Aber mit Bedacht. Das ist die Essenz von Rogue One: Nach sieben Episoden, in denen das Schicksal des Skywalker-Clans beleuchtet und zudem der immerwährende Kampf der mächtigen Jedi gegen dunkle Mächte vorangetrieben wurde, bricht für die Star Wars-Reihe im Kino eine neue Ära an. Bisher gab es nur Videospiele, Bücher und Comics, die andere Themenschwerpunkte setzten – sowie die (in Deutschland auch auf der Leinwand gezeigten) Ewok-Fernsehfilme.

Rogue One ist daher ein ungewohntes Star Wars-Erlebnis. Der erste fürs Kino produzierte Realfilm, der nicht die Kernerzählung weiterspinnt – sondern enorm heranzoomt, um eine Story auszubreiten, die in einem intergalaktischen Geschichtsbuch bestenfalls eine Fußnote wert wäre. Um diese Anekdoten vom Hauptfaden des Star Wars-Franchises stilistisch zu unterscheiden, begeht die Produktionsschmiede Lucasfilm in diesem fast 135 Minuten langen, etwas anderen Kriegsfilm Stilbruch. Die zentralen Star Wars-Filme sind mit einer Episodennummer versehen und eröffnen mit einem Lauftext, der die Vorgeschichte anreißt. Rogue One trägt indes, wie voraussichtlich alle anderen Ablegerfilme, den Untertitel A Star Wars Story. Und lässt die ikonische, davonschwebende Texttafel aus.

Besonders strenge Puristen werden dies Rogue One verübeln. Dass der Star Wars-affine Komponist Michael Giacchino seine Filmmusik an der Stelle, an der sonst John Williams‘ harmonische Hymne ertönen würde, mit einem harsch-dumpfen Paukenschlag eröffnet, hat deswegen einen kessen Beiklang. „Ihr erwartet Tradition? Bumm! Kriegt ihr nicht!“ Gemeinhin ist Giacchinos Score, der erste zu einem Star Wars-Kinorealfilm, der nicht von Williams stammt, von Dissonanzen und verzerrten Pauken durchzogen, kühle Synthesizer-Klänge arbeiten wiederholt gegen sinfonische Melodien an. Es ist ein komplexer Score (zweifelsfrei komplexer als der bewusst altmodisch-schlichte zu Star Wars: Das Erwachen der Macht), jedoch einer, der das Erbe wahrt.

Wiederholt greift Giacchino Themen seines Vorbilds John Williams auf, ohne sich dabei so sehr in altes Material zu verwickeln, dass Rogue One zu einem akustischen „Greatest Hits“ verkommt. Giacchinos Kompositionen sind viel eigenständiger, als etwa James Newton Howards in Harry Potter-Reprisen erstickende Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind-Musik. So fügt sie sich sehr gut in die Inszenierung des Godzilla-Regisseurs Gareth Edwards: Die Bildsprache von Rogue One bedient sich an der klassischen Star Wars-Trilogie, doch auch an zahlreichen Kriegsfilmen verschiedener Jahrzehnte. So ist Greig Frasers (Zero Dark Thirty) Schnittarbeit weitaus weniger verspielt als die der sieben bisherigen, sich an alten Abenteuerfilmen orientierenden Star Wars-Kapitel. Fraser verfolgt einen schnörkellosen, effizienten Ansatz – das mindert den Spaßfaktor, erhöht aber die Immersion: Rogue One soll das Publikum mitten in eine ausweglos erscheinende Konfliktsituation versetzen und ihm erst zum Abschluss wieder gestatten, sich in Sicherheit zu wähnen, einen Unterhaltungsfilm zu betrachten.

Edwards setzt konsequent auf weite Kameraeinstellungen und ein verdrecktes, abgenutztes Produktionsdesign. Seine Helden, Anti-Helden und Schurken müssen sich durch weitläufiges Terrain und erdrückend große Räume schlagen. Die Action wiederum ist von der ganz alten Schule – es gibt hier keine Salto schlagende Jedi oder temporeiche Verfolgungsjagden. Spannung nährt sich bei den Scharmützeln, Gefechten und Raumschiffattacken primär aus den Momenten des Wartens zwischen Aktion und Reaktion – sowie vor allem aus den Konsequenzen.

Auch das wird manche Nörgler verärgern – gibt es doch für jeden Irren, der noch immer darum bangt, dass Disney aus Star Wars keine Winnie Puuh im Weltall-Reihe macht, auch jemanden, der Star Wars als reine Weltflucht wahrnehmen will. Das bleibt hier aus. Rogue One hat raue, durch das Geschehen mitreißende Actionszenen und diverse Momente, in denen Hoffnungsschimmer heftige Dämpfer abbekommen. Und keine pure Gute-Laune-Stimmung mit lässig-fetzigen Actionpassagen. Es ist stilistisch gesehen „Star Wars: Black Hawk Down mit einem amüsierten Hauch eines bunten Apocalypse Now“. Und nicht: Star Wars: Angriff der immens agilen Digitaleffektkrieger.


Rogue One – A Reshoot Story
Stil ungleich Essenz. Obwohl Edwards als Inspiration für Rogue One mehrere einschlägige Kriegsfilme nennt, darunter den viel zitierten Soldat James Ryan, und filmkundige Kinogänger die Einflüsse bemerken dürften: Tonal ist Rogue One weiterhin im Star Wars-Universum verankert – wenngleich der Anker recht locker sitzt. Blutspritzer, Gedärme und abgetrennte Köpfe müssen Verteidiger der expliziten Gewalt bei Edwards‘ Vorbildern suchen, ebenso wie Vulgärvokabeln. All dies wäre eigentlich nicht weiter der Rede wert – fünf von sieben Star Wars-Filmen endeten zuvor als Tragödien mit dezentem Silberstreif der Hoffnung am Horizont, und selbst die zwei Ausnahmen waren noch immer familienfreundlich.

Diese wurden allerdings zu Zeiten veröffentlicht, als es die heutige Internet-Diskussionskultur noch nicht gab. Sowie vor dem Kauf Lucasfilms durch Disney, dem einzigen Unterhaltungskonzern, von dem selbst Hinz und Kunz eine klar abgesteckte Meinung haben. Als im Sommer 2016 öffentlich wurde, dass ausführliche Nachdrehs zu Rogue One vorgenommen werden, brannte es in den einschlägigen Oasen zum Star Wars-Meinungsaustausch. Disney wolle alles verniedlichen, vereinfachen und aufhellen. Käme Rogue One, so wie er nun ist, bei der früheren Star Wars-Heimat Fox heraus, würde wohl niemand aufschreien: „Wieso ist er nicht brutaler, wurden da vielleicht ein paar Metzeleien weggebügelt?“ Aber da Star Wars nun dort wohnt, wo auch Micky Maus tollt, werden die üblichen Verdächtigen auch dem bis dato kompromisslosestem Star Wars-Film vorwerfen, dass er kompromittiert wurde.

Fakt ist, dass praktisch jeder Film ab einer gewissen Budgetgrenze von Beginn an Nachdrehs einplant. Revisionen gehören zum kreativen Prozess dazu (niemand verbietet es Schriftstellern, ihre Romane Korrektur zu lesen, oder verlangt von Programmierern, Games in einem Rutsch zu codieren). Wer das Geld hat, Filmsequenzen, die sich im Schneideraum als unrund herausgestellt haben, nochmal auf die Beine zu stellen, soll es auch dazu nutzen. Wer sich genügend mit der Filmhistorie befasst, weiß, wie viele Projekte durch das nunmehr verpönte „Okay, nochmal neu!“ gerettet wurden.

Dass die Rogue One-Reshoots ungewohnt lang waren und sich die Hollywood-Branchenportale darin widersprechen, welche kreativen Kräfte dieses Films wie intensiv an ihnen beteiligt waren, mag stimmen. Ebenso, dass die einen Quellen davon berichten, dass hauptsächlich Dialogpassagen zwecks inhaltlicher Verständlichkeit erneut angepackt wurden, und sonst nur das Finale geradlinigere Formen annahm, während andere Quellen davon sprechen, dass aus „kleineren zweiten Versuchen“ hinsichtlich Actionpassagen sehr wohl aufwändige Neudrehs wurden. Und ob während dieses Prozess nun die Gewalt gemildert wurde oder nicht, das wissen letztlich eh nur die Beteiligten.

Was zählt, ist das Ergebnis. Und dahingehend hat Rogue One die leider unvermeidlichen Zweifel nicht verdient: Der Star Wars-Ableger wirkt, anders als etwa der stilistisch schizophrene, wegen seiner Reshoots viel debattierte Suicide Squad, wie aus einem Guss. Ohne Medienberichte stünde die Frage „Wurde hier rumgepfuscht?“ nicht zur Debatte. Edwards kreiert durchweg eine schroffe Kriegsgeschichte vor dem fantasiereichen Hintergrund einer zerrissenen Galaxie, die durch gut eingesetzten, menschelnden Humor ein schlagendes Herz erhält. Dieses wiederum ist essentiell, um trotz der zwar moralisch mehrschichtigen, dennoch nur spärlich beleuchteten Hauptfiguren Suspense zu erzeugen. Wie soll das Publikum denn sonst bei dieser recht rauen Erzählung mitfiebern, die nur wenig Hoffnung kennt und sie daher zum begehrenswerten, entscheidenden Gut erhebt?

Rogue One – A Star Wars Flick
Für manche Filmliebhaber mag diese These einem Sakrileg gleichkommen. Dennoch: Charakterzeichnung war noch nie die große Stärke von Star Wars. Das Erschaffen pulsierender, faszinierender Welten? Klar. Mythenbildung? Ebenso. Eine ikonische Bild- und Klangsprache? Sowieso. Das Einführen (und Aufrechterhalten) denkwürdiger Wesen? Logo. Jeder, der jemals einen Star Wars-Film gesehen hat, wird irgendeinen Droiden, irgendein Aliengeschöpf oder eine Gerätschaft ins Auge fassen und als sein Lieblingselement entdecken. Cool aussehen – das schafft Star Wars seit 1977. Zu Herzen gehende, tiefgreifende Figurenzeichnung ist trotzdem ein anderes Paar Schuhe.

Fesche Archetypen finden in diesem Filmuniversum selbstredend ihren Platz – wie der kernige Schmuggler und Gelegenheitsheld Han Solo oder der imposante Fiesling Darth Vader. Wann immer es ums Persönliche und Zwischenmenschliche geht, zeigt sich das Franchise aber (mal deutlicher, mal beiläufiger) von seiner schwachen Seite. Daran ändert auch Rogue One nichts. Die Entdeckung der Unendlichkeit-Darstellerin Felicity Jones tut ihr Bestes, um der Rebellin Jyn Erso Aussagekraft zu verleihen: Als Tochter des Mannes, der mutmaßlich die mächtigste Waffe des Imperiums entworfen hat, hadert sie wiederholt glaubwürdig damit, was sie glauben und wie sie handeln soll. Jyns behutsamen Werdegang von der störrischen Einzelgängerin zur Rebellenanführerin stellt Jones angemessen, zuweilen sogar inspirierend dar. Dennoch funktioniert die Figur vornehmlich durch ihren Platz im Geschehens und Jones‘ Ausstrahlung – ihren inneren Konflikt entwerfen die Autoren letztlich nicht filigran genug.

Die restlichen Rebellen sind als Archetypen angelegt: Donnie Yen mimt einen blinden, an die Macht glaubenden Krieger mit blitzschnellem Reaktionsvermögen. Jiang Wen folgt ihm als schießwütiger Assassine auf Schritt und Tritt. Und Diego Luna legt seinen Part des Rebellen-Nachrichtenoffiziers bewusst bodenständig und alltäglich an: Als normaler junger Mann von nebenan, der in diese kriegerische Welt geraten ist und mit komplexen moralischen Entscheidungen zu tun hat. Jeder von ihnen wird aufgrund seines Typus Teile des Publikums kalt lassen und andere begeistern. Ausführungen? Gibt es kaum, braucht es kaum, wo es doch einen neuen, urkomischen Droiden gibt, der allen die Schau stiehlt. Nur Riz Ahmed versinkt als ehemaliger Pilot des Imperiums völlig im Tumult auf der Rebellenseite, auf die er gewechselt ist – dafür gibt Forest Whitaker als vom Krieg geschundener Veteran der Star Wars-Trickserien eine stark akzentuierte Performance ab.

Auf der Seite des Imperiums hinterlässt vornehmlich Ben Mendelsohn darstellerisch Eindruck: Als Militärdirektor Orson Krennic wird er sich ob seines überschaubaren Einflusses nicht unbedingt in der Star Wars-Schurkenriege nach ganz vorne schleudern. Jedoch ist Mendelsohn nicht abzusprechen, dass er blitzschnell zwischen manisch, unterkühlt, verhandelnd, enttäuscht und frustriert wechseln kann, ohne dass seine Rolle dabei fahrig wirkt. Schade, dass ihm durch Gastauftritte schon bekannter Figuren die Schau gestohlen wird – diese sind zwar narrativ flüssig genug in Rogue One eingebaut, dass sie nicht störend wirken. Trotzdem lenken sie den Fokus dieser kleinen, schmutzigen, aber entscheidenden Rebellengeschichte ab, ohne sie als „Ausblick auf die andere Seite des Konflikts“ bedeutsam zu kommentieren.

Ob nun inhaltlich solide begründeter Fanservice einem schärferen erzählerischem Fokus hätte weichen sollen, werden geneigte Kinobesucher sicher noch lange ausdiskutieren. Zumal die nächsten A Star Wars Story-Projekte erneut diesen Balanceakt versuchen werden. Rogue One gelingt es als Vorhut, trotz mancher Schlenker zwei Dinge gleichzeitig zu sein: Einerseits ist dieses mit starken Effekten bestückte Epos in sich geschlossen – zumindest mehr als in der heutigen Franchisewelt üblich. Edwards erzählt seine Anekdote von Anfang bis Ende, mit wenigen Handlungsfäden, die am Rand irgendwie rausfransen. Andererseits ist Rogue One ein stark auf Fans abzielendes Bonuskapitel, das die bisherige Star Wars-Saga ergänzt und vertieft.

Ja, der Einstieg in dieses Addendum ist sehr holprig, die ersten 15 Minuten über werden Figuren angerissen und vorläufig fallen gelassen, ohne dass sie greifbar werden. Das zieht sich und hat Auswirkungen auf das Pacing des gesamten ersten Akts. Und Star Wars-Novizen, die Probleme haben, alles hinzunehmen, was ihnen entgegengeschleudert wird, sollten lieber Episode IV oder VII als Einstieg wählen, um diesen speziellen Fall später nachzureichen. Sobald diese Story aber ins Rollen gekommen und die Rebellengruppe zusammengeführt ist, zündet sie – und sie hat viel Sprengstoff dabei. Dank ihrer Themen. Der Bildsprache. Dem Verhältnis zum restlichen Franchise. Und dank ihrer Archetypen.

Diese Kritik erschien zuerst bei Quotenmeter.de

Samstag, 25. Februar 2017

Meine Lieblingsfilme 2016 (Teil III)

Die Academy Awards rücken unaufhaltsam näher – und somit das Event, dass das vergangene Filmjahr endgültig abschließt. Bevor dem so weit ist, möchte ich euch ein weiteres Mal einladen, euch über meine ganz eigenen Favoriten zu freuen, zu ärgern und zu wundern (den vorherigen Teil könnt ihr hier nachholen). Und natürlich auch über meine Ehrennennungen, zu denen etwa Störche – Abenteuer im Anflug gehört, der einfach irrsinnig viel Spaß macht – das Finale ist einen kleinen Hauch zu lang gezogen, weshalb es ganz, ganz knapp nicht für meine Hitliste reichte. Aber ich freue mich schon jetzt auf den Rewatch! Ein weiterer saukomischer Animationsfilm, der hier genannt werden sollte: Sausage Party, der eine alberne, feucht-fröhliche Sause ist, die auch etwas in ihrem zugedröhnten Kopf hat. Hier ist es der mittlere Part, der sich leider etwas verläuft.

Im Realfilmsektor muss ich einfach meinen Hut vor der charmanten Dramödie Florence Foster Jenkins ziehen, die gewitzt ist, und dennoch ihre schrille Hauptfigur respektiert. American Honey wiederum ist ein großartig gefilmtes Porträt einer verlorenen Jugend im mittleren Teil der USA mit starken Performances und Gänsehautschluss – erneut ein Film, bei dem es eine verflixt knappe Angelegenheit war, ob ich den in die Hauptliste aufnehme.

Einen Stein bei mir im Brett hat außerdem Maggies Plan, den besten Woody-Allen-Film der letzten Jahre, den Woody Allen gar nicht gedreht hat. Aus der Sparte "Absolut durchgeknallt und dumm, aber so vergnüglich und zwischendurch in seiner Situationskomik so gut beobachtet, dass ich schlicht aus dem Grinsen nicht rauskam" haben wir die italienische Beamten- und Kulturschockkomödie Der Vollposten, die leider nur an ihrer Rahmenhandlung krankt, als sensible, dramatische und dennoch sehr witzige Geschichte über kulturelle Umgewöhnung wäre wiederum die Flüchtlingsgeschichte Nur wir drei gemeinsam zu nennen. Irgendwo dazwischen: Die Fake-Doku 90 Minuten – Bei Abpfiff Frieden über das Fußballspiel, das den Nahostkonflikt beenden soll.

So viel also erstmal zu den Ehrennennungen. Nun wird es aber Zeit für die Plätze 25 bis 12!

Platz 25: Spotlight (Regie: Thomas McCarthy)

Verdient mit dem Academy Award für den besten Film prämiert und obendrein eine Produktion, die mein Cineastenherz höher schlagen lässt - wenngleich nicht ganz so hoch wie das der Oscar-Abstimmungsberechtigten: McCarthy nimmt einen wahren Fall über hervorragenden Investigativjournalismus, durch den aufgedeckt wurde, wie abgebrüht die Katholische Kirche ihre schützende Hand über die Kinderschänder in ihrer Mitte hält, und erzählt diesen in nüchterner, bodenständiger Form nach. Der gesamte Cast spielt sehr toll auf und aufgrund der zwar gezielten, jedoch nicht streng fokussierten Erzählweise ist Spotlight ein Drama über Schandtaten, eine spannende Anekdote über vertuschte Angelegenheiten und ein seriöses Vorzeigen dessen, weshalb am Journalismus nicht gespart werden sollte - sowie eine filmische Zeitkapsel, wie der US-Printjournalismus kurz vor/nach dem 11. September 2001 war.

Platz 24: Mikro & Sprit (Regie: Michel Gondry)

Im selben Jahr, in dem Fatih Akin mit Tschick die ungewöhnliche, humorig-verträumte Geschichte zweier Jugendlicher verfilmt hat, die mit einer geklauten Schrottkarre durch die Bundesrepublik fahren, kam mit Mikro & Sprit auch Michel Gondrys skurrile, humorig-verträumt-melancholisch-verspielte Geschichte zweier Jungs auf der Grenze zwischen Kindheit und Jugend, die ein fahrbares Minihaus bauen, um damit durch Frankreich zu kurven. Und, hach, was für ein liebenswerter, selbstironischer, einfallsreicher, ruhiger, überraschender, goldiger Film Mikro & Sprit geworden ist. Mit diesen Buben würde ich gern noch längere Trips unternehmen.

Platz 23: Raum (Regie: Lenny Abrahamson)

Eine begnadete Darstellung von Brie Larson, eine nicht minder beeindruckende von Jacob Tremblay und eine effektiv-gegenintuitive Kameraarbeit: Obwohl sich das Psychodrama Raum auf einem stark beengten Schauplatz abspielt, arbeitet Kameramann Danny Cohen mit ganz breitem Bild - erzeugt aber gerade so, indem er aufzeigt, wie schnell bereits der gesamte Lebensraum der Hauptfiguren überblickt ist, ein beengendes Gefühl. Später vergrößern sich die inhaltliche und visuelle Bandbreite, das Gefühl der Enge bleibt aber bestehen: Raum ist unerwartet humorvoll, aufreibend, düster und dennoch erschreckend aufmunternd.

Platz 22: Doctor Strange (Regie: Scott Derrickson)

Das Grundgerüst des jüngsten Marvel-Superheldenfilms erinnert frappierend an Iron Man und andere Ursprungsgeschichten aus der Welt der Comicheroen. Doch Scott Derrickson verwandelt mit mühelos erscheinender Inszenierung, einer leicht verquarzten Grundstimmung und psychedelischen Effekten Doctor Strange zu einer unterhaltsamen Abwechslung vom Marvel-Alltag. Cumberbatch ist perfekt gecastet, Tilda Swinton hat eine würdevolle Ausstrahlung und dennoch sichtbaren Spaß in der Rolle als mystische Mentorin, Mads Mikkelsen holt viel aus seiner Schurkenrolle heraus und Rachel McAdams transformiert eine nichtige weibliche Nebenrolle zu einer ursympathischen Figur, die eine ganz originelle Dynamik mit dem Titelhelden hat. Leichte Pacingprobleme in der Mitte stören da nur minimal.

Platz 21: Kubo – Der tapfere Samurai (Regie: Travis Knight)

Nachdem ich Die Boxtrolls entgegen des Kritikerkonsens eher grausig fand, haben sich die Laika Studios mit ihrem Samuraiabenteuer wieder nach oben gearbeitet: Die Stop-Motion-Trickstube, die zuvor schon Coraline sowie ParaNorman verantwortete, präsentiert mit Kubo eine wunderschön animierte, atemberaubend gestaltete und tonal bezaubernd vielschichtige Geschichte eines Jungen mit besonderen Kräften, der loszieht, um großes Unrecht gerade zu biegen. Nach dem sinnierenden Anfang und einer humorig-abenteuerlich-düsteren Mitte gerät dieser tolle Film für mich im Finale leider ins Schwanken - durch ein paar deplatzierte Gags und ein Finale, das in meinen Augen dem moralischen Grundtenor des restlichen Films widerspricht. Trotzdem ein sehenswertes, äußerst gelungenes Stück Trickkino. Nur für die Top 20 hat es daher leider, leider ganz knapp nicht gereicht.

Platz 20: Bibi & Tina – Mädchen gegen Jungs (Regie: Detlev Buck)

Ja, ihr habt richtig gelesen! Dies ist kein Irrtum! Detlev Bucks dritter Teil der Bibi & Tina-Reihe hat sich in meiner Jahresbestenliste tatsächlich bis in die Top 20 gekämpft! Das hat sich das überaus gut gelaunte, kunterbunte Musical einfach verdient! Nicht zuletzt, weil Buck (unabsichtlich?) mit diesen Realfilmen ein inoffizielles Remake der High School Musical-Filme abgeliefert hat: Teil eins ist ein recht normaler Genrevertreter, der eine viel betretene Filmstory erzählt, sie aber durch leicht schräge Ideen aufpeppt. Der zweite Teil ist verrückter und hat daher höhere Höhen als der Vorgänger, hat aber durch bemühte Lovestorydramatik, die nicht ganz aufgehen will, auch deutlichere Tiefen. Und der dritte Part? Ein campiges, gesund-bescheuertes Vergnügen mit jeder Menge Erwachsenenbonus, Ohrwurmhits, Selbstironie, Metaeinfällen sowie hohem Tempo - und Mädchen gegen Jungs endet auch noch genauso wie Senior Year, nachdem ja schon der Anfang ähnlich war! Durchgeknallte Spitzenlaune garantiert!

Platz 19: Eddie the Eagle (Regie: Dexter Fletcher)

Und noch ein inoffizielles Disney-Remake: Eddie the Eagle ist quasi "Cool Runnings, nur mit einem britischen Skispringer, statt jamaikanischen Bobfahrern". Das von Matthew Vaughn produzierte Sportkomödien-Biopic atmet das Feeling von Disney-Realfilmen der 90er-Jahre und feiert die titelgebende Sportkultfigur als glühendes Beispiel für eisernen Willen und Personifikation des olympischen Geistes. Das inspiriert, macht gewaltigen Spaß und hat in diesem Fall zudem eine launige 80er-Klangästhetik. Taron Egerton und Hugh Jackman sind zudem ein sehr vergnügliches Duo, das Eddie the Eagle stattlichen Rewatchfaktor verleiht.

Platz 18: Rogue One: A Star Wars Story (Regie: Gareth Edwards)

Der erste fürs Kino konzipierte Star Wars-Realfilm, der die Skywalker-Saga bei Seite legt und sich stattdessen voll und ganz darauf konzentriert, die komplexe Natur des Konflikts Imperium gegen Rebellen darzustellen. Godzilla-Regisseur Gareth Edwards behält seinen markanten, distanzierten Stil bei, was angesichts des fragmentierten Anfangs zunächst etwas zäh ist. Aber sobald Rogue One erst seinen Rhythmus gefunden hat, stürmt dieses Weltall-Kriegsabenteuer so richtig los - mit einem atmosphärischen Mittelteil und einem absoluten Gänsehautfinale. Zudem leistet Michael Giacchino große Leistung als (in fast schon letzter Minute angeheuerter) Komponist - und K-2SO ergänzt die lange Riege an unvergesslichen Star Wars-Droiden auf exzellente Weise. Aber vor allem: Wow, dieses Finale!

Platz 17: Findet Dorie (Regie: Andrew Stanton)

Nach dem ungerechtfertigten Scheitern von John Carter an den Kinokassen ist Andrew Stanton zurück in seinem Heimatmedium - und setzt dort seinen bislang größten Hit Findet Nemo fort. Klingt nach Geldscheffelei, ist aber ein gut erzähltes und konsequentes neues Kapitel in der Geschichte unserer fischigen Freunde. Dories Suche nach ihren Eltern ist (auf sehr gezielt-witzige Weise) haarsträubender und schriller als das Original und zugleich als Skizze dessen, wie es ist, mit einer psychischen Sonderkondition aufzuwachsen beziehungsweise mit so jemandem befreundet zu sein, emotionaler und ernster als Findet Nemo. Nach einem sehr süßen Anfang braucht es etwas, bis sich Findet Dorie von den Parallelen zum Original freischwimmt, ab dann ist es aber ein sehr interessanter Film mit flinken Tonfallwechseln und vielen tollen Figuren!

Platz 16: A War (Regie: Tobias Lindholm)

Dieses dänische Drama ist zur Hälfte unmittelbares, intelligentes Kriegsdrama und zur Hälfte nachdenkliches, komplexes Justizdrama: Tobias Lindholm erzählt von einer militärischen Entscheidung, die einige Menschenleben rettet, ebenso jedoch auch einige kostet. Daraus entfaltet sich eine fesselnde moralisch verworrene Frage sowie ein eindringliches Porträt, wie sich dies auf die Familie des Angeklagten auswirkt. Superb gespielt, distanziert, jedoch detailreich beobachtend inszeniert und so clever geschrieben, dass man A War zwecks Suche nach Antworten sofort noch einmal sehen möchte.

Platz 15: Son of Saul (Regie: László Nemes)

Ich finde, dass das Thema Holocaust im Kino bereits rauf, runter, nochmal rauf, wieder runter behandelt wurde, und das so sehr, dass sich genau die Wirkung einstellen könnte, die es zu vermeiden gilt: Übersättigung und somit Abstumpfung. Nemes' nahezu durchweg in Over-the-Shoulder-Shots gefilmtes, mehrsprachiges Drama Son of Saul allerdings vermag es, die Schrecken der NS-Tötungsmaschinerie auf neue, den Magen verdrehende, direkte Art und Weise zu vermitteln - ohne sich dabei selbstgefällig in realem Elend zu suhlen. In komplex arrangierten Kamerafahrten und mit erschütternder Direktheit führt Son of Saul durch ein Konzentrationslager, während der Protagonist verzweifelt versucht, seinem Sohn die letzte Ehre zu erweisen. Menschlich, schonungslos und zudem eine Glanzleistung im filmischen Erzählen.

Platz 14: Bad Neighbors 2 (Regie: Nicholas Stoller)

"Sidney ... das ... das kannst du nicht machen!"
-"Was?"
"Na, Bad Neighbors 2 über Son of Saul stellen!"
-"Wieso nicht?!"
"Wie soll dich da noch jemand ernst nehmen, wenn du eine Vulgärkomödie über so einen wichtigen, seriösen, erschütternden Film wie Son of Saul packst?"
-"Deiner Logik nach kann ich doch gar keinen Film über Son of Saul stellen, oder? Alle Filme sind im direkten Vergleich zu ihm lapidar, nichtig, trivial. Naja, nicht alle, andere besonders niederschmetternde Holocaustdramen und manche Problemdokumentationen sind neben ihm vielleicht noch zu dulden ..."
"Ja, aber, das hier ist ein besonders krasser Bruch!"
-"Na und? Soll ich Bad Neighbors 2 gegenüber nun unfair sein und ihn schlechter dastehen lassen, nur aufgrund seiner Nachbarschaft in dieser Liste? Wieso ist Humor weniger wert als das Erinnern daran, dass industriell abgefertigter Massenmord zu verurteilen ist?"
"Weil ... das erklärt sich von selbst!"
-"Also darf ich auf Platz 15 meiner eigenen Favoritenliste über das Jahr 2016 keine energiereiche, vor Wortwitz und spaßig glühender Performances Komödie stehen haben, die im Gewand einer Vulgärkomödie nicht nur ihr eigenes Genre demontiert, sondern zudem dem Publikum feministische Positionen erläutert? Ein subversives Spiel mit Konventionen, Publikumserwartungen und Genrepolitik hat sich gefälligst weiter unten wiederzufinden, weil ... das gehört sich so?! Wie faschistisch von dir!"
"Ach, Alter, is' deine Liste ..."

Platz 13: Die Mitte der Welt (Regie: Jakob M. Erwa)

Jakob M. Erwa zauberte mit dieser Romanadaption einen ultraschönen, intensiven Film über die Liebe daher - über jede Liebe, denn jeder, der sich in den frühen Phasen der Liebe befindet, glaubt, er sei anders, überfordert, speziell, dem Untergang geweiht ... oder vielleicht doch dem ewigen Glück nah. Mit geradezu von der Leinwand hüpfenden, glaubwürdigen Schauspielleistungen, einer stylischen Bild- und Klangästhetik sowie einer pubertären Neigung zu Gefühlsschwankungen ist Die Mitte der Welt ein Film, der einen mitten in eine Teenieromanze versetzt und der nebenher noch einen reizvollen Subkosmos erschafft. Atemberaubend.

Fortsetzung folgt, mit dem finalen Dutzend!