Dienstag, 15. Dezember 2009

Eli Roths Vater über "Inglourious Basterds"

Achtung! Spoiler zu Inglourious Basterds voraus!

Lange ist es her, dass die letzten Analysen zu Inglourious Basterds online aufgetaucht sind. Pünktlich zur Zeit des Preisregens (und nicht all zu lange vor der US-DVD-Veröffentlichung) kehrt Inglourious Basterds zurück ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit. Und zwar mit einem sehr lesenswerten, persönlichen Artikel, geschrieben von Eli Roths Vater Sheldon Roth.

Für Jewish Journal.com reflektierte Sheldon Roth die Gefühle, welche die durch Eli Roths Charakter Sgt. Donowitz ausgeführte, gewaltätige Ermordung Hitlers im explosiven Finale von Inglourious Basterds in ihm ausgelöst wurden.
Roth erklärt, dass er über den Filmtod Hitlers schon seit der Drehbuchphase informiert war. Er besuchte sogar das Filmset in Berlin, als die Szene gedreht wurde, in der sein Sohn Adolf Hitler mittels eines Maschinengewehrs zu einer blutigen, breiigen Masse verarbeitete. Dennoch ahnte er nicht, wie überwältigend dieser Moment auf ihn wirken sollte, sobald er ihn im Gesamtkontext sehen sollte: "Ich verspührte diese kraftvolle Mischung aus Rettung, Rache, Erlösung, Entlastung und einem unbegreiflichen Kummer. Mein Sohn opferte sich selbst für uns alle. Er tat, was ich nicht tun konnte. Und ich weinte.", beschreibt der Psychoanalystiker die emotionale Erfahrung.

Sheldon Roth reagiert in seinem Artikel auch auf sämtliche Zuschauer, die aufgrund der historischen Fiktionalität von Inglourious Basterds keinen Zugang zu ihm fanden. Für Roth existieren zwei Arten von Fakten: Historische und emotionale. Gefühle gelten, so Roth, eben so viel, wie Geschichtsfakten, und Kunst fungiert seiner Meinung nach als eine kondensierte Aussage über das Leben. Ein Kunstwerk, dass sein Publikum erreicht, lässt solche Emotionen Wahrhaftigkeit annehmen, weswegen es falsch sei, diese Gefühle als "historisch inakkurant" abzutun.
Inglourious Basterds manifestiert eine Gefühlsbewegung, die seit langem in den Menschen schlummert, und Tarantino habe erkannt, wie bedeutsam es sei, diese Emotionen auf Film zu bannen, statt erneut die vermeintliche Realität abzubilden.

Genau so sehe ich es auch - es wurde Zeit, dass mit dem Zweiten Weltkrieg emotional ehrlich abgerechnet wurde, statt sich erneut vergeblich an einer historisch akkuraten, authentischen Umsetzung zu versuchen. Geschichtlich korrekt wäre der Film, wenn überhaupt, nur halb so gut.

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