Donnerstag, 21. Juli 2011

Die Chroniken von Narnia: Die Reise auf der Morgenröte


Vergangene Woche startete mit Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2 der achte und finale Film der Harry Potter-Kinosaga. Fans nehmen Abschied, Kinorekorde werden gebrochen und auch ich ahnungsloser Muggel habe mich zu ein paar Grußworten hinreißen lassen.

Weshalb ich das an dieser Stelle mit euch teile? Nun, weil Harry Potter, das muss ich einfach mal zugeben, ein vorbildliches Beispiel für die Adaption größerer Buchreihen ist. Zum Vergleich braucht man einfach nur die mit ebenfalls sieben Bänden gleichermaßen umfangreiche Narnia-Reihe heranziehen. Disney hoffte mit der von Walden Media produzierten Kinoreihe auf Bais der populären Bücher von C. S. Lewis sein eigenes Harry Potter-Phänomen aufbauen zu können. Funktionierte dies noch mit Der König von Narnia, stürzte die Fortsetzung Prinz Kaspian von Narnia an den Kinokassen enorm ein. So sehr, dass Disney Monate später seinen Rückzug aus dem Franchise vermeldete.

Disneys unversöhnlicher Bruch mit Die Chroniken von Narnia dürfte Walden Medias großer Finanzsicherung weiteren Schaden zugefügt haben. Statt 2009, also ein Jahr nach Prinz Kaspian von Narnia, in die Kinos zu kommen, schaffte es der Film erst 2010 in die Kinos, da der Drehstart so lange verschoben werden musste, bis Walden Media einen finanzkräftigen Produktions- und Vertriebspartner fand. Diesen fand man in 20th Century Fox, wobei auch dieser Hollywood-Riese nicht willig war, die anfänglichen Pläne für den Film zu berücksichtigen. Andere Drehorte mussten ranhalten und auch das Budget, wenngleich nicht so stark zusammengekürzt wie es Disney nach dem Kinostart von Prinz Kaspian beabsichtigte, war ebenfalls geringer, als man zu Beginn der Vorproduktionsphase erwartete.

Als Die Chroniken von Narnia: Die Reise auf der Morgenröte schließlich in die Kinos kam, waren nunmehr fünf Jahre seit dem ersten Teil vergangen. Eine zu lange Zeit, wenn man eine stabile Kinotradition aufbauen möchte. Dennoch nahm der Film weltweit nur knapp weniger ein als sein direkter Vorgänger. Dies ist genug, um der Serie keinen offiziellen Schluss zu setzen, aber zu wenig, um einen vierten Teil zu sichern. Geht es nach den Kritikern, hat die Serie eh so konstant abgebaut, dass sich eine Fortsetzung nicht lohnen würde.

Ich fand Teil 1 und Teil 2 jedoch ungefähr gleich stark. Der erste ist, schon allein wegen seiner Geschichte, wesentlich magischer, jedoch finde ich die Handlung in Prinz Kaspian von Narnia ausgereifter adaptiert und der realistischere Ansatz hatte einen unerwartet großen Reiz auf mich. Deswegen war ich nach diesem Film weiter auf einen dritten Narnia-Film gespannt.

Die Reise auf der Morgenröte offenbar jedoch, dass die unsichere Zukunft der Kinoreihe nicht allein der Studiopolitik in die Schuhe zu schieben ist. Teilweise liegt sie auch am Material selbst begründet. Dem waren sich die Drehbuchautoren sogar bewusst, sie überlegten, die Handlung dieses Films mit der von Die Chroniken von Narnia: Der silberne Sessel zu verschmelzen. Letztlich sah man, von einem kurzen Element, davon ab. Vielleicht hätte man sich an diese Idee halten sollen. Denn Die Reise auf der Morgenröte ist sehr schwach erzählt:

Lucy und Edmund Pevensie wohnen nun bei ihrem Cousin Eustachius Knilch, einem anstrengenden, neunmalklugen Spießer-Quengelburschen. Während eines Streits zwischen den dreien schwappt das Wasser aus einem Gemälde über, wodurch sie nach Narnia transportiert werden. Prinz Kaspian fischt sie aus dem kühlen Nass heraus und hievt sie auf sein stolzes Schiff, die Morgenröte.
Prinz Kaspian erzählt seinen neu dazugewonnen Crewmitgliedern, dass er auf der Suche nach sieben verschollenen Lords ist. Als sie auf einer vermeintlich einsamen Insel ankommen, erfahren sie, dass Sklavenhändler diese Gegenden unsicher machen. Außerdem begegnen sie einem der verschollenen Lords, der ihnen erzählt, dass Sklaventreiber unschuldige Menschen einem ominösen grünen Nebel opfern. Kaspian, die Pevensies und ihr zweiflerischer Cousin machen sich auf, herauszufinden, wohin die vom grünen Nebel verschlungenen entschwinden. Auf der Reise gelangen sie an mehrere magische Inseln, auf denen seltsame und teils gefährliche Dinge geschehen...

Die Reise auf der Morgenröte ist episodisch und sehr kopflos verfasst. Dabei habe ich mit episodischen Handlungen gar kein wirkliches Problem. Ich habe eine Schwäche für Road Movies, die sind nahezu immer episodisch. Ich mag die Disney-Trickadaption von Alice im Wunderland, welche absolut episodisch ist, und einer meiner größten Kritikpunkte an Tim Burtons Variante dieser Geschichte ist, dass sie einen stringenten, roten Faden hat, statt schlichtweg Irrsinn aneinander zu reihen. Das ist nicht mein Problem. Allerdings kann man nicht wahllos irgendwelche Versatzstücke einer Geschichte aufeinander folgen lassen und dann hoffen, eine runde Handlung zu erhalten. Man muss sich das episodenhafte verdienen und im besten Fall aus Vignetten wieder eine perfekte Story formen.  


Findet Nemo macht im Grunde genommen das, was Die Reise auf der Morgenröte machen möchte: Wir haben eine Mission, nämlich jemand verlorenes wiederzufinden. Es folgen einzelne, kleine Abenteuer, die unsere Helden auf dem Weg zum Ziel überwinden müssen. Andrew Stanton schaffte es in Findet Nemo jedoch, diese kurzen Episoden durch einen stringenten, emotionalen roten Faden zu einer Einheit zu verbinden. Das Drehbuch, das Christopher Markus, Stephen McFeely und Michael Petroni auf der Basis des Romans von C. S. Lewis schrieben, scheitert daran. Es kommt in keinen Erzählfluss, weder ein emotionaler, noch ein Spannungsbogen zieht sich durch die gesamte Laufzeit und auch die einzelnen Subplots funktionieren nicht. Dass Edmund sich von Prinz Kaspian bevormundet fühlt, ein uns kaum bekanntes Mädchen seine Mutter sucht und Lucy ihre Schwester Susan um ihre Schönheit beneidet, das alles kommt kurz auf, und verschwindet dann so schnell, wie es aufgekreuzt ist. Appropos: Allein schon, wie und weshalb die Pevensies in Narnia aufkreuzen, ist ein müder Schatten dessen, was man in Teil 1 schuf. Ich weiß, dass Fantasy-Geschichten, die davon handeln, dass jemand aus "unserer" Welt in eine andere stolpert, immer darunter kranken, dass manche Zuschauer die Exposition wünschen und andere lieber sofort in die Fanatsywelt stürzen wollen, aber erzählerisch ergibt der dritte Abstecher nach Narnia keinerlei Sinn. Im zweiten Film "rief" Prinz Kaspian die Pevensies mittels eines magischen Horns, das für Notfälle gedacht ist. Jetzt sind die Pevensies in Narnia, weil, naja, eine Fortsetzung sollte halt drin sein.

Die Drehbuchautoren haben ja bereits am Buch herumgedoktert, aber längst nicht genug. Man hätte sicher einige Fehler ausbügeln können, so wie bereits Prinz Kaspian von Narnia seine Vorlage kinotauglicher gestaltere.


Eine weitere Schwäche ist der nervige Cousin. Eustachius sollte eine Nervensäge für die Figuren im Film sein, nicht jedoch für die armen Zuschauer. Wenige Sekunden mit ihm, und man würde ihm am liebsten in die Magengrube boxen. Und dass Aslan den sich bereits in Prinz Kaspian von Narnia abzeichnenden Trend verfolgt und endgültig zu einem leo ex machina mit ordentlicher Dosis christlich-religiösem Pathos. Dass Der König von Narnia seitens manch bitterer Kritiker zerrissen wurde, da er penetrant missionarischer sei, halte ich für absolut übertrieben. Ja, der Film nutzte Metaphern mit biblischem Hintergrund, allerdings finden die sich vielerorts. In Die Reise auf der Morgenröte wird der christliche Subtext jedoch zu Text und die Symbolik wird völlig plump genutzt. Ein wenig Fingerspitzengefühl hätte wahrlich nicht geschadet.

Dafür haben Lucy und Edmund wieder mehr zu tun, als noch in Prinz Kaspian von Narnia, und auch wenn ihre Subplots sehr abrupt abgeschlossen werden, so stecken dahinter noch immer recht annehmbare Konzepte. Auch Riepischiep ist mit seinem erfrischenden Humor und seiner gewissen Würde wieder einmal ein Highlight des Films. Er und Aslan sind in Die Reise auf der Morgenröte auch deutlich besser animiert, als noch in Prinz Kaspian von Narnia. Die restlichen Effekte sind dagegen ein klarer Abstieg: Die Minotauren und Faunen sehen, für einen Film dieser Größe, eher schäbig aus und viele der Aufnahmen zu hoher See wirken sehr künstlich. Dass sich Die Reise auf der Morgenröte wie ein kleiner Nachgedanke wirkt, den irgenjemand mal nach den ersten beiden Teilen hatte, ist außerdem Mitschuld der Kameraarbeit von Dante Spinotti und der Musik von David Arnold. Spinottis Bilder lassen einfach kein episches Fantasy-Gefühl aufkommen und David Arnolds Kompositionen kommen nicht an die Klanggewalt von Harry Gregson-Williams heran. Regisseur Michael Apted schlug sich derweil ganz passabel. Andrew Adamson vermittelte mehr Magie, auch im an Fantasyelementen ärmeren Prinz Kaspian von Narnia, doch ich fand keine wirklich relevanten inszenatorischen Mängel, die ich nicht eher im Drehbuch vermuten würde. Wobei man natürlich nie weiß, was auf Anraten des Regisseurs im fertigen Film landete.

Da Die Reise auf der Morgenröte in der zweiten Hälfte anzieht (reeeein zufällig genau dann, als man den nervigen Cousin zum Schweigen brachte) und wieder unbeschwerten, familientauglichen Fantasy-Spaß bietet, sehe ich ihn trotz des haarsträubenden Gesprächs mit Aslan nicht als Ausfall an. Einzelne Segmente sind recht gut geworden, und wenn man den Cousin sowie besagte Audienz bei Aslan ignoriert, sind die Dialoge (wie ich finde) besser, als in Der König von Narnia. Dieser hatte allerdings die deutlich bessere Geschichte und auch sehr viel zauberhafte Atmosphäre. Die Reise auf der Morgenröte ist schwach erzählt und hat... eigentlich gar keine Stimmung zu vermitteln. Der Film unterhält für 100 Minuten, mehr auch nicht.

Waren die ersten beiden Teile in meinen Augen (sehr) gut, ist Die Reise auf der Morgenröte für mich schlichtweg "joah, ok". Sollte Teil 4 kommen, würde ich ihn mir bestimmt ansehen, doch wenn die Kino-Chroniken von Narnia nun enden, werde ich keine Träne vergießen.

Übrigens, wer es (immer) noch nicht weiß: In Deutschland gibt es den Film nur geschnitten zu erwerben. Disney hatte damals ja wenigstens den Anstand, die unzensierte Fassung auf DVD zu veröffentlichen, Fox hingegen zwängt uns auf allen Formaten die gestutzte "ab 6"-Version auf. Bloß nicht auf der 3D-Blu-ray. Die man, in bester Avatar-Manier, nur erhält, wenn man sich 3D-Hardware von Sony kauft. Was in der deutschen Fassung fehlt, erfahrt ihr hier.

1 Kommentare:

Luanalara hat gesagt…

Kurz zu HP: Ist ist eben einfach nichts deins. man kann nicht sagen, du hättest es nicht versucht. *g*

Ja, und was kommt jetzt, das timmt schon. Narnia find ich schwierig, dafür haben sie es bisher einfach nicht richtig geschafft, solch eine loyale Fangemeinde zu versammeln. Den ersten Film habe ich mal halb gesehen; was ich sah, gefiel mir ganz gut. Teil 2 kenne ich nicht, Teil 3 habe ich im Kino gesehen. Das Beste am Film war Riepichiep. Ansonsten: Nett. Muss ich nicht nochmal gucken, bereue es aber nicht ihn gesehen zu haben. Und das ist das Problem: Keine Begeisterung.

Kann mal bitte jemand "Die Lügen des Locke Lamora" verfilmen? Gerade im Fantasygenre gibt es einige wirklich gute Sachen, aber vermutlich sind das nicht Bestseller genug.

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