Mittwoch, 8. Oktober 2014

Live. Die. Repat: Edge of Tomorrow


In Harold Ramis' melancholischem Komödienklassiker Und täglich grüßt das Murmeltier aus dem Jahr 1993 gleitet der von Bill Murray brillant gespielte Wetterfrosch Phil Connors in den Wahnsinn, weil er in einer Endlosschleife den Murmeltiertag im verschlafenen Kaff Punxsutawney durchstehen muss. Im Vergleich zu dem, was Tom Cruise als Major William Cage in Edge of Tomorrow durchmachen muss, ist Phil Connors' mysteriöses Erlebnis jedoch das reinste Zuckerschlecken. Denn für Cage heißt es in einer nicht all zu fernen Zukunft: Und täglich grüßt das Alienvieh.
Während der grimmige Wetterexperte nur mutmaßen kann, wieso er immer wieder einen ganz bestimmten Tag in Punxsutawney durchzustehen hat und was er mit sich anfangen soll, kann sich Cage eher einen Reim aus seiner Lage machen: Der im Feld unerfahrene Major wurde eingezogen, um im Einsatz gegen eine die Erde zerstörende, übermächtige Alienrasse zu helfen. Am ersten Tag an der Front kann er zwar eines der flinken, heimtückischen Wesen töten, verliert dabei aber sein eigenes Leben. Nur um dann wieder am Tag vor seinem tödlich geendeten Kampf in einer Militärstation nahe der Normandie aufzuwachen.

Zunächst zweifelt Cage an seinem Verstand, aber einige Wiederholungen später akzeptiert er sein Schicksal. Immerhin kann er aus seinen Fehlern und den Patzern seiner Kameraden lernen, und so zumindest versuchen, der Menschheit im Feldzug gegen die sogenannten Mimics einen erheblichen Vorteil zu verschaffen. Aufgrund der reinen Masse an außerirdischen Angreifern, die zu allem Überfluss ordentlich einstecken können, kommt Cage aber nie sonderlich weit. Bis er Rita Vrataski (Emily Blunt), dem Aushängeschild der irdischen Armee, ins Auge fällt. Einzig die ebenso durchtrainierte wie smarte „Full Metal Bitch“ schenkt Cages wirrem Gerede von seiner sonderbaren Gabe Glauben. Vrataski und Cage vereinen daher ihre Kräfte gegen die Außerirdischen, wenngleich selbst Vrataskis Kampferfahrung Cage nicht davor bewahrt, andauernd am französischen Strand vom Alienheer besiegt zu werden …

Anders als Duncan Jones' verkopfter Sci-Fi-Thriller Source Code, in dem Jake Gyllenhaal immer wieder den selben Tag durchleben muss, um einen Terroranschlag zu verhindern, überfrachtet Edge of Tomorrow den Storyverlauf nicht mit mühseligen Erklärungen. Stattdessen hält die Regiearbeit des Bourne Identität-Machers Doug Liman ihre Regeln knapp, aber in sich plausibel. Darüber hinaus bleibt Edge of Tomorrow trotz mehrerer Richtungswechsel seiner inneren Logik treu. Und hat somit dem entfernten Verwandten Source Code noch eins voraus, denn selbst wenn Jones in der ersten Filmhälfte effektiv mit den schaurigen emotionalen Untertönen einer Zeitschleife spielte, verschenkte er allerhand dramatisches Potential, indem er schlussendlich das mühevoll etablierte Regelwerk für einen launigen Schluss opferte. 
Innerhalb seines schlüssigen, kurzweilig erklärten Regelwerks balanciert Liman hingegen die tonalen Aspekte von Edge of Tomorrow meisterlich: Die Action ist ein dominantes Element und dank der knalligen, stilvoll designten Effekte ist auch für allerhand Schauwerte gesorgt, die Kameramann Dion Beebe in stylischen Bilder und temporeichen Kamerafahrten einfängt. Die Schießereien dienen stets dazu, die Story voranzutreiben – und eben diese stützt sich auf einer erfrischend großen Dosis Humor. Obwohl einzelne Gewaltspitzen regelmäßig an die Fallhöhe des Films erinnern, bricht Edge of Tomorrow aus der Masse semi-düsterer Blockbuster aus, ohne gleich ins andere Extrem zu rutschen und all zu albern daherzukommen. Cages Gabe erlaubt allerlei makabere Gags, zudem sind die Interaktionen zwischen dem unfreiwillig rekrutierten Major und seinen Militärkollegen sehr pointiert geschrieben. Wie zuletzt in Mission: Impossible – Phantom Protokoll zeigt sich Tom Cruise von seiner besten Seite und stellt freudig sein großes komödiantisches Talent unter Beweis, trotzdem skizziert er Cage als einen plausiblen Charakter, der zwischen den Schrecken und Vorzügen seiner Lage hin- und hergerissen ist. Außerdem stimmt seine Leinwandchemie mit Emily Blunt – die beiden Stars legen nur ein sanftes Knistern in ihr gemeinsames Spiel, so dass die eigentliche Story nicht zu verkitscht wird und dennoch eine zwischenmenschliche Komponente Einzug erhält.

Zusammengehalten wird all dies von der intuitiven Struktur des Drehbuchs: Sehr lang schröpft Edge of Tomorrow den Spaßfaktor des Konzepts aus und lebt phasenweise von Wiederholungen sowie von Variationen bekannter Abläufe. Sobald jedoch die Gefahr droht, dass Abwandlungen des ewig gleichen Szenarios (etwa der Alienattacke an der Küste Frankreichs) letztlich doch noch ermüden, schlägt der Film Haken und ändert nicht nur den Handlungsverlauf, sondern auch seine Gangart. Die Grundzutaten Humor, coole Action und Spannung bleiben bestehen, aber das Mischungsverhältnis ändert sich regelmäßig mit den neuen Taktiken des Duos Cage & Vrataski sowie den damit einhergehenden Schauplätzen. Dies hilft, diesen originellen Blockbuster lange im Gedächtnis zu verankern.

Die fast zwei Stunden Laufzeit vergehen daher wie im Fluge, bloß in den überaus raren Momenten, in denen Edge of Tomorrow haarscharf an einer Optimismus-Üerdosis vorbeischrammt, verliert dieser spaßige Sci-Fi-Actioner an Tempo. Und der Abspannsong ist tonal derbe unpassend. Dafür überzeugt das 3D und auch die Instrumentalmusik von Christophe Beck (Hangover-Trilogie) fügt sich makellos ins Gesamtbild.

Fazit: Packende Action, herrlicher Humor und eine spannend-originelle sowie schlüssige Spielweise eines zunächst ausgedient und simpel wirkenden Konzepts: Edge of Tomorrow ist flottes, ideenreiches Blockbusterkino mit tollen Bildern und zwei vergnüglichen Stars in den Hauptrollen.

Edge of Tomorrow ist ab sofort auf DVD, Blu-ray und als 3D-Blu-ray erhältlich. Diese Kritik ist eine überarbeitete Fassung meiner zum Kinostart veröffentlichten Filmbesprechung bei Quotenmeter.de

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen