Sonntag, 5. Juni 2011

Besser geht's nicht


Regisseur James L. Brooks ist wirklich nicht sonderlich produktiv: In 31 Jahren drehte er bloß sieben Kinofilme, zuletzt den aufgrund für eine recht simple Komödie mit exorbitanten Kosten belastete Woher weißt du, dass es Liebe ist?. Welches Werk den Höhepunkt seiner überschaubaren Regiekarriere darstellt? Nun, auf diese Frage gibt es wohl nur zwei naheliegende Antworten: Entweder ist es das Melodram Zeit der Zärtlichkeit oder die dramatische Komödie Besser geht's nicht, die 1998 für erstaunliche sieben Academy Awards nominiert wurde. Eine beachtliche Leistung für einen Vertreter eines von der Academy gerne belächelten Genres. Besser geht's nicht gelang sogar als bis dato letzter Film ein Doppelsieg in den Hauptdarsteller-Kategorien. Es dürfte also kaum als Übertreibung angesehen werden, wenn man sagt, dass es sich dabei um einen echten Ausnahmefilm handelt.

Er ist ein Mistkerl, wie er im Buche steht: Melvin Udall schmeißt das Schoßhündchen seines schwulen Nachbarns in den Müllschacht, brüllt jeden an, der ihn bei der Arbeit stört und lässt in seinem Stammlokal jeden anwesenden wissen, wie sehr es ihn anekelt, dass sich Juden an "seinem" Tisch befinden. Ob Melvin ein intolerantes, cholerisches Schwein ist, oder ob er einfach "nur" ein Arschloch, das seiner Genervtheit durch rassistische und schwulenfeindliche Sprüche Luft macht, zu deren ideologischen Gehalt er nicht steht, das ist nicht eindeutig. Und auch, ob seine Zwangsneurosen seine Menschlichkeit beeinträchtigten, weiß man nicht. Fest steht jedoch: Melvin hat ein beeindruckendes Talent. Er verfasst einfühlsame, einsichtsreiche und rührende Liebesromane, die regelmäßig die Bestseller-Listen stürmen.

Melvin Udall ist Jack Nicholson. Die Rolle ist wie für ihn geschaffen, in den komödiantischen Passagen glüht Nicholson förmlich vor Spielfreude und verwandelt aus dem Hassobjekt Melvin Udall einen politisch inkorrekten Anti-Helden, von dem man die Augen nicht lassen kann. Die sich früh zeigenden Brüche in der Monster-Oberfläche sind von Autor Mark Andrus unaufdringlich eingearbeitet und werden in dramaturgisch wundervoll abgestimmten Schüben hervorgekehrt. Nicholson gelingt es, den verstörten Menschen im Ekelpaket subtil zu spielen, durch Stille und nachdenkliche Blicke mehr Mitgefühl zu erregen, als die meisten Schauspieler es in ähnlichen Rollen durch eloquente und aufwühlende Monologe können.

Der einzige Mensch, von dem sich Melvin Paroli bieten lässt und bei der er nicht völlig angewidert zusammenfährt, wenn sie ihn mit einer kurzen Berührung streift, ist die Kellnerin Carol. Die alleinerziehende Mutter eines asthmakranken Jungen stört sich, anders als ihre Kollegen, nicht all zu sehr an dem schimpfenden Dauergast mit all seinen Macken. Nur wenn er sich unangebrachte Witze über ihr krankes Kind leistet, reißt ihr der Geduldsfaden, ansonsten nimmt sie die Launen dieses zeternden Neurotikers mit einem Augenrollen und zusammengekniffenen Lippen hin. Das höchste Gefühl der Toleranz, das Melvin entgegnet.

Carol wird von einer wundervollen Helen Hunt gespielt, die zunächst als leichter Gegenpol zur exzentrischen Hauptfigur eingeführt wird, die aber, wie sich nach und nach zeigt, ihr eigenes emotionales Paket mit sich zu schleppen hat. Carols Probleme kommen aber nicht wie von der Drehbuchschule, sondern wirken überaus natürlich. Helen Hunt gibt eine emotional packende, stellenweise fast schon tränenrührende Performance voller Natürlichkeit ab, weshalb die deutlich alltäglichere Figur Carols tatsächlich problemlos neben dem voller Präsenz steckenden Jack Nicholson bestehen kann. Beide Schauspielleistungen wurden höchst verdient mit dem Academy-Award prämiert, und sie sind es, die den Film tragen. Das Skript ist ebenfalls vorzüglich, schafft es eine melancholische, trotzdem leichtgängige Stimmung zu verbreiten. Der Film ist nur in den seltesten Momenten vorhersehbar und verzichtet auf eine überreizte, klassische Aktstruktur, um stattdessen den Figuren mehr Raum zur Entfaltung zu verleihen. Dennoch, manche sentimentale Momente sind auf dem Papier was zu dick aufgetragen, andere Zwickmühlen werden recht zügig gelöst - dass dies beim Filmgenuss nicht im geringsten negativ auffällt, ist den einvernehmenden Darstellern zu verdanken.

Besser geht's nicht ist ein Komödienklassiker mit wahnsinnig viel Herz und trotz seiner ungewöhnlichen Feel-Good-Wirkung erfrischend unkitschig. Jeder, der in exzentrische Filmfiguren vernarrt ist, oder der einige tolle, böse Lacher in einer wundervoll menschelnden Handlung eingebettet sehen will - eigentlich jeder, der mit zwischen Drama und Komödie wandelnden Filmen etwas anfangen kann, sollte sich diesen Film ansehen. Sofern er es nicht längst getan hat.

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4 Kommentare:

Sorkin hat gesagt…

Kein Wort über den ebenfalls für einen Oscar nominierten Greg Kinnear?

Anonym hat gesagt…

Angemerkt:

Brooks war immer mehr ein Produzent als Regisseur: Brooks erschuff Serien wie die Tracy Ullman SHow, die Show wo Danny DeVito eine Taxifirma leitet, er machte die Simpsons groß und arbeitete mit an "The Critic". Als Faul würde ich ihn daher nicht bezeichnen ;)

Ansonsten sehr interessante, wenn auch recht kurze Review. Vielleicht sollte ich mal reingucken...

Freundliche grüße

JAGUAR D SAURO (der grade gewaltige Anmeldeprobleme hat)

Sir Donnerbold hat gesagt…

Deswegen sage ich ja, dass REGISSEUR James L. Brooks nicht produktiv ist. Ich weiß schon, dass er als Produzent aktiver ist. Aber dennoch danke für die Anmerkung, ist's für unwissende Leser direkt informativer.

@ Sorkin: Und auch keine Erwähnung von Hans Zimmers Musik - ich habe zum Rest halt nichts zu sagen, da wollte ich die recht runde Kritik nicht künstlich strecken. :-)

Jacky hat gesagt…

Oh nein,ich finde den Film so Klasse. :)
Jack Nicholson ist einer der Besten überhaupt!

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