Dienstag, 6. Oktober 2015

Vier Gründe FÜR das Aus zwischen Miss Piggy und Kermit


Der Spätsommer kannte kein anderes Thema, und selbst jetzt wird unter Fans noch immer fleißig darüber diskutiert: Miss Piggy und Kermit sind kein Paar mehr. Die zwei Vorzeige-Muppets gaben ihre Trennung via Pressemitteilung bekannt, und wohl selbst die gerissensten PR-Manager innerhalb des Disney-Konzerns werden wohl kaum geahnt haben, wie sehr diese News einschlägt. Fans und Pressevertreter gingen immer wieder darauf ein, analysierten die Historie des Ex-Paars und zerrissen sich die Mäuler darüber, wer von den Beiden denn schlechter ohne den Anderen dran sei. In den USA und Kanada liefen mittlerweile die ersten Episoden der neuen, extrem simpel titulierten Serie the muppets., und obwohl sich Liebhaber der wilden Jim-Henson-Schöpfungen einig sind, dass die Bill-Prady-Produktion sehr gelungen ist, wird noch immer gezankt: Ist ein Liebes-Aus zwischen Piggy und Kermit zu dulden? Tja, ich habe einen Blog, werde gelegentlich als Disney-Experte bezeichnet und gebe gern meine Meinung bekannt.

Also .. ist hier meine Stellungnahme zu dem Thema: Ja, das Beziehungsende zwischen den Beiden ist ein mutiger, begrüßenswerter Schritt. Und das aus diversen Gründen ...

Es erlaubt abwechslungsreicheres Storytelling
Mit ikonischen Figuren zu arbeiten, hat allerlei Vorteile. Allerdings engt es auch ein, wenn Autoren aufrund der festzementierten Regularien hinter ihren heiligen Figuren allerlei Tabus umgehen müssen. Ein Disney-Comicautor, der einen Micky-Maus-Krimi erschafft, hat deutlich geringere Möglichkeiten, seine Story zu erzählen, als irgendein Indie-Comicschöpfer. Und würden wir in einer Welt leben, in der Disney den eisernen Hammer schwingt und Prady es verboten hat, Piggy und Kermit zu trennen, so würden wir uns in einer Welt befinden, in der the muppets. viel schneller Gefahr läuft, an Pepp zu verlieren. Eine Comedyserie für erwachsene und junge Zuschauer, in der das Arbeits- und Privatleben berühmter, comichafter Figuren thematisiert wird, hat selbstredend auch Interesse daran, Storys über zwei sich zoffende Personen zu erzählen. Und im Fall von den Muppets erwartet das Publikum, Konflikte zwischen Kermit und Piggy zu sehen. Aber bei einem per künstlerischem Gesetz untrennbaren Paar gehen irgendwann die Optionen aus, Streitereien reizvoll darzustellen. Man denke nur an Die Simpsons: Wenn Marge und Homer zum x-ten Mal einander mit Trennung drohen und nach 20 Serienminuten eh wieder glücklich miteinander sind, ist die Luft raus. Wenn Piggy und Kermit aber gar kein Paar mehr sind, können Folgen eben doch andere Wege gehen als die übliche "Schöner Alltag --> Konflikt --> Versöhnung"-Struktur. Sie können sich zanken und am Ende der Episode mehr hassen denn je. Sie können sich so nah kommen wie zu Beginn der Folge, oder gar näher als zuvor. Es kann sich überhaupt nichts ändern, sie können einander linken oder die Eifersucht ihrer neuen Partner verdienen. Ohne Dogmen gibt es mehr Raum für Überraschungen!

Es ist kein so großes Sakrileg, wie alle behaupten
Wenn Micky Maus im nächsten Lustigen Taschenbuch mit Minnie Maus Schluss macht und einen Monat später in einer weiteren Ausgabe des Comicklassikers mit Klarabella Kuh knutscht, dann haben wir guten Grund, schockiert zu sein. Micky und Minnie sind zwei sehr brave, liebe Disney-Schöpfungen, die charakterlich auf einer Wellenlänge liegen. Seit über 70 Jahren traut sich niemand, an der Beziehung zwischen ihnen zu rütteln. Die einzige Person, die sich die Autorität heraus genommen hat, einen Keil zwischen Micky und Minnie zu treiben, war Walt Disney höchstpersönlich, und das war im Herbst 1930, also bloß zwei Jahre nach der Schöpfung des Mauspaares. Und somit zu einem Zeitpunkt, wo sich wohl nur die Wenigsten um das Liebesglück des Duos gekümmert haben dürften. Wenn in einer neuen DVD-Premiere namens Arielle, die Meerjungfrau: Wenn Liebe ersäuft Arielle ihren Traumprinzen Eric beim Fremdgehen erwischt und daher zurück nach Atlantica flieht, dann zerstört Disney ein seit Jahrzehnten in den Köpfen der Menschen stehendes Märchen-Happyend. Aber Kermit und Piggy? Ja, seit den 70ern existiert diese kollektive Erinnerung von Frosch und Schwein als Traumpaar. Der eigentliche Muppet-Text, also die Serien, Specials und Filme mit ihnen, unterstützt diese Deutung derweil nur im Punkt "Paar", nicht aber die Ergänzung "Traum-". Die Zwei verbringen seit Beginn ihrer Karriere mehr Zeit damit, anzuschnauzen oder zu ignorieren, als ihre Liebe füreinander auszuleben. Piggy flirtete zur Blütezeit der Muppets mit halb Hollywood, auch Kermit machte einigen Gaststars schöne Augen. In Muppets - Die Schatzinsel spielen sie ein Ex-Paar, das sich wiederfindet, im Film Die Muppets von 2010 heißt es, sie hätten sich zerstritten, wenngleich ohne, dass ihre Gefühle füreinander erloschen sind. Dass Piggy und Kermit etwas miteinander haben, war seit jeher eher Hintergrundgag als zentraler Kanon. Das darf man auch mal aufbrechen.

Es hat eine die Charaktere achtende Vorgeschichte
Hinzu kommt: In Wahrheit hätten wir das eh kommen sehen müssen. Wären wir nicht so verblendet gewesen. In den Worten von Bill Prady, dem Ideengeber der Serie: "Eine der Inspirationsquellen waren die Pressetouren, die Eric Jacobson [alias Piggy] und Steve Whitmire [alias Kermit] jahrelang gemacht haben, bei denen sie dauernd über ihre Beziehung ausgefragt wurden. Und weil es keine fortwährende Story gibt, lief es immer auf ein 'Naja, es ist kompliziert!' hinaus." Weiter erläutert er gegenüber THR, dass er sich nach dem Anschauen eines dieser Interviews dabei ertappt hat, mehr in die Aussagen hineinzulesen: "Ich empfand, dass es so klang, als hätten sie in Wahrheit Schluss gemacht. Sie wichen dem Thema ständig aus. Sie wirkten so, als würden sie für die Öffentlichkeit eine Show abziehen, obwohl etwas passiert ist." Und wisst ihr was? Ja, das stimmt! Ich finde, dass Piggy und Kermit seit Jahren so geklungen haben! Daraus Konsequenzen zu ziehen, ist ein genialer Schachzug, der die Muppets realer wirken lässt. Was uns zum letzten Punkt führt ...

Es macht die Figuren menschlicher
Ich halte es nicht für unmöglich, dass ich einer der weltgrößten Fans von Muppets Tonight! bin, dem unter vielen Muppet-Kennern übel geschundenem 90er-TV-Revival der filzigen Comedians. Und trotzdem halte ich es für genauso gut möglich, dass the muppets. in meinem Ansehen an besagter Serie vorbeizieht. Weit, weit an ihr vorbeizieht. Denn zusätzlich zum gewohnten Muppet-Irrsinn kommt nun eine tüchtige Dosis pointierter Alltäglichkeit. Mehr als jemals zuvor auf der Flimmerkiste kann ich mit den im Kino öfter mal menschelnden Wirrköpfen mitfühlen. Weil ihre Konflikte in den bisherigen Folgen etwas mehr aus dem Leben gegriffen sind. Die drei großen Muppet-Serien Die Muppet Show, Muppets Tonight! und the muppets. haben gemeinsam, dass sie fast alle Knöpfe in meiner Humor-Schaltzentrale drücken. Doch während Jim Hensons Original liebend gern energisch den Button "Haha, surreale Sachen sind voll komisch!" drückt, lässt die neue ABC-Produktion diesen Knopf bisher in Ruhe. Umso mehr drückt sie dafür den "Haha, das ist lustig, weil es wahr ist!"-Knopf. Ich erkenne mich, Freunde und Bekannte in den zwischenmenschlichen Reibereien von Kermit, Piggy und deren Kollegen. Ja, gut, weder bin ich mit einer brünetten Marketingexpertin namens Denise zusammen, noch hatte ich, im Gegensatz zu David Cameron, je etwas mit einem Schwein. Trotzdem: Wenn die Muppets über ihrem Arbeitsalltag, ihren Romanzen und Freundschaften reden, hat das in der neuen Serie viel von einem dezent exzentrischen Zerrspiegel der Wirklichkeit. Und das bringt mich zum Lachen! Sehr!

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