Freitag, 11. Mai 2012

Disneyland°2 - It's a Small World

Welcome, foolish mortals!

Disneyland Paris feiert sein 20-jähriges Jubiläum, und während ich es kaum erwarten kann, die großartig angekündigte neue Wassershow Disney Dreams! selbst zu sehen, ist dies für mich die ideale Gelegenheit, den hiesigen Park mit dem Anaheimer Original zu vergleichen.



Durch die New Yorker Weltausstellung 1964 bot sich Walt Disney eine wunderbare Gelegenheit, einige neue Konzepte auszutesten, unter anderem eine Wasserfahrt durch verschiedene bunte Aufbauten, während der die Besucher eine Reihe tanzender Puppen in Kostümen aus aller Welt bewundern können. Um das einzigartige und doch simple Aussehen der Figuren zu definieren, wurde Mary Blair zurückgeholt, eine Disney-Legende, deren spezieller Stil schon den Charakter von Filmen wie Cinderella, Alice im Wunderland und Peter Pan maßgeblich prägte. Entgegen Disneys ursprünglicher Idee, die Fahrt durch die verschiedenen Länder dieser Welt mit den jeweiligen Nationalhymnen zu begleiten, war es natürlich das buchstäblich unvergessliche Lied der Sherman-Brüder, das der Bahn ihre Begleitmusik und der Attraktion schließlich ihren Namen gab. Die Bahn hielt nur zwei Jahre später auch in Disneyland Einzug und gehört seitdem zur unentbehrlichen Grundausstattung eines jeden Disney-Themenparks.

Anaheim

Anaheim
Bei der Weltausstellung fiel It‘s a Small World nicht nur durch eine extreme Beliebtheit auf, sondern vor allem dadurch, dass die Massen an Menschen problemlos ohne nennenswerte Wartezeiten durch die Bahn geschleust wurden - eine Eigenschaft, die Disney insbesondere in Bezug auf die Organisation von Disneyland ins Auge sprang. Diese „people-eater“-Qualität wurde seitdem zu einem wichtigen Kriterium für alle neuen Attraktionen, und die zu der Zeit gerade in Planung befindlichen Pirates of the Caribbean verdanken die Umwandlung von Wachsfigurenkabinett zu Wasserbahn zu einem Großteil dieser Erkenntnis.
Paris
Für die Reinkarnation der Bahn in den anderen Parks wurde die hohe Durchgangszahl noch gesteigert: Passen in Anaheim 15 Personen in eines der bunten Boote, so sind es in Paris mit 24 beinahe doppelt so viele. Auch das Äußere der Bahn ist leicht abgewandelt; die Fassade erglänzt statt in weiß-gold in Pastelltönen und statt des lachenden Gesichtes sind es in Paris Sonne und Mond, die die große Uhr über dem Eingang verzieren.
Aus offensichtlichen Gründen war man zudem bestrebt, dass der europäische Freizeitpark seine Gäste mit akzentfrei gesungenen Strophen des Liedes begrüßt und so wurde das Lied von internationalen Kinderchören neu aufgenommen und so abgemischt, dass der französische und der deutsche Refrain weit prominenter erklingen als in der ursprünglichen Version.

Interessanter als diese äußerlichen Feinabstimmungen ist für mich jedoch das Innere der Attraktion, und es ist erstaunlich, in wie unterschiedlichem Stil zwei so ähnliche Bahnen erscheinen können.

Anaheim
 In Anaheim ist die Stimmung der Bahn eher intim; die Fahrt führt die Besucher durch einzelne, dunkle Räume, in denen die Szenarios abseits des Wasserweges aufgebaut sind. Die Puppen in der Pariser Version bewohnen dagegen eine einzige, große und hell erleuchtete Halle und die Boote schlängeln sich auf ihrer Tour direkt zwischen den Aufbauten hindurch. So befindet man sich mitten in der Szenerie, die allein durch die Höhe der Räume einen überwältigenden Eindruck macht.Ich tue mich schwer damit, eines der beiden Konzepte zu bevorzugen. 
Paris
Meinem persönlichen Empfinden nach handelt es sich in Anaheim mehr um eine Märchenlandschaft, die die Besucher von außen betrachten dürfen, während in Paris das Gefühl eines großen Puppenjahrmarkts habe, an dem ich direkt teilnehmen darf. Es ist erstaunlich, welch großen Unterschied diese einigermaßen subtilen Änderungen ausmachen, doch ich hatte wirklich den Eindruck, eine vollkommen andere Bahn zu besuchen.




Anaheim
Und dann gibt es seit einiger Zeit noch einen besonders herausstechenden Unterschied zwischen den beiden Versionen: 2009 kam es zu einer vieldiskutierten Erneuerung des Anaheimer Originals, wobei nach einer monatelangen Überarbeitung eine Reihe an Disneyfiguren aus den Meisterwerken in die Bahn eingefügt wurden. Natürlich erklangen massenweise kritische Stimmen und beschwerten sich über dieses Sakrileg. Man murrte, dass dadurch die künstlerische Integrität verletzt werde und dass die Änderungen, deren offensichtlicher Zweck es war, die Bahn beliebter zu machen, somit rein populistisch bedingt seien. 
Anaheim
Ich persönlich muss sagen, dass ich die Neugestaltung der Bahn sehr stilvoll gemeistert fand. Die neuen Puppen sind äußerst behutsam in die Szenerie eingegliedert worden; sie haben die gleichen Gesichter wie ihre rangälteren Kollegen und auch die neuen Umgebungen fügen sich stilistisch tadellos ein - das Einzige, was sie überhaupt verrät, sind die bekannten Kleider, und selbst hier wurde zum Beispiel für Cinderella nicht das prestigeträchtige Ballkleid, sondern ihre einfache Dienstmädchenkleidung gewählt. Die einzigen Figuren, die mich persönlich gestört haben, sind Woody und Jessie aus Toy Story; Figuren, die zwar auch kindlich vereinfacht sind, aber trotzdem durch ihren ungewöhnlichen Spielzeug-Stil herausstechen.
Ansonsten sorgen die Änderungen für einen hübschen zusätzlichen Blickfang, und besonders hübsch ist es, Figuren wie Alice und Peter Pan auf diese Weise zu sehen - Figuren also, deren ursprüngliche Konzepte schon maßgeblich von Mary Blair geprägt wurden.




Paris
Der Märchencharakter der Neuzugänge passt für mich gefühlsmäßig gut in die intimere Anaheimer Bahn, auch wenn ich glaube, dass sie mich in Paris dagegen irritieren würden. Doch das kann gut an Nostalgie-Gründen liegen, immerhin ist das Pariser Meermädchen meine vielleicht liebste Animatronic-Figur des ganzen Parks - und somit eindeutig ein Fall, bei dem mich eine Ersetzung durch Disneys rothaarige Nixe wirklich stören würde ...


Andere Artikel dieser Reihe:

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen