Freitag, 31. Juli 2015

Iron Man 2


2008 stürmten die Marvel Studios mit Iron Man das Spielfeld, das wir Hollywood nennen: Jon Favreaus Comicumsetzung nahm weltweit über 585 Millionen Dollar ein. Mehr noch: Mit ihrem hohen Tempo, einem kongenial besetzten Robert Downey junior und einem leicht ironischen Unterton überzeugte Marvels erste Eigenproduktion sogar einen Großteil der Kritiker. Zwei Jahre später sollte das Sequel nicht nur diesen Erfolg ausbauen, sondern obendrein mit Nachdruck vermitteln, dass das von Kevin Feige geführte Studio noch großes vorhat.

Im Filmuniversum selbst ist seit Tony Starks Wandlung vom Waffenlieferanten zum Superhelden im eisernen Anzug erst ein halbes Jahr vergangen, wenngleich ein äußerst turbulentes. Nachdem Stark während einer Pressekonferenz seine geheime Identität senthüllte, arbeitete er erfolgreich am Weltfrieden. Der Playboy und technisch überaus bewanderte Firmenchef stieg zu einer der beliebtesten Persönlichkeiten der Weltgeschichte auf und eröffnete in New York zudem die Stark Expo: Eine Weltausstellung mit Fokus auf technische Entwicklungen, die uns eine frohe, segensreiche Zukunft bescheren sollen. Außerdem bietet sie dem Milliardär mehr als genug Gelegenheiten um sein gigantisches Ego zu befriedigen. Währenddessen entwickelt sich ein Rechtsstreit zwischen Tony Stark und dem US-Militär, das ihn auf rechtlichem Weg dazu zwingen möchte, seine Iron-Man-Ausrüstung der Armee auszuhändigen. Doch nicht nur dem Militär ist Stark bzw. Iron Man ein Dorn im Auge: Auch sein Mitbewerber Justin Hammer (Sam Rockwell) möchte ihn fallen sehen. Genau daran arbeitet Ivan Vanko (Mickey Rourke), der Sohn eines Arbeitskollegen von Tonys Vater Howard Stark, der mit Hilfe älterer Blaupausen seinen eigenen Superanzug bastelt und es auf Rache für seine Familienehre abgesehen hat.

Angefangen bei Das Imperium schlägt zurück, hin zu Pirates of the Caribbean - Die Truhe des Todes und The Dark Knight: Viele Fortsetzungen bemühen sich, düsterer und komplexer als ihr Vorläufer zu sein, und zumindest bei den genannten Beispielen ging die Rechnung auf. Allerdings bietet sich dieser Stimmungswechsel nicht immer an, und all zu häufig verliert die Fortsetzung durch die "größer, schneller, finsterer"-Mentalität viele der Vorzüge des Originals. Wenn man bei Iron Man 2 eins richtig gemacht hat, dann diesbezüglich, dass Tony Starks zweiter Leinwandeinsatz tonal versucht, in Spuckweite des Erstlings zu bleiben. Obwohl Autor Justin Theroux (Tropic Thunder)
auch die Schattenseiten von Tony Starks narzisstischen Charakter aufzeigt, toppt Iron Man 2 zumindest den Anteil an augenzwinkernd-spaßig gemeinten Passagen des ersten Teils. Der dramatische Subplot darüber, dass Stark seinen schleichenden Tod aufgrund einer Vergiftung durch die in seinen Brustkorb implantierte Technologie kaltschnäuzig herunterschluckt, zieht die Stimmung nicht hinunter - und wirkt trotzdem nicht runtergerattert.

Gleichwohl ist sie Teil des zentralen Problems, das den dritten Eintrag ins 'Marvel Cinematic Universe' plagt: Iron Man 2 hat viele, viele Ansätze, und verfolgt letztlich keinen in zufriedenstellender Ausgiebigkeit. Stark stößt sein Umfeld (vor allem Pepper, erneut toll gespielt von Gwyneth Paltrow) vor den Kopf. Die US-Regierung ist scharf auf seine Ausrüstung. Sein ewiger Konkurrent Hammer will ihn übertölpeln. In Form von Ivan Vanko alias Whiplash taucht ein neuer Gegner auf. S.H.I.E.L.D. ist sich unsicher, ob sie Iron Man als Teil der Avengers-Initative sehen wollen. Und dann muss noch ein neues Element entdeckt werden ... Für eine Geschichte, die sich allein um eine Figur dreht, nämlich den Titelhelden, ist diese ein viel zu fragmentierte, uneinige Erzählung, weshalb nie eine mitreißende, flüssige Storydynamik aufkommen will.

Daher fällt hier die (in späteren Marvel-Filmen deutlich besser bewältigte) Ausarbeitung des Marvel-Kosmos so negativ auf. Die mal mehr, mal weniger versteckte Verwendung von Ausrüstungsgegenständen anderer Superhelden ist noch amüsant. Aber selbst Samuel L. Jackson als Nick Fury kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Marvel Studios Iron Man 2 streckenweise als überlangen Trailer für den Avengers-Film nutzen. Insbesondere die von Scarlett Johansson verkörperte Natalie Rushman respektive Black Widow kommt zu lang vor, um als bloßer Appetitanreger zu funktionieren, wird gleichwohl zu wenig genutzt, um ihre hier noch schammige Skizzierung zu verzeihen. Einen Vorteil hat ihr Auftauchen dennoch: Ihre toll choreographierte, rasche Actionsequenz ist ein dringend benötigtes Gegengewicht zur zähen, visuell so belanglosen Schlusssequenz, in der Iron Man und War Machine gegen Whiplash in einer riesigen Iron-Man-Raubkopie sowie dessen Armee an mittelgroßen Iron-Man-Raubkopien antreten.

Generell zeigt Favreau in Iron Man 2 ein deutlich geringeres Händchen dafür, wie unterschiedlich und fesselnd die fliegende Rüstung Starks in Aktion gezeigt werden kann. Der Action-Höhepunkt erfolgt noch im ersten Drittel, wenn Iron Man während des Historischen Großen Preises von Monaco von Whiplash angegriffen wird. Rourke beweist hier wieder einmal einnehmende Leinwandpräsenz und die elektrisierten Peitschen seiner Rolle werden ideenreich verwendet, um das Duell packend zu gestalten. Wann immer Iron Man nach dieser Szene höchstpersönlich aufkreuzt, enttäuscht die Action. Eine Prügelei in Starks Villa ist eingangs aufgrund des Kontexts und der Musikauswahl amüsant, schlussendlich überreizt Favreau diese Szene allerdings so sehr, dass sie lästig wird. Und das Finale ist wie schon angerissen gar für die Tonne.

Vanko hat nach der Monaco-Szene, abgesehen von zwei, drei gelungenen Sprüchen, ebenfalls völlig ausgedient, weshalb Sam Rockwell die Kohlen aus dem Feuer holen muss: Als großspuriger Möchtegern-Stark gelingt es ihm, dadurch so extrem witzig zu sein, weil seine Figur gerne witzig wäre, es aber nicht ist. Somit ist er ein überzeugender Gegenpol zum Titelhelden, den Robert Downey junior erneut mit sichtlich großer Spielfreude zum Leben erweckt. Seine Darbietung des größenwahnsinnigen und selbstverliebten Milliardärs mit der Ausstrahlung eines Rockstars und einem tief unter seinem Lebemann-Mantel versteckten guten Herzen macht schlichtweg Spaß. Obendrein enthält sie bei aller ironischen Überzeichnung noch genügend Glaubwürdigkeit, um diesen faserig erzählten und in den Actionmomenten enttäuschenden Film nicht völlig in ich zerfallen zu lassen  Trotzdem: Die Pluspunkte von Iron Man 2 zünden zu wenig, um dieser an den Kinokassen stark aufgenommenen Produktion Pepp zu verleihen. Die meisten der Szenen beginnen oder enden spröde bis öde, und bei diesem unkonzentrierten Superheldenactioner reicht es nicht, wenn die meisten Sequenzen nur einen peppigen Kern aufweisen, der sich eh wieder verliert. Iron Man 2 ist das Billig-Atemfrischbonbon unter den Marvel-Eigenproduktionen: Ganz kurz erfrischend, und zack, ausgelutscht.

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