Sonntag, 28. Februar 2010

Nine

Chicago ist Teil meines persönlichen Filmolymps. Wen wundert es, dass Rob Marshalls neue Broadwaymusical-Adaption Nine von mir heiß ersehnt wurde? Und nicht nur von mir, der mit einer unglaublich prestigeträchtigen besetzung gesegnete Film avancierte früh zum Liebling nahezu jedes Oscar-Bloggers. Die ersten Kritiken waren hervorragend und bei den Golden Globes wurde der Film mit Kusshand begrüßt und mit Nominierungen überhäuft.

Danach brach alles zusammen. Auf jede Lobeshymne folgte eine durchwachsene Kritik, auf jede zweite durchwachsene Kritik eine katastrophale. Nine polarisiert, wie es kaum ein Film ohne kontroversen Inhalt in den vergangenen Jahren. Dennoch ging ich am deutschen Premierentag sofort ins Kino. Den negativen Kritiken zum Trotz wollte ich das neue Musical von Rob Marshall sehen. Die Trailer überzeugten mich noch immer. Außerdem kann es nie schaden, sich den neusten Film des Regisseurs von Pirates of the Caribbean - On Stranger Tides anzuschauen.

Nun, im Vergleich zu Chicago ist der künstlerische Aspekt von Nine wesentlich stärker aufgesetzt. Das erfolgreiche Miramax-Musical war clever, machte allerdings solch enormen Spaß, dass man es kaum bemerkte. Nine hingegen will unbedingt als Arthouse- und Award-Kandidat wahrgenommen werden. Ein wenig spürt man sogar, wie sich Harvey Weinstein die Hände reibt und auf die potentiellen Oscars schielt, während Rob Marshall mit aller Macht "Chicago in richtig toll anspruchsvoll, aber mit noch wilderen, schneller geschnittenen und hipperen Musikszenen" bewerkstelligen will. Solche Grundhaltungen bei der Produktion eines Films vergiften schnell die Chemie, berauben ihn seiner Natürlichkeit. Wo Chicago wie selbstverständlich floss, stockt Nine künstlich. Und mancher Zuschauer reagiert darauf allergischer als andere. Einer der von mir vermuteten Hauptgründe, weshalb Nine so polarisiert.

Mir persönlich hat der Film trotzdem gut bis sehr gut gefallen. Den kritisierten, stelzenden Handlungsfluss hat Nine von seiner Inspiration 8 ½ geerbt, der sich so etwas als Fellini-Klassiker bei Kritikern wohl eher leisten darf. Wo Fellini auf surreale Traumlogik setzt, entschwebt Marshall in eine parallele Musikwelt, um nach dem Schlusstusch in die Realität zurückzukehren. Wenn Fellini den Geist herausfordert, sorgt Marshall für einen Sinnesrausch. Großartige Kostüme, Setbauten und Kamerafahrten machen Nine wirklich sehenswert. So hörenswert wie Chicago ist er leider nicht, und ausgerechnet das beste Lied hat die geringste Verknüpfung zur Handlung. Naja, drücken wir Mal ein Auge zu.

Vor allem jedoch schaffte es Rob Marshall, mir Penelope Cruz ansatzweise sympatisch zu machen. Überaus beruhigend, bedenkt man, dass sie im nächsten Pirates of the Caribbean mitspielen soll und mir dadurch ursprünglich etwas meiner Vorfreude raubte.

Nine ist zwar kein zweites Chicago, aber dennoch ein sehenswertes Musical über den kreativen Prozess und die Macht der Frauen. Schon allein deshalb hat es bei mir einen Stein im Brett.

Meine ausführliche Meinung zu Nine könnt ihr hier nachlesen!

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3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Und das deiner Meinung nach beste Lied ist?

Sir Donnerbold hat gesagt…

"Cinema Italiano" (welches im Grunde stellvertretend für den ganzen Film steht, da es auch das meist polarisierende Lied zu sein scheint). Es wird aber knapp gefolgt von "Be Italian", welches besser mit dem restlichen Film verknüpft ist.

Luanalara hat gesagt…

Man mokierte sich wohl etwas darüber, dass "Cinema Italiano" für den Film neu geschrieben wurde, sich stilistisch aber nicht so gut einfügt wie die anderen beiden neuen Lieder, Lorens "Guarda la luna" und Cotillards "Take it all".

Hinzu kommt natürlich, dass es ausgerechnet von der Figur gesungen wird, die am wenigsten mit der Handlung zu tun hat, wie du schon sagst. Wobei man natürlich uch sagen kann, dass Hudsons Rolle nicht nur die Presse symbolisiert, sondern dazu möglicherweise auch noch den Fan - gerade wenn man den Liedtext miteinbezieht, ist es ja genau das, worüber sie singt: Wie sie Continis Stil liebt, dass er für sie den italienischen Film verkörpert.

Und was solls; das Lied an sich ist wirklich gut, da kann man auch Handlung einfach mal Handlung sein lassen. *g*

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