Montag, 1. August 2011

Green Lantern

Ich habe jetzt tatsächlich Green Lantern gesehen. Tja, was gibt es über diesen von den Kritikern verrissenen Superheldenstreifen aus dem Hause DC zu sagen?

Also, die zahllosen Computereffekte sind von schwächelnder Qualität. In den besten Fällen sind sie ganz hinnehmbar, doch die weitläufigen digitalen Welten und Ryan Reynolds' am Computer entstandener Heldenanzug ist eher lächerlich, denn beeindruckend. Und sonst... Hm, Blake Lively hat wenig zu tun und sollte öfter als Brünette auftreten. Die Farbe steht ihr gut zu Gesicht.

Das war's eigentlich. Mehr gibt es nicht zu sagen. Vergessenswerter Superhelden-Trash. Bloß nicht reingehen.


Das ist es doch, was alle erwarten, oder? Wahrscheinlich wollen einige auch genau das lesen. Da muss ich jedoch enttäuschen. Denn die 200-Millionen-Dollar-Produktion des Goldeneye und Casino Royale-Regisseurs Martin Campbell ist eigentlich ganz annehmbar. Green Lantern ist wirklich kein gelungener Wurf, doch genauso wenig ist es der nach den US-Reaktionen erwartete Stinker. Sicher, die weit verbreiteten Schwächen halten Green Lantern stark zurück. Weder lässt sich das nie im rechten Licht dastehende Kostüm von Reynolds ohne Grinsen vertragen, noch können die durch und durch künstlichen Welten des fernen Planeten Oa überzeugen. Dessen Panorama ist zwar nicht wirklich nachlässig umgesetzt, allerdings wird die sehr detaillierte Alien-Landschaft nur abgehetzt gezeigt, als scheue die Kamera davor, auf ihr zu verweilen.
Richtig übel sind Design, MakeUp und Animation des Bösewichts (der Bösewichter) - da nimmt Green Lantern unfreiwillig komische Züge an.

Diese oberflächlichen Schnitzer verhindern, dass Green Lantern etwa die qualitative Stärke von Iron Man 1 & 2 oder Thor erreichen kann. Ansonsten leidet Green Lantern an keinen weiteren großen Mängeln, sondern eher an schwachen Stärken. Klingt komisch? Ist aber so.
Die Story von Green Lantern wird recht zügig erzählt. Das gigantische Universum wird vom Green Lantern Corp. beschützt, einer mächtigen Heldenvereinigung, gegründet von den uralten, weisen Wächtern. Einer dieser Green Lanterns namens Abin Sur kann (wenn auch verletzt) als einziges Mitglied eines Einsatztrupps dem Kampf gegen eine gewaltige, sich von Angst ernährender Bedrohung entkommen. Er landet auf der Erde, wo sein Ring einen Nachfolger finden soll. Er wählt den sich keine Furcht eingestehenden Kampfjetpiloten Hal Jordan - der sich zunächst von der ihn erwartenden Verantwortung überrant fühlt.

Fangen wir mit den Stärken des Films an: Die Musik von James Newton Howard ist super. Auch wenn ich dann und wann hätte schwören können, das Terminator-Theme zu hören, nur schneller. Was ja nicht mies, nur was einfallslos wäre. Aber zum eigentlichen Film... Green Lantern trifft meines Erachtens genau den richtigen Tonfall. Der Humor ist wohldosiert und auch sehr solide umgesetzt (nahezu jeder Gag von Reynolds sitzt, einige der Nebenrollen haben mindestens einen ganz guten Spruch), ohne dass man sich selbst ins Lächerliche zieht. Es ist eine recht stark an die letzten Marvel-Filme erinnernde Atmosphäre: Man nimmt den Stoff ernst, verkauft jedoch nicht sich selbst als schwere, bedeutsame Kost.
Und Ryan Reynolds spielt zwar bloß eine Abwandlung seines immer gleichen Typs, in Green Lantern legt er jedoch eine spürbare, große Begeisterung zu Tage. Sie macht ihn zu einem überzeugenden Hauptdarsteller, dessen Charakter aalglatt, nicht aber zu glatt ist, verantwortungsunbewusst, nicht aber zu unverantwortlich, locker-lössig, doch nicht zu cool... Ihr versteht schon, auf welchen schmalen Grat sich die Drehbuchautoren gewagt haben. Und diesen Balanceakt konnten sie dank Reynolds sogar ohne zu scheitern den gesamten Film über durchstehen. Genauso ist die Motivation von Peter Sarsgaards verschrobenen Wissenschaftler Hector Hammond ganz passabel, er könnte ein wirklich respektabler Widersacher werden. Aber die Effekte und zum Schluss auch Sarsgaards Overacting bremsen den Spaß an dieser Figur leider ein Stückchen. Dennoch finde ich Hammond nicht schlechter entwickelt (oder weniger unterhaltsam) als Loki in Thor. Den meinten die meisten Kritiker ja gleich auf eine Stelle mit Shakespeare-Antagonisten stellen zu müssen. Was zwar darauf zutrifft, wie er vom Schauspieler angelegt wurde, doch das Drehbuch scheiterte an diesem Anspruch. Bei weitem. Vertauschte Welt bei Green Lantern: Trashig gespielt (mal vergnüglich, mal dämlich), ganz nett geschrieben.

Ein weiterer Vergleich zu Thor: In beiden Fällen ist die Liebesbeziehung des Helden zur brünetten, weiblichen Hauptrolle einfach nur da. Keine besprechenswerte Entwicklung, keine Dramatik... Sie ist da. In Thor hält Natalie Portmanns wahnsinnige Ausstrahlung diesen Handlungsfaden stabil über Wasser, Green Lantern dagegen gerät ins Strampeln, säuft aber auch nicht ab.

Was an Green Lantern schade ist, ist dass die Handlung keine echte Wegrichtung einhält. Mit redseliger Exposition wird die Mythologie des Green Lantern Corps. eingeführt, dennoch hält sich unser Held nur wenige Minuten im Weltall auf. Die Zeit, die Thor zu lange außerhalb der Erde verbrachte, fehlt dafür in Green Lantern. Die Szene bei Hals Familie hätte etwa dafür rausgeschnitten werden können, darauf geht der FIlm ja eh nicht mehr ein. Die Knappheit des Space-Opera-Anteils führt auch zu einem wahren Kopfschüttelmoment: Hal wird einem Lantern-Training durchzogen und eineinhalb Lektionen später ist es offenbar abgeschlossen. Genauso seltsam mutet es an, mit welcher Selbstverständlichkeit die Figuren des Films alle absonderlichen Ereignisse hinnehmen. Etwas mehr Emotion hätte wahrlich nicht geschadet.

Und dennoch: Green Lantern hat mich unterhalten. Wie der nicht wirklich erwachsen gewordene Hal Jordan im Kampf seinen Ring benutzt, der alles hervorzaubern kann, was er sich vorstellt, ist sehr amüsant, die Actionsequenzen sind handwerklich nicht zu beanstanden und auch dramaturgisch solide. Es gibt zwar überflüssige Szenen, von der etwas schwafeligen Exposition (SHOW, DON'T TELL!) abgesehen empfand ich Green Lantern aber nie als zäh. Was stört, ist viel mehr das verschenkte Potential: Da die Dialoge abseits der komödiantischen Phasen unterkühlt sind, und eine Geschichte erzählt wird, deren Brisanz nie wirklich vermittelt wird, und ja, auch weil man den Green Lantern Corp. zu wenig nutzt, bleibt Green Lantern eher in der Mittelmäßigkeit stecken.

Insgesamt finde ich Green Lantern richtig, richtig... okay. Schriftlich kann ich meiner Reaktion nach dem Kinobesuch nicht gerecht werden, dazu fehlt der Klang meiner Stimme. Stellt euch vor, wie ich dieses "richtig, richtig... okay" in einem richtig begeisterten Tonfall ausspreche. Dann wisst ihr, wie ich mich nach Green Lantern gefühlt habe. Ich war vollkommen begeistert... dass er nicht scheiße war. Es ist ein netter Film... die Story ist unambitioniert, aber keinesfalls daneben. Ryan Reynolds spielt mit großer Freude eine für ihn unanstrengende Figur, die Spaßkomponente überzeugte mich, die Action begeisterte nicht, war aber nett anzusehen.

Um das vielleicht besser einzuordnen: Hole ich mir Green Lantern auf DVD? Nein. Würde ich ihn mir im Free-TV anschauen? Ja. Würde ich in die Fortsetzung gehen, auch wenn sie ähnlich kaltschnäuzige Kritiken wie dieser Teil erhält? Ja. Wäre ich verärgert, wenn Warner sein Verbrechen bricht und die Arbeiten an Teil 2 einstellt? Nein. Für mich ist Green Lantern ein unausgegorener, und deshalb ein bisschen schwächerer Thor.

Anders gesagt: Wer Green Lantern unbedingt sehen möchte, sollte auf die Verrisse pfeifen und dennoch ins Kino. Wer sich generell unsicher war oder eh keine Lust hatte, verpasst dagegen nichts, wenn er Green Lantern sausen lässt.

Siehe auch:

6 Kommentare:

Green Ninja hat gesagt…

Ich war insgesamt ziemlich enttäuscht, aber vielleicht habe ich davor auch einfach zu viele Verrisse gehört.

Und möglicherweise macht Ryan Reynolds seine Sache in dem Film ganz gut, aber Hal Jordan ist er nicht. ;)

Sir Donnerbold hat gesagt…

Ulkig, auf mich hatten die viele Verisse die umgekehrte Wirkung. Ich war halt überrascht, dass er nicht so übel ist, wie er gemacht wurde.

Anonym hat gesagt…

Ich finde es ja interessant, dass DC nach Superman und Batman, green Lantern den Vorrang vor Helden wie Wonder Woman oder dem Flash gab, wo diese doch viel mehr hergeben als die olle Grüne Leuchte.

btw. Toller Blog wer jetzt wohl öfters vorbeischauen

Dr-Lucius hat gesagt…

Hiermit ist alles gesagt:
Captain America vs Green Lantern

http://en.vidivodo.com/604702/captain-america-vs-green-lantern

Klaus hat gesagt…

Ganz meine Meinung: die ganzen Verrisse hat der Film nicht verdient. Er ist sicher nicht schlechter als Thor.

Der einzige Punkt, für den man *wirklich* den Verantwortlichen steinigen sollte: wie konnte man bloß auf die Idee kommen, dass diese lächerliche kleine grüne Augenmaske zur Tarnung dienen könnte? Also wirklich. :-)

Sir Donnerbold hat gesagt…

Naja, an diesem Problem leiden die Menschen im DC-Universum ja generell. Superman/Clark Kent hat ja noch weniger Tarnung zu bieten.

Und da diese lächerliche Tarnung in "Green Lantern" sogar angesprochen wird, finde ich's halb so wild. Nur hätte man das Design irgendwie ändern müssen, die Filmmaske sieht auch trotz der verdienten Kommentare im Film zu lächerlich aus.

Und danke an den Doktor für das witzige Video.

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