Sonntag, 29. April 2012

Donald in Mathmagic Land

War Micky das "Über-Ich" des ewigen Träumers Walt Disney, lässt sich der vom Pech verfolgte und cholerische Donald Duck als sein "Es" betrachten. Mit seiner unverwechselbaren Art trat er schnell aus dem Schatten der Maus. Diese Artikelserie präsentiert die Cartoons, die Donald auch aus Sicht der Academy of Motion Picture Arts &  Sciences in den Film-Olymp aufsteigen ließen. Dies sind die Kurzfilme, die ihm eine Oscar-Nominierung einbrachten. Dies ist Entengold.

In der elften Ausgabe dieser Artikelreihe brechen wir zum zweiten Mal aus der Kurztrickfilm-Kategorie aus. Denn mit der nachlassenden kommerziellen Tauglichkeit regulärer Cartoons schenkten Walt Disney und seine Künstler dem Segment unterhaltsamer Lehrfilme wieder größere Aufmerksamkeit. Eine dieser lehrreichen Produktionen erfreute sich außerordentlich hoher Popularität: Donald in Mathmagic Land.

Cover der deutschen Veröffentlichung auf Videokassette

Wir erinnern uns kurz zurück an den Anfang von Donalds Solokarriere, als die Zeichner und Gagautoren befanden, dass es sich mit dem Wüterich deutlich flexibler Cartoons gestalten lässt, als mit Micky Maus. Sie hielten Donald für die unterhaltsamere Figur, weshalb alsbald mehr neue Kurzfilme mit ihm, als mit dem Rundohr produziert wurden. Diese studiointerne Auffassung, dass sich Donald einfacher zu unterhaltsamen Ergebnissen in eine Vielzahl von Situationen versetzen lässt, ist nicht unbedeutend, um die Geschicke hinter der letzten Phase von Donalds Leinwandkarriere zu begreifen.

Darüber hinaus lässt sich auf die Ära des Zweiten Weltkriegs zurückblicken, als sich die Studios gezwungen sahen, Aufträge für Propaganda- und Ausbildungsfilme anzunehmen, um ein wirtschaftliches Überleben zu sichern. Gegen Ende der 50er Jahre hatte Walt Disneys Unternehmen keine solch argen Probleme mehr. Die Realfilmproduktion war eine verlässliche Einnahmequelle, man hatte längst Fuß im Fernsehen gefasst, verfügte über einen stattlichen Katalog an zeitlosen Klassikern, die in regelmäßigen Abständen neu ins Kino entlassen werden konnten und hatte vor allem einen kleinen, florierenden Freizeitpark nahe Los Angeles. Das alles half allerdings nicht der Kurzfilmproduktion, die kaum mehr etwas mit dem eifrigen und von Pioniergedanken geprägten Geschäft gemein hatte, in die Disney drei Jahrzehnte zuvor einstieg.

Nachdem der Umstieg auf CinemaScope Disneys Kurzfilmproduktion noch etwas länger am Leben hielt, folgte 1956 die Einstellung aller regulären Reihen. Es folgten nur noch experimentellere Kurzfilme, etwas längere Produktionen sowie Lehrfilme, teils im Auftrag erstellt, teils von den Disney-Künstlern selbst erdacht. Der erste dieses neuen Schwungs an Lehrfilmen war Donald in Mathmagic Land, der zu den Kurzfilmen gehört, dem Walt Disney persönlich eine besonders hohe Aufmerksamkeit zuteil kommen ließ. Ihm war so viel an der Verwirklichung dieses Projekts gelegen, dass er es entgegen der Warnungen seines Bruders Roy, der Lehrfilme als wirtschaftliches Gift für das Studio betrachtete, ins Kino hievte, obwohl er Donald in Mathmagic Land unter weniger größeren finanziellen Risiken als Episode von Walt Disney presents im Fernsehen hätte zeigen können. Dort liefen zuvor bereits erfolgreiche, wissenschaftliche, dennoch kurzweilige Specials wie Man in Space.

Einige Biographien über Walt Disney zeichnen ihn als bildungsverdrossenen, einfach gestrickten Mann vom Lande, dem allein an Unterhaltung gelegen war. Insbesondere Richard Schickels Texte spielen bevorzugt auf Walts akademische Unbildung an und stricken darauf zuweilen ein bewusstes Desinteresse. Manche sind in ihrer Darstellung Disneys etwas differenzierter und gestehen ihm ein, anfangs Kunst produzieren zu wollen, vermuten allerdings, dass Walt an einem bestimmten Zeitpunkt mit der intellektuellen Elite brach und sich bloß noch auf die Interessen des simplen Amerikaners beschränken wollte. Zumeist wird der finanzielle Misserfolg von Fantasia als Wendepunkt bemessen. Das entspricht allerdings nur partiell der Realität. Es trifft zu, dass Walt Disney nach Fantasia in Interviews betont anti-elitär auftrat und auch davon sprach, nachts davon zu träumen, dass seine Filme in Kunstkinos aufgeführt würden, wovon er schweißgebadet und zitternd aufwache. Walt gab sich als Mann des Volkes, versteckte nicht, dass seine Leibspeisen so alltägliche Dinge wie Hamburger oder mit Käse überbackene Makkaroni sind, oder dass er seinen High-School-Abschluss erst ehrenhalber erhielt.


Dennoch blenden Biographen, die Walt Disney als Bildungsignoranten einordnen, zahlreiche entscheidende Fakten aus. Die zahlreichen Naturdokumentationen etwa, für die Walt eine große Passion aufbrachte, und für die er sich mit solch einer Überzeugung einsetzte, dass er sich von Vertriebspartnern löste und bittere Streits mit Roy führte. Aus heutiger Sicht mögen gerade die abendfüllenden Dokumentationen durch ihre Inszenierung und Vermenschlichung der Tiere verbesserungswürdig sein, damals jedoch spielten sie im Bereich des Dokumentarfilms weit vorne mit, und die Kurzdokumentationen packten ihre Themen generell etwas ernster an. Die zahlreichen informativen Fernsehspecials waren ebenfalls Herzensangelegenheiten Walts und keinesfalls als Anbiederung an Kulturhüter gedacht, geschweige denn kommerziell kalkuliert. Wäre es nach den Fernsehsendern gegangen, hätte Disney allein auf zuschauerträchtige Western- und Abenteuerserien gesetzt.

Aus diesen Gründen finden einige ehemalige Mitarbeiter Walt Disneys an ihn ignorant skizzierenden Biographien Anstoß. John Carl Nater, der während des Zweiten Weltkriegs in den Studios die Produktion militärischer Bildungsfilme koordinierte und in den 50ern Jahren die für 16mm-Film(kopien) zuständige Abteilung leitete, schrieb als Reaktion auf eine dieser fehlerhaften Charakterisierungen Walts:

"Die Fakten, so weit ich sie kenne, widersprechen Aussagen dieser Art, und es verstört mich, dass diese in Ihrem Buch vorkommen und den Eindruck erwecken, dass Walt Lehrende verachtete, gegen Aubildung war und auf irgendeinem Weg versuchte, Bildung zu verhindern. Dies entspricht schlichtweg nicht der Wahrheit. Meines besten Wissens und Gewissens nach, hatte Walt größten Respekt gegenüber allen Lehrenden und allgemein auch für die Bildung. Nun, es mag stimmen, dass es manchmal zwischen ihm und den wissenschaftlichen Beratern an unseren Ausbildungsfilmen zu Reibungen kam, aber das ist vollkommen normal. [...]

In meinen Augen steht es außer Frage, dass Walt überaus daran interessiert war, wie er sich im Gebiet der Bildung betätigen konnte – er betätigte sich, indem er die Talente in seinem Unternehmen dazu nutzte, sich schwierigen erzieherischen Problemen anzunehmen. Die Erfolge von The Story of Menstruation, Donald in Mathmagic Land, Our Friend the Atom und all den anderen erzieherischen Disneyfilme sind Zeugnisse von Walts Streben danach, bedeutsame Informationen zu nehmen und dem Durchschnittspublikum verständlich zu machen."
(John Carl Nater in einem Memo an den Walt-Disney-Biographen Richard Hubler, veröffentlicht in Walt's People – Volume 11 von Didier Ghez)

Walts Methode, Fakten verständlich aufzubereiten, beruhte insbesondere darauf, Wissensvermittlung unterhaltsam zu gestalten. Allerdings war dies eine Erkenntnis, für deren Umsetzung Walt Disney erst kämpfen musste. Treue Leser dieser Artikelreihe erinnern sich womöglich daran, dass das Finanzministerium dagegen war, dass Donald Duck im Kurzfilm The New Spirit vorkommt, um für pünktliche Steuerzahlung zu werben. Diese Meinungsverschiedenheit konnte Walt bekanntermaßen für sich entscheiden, jedoch hat er zuvor schon solche Kämpfe verloren:

Bereits am Morgen nach dem Angriff auf Pearl Harbor schloss Walt Disney mit Vertretern der Navy den ersten Vertrag über eine Serie an Ausbildungsfilmen. Ziel dieser war es, das Militärpersonal darin zu unterrichten, woran US-Flugzeuge von denen des Feindes unterschieden werden können. Aufgrund des sehr niedrigen Budgets sowie strenger Restriktionen der Navy, wie diese Trainingsfilme abzulaufen haben, produzierten die Disney-Künstler Storyboards wie am Fließband. Als Walt wenige Tage nach Produktionsbeginn diese überprüfte, merkte er an, wie trocken die daraus entstehenden Filme sein müssten, und dass sie die Jungs vom Militär höchstens in den Schlaf versetzen werden. Nach einer von höheren Navy-Mitgliedern besuchten Vorführung von rund 40 Minuten Ausbildungsmaterial ergriff Walt letztlich die Initiative: "Vielleicht können wir dieses Zeug etwas auflockern, indem wir eine kleine Geschichte mit Donald Duck einbringen? Könnten wir die Ente nicht als Dienenden verkleiden, und könnte er diese Dinge nicht erklären und, vielleicht macht er es anfangs falsch und dreht durch, weil auf ihn geschossen wird, doch später bekommt er es endlich raus, wie man es richtig macht ... Vielleicht bringen ihm seine Neffen bei, wie es richtig geht. Können wir nicht so etwas in Angriff nehmen?"

Um es kurz zu machen: Walt erhielt eine regelrechte Standpauke, dass er den Ernst der Lage nicht erkenne, und derart wichtige Dinge mit Späßen untergraben wolle. Außerdem müsse er sich nicht sorgen, dass Auszubildende beim Angucken dieser Filme einschliefen, da sie mit Ambition daran herantreten würden. Walt habe noch ein paar Mal versucht, die Navy umzustimmen, dann aber letztlich aufgegeben.

Mit Fortlaufen des Krieges lernte das Militär allerdings, wie Trainingsfilme und seine Kontakte in Hollywood anzugehen sind, so dass spätere Trainingsfilme unterhaltsamer gestaltet werden durften. Disney expandierte derweil über das Militär hinaus und produzierte zum Beispiel auch Lehrfilme für Firmen wie General Motors, die teilweise noch bis heute in der Ausbildung Verwendung finden.


Wie Walt Disney selbst erklärte, nutzen seine Lehrfilme das Medium des Zeichentricks, um Aufmerksamkeit und Interesse zu stimulieren. Ihm selbst war besonders viel daran gelegen, wichtige Dinge von allgemeiner Bedeutung aufzugreifen und diese Themen für Menschen attraktiv zu machen, die mit ihnen eingangs nicht viel anfangen konnten. Nach dem Erfolg der Disneyland-Ausgaben zum Thema-Weltraumforschung, ging man im Studio auf Ideensuche nach weiteren Themen für lehrreiche Sendungen. Eine dieser Ideen wurde The Magic of Mathematics betitelt, allerdings sah Walt darin größeres Potential und wollte dem Projekt durch eine Kinoveröffentlichung einen größeren Rahmen bieten, selbst wenn ihm von allen Seiten beteuert wurde, dass dies zu einem Verlustgeschäft würde.

Walt erhielt aber seinen Willen und setzte den Meisterwerk-Macher Hamilton Luske als das gesamte Projekt leitenden Regisseur und Wolfgang Reitherman, Les Clark sowie Joshua Meador als Sequence Directors an. Milt Banta, Bill Berg und Heinz Haber leiteten die Story-Entwicklung. Schnell waren sich alle einig, dass der Film Donald Duck in der Hauptrolle haben sollte, weil das Publikum aus dem Stand heraus ansprach und mit einer Mischung aus Neugierde, Begeisterungsfähigkeit sowie Widerstreben/Ignoranz einen guten Touristen durch den Irrgarten mathematischen Wissens abgäbe. Im gleichen Zuge legte man fest, dass Donald durch einen aus dem Off sprechenden Erzähler unterrichtet werden sollte. Die Off-Stimme hatte sich bereits in vielen Disney-Lehrfilmen sowie den How to ...-Goofy-Cartoons als Stimme der Autorität erwiesen, außerdem ersparte ein Off-Kommentar die Notwendigkeit, eine neben Donald agierende Figur zu entwickeln, zu zeichnen und sie in Interaktionen mit Donald zu verwickeln. Der Off-Sprecher konnte Donalds Handeln kommentieren, ihn auch bei Gelegenheit etwas verhöhnen, konnte sich die meiste Zeit jedoch auf die Wissenslektionen konzentrieren. Die Wahl fiel auf Paul Frees, der schon im Donald-und-Goofy-Cartoon Crazy Heat sowie zahlreichen Disneyland-Episoden zu hören war.

Frees spricht in Donald in Mathmagic Land den wahren Geist des Abenteuers, dem Donald während einer Safari begegnet, die ihn in ein surrealistisches Wunderland voller geometrischer Formen und skurrilen Wesen führte. Der Geist verspricht Donald, ihn in ein aufregendes Abenteuer zu führen, nämlich die Welt der Mathematik. Donald fühlt sich verschaukelt und keift den Geist an, doch dieser weckt Donalds Wissbegierde, als er ihm erklärt, dass Mathematik und Musik eng zusammengehören. Zum Beweis entführt der Geist des Abenteuers Donald ins antike Griechenland, wo Pythagoras herausfand, dass die Länge einer Saite mit der Höhe der mit ihr erzeugbaren Töne zusammenhängt. Donald und der Geist besuchen heimlich ein Treffen des großen Vordenkers und seiner Anhänger, als Donald deren improvisierte Musikstunde ordentlich aufpeppt. Es folgt eine kurze Lektion über die Form des Pentagramms, dem geheimen Zeichen der Pythagoräer, sowie über den "goldenen Schnitt", der im Ästhetikempfinden der alten Griechen eine bedeutsame Rolle spielte und seither in Kunst und Architektur nahezu überall wieder zu finden ist.

Diese Jam-Session erinnert ein wenig an Toot, Whistle, Plunk and Boom und übernimmt auch den Running Gag, dass beim Zupfinstrument zum Schluss einer Szene eine Saite reißt

Donald, der alte Hund entdeckt auch sein Schürzenjägertum aus  Drei Caballeros-Tagen und hechelt einer Frau mit perfekten Proportionen nach, mit der Begründung, dass er diese Form von Mathe richtig gern hat. Eine kurze Bilderschau zeigt, dass die Natur mathematisch perfekt berechnet und arrangiert ist (Donald hingegen nicht), daraufhin wird Donald in eine Reihe von Spielen und Sportarten versetzt, die mit Mathematik zusammenhängen. Dabei lässt der Geist es sich auch nicht entgehen, Donald als Alice verkleidet in eine Schachpartie zu ziehen, die an die Werke Lewis Carrols angelehnt ist. Sehr ausführlich ist ein Segment über Billard, bei dem Hobbyspieler einige wertvolle Profitipps für das Berechnen der richtigen Anstoßwinkel erhalten. Abschließend erklärt der Geist Donald, dass die menschliche Vorstellungskraft mit Hilfe der Mathematik die bahnbrechendsten Erfindungen machen kann.


Das Schachspiel zwischen zwei feindseligen Parteien, das generelle Grundgerüst des Films über eine Figur aus der normalen Welt, die in ein Land der Skurrilitäten stolpert und auch die Gestaltung der mathemagischen Wunderwelt erinnern nicht von ungefähr an Alice im Wunderland. Diese Parallelen dürften angesichts der Filmemacher nicht überraschen, waren die Regisseure und viele Mitglieder des gestalterischen Personals zuvor an eben jenem Film beteiligt. Allerdings liegt hier nicht bloß ein simpler Fall des Selbstplagiats vor. Viel eher ist es ein schlüssiges Konzept, das die hinter dem Film steckenden Vorhaben unterstützt: Es wird suggeriert, dass Mathematik eine faszinierende, wundersame Sache ist. Die obskuren Entdeckungen Donalds zu Beginn sprechen zudem Mathemuffel an, da Donald dieser seltsamen Welt genauso ratlos gegenübersteht, wie Mathehasser gegenüber Dingen wie Pi und Quadratwurzeln. Da Mathe im Laufe des Films mit Begeisterung begreifbar gemacht wird, bleibt das faszinierende Element bestehen, das verwirrende hingegen ebnet ab. Und auch Donalds ungewöhnliche, an Cast Member aus dem Disneyland-Part Adventureland erinnernde, Kleidung während der Eröffnung des Films kommt nicht von ungefähr: Sie verspricht Spannung, weckt abenteuerliche Assoziationen. Alles zusammen hat zur Folge, dass Donald in Mathmagic Land aufregend und kurzweilig erscheint, statt sich gleich zu Beginn als spröde Lehrstunde zu verkaufen.



Oben: Donald trifft auf ein Wesen, das genauso gut in Alice im Wunderland aufkreuzen könnte
unten: Dieses Kerlchen zitiert die Zahl Pi nur bis zur 13. Nachkommastelle richtig

Donald in Mathmagic Land feierte am 26. Juni 1959 seine Premiere und trat 1960 bei den 33. Academy Awards in der Kategorie "Beste Kurz-Dokumentation" an, die in den Vorjahren stark mit Naturdokumentationen und Kultur-/Landesreportagen (auch aus dem Hause Disney) besiedelt war. Neben Donalds zweitem mit einer Oscar-Nominierung im Dokumentarbereich gewürdigtem Film erhielt auch From Generation to Generation Berücksichtung durch die Academy. Diese Kurzdoku handelt von einer Bauernfamilie, die noch ohne Elektrizität lebte, und davon, wie sie sich durch die Jahre schlägt und Nachwuchs erhält. Außerdem wurde die niederländische Dokumentation Glass nominiert. Der visuell beeindruckende Einblick in die Glasflaschenindustrie, der nonverbal den Unterschied zwischen maschinell hergestellten und handgefertigten Flaschen aufzeigt, war es auch, der mit der Statuette prämiert wurde.

Walt Disney war begeistert von Donald in Mathmagic Land und sah ihn als Prototypen dafür, was er und sein Studio dem Lehrwesen schenken könnten. Im Kino feierte dieses Projekt aber nur bedingten Erfolg: Der Film kam zwar sehr gut bei seinem Publikum an, allerdings konnte Disney ihn aufgrund seiner Länge nur begrenzt an Kinos vermitteln. Dort lief er im Vorprogramm des Fantasyfilms Das Geheimnis der verwunschenen Höhle. Jedoch konnte Disney Donald in Mathmagic Land als 16mm-Kopie sehr gut an Schulen losschlagen, wo er mit seinen 27 Minuten Laufzeit perfekt in eine Unterrichtsstunde passte und für mehrere Jahrzehnte als Standardwerk vorgeführt wurde. Darüber hinaus war er 1961 der erste Film, der im Rahmen von Walt Disney's Wonderful World of Color gezeigt wurde und somit die erste Disney-Kinoproduktion, die es als Farbfilm ins Fernsehen schaffte.

Im August 1959 veröffentlichte Dell ein einmaliges Comic-Sonderheft unter dem Titel Donald in Mathmagic Land, dass mehrere kürzere, Mathe thematisierende Geschichten, sowie eine freie, 30-seitige Adaption des Kurzfilms enthielt. Der Mathemagie-Comic von Autor Don Christensen und Zeichner Tony Strobel verpasst Donalds Ausflugs ins zahlenreiche Wunderland eine Rahmengeschichte: Dagobert verlangt von seinem Neffen absurd hohe Zinsen für einen geliehenen Kleinbetrag, so dass sich seine Schulden trotz regelmäßiger Rückzahlung bloß vergrößern. Während der nächtlichen Lektüre eines Nachschlagewerks reißt Donald der Geduldsfaden, was den Geist der Mathematik erzürnt. Der Comic widmet der Geschichte der Mathematik mehr Aufmerksamkeit, indem er die Entwicklung des Zahlensystems und der Geometrie anschneidet, dafür fallen die Exkurse in die Bereiche Musik, Geometrie der Natur und Billard sowie auch die Vorführung großer Erfindungen kürzer aus.


Weil sich die Produktion besonders ambitionierter Lehrfilme sehr zu Walts Enttäuschung kaum rechnete, konnte er auch nach Donald in Mathmagic Land nur sporadisch solche Produktionen ins Kino entlassen. Die von ihm erträumte Massenproduktion ähnlicher Filme kam nie zu Stande, weil es ein zu großes wirtschaftliches Risiko für die Studios gewesen wäre und man es ihm nie erlaubt hätte. Ein paar Ausreißer gab es dennoch: 1961 folgten zum Beispiel noch Donald and the Wheel sowie The Litterbug (in welchem Donald über Umweltverschmutzung aufklärt), während Goofy 1965 in Freewayphobia über Sicherheit im Straßenverkehr referierte. Goofy, Micky, Donald und Co. verlagerten sich in den 60ern endgültig ins Fernsehen, während Walt Disney vor seinem Tod die Produktion kurzer Kinofilme mit Adaptionen von Winnie Puuh anleiherte. Die Geschichten mit dem dummen, alten Teddybären begeisterten das Publikum, doch er sollte den Oscar-Erfolg dieser Figur nicht mehr miterleben.

Mit sinkender Rentabilität von Kurzfilmen versiegte auch mehr und mehr die Menge an neuen Disney-Cartoons. Die wenigen Auftritt der alten Cartoonriege hatten Micky als Hauptfigur und Donald, wenn er denn mitspielt, nur als Nebenrolle. Auf einen neuen Kinokurzfilm mit dem Wüterich in der Hauptrolle gilt es noch zu warten. Und sollte jemals einer erscheinen und eine Oscar-Nominierung erhalten, so erwartet euch auch eine neue Ausgabe von Entengold ...

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