Samstag, 26. September 2015

Thor – The Dark Kingdom



Thor, oh Thor … Was machen wir nur mit Thor? Obwohl Marvels Gott des Donners eine wundervolle Ergänzung der Leinwand-Avengers darstellt, bleiben die ersten beiden Solofilme über den Mann mit dem magischen Hammer hinter ihren Möglichkeiten zurück. Zwar würde ich sowohl Thor als auch Thor – The Dark Kingdom den ersten beiden Iron Man-Filmen jederzeit vorziehen, allerdings ist bei ihnen noch so viel Luft nach oben drin. Vor allem der zweite Kinoeinsatz des nordischen Hünen könnte meilenweit am Erstling vorbeifliegen – statt sich nur knapp an ihm vorbei zu scherzen. Nachdem die vom Australier Chris Hemsworth verkörperte Comicvariante des muskulösen Gottes in ihrem gleichnamigen Kinodebüt noch vor eher überschaubarer Kulisse agierte, spendierten ihm die Marvel Studios mit Thor – The Dark Kingdom immerhin ein Kinoabenteuer mit einer ihm gebührenden Bandbreite.

Selbst wenn die Devise „Größer, schneller, weiter“ bei Fortsetzungen nicht immer zum Erfolg führt, so ist die in diesem Sci-Fi-Fantasyspektakel gebotene intergalaktische Hetzjagd ein Storykonstrukt, das Thor stattlichem Ego und seiner schillernden Götterwelt genügend Raum gibt, sich zu entfalten. Daher hat das Sequel ideale Startvoraussetzungen, um den weitestgehend in den Adelskammern Asgards und einer winzigen US-Wüstenstadt spielenden ersten Teil auszuschmücken. Doch in der Umsetzung bleiben leider nur der punktende Dialoghumor sowie die treffende Situationskomik jene Aspekte in denen Thor – The Dark Kingdomzu Höchstform aufläuft. Der Sci-Fi-Fantasyaspekt hingegen wird über weite Strecken nur ungenügend ausgereicht. Von kleinen Lichtblicken abgesehen ist es erst das turbulente, erfrischende Finale, das endlich unterstreicht, zu was Marvels launige Götterwelt in Sachen Action und Abenteuer fähig ist. Aber der Reihe nach …

All die düsteren Machenschaften, die Loki (Tom Hiddleston) in Thor und Marvel's The Avengers auszuüben versuchte, haben Thor und seinen kämpferischen Vertrauten in ihrer Heimat Asgard sowie in den benachbarten Reichen allerlei Scherereien eingebrockt. Doch immerhin haben die ständigen Gefechte Thor zu einem hellsichtigen Kämpfer und Anführer heranwachsen lassen, der Göttervater Odin zu Recht stolz macht. Thors charakterliche Fortschritte kommen auch keinesfalls zu früh, denn durch eine sich anbahnende Sternenkonstellation schlägt für den ältesten Feind Asgards der perfekte Zeitpunkt für grausame Rache: Malakeith (Christopher Eccleston), der Anführer der diabolischen Dunkelelfen, hat nach Tausenden von Jahren wieder die Chance, an eine mächtige Waffe zu gelangen, welche das gesamte Universum in einen unwirtlichen Ort verwandeln würde.

Um diese Bedrohung abzuwenden, hat Thor eine gefährliche Mission zu erfüllen, die ihn quer durch die Neun Reiche führt, und aufgrund der er auf seine große Liebe, die Astrophysikerin Jane Foster (Natalie Portman), trifft sowie gemeinsame Sache mit seinem Adoptivbruder Loki machen muss …

Obwohl die Drehbuchautoren Christopher Yost, Christopher Markus und Stephen McFeely der Weltenbildung viel Platz bieten, scheitert dieses Marvel-Abenteuer daran, Thors Universum neues Leben einzuhauchen. Der Kernplot um die von Malakeith und seinen Dunkelelfen ausgehende Bedrohung wächst nie über ihren Status als grobes Fundament für das weltenübergreifende Heldenabenteuer hinaus. Der von Odin erzählte Prolog schleppt sich oberflächlich daher, und da der Göttervater die knappen Informationen über die Helligkeit hassenden Fieslinge im späteren Verlauf des Films noch einmal wiederholt, wirkt der Einstieg in den Film nicht nur lahm, sondern auch unnötig. Wenn Odin seinem Sohn und der von einer schwer zu fassenden Macht erfüllten Jane den Hintergrund Malakeiths mittels eines sich bewegenden Asgard-Sagenbuchs nacherzählt, ist dies narrativ ökonomisch gehalten und visuell interessant. Das Gebotene genügt zwar nicht, um den Schurken Profil zu geben, jedoch wäre es genug, um den Plot zu rechtfertigen. Wenn schon die Charakterisierung der Dunkelelfen misslungen ist, oder einfach keinen Vorrang hatte, so wäre ich völlig zufrieden damit gewesen, auf den Prolog zu verzichten, so lange der Film die Sagenbuch-Passage beinhaltet. Dass Ecclestone und Lost-Darsteller Adewale Akinnuoye-Agbaje als sein Handlanger vor diesem Hintergrund keinerlei Eindruck hinterlassen, ist da leider selbstredend.

Trotzdem: Sobald alle Motivationen erklärt und die wichtigsten Begriffe, Orte sowie Gegenstände eingeführt sind, entsteht genügend Raum für coole Actionmomente sowie urkomische Comedysequenzen. Auch die Interaktion zwischen den bereits aus dem Erstling bekannten Figuren, vor allem sämtliche Szenen mit Loki, wissen zu unterhalten. Somit gelingt es, die verstaubte „Ein uralter Feind will zurückschlagen“-Handlung der aufwändigen Marvel-Produktion trotz mancher Längen vergnüglich zu gestalten. Denn während Malakeith als Gefahr für lange Zeit kaum greifbar bleibt und einen recht blassen, dünn charakterisierten Widersacher darstellt, sind die von seinem Handeln beeinflussten einzelnen Passagen in Thor – The Dark Kingdom so pointiert, dass Alan Taylors Abstecher in Marvels Kinouniversum in seinen Höhepunkten klar am ersten Teil des Sub-Franchises über Asgard vorbeiziehen lassen.

So dürfte es die Fans des verfeindeten Adoptivbrüder-Gespanns Thor/Loki erfreuen, dass ihre Beziehung zueinander komplexer gezeichnet wird als im zwar gut gespielten, doch diesbezüglich eindimensionalen ersten Teil. Hemsworth und Hiddleston haben dieses Mal weit mehr Gelegenheit, Hoffnungsschimmer aufblitzen zu lassen und so die vergiftete Dynamik zwischen ihren Figuren aufzuhellen. Umso schwerer treffen dafür dann die harschen Betrügereien Lokis oder auch Thors lautstark vorgetragene Distanzierung von seinem Adoptivbruder. Gestützt wird der Subplot rund um die göttlichen Gebrüder dadurch, dass Thor – The Dark Kingdom vermehrt auch beleuchtet, wie Odin (routiniert: Anthony Hopkins) und seine Frau Frigga (Rene Russo) zu den Brüdern stehen.

Unterdessen verlässt sich die Liebesbeziehung zwischen Jane und Thor zwar zu großen Teilen auf die im Vorgänger aufgebaute Leinwandchemie Portmans und Hemsworths, doch der gesunkene Anteil an überzeugenden romantischen Momenten ist leicht zu verschmerzen. Denn dafür baut diese Fortsetzung das humorige Geplänkel zwischen ihnen aus, das sich die beiden Figuren schon im ersten Teil leisteten. Mit kleinen Eifersüchteleien erlaubt der Film den Darstellern, ihr fantastisches komödiantisches Timing für ausführliche Screwball-Momente zu nutzen. Neben den herrlichen Neckereien von Thor und Jane besticht auch wieder die von Sitcomstar Kat Dennings gespielte Physikpraktikantin Darcy mit spitzer Zunge und launigen Kommentaren zum Geschehen.

Der starke Comedyaspekt des Films umfasst des Weiteren Nebendarsteller Stellan Skarsgård sowie die feschen Referenzen auf den Marvel-Kosmos. Die größte Überraschung dürfte derweil der gekonnt Effektbombast mit comichaftem Slapstick vereinende Schlussakt sein, in dem die Figuren quer durchs Universum reisen und dabei auf äußerst witzige Weise mit den Regeln der Physik spielen. Die Action ist im Finale bunt, rasant und einfallsreich und somit ein gekonnter Kontrast zu den in einem rustikal-dreckigen Look gehaltenen Scharmützeln, die Alan Taylor in den ersten zwei Dritteln von Thor – The Dark Kingdom zeigt und die die verrückte Mythologie von Marvels Thor effektiv erden. Und trotz allem Bombast ist die Portal-Raserei zudem eine willkommene, witzige Abwechslung von den zuvor gebotenen Marvel-Finalkämpfen.


Zwar hätte der von Komponist Brian Tyler (Iron Man 3) melodisch, aber nicht abwechslungsreich genug untermalte Film eine weitere Drehbuchrevision vertragen, um ins Leere laufende Mini-Handlungsstränge zu eliminieren und den Einstieg zu stärken. Dennoch bietet Thor – The Dark Kingdom spaßiges Popcornkino, das dass Marvel-Kinouniversum sinnvoll erweitert. Die dramatischen Momente zwischen Thor und Loki sind toll gespielt, der Dialoghumor sitzt und im Finale liefert die Produktion Schauwerte sowie Gags am laufenden Band. Außerdem bereitet der Film das Publikum gemächlich auf den anstehenden Space-Irrsinn vor, den Marvel noch in petto hat. Schade, dass bei all dem Hin und Her das 3D so kontrastarm ist – gerade das Finale und die Raumschiffattacke auf Asgard hätten ein scharfes 3D-Erlebnis verdient gehabt.

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