Freitag, 2. Juni 2017

Freitag der Karibik #45

Achtung, dieser Artikel enthält Spoiler zu Pirates of the Caribbean - Salazars Rache!


Die treuen Seelen unter euch wissen: Meine erste Sichtung von Pirates of the Caribbean - Salazars Rache war eine Achterbahnfahrt der Emotionen. Und wie ich schon angedeutet habe, liegt dies zum Teil an meiner innigen Liebe für die Pirates of the Caribbean-Filmsaga, die sich beim ersten Gucken angesichts meines Unwissens über den weiteren Verlauf des neusten Teils mit einigen Entwicklungen gerieben hat. Nun, da der Film bereits seine erste Spielwoche hinter sich gebracht hat, möchte ich euch gern detaillierter erklären,K an welchen Stellen ich bei der ahnungslosen ersten Betrachtung der Disney/Bruckheimer-Produktion im Kinosaal enorme Höhen und Tiefen durchgemacht habe, weil ich nicht wusste, ob ich gerade Kanonbrüche und andere Gemeinheiten bezeuge, oder doch noch alles eine (für mich) gute Wende nimmt ...

Während ich die gesamte Eröffnung rund um Henry Turner mochte, beschlich mich erstmals das "Ohje, ich weiß nicht ..."-Gefühl mit Käpt'n Jack Sparrows Einführung. Ich wusste zwar schon vor dem Film durch ein Interview mit den Regisseuren Joachim Rønning und Espen Sandberg, dass sie den Film mit einem versackten, glücklosen, aus dem Gleichgewicht geratenen Jack beginnen. Dennoch hat sich nun, sechs Jahre nach Fremde Gezeiten und 14 Jahre nach dem ersten Teil bei mir Nervosität breit gemacht: Ich trage diese Filmreihe nun fast mein halbes Leben mit mir mit. Jetzt sind ist nicht nur der Originalregisseur weg, sondern auch die Originalautoren. Und jetzt wollen sie die ikonischste Figur der Reihe neu erarbeiten, nun, wo sich deren Darsteller unter dem medialen Brennglas befindet. "Bitte, bitte verzockt euch nicht", so mein Gedanke. Und zunächst ... läuft alles glatt. Jack, verwirrt, verschlafen, zugesoffen in einer Bank stehend und laut denkend kam so rüber, wie ich mir den legendären Käpt'n nach einer ellenlangen Pechsträhne vorgestellt hätte.

Dann aber kommt es zur Bankraub-/Fluchtszene, und ab dann wurde immer wieder meine nervöse "Bitte, bitte, lasst diesen Film gut sein!"-Seele aus dem Gleichgewicht gebracht. Jedoch nicht durch das Skript oder die Inszenierung, sondern ausgerechnet durch das Schauspiel: Bis zur als Langtrailer genutzten Hinrichtungssequenz kam es mehrfach zu kurzen Augenblicken, in denen mir Depps Performance eher vorkam wie eine Jack-Sparrow-Imitation, und nicht wie das Original. Es sind stets nur kurze "Blinzle zu lang, und du versäumst sie"-Momente, dennoch brachten sie mich aus dem Konzept - zumal auch Depps Tonlage in ihnen eher an den Verrückten Hutmacher erinnerte. Ich saß da, in meinem Sessel, und dachte mir: "Ich wäre gewillt, das als kleine Problemchen abzutun, statt als den Film erdrückende Last, wenn es bei diesen wenigen Momenten bleibt. Sollten sie sich aber mehren, dann ... Gute Nacht ..." Zum Glück blieb es aber bei diesen Schnitzerchen, sobald Jack wieder eine Crew hat und das Festland verlässt, spielt er konstant und bringt sogar die "Jack findet sich wieder"-Sache gut und mitreißend rüber.

Ein weiterer Punkt, der mich aus dem Konzept brachte: Die angedeutete Behauptung, Salazar würde aus dem Teufelsdreieck befreit, weil Jack seinen Kompass abgegeben hat. Da läuteten all meine Alarmglocken: Jack hat im Laufe der vorhergegangenen Filme mehrmals seinen Kompass abgegeben, als hätte Salazar schon längst sein Unwesen treiben müssen. Die Pirates of the Caribbean-Saga ist gerade einmal fünf Filme lang, da sollte man doch Überblick über die Story behalten können und solche Fehler vermeiden!

Ich war fuchsteufelswild wegen dieser Sache, bis im späteren Verlauf von Salazars Rache erklärt wird, dass Jack den Kompass nicht "betrügen" darf, um zu vermeiden, seinen größten Feind zu entlocken. Und das lässt sich mit den restlichen Filmen vereinbaren: Jack gab seinen Kompass bislang stets aufgrund eines größeren Plans ab. Hier hingegen nur für 'ne Buddel voll Rum, obwohl er auch einen Ring oder sonstwas hätte abgeben können.

Dass in der Rückblende gezeigt wird, wie Jack durch den Kapitän (oder Steuermann) der Wicked Wench erhalten hat, ist wiederum ein dezenter und somit bedauerlicher Widerspruch zu Die Truhe des Todes, wo gesagt wird, dass Jack den Kompass von Tia Dalma erhalten hat. Nun lässt sich das Problem dadurch erklären, dass Jack vielleicht den Kompass verloren und danach wieder bei Tia Dalma erworben hat - hätten wir PotC-Fans ein solches Riesenuniversum an erweitertem Material wie die Star Wars-Fans, könnte man den Kanon auch ganz offiziell wieder ins Lot bringen. So hinterlässt die Rückblende ein kleines Fragezeichen mit möglicher Lösung. Ganz ehrlich: Find ich nicht soooo schlimm, da schien mir das erste Kompass-Ärgernis größer, bis es geklärt wurde.

Dafür durfte ich mich bei der Erstsichtung gleich doppelt ärgern, als die Black Pearl aus ihrer Flasche befreit wurde. Zunächst sah es so aus, als würde sie allen Ernstes absaufen - und ich hätte es Autorenneuling Jeff Nathanson zugetraut, es dabei zu belassen und für mich wäre es eine riesige Beleidigung gewesen. Stattdessen taucht sie ja wieder auf - noch dazu von The Medaillon Calls begleitet. Ein echter Festmoment - der auch fast (aber nur fast) vergessen macht, dass Jack auf das mutmaßliche Ende der Pearl viel zu ruhig reagiert hat (man erinnere sich an seinen Wutausbruch in Fremde Gezeiten, als er erfährt, dass Barbossa sie verlor).

Und ihr könnt euch gar nicht vorstellen, was für ein emotionaler Kampf das Ende für mich war: Finde ich es nun gut, dass die Reihe scheinbar beendet ist oder regt es mich auf? Kaum habe ich während des Abspanns Frieden damit gefunden, folgt natürlich auch dieser Cliffhanger von einer Nachabspannszene! Tja, Disney genießt es wohl, mit meinem Seelenwohl zu spielen ...

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen