Samstag, 27. Dezember 2008

Das Ende naht bei "Schmidt & Pocher"

"Das war von vornherein ein zeitlich begrenztes Experiment – und zwar von beiden Seiten", sagt der Schmidt & Pocher-Produzent Fred Kogel gegenüber Spiegel Online. Besagte Grenze hat das Experiment jetzt erreicht: Kogel kündigte an, dass die im Doppel moderierte Late Night Show mit miesem Passspiel zwischen den beiden unterschiedlichen Entertainern April 2009 zum letzten Mal ausgestrahlt wird.

Doch es ist nicht der von vielen als fernsehmüde bezeichnete Schmidt, der Pocher die Bühne überlässt. Viel mehr ist Pocher der Bremsklotz, von dem man Schmidt befreien will: Im sich auf uns zubahnenden Wahljahr möchte "man Schmidt auf einem Level sehen, das sonst im deutschen Fernsehen niemand liefert", sagt Kogel, spricht davon die komödiantische Messlatte "wieder höher zu legen in Richtung Anspruch und Intellekt". Die subtilste Art zu sagen, dass Pocher Schmidts Sendung auf ein niedrigeres Niveau zerrt und niemand ihm zutraut intellektuelle Politsatire abzuliefern ist das nicht gerade.

Andererseits wäre es auch vergeudete Mühe, Pocher gegenüber subtil zu sein, schließlich ist er auch alles andere als feinfühlig. Mit einem proletenhaften Holzhammer schmettert er seine gelungeneren frechen Gags heraus, mit unübersehbaren Unsicherheiten und schlecht versteckter Nervosität stottert er sich durch Improvisationen und subtilere Witzchen, womit er die schwächlichen Pointen völlig erdrückt.

Pocher ist gut, wenn er die Wahrheit ausspricht und mit anarchischer Natur sein eigenes Ding durchzusetzen versucht. Gemeinsamkeiten mit Schmidt sind durchaus vorhanden und so gab es in Schmidt & Pocher anfangs auch tatsächlich so etwas wie Unterhaltung. Geplante Programmlücken, Seitenhiebe auf Kritiker und schmidt'sche Sinnlosaktionen gepaart mit pocheriger Extrovertiertheit. Bloß die Dynamik war zu Beginn nicht vorhanden, die Moderatoren mussten sich noch zusammen einspielen.
Leider haben Schmidt und Pocher diese Chance vertan, statt eigenwilligem Late Night Humor mit kleinen Timingproblemen herrscht in der gemeinsamen Sendung Lustlosigkeit, zwischen den Moderatoren klafft eine weitaus größere Kluft als anfangs.
Rasselten beide einst mit Augenzwinkern aufeinander und ließen sich etwa von der Sat.1 Nachmittags-Psychologin Angelika Kallwass beraten, herrscht gähnende Langeweile zwischen den beiden, wenn Pocher nicht gerade von Schmidt unterschwellig oder gerade heraus abgestraft wird.

Für Aufsehen sorgt die Sendung auch längst nicht mehr. Die Zeiten vom Nazometer, Schleichwerbeverdächtigungen und Körperflüssigkeiten aus niederen Regionen sind vorbei, stattdessen rattert Pocher eine ungeübte Parodie nach der anderen herunter, verrennt sich in seinen Stand-Up-Monologen in Fußballgeschwätz und klingt so als sei er die abgelehnte Witzsseite des Kickers, während Schmidt zwei oder drei anspruchsvollere Witzchen andeutet, so für's Prestige.

Selbst die ursprünglich innovativen Seitenhiebe auf Kritiker verloren ihren Pepp. Wo früher großteils berechtigte Kritik an der Kritik geübt wurde, stehen nun kurze und freudlose, wie Pflichtübungen abgehakte, Kasplereien. Die Antwort auf die hervorragende Switch-Parodie von Schmidt & Pocher wirkte so, als versuche sich eine Laienspielgruppe an einem Switch-Sketch.

Wohin genau es Schmidt und Pocher schlagen wird, steht noch nicht ganz fest. Quotenmeter spekuliert auf einen möglichen Wechsel Schmidts zu den Privaten, während Pocher eventuell bei der ARD bleibt, wo er bereits desöfteren in der Sportschau herumjuckst, sozusagen als geistiger Nachfolger der Latexpuppen des Fußball-Spin-Offs von Hurra, Deutschland.
Die Puppen waren zwar witziger, aber deren Karikaturen sahen ähnlich realistisch aus wie die Parodien von Pocher.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich weiß ja nicht, was für einen Beruf du ausübst, Sir Donnerbold, aber ich schwöre dir, ich bin mir sicher, wärest du Fernseh- und Filmkritiker von Beruf, würdest du mit Sicherheit Milliarden verdienen!!!
Ein einfach genialer Artikel!!!
glg

Kevin Kyburz hat gesagt…

Die erste Folge fand ich schon mäßig, die Nazometersache war 30 Sekunden lang lustig. Und danach haben Schmidt und Pocher abgebaut, ich nenne ausdrücklich beide. Wobei Pocher von Anfang an weniger zu diesem Format passte, weswegen es eher auffiel. Aber allgemein ist der Typ nicht gemacht für Schauspielerei, wenn er frei reden darf, ist er mitunter genial, aber sonst ...

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