Montag, 14. Februar 2011

Disney live in Concert: Fluch der Karibik

Am 19. Mai kehrt Captain Jack Sparrow endlich mit einem neuen Abenteuer auf die Leinwände unserer Gefilde zurück. Dann sogar in drei Dimensionen.

Im Vorfeld des neuen Kapitels der unterhaltsamsten Piratensaga der Filmgeschichte, bescherte Disney die Piratenanhänger, experimentierfreudigen Kulturfreunde und spendablen Filmfreaks unter uns mit einem von den Verehrern der Musik Hans Zimmers (und Klaus Badelts) lange ersehnten Ereignis: Fluch der Karibik - Live in Concert!

Denn die wuchtigen und einprägsamen Melodien aus dem einfallsreichen Seeräuberspaß gehören ebenso untrennbar zu seiner Erfolgsformel, wie der ikonisch torkelnde Johnny Depp. Ebenso, wie Jack Sparrow nunmehr im Pantheon der denkwürdigsten Leinwand(anti)helden steht, fanden auch die Musikstücke aus Fluch der Karibik einen unvorstellbaren Erfolg. Eben ihnen kommt nun mit dem tourenden Konzerterlebnis verdiente Ehre zuteil. Ich selbst gönnte mir einen Besuch der Münchner Vorstellung unter der Leitung von Helmut Imig. Die Münchner Symphoniker verwandelten, vor einer stattlichen Leinwand platziert, die Philharmonie der urigen Großstadt in Jerry Bruckheimers hämmernde Tropenwelt, wo schwankelmütige Seefahrtsmelodien, semiklassizistische Symphonien und fetzender Actionbombast ein harmonisches Ganzes ergeben.

Das Problem mit uns Fans: Wir wissen zu viel, sind zu firm, bemerken jeden klitzekleinen Fehler. Und so bemerkte ich die, für den Normalbesucher keinesfalls gravierenden und sicherlich kaum spürbaren, Patzer hinsichtlich des Timings. Wenn ein Schock-Tusch einen Wimpernschlag zu früh kommt, oder die Slapstick-Pointe mit dem Ansatz einer Viertelpause später als bei der Original-Filmtonspur musikalisch unterstrichen wird, dann rollen wir mit den Augen, ballen die Faust oder zucken enttäuscht zusammen.

Das Gute an uns Fans: Wir wissen unser Steckenpferd zu ehren. Während mir oben genannte "Fehler" negativ auffallen, freue ich mich über andere Abweichungen. Die Münchner Symphoniker sind weniger stark besetzt, als Badelts oder Zimmers Filmorchester. Dadurch, und durch die Live-Situation, fielen besondere Instrumente stärker auf, als auf der Soundtrack-CD, geschweige denn der mit Dialogen und Soundeffekten bereicherten Film-Tonspur. Auflockernde Rasseln, mir bislang nur aus Grundschulen und von Sportplätzen bekannte Klappdinger, oder, oder: Die kleinen exzentischen Anstriche des Scores betont zu sehen (zu hören), hat mir richtig gut gefallen. Allerdings bestehe ich jetzt deswegen auch auf Konzerte zu den wesentlich verrückter besetzten Scores aus Teil 2 und 3.

Über das Konzerterlebnis allgemein, muss ich wohl kaum sagen, dass die Musik mit optimaler Akustik und live natürlich noch mehr unter die Haut geht und noch mitreißender ist, als aus der Konserve. Aufgrund der rockig-epochalen Natur einiger Motive aus dem Score von Fluch der Karibik musste ich alter Rocker dann und wann mit Gewalt meine Arme unter Kontrolle halten. Die Teufelshörnchen mitten in der Philharmonie, das wäre wohl nicht gut angekommen.
Besonders loben muss ich die Streicher (wenn man sie nicht nur hört, sondern auch sieht, merkt man erst, wie anstrengend Fluch der Karibik für diese Musiker sein muss) und die Percussion/Drums. Die waren energetisch, mit drallem Sound und enormer Antriebskraft. Auch der Männerchor, der die für die zustätzliche Prise filmmusikstilistischer Epik sorgte, hat mir unheimlich gut gefallen, die Stimmen erfüllten den Saal besonders bei Jacks Ankunft in Port Royal mit einer Ehrfurcht ergebenden, Jacks de facto eigentlich gescheiterten Einmarsch konterkarikierenden Ehrhabenheit.

Um wieder zu kritteln: Der Kampf in der Scheune war mir etwas zu laff. Das habe ich live während eines Filmmusik-Medleys (inklusive nunmehr obligatorischem Piraten-Part) schonmal dynamischer erlebt. Bei manchen Actionszenen war mir auch die Effektspur des Films zu schmächtig. Explodierende Schiffe machen nicht *püff*!

Dafür wuchs das Orchester im letzten Drittel über sich hinaus: Der "Kampf der Verdammten" auf der Isla de Muerta, der munter He's a Pirate und das Skellettpiraten-Thema (laut Soundtrack-CD heißt es ja Swords Crossed, aber wie jeder eingeschworene Liebhaber von Fluch der Karibik weiß, wäre Moonlight Serenade der korrekte Titel, so wie es auch wohl in der Komplettpartitur des Films vermerkt wurde) vermischt war sensationell, die Hinleitung zum Abspann und die dort vorkommende, finale Anwendung von He's a Pirate sowieso. Bemerkenswert fand ich auch, dass das Orchester die (")romantischen(") Themen fantastisch wiedergab, wodurch sich die Qualität der zugehörigen Szenen nochmal hebte. Jaaa, Wills und Elizabeths Geturtel unter Deck war nun tatsächlich hinreißend!
Dadurch verstärkt sich aber auch mein Drang nach einem Am Ende der Welt-Konzert. Marry Me, live, mit solch einer emotionalen Eindringlichkeit? Ich glaube, mein Herz würde zerreißen SOWIE explodieren, es wäre gleichzeitig das traurigste, romantischste und coolste, was ich je hören würde. Na gut, ich übertreibe gerade vielleicht ein wenig - Fakt ist, dass Am Ende der Welt als der (bislang?) romantischste Pirates-Score ein Gänsehaut erregendes Symphonie-Erlebnis wäre, mit dem sich Fluch der Karibik in diesen Belangen nicht messen könnte. Dafür hat der Beginn der Reihe insgesamt die klassischere Besetzung und viel mehr He's a Pirate... Hach ja...

Ich würde eine Kino/Livekonzert-Kombination der Fluch der Karibik-Fortsetzungen garantiert besuchen. Ich müsste jedoch bezüglich Teil 1 kritisch anmerken, dass er für eine solche Idee nicht gänzlich perfekt geeignet ist. Es dürfte natürlich niemand überraschen, dass sich das Drehbuch und somit der komplette Film nicht nach einer schlüssigen, musikalischen Instrumentalkonzert-Dramaturgie orientiert. Deswegen gibt es gerade in der ersten Hälfte einige "stumme" Momente, die während des Konzerterlebnisses schleppend rüberkamen. Ich weiß nicht, ob Die Truhe des Todes und Am Ende der Welt die selben Probleme hätten, selbst wenn, hielte es mich nicht davon ab, reinzugehen. Ich würde auch niemandem davon abraten, sofern er die Filmmusik mag, denn ein paar Atempausen sind nun wahrlich nichts tragisches. Als reines Konzert, mit einer die Filmreihenfolge ignorierenden Anordnung der Themen hätte Fluch der Karibik (oder die gesamte Pirates of the Caribbean-Reihe) allerdings nochmal etwas mehr Kraft hinter sich.

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1 Kommentare:

Dr-Lucius hat gesagt…

Als ein kleiner Vorgeschmack
Hans Zimmer live @ Pirates At World's End Premiere (auch wenn Du das wahrscheinlich schon kennst, immerwieder schön)

http://www.youtube.com/watch?v=xpQ810mA5_A

Und übrigens, wer die Musik von Hans Zimmer mag, sollte auch die Doppel CD mit dem Prague Philharmonic Orchestra besitzen: z.B. 1 Track daraus
http://www.youtube.com/watch?v=YMU1b7AX5nM&feature=related

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