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Samstag, 26. Oktober 2024

Mediatheken-Tipps (26. Oktober 2024)

Rammbock (Horrorfilm, 2010) Kammerspielartiger Zombiefilm in monochronem Grau-in-Betongrau-in-Pissbraun-in-Matschrot, der sich weniger um seine Splattereffekte schert, als um eine betrübliche Stimmung, einzelne humorige Elemente und gesellschaftliche Seitenhiebe. ZDF-Mediathek, abrufbar bis zum 27. Oktober 2024

Casino (Kriminaldrama, 1995) Martin Scorseses Verbrechen-vor-Glanz-und-Glamour-Kulisse-Pendant zu seinem New-Yorker-Mafia-Klassiker GoodFellas: Casino besticht mit einer tollen Sharon Stone zwischen Scorseses bewährten Haudegen  Robert De Niro und Joe Pesci, einer in schillernden Bildern eingefangenen, schroffen Schilderung des Schauplatzes Las Vegas, hoher Informationsdichte und faszinierenden, durchdacht skizzierten Figuren. ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 3. November 2024 

Charade (Screwball-Agententhriller-Romantikkriminalkomödie, 1963) Stanley Donens wunderschön fotografierte, stillvoll erzählte Hitchcock-Trittbrettfahrerei mit einer einmal mehr wundervollen Audrey Hepburn und einem einmal mehr fabelhaften Cary Grant: Von toller Henry- Mancini-Musik, berückenden Schauplätzen und einem unentwegt galant seine Gangart ändernden Peter-Stone-Skript zusammengehaltene, spannende Scherzerei über Lug, Betrug, Diebstahl, (romantische) Begierde und verwirrendes Identitätsspiel. Einfach exzellent. ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 5. November 2024

Die Katze und der Kanarienvogel (Rabenschwarze Gruselkrimikomödie, 1979) Ein exzentrischer Milliardär ist verstorben und seine potentiellen Erben haben sich zur Testamentsverkündung versammelt - nur um festzustellen, dass sich im selben Anwesen ein Killer herumtreibt... Inszeniert von Radley Metzger, setzt diese Verfilmung des gleichnamigen Theaterstücks auf beeindruckende Sets, außergewöhnliche Kamerapositionen und gewitzte Dialoge. ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 13. November 2024r

Der Hund von Baskerville (Gruselkrimi, 1959) Mit Christopher Lee und Peter Cushing prominent besetzte, atmosphärische Sherlock-Holmes-Adaption der Hammer-Studios, von der ich hier schon geschwärmt habe. arte-Mediathek, abrufbar bis zum 19. November 2024

Der Gute und die Bösen (Widerstandskomödie, 1976) Claude Lelouchs Film, in dem die Pariser Polizei und Unterwelt unverhofft auf dieselbe Seite gelangen, um gegen die deutsche Besatzung Kante zu zeigen, ist nicht gerade sein zügigster Film. Dank seiner Bildsprache und seiner clever eingefädelten Handlung dennoch ein sehenswerter Spaß. arte-Mediathek, abrufbar bis zum 30. November 2024

Dienstag, 6. September 2011

Wie klaut man eine Million?


Yikes. Eigentlich wollte ich ja noch vor der arte-Ausstrahlung zur Prime Time meine Meinung zu dieser klassischen Kriminalkomödie mit Audrey Hepburn, Peter O'Toole und Hugh Griffith veröffentlichen. Doch frustrierenderweise hatte ich zu viel um die Ohren, weshalb treue Blogleser allein durch Georgs Erwähnung im vergangenen Quotenmeter-Podcast auf die Ausstrahlung hingewiesen wurden. Ärgerlich, ich weiß, aber das schöne an den Hepburn-Evergreens ist, dass man sie sich preisgünstig auf DVD nachholen kann - sollte man sie nicht bereits kennen.

Eigentlich würde ich nun denken "ach, jetzt ist auch zu spät für die Kritik". Aufgrunddessen, dass ich mehrfach gebeten werde, auch Klassiker zu besprechen, verwarf ich diesen Gedanken ganz schnell, um euch nun meine kompakte Meinung zu Wie klaut man eine Million? zu offenbaren.

Tja, spektakulär ist sie nun wirklich nicht. Viel eher ist es ein gesäuseltes "Hach, so Filme machen sie heutzutage gar nicht mehr..." - ein Urteil, das bereits mindestens so abgegriffen ist, wie der begeisterte Ausruf "AWESOME!" für jeden explosiven Film voller... ja, Explosionen. Und dennoch, es stimmt einfach.
Wie klaut man eine Million? ist eine herrlich charmante Verquickung von Kriminalkomödie und romantisch-zarten Screwball-Elementen. Das im Titel angegebene Verbrechen ist kein bleischwerer Raubüberfall, sondern ein schlichter, clever einzufädelnder Museumsraub. So lockere, unbeschwerte Kriminalkomödien gibt es in der modernen Filmlandschaft nicht mehr. Natürlich könnte man die Ocean's-Trilogie anbringen, die zwar sehr toll ist, jedoch mehr auf Coolness und Style setzt als dieses liebenswerte Komödchen.

Der in Paris lebende Kunstsammler Charles Bonnet (Hugh Griffith) genießt für seine private Kollektion bedeutender Kunstwerke großes Ansehen. Was aber bis auf seine Tochter Nicole (Audrey Hepburn) niemand weiß, ist dass er in Wahrheit einer der raffiniertesten Kunstfälscher der Welt ist, und er mit seinen täuschend echten Replikaten Unsummen an Geld scheffelt. Als er eine gefälschte Cellini-Statue dem Pariser Museum Kléber-Lafayette für eine seiner Ausstellungen überlässt, muss er einen Versicherungsvertrag unterschreiben. Dieser sieht jedoch auch vor, dass die Statue auf ihre Authentizität überprüft wird - der ganze Betrug droht, aufzufliegen. Rettung naht auf dem denkbar ungewöhnlichsten Weg: Nicole ertappt nachts den selbst ernannten Gentleman-Einbrecher Simon Dermott (Peter O'Toole), wie er versucht aus dem Bonnet-Anwesen einen (gefälschten) Van Gogh zu entwenden. Irgendwie stimmt die Chemie zwischen den beiden, und so beauftragt Nicole den diebischen Schönling, die Cellini-Statue rechtzeitig aus dem Museum zu entwenden.

Wie klaut man eine Million? ist sicherlich nicht der denkwürdigste Eintrag in der Filmographie von Regisseur William Wyler (Ben Hur von 1959), Drehbuchautor Harry Kurnitz (Zeugin der Anklage) oder den begnadeten Hauptdarstellern. Trotzdem ist es ein leichtherziger Wohlfühlfilm, der aufgrund der leichtfüßigen Inszenierung und dem höchst amüsanten, ja sogar recht geistreichen Drehbuch, für 123 durchweg vergnügliche Filmminuten sorgt. Ich würde glatt behaupten, dass Wie klaut man eine Million? durch sein Alter sogar erfrischender geworden ist. Nämlich wegen der zuvor angeschnittenen Beobachtung, dass solche Filme nicht mehr gemacht werden. Einen Tonfall wie ihn Wyler für diese Kriminal-Screwballkomödie anschlug, streben zeitgemäße Krimikomödien einfach nicht mehr an. Diese Grundidee würde heute sicherlich mit viel skurrilerem Witz umgesetzt - wogegen nichts zu sagen ist, bloß ist Skurrilität nicht mehr so skurril, wenn es auch keinen Gegenpol mehr gibt. Wie klaut man eine Million? nähert sich diesem Plot dagegen so bodenständig, wie man ihn halt erzählen kann, gewürzt mit dieser typischen süß-unschuldigen Grundstimmung, die hie und da durch ein paar keckere Wortwitze vorm Abrutschen in zu harmlose Gewässer bewahrt.

Das Zusammenspiel zwischen der so gut wie eh und je auftretenen Audrey Hepburn und Peter O'Toole als selbstbewusster Kavaliersschurken hält einen durchweg bei der Stange, und auch die Planung sowie Durchführung des Raubs ist sehr einfallsreich. Mein Star des Films bleibt aber Hugh Griffith, der genüsslich aufdreht. Allein schon die Gesichtszüge und das Haar-Styling seines Kunstfälschers lassen mich über beide Ohren grinsen.

Wie klaut man eine Million? könnte mit einem etwas gestraffteren Drehbuch (keine komplette Szene ist überflüssig, doch manches ließe sich gewiss schneller erzählen) einen Tick spannender sein, und wer seine Kriminalkomödien nur mit einer Prise Action mag, ist auch fehl am Platze. Aber wer eine altmodische (nicht veraltete!), wundervoll charmante Komödie zu schätzen weiß... naja, der kennt diesen Film sicherlich eh schon.

Empfehlenswerte Kritiken:

Samstag, 10. Juli 2010

Frühstück bei Tiffany

Immer wenn ich durch einen Elektronikmarkt stöbere und eine DVD von Frühstück bei Tiffany in einem Regal finde, dessen Inhalt in rosaroter Schrift als "Was Frauen schauen" oder "Damenglück" oder ähnliches gekennzeichnet wird, möchte ich aufschreien, den Verantwortlichen ausfindig machen und mit einer besonders schwafeligen Filmenzyklopädie verprügeln. Notfalls täte es auch eine ausgedruckte Kopie meines Blogs.
Welcher Dilettant ordnet Frühstück bei Tiffany irgendwo neben Dirty Dancing, Twilight, Sex and the City oder gar Rosamunde-Pilcher-Schund ein und kann daraufhin nachts gut schlafen?
Weshalb gilt Frühstück bei Tiffany als "Weiberfilm"? Liegt es daran, dass, Gott bewahre, eine Frau die Hauptrolle innehält? Dann sind Million Dollar Baby oder Alice im Wunderland wohl auch Frauenfilme. Oder liegt es daran, dass romantische Gefühle als die Triebfeder des Plots bezeichnet werden könnten? Tja, dann sind Avatar, Forrest Gump, Con Air, Ein Quantum Trost, Die Simpsons - Der Film und eigentlich nahezu jeder Film, in dem ein Paar vorkommt ebenfalls Frauenfilme. Und darüber, ob die Romanze in Frühstück bei Tiffany der Motor der Handlung ist, lässt sich obendrein noch langwierig diskutieren. Steht im Zentrum der Geschichte nicht viel mehr das zerrüttete Seelenleben einer nach außen hin sorglosen, jungen Persönlichkeit? Und wenn jetzt plötzlich ein Film als reines Frauenfutter gilt, weil er den Charakter einer seiner Hauptfiguren besonders achtet, dann ist eigentlich jedes Drama ein Frauenfilm, schließlich wird in solchen Filmen auf so etwas wie die psychologische Skizzierung des Protagonisten geachtet.

Eigentlich liegt die Antwort auf der Hand: Wer Frühstück bei Tiffany in rosa Regale legt und an das selbe Publikum verkaufen möchte, das sich auch oberflächliche Kitschschnulzen oder andere leichte, "feminine" Kost kauft, der hat den Film überhaupt nicht gesehen und lässt sich allein von einer galant gekleideten, kokett lächelnden Audrey Hepburn und einem schwungvollen (rosa oder glitzernd-güldenen) Schriftzug in die Irre führen. Dabei ist besagtes Foto eines der ikonischsten der Filmgeschichte und sollte als solches von jeglicher Vorverurteilung freigesprochen werden. Aber wie will man das der Allgemeinheit verdeutlichen? Ich würde schon gern sehen, wie der legendäre und auch berüchtigte, bissige Neurotiker Truman Capote solchen Einschätzungen der Verfilmung seiner berühmten Novelle entgegnet wäre.

Selbstverständlich kommt man nicht herum, anzumerken welche Änderungen Frühstück bei Tiffany beim Transfer auf die Kinoleinwand erfuhr, noch dazu auf die Kinoleinwand der frühen 60er-Jahre, die nicht zuletzt wegen des Hay's Code notorisch sauberer war, als Capotes ungeschöhnt ehrliche Literatur. Allerdings benötigte Komödien-Regiegott Blake Edwards keine expliziten Erwähnungen von Homo- und Bisexualität oder übermäßigen Drogenmissbrauch und etwaige Callgirl-Tätigkeiten der Protagonistin, um ein tiefschürfendes und mitunter schonungsloses Charakterbild eines schnellebigen Playgirls zu zeichnen. Und wer hier die weibliche Form des Playboy-Lebemanns mit dem "Playmate", dem Häschen des Monats verwechselt, geht bitte kurz auf die stille Treppe.

Danke sehr, weiter im Text.

Frühstück bei Tiffany beginnt damit, wie das leicht lebige Partygirl Holly Golightly (Audrey Hepburn) im Vorbeigehen am Schaufenster des noblen Juwelierladens Tiffany frühstückt. Für sie vollkommen normal. Zu ihrem exzessiven Lebensstil gehört es auch lange Partys zu feiern und bis nachmittags auszuschlafen. Sie arbeitet nicht, sondern lässt sich dafür bezahlen, wöchentlich einem Gangsterboss in Sing Sing Besuch abzustatten. Als zusätzliche Einnahmequelle lässt sich die bezaubernde, jedoch verschlossene Dame von ihren zahlreichen männlichen Begleitern und Verehrern fünfzig Dollar "für die Toilette" zustecken. Obwohl Holly schon lange in ihrem New Yorker Apartement lebt, ist es spärlich eingerichtet und ihrem treuen Kater verweigert sie die Namensgebung, weil sie darauf kein Anrecht habe.

Hollys exzentrische Persönlichkeit fasziniert den frisch nebenan eingezogenen, ambitionierten Schriftsteller Paul Varjak (George Peppard), dessen letzter Erfolg bereits ein wenig zurückliegt und der sich von seiner finanziellen Gönnerin und Ex-Freundin in die Enge getrieben fühlt. Er sieht sich von Hollys schillerndem Verhalten inspiriert und erträgt es somit geduldig, wie sie ihn wegen seiner Ähnlichkeit zu ihrem Bruder unablässlich "Fred" nennt. Als sie eines Abends unangekündigt in seine Wohnung platzt und ihm einen vorsichtigen Einblick in ihre Seele gewährt, ist es um Paul geschehen - selbst nachdem sie urplötzlich schimpfend davonstürmt kann er sich ihrem Bann nicht entziehen.

Eine Liebesbeziehung zu Holly darf sich Paul der beidseitigen Zuneigung zum Trotz nicht erhoffen: Wie er auf einer von Hollys ausgelassenen Partys erfährt, ist es ihr großes Lebensziel, sich reich verheiraten zu lassen und dadurch wohlbehütet zu werden. Hollys auserkorenes Objekt der Begierde ist ein brasilianischer Großgrundbesitzer, der in seiner Heimat zudem hohen politischen Einfluss genießt. Somit entsteht zwischen Paul und Holly statt einer festen Liebesbeziehung eine innige, turbulente Freundschaft während derer Paul die verletzte und ängstliche Person hinter Hollys selbstbetrügerischen Glamourfassade entdeckt.

Es ist unmöglich, angemessen über Frühstück bei Tiffany zu schreiben, ohne in eine Liebeserklärung an die göttliche Audrey Hepburn zu verfallen. Die Actrice mit den unwiderstehlichen, leuchtend und zugleich tiefen Augen spielte in Blake Edwards bittersüßer Romantiktragikomödie die Rolle ihres Lebens, nicht ohne Grund verschmelzten Hepburn und die bezeichnend benannte Holly Golightly in der Filmgeschichte zu einer Einheit. Dabei glich sich die introvertierte Hepburn der exzentrischen Holly nahezu überhaupt nicht. Womöglich stammt aus eben dieser Differenz zwischen Darstellerin undLeinwandpersönlichkeit die unerklärliche, charakterliche Attraktivität Holly Golightlys. Ihr durchtriebenes Spiel mit ihren Verehrern, in denen sie zunächst unmissverständliche Hoffnungen aufflammen lässt, bevor sie sich einschließt und über die Feuertreppe flieht um so dem eigentlichen Akt zu entgehen, ihre nach außen hin unantastbare Selbstverliebtheit, die Selbstverständlichkeit, mit der sie ihren Nachbarn Mr. Yunioshi nachts rausklingelt, weil sie sich nicht darum kümmert, ihren Haustürschlüssel zu suchen, all diese und viele weitere schlechte Angewohnheiten müssten Holly zu einem unausstehlichen Miststück machen. Aber selbst lange, bevor sie ihre hochmütige Maske fallen lässt, versprüht sie einen verspielten, kindlichen Charme, dem man nicht böse sein kann. Obwohl ihr Handeln und ihr Reden anfangs keinen Anlass zu dieser Einschätzung zulassen, wirkt sie aufgeweckt und intelligent. Hollys charismatischer Witz und ihr liebreizendes Äußeres tun ihr übriges, und schon ist man dem anmutigen Playgirl völlig verfallen.
Obwohl man anhand der persönlichen Unterschiede zwischen Hepburn und Holly vielelicht erklären kann, weshalb sie derart anziehend ist, so tut man Hepburn Unrecht, wenn man dies als das einzige Erfolgsgeheimnis dieser ikonischen Leinwanddarbietung abtut, denn soviel auch dazu gehört, eine Figur wie Holly Golightly von Beginn des Films an sympathisch darzustellen, so verlangt es um einiges mehr an Talent, bei dieser Intensität des Spiels natürlich zu bleiben. Hepburn behält durchgehend eine vollkommen unverfälschte, schlichte Grazie bei und lässt Holly wie die einfachste Rolle ihrer Karriere aussehen. Selbst deren impulsiven Stimmungsschwankungen, während denen ihr illusorisches Kartenhaus einzubrechen droht, kommen unaffektiert rüber und ordnen sich nahtlos in die Gesamtcharakterisierung der Figur ein.

Dazu tragen selbstverständlich auch George Axelrod feinfühliges Drehbuch und Blake Edwards stimmige Regiearbeit bei. Die intelligenten Dialoge in Frühstück bei Tiffany überraschen mit für ihre Zeit gewagter Schärfe und einer im Romantikgenre beinahe konkurrenzlosen, tiefgründigen Beobachtungsgabe. Edwards, der später mit den Rosaroter Panther-Filmen noch größere Bekanntheit erlangen sollte, gelingt in der Umsetzung dieses Drehbuchs ein schwieriger Balanceakt, indem er mit gleichermaßen unschuldigen wie verruchten Mitteln eine bittersüße, melancholische sowie nachdenkliche und dennoch unterhaltsame Stimmung erzeugt. Mühelos wechselt Edwards zwischen überaus komödiantischen Szenen wie sämtlicher Slapstick mit "Kater" oder Hollys skurrile Party, auf der es allerlei absurde Details zu entdecken gibt, und Szenen, die zugleich süß und tiefsinnig sind (wie der berühmte Moment, in dem Holly Moon River singt, ein bewegendes, simples Stück von Komponist Henry Mancini und Texter Johnny Mercer). Dazwischen gesellen sich äußerst dramatische Szenen, etwa wenn Holly von ihrer Vergangenheit eingeholt wird, oder auch verrucht-verspielte Sequenzen, die das alltägliche Treiben Hollys perfekt charakterisieren.
Deswegen ist gegen die leichte Zähmung dieser Figur im Vergleich zur Buchversion kein Einwand zu erheben, denn dadurch konnte der Film sich zu so einer einvernehmenden Mischung aus brav und unerhört, leichtfüßig und schwerthematisch formen. Neben Edwards vorzüglichem Händchen für diese verklausulierte, doch durchgehend einheitlich scheinende Stimmung, ist auch George Peppard dafür verantwortlich, dass eben dies gelang. Als Hepburns Leinwandpartner lässt er sich mit seiner deutlich bodenständigeren Filmfigur nicht an die Wand spielen oder als reiner Langweiler abstempeln. Stattdessen repräsentiert er mit Feingeschick das Publikum, das sich von Holly verzaubern lässt, über ihre Lebensweise staunt und herauszufinden versucht, was ihr verborgenes Geheimnis ist, was die zerbrechliche Person hinter dem eleganten Auftreten ausmacht.

Mögen einige zu gestrenge, selbst ernannte Verteidiger der Buchvorlage an partiellen Entschärfungen Anstoß finden, obschon sie aus den angerissenen Gründen meiner Meinung nach keinesfalls störend auffallen, stellt für mich etwas anderes den einzigen Wermutstropfen an Frühstück bei Tiffany dar: Mickey Rooney als Mr. Yunioshi, der von Hollys Angewohnheit ständig bei ihm zu klingeln, statt selbst das Haus aufzuschließen, dauergenervt ist und sich deshalb lauthals bei ihr beschwert. In letzter Zeit formierte sich Rooneys Darstellung als runde Brille tragender, schiefzähniger asiatischer Stereotyp zu einem Anlass diverser Kontroversen, die dem Film Rassismus vorwerfen. Ob die Figur des Mr. Yunioshi abfällig gedacht ist, oder in sich so überzeichnet ist, dass sie wieder als ironisch gedeutet werden soll, möchte ich an dieser Stelle nicht bewerten. Rückblickend ist sie so oder so problematisch. Was mich an Mr. Yunioshi aber noch stärker stört, ist dass sie auch ohne die Darstellung durch Rooney wohl ein Stolpersten wäre. Diese Figur wird überdeutlich als wandelnder Schenkelklopfer eingeführt und vom Regisseur durchweg als eben solcher in Szene gesetzt, doch sie kann mir nichtmal einen Schmunzler entlocken. Sie ist verschwendete Filmlaufzeit, und das ist schon schlimm genug.
Schwer wiegenden Schaden nimmt Frühstück bei Tiffany dadurch allerdings nicht. Blake Edwards' Meisterwerk besticht mit einsichtsvollen Dialogen und einer der großartigsten schauspielerischen Leistungen der Hollywood-Geschichte und erzählt eine ausgeglichen überhöhte und aus dem Leben gegriffene Geschichte über eine anmutige, verletzliche junge Frau, die sich mit ihrem Erscheinungsbild ganz elegant selbst zu betrügen versucht. Die Romanze ist, wie der Film selbst, melancholisch ohne ins Sentimentale abzurutschen. Das intelligente Skript bereitet einen logischen Schluss vor, der zwar vom rigorosen Ende der Novelle abweicht, allerdings ehrlich und folgerichtig ist.

Wegen seiner Nachdenklichkeit und den pointiert gesetzten, humorvollen Akzente ist Frühstück bei Tiffany ein leicht zu konsumierendes Stück anspruchsvoller Kinokunst und ein Liebesfilm, der beide Geschlechter gleichermaßen anspricht. Und für jeden Filmliebhaber, der sich die bedeutungsvollsten Klassiker der Geschichte ansehen möchte, ist er sowieso ein absolutes Muss. Ein Muss, das man sich sehr gerne anschaut.

Dienstag, 5. Januar 2010

My Fair Lady

Obwohl ich dank Disney Musicals gegenüber sehr aufgeschlossen sozialisiert wurde und ich einige zu meinen Lieblingsfilmen zähle, haben solche Filme keinerlei Bewertungsbevorzugung bei mir zu erwarten. Tatsächlich bin ich einigen anerkannten Klassikern gegenüber ziemlich kritisch gegenüber: Der Zauberer von Oz, für manche sogar einer der besten Filme aller Zeiten, rasselte bei mir gnadenlos durch, weil mich kein einziges seiner Lieder ansprach, Sound of Music empfand ich lediglich als nett und Ein Amerikaner in Paris langweilte mich nach seinen, von mir für grandios befundenen, ersten knapp 45 Minuten zu Tode.

Entsprechend wuchsen in den vergangenen Monaten und Jahren meine Berührungsängste mit klassischen Filmmusicals und ich wurde vorsichtiger beim Versuch, meine letzten cineastischen Bildungslücken in diesem Bereich zu schließen. In Zweifelsfällen konsultierte ich Bekannte und Freunde mit vergleichbarem Geschmack in diesen Dingen, um unnötige Fehlkäufe zu vermeiden. Seit einer klaren Empfehlung steht My Fair Lady unentwegt auf meiner filmischen Warteliste - und endlich habe ich es geschafft, mich dazu zu überreden, ihn mir anzusehen. Passenderweise las ich parallel dazu Gottfried Kellers Novelle Regine, die zusammen mit Pygmalion, ebenfalls für Keller eine Inspiration, das dem Film zu Grunde liegende Bühnenstück beeinflusste. Ich liebe solche Zufälle.

My Fair Lady spielt in London zu einer nicht genauer bestimmten Zeit (ich würde auf das Zeitalter Eduards VII. tippen, maximal weniger Jahre später) und handelt von einem höchst interessanten soziolinguistischen Experiment: Der Sprachwissenschaftler Professor Henry Higgins (Rex Harrison) begegnet nach einem Opernbesuch einer auffälligen, jungen Blumenverkäuferin mit quäkiger, schluderiger Schnauze. Higgins, dessen überzeugt, dass die Sprache den Platz in der Gesellschaft bestimmt, den der Sprecher einzunehmen vermag, verteufelt ihre "Rinnsteinsprache" vor versammelter Gesellschaft und gibt großspurig bekannt, dass sein Sprachgenie das Mädchen nach einigen Wochen Unterricht auf einem vornehmen Ball als Adelige ausgeben könnte. Nach einiger Zeit gewöhnt sich das Blumenmädchen Eliza Doolittle (Audrey Hepburn) an diesen Gedanken und bittet den aufbrausenden, abschätzigen und selbstverliebten Professor um Sprachunterricht. Dieser ist jedoch zunächst wenig davon begeistert, tagtäglich mit jemandem Zeit zu verbringen, der eine so grässliche Aussprache hat. Erst als sein etwas zuvorkommender Freund Colonel Hugh Pickering (Wilfrid Hyde-White) wettet, dass Higgins es ihm nicht gelänge Eliza eine kultivierte Aussprache beizubringen, willigt der Frauen verachtende Sprachforscher Higgins ein.

Das Grundthema von My Fair Lady ist für mich als Germanistik-Studenten (was mich somit ebenfalls zu einem Sprachwissenschaftler - in Ausbildung - macht) natürlich etwas, das meine Aufmerksamkeit erhöht. Nötig hat das Musical von 1964 diese Sympathiepunkte bei mir allerdings nicht, denn anders als die eingangs genannten Beispiele konnte mich My Fair Lady unabhängig von seiner filmhistorischen Bedeutung oder der sprach- und sozialwissenschaftlichen These Higgins' von Anfang bis Ende begeistern. Die Lieder, um beim womöglich elementarsten Teil eines Musicals zu beginnen, sind geistreich, entstehen natürlich fließend aus den Dialogen und sind sehr gut komponiert, wenngleich sich kein einziger Song sich dazu anschickte so sehr aus dem Gesamtfilm herauszustechen, dass ich ihn nach dem Ansehen immer wieder gesummt hätte. Die dazugehörige Choerographie ist angenehm unaufwändig, sie setzt statt auf theatralischen Pomp auf darstellerische Wirksamkeit, was sich dem musikalischen Stil und der restlichen Inszenierung oder etwa den detailverliebten, aber nie in den Vordergrund rückenden Setbauten May Fair Ladys, sehr gut anpasst.

My Fair Lady lebt aber insbesondere von der wundervollen Besetzung. Die sprühenden Performances von Rex Harrison, der Higgins bei all seinen Widerlichkeiten Charisma ausstrahlen lässt, und die wundervolle, als schnodderige Blumenverkäuferin, verzweifelte Phonetikschülerin und wohlerzogene Dame gleichermaßen bezaubernde Audrey Hepburn lassen My Fair Lady zu einem filmischen Wohlgenuss werden. Die über 160 Minuten Laufzeit vergehen wie im Fluge und man kann nicht anders, als vergnügt die Hassliebe der beiden Hauptfiguren zu beobachten. Die intellektuelle Gewitztheit und der herzliche Charme von My Fair Lady wären bei trockeneren oder zu flapsigen Darstellern nahezu undenkbar, aber Harrison und Hepburn sowie White-Hyde und Stanley Holloway als Elizas Tunichtgut von Vater, treffen genau die richtigen Noten. Hollywood-Veteran George Cukor, dessen Karriere 34 Jahre vor My Fair Lady begann, schenkt während seiner innigen Kino-Inszenierung des Bühnenmusicals vor allem den kleinen Dingen Aufmerksamkeit und weiß zu stilisieren und zugleich auf überflüssigen Einsatz filmischer Mittel zu verzichten. Dadurch wird My Fair Lady zu einem vorzüglichen Genuss-Film, den man jederzeit einlegen kann. Einfach zurücklehnen und amüsieren lassen.

Die Disney-Fans unter euch werd an dieser Stelle sicherlich wissen wollen, wie My Fair Lady bei mir im Vergleich mit Mary Poppins abschneidet, insbesondere, da Julie Andrews Eliza doolittle am Broadway spielte und beide Filme im selben Jahr massenhaft Oscar-Nominierungen abstaubten. Wenngleich My Fair Lady sich auf Anhieb in die Gesellschaft meiner liebsten Non-Disneymusicals katapultiert hat, zöge ich in nahezu sämtlichen Kategorien das so gut wie vollkommene Kindermädchen vor, sollte man mich je mit einer Neuverteilung der Goldjungs beauftragen. An den Charme, die technische Raffinesse und die erstaunliche Schönheit von Mary Poppins reicht My Fair Lady meiner Meinung nach dann doch nicht heran, und auch dramaturgisch finde ich Mary Poppins trotz seiner Episodenhaftigkeit einen kleinen Tacken besser. Die Preis für die Kostüme und den besten Hauptdarsteller würde ich My Fair Lady allerdings lassen. Und da wir schon dabei sind, über die 37. Verleihung der Oscars zu reden: Dass Dick Van Dyke nicht als bester Nebendarsteller nominiert (oder gar ausgezeichnet) wurde, finde ich eine bodenlose Frechheit.
Aber: Der Vergleich mit Mary Poppins, einem der besten Disney-Filme aller Zeiten, ist egal wie naheliegend er schein mag, unfair und zudem weit hergeholt, da die beiden Filme nur wenig gemein haben. Und deshalb wollen wir diesen künstlich am Leben erhaltenden Zwist dieser zwei Filme nicht länger beachten.

Fazit: My Fair Lady ist ein verdienter Filmklassiker und eines der rundum gelungensten Musicals überhaupt. Jeder der Musicals mag sollte ihn sich seiner Sammlung einverleiben, sofern er es nicht längst getan hat.

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