Platz 20: Pepper Ann
Mitte der 90er-Jahre bekam Disney die Konkurrenz durch Nickelodeon immer stärker zu spüren, worauf man personell und inhaltlich reagierte. So holte sich Disney Leute aus dem Nickelodeon-Management ins Boot und versuchte ebenfalls, mit Zeichentrickserien über Teenagerprobleme zu punkten. 1996 wurde die Hitserie Doug unter dem Disney-Markennamen fortgeführt und im Folgejahr brachte man die konzeptionell sehr ähnliche Serie Pepper Ann heraus.
Doug war zwar, auch in seiner Disney-Inkarnation, die erfolgreichere Serie und erhielt deswegen deutlich mehr Aufmerksamkeit von den restlichen Divisionen des Konzerns. Merchandising, eine Themenparkshow, ein Kinofilm ... Pepper Ann konnte da nicht mithalten, war allerdings wenigstens erfolgreich genug, um ebenfalls bis zur magischen 65-Episoden-Marke fortgeführt zu werden.
Im Duell Pepper Ann vs. Doug bin ich klar auf der Seite von Pepper Ann. Doug war mir immer zu langweilig, sowohl was die charakterlose Hauptfigur angeht, als auch den Humor der Serie, in der doch letztlich kaum etwas passiert ist. Pepper Ann nahm sich zwar öfters ähnlicher Themen an, erzählte sie aber deutlich quirliger, mit deutlich interessanteren Figuren und peppigen Pointen.
Wer die Serie nicht (mehr) kennt: Pepper Ann ist eine deutlich ungestümere Persönlichkeit als das Schlafmittel Doug Funnie und sie "kämpft" auch regelrecht mit den üblichen Pubertätsproblemen, statt durch sie hindurch zu schlurfen. Sie ist keine Überfliegerin in der Schule, aber auch nicht hohl in der Birne, doch sie fällt auch nicht in das typische "so durchschnittlich, dass sie eigentlich keine Charakteristika hat"-Schema, sondern wird klar als kleiner Wildfang skizziert.
Ihre besten Freunde sind der Künstler Milo und die Klassenbeste Nicky. Statt aber diese Figuren zu den gewohnten Abziehbildchen zu machen, sind sie recht rund gelungen: So ist Nicky nicht die übliche, streng aussehende Streberin ohne soziale Kompetenzen. Stattdessen sieht sie besser aus als Pepper Ann, führt auch eine Beziehung (zu einem waschechten Nerd/Spielkind) und ist zwar eine Versagerin in Ballsportarten, jedoch recht durchtrainiert. Sie ist die Stimme der Vernunft der Gruppe, allerdings auch eine kleine Cholerikerin. Und sie hat Angst vor Schwänen. Milo wiederum ist exzentrisch, reagiert immer überdramatisch, doch keineswegs so extrem "anti-mainstream" eingestellt, wie man bei so einer Type denken könnte.
Die Serie verfügt auch, in bester Simpsons-Manier, über einige exzentrische Randfiguren, etwa einen deustchen Austausschüler, der hin und wieder die US-Kultur missversteht, die Klatsch-Zwillingsschwestern Tessa und Vanessa oder einen überaus nervigen Radio-DJ. Außerdem hat die Serie einen Hang zu Running Gags über Mark Hamill.
Aufgrund der amüsanten Figuren und dadurch, dass der Rotschopf Pepper Ann so eine überbordende Fantasie hat, werden die Tennie-Problemchen in Pepper Ann auch für diejenigen unterhaltsam angepackt, die für diese zu jung oder zu alt sind. Oder im richtigen Alter wären, denen das alles aber völlig schnuppe ist. Vergleichsweise bodenständig war noch Pepper Anns gesamte Panik auf ihren eventuell bevorstehenden ersten Kuss, auf den sie sich zum Beispiel heimlich im Kino vorbereitete, indem sie es sich mitten im Film selbst besorgte (äh ... also, sie nahm halt ihre Hand und sabberte an ihr rum und ... äh ... okay, es klingt nach was anderem, nicht wahr?). Deutlich skurriler war die Episode über BHs. Ja, eine Disney-Serie erklärte jungen Mädchen, wann es Zeit für BHs ist. Und es ist längst nicht so peinlich oder "preachy", wie man denken sollte: Im Sportunterricht standen Tramplonlektionen an, und seitens des Lehrkörpers wurde Pepper Ann empfohlen, sich lieber nach einer Stütze umzusehen. Mit Blick auf die aufknospende Mitschülerinnnenschaft dachte Pepper Ann, sie solle sich einen BH kaufen, damit beim Tramplonspringen nicht alles so frei herumschwingt. Das Thema war ihr aber peinlich, wurde von ihrer übertrieben offenen Mutter noch weiter in Richtung Demütigung gezerrt, und wie die Episode ausging, könnt ihr euch vielleicht denken.
Andere Folgen orientierten sich weniger an üblichen Teenie-Problemen, sondern spielten die Figurendynamik der Serie aus. Pepper Ann wurde einmal zu Milos Managerin, als dieser seinen inneren Meistergärtner entdeckte, in einer anderen Episode gab sich Pepper Ann als Weltklassepianistin aus (sie konnte aber nur dank einem Kinderklavier mit Farbtasten Greensleeves spielen) ... Es gab viele leicht übertriebene Stories, die dennoch mit eineinhalb Füßen in der Realität standen. Es hatte viel von einer dezent schrulligen Sitcom, was zumindest mich sehr anspricht.
Weitere Highlightfolgen waren eigentlich alle, in denen Nicky (schlicht die vielseitigste Figur der Serie) verstärkt im Fokus stand, insbesondere wenn sie ihre "dunkle Seite" zeigen durfte. In den ersten Schuljahren war sie immerhin einer der Schulhofprügler! Meine absolute Lieblingsfolge war aber die Musical-Episode, die lange bevor dies zu einem Trend wurde erschien und Pepper Ann als einzigen Normalo in einer Welt voller Gesang und Tanz zeigte. Inklusive herrlich alberner Songs über eigentlich alles.
Pepper Ann basierte übrigens auf einem Comicstrip aus Mädchenzeitschriften, in denen Pepper Ann mit sich selbst über übliche Alltagsprobleme sprach. Freunde der Comicschöpferin Sue Roes schlugen ihr vor, eine Fernsehserie daraus zu entwickeln, ein Konzept, mit dem sie in Hollywood hausieren ging. Und Disney schlug nunmal zu. Eine ungewöhnliche Entstehung für eine Disney-Serie, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen.
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