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Von Legenden zu historischen Ereignissen, von Märchen bis zu klassischer Literatur - die Zauberkünstler von Disney haben sich der vielfältigsten Quellen bedient, um Stoff für ihre Filme zu finden. Gemein haben sie jedoch alle, dass das Ursprungsmaterial nicht ohne Veränderung in den Disney-Kanon eingeflossen ist.
Diese Reihe von Im Schatten der Maus befasst sich mit dem Entstehungsprozess einiger dieser Meisterwerke:
Die Quellen der Disneyfilme
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Die Erzählung ist inspiriert von seinen eigenen Erfahrungen, von den harten Arbeitsverhältnissen, denen er als Kind ausgesetzt war, und von der Gestalt seines Vaters, einem strengen, doch beizeiten gütigen Mann, der als geistiges Vorbild für Scrooge gewirkt haben mag.
Es ist die Geschichte des alten Geizhalses Ebenezer Scrooge, der sein gesamtes Leben in den Dienst von Geldgier und Profit gestellt hat. Eines Heiligabends erscheint ihm der Geist seines verstorbenen Handelspartners Jacob Marley und warnt ihn vor den Folgen seiner Unbarmherzigkeit. In dieser Nacht besuchen Scrooge die drei Geister der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Weihnacht, die ihm Szenen aus seinem Leben vorführen und ihm so die Fehler seines harten Lebenswandels bewusstmachen.
Dickens empfand, dass eine solche Erzählung die beste Möglichkeit sei, um die Menschen zu bewegen. Nicht mit theoretischen Schriften über die Armut, sondern über eine anrührende Weihnachtsgeschichte hoffte er, die Gefühle seiner Leser zu erreichen. Und das ist ihm ganz offensichtlich gelungen. Bei Dickens Weihnachtsgeschichte handelt es sich im heutigen Bewusstsein wirklich um die Weihnachtsgeschichte; eine Erzählung, die es in ihrer Bedeutung mit jeder säkularen und so mancher christlichen Tradition aufnehmen kann - so sehr, dass man sich unweigerlich fragen muss, warum gerade diese?
Ich denke, die Erklärung ist simpel: Die Geschichte stellt einfach ein perfektes weihnachtliches Märchen dar. Sie schafft einen „Geist der Weihnacht“, ohne dafür auf eine direkte Religiosität zurückzugreifen. Die helfenden Geister sind genau das, „Geister“, entsprungen aus einer Fantasy-Welt, die gerade festlich genug ist, um Weihnachtsstimmung zu verbreiten und mondän genug, um wirklich keinen Leser zu beleidigen. Und auch die Moral der Geschichte ist so offensichtlich, dass es kaum möglich scheint, daran Anstoß zu nehmen (auch wenn es durchaus Meinungen gibt, die Aussage sei zu unbarmherzig sozialistisch formuliert). Im Großen und Ganzen ist klar, Nächstenliebe ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich jede Leserschaft bereitwillig einigen kann. Und damit ist die Weihnachtsgeschichte perfekt geeignet, um ganz unabhängig von jeder persönlichen Einstellung als der Inbegriff heutiger „Weihnachtsstimmung“ zu fungieren. Dabei ist zu bemerken, dass das Buch selbst diese heutige Weihnachtsstimmung erst prägend eingeführt hat, zusammen mit dem heute ikonischen Ausdruck „Frohe Weihnachten“.
Es gibt zahllose Bearbeitungen dieses Werkes (eine große Menge davon hat Jim Hill hier aufgeführt), und da das Grundprinzip der Geschichte so wunderbar allgemein funktioniert, verfügen viele Serien und Franchises über ihre eigene Version. Dabei wird dann gewöhnlich eine der antagonistischeren Hauptfiguren zur Scrooge-Gestalt und darf für eine Folge die Fehler seines Handelns einsehen.
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Doch trotz dieser beiden Kurzadaptionen haben sich die Muppets und Disney 1992 nach dem Tode Jim Hensons für eine erneute Verfilmung zusammengetan, nicht nur um ein simples Weihnachtsspecial abzudrehen, sondern um mit Die Muppets Weihnachtsgeschichte eine vollwertige Neuverfilmung von Dickens Klassiker zu schaffen.
Natürlich hätte es die Möglichkeit gegeben, eine der etablierten Muppet-Figuren als Hauptdarsteller zu nehmen (vielleicht Miss Piggy?) und dieser Weg hätte sicherlich auch irgendwie funktioniert. Aber die Verantwortlichen haben wohl schnell erkannt, dass solch eine Lösung für einen wirklich tiefgreifenden Film nicht ideal wäre. Zum einen, weil sich keiner der Muppets für diese Rolle so richtig anbietet, aber vor allem, da eine so bekannte und vertraute Geschichte, um wirklich ernstgenommen zu werden, das Gewicht einer emotional stabilen Hauptfigur braucht. Auch wenn die Muppets die Geschichte alleine wohl irgendwie über die Bühne gebracht hätten, so funktioniert die - gegen Ende ja recht schmalzige - Geschichte nur, wenn wirklich alle Gefühlsebenen voll ausgenutzt werden. Nur wenn durchgehend Trauer und Tragik von Scrooges Leben durchdringen, ist die umfassende Freude am Ende wirklich „wahr“.
Also wird die Rolle von Scrooge im Film von einem realen Darsteller gespielt, und nicht von irgendeinem: Charakterdarsteller und Oscar-Preisträger Sir Michael Kain hat die Aufgabe übernommen, als Ebenezer Scrooge unter dem bunten Puppen-Gewimmel seine Positur zu halten. Und natürlich erweist sich Michael Kaine als der Profi, der er ist; er nimmt diese Aufgabe auf einmalige Weise wahr. Seine dunkle Gestalt, die harte Miene ist der perfekte Kontrapunkt zu den um ihn herumquirlenden Muppets.
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Doch geschnittene Szene hin oder her, dieser Faktor kann für den Wert des Filmes doch nur einen (wenn auch bedeutenden) Teilaspekt ausmachen. Michael Kaine ist in seiner Rolle genial, die Muppets machen ihre Sache wunderbar, und gemeinsam treffen sie den Ton von Dickens Geschichte perfekt. Es ist wohl eine Verfilmung der Gegensätze; Lachen und Weinen, gefühlvolle Szenen und Weihnachtskitsch, sie werden allesamt in extenso dargestellt - eben weil für alle Bereiche jeweils eine ideale Figurenriege vorhanden ist.
Über diese harten Kontraste könnte man sich nun vielleicht ereifern - aber warum? Gerade wegen dieser Vielfarbigkeit, dieses perfekten Gegensatzes der Gefühle (einem Gegensatz, der so wohl nur in dem noch unkonventionelleren Die Geister, die ich rief zum Tragen kam) ist die Geschichte wirklich ausgefüllt erzählt. Die Muppets Weihnachtsgeschichte stellt eine große Leistung dar, sie ist Brian Hensons gelungener Versuch, das große Erbe seines Vaters erfolgreich weiterzutragen.
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