Sonntag, 24. Februar 2013

Oscars 2013: Meine Prognosen und Favoriten im Überblick


Bester Film:
  • Argo
  • Beats of the Southern Wild
  • Django Unchained
  • Liebe
  • Life of Pi
  • Lincoln
  • Les Misérables
  • Silver Linings
  • Zero Dark Thirty
Wird gewinnen: Argo
Ich würde wählen: Django Unchained

Beste Regie:
  • David O. Russel (Silver Linings)
  • Steven Spielberg (Lincoln)
  • Michael Haneke (Liebe)
  • Ang Lee -(Life of Pi)
  • Benh Zeitlin (Beasts of the Southern Wild)
Wird gewinnen: Ang Lee
Ich würde wählen: Ang Lee (oder Steven Spielberg)

Bester Hauptdarsteller:
  • Daniel Day-Lewis (Lincoln)
  • Hugh Jackman (Les Misérables)
  • Bradley Cooper (Silver Linings)
  • Denzel Washington (Flight)
  • Joaquin Phoenix (The Master)
Wird gewinnen: Daniel Day-Lewis
Ich würde wählen: Daniel Day-Lewis


  • Jessica Chastain (Zero Dark Thirty)
  • Jennifer Lawrence (Silver Linings)
  • Emmanuelle Riva (Amour)
  • Quvenzhané Wallis (Beasts of the Southern Wild)
  • Naomi Watts (The Impossible)
Wird gewinnen: Emmanuelle Riva
Ich würde wählen: Jessica Chastain

  • Alan Arkin (Argo)
  • Robert De Niro (Silver Linings)
  • Philip Seymour Hoffman (The Master)
  • Tommy Lee Jones (Lincoln)
  • Christoph Waltz (Django Unchained)
Wird gewinnen: Christoph Waltz
Ich würde wählen: Christoph Waltz

Beste Nebendarstellerin:
  • Amy Adams (The Master)
  • Sally Field (Lincoln)
  • Anne Hathaway (Les Misérables)
  • Helen Hunt (The Sessions)
  • Jacki Weaver (Silver Linings)
Wird gewinnen: Anne Hathaway
Ich würde wählen: Anne Hathaway

  • Liebe (Michael Haneke)
  • Django Unchained (Quentin Tarantino)
  • Flight (John Gatins)
  • Moonrise Kingdom (Wes Anderson & Roman Coppola)
  • Zero Dark Thirty (Mark Boal)
Wird gewinnen: Django Unchained
Ich würde wählen: Moonrise Kingdom

  • Argo (Chris Terrio)
  • Beasts of the Southern Wild (Lucy Alibar und Benh Zeitlin)
  • Life of Pi (David Magee)
  • Lincoln (Tony Kushner) 
  • Silver Linings (David O. Russell)
Wird gewinnen: Argo
Ich würde wählen: Lincoln

  • Merida
  • Ralph reicht's
  • Frankenweenie
  • Die Piraten
  • ParaNorman
Wird gewinnen: Ralph reicht's
Ich würde wählen: Ralph reicht's

  • Before My Time aus Chasing Ice (Musik und Text: J. Ralph)
  • Suddenly aus Les Misérables (Musik: Claude-Michel Schönberg; Text: Herbert Kretzmer und Alain Boubil)
  • Pi’s Lullaby aus Life of Pi (Musik Mychael Danna; Text: Bombay Jayashri)
  • Skyfall aus Skyfall (Musik und Text: Adele Atkins und Paul Epworth)
  • Everybody Needs a Best Friend aus Ted (Musik: Walter Murphy; Text: Seth MacFarlane)
Wird gewinnen: Skyfall
Ich würde wählen: Skyfall

  • Anna Karenina (Dario Marianelli)
  • Argo (Alexandre Desplat)
  • Life of Pi (Mychael Danna)
  • Lincoln (John Williams)
  • Skyfall (Thomas Newman)
Wird gewinnen: Argo
Ich würde wählen: Anna Karenina

  • Argo (William Goldenberg)
  • Life of Pi (Tim Squyres)
  • Lincoln (Michael Kahn)
  • Silver Linings (Jay Cassidy und Crispin Struthers)
  • Zero Dark Thirty (William Goldenberg und Dylan Tichenor)
Wird gewinnen: Argo
Ich würde wählen: Argo

  • Argo (John T. Reitz, Gregg Rudloff und José Antonio García)
  • Les Misérables (Andy Nelson, Mark Paterson und Simon Hayes)
  • Life of Pi (Ron Bartlett, D.M. Hemphill und Drew Kunin)
  • Lincoln (Andy Nelson, Gary Rydsrom und Ronald Judkins)
  • Skyfall (Scott Millan, Greg P. Russell und Stuart Wilson)
Wird gewinnen: Les Misérables
Ich würde wählen: Skyfall

  • Argo (Erik Aadahl und Ethan Van der Ryn)
  • Django Unchained (Wylie Stateman)
  • Life of Pi (Eugene Gearty und Philip Stockton)
  • Skyfall (Per Hallberg und Karen Baker Landers)
  • Zero Dark Thirty (Paul N.J. Ottosson)
Wird gewinnen: Skyfall
Ich würde wählen: Django Unchained

  • Anna Karenina
  • Lincoln
  • Les Misérables
  • Der Hobbit - Eine unerwartete Reise
  • Life of Pi
Wird gewinnen: Anna Karenina
Ich würde wählen: Anna Karenina

  • Skyfall
  • Life of Pi
  • Django Unchained
  • Lincoln
  • Anna Karenina
Wird gewinnen: Life of Pi
Ich würde wählen: Anna Karenina, Skyfall, Django Unchained oder Lincoln

  • Anna Karenina
  • Les Misérables 
  • Lincoln 
  • Spieglein Spieglein
  • Snow White and the Huntsman
Wird gewinnen: Anna Karenina
Ich würde wählen: Anna Karenina

  • Der Hobbit - Eine unerwartete Reise
  • Les Misérables
  • Hitchcock
Wird gewinnen: Les Misérables
Ich würde wählen: Les Misérables

  • Marvel's The Avengers 
  • Life of Pi 
  • Snow White & the Huntsman 
  • Prometheus 
  • Der Hobbit - Eine unerwartete Reise
Wird gewinnen: Life of Pi
Ich würde wählen: Marvel's The Avengers

Bester fremdsprachiger Film:

  • Liebe
  • Kon-Tiki
  • No
  • Die Königin und der Leibarzt
  • Rebelle
Wird gewinnen: Liebe
Ich würde wählen: - Enthaltung, da nicht genug gesehen - 

Beste Dokumentation:
  • Searching for Sugar Man
  • The Gatekeepers
  • How To Survive a Plague
  • 5 Broken Cameras
  • The Invisible War
Wird gewinnen: Searching for Sugar Man
Ich würde wählen: - Enthaltung, da nicht genug gesehen -

Beste Kurz-Dokumentation:
  • Kings Point
  • Open Heart
  • Inocente
  • Redemption
  • Mondays at Racine
Wird gewinnen: Inocente
Ich würde wählen: - Enthaltung, da nicht genug gesehen -

Bester Kurzfilm:
  • Death of a Shadow
  • Curfew
  • Asad 
  • Buzkashi Boys
  • Henry
Wird gewinnen: Buzkashi Boys
Ich würde wählen: Death of a Shadow

Bester animierter Kurzfilm:
  • Paperman
  • Adam and Dog
  • Fresh Guacamole
  • Head over Heels
  • Maggie Simpson in "The Longest Daycare"
Wird gewinnen: Paperman
Ich würde wählen: Paperman

Nicht verpassen: In der Nacht von Sonntag auf Montag wird hier ab ca. 0.30 Uhr live zum Oscar gebloggt!

Samstag, 23. Februar 2013

Oscars 2013: Mögliche Überraschungen, sichere Gewinner und knappe Rennen ... so sind sie, die Schauspielkategorien


Und zum Abschluss verneigen sich die Darsteller. Ein letztes Mal sei hier intensiv auf die diesjährigen Oscar-Kategorien eingegangen, in der Hoffnung, eine sinnvolle und zutreffende Gewinnerprognose auf die Beine zu stellen (Film, Regie und die etwas "exotischeren" Kategorien frühstücke ich am Sonntagmittag in meiner Prognosenübersicht ab).

Beste Nebendarstellerin:
  • Amy Adams (The Master)
  • Sally Field (Lincoln)
  • Anne Hathaway (Les Misérables)
  • Helen Hunt (The Sessions)
  • Jacki Weaver (Silver Linings)
Amy Adams entwickelt sich zur Prinzessin der Oscar-tauglichen Nebenrollen, sahnte sie doch nunmehr vier Nennungen in dieser Kategorie ab. Auf ihre erste Auszeichnung wird sie allerdings noch etwas warten müssen, setzte sie bei den Indikatorpreisen dieses Jahr doch völlig aus und The Master schätze ich nicht als den klassischen Oscar-Ausreißer ein. Wenn jemand für eine Überraschung sorgt, dann wohl Sally Field, die in Lincoln als Präsidentengattin eine schwierige, sehr launenhafte Rolle zu verkörpern hatte. Historische Persönlichkeiten, noch dazu mit einer leichten psychischen Störung? Ja, das ist Oscar-Material. Aber dieses Jahr führt nichts an Anne Hathaway vorbei, die in Les Misérables mit Leib und Seele spielt, das ganze Elend des Frankreich Napoleons verkörpert und so den Zuschauern den Atem raubt. Kaum ein Preis für Nebendarstellerinnen ging dieses Jahr nicht an Hathaway und wenn der Oscar nun an jemanden anderes geht, dann ist ein Aufruhr nicht fern ...

Bester Nebendarsteller:
  • Alan Arkin (Argo)
  • Robert De Niro (Silver Linings)
  • Philip Seymour Hoffman (The Master)
  • Tommy Lee Jones (Lincoln)
  • Christoph Waltz (Django Unchained
So sehr ich mich auch über Alan Arkins Nominierung für seine erinnerungswürdige, treffend komische Darbietung in Argo freue, um den Gewinn in dieser Kategorie vorherzusagen ist sie wohl nicht komplex genug. Alle anderen vier Nominierten kann ich mir dagegen als Gewinner vorstellen. De Niro genoss die intensivste Oscar-Kampagne in dieser Kategorie, zwischenzeitlich herrsche zudem ein regelrechter Hype um Silver Linings und De Niros "Comeback"-Schauspielleistung. Hoffman trägt weite Strecken von The Master, Jones ist der heimliche Star seines Films und spielt ungeheuerlich effektiv und Waltz wiederum spielt mit ansteckender Freude und hat einige der besten Dialoge des Films für sich gepachtet. Aufgrund der Indikatorpreise schwanke ich am ehesten zwischen Jones (Screen Actors Guild) und Waltz (Globe, BAFTA) ... aufgrund des weiteren emotionalen Spektrums, das Waltz in Django Unchained an den Tag legt, tippe ich auf ihn. Allerdings sei gesagt: Diese Vorhersage macht mich sehr nervös!

Bester Hauptdarsteller:
  • Bradley Cooper (Silver Linings)
  • Daniel Day-Lewis (Lincoln)
  • Hugh Jackman (Les Misérables)
  • Joaquin Phoenix (The Master)
  • Denzel Washington (Flight)
Es wird Day-Lewis. Da gibt es keine Debatte.

Beste Hauptdarstellerin:
  • Jessica Chastain (Zero Dark Thirty)
  • Jennifer Lawrence (Silver Linings)
  • Emmanuelle Riva (Amour)
  • Quvenzhané Wallis (Beasts of the Southern Wild)
  • Naomi Watts (The Impossible)
Watts und Wallis hatten diese Oscar-Saison wenig zu melden und zweitere hat zudem mit einigen Zynikern zu kämpfen, die sagen "in diesem Alter ist so eine gute Performance nahezu allein dem Regisseur zu verdanken". Es wird also ein Dreikampf zwischen Lawrence (generell sehr beliebt, Silver Linings war zwischenzeitlich in jedermanns Mund, Lawrences Rolle ist manisch und die Performance sehen viele als magnetisch an), Chastain (extrem aufstrebende Schauspielerin, subtiles, charakterstarkes Spiel) und Riva (Altersbonus? Geburtstagsbonus? BAFTA-Gewinnerin! Selten werden fremdsprachige Darbietungen nominiert, doch Roberto Beignini kann von ihrer Zugkraft erzählen). Da der Buzz um Zero Dark Thirty mehr abflaute als der um David O. Russells Romantikdramödie, lehne ich mich bei den jungen Grazien eher in Richtung Lawrence. Trotzdem juckt es mir in den Fingern, auf Riva zu setzen, zumal dann Silver Linings in meiner Oscar-Vorhersage leer ausginge. Also, ja, ich tippe mal auf Riva. Selbst wenn ich mir da seeeehr unsicher bin.

Nicht verpassen: In der Nacht von Sonntag auf Montag wird hier ab ca. 0.30 Uhr live zum Oscar gebloggt!

Oscars 2013: Welche Drehbücher werden gewinnen?


Es ist überaus selten, dass ein mit der Auszeichnung der Writers Guild prämiertes Drehbuch bei den Academy Awards von einem ebenfalls WGA-nominierten Skript "bezwungen" wird. Wenn ein Drehbuch für einen Überraschungssieg sorgt, dann eines, das aus verschiedenen Gründen nicht für die WGAs qualifiziert wurde.

Und aus exakt dieser Perspektive wollen wir uns nun die beiden Drehbuch-Kategorien anschauen. Für den Oscar als bestes adaptiertes Drehbuch sind nominiert:

  • Argo (Chris Terrio) WGA-Gewinner
  • Beasts of the Southern Wild (Lucy Alibar und Benh Zeitlin) WGA disqualifiziert
  • Life of Pi (David Magee) WGA-Nominierung
  • Lincoln (Tony Kushner) WGA-Nominierung
  • Silver Linings (David O. Russell) WGA-Nominierung
Ein paar Preise "muss" Argo als "Bester Film"-Favorit ja einsacken, und das spannende, amüsante und unaufgeregte Skript zu diesem Thrillerdrama hat mit einigen sehr natürlich wirkenden, dennoch klar strukturierten Dialogen die Nase vorn. Die Indie-Überraschung Beasts of the Southern Wild könnte in einem anderen Jahr mit ihrer Umwandlung des gleichnamigen Bühnenstücks einen Außenseiter-Sieg hinlegen, aber im Zweikampf gegen Argo sehe ich den magischen Realismus, der auch sehr von der Regieführung lebt, unterlegen.

Kniffliger erscheint mir die Vorsage für das beste Original-Drehbuch:
  • Liebe (Michael Haneke) WGA disqualifiziert
  • Django Unchained (Quentin Tarantino) WGA disqualifiziert
  • Flight (John Gatins) WGA-Nominierung
  • Moonrise Kingdom (Wes Anderson & Roman Coppola) WGA-Nominierung
  • Zero Dark Thirty (Mark Boal) WGA-Gewinner
Sehr viele Oscar-Experten sagen einen Sieg für Liebe vorher, aber ich zweifle sehr daran. Auch wenn es doppelzüngig erscheinen mag, wenn ich mich auf Argos Seite schlage und nun die Statistik gegen Liebe anwende, dennoch: Zehn Jahre ist der letzte Sieg eines fremdsprachigen Drehbuchs her, 1966 gewann eine Produktion zuletzt diesen Preis und den für den besten nicht-englischsprachigen Film. Nader und Simin - Eine Trennung konnte sich vergangenes Jahr nicht durchsetzen, und diesen Film würde ich wegen seiner Vielschichtigkeit stärker drehbuchorientiert einschätzen als den auf die Inszenierung und Darstellung setzende, emotional mitnehmende Liebe.

Somit wird es sich wohl zwischen den wegen ihrer Gewalt kontrovers diskutierten Zero Dark Thirty (extrem gut recherchiert, sauber strukturiert, besonnen, aber rein handlungsbasiert und ohne denkwürdige Zeilen oder komplex geschriebene Figuren) und Django Unchained (bombastische Dialoge, kurzweilig, voller Referenzen, deutliche Autorenhandschrift, aber extrem selbstverliebt und in Augen mancher "nicht all zu originell") entscheiden. Aufgrund der Indikatorpreise und dass Django Unchained eine Leidenschaft seitens der Kinogänger genießt, wie kein Tarantino mehr seit Pulp Fiction, tippe ich auf den Rachewestern. Selbst wenn Inglourious Basterds nochmal um einiges findiger und elaborierter war ...

Nicht verpassen: In der Nacht von Sonntag auf Montag wird hier ab ca. 0.30 Uhr live zum Oscar gebloggt!

Die Quellen der Disneyfilme: Pinocchio

 
Von Legenden zu historischen Ereignissen, von Märchen bis zu klassischer Literatur - die Zauberkünstler von Disney haben sich der vielfältigsten Quellen bedient, um Stoff für ihre Filme zu finden. Gemein haben sie jedoch alle, dass das Ursprungsmaterial nicht ohne Veränderung in den Disney-Kanon eingeflossen ist.

 

Diese Reihe von Im Schatten der Maus befasst sich mit dem Entstehungsprozess einiger dieser Meisterwerke:
Die Quellen der Disneyfilme

Ende des neunzehnten Jahrhunderts waren Bücher, die speziell für Kinder geschrieben waren, noch lange nicht in dem Maße üblich, wie sie es heute sind; selbst Klassiker wie Alice im Wunderland richten sich mindestens ebenso sehr an ein erwachsenes wie an ein Kinderpublikum. Wahrscheinlich lässt sich somit erklären, wie Pinocchios Abenteuer von Carlo Collodi während seiner kapitelweisen Zeitungsveröffentlichung ein solcher Erfolg wurde, dass der Autor den Fortsetzungsroman erst dreimal so lang werden ließ wie eigentlich geplant, und noch vor Beendigung der Zeitungsveröffentlichung als ein gesamtes Buch herausbrachte.
Die Geschichte des Hampelmannes (oder je nach Lesart der Handpuppe beziehungsweise Marionette), der den Inbegriff eines ungezogenen, faulen und dummen Jungen darstellt und nur zum Menschen werden kann, wenn er bereit ist, brav und folgsam zu werden, ist mittlerweile längst Teil des allgemeinen Kulturgutes, und es ist vielleicht seit Äsops Fabeln die erste reine Moralitäten-Erzählung, der solch ein Ruhm zuteilwird. Wie um den Leser darauf vorzubereiten, betont Collodi vom ersten Satz an, dass es sich bei seinem Buch nicht um ein Märchen handelt, und so geschieht auch die „Erweckung“ der hölzernen Puppe im Buch ganz ohne Zauberei und beinahe ohne Verwunderung der Umstehenden. Pinocchio ist noch ein reines Holzscheit, da bemüht er sich schon, alle Menschen nach Möglichkeit zu ärgern, er beschimpft Geppetto und verletzt ihn körperlich, noch ehe der auch nur Gelegenheit hat, ihm ein Gesicht zu schnitzen.
Doch trotz aller Untugenden findet Pinocchio in dem Holzschnitzer einen liebenden Vater und erhält später in dem „schönen Mädchen mit dem blauen Haar“, die sich als Fee herausstellt, eine erstaunlich verzeihende Muttergestalt. Beide sind, wie die echten Elterngestalten, die sie vertreten, die gesamte Geschichte über immer wieder bereit, Pinocchio zu vergeben und ihm eine neue Chance zu geben, ein „braver Junge“ zu werden - auch wenn das dem Buch zufolge wohl ausschließlich darin besteht, fleißig zu sein und seinen Eltern aufs Wort zu gehorchen. In der Tat wird während der ganzen Erzählung kein Unterschied gemacht, ob Pinocchio nun aus Bosheit, handelt, aus Dummheit, oder schlicht aus naiver Gutgläubigkeit. Ob er aus Eigennutz und Faulheit den Wagen ins Faulenzerland besteigt, oder ob er Fuchs und Katze zu sehr vertraut, weil er mit deren Hilfe Geld für seinen armen Vater verdienen möchte, ist für die Moral des Buches egal - wichtig ist, dass Pinocchio etwas tut, was er nicht hätte tun sollen.
Gleichzeitig wird diese Pädagogik meist mit drakonischen Strafmaßnahmen verbunden, wie wenn die Fee ihn eine Nacht über an einen Baum aufgeknüpft lässt, ehe sie Erbarmen zeigt und den halbtoten Hampelmann in ihr Haus bringen lässt. Dort droht sie ihm mit dem Tod, wenn er seine Medizin nicht schlucken will und wendet sich mit äußerst subtilen Botschaften an die Leserschar selbst: „Schämt euch! Ihr dummen Kinder solltet bedenken, dass eine bittere Medizin, rechtzeitig eingenommen, euch vor schwerer Krankheit und vielleicht sogar vor dem Sterben bewahren kann.“

Dieses Erhängtwerden sollte ursprünglich sogar das düstere Ende der Geschichte darstellen, doch auf die großen Nachfragen seiner Leserschaft, ließ Collodi das Buch noch auf das Dreifache der ursprünglichen Länge anwachsen, eine Erweiterung, die dank der extrem episodenhaften Natur des Romans keine größeren Auswirkungen auf den Spannungsbogen der Geschichte hat.
Insgesamt besteht das Buch aus einer einzigen langen Odyssee, in der Pinocchio von einem Abenteuer - oder einer Ungezogenheit - in die nächste rutscht, sich zwischendurch immer wieder redlich bemüht, ein guter Junge zu sein, nur um immer wieder den Verlockungen zu erliegen. Währenddessen begegnen Pinocchio (und dem kindlichen Leser) auf seinem Weg allerhand simple Moral-Hilfen, wie der Rat der Sprechenden Grille, die Pinocchio allerdings ohne großes Federlesen tötet und das negative Gegenstück der Versuchung in Gestalt von Fuchs und Katze. Die gesamte Zeit über ist keine wirkliche Entwicklung zu spüren, bis Pinocchio schließlich am Ende, nach seiner Flucht aus dem Rachen des Großen Hais, lange genug folgsam und unversucht bleibt, dass er seine Belohnung in Gestalt der Verwandlung zum richtigen Jungen erhält.



Als sich Walt Disney der Geschichte annahm, die 1940 als zweiter Zeichentrick-Langfilm des Studios herauskommen sollte, sah er sich in dem Buch mit einem völlig anderen Grundproblem beschäftigt als im Fall von Schneewittchen. Das Rohmaterial war hier kein kurzes Märchen, das frei nacherzählt und dabei nach Gutdünken ausgewalzt werden konnte, sondern ein kompletter Roman, der an sich schon vor teilweise unzusammenhängenden Einzelepisoden strotzt. Doch mit dieser Fülle an Ausgangsmaterial kam auch die Freiheit, sich aus dem Buch herauszusuchen, was am besten in das Konzept des Filmes passte - und auch, den Inhalt der Geschichte zu verändern, wo es nötig schien.

So ist einer der wichtigsten Unterschiede zwischen Buch und Film von Anfang an das Wesen von Pinocchios Charakter. Disney selbst beschloss, Collodis grausames Lehrstück vorsichtig zu „modernisieren“; Pinocchio sollte nicht mehr ein bösartiger, dummer Junge sein, stattdessen wurden seine Untugenden hauptsächlich auf die reine Naivität eines gerade erst geschaffenen Wesens reduziert. Die Puppe stolpert meist ohne wirkliche eigene Verschuldung von einem Problem ins nächste und wird damit erstmals zu einer wirklich sympathischen und liebenswerten Hauptfigur - wenn dadurch auch naturgemäß die eigentliche Aussage des Buches einigermaßen untergraben wird.
Auf der gleichen Linie liegt die Einführung von Jiminy Grille als Pinocchios Gewissen: Statt seines ursprünglichen kurzen Auftrittes und der späteren Rückkehr als Geist stellt die Figur hier den ersten Disney-Sidekick dar. Er dient als Ansprechpartner für Pinocchio und nicht zuletzt auch als Sprachrohr an das Publikum, vielleicht auch um dem Zuschauer wirklich deutlich zu machen, wann der arme hölzerne Kerl schon wieder etwas falsch gemacht hat.

Auch die Rolle der Blauen Fee ist im Film erheblich abgewandelt, angefangen wohl mit dem Verzicht auf das blaue Haar, dass im Buch ihr einziges Erkennungsmerkmal darzustellen scheint.
Statt einer Zufallsbekanntschaft, die Pinocchio in seiner Not zuerst mit der Begründung abweist, sie selbst sei tot, aber dann von einem Moment auf den anderen als unerwartet reale Mutterfigur fungiert, ist die Fee im Disneyfilm als Erschafferin der lebendigen Puppe von Anfang an in seinen Werdegang involviert. Auch die in Aussicht gestellte Verwandlung zu Mensch, die im Buch nur ein späterer Nachgedanke ist, wird hier sofort als zu erreichendes Ziel dargestellt.
In ihren Handlungen selbst zeigt sich Disneys Blaue Fee sehr viel ätherischer als ihr literarisches Vorbild; sie erscheint als echte Zaubergewalt, die nur in wenigen Notsituationen erscheint und Pinocchio hilft. Im Buch ist sie ein sehr reelles Mädchen (beziehungsweise später Frau), deren hauptmagische Eigenschaft darin besteht, über die Tiere zu verfügen und Pinocchio am Ende in einen echten Jungen zu verwandeln.


Ansonsten sind die Änderungen in den Abenteuern selbst eher minimal; sie dienen vor allem dazu, aus der oft unzusammenhängenden Episodengeschichte eine kohärente Erzählung mit geschlossenem Spannungsbogen zu machen. Dabei ist bemerkenswert, dass der Film, so düster er auch geworden ist, doch im Allgemeinen die dunklen Stellen des Buches noch erheblich abschwächt.
In der Originalerzählung wird Pinocchio vom Puppenmeister Feuerspeier beinahe verbrannt, Fuchs und Katze wollen ihn erdolchen und schließlich erhängen, nachdem er der Katze die Pfote abgebissen hat, Pinocchio findet als „Denkzettel“ für seinen Ungehorsam bei seiner Rückkehr nur noch den Grabstein der Fee vor, er wird als Esel verkauft und als solcher um seines Fells wegen beinahe ertränkt.

Dagegen ist der Schrecken des Films um einiges subtiler aufgebaut. In der Disney-Adaption geht es weniger um rein physischen Horror, stattdessen wird eine durchgehend bedrohliche Atmosphäre geschaffen, die vor allem aus der Bildgewalt einer düsteren Umgebung lebt, die den hilflosen Pinocchio immer wieder feindlich zu umschließen droht. Und auch die plakativeren unheimlichen Szenen, wie die Fratze des Kutschers und Lampwicks Verwandlung, berühren den Zuschauer eher auf psychologische Weise, ohne in ihrem Schrecken dabei hinter den brutalen Szenen des Buches zurückzustecken.


Doch der Hauptunterschied zwischen Buch und Film liegt mit Sicherheit in ihrer gesamten Aussage, wie man unschwer erkennen kann, schaut man sich nur die jeweils letzte Zeile der Werke an. Der Zeichentrickfilm endet, wie er begonnen hat, mit dem Lied „Wenn ein Stern in finstrer Nacht“, auf der Zeile „Schau zum Himmel, und es werden Träume wahr“.
Dieses Lied ist nicht umsonst mittlerweile zur unbestrittenen Hymne des Disney-Gebildes überhaupt geworden. Es ist die - oft als kitschig oder eskapistisch verschriene - Grundeinstellung, dass die richtige, vertrauensvolle Geisteshaltung, verknüpft mit genügend eigenem Engagement, dabei hilft, jedes Ziel zu erreichen und jeden Wunsch wahr werden zu lassen.
Dieser Idee, wie sie märchenhafter nicht sein könnte, stehen im Buch Pinocchios höchst pragmatische Schlussworte gegenüber: „Wie dumm von mir, dass ich so lange ein Hampelmann gewesen bin! Nun aber will ich ein braver Junge bleiben, und ich kann allen unartigen Kindern nur raten, sich ein Beispiel an mir zu nehmen!“
Damit ist der Film gleichzeitig das erste und vielleicht krasseste Beispiel der berüchtigten „Disneyfikation“; ein hartes Lehrstück wird in der Adaption zu einem eher sentimentalen Märchen umgearbeitet - obwohl das Buch betont, dass es gerade kein Märchen sein möchte. Aber gleichzeitig erscheint dies als ein seltsamer Vorwurf, bedenkt man, dass Pinocchio allgemein als der düsterste Disneyfilm überhaupt bezeichnet wird.
Die Erklärung liegt ganz einfach in der jeweiligen Betonung: Statt einer Lehrfabel mit plakativem pädagogischem Zweck hat Disney einen atmosphärischen Horror-Film für Kinder geschaffen und dabei auf geschickte Weise sämtliche Eckpunkte des Originals mit einfließen lassen. In den beiden Werken bestehen nun trotz aller Ähnlichkeiten zwei im Inneren völlig unterschiedliche Geschichten, und ob dem Zuschauer Disneys Adaption gefällt oder nicht, liegt hauptsächlich an der Frage, welche der beiden Version ihm näher liegt. Freunde des Buches werden den Film womöglich kitschig finden, aber der Zuschauer, dem mehr an atmosphärischem Schauder und gleichzeitig sympathischen Figuren liegt, als an einer Strafpredigt für ungezogene Kinder, wird froh sein, dass Disneys Pinocchio so geworden ist, wie er ist.


Mehr von mir gibt es auf www.AnankeRo.com.

Freitag, 22. Februar 2013

Oscars 2013: Diese beiden Ton-Kategorien da ...


Jahr für Jahr raufen sich Filmfreunde die Haare: Was ist bloß die Sache mit diesen verfluchten Tonkategorien? Anlässlich dessen, dass es dieses Jahr sogar eine selbstbewusste, eigenständige Oscar-Anzeige für die Kategorie "Bester Ton" gab (die sich einfach auf James Bonds berühmtes Martini-Zitat stürzte), wollen wir da doch einfach Mal versuchen, Abhilfe zu schaffen.

Der Oscar für das beste Sound Mixing beziehungsweise den besten Ton geht an die Verantwortlichen für die finale Tonabmischung, wie sie im endgültigen Film zu hören ist. Tonabmischer nehmen sämtliche verfügbaren Tonspuren und -ebenen, die Dialoge, Umgebungsgeräusche, Soundeffekte, Musik, und schaffen eine hoffentlich ideale Klangwelt. Tonabmischer bestimmen etwa, ob in der zentralen Actionsequenz "ihres" Films der Klang der Zerstörung, die treibende Hintergrundmusik oder der Hilfeschrei des Opfers am lautesten sein soll. Außerdem sorgen sie für die Räumlichkeit des Sounds.

Dieses Jahr sind nominiert:

  • Argo (John T. Reitz, Gregg Rudloff und José Antonio García)
  • Les Misérables (Andy Nelson, Mark Paterson und Simon Hayes)
  • Life of Pi (Ron Bartlett, D.M. Hemphill und Drew Kunin)
  • Lincoln (Andy Nelson, Gary Rydsrom und Ronald Judkins)
  • Skyfall (Scott Millan, Greg P. Russell und Stuart Wilson)
Mit Greg P. Russell befindet sich im diesjährigen Rennen einer der größten Oscar-Unglücksvögel aller Zeiten: Sage und schreibe 16 mal wurde er bislang nominiert, 15 mal ging er bisher leer aus und in der Nacht von Sonntag auf Montag werden wir sehen, ob er seine "perfekte" Verliererstatistik behählt. Nur Kevin O' Connell, ebenfalls Tontechniker, hat mit 20 Nominierungen und 0 Siegen einen noch mieseren Schnitt. Aber Russells Chancen stehen dieses Jahr wirklich nicht übel: Nur wenige der bisherigen Oscar-Filme Russells wurden so stark innerhalb der Branche respektiert wie Skyfall, auch eine Kampagne rund um ihn wurde gestartet. Jedoch tritt der toll polierte Bond-Sound gegen Les Misérables an. Musicals haben eine lange Historie mit dieser Kategorie (darunter Dreamgirls, Chicago, Hello, Dolly! und West Side Story), hinzu kommt, dass im Falle von Les Misérables der Livegesang, und wie er mit der Hintergrundmusik verschmolzen wurde, einer der meist besprochenen Aspekte dieser Oscar-Saison ist. Darüber hinaus gewann das Musical den Preis der Tonabmischer-Gewerkschaft sowie den BAFTA für den besten Ton. Fast jeder Film, der beide Awards abräumte, gewann auch diesen. Also setze ich hier auf die Elenden.

Der Oscar für Best Sound Editing beziehungsweise den besten Tonschnitt würdigt das künstliche Erschaffen von Soundeffekten sowie das Säubern von Tonaufnahmen. Hilfreiche Eselsbrücke: Als diese Sparte eingeführt wurde, hieß sie noch "Beste Toneffekte". Hier sind dieses Jahr nominiert:
  • Argo (Erik Aadahl und Ethan Van der Ryn)
  • Django Unchained (Wylie Stateman)
  • Life of Pi (Eugene Gearty und Philip Stockton)
  • Skyfall (Per Hallberg und Karen Baker Landers)
  • Zero Dark Thirty (Paul N.J. Ottosson)
In meinen Augen ist dies ein Dreikampf zwischen Argo (Gesamtfavorit des Abends, wütende Massen, eine Protest- und eine große Actionszene), Skyfall und Life of Pi. Skyfall würde im Fall eines Gewinns Bond zum 50. Jubiläum einen dritten Oscar einbringen, und dies noch dazu in der Kategorie, in der das Franchise seinen ersten Goldjungen einsackte. Allein schon die Eröffnungsactionsequenz strotzt vor Soundeffekten, darüber hinaus wurden satte Unterwassersounds geschaffen und bei der Tonschnitt-Gilde gab es den "Hauptpreis" für die besten Effekte.

Life of Pi wiederum gewann die meisten anderen Tonschnitt-Indikatorpreise und lebt sehr von seiner Klangatmosphäre, zudem gilt es auch hier, Action- und Wettergeräusche zu erstellen.

Ich würde mich tatsächlich sehr für Skyfall freuen, allerdings ahne ich, dass Life of Pi technisch eine Granate bei dieser Oscar-Verleihung werden könnte. Die Chancen schätze ich nahezu 50/50 ein, weshalb ich einfach Mal meine offizielle Prognosenstimme James Bond gebe. Wenn er verliert, tja, war auch dumm von mir, gegen den "Bester Film"-Kandidaten zu wetten, sollte er gewinnen, bin ich plötzlich ein Superduperoscarexperte. 

Oscars 2013: Welches Design ist das schönste im ganzen Oscar-Feld?


In der Kategorie Bestes Produktionsdesign begegnen uns dieses Jahr drei "Bester Film"-nominierte Werke (darunter ein Historiendrama, ein visuelles Prunkwerk und ein Musical vor historischem Hintergrund), ein Fantasyepos und ein kunstvolles Drama, das Historie mit theatraler Stilistik vereint. Haken wir den meiner Ansicht nach unwahrscheinlichsten Gewinner zu erst ab:

Dan Hennah, Ra Vincent, Simon Bright dürfen sich bereits aufgrund der Nominierung für ihre Arbeit an Der Hobbit - Eine unerwartete Reise geehrt fühlen. Die meisten der aufwändigen und denkwürdigen Sets des Films, etwa das Innere von Bilbo Beutlins Daheim oder das Elben-Königreich, sind bereits aus Der Herr der Ringe bekannt und mit einem Oscar gewürdigt worden. Da es gelungene Arbeit ist, geht eine Nominierung in Ordnung (auch wenn ich viel, viel lieber Moonrise Kingdom nominiert gesehen hätte!), für einen Gewinn fiel die Eigenleistung jedoch zu gering aus.

Zwischen den verbliebenen vier Filmen ist das Rennen dagegen schon um einiges enger. Rick Carter und Jim Erickson brachen in Lincoln mit allen üblichen Erwartungen und bildeten keine romantische, helle und saubere Kulisse für Steven Spielbergs historisches Politdrama, sondern steckten Lincoln in unaufgeräumte, zappendustere und unsentimentale Zimmer. Zahllose, mit Bedacht in die Kulisse geschmissene Requisiten, Materialien, die alt und staubig wirken, die ausstrahlen, dass sie viel erlebt hätten ... Ein Sieg würde mich nicht überraschen.

Ein ganz anderes Verständnis des Historienfilms weisen Sarah Greenwood und Katie Spencer in Anna Karenina auf. Wie in diesem Blog bereits mehrfach bejubelt, geht Joe Wrights Film selbstbewusst und intellektuell-spielerisch mit der Künstlichkeit seines Inhalts um, indem er die Handlung in einem alten, verkommenden, allerdings noch immer impressiven Theater nacherzählt. Die stilisierten Bauten, die sich ineinander falten, Raum für neue Kulissen schaffen, durch wechselnde Ausschmückung verschiedene Orte repräsentieren, der variierende Grad von Realismus und Künstlichkeit ... die Dioramen in diesem Film sind hübsch, clever und aufwändig. Mein persönlicher Favorit und handwerklich sowie konzeptuell gewiss auch eine Leistung, die in der Academy Anklang finden sollte. Die Gewerkschaft der Szenenbildner zeichnete diesen Film in der Historienkategorie aus, die Handwerker wissen ihn also zu würdien. Aber stößt das Konzept hinter diesem speziellen Produktionsdesign vielleicht viele andere Abstimmungsberechtigten ab?

Ebenfalls mit dem Gewerkschaftspreis gesegnet (und zwar in der Fantasy-Sparte): Life of Pi, der über weite Strecken sehr CG-lastig ist. Digitale Sets vollbrachten mit Avatar, Alice im Wunderland und Hugo Cabret bereits den Oscar-Hattrick, doch ist dies als unbändiger Trend zu werten oder ist nun einfach wieder etwas handwerkliches dran? Ang Lees visuelles Meisterwerk lässt uns in jeder Szene den Ozean neu entdecken und die wenigen Schauplätze mit festem Boden (etwa die wandernde Insel) sind ebenfalls beeindruckend. Ein Sieg ist schwer auszuschließen.

Und dann wären da noch Eve Stewart sowie Anna Lynch-Robinson, die für Les Misérables einen BAFTA gewannen. Ihre aufwändige Rekreation des Frankreich zu Zeiten Napoleons ist massiv, wird allerdings nicht so in Szene gesetzt. Die digitalen Seterweiterungen sind stellenweise zu leicht als solche zu erkennen, dafür überragt das Produktionsdesign anderweitig wieder mit seiner Mächtigkeit (etwa die kleine Kirche zu Beginn).

Ich tendiere dazu, einen Anna Karenina-Doppelsieg in den handwerklichen visuellen Prunkkategorien vorherzusagen, was mich auch persönlich sehr erfreuen würde. Wenn Anna Karenina beim Produktionsdesign versagt, vermute ich, dass Life of Pi den Spielverderber gibt.

Beim Makeup & Hairstyling kann ich mich kurzfassen: Howard Berger, Peter Montagna und Martin Samuel konnten Anthony Hopkins in Hitchcock nicht überzeugend genug in den Meisterregisseur verwandeln, als dass ich sie mit einer Goldstatuette nach Hause gehen sehe.

Peter King, Rick Findlater und Tami Lane griffen für Der Hobbit - Eine unerwartete Reise tief in die Schminktrickkiste und zauberten Knollennasen, Doppelkinne, dicke Wangen und gaben den Zwergendarstellern auch ausgefallene Bärte. Beeindruckend, jedoch gehen Lisa Westcott und Julie Dartnell für Les Misérables einige Meilen extra und verpassten einem riesigen Ensemble den verhungernden, geschundenen, elenden Look der Unterschicht. Anne Hathaway geht dank der Schminke schon rein optisch in ihrer Rolle allmählich zu Grunde, Hugh Jackman altert beeindruckend, hinzu kommen Verletzungs-Schminkeffekte und ein paar wirre, ausgefallene Beispiele wie die der Barleute ... und erreicht ist er, der Oscar-Gewinn. Oder was mutmaßt ihr?

Donnerstag, 21. Februar 2013

Disney liebäugelt mit Trickkomödie über Micky Maus und Roger Rabbit

Verrücktes Karnickel und ikonische Maus, fröhlich vereint (Quelle: James and Alain's Animation Art Collection)

Die von Robert Zemeckis lange versprochene Fortsetzung von Falsches Spiel mit Roger Rabbit kommt und kommt nicht voran. Mal heißt es, Disney wolle mit dem Projekt voran machen, doch Zemeckis sei mit dem Skript nicht zufrieden, dann dreht sich das Blatt und Zemeckis sei angeblich bereit, mit dem Mischfilm loszulegen, während Disney zögere. War ich einst sehr offen gegenüber neuen Geschichten aus Roger Rabbits Film-noir-Welt, raubten mir Zemeckis' Motion-Capturing-Produktionen den Glauben an eine gute Fortsetzung des Sensationsfilms von 1988. Mit Flight bewies Zemeckis allerdings, dass er es weiterhin drauf hat und so bin ich nun völlig ratlos, ob ich den Oscar-Preisträger wieder mit dem wilden Karnickel arbeiten sehen will.

Wie sich zeigt, müssen wir gar nicht auf Falsches Spiel mit Roger Rabbit 2 warten, um mehr von dem weißen Langohr zu erhalten. Wie Gary K. Wolf, Autor der Romanvorlage des Touchstone-Pictures-Klassikers, auf seiner offiziellen Webseite bekanntgab, befindet sich eine außergewöhnliche Musical-Buddy-Comedy in Entwicklung, in dem Roger Rabbit gemeinsam mit Micky Maus die Hauptrolle übernimmt.

Der The Stooge betitelte, nichts mit dem gleichnamigen Streifen mit Dean Martin und Jerry Lewis gemein habende, Film soll ein Trickfilm ohne Realfilmsequenzen werden und entstammt der Feder von Produzent Erik von Wodtke. Dieser trug die Idee an Wolf heran, der sie an Disney weitervermittelte, wo derzeit Konzeptbilder für das Projekt entstehen. Ein Autorenteam und Regisseur stehen derweil noch nicht fest.

Ich muss sagen: Sofern es diese Filmidee in die Produktion schafft und Roger Rabbit seine Kantigkeit beibehalten darf, so könnte sich Micky Maus kein besseres Leinwand-Comeback wünschen, um die Aura der Kindergarten-Fernsehserie Micky Maus Wunderhaus endgültig von sich zu spülen. Hoffentlich können fähige, mutige Köpfe für The Stooge gewonnen werden!

Oscars 2013: Stoffe, aus denen Träume sind


Mein persönlicher Favorit in der Oscar-Kategorie "Beste Kostüme" ist dieses Jahr zweifelsohne Anna Karenina. Jacqueline Durran schuf für Joe Wrights ideenreiche Adaption von Tolstois megalomanisches Liebesdrama fantastische, aufwändige Kostüme, die eine natürlich wirkende Kreuzung aus russisch-adligem Prunk des 19. Jahrhunderts und galanter 50er-Jahre-Abendmode darstellen. Die Kostüme sprechen Bände für ihre Figuren, oder im Falle der Titelrolle für ihr punktuelles Befinden, und unterstreichen Joe Wrights inszenatorische Vision, eine sich ihrer Künstlichkeit bewusste, dennoch nicht distanzierende Romanverfilmung auf die Beine zu stellen.

Hinsichtlich des Kostüm-Oscars stellt sich für mich diese Saison deswegen bloß eine einzige Frage: Hat mein Favorit ernsthafte Chancen auf den begehrten Goldjungen?

Optimistisch stimmt mich zunächst, dass Anna Karenina zu den drei filmischen Gewinnern der diesjährigen Costume Designer Guild Awards zählt. Während sich das Romantikdrama in der Sparte für Historienfilme durchsetzte, erhielt Skyfall (in der Kostüm-Kategorie nicht Oscar-nominiert) den Preis für kontemporäre Kostüme. Spieglein Spieglein wiederum gewann den Gewerkschaftspreis für Fantasy-Werke und ist der wohl ärgste Oscar-Konkurrent von Anna Karenina. Die Kostüme von Eiko Ishioka sind äußerst fantasievoll und teils überaus verrückt und schrill, was in dieser Oscar-Sparte allerdings wahrlich keinen Nachteil darstellt. Die kunterbunte Märchenwelt ist die letzte Arbeit der 2012 verstorbenen Kostümschneiderin, die posthum bei ihrer zweiten Nominierung ihren ersten Oscar erhalten könnte. Jedoch sind aufsehenerregende Kostüme wie die Tierkleider auf dem zentralen Ball im Film auch polarisierend und somit keine garantierten Stimmfänger.

Paco Delgados Beitrag zu Les Misérables ist vornehmlich historisch akkurat und lebt, für die genauer hinblickenden Zuschauer, von dezent gewählten, aus dem generellen braungrauen Einheitsbrei herausstechende Farbtupfer wie Russell Crowes gedeckte Uniform oder das zart-unschuldige Rosa des Kleides von Fantine. Gegen die Macht von Anna Karenina werden diese Kostüme, so glaube ich, aber nicht ankommen können, genauso wenig die ebenfalls nur subtile Eigenheiten erlaubenden Stoffe in Lincoln, in die Joanna Johnston das Ensemble hüllte.

Die für mich unverständlichste Kostüm-Nominierung des Jahres ist die für Snow White and the Huntsman. Nicht, dass die Gewandung der Helden und ihrer Gefährten beliebig ist, aber es ist offensichtlich, dass allein Charlize Therons Garderobe diese Nominierung verursachte. Und selbst die Kleider dieser garstigen Bösen Königin sind längst nicht so wild, wie man es von der dreifachen Oscar-Preisträgerin Colleen Atwood erwarten würde. Da Atwood aber eh nur gewinnt, wenn ihre Kollegin Sandy Powell ebenfalls nominiert ist (und umgekehrt!), mach ich mir keine Sorgen, dass Pseudokriegerin-Schneewittchen der adligen Russin gefährlich wird.

Der "posthume Ehrung einer Kostümschneiderinnen-Legende"-Faktor erscheint mir etwas gefährlich, aber ich sehe die modischeren Anna Karenina-Kleider dennoch vorne. Hoffentlich liege ich richtig!

Mittwoch, 20. Februar 2013

Oscars 2013: Welches Effektspektakel ist preiswürdig?


Viele Computereffekte, wenig praktisch umgesetzte Arbeit: Das sind die diesjährigen Nominierungen für den Oscar in der Kategorie "Beste Spezialeffekte". Obwohl Skyfall mit fünf Nennungen einen neuen James-Bond-Rekord aufstellte und die Kritikerherzen im Sturm eroberte, gelang dem Blockbuster nicht der Einzug in das hart umkämpfte Oscar-Nominiertenfeld. Ebenso verfehlte The Dark Knight Rises trotz prominenter Effektcrew und pompösen Actionszenen das Oscar-Rennen.

Umso erstaunlicher, dass sich Snow White and the Huntsman unter den fünf Nominierten befindet. Zwar überzeugten einige der Morphingeffekte rund um Charlize Therons Figur der Bösen Königin, gleichwohl rissen zahlreiche mäßige Chroma-Key-Aufnahmen und unwohl zwischen Karikatur und Realismus stehende CG-Tiere aus dem Film heraus. Kudos geht an den am Film beteiligten Effektkünstler Neil Corbould, der somit seit 18 Jahren jede sechste Oscar-Saison nominiert wird (zuvor erhielt er eine Nennung für Gladiator und Superman Returns), doch mit einem Sieg rechne ich kein Stück. Selbst, nachdem die Academy 2008 Der goldene Kompass den deutlich elaborierteren Effekten von Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt und Transformers vorzog.

Während gegen Snow White and the Huntsman der gesunde Filmgeschmack spricht, spricht gegen zwei weitere Anwärter auf den Effekt-Oscar das Gesetz der Statistik: Sage und schreibe 20 Jahre ist es her, dass ein Film diesen Preis erhielt, der keine weitere Nominierung aufzuweisen hatte. Ob Marvel's The Avengers
oder Prometheus in die Fußstapfen von Der Tod steht ihr gut treten können?
Das für die Effekte des Milliarden-Dollar-Hits aus dem Hause Marvel verantwortliche Effektstudio Industrail Light & Magic veröffentlichte in den vergangenen Wochen zahlreiche Blicke hinter die Kulissen des Joss-Whedon-Actioners, zweifelsfrei auch, um interessierte Academy-Mitglieder zu beeindrucken. Und, ja, die Liebe zum Detail und die Enthüllung, was in diesem Film alles rein digital ist, sind verblüffend!











Sollte tatsächlich einer der beiden Filme Geschichte schreiben, so tippe ich auch eher auf die Marvel-Superhelden. Mit dem Hulk wurde eine großartige digitale Figur geschaffen, die unterstützenden Effekte sind täuschend real und generell klotzt dieser Film mehr als der schaurige Prometheus. Außerdem gewannen die Marvel-Helden wenigstens ein paar Preise bei den VES Awards, dem Pendant zum Oscar in der Effektbranche.

Der Hobbit sah bei diesen Preisen dagegen alt aus, und da der beste Effekt das detailliertere Gollum-Model ist, während die restlichen Effekte nicht über den letzten Herr der Ringe hinaus reichen, dürfte für Peter Jacksons neuen Mittelerde-Ausflug die Nominierung schon die große Ehre darstellen.

Life of Pi
dagegen bahnt sich an, diese Kategorie für sich zu entscheiden. Da wäre zunächst eine beeindruckende Statistik: Zuletzt machte 1970 mit Tora! Tora! Tora! (der gegen den "Best Picture"-Gewinner Patton antrat) ein Film in dieser Kategorie das Rennen, der nicht als bester Film nominiert wurde, obwohl ein "Bester Film"-Nominee ebenfalls für die Effekte nominiert wurde. Aber auch abseits solcher Zahlenspielereien steht Life of Pi großartig dar. Während der Tiger in den Trailern noch etwas künstlich wirkte, ist er im Film beeindruckend lebensecht, die 3D-Effekte sind famos und die künstlichen Sets formidabel. Bei den VES Awards war Ang Lees poetisches Abenteuer deswegen der große Abräumer.
Deshalb fällt mir diese Prognose leicht: Life of Pi gewinnt für die besten Spezialeffekte. So sehr es die Superhelden auch grämen mag.

Dienstag, 19. Februar 2013

Oscars 2013: Kampf der Kamera-Legenden


So sehr versnobte Nostalgiker wimmern mögen, dass nicht mehr "solche Filme wie früher gedreht werden", in einem Aspekt muss jeder, der Kino liebt, zustimmen: Wir leben in einem Goldenen Zeitalter der Kameraarbeit. Die zahlreichen verschiedenen Technologien und ein kunstvoller Umgang mit filmtechnischen Macken, die früher als Unreinheiten betrachtet wurden (Lichtbrechungen, Über- und Unterbelichtung, irrealer Schattenwurf ...) ermöglichen uns Bilder, von denen man einst nur träumen konnte. In Hollywood marschieren derzeit so viele lebende Legenden, dass es bei den Oscar-Nominierungen immer und immer schwieriger wird, überhaupt noch Raum für Neulinge zu finden.

Dieses Jahr fanden sogar ausschließlich Oscar-Veteranen Eingang ins Nominierten-Feld. Zum ersten Mal seit 1976 haben alle fünf nominierten Kameramänner bereits mindestens eine Nominierung in ihrer Vita stehen. Zwei von ihnen, Janusz Kaminski (Lincoln) und Robert Richardson (Django Unchained), haben übrigens bereits einen Goldjungen in ihrem Besitz. Ja, wir leben in einer Zeit, in der so einflussreiche Kameramänner wie Roger Deakins (dieses Jahr für Skyfall nominert), Claudio Miranda (Life of Pi) und Seamus McGarvey (Anna Karenina) noch auf ihren Oscar warten müssen, schlicht, weil immer wieder jemand anderes eine mindestens ebenso preiswürdige Leistung abgab!

Für McGarvey sehe ich dieses Jahr leider wieder Schwarz. Ich finde seine Arbeit in Anna Karenina berauschend, jedoch fürchte ich, dass viele der Abstimmungsberechtigten ein Gros der Wirkung dieses bewusst-künstlich eingefangenen Adelsliebesdramas der Ausstattung anrechnen, und nicht McGarveys cleveren Bildern. In einem parallelen Universum, in dem Anna Karenina voll einschlug und auch als bester Film nominiert wurde (und sogar ernstzunehmender Kandidat auf den Preis ist), würde ich eventuell einen Sieg vorhersehen, doch bei der Rezeption, die Joe Wrights Magnum Opus erhielt, zweifle ich an der Statuette.

Nachdem Robert Richardson vergangenes Jahr schon für Hugo Cabret gewann, denke ich nicht, dass es für Django Unchained erneut reichen wird. Ich gönne es Tarantinos Western so sehr wie eigentlich allen fünf nominierten Filmen, allerdings ist die Kameraarbeit dieser Rachefantasie die "unauffälligste" in dieser Truppe (und wenn ein Tarantino-Film visuell der unauffälligste ist, will das was über die Konkurrenz sagen!), weshalb mir ein Doppelsieg für Richardson unwahrscheinlich vorkommt.

Kaminski arbeitet in Lincoln außerordentlich viel mit natürlichem Licht und krassen Schattenwürfen, einige ausführliche Dialogszenen finden in ungewöhnlicher Dunkelheit statt, so dass man nur die Gestik sieht und die Gesichtszüge der Darsteller nur erkennt, wenn sie sich bei einer Ganzkörpergeste näher ins Licht bewegen. Diese Kammerszenen in den privaten Gemächern Lincolns sind es, die Kaminski den Oscar einbringen könnten. Doch prägen sich diese denkwürdigen Momente genügend ein, oder herrscht das "normale" Bild in den Senatssitzungen in der Erinnerung der Academy-Mitglieder vor? Denn zwei andere nominierte Filme haben noch viel mehr Momente aufzuweisen, die von ihrem Kameramann meisterlich geprägt wurden ...

Skyfall ist der visuell beeindruckendste James-Bond-Film aller Zeiten und obendrein nach Wally Pfisters The Dark Knight und The Dark Knight Rises sowie Robert Elswits Mission: Impossible - Phantom Protokoll ein einprägendes Argument für das IMAX-Format. Und, als wären dies nicht schon genügend Gründe für eine Würdigung dieses Films: Man sieht Skyfall an, dass niemand geringeres als Roger Deakins die Kamera führte. Wer, außer dieser 63-jährige Brite, schöpft solche gemäldeartige Landschaftsaufnahmen, die einen die Textur der abgebildeten Gegend spüren lassen? Kaum jemand beherrscht das Spiel mit hell illuminierenden Kerzen und tiefschwarzer Nacht, das die Casinoszene in Skyfall einleitet, wie Deakins, und die Actionszene im mit Neonblau beleuchteten, sonst stockfinsteren Hochhaus sowie das vor Nebel, Qualm und Feuer erfüllte Schottland schreien ebenfalls nach dieser lebenden Legende. Den Preis der American Society of Cinematographers sackte er sich bereits ein, doch wird der Oscar folgen? Im Gegensatz zu den meisten anderen Gewerkschaftspreisen ist der ASC Award kein verlässlicher Indikator, allein schon Deakins gewann den Kameragilden-Preis bereits zwei Mal, ohne daraufhin den Oscar mit nach Hause zu nehmen.

Zudem hat Deakins in Claudio Miranda arge Konkurrenz gefunden. Der Chilene schlug Deakins gewissermaßen auf seinem "Heimtgebiet", indem er sich bei den BAFTAs in der Kamera-Sparte durchsetzte. Mit Avatar und Hugo Cabret im Rücken sind effektlastige 3D-Spektakel beim Oscar in dieser Kategorie groß im Kommen und mit Life of Pi schufen Ang Lee und Miranda zudem den visuell poetischsten Vertreter dieses Oscar-Trends. Die Odyssee des jungen Inders Pi ist farbenfroh, kontrastreich und weiß, Märchenbuchoptik mit rauer Realität zu verschmelzen.

Einen Oscar-Gewinner vorherzusagen, fällt mir da enorm schwer, aber ich gebe Life of Pi knapp den Vorsprung vor Skyfall. Meine persönliche Wahl? Ich glaub, ich werde mich in der Oscarnacht bei Bekanntgabe des Kamera-Gewinners in jedem Fall freuen, aber vielleicht wäre ich bei McGarvey ("Juhu, Anerkennung für Anna Karenina!) und Roger Deakins ("Wurde auch Zeit!") etwas lauter als bei den anderen.

Ben Afflecks Regiedebüt "I Killed My Lesbian Wife, Ηung Ηer On A Μeathook, and Νow I Have A Three-Picture Deal With Disney"

Meister fallen nicht vom Himmel. Das ist wahrlich keine neue Erkenntnis, und gerade Ben Affleck erfuhr mehrmals, dass einem Können und damit verbundenes hohes Ansehen nicht in den Schoss fallen. Affleck gab im Laufe seiner Leinwandkarriere mehrere ansprechende Performances ab, doch für jedes Chasing Amy oder Die Hollywood-Verschwörung durchlitt er einen Phantoms oder Gigli.

Bloß als Regisseur genießt Affleck konstanten Rückhalt seitens der Kritiker. Erst Gone Baby Gone, dann The Town und nun Argo. Doch halt, es gibt da eine miese Regiearbeit, die selbst große Affleck-Anhänger nur mit Müh und Not durch zu winken vermögen: Seinen Kurzfilm I Killed My Lesbian Wife, Ηung Ηer On A Μeathook, and Νow I Have A Three-Picture Deal With Disney, den Affleck 1993 ablieferte und den der Hollywood-Star "abscheulich" nennt.





Das Beste am Film ist tatsächlich der Titel, in den wohl sämtliche Kreativität gesteckt wurde. Die Idee des zynischen Blicks auf Hollywood ist ja reizvoll, aber die hölzerne Inszenierung und das pointenlose Skript verschenken diese völlig. Einzig Hauptdarsteller Jay Lacopo finde ich nennenswert. Man könnte fast glauben, er sei Afflecks karikiertes Alter Ego. Aber ob Affleck noch vor seinem Durchbruch meinte, die öffentliche Wahrnehmung seines 90er-Superstar-Ichs parodieren zu müssen? Wohl kaum. Das ist einfach nur ein faszinierender Zufall ...

Montag, 18. Februar 2013

Christoph Waltz ist "Djesus Uncrossed"


Christoph Waltz war vergangenes Wochenende zu Gast bei der US-Kultsketchshow Saturday Night Live, und er tat sein Bestes, jegliche Konkurrenz aus den Gewässern zu blasen. Nachdem vor wenigen Wochen Jennifer Lawrence in einem Stand-Up ihre Konkurrenz beim Oscar für die beste Hauptdarstellerin verballhornte, nahm sich Waltz sogleich der Filmographie des Mannes an, der ihn weltweit berühmt machte.

Im Trailer für den fiktiven nächsten Part in Quentin Tarantinos Trilogie historischer Rachefantasien "korrigiert" Waltz die Kreuzigung Jesu und geht auf einen blutigen Rachefeldzug quer durch Jerusalem. Niemand ist vor ihm sicher, weder die Römer, deren Skalps wir natürlich alle sehen wollen, noch verräterische Ex-Gefährten ...



Nachdem Waltz in The Green Hornet extreeeem dick aufgetragen hat, zeigt er seinen Humor von einer flippigen, nicht so eloquenten Weise wie in seinen Tarantino-Filmen oder Roman Polanskis Der Gott des Gemetzels (was sicher ein Alternativtitel für diesen Fake-Trailer war). Und, was soll man sagen? Fantastisch. Waltz ist einfach dreist überbegabt. Traurig, dass keine deutsche Unterhaltungsshow so originellen Gebrauch von "unserem" Goldjungen macht ...

James Bond 007 – Goldfinger


Albert R. Broccoli und Harry Saltzman nahmen sich die Idee eines Titelsongs für jeden Bond-Film, positionierten ihn über die mit einer weiblichen Silhouette verführenden Eröffnungsszene, behielten das Konzept einer Prologsequenz und warfen dann den Rest von Liebesgrüße aus Moskau über den Haufen. Stattdessen gaben sie Regisseur Guy Hamilton ein Budget von drei Millionen Dollar (mehr als die Kosten der ersten beiden Bond-Filme zusammen), um sich wieder der andersweltlichen Agentenfantasie eines James Bond jagt Dr. No anzunehmen. Nun mit noch mehr Chauvinismus und Technikspielereien. Und so konkretisierte sich die seit 1962 langsam zurechtgeköchelte Bond-Rezeptur. Archetypischer sollte kein Film dieses Megafranchises mehr sein und deswegen ist Goldfinger auch der wohl am häufigsten parodierte Teil der Reihe. Die Fülle an ikonischen Momenten wird dazu sicher auch noch ihr Scherflein beigetragen haben ...

Nach einem erfolgreichem Einsatz hofft James Bond, in einem Luxushotel bei Miami das Leben genießen zu dürfen. Doch statt mit einer blonden Bikinischönheit turteln zu können, ereilt den britischen Agenten sein Kollege Felix (Cec Linder) mit einem neuen Auftrag. Bond soll den zwielichtigen Millionär Auric Goldfinger (Gert Fröbe) im Auge behalten, der sich derzeit im selben Hotel aufhält. Dort verdient sich Goldfinger ganz gemütlich durch Betrug beim Gin Rummy was nebenher, bis ihm 007 auf die Schliche kommt, seine Gehilfin Jill Masterson verführt und ihn zum Verlieren zwingt. Goldfinger nimmt diese Demütigung nicht auf die leichte Schulter und lässt seine ihn verratende rechte Hand ermorden, um Bond einen Denkzettel zu verpassen. Nach einem Rüffel der MI-6-Leitung folgt der Doppelnullagent wieder Goldfingers Spuren, da der gewichtige Millionär durch Goldschmuggel die Stabilität der Weltwirtschaft gefährdet. Bei einem gemeinsamen Golfspiel erhärtet sich die Feindschaft zwischen Bond und Goldfinger, weshalb es dem Liebhaber des güldenen Metalls zu einer persönlichen Freude wird, Bond aufzuhalten ...

Goldfinger beginnt mit der ersten actionorientierten, kaum mit dem eigentlichen Film verbundenen Prologsequenz der Bond-Filmreihe und macht unvermittelt klar, dass der politisch beeinflusste und an Hitchock-Suspense interessierte Ansatz von Liebesgrüße aus Moskau aus dem Fenster flog. Bonds Charakterzüge als Raubein und Weiberheld werden um ein Vielfaches verstärkt, noch vor dem Vorspann pfeift Bond auf jede um sein Leben besorgte Warnung, um einer Frau den Kopf zu verdrehen, und einen Gegner schaltet er völlig kaltblütig und mit trockenem Kommentar begleitet aus. Goldfingers Assistentin Jill Masterson, die selbstredend in Dessous gekleidet ist, während sie ihrem Boss das Blatt seines Kartenspielherausforderers durchsagt, kriegt er mit nur wenigen, markigen Sprüchen ins Bett und so zieht sich das durch den gesamten Film: Bond ist ein selbstbewusster Chauvi mit kühlem Charisma, er erledigt seine Arbeit rücksichtslos und trockenem Witz und Rückschläge nimmt er gelangweilt hin. Dass Bond als Hauptfigur den Zuschauer auf seiner Seite hat, ist da nahezu allein Sean Connery zu verdanken, der es versteht, den Gentleman-Chauvinisten mit einer überlebensgroßen Leinwandausstrahlung auszustatten. Connerys Bond handelt zwar alles andere als sauber, aber er kommt durch die Darstellung und Inszenierung leichtfüßiger und ohne Schattenseiten rüber als etwa Craigs Bond. Diesen würden wir auch sicherlich niemals mit Entchen-Hut auf dem Kopf sehen.

Besagter Anblick ist bereits einer der vielen großartigen Einzelmomente des Films, ebenso wie Bonds Schnellfeuer-Flirterei mit Jill Masterson oder das gleichermaßen spannende wie humorvolle Golfduell zwischen Goldfinger und Bond, in dem Fröbe und Connery sich im Kampf der Egos üben. Goldfingers Handlanger Oddjob ist als stumme, einschüchternde Bedrohung mit fantasievollem Waffenarsenal genauso denkwürdig wie Bonds Vorzeigeauto, der schmucke, mit Gadgets überfüllte Austin Martin DB5. Und auch der Vorspann ist grandios: Die gute Idee des Vorgängers wird klug weitergesponnen und endlich fähig umgesetzt. Statt eines wild wackelnden Frauenkörpers, der als Projektionsfläche für die Credits dient, steht nun ein stiller Frauenkörper im Zentrum, auf den Filmausschnitte projiziert werden.

Die zwei besten Szenen sind für mich aber folgende: Zunächst die Szene, in der Goldfinger Bond gefangen und gefesselt hat und droht, ihn mit einem Laser zu töten. Das Wortgefecht zwischen beiden, die zwar bemüht coole, doch auch sichtlich verängstigte Darbietung Connerys und der simple Fakt, dass Goldfinger nicht so blöd ist, dass er den gefangenen Bond allein lässt (wie viele spätere Schurken), sorgen für eine tolle Sequenz. Die andere Topszene ist, wie sollte es anders sein, Mastersons Tod. So unsinnig er sein mag, die goldüberzogene Leiche ist ein einprägsames Bild und zu Recht unvergessener Teil der Filmgeschichte.

Dennoch finde ich Goldfinger schwächer als seinen Vorläufer. Grund ist, dass zwischen den ikonischen Momenten meiner Ansicht nach nicht genügend Suspense aufgebaut wird (oder aber alternativ der Humor nicht durchgehend genügend ist, um für die mangelnde Spannungskurve zu entschädigen) und die Szenen nicht so sehr aufeinander aufbauen wie in Liebesgrüße aus Moskau, wo einzig der Bauchtänzerinnen-Kampf aufgesetzt ist. Die Figur Tillys, die Bond in der Schweiz trifft, etwa ist nicht mehr als ein künstlicher, durchschaubarer Versuch, Konflikt entstehen zu lassen.

Eine Goldfinger-Kritik wäre jedoch wohl kaum komplett ohne Pussy Galore. Was für ein Name für ein Bond-Girl und was für eine Leistung, dass man das an den Zensoren vorbei bekam. Angeblich mussten die Produzenten den Verantwortlichen ein chices Abendessen dafür ausgeben. Der Name ist in seiner Dreistigkeit wirklich kultig, zweifelhaft ist derweil, wie sich Bond Pussy dreist annähert und ihn von ihrer Immunität gegenüber seinem Charme "umpolt". Hier übertritt der augenzwinkernde Chauvinismus der Reihe die Grenze zum Sexismus. Ja, ja, so waren sie, die 60er ...

Montag, 11. Februar 2013

(Ab)Gebildet Quickie: Kate Beckinsale in Stirb langsam 4.0

Len Wiseman, der Regisseur des Total Recall-Remakes, sorgte vergangenes Jahr auf der San Diego Comic Con für einen kleinen Fan-Aufstand, als er beichtete, dass er Paul Verhoeven anrufen und fragen musste, was das Ende des Originalfilms von 1990 eigentlich bedeutet. Außerdem gab er zu, niemals Metropolis gesehen zu haben, weshalb er in den Augen vieler kein Sci-Fi-Macher sein dürfte.

Nun gut. Er hat also niemals Fritz Langs handwerklichen Meilenstein Metropolis gesehen. Damit hat er die Geringschätzung zahlloser Filmnerds gewiss. Aber wisst er, was Len Wiseman stattdessen mit hübscher Regelmäßigkeit sieht? Kate Beckinsale. Und das obendrein auch nackt. Denn die Underworld-Actionbraut ist Wisemans Gattin. Und Wiseman ist so verschossen in seine Frau, dass er als Regisseur bis dato nicht einen einzigen Kinofilm ohne sie gemacht hat.

Underworld und Underworld: Evolution zeigen Beckinsale bekanntlich in engem Leder (und der Hauptrolle) und Total Recall gibt Beckinsale eine prominente Nebenrolle. Aber was ist mit Stirb langsam 4.0, in dem Film spielt sie überhaupt nicht mit, oder? Nun ... ja. Zu sehen ist sie im Film trotzdem.


Kürzester Cameo der Filmgeschichte?

Das 2007 gestartete Sequel hat mit John McClanes Tochter und der rechten, in asiatischer Martial Arts bewanderten rechten Hand des Schurken keine weibliche Rolle zur Verfügung, die Beckinsale spielen könnte. Dennoch wollte Wiseman seine große Liebe in seiner dritten Kino-Regiearbeit verewigen, weshalb er ein Foto von ihr für die Dauer eines Einzelbildes in den Actioner einschmuggelte. Es ist noch während des Vorspanns zu finden, ungefähr bei Minute 2:06, wenn das erste Haus eines Hackers explodiert und der schwarze Van der Schurken, von Bildstörungen begleitet, davon fährt.

Tyler Durden versteckt Pimmel in Kinofilmen, die Grindhouse-Vorführer entfernen nackte Frauenkörper, Len Wiseman schmuggelt hübsche, überbeleuchtete Fotos seiner Gattin in Filme, die sonst ohne sie auskommen müssten. Wählt euren Favoriten.

Die BAFTAs haben gesprochen, also Argo-Fuck-Yourself!


Die BAFTAs wurden verliehen, und sie gossen weiteres Öl ins Feuer, dass Argo in der Oscar-Nacht abräumen wird. Ein sicherer Tipp ist Ben Afflecks dritte Regiearbeit weiterhin nicht, denn das große Momentum, das Argo genießt, steht einer gewaltigen Statistik gegenüber: Bislang gewannen nur 3 Filme ohne Regie-Nominierung den Hauptpreis, noch nie gewann der Fünftplatzierte unter den Oscar-Nominierungen die begehrte Statuette für den besten Film. Jeder vernünftige Buchmacher würde gegen Argo wetten. Und das macht zahlreiche Oscar-Experten fuchsig ...

Um weiteres Salz in die Wunde zu streuen, hier zunächst die komplette Liste der BAFTA-Gewinner, ehe ich auf diverse Reaktionen auf die Argo-Mania eingehe ...

Bester Film: Argo
Beste Regie: Argo, Ben Affleck
Bester Hauptdarsteller: Lincoln, Daniel Day-Lewis
Beste HauptdarstellerinAmour, Emmanuell Riva
Bester fremdsprachiger Film: Amour, Michael Haneke, Margaret Ménégoz
Beste Dokumentation: Searching For Sugar Man, Malik Bendjelloul, Simon Chinn
Bester Animationsfilm: Merida, Mark Andrews, Brenda Chapman
Bester britischer Film: Skyfall, Sam Mendes
Bester NebendarstellerDjango Unchained, Christoph Waltz
Beste NebendarstellerinLes Miserables, Anne Hathaway
Bestes Original-Drehbuch: Django Unchained, Quentin Tarantino
Beses adaptiertes Drehbuch: Silver Linings Playbook, David O. Russell
Beste Filmmusik: Skyfall, Thomas Newman
Beste Kamera: Life of Pi, Claudio Miranda
Bestes Szenenbild: Les Miserables, Eve Stewart, Anna Lynch-Robinson
Bester Schnitt: Argo, William Goldenberg
Bester Ton: Les Miserables
Beste Spezialeffekte: Life of Pi, Bill Westenhofer, Guillaume Rocheron, Erik-Jan De Boer, Donald R. Elliott
Bestes Makeup & bestes Haarstyling: Les Miserables, Lisa Westcott
Beste Kostüme: Anna Karenina, Jacqueline Durran
Bester Kurzfilm: Swimmer, Lynne Ramsay, Peter Carlton, Diarmid Scrimshaw
Bester animierter Kurzfilm: The Making of Longbird, Will Anderson, Ainslie Henderson
Bestes Debut eines britischen Autors, Regisseurs oder Produzenten: The Imposter, Bart Layton & Dimitri Doganis
Bestes britisches Geschenk ans Kino: Tessa Ross

Einen Durchmarsch gab es bei den BAFTAs nicht zu verzeichnen und den darf man bei den Academy Awards Ende des Monats wohl auch nicht mehr erwarten. Je nach persönlicher Präferenz, weil es in dieser Saison keinen Überflieger a la Slumdog Millionär gab oder 2012 einfach zu viele gute Filme raus kamen, die in unterschiedlichen Segmenten am stärksten überzeugten. Argo etwa setzte sich in keinem "sichtbaren" Handwerk durch, sondern nur in den "unsichtbaren" Künsten Schnitt und Regieführung, und nunmal als beste Gesamtleistung. Und gerade der BAFTA für den besten Schnitt halte ich für ein starkes Argument, dass Argo diese Oscar-Saison für sich entscheiden wird. Und auch darf.

"Bester Schnitt" wird gerne als der heimliche Fünfte im Bunde des entscheidenden Quartetts der großen Kategorien "Film, Regie, Darsteller, Drehbuch" beschrieben, und selten zeigte in den vergangenen Jahren eine Produktion die Bedeutung guter Schnittarbeit so vorzüglich wie Argo. Der gesamte Film, aber insbesondere das Intro und die gesamte letzten 30 bis 45 Minuten, leben mindestens so sehr vom Schnitt wie von Ben Afflecks Regiearbeit. Eine der goldenen Filmemacheregeln lautet "ABC: Always be cross-cutting", und Argo wechselt in einem mitreißenden Takt zwischen den Handlungssträngen. 

Dass William Goldenberg für seine Leistung bei Argo prämiert wurde ist gemeinsam mit dem Argo-Gewinn beim USC Scripter Award für das beste Drehbuch ein entscheidendes Signal: Die Einzelleistungen der Argo-Macher finden Anklang. Bislang gewann der Film, wenn nicht für Ben Afflecks Regieführung, Gesamtpreise. Bestes Drama bei den Globes, bestes Ensemble bei den SAGs, beste Produktion bei den PGAs. Nun ist aber endgültig unstrittig, dass der Argo-Preissegen in den vergangenen Wochen keine Affleck-Trostnummer ist. Was leider nicht alle so sehen.

Mit jedem Argo-Sieg häufen sich unter seit Jahren oder gar Jahrzehnten eingesessenen Oscar-Beobachtern die Frustbeiträge, dass Afflecks Thrillerdrama diesen Preissegen nicht verdient hätte und einzig und allein überall absahnt, weil sich Abstimmungsberechtigte bei Affleck entschuldigen wollen. Von einem besonnen Beitrag bei The Film Experience ("Affleck's over-mourned 'snub' (people keep conveniently forgetting how strong the Best Director lineup is without him!) handed Argo an underdog narrative in a season where the narratives -- those tricky hooks that make a person or movie so irresistible in the Story of the Year's Entertainments -- weren't all that strong even if the movies were.") hin zu Dutzenden (!) angesäuerten Artikeln bei Awards Daily.

Für mich, der im Vergleich zu diesen Bloggern einen Novizen darstellt, ist es vermessen, zu widersprechen. Aber langsam wird mir der Argo-Frust zu viel. Deshalb muss ich aufschreien: Argo gewinnt, weil ihn die Stimmberechtigten so sehr mögen, nicht aus Mitleid!

Nicht, dass ich an Sympathie- und Mitleidswahlen zweifeln würde. Mitglieder der Filmindustrie sind auch nur Menschen, und gerade, wenn es um die Beurteilung von Kunst geht, so stimmt das Herz immer mit ab. Wäre ich ein Regisseur, der bei den Director's Guild Awards und den Oscars abstimmen darf, und der sich dieses Jahr zum Beispiel nicht zwischen Steven Spielberg und Ben Affleck entscheiden kann, so hätte ich selbstverständlich für Affleck bei den DGAs abgestimmt, damit er als mein Mitfavorit wenigstens einen Preis mit nach Hause nehmen kann.

Solches Denken beeinflusste gewiss auch Entscheidungen wie Martin Scorseses Oscar-Gewinn für The Departed, der längst nicht der beste Film des Meisterregisseurs ist, aber gut genug war, um ein ansehnlicher Oscar-Gewinner zu sein. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass einige Abstimmungsberechtigte zwischen Eastwood und Scorsese, andere zwischen Iñárritu und Scorsese schwankten. Da letzterer langsam überfällig wurde, hatte er in solchen Zweifelsfällen die Nase vorn und setzte sich letztlich durch.

Also ja, ich glaube nicht, dass Argo nicht wenigstens einen "Mitleidspreis" erhielt. Besagte Auszeichnung der Director's Guild Awards etwa könnte einen solchen Beigeschmack haben. Trotzdem steht Argo meiner Ansicht nach und entgegen zahlloser Theorien eben nicht allein auf den Füßen der "Armer, armer Ben"-Storyline.

Zunächst: Argo und Affleck begonnen ihren Siegeszug dieser Saison mit den Golden Globes und den Critic's Choice Awards, die zwar nach Bekanntgabe der Oscar-Nominierungen verliehen wurden, aber bereits davor feststanden. Zweitens: Bei den 83. Academy Awards gab es nach Bekanntgabe der Nominierungen eine erschütterte Reaktion, dass Christopher Nolan nicht für die Regiearbeit an Inception nominiert wurde, die den "Wo bleibt die Affleck-Nominierung?"-Beschwerden in nichts nachstand. Nolans Rückhalt in der Branche dürfte kaum meilenweit hinter Afflecks zurückliegen. Und dennoch soll nun Afflecks Argo in "Wir müssen die versäumte Regie-Nominierung wieder wett machen"-Preisen ersaufen, während Inception nicht einen einzigen großen Preis erhielt?

Drittens: Argo ist einer dieser Filme, die zwar in wenigen Segmenten überragend sind, bei denen die Summe der Einzelteile jedoch weit größer ist. Argo hat keine tiefschürfende, schwer zu spielende Hauptrolle, die Daniel Day-Lewis als Lincoln das Wasser reichen kann. Argo ist kein visuelles Werk der Güteklasse von Life of Pi oder Skyfall. Selbst die Frage, ob das Drehbuch besser ist, als das von Lincoln, Life of Pi oder Beasts of the Southern Wild, ist nicht mit lautem Eifer zu beantworten. Man kann sich auf eine sehr gute Regiearbeit einigen, was in den vergangenen Wochen auch zahlreiche hinter Preisverleihungen stehende Gruppen getan haben. Die Verantwortlichen hinter der Academy haben Ben Affleck in einem Jahr, in dem seit Jahrzehnten erfahrene Meisterregisseure wie Michael Haneke, Steven Spielberg und Ang Lee Großes vollbracht haben, und Newcomer wie Benh Zeitlin unkonventionelle Stoffe meisterlich auf die Leinwand brachten, nicht in ihre Top 5 gepackt. Dennoch können sie Argo lieben. Es ist nunmal kein Film, der an einer Leistung festgenagelt werden kann. Dass er dennoch nun einige Einzelleistungen einsackt, stärkt ihm bloß den Rücken.

Unterm Strich ist es ein perfekter Oscar-Film: Eine inspirierende, wahre Geschichte, die an das Gute im Menschen glaubt (Zynik gewinnt selten in der Hauptkategorie, zuletzt im No Country for Old Men-Jahr). Es ist ein Loblied auf die Magie des Films (wie The Artist). Humor und Spannung halten sich die Waage. Und der Film versprüht ein "New Hollywood"-Feeling, als dass er weder klein, noch epochal ist. Argo ist bloß nicht so kontrovers wie viele "New Hollywood"-Filme. Argo ist der Film dieses Jahres, auf den man sich einigen kann.

Wenn das nächste Mal euch jemand vorjammert, dass Argo niemals gewonnen hätte, wäre Ben Affleck bei den Oscars als Regisseur nominiert, dann sagt ihm einfach: Argo-Fuck-Yourself. Also, ich werd's tun.