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Donnerstag, 19. Juli 2018

Die erfolgreichsten Musicals in Deutschland (Rang elf bis 20)

Deutschland, das Land der Musicalmuffel? Fast mag man das glauben: Der US-Sleeperhit Greatest Showman generierte hierzulande wohlwollendere Kritiken als bei der Presse auf der anderen Seite des Teiches, und dennoch ließen sich nur 710.500 Menschen von Hugh Jackman, Zendaya, Zac Efron und Konsorten in die Kinos locken. Tim Burtons blutiges Musicaldrama Sweeney Todd - Der teuflische Barbier aus der Fleet Street kam sogar nur auf 467.343 verkaufte Eintrittskarten - und dabei erschien er auf der Höhe des Johnny-Depp-Hypes. Selbst der (von Disney finanzierte) deutsche High School Musical-Abklatsch Rock it! erreichte mit 474.361 ein größeres Publikum.

Andererseits überrascht das deutsche Kinopublikum immer wieder: Der berühmt-berüchtigte Musicalstreifen Xanadu brachte es irgendwie auf mehr als 0,97 Millionen Interessenten, und der allmählich in Vergessenheit geratene Rockfilm Tommy, den ich hier mal als Musical zähle, brachte es damals auf 1,2 Millionen. Damit ist er auch extrem nah dran, zu den 20 erfolgreichsten Realfilmmusicals der deutschen Kinohistorie zu zählen.

Die Plätze 20 bis elf möchte ich euch nun an dieser Stelle präsentieren. Dabei gilt: Die Definition eines Musicals ist etwas schwammig, weshalb ich mich mit mir darauf geeinigt habe, dass die Gesangs- und Tanzsequenzen einen erheblichen Teil des Films ausmachen sowie die Story und/oder Figurenzeichnung vorantreiben müssen. Trotz mehrerer kleiner Gesangseinlagen sehe ich Mel Brooks Robin Hood - Helden in Strumpfhosen nicht als Musical, während euch auf Platz 19 ein Film begegnet, dessen Gesangseinlagen diegetisch sind, aber so aussagekräftig über die Figuren sind, dass der vermeintlich realistische Überbau des Films für mich wie ein narratives Gimmick daherkommt wie auch die Traumsequenzen im Musicalfilm Chicago. So oder so: Viel Spaß beim Entdecken und Erinnern!

Platz 20: Bibi & Tina: Voll verhext! (1,29 Millionen Ticketverkäufe)

Wow: Der zweite Teil von Detlev Bucks Bibi & Tina-Reihe kam nur neun Monate nach dem Erstling heraus. Was für ein Mordstempo. Und es lohnte sich: Die Fortsetzung erreichte an den Kinokassen über 127.000 Menschen mehr als der Beginn der musikalischen, kreativen Filmreihe voller Hexerei, Pferde, Teenie-Romanzen und verspielter Gags. Die mehrere Stimmungen und Stile durchlaufende Musik stammt, wie auch in den anderen Filmen der Reihe rund um die titelgebenden, von Lina Larissa Strahl und Lisa-Marie Koroll verkörperten Freundinnen, von Peter Plate, Ulf Leo Sommer und Daniel Faust.

Platz 19: A Chorus Line (1,30 Millionen Ticketverkäufe)

Die von Richard Attenborough inszenierte Filmadaption des gleichnamigen Broadwaymusicals des Duos James Kirkwood, Jr. & Nicholas Dante kam zu einer Zeit raus, als das Musical nicht als besonders hip galt. Doch der Film wusste, das Problem zu umgehen: Gewissermaßen ist er lange in unserer Realität verwurzelt und zeigt eine Gruppe hoffnungsvoller Talente beim Vorsprechen und Proben eines Musicals. Insofern ist es eigentlich eher ein Filmdrama über eine Musicalgruppe, und weniger ein Musical. Zumindest eingangs. Denn letztlich singen die Figuren dann doch Lieder aus einer Show-im-Film, die perfekt zu ihrer Charakterisierung und Gefühlslage passen, und Songs, die frisch aus ihnen herausbrechen und nicht gerade als spontane Castingidee durchgehen ...

Platz 18: Moulin Rouge! (1,35 Millionen Ticketverkäufe)

Noch ein Film mit einer Show-im-Film, nur dass hier keinerlei Zweifel bestehen, dass wir es mit einem Musical zu tun haben: Der Australier Baz Luhrmann hält mit Moulin Rouge! einen farbenfrohen, fieberhaften Wahngesang auf die Liebe ab und packt auch die Handlung rund um die Show-im-Film mit Gesang und Tanz voll. Zudem ist es eines der erfolgreichsten filmischen Jukebox-Musicals der Geschichte, denn der Sensationserfolg aus dem Jahr 2001, der die Musicalkunst wieder ins Augenmerk des breiten Publikums rückte, lässt Nicole Kidman, Ewan McGregor und Co. Rock- und Popkracher dahinschmettern, als gäbe es kein Morgen.

Platz 17: Evita (1,39 Millionen Ticketverkäufe)

"Don't Cry for Me, Argentina": Die Poplegende und vielfach als Schauspielerin verrissene Madonna schlüpft in diesem von Oliver Stone mitverfassten Musical-Biografiedrama in die Rolle der Politikerin Eva Perón - und wurde 1996 nach Kinostart ausnahmsweise mit positiven Kritiken bedacht. Von Alan Parker auf der Grundlage des Musicals von Tim Rice und Andrew Llyod Webber inszeniert, ist Evita das einzige Musical des vergessenen Disney-Tochterlabels Hollywood Pictures.

Platz 16: Yentl (1,39 Millionen Ticketverkäufe)

Während Evita in Deutschland aufgerundet auf 1,39 Millionen Kinobesucherinnen und Kinobesucher kam, bringt es mit Yentl ein anderes Musicaldrama abgerundet auf 1,39 Millionen Interessenten. Von Barbra Streisand als Regisseurin, Produzentin, Drehbuchautorin und Hauptdarstellerin getragen, setzt Yentl auf Musik von Michel Legrand und Liedtexte von Alan & Marilyn Bergman. Die 1983 gestartete Adaption einer Kurzgeschichte dreht sich um das titelgebende jüdische Mädchen Yentl, das sich nach dem Tod ihres Vaters als Mann verkleidet, um an einer Religionsschule zu studieren.

Platz 15: Verwünscht (1,41 Millionen Ticketverkäufe)

Dieses Disney-Mischfilmmusical aus dem Jahr 2007 lässt Amy Adams als Zeichentrickfigur ihr märchenhaftes Reich verlassen, um im modernen New York City zu lernen, dass es mehr gibt als nur die flüchtig erfahrene, wahre Liebe auf den ersten Blick. Bestückt mit vergnügt-selbstironischen Liedern von Disneys Haus- und Hofkomponisten Alan Menken und Texter Stephen Schwartz verneigt sich Verwünscht augenzwinkernd vor dem Disney-Erbe und erarbeitete sich damit sogleich drei Oscar-Nominierungen für den besten Song. Wundersamerweise ging der Film jedoch leer aus.

Platz 14: Bibi & Tina: Tohuwabohu total! (1,65 Millionen Ticketverkäufe)

Eigentlich wollte Detlev Buck bloß eine Bibi & Tina-Trilogie drehen, doch dann ist die Welt durchgedreht, und so sah er sich gezwungen, dem jungen Publikum eine Antwort auf den entstandenen Tumult zu präsentieren: Bibi & Tina: Tohuwabohu total! handelt unter anderem von der vermeintlichen Krise, die durch Flüchtlinge entsteht, von der Angst jener, die ihr Heimatland verlassen, um woanders eine bessere Zukunft zu finden, von Irren, die Mauern aus Hass bauen und vielem mehr. Harter Tobak, verpackt in eingängigen Liedern und im Mary Poppins-Sinne mit einem Löffelchen voll Zucker verdaulich gemacht.

Platz 13: La La Land (1,81 Millionen Ticketverkäufe)

Damien Chazelles Kritikerliebling aus dem Jahr 2016 lief in Deutschland erst 2017 an - und tanzte sich unbesorgt zu überaus löblichen 1,81 Millionen losgeschlagenen Eintrittskarten. Versehen mit Texten des Greatest Showman-Duos Pasek & Paul und Melodien aus der Feder des Komponisten Justin Hurwitz, lässt La La Land Emma Stone und Ryan Gosling durch die Zwickmühle "Beruf, Berufung oder Liebe" schreiten und macht auf dem Weg zur emotional aufwühlenden, wunderschön inszenierten Lösung einen beeindruckenden Haufen an Filmreferenzen.

Platz 12: Pink Floyd - The Wall (1,83 Millionen Ticketverkäufe)

Alan Parker steuert das wohl seltsamste Musical in dieser Liste bei: Die Verfilmung des gleichnamigen Konzeptalbums der einflussreichen Band Pink Floyd ist ein surrealer (Alb-)Traum, der zwischen düsteren Alltagsbildern, unwirklichen Einbildungen und Zeichentrickelementen hin und her switcht. Grob geht es um einen Rockmusiker, der an seine Kindheit und Jugend zurückdenkt und wie im Delirium Rückschläge und Ängste vor seinen Augen aufflimmern sieht. Ein introspektives Musical aus einer filmisch und musikalisch experimentierfreudigen Zeit. 1982 konnte sowas das deutsche Publikum noch in großen Scharen ins Kino locken. Heute wäre das wohl undenkbar ...

Platz 11: Bibi & Tina: Jungs gegen Mädchen (2,00 Millionen Ticketverkäufe)

Der dritte und ursprünglichen Plänen Bucks zufolge finale Teil der Bibi & Tina-Reihe ist das High School Musical 3 dieser kunterbunten, deutschen Filmreihe: Überbordend, durchgeknallt, hoch selbstironisch und voller Film- und Musikreferenzen, die über die Köpfe des jungen Publikums gepfeffert hinwegsegeln sollten. Und ein YouTuber rappt frauenfeindliche Klischees daher. Was halt so alles passiert, im Sommercamp ...


Mittwoch, 3. August 2016

Von Flop bis Top: Mein Ranking aller Michael-Bay-Filme


Michael Bay. Herr der Explosionen. Lautstarker Gegner der Kritikerzunft. Weltweit spielten seine Regiearbeiten (ohne Berücksichtigung der Inflation) bislang über 5,85 Milliarden Dollar ein. Und ob man es gut findet oder nicht: Dieser Mann hat eine klar erkennbare, inszenatorische Handschrift. Manche nennen ihn daher einen "Auteur", andere rümpfen bei dem Gedanken, Bay zu adeln die Nase, und betiteln ihn als "Vulgar Auteur". So oder so: Bay schuf seinen eigenen Stil und prägte das Hollywoodkino durchaus mit. Da sein bis dato am wenigsten Geld in die Kassen treibender Film 13 Hours: The Secret Soldiers of Benghazi demnächst auf DVD und Blu-ray startet, möchte ich auf Bays Schaffen als Kinoregisseur zurückblicken.

Nennt es meinetwegen "Brüste, Wummen, Explosionen" oder "Dummer Kommerzmist" oder "Musikvideo-Style trifft Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom". Oder einfach "Popcorn, Nachos und 'ne Buddel Bier, beim Film gönn' ich's mir". Ich nenne es "Von Flop bis Top". Dies sind sie. Michael Bays Regiearbeiten, sortiert danach, wie hoch sie in meiner Gunst stehen.

Platz 12: TransformersDie Rache (2009)

Der Höhepunkt (respektive Tiefpunkt) in Michael Bays Laufbahn als Filmregisseur, der die Bremse voll durchdrückt, seinen Film zum Stillstand bringt, und sich erst einmal Zeit nimmt, eine Darstellerin so intensiv zu fetischisieren, dass es irgendwas zwischen traurig und lustig wird (siehe Abbildung). Und das gehört noch zu den vergnüglicheren Momenten dieses spürbar während des Autorenstreiks geschriebenen Films, denn selbst für Bay ist der zweite Transformers unfassbar dumm und unsinnig. Eine dünne, unnötig verschwurbelte, viel zu sehr in die Länge gezogene Story mit ätzenden Figuren, demotiviert wirkenden Darstellern und ermüdenden Actionsequenzen, die eher so geschnitten und gefilmt sind, als wäre hier ein Bay-Imitator am Werk. Chaos pur, und das der anstrengenden Art. Linkin Park rockt aber.

Platz 11: Transformers (2007)

Lahm. Ich finde diesen Film einfach lahm. Shia LaBeouf bemüht sich, Megan Fox darf nur eine Witzfigur spielen (und das nicht besonders gut), Bay hält in den Actionszenen viel zu nah an den überdimensionalen CG-Roboteralienwesen drauf, so dass ich kaum etwas ausmachen kann. Linkin Park rockt aber.


Wir verlassen den "Ich kann dem Film praktisch gar nichts abgewinnen"-Bereich und betreten die Welt des "Ich finde das Gesamtwerk mies, aber muss sagen: Ein paar Treffer landet Bay dann doch". 13 Hours hätte einfach nur brutal um jegliche Wiederholung, anti-intellektuelle Phrase und pseudodramatische Erkenntnis/Rückbesinnung gekürzt werden müssen. Und dann hätten wir einen ultrastark ausgeleuchteten, gestochen scharf gefilmten Streifen über austauschbare, kernige Bartträger mit Herz aus Gold, die versuchen, zu überleben. Uninteressante Figuren, einige Längen, Action mit Konsequenzen, aber im Finale sehr einseitig gedreht: 13 Hours ist ein Flop, aber einer, der zwischendurch ganz nette Sequenzen in Edeloptik bietet.

Platz 9: Transformers – Die dunkle Seite des Mondes (2011)

Rosie Huntington-Whitley empfiehlt sich hier keineswegs als Schauspielstar. Aber sie fällt weniger negativ auf als Megan Fox in den ersten beiden Transformers. Und da beide von Bay eh nur als Eyecandy genutzt werden, muss ich sie ja fast schon als solche bewerten ... Und: Huntingon-Whitley bewahrt vor Bays Kamerasensor wenigstens einen Victoria's Secret-Glanz des Eleganten, während Fox ... Nunja. Auch der Humor gefällt mir hier eher. Es gibt noch immer kaum etwas, worüber ich lachen kann, aber die Augenroll-Pointen werden weniger. Patrick Dempsey ist ... ansatzweise lustig hier. Und die Story ist zwar unbedeutend, aber immerhin leidlich-duldbar, ebenso, wie das große Finale nach dem mageren Vorlauf eigentlich ganz nett ist. Linkin Park rockt aber.

Platz 8: Pearl Harbor (2001)

Pearl Harbor besteht aus exakt drei Akten: Eine unfassbar kitschige Romanze/Kameradschaftsgeschichte mit schöner Begleitmusik von Hans Zimmer, einem vergessenswerten Josh Hartnett, einem sich nicht in die Rolle einfühlenden Ben Affleck und einer annehmbaren Kate Beckinsale. Eine umwerfend gefilmte Kriegssequenz. Ein unnötig langer, pathetischer Epilog. Man werfe Cuba Gooding Junior in diesen Mix, der aus einem Nichts von einer Figur eine erstaunlich feine Performance rausholt und jede Menge richtig starke praktische Effekte.

Platz 7:  Bad Boys – Harte Jungs (1995)

Wir verlassen den Sektor der Frustration und landen bei richtig netten Filmen. Der erste Bad Boys ist, streng genommen, einfach nur ein Buddy-Cop-Movie. Die Story könnte aus zahllosen durchschnittlichen Genrevertretern stammen. Bays Regieführung hat zwar schon diese 90er-Clipästhetik, ist aber noch arg gezügelt. Will Smith und Martin Lawrence rocken aber.

Platz 6: Die Insel (2005)

Wieder ein qualitativer Sprung nach oben: Ewan McGregor und Scarlett Johansson spielen in dieser Sci-Fi-Geschichte top respektive gut. Steve Buscemi macht Mordsspaß. Sean Bean ist herrlich fies. Sowohl die anfängliche, strahlend weiße Zukunftswelt als auch die staubige Außenwelt sind überaus hübsch eingefangen. Die Story ... Nun, sie lässt viel des moralischen Potentials liegen, als Aufhänger funktioniert sie sehr gut. Die Musik von Steve Jablonsky ist klasse, Michael Clarke Duncan gefällt. Einen Hauch zu lang ist Die Insel vielleicht (etwas weniger auf-der-Stelle-treten in der Mitte hätte geholfen) und gelegentlich nervt das Product Placement. Dennoch: Jau, dieser Film hat einiges für sich.


Es kann einfach kein Zufall sein, dass Michael Bay seinen besten (soll heißen: seinen bislang einzig guten) Transformers-Film direkt nach seinem selbstironischen Befreiungsschlag Pain & Gain verwirklicht hat. Ära des Untergangs nimmt, wie Pain & Gain, alle "Bayism", und dreht die Markenzeichen dieses Regisseurs voll auf. Froschperspektive. Sonnenuntergänge. Explosionen. 360°-Kamerafahrten. Sonnenuntergänge. US-Flaggen. Sonnenuntergänge. Explosionen. 360°-Explosionen vor einem Sonnenuntergang neben einer US-Flagge. Intensive Farbästhetik. Eine winzig kleine Alibistory, die nach jeder als großes Finale dienen könnenden Actionszene einen Weg findet, noch einen Akt dranzukleben. Transformers: Ära des Untergangs ist exzessives Bombastactionkino in einer überdrehten Hyperästhetik und mit diesem verfluchten Charmebolzen Stanley Tucci! Teil eins bis drei wollten ein Minimum an Sinn ergeben und brachen sich so das Genick. Transformers: Ära des Untergangs ist ein freudig grinsendes Popcornmusical. Nur mit Explosionen und Sonnenuntergängen an Stelle von Stepptanz und Jazzhands. Leider geil? Nein. Leider oberaffengeil. Nur Imagine Dragons rocken nicht.

Platz 4: Pain & Gain (2013)

Der vielleicht ehrlichste Abspann der Hollywood-Geschichte (und somit der ältere Bruder des Deadpool-Vorspanns) gibt zu: Michael Bay steht als Regisseur auf Tod, Titten, (Farb-)Explosionen. Und einen passenderen Abschluss könnte Pain & Gain nicht haben, denn die Nacherzählung einer unglaublichen, aber wahren Geschichte ist sozusagen die aufgekratzte Parodie einer Realsatire. Action-Kriminaldrama, Selbstparodie und Hochglanzamerikanismusbewegtbildmagazin in einem. Pain & Gain ist ein Mordsbrett, das mit jedem Angucken faszinierender wird.

Platz 3: Bad Boys II (2003)

Bad Boys - Dieses Mal im vollen Michael-Bay-Stil. Gekauft.

Platz 2: Armageddon – Das jüngste Gericht (1998)

An Armageddon hängen nostalgische Gefühle an die Zeit, als ich pubertierend die Blockbusterwelt kennenlernte. Und während sich manche Filme aus jener Zeit bei erneuter Betrachtung abnutzen, habe ich Armageddon noch immer richtig gern. Eine unvergleichliche Mischung aus Pathos, Style Over Substance, unterhaltsamem Cast und vergnüglichen Zerstörungsorgien. Und Trevor Rabin hat wohl nie einen noch besseren, eingängigeren Score komponiert als hier.

Platz 1: The Rock – Fels der Entscheidung (1996)

Michael Bays Magnum Opus. Bilder, die sich ins Gedächtnis brennen. Ein entfesselter, saucooler Nicolas Cage. Sean Connery in seiner, ja, darf ich das sagen (?), besten Leistung nachdem er die Lizenz zum Töten abgegeben hat. Ed Harris als markiger Schurke mit (für Bay) nachvollziehbarer Motivation. Dutzende tolle Sprüche. Eine unnötig lange, aber verflixt geile Verfolgungsjagd durch San Francisco. Und ein Bombenscore. The Rock rockt.

Was ist eure Meinung zu Michael Bay und seiner Filmografie? Ich bin auf eure Kommentare gespannt!

Dienstag, 15. Oktober 2013

Ein Film. Mehrere Sichtungen. Mehrere Reaktionen.


Manche Filme werden mit jedem Ansehen immer besser. Eines der Paradebeispiele dürfte The Big Lebowski von den Coen-Brüdern sein, welcher beim ersten Anschauen leidlich amüsant ist, beim zweiten Mal richtig gut wird und sich ab dem dritten Mal als wahres Meisterwerk offenbart. Eine vergleichbare "Ach, deshalb ist der Film bis heute so beliebt"-Wirkung zeigt sich unter anderem auch bei der schrillen Rocky Horror Picture Show oder Pulp Fiction, auch wenn Tarantinos uriger 90er-Erfolg bereits beim ersten Anlauf funktioniert.

Andere Filme gefallen bloß beim ersten Anschauen und sind daraufhin bloß noch dröge und arm an Reizpunkten. Einmal gesehen, alles entdeckt, wegwerfen! Shrek 2 zählt für mich dazu. Nachdem ich einmal über die skurrilen Einfälle gelacht hatte, gab es zu wenig Sympathie zu den Figuren, der Look ist zu unhübsch und die Reizpunkte an der Welt, die der Film entwirft, sind zu rar gesät. Daher habe ich an weiteren Sichtungen relativ wenig Vergnügen.

Um solche Filme geht es hier nicht. Ich möchte viel mehr über Filme reden, die ihren qualitativen Status bei mehreren Sichtungen beibehalten, die aber dennoch jedes Mal ganz anders wirken.

Ein relativ simples Beispiel für Produktionen, die beim zweiten Anschauen ganz anders rüberkommen, ist M. Night Shyamalans wirtschaftlicher Höhepunkt seiner Karriere: The Sixth Sense. Auch wenn ich mich selbst dagegen sträube, diese mit getragenem Tempo erzählte, übernatürliche Geschichte als Horrorfilm zu bezeichnen (was wohl eine recht geläufige Bezeichnung für dieses Werk ist), so ist sie bei einer Erstsichtung voller Suspense und angespannter Momente. Hat man diese Handlung einmal miterlebt und kennt den Schlusstwist, so denkt man vielleicht, fällt dieses Werk völlig auseinander. Stattdessen bin zumindest ich jedes Mal begeistert, welch berührendes übernatürliches Drama Shyamalan hiermit entwarf.

Die wahren Meister ambivalenter, daher wandelbarer, doch qualitativ stets hochwertiger Filme sind jedoch die Coen-Brüder. Beispiel No Country for Old Men: Bei meiner Erstsichtung im Kino funktionierte er bei mir und meinem Publikum als spannungsgeladener, karger und hoffnungsarmer Thriller. Javier Bardems Anton Chigurh ließ mich und die meisten anderen Zuschauer im Saal den Atem anhalten, rare lockere Sprüche, etwa von Woody Harrelsons Rolle, blieben uns im Hals stecken. Ganz anders die Zweitsichtung: Wenn Chigurh humpelnd in verdreckten weißen Socken ums Motel streicht, löste dies aufgrund der Skurrilität munteres Gelächter aus. Sein "Kopf oder Zahl"-Monolog? Sicher eine skurrile Persiflage auf Schurkenmonologe. Auf jeden Fall: Ulkig. Dass er Menschen mit einem Bolzenschussgerät tötet? Das ist nicht erschreckend, sondern gewollt albern. Und die Unfähigkeit von Tommy Lee Jones' Polizisten? Zum wegschmeißen, nicht etwa deprimierend. No Country for Old Men spielte wie eine rabenschwarze, intelligente Komödie, wie eine intellektuelle Antwort auf die Schundpersiflage/-hommage Grindhouse. Und ich habe mich gemeinsam mit meinem Saalpublikum amüsiert. Nur um den Film zwei Wochen später während einer dritten Kinosichtung auf Metaphern, Motive und profunde Aussagen hin zu analysieren.

Die Coens sind sehr fähig darin, ihre Regiearbeiten so zu gestalten, dass sie abhängig von der Gruppendynamik eines Kinosaals oder der Tagesform des DVD-Zuschauers gänzlich anders zu wirken. Dies zeigt sich etwa auch bei A Serious Man: Zwar ist diese Nacherzählung der Hiobs-Geschichte zweifelsohne eine schwarze Komödie, doch ob sie mehr deprimiert, weil jeder Rückschlag Larry Gopniks persönlich trifft und so das Lachen im Halse stecken bleibt, oder wegen ihrer Kreativität und den Superlativen mehr amüsiert, weil die Coens die in einem verborgene Schadenfreude wecken? Tja, das ist nicht vorherzusehen.

Welche Beispiele für Filme mit so wandelbarer Wirkung fallen euch noch ein?

Dienstag, 31. Januar 2012

Grosse Pointe Blank


Klassentreffen. Geisel der gebildeten Menscheit, oder feierlich willkommener Anlass, vergangene Tage wieder aufleben zu lassen? Zumindest den gelungensten Filmen über dieses Sujet nach zu urteilen, neigen solche Wiedervereinigungen deutlich in die ungewollt traurige und triste Richtung, sind sie doch nahezu geschlossen schwarze Komödien, die sich über das urbane Leben lustig machen und eher die Selbstzweifel, Persönlichkeitskrisen und bei solchen Veranstaltungen aufknospenden Verlierermentalitäten ins Zentrum ihrer Komik rücken. Anstelle der zu zelebrierenden Nostalgie, den ersehnten Treffen alter Bekannter und dem getätigten Fortschritt im eigenen Leben.

Grosse Pointe Blank zeichnet in seinem Subgenre nicht das drögeste Bild einer High-School-Wiedervereinigung, unter anderem mit seinem fantastisch zusammengestellten, nostalgisch verklärten 80er-Indie-Soundtrack feiert auch ein wenig die oh solch gefürchtete Heimkehr, von einem gelösten Fest des Zurückblickens ist diese Produktion dennoch meilenweit entfernt. Schließlich ist Grosse Pointe Blank nicht bloß irgendeine High-School-Reunion-Komödie, sondern in erster Instanz eine einfallsreiche, böse sowie nonchalante Komödie über einen Auftragskiller.

Der Auftragskiller Martin Blank (John Cusack), verliert die Freude an seiner Profession: Andauernd haben seine Kunden schwierige Sonderwünsche und sind unzufrieden, wenn Blank bei seiner Arbeit improvisieren muss. Noch dazu drängelt ihn sein Konkurrent Dan Grocer (Dan Aykroyd) mit der Idee einer Profikiller-Gewerkschaft, mit der Blank nichts zu tun haben will. Auch die Therapie verschafft Blank keine Ruhe. Auf Drängen seiner Sekretärin (eine großartig aufgelegte Joan Cusack) greift er also nach dem letzten Strohhalm für seinen Seelenfrieden: Er fährt zurück in seine Heimatstadt Grosse Pointe, wo nach zehn Jahren das große Abschlussjahrgangs-Wiedersehen seiner High School stattfindet. In Grosse Pointe begegnet er alten Schulkameraden, die mal mehr und mal viel weniger aus sich gemacht haben, aber letztlich geht es Blank eh nur um eine einzige Person: Debi (Minnie Driver), seine Jugendliebe, die er kurz vor dem Abschlussball hat sitzen lassen. Während Blank seine Vergangenheit zu kitten versucht, lauern ihm einige seltsame Gestalten auf, die ihm nach seinem Leben trachten. Und dieser Gewerkschaftsfreak ist auch vor Ort!

Als Produktion des Jahres 1997 muss sich Grosse Pointe Blank natürlich gefallen lassen, dass man bei einer Besprechung irgendwie auf Pulp Fiction hinweist. Stilistisch, inhaltlich und atmosphärisch sind diese Filme zwar grundverschieden, aber George Armitages Regiearbeit profitierte wohl vom Erfolg des Tarantino-Klassikers. "Profikiller in trivialen Situationen" waren danach erst so richtig denkbar im US-Kino, und es ist nur zu auffällig, dass Grosse Pointe Blank zu den seltenen guten Filmen von Hollywood Pictures gehört. Und dies ist ja eines der Erwachsenenlabels des Disney-Konzerns, der auch via Miramax Pulp Fiction auf die Leinwände dieser Welt brachte. Nun, zumindest hat man recht prominent einen Pulp Fiction-Werbeaufsteller im Film untergebracht, also verheimlichen die Macher diesen Trendsetter nicht.

Während Tarantino aber aus von Profikillern ausdiskutierten Nichtigkeiten coole Kultdialoge schuf, lebt Grosse Pointe Blank eher von dem Witz, wie trivial so ein Auftragskiller sein kann (Stichwort: Gewerkschaftsdebatte). Sowie von den zahllosen, unaufgeregten Reaktionen auf Blanks Beruf: "Ich bin Profikiller!" "- Oh. Ist man da krankenversichert?"

Der große Gewinn für Grosse Pointe Blank ist glasklar Hauptdarsteller Cusack: Er macht seine Figur für den Zuschauer sympathisch, hat ein unglaubliches komödiantisches Timing, tänzelt unauffällig zwischen kurioseren und staubtrockenen Gags und macht vor allem auch den Kern der Geschichte glaubwürdig. Ein Killer, der auf einem recht lahmen Klassentreffen seine Seele wiederfindet? Das kann man extrem vermasseln, aber Cusack bringt eine schwarzhumorige und auch augenzwinkernde Melancholie mit, wodurch diese Geschichte greifbar bleibt. Auch seine selbst nach zehn Jahren nicht überkommene Reue wegen Debi wird nachvollziehbar dargestellt. Leider kaufe ich ihm und Minnie Driver die verstaubte Schulromanze nicht ab. Driver hat in ihrer Rolle als Radiomoderatorin eines Lokalsenders zwar einige tolle Monologe, aber die Chemie mit Cusack und die ganze Entwicklung dieser Story hapert hin und wieder. Ich werde jedenfalls nicht emotional oder intellektuell an diesen Handlungsfaden gebunden, sondern folge ihm eher gleichgültig, weil er halt der Motor dieses ansonsten gelungenen Films ist.

Einen weiteren, kleineren Wermutstropfen gibt es dennoch: Mir scheint der Charakterbogen Blanks nach der Reunion eigentlich komplett abgeschlossen, da allerdings noch ein paar andere Fäden beendet werden müssen, geht der Film für einige Minuten weiter, in denen er auch eine eigentlich unnötige, größere Schießerei einbaut. Dadurch, dass Aykroyd in diesem Finale einige der besten Sprüche hat, kann ich aber wenigstens ein Auge zudrücken.

Grosse Pointe Blank gehört für mich zu den besten schwarzen Komödien, die Hollywood in den 90ern fabriziert hat. Cusack & Cusack sind super, aus der Geschichte wird das beste rausgeholt und Blanks Rückkehr in seine Jugendheimat bringt bösen sowie subtilen, und ja, ab und an auch köstlich albernen Humor mit sich.

Siehe auch:

Montag, 27. Dezember 2010

Stirb langsam - Jetzt erst recht

Fünf Jahre nach Stirb langsam 2 kam ein neuer Film mit John McClane in die Kinos, und dieses Mal sollte nicht nur Regisseur John McTiernan auf den Regiestuhl zurückkehren, nein, erstmals sollten das Publikum den unfreiwilligen Supercop in seiner Heimat New York in voller Action erleben.

Der Weg zu diesem Actionspektakel war jedoch ähnlich verworren, wie der zum ersten Teil der Reihe: Ein Drehbuch, welches als Grundlage zur zweiten Stirb langsam-Fortsetzung vorgeschlagen wurde, fand bei McTiernan keinen Anklang und wurde daraufhin von seinem ehemaligen Kameramann Jan de Bont als Speed 2: Cruise Control verwirklicht. Stattdessen nahm man sich eines Original-Drehbuchs von Jumanji-Autor Jonathan Hensleigh an, der sich überlegte, wie es wohl aussähe, wenn ein Kindheitsfreund von ihm blutige Rache üben würde. So entstand das Drehbuch Simon Says, indem ein Terrorist einen Polizisten quer durch die Stadt jagt und Rätsel lösen lässt, da sonst versteckte Bomben hochgehen würden. Die Lethal Weapon-Macher zeigten Interesse am Skript und wollten es zum vierten Teil ihrer Reihe umschreiben, leztztlich jedoch schlugen McTiernan, der zu meist von kommerziellem Unglück verfolgte osteuropäische Produzent Andrew G. Vajna und Co. zu und ließen den Autoren aus seinem Drehbuch den dritten Teil von Stirb langsam schaffen. Die ersten 45 bis 60 Minuten des Films blieben dabei nahezu unverändert - und irgendwie merkt man das auch. Aber dazu nachher mehr.
Außerhalb der USA wurde Stirb langsam - Jetzt erst recht übrigens als einziger Film der Reihe größtenteils von der Walt Disney Company vertrieben, da Fox um Kosten zu drücken eine Kooperation mit Cinergi Pictures einging, welche wiederum einen Vertriebsdeal mit Disney hatten. Ein zufälliger Glückstreffer für den Konzern, da dieser Film international unerwartet stark lief.

Was Stirb langsam - Jetzt erst recht besonders aus vergleichbaren Actionstreifen hervorhebt, sind die drei Kerndarsteller Bruce Willis, Samuel L. Jackson und Jeremy Irons. Willis ist als ungewollter Held des Tages wieder einmal richtig klasse und es ist interessant, Normalo McClane in schlechterer Verfassung zu sehen, ganz gleich, wie passend man diese aus früheren Drehbuchfassungen übernommene Charakterisierung auch finden mag. Sein Zusammenspiel mit Jackson ist herrlich, die beiden geben ein großartiges Leinwandteam ab und können der überreizten Buddy-Actioncomedy-Dynamik neue Seiten abgewinnen. Wenn man Stirb langsam - Jetzt erst recht auseinander nimmt, ist es letztlich sogar Jackson und nicht Willis, der dem Film zusätzliche Spannung und Kraft verleiht. Seine Figur Zeus ist gleichermaßen Karikatur wie ein filmischer Anker, der neben dem immer mehr zum Actionüberflieger mutierenden McClane für Realismus sorgt. Besonders großartig ist Jacksons Auseinandersetzung mit einem Polizisten, der ihn fälschlicherweise für einen Terroristen hält und deshalb unwissentlich davon abhält, einen Bombenanschlag zu vereiteln. Diese ikonische Sequenz wurde neun Jahre später in Die Unglaublichen auf großartige Weise neu aufgelegt und ich kann jedem nur empfehlen, sich beide Filme (oder wenigstens die betroffenen Szenen) mal im Doppelpack anzusehen.
Jeremy Irons als schleimiger Strippenzieher letztlich gibt Stirb langsam - Jetzt erst recht einen Punkt, in dem er sogar das Original überstrahlen kann. Es mag blasphemische Züge aufweisen, gewiss, aber mir ist Irons tatsächlich eine Kippladerlänge lieber als Alan Rickman in Stirb langsam. Hans (bzw. Jack) Gruber bildete zwar den Prototypen für den zu gleichen Teilen diabolischen wie intelligenten Actionfilm-Antagonisten, aber Irons hat im Spiel gegen McClane, zumindest für mich, noch mehr boshafter Ausstrahlung und eine noch prägnantere Präsenz. Rickman ist in Stirb langsam klasse anzuschauen, doch der Film würde mit einer schlechteren Darbietung fast genauso gut funktionieren, Irons hingegen übertrumpft das Material und macht es zu etwas besserem. 


Eine so unterhaltsame Schurkendarstellung hat Stirb langsam - Jetzt erst recht leider auch nötig, denn obwohl der dezent größenwahnsinnige dritte Teil der Actionreihe deutlich temporeicher und kultiger als der etwas mauere Stirb langsam 2, so ist McClanes Hatz quer durch New York nicht frei von Mängeln. Dabei ist Stirb langsam - Jetzt erst recht einer dieser schwer zu umfassenden Fälle, in denen fragmentarisch gesehen alles stimmt: Der Plot ist, zumindest aus Genresicht betrachtet, intelligent und zeigt einen extrem durchdachten Schurkenplan, der trotzdem plausibel ist und für den Zuschauer aufregend umgesetzt wurde. Die Handlung des Films ist sogar dermaßen glaubwürdig, dass angeblich das FBI auf den Plan gerufen wurde, da die Behörde ob des cleveren Vorgehens der Filmschurken dem Autoren gegenüber misstrauisch wurde. Und auch die Actionszenen sind, für sich betrachtet, spannend und mit griffigem Timing inszeniert. Sie toppen im Maßstab die Sequenzen aus Stirb langsam, ohne zur Bay'schen Zirkusparade zu mutieren, die nicht wirklich zum Stil der Reihe passen würde. Die einzelnen Actionsequenzen gehen zügig voran und haben allesamt ihren eigenen Höhepunkt, was für zahlreiche explosive "Wow!"-Momente im Film sorgt. Packt man jedoch die Handlung und die Action zusammen, will das Puzzle kein stimmiges Bild mehr ergeben, da die für sich gelungene Action dem etwas langfahrigeren Plot im Weg steht und umgekehrt die eigentlich spannende Story sich nicht den elaborierten Actionpassagen fügen möchte. Letztlich fühlt es sich so an, als säße man mit einem Fahranfänger in einem Wagen mit hakendem Getriebe. Es ruckelt, und ruckelt, und ruckelt. 


Diese Schwäche schadet Stirb langsam - Jetzt erst recht besonders bei wiederholter Sichtung, wenn einen die Twists und Wendungen, die Lösungen der gestellten Rätsel nicht weiter kümmern. Das Ziel der vermeintlichen Handlung ist erreicht, und dann folgt noch ein halber Film, in dem McClane das in den Brunnen gefallene Kind wieder rauszuholen versucht. Dramaturgisch ist Stirb langsam - Jetzt erst recht aus exakt diesem Grund eine mittlere Katastrophe, denn Jonathan Hensleigh hat als Drehbuchautor nicht die Klasse eines Quentin Tarantino oder der Coen-Brüder, dass er auf erzählerische Grundgesetze pfeifen kann, ohne bei diesem rebellischen Akt zu scheitern.


Stirb langsam - Jetzt erst recht ist durch diesen misslungenen Aufbau nicht gleich ein schlechter Film, allerdings kann er bei wiederholtem Ansehen zunehmend die Geduld strapazieren, wenn man sich nicht völlig fallen lassen und ihn bloß mit von der Action geblendeten Augen von Sequenz zu Sequenz verfolgen kann. Die Geschichte verliert halt nach einmaligem Sehen an Reiz, und so bleiben "nur" die verrückten Verfolgungsjagden, die explosiven Schießerien und die flotten Sprüche, um den Film über Wasser zu halten. Somit endet Stirb langsam - Jetzt erst recht als großartige "Bier auf, Chips wegmampf"-Geräuschkulisse für einen herrlichen DVD-Abend in geselliger Runde. Bei unkonzentrierter Beobachtung sehr unterhaltsam und technisch spitze umgesetzt, doch mit etwas Abstand sieht man, wie der Film kaputt gedoktert wurde.

Siehe auch:

Mittwoch, 15. September 2010

Musikalisches Immergrün - Meine 333 liebsten Disney-Lieder (Teil LXII)

Wenn die Regeln anders wären... (Teil II)

330 Disney-Songs liegen hinter uns. Es gilt nur noch, das Podest zu erklimmen und meine drei absoluten Favoriten zu küren. Doch vorher möchte ich etwas anderes zu Ende bringen, dass ich angefangen habe. Die Präsentation der Musikstücke, die bei einem anderen Reglement ebenfalls gute Chancen gehabt hätten, Teil dieser Hitliste zu sein. Obwohl ich im letzten Teil bereits ausführlich auf Original-Filmsongs einging, die aus Disney-Produktionen mit anderem Markennamen stammen, und auch tolle Lieder vorstellte, die in Disney-Filmen vorkommen, aber nicht für Disney geschrieben wurde, habe ich nicht das komplette Feld abgedeckt.

Knüpfen wir aber erst Mal genau bei diesem letzten Thema an. Denn es gibt neben den letztmalig genannten noch zwei weitere Lieder aus einem Disney-Film, die mir sehr gut gefallen und die sich vielleicht unter meine 333 liebsten Disney-Songs gemischt hätten, wären sie auch speziell für diesen Film geschrieben.
In diesem speziellen Fall entfalten diese Songs ihre volle Wirkung, zumindest für mich, nur im Zusammenhang mit der Pixar-Produktion, die sie verwendet, während ja einige der im vorherigen Überblick genannten Non-Disneysongs auch auf eigenen Füßen stehend sehr gut sind. Es handelt sich um Put on Your Sunday Clothes und It Only Takes a Moment, ursprünglich geschrieben für das Musical Hello, Dolly! jedoch erst über vierzig Jahre später durch Andrew Stantons WALL•E zur Perfektion gebracht. Liedkomponist Jerry Herman nennt die Verwendung seiner Stücke in WALL•E "genial" und meinte, dass er sich nie ausgemalt hätte, dass diese Lieder je zu einem so guten Einsatz gebracht werden könnten. Dem mag ich nicht widersprechen, denn diese beiden Lieder kommen in meinem liebsten Pixarfilm zu einer enormen Ausdruckskraft, die ich bei ihrer ursprünglichen Herkunft vermisse.

Mehr noch als Put on Your Sunday Clothes und It Only Takes a Moment hat Disney einige weitere Stücke annektiert, die es einige Zeit vor ihrem jeweiligen Disneyfilm gab. Statt ein paar Jahrzehnte zwischen Komposition und Disney-Verwendung liegen hierbei allerdings mitunter ein paar Jahrhunderte. Die Rede ist natürlich von den klassischen Musikstücken, die in Fantasia und Fantasia 2000 mit sprühender Fantasie visuell umgesetzt wurden. Disney webt einige dieser Stücke mit solcher Selbstverständlichkeit in Themenparkshows oder Studiorespektiven ein, als wären sie tatsächliche Disney-Lieder.
Und da Generationen von Kindern durch Fantasia an manche dieser Kompositionen herangeführt wurden und einige Segmente dieses Meisterwerks wahre Juwelen der Trickgeschichte sind, überrascht Disneys Entscheidung auch nicht besonders. Meine (musikalisch betrachtet) favorisierten Fantasia-Segmente sind Paul Dukas' sinfonische Dichtung Der Zauberlehrling,  Mussorgskis Eine Nacht auf dem kahlen Berge und Die Nussknackersuite von Tschaikowsky, dessen Musik sich ja sowieso fest ins Ohr zahlreicher Disneyfans gesetzt haben sollte (vgl. Platz 104). Aus Fantasia 2000, dessen Symphonien und Filmsegmente sich leider noch nicht ganz so sehr als ikonischer Bestandteil des Disney-Erbes etablierten, präferiere ich Beethovens weltberühmte 5. Sinfonie in c-Moll (mir egal, wenn überstrenge Kritiker bemängeln, Disney häte sie nur in den Film eingebaut um den Zuschauern etwas bereits bekanntes anzubieten), Gershwins eingängige und beseelte Rhapsody in Blue und Edward Elgars feierlicher Marschierklassiker Pomp and Circumstance.


Ebenfalls klassisch, ebenfalls von einem Film durch ikonischen Einsatz quasi annektiert, aber nicht etwa von Disney, sondern von einem Kubrick-Film: Also sprach Zarathustra von Richard Strauss. Mir sind schon zahlreiche Filmmusik-Kompilationen untergekommen, die diese berühmte Sinfonie zwischen Morricone, Williams und Zimmer aufführten. Und man muss Stanley Kubrick einfach neidlos zugestehen, dass er sie so nahtlos und natürlich wirkend in 2001: Odyssee im Weltraum eingebaut hat, dass es schwer zu glauben fällt, dass da nicht irgendwelche Zeitreisen im Spiel waren, so dass Strauss sein Stück perfekt auf Kubricks Interpretation der Evolution abstimmen konnte. Doch auch wer 2001 nicht gesehen hat, wird vergleichbare Assoziationen mit dieser Musik pflegen, denn der Anfang von Kubricks legendärem Sci-Fi-Film gehört zu den meistkopierten, -referenzierten und -parodierten Filmsequenzen aller Zeiten. Auch Andrew Stanton konnte es sich nicht nehmen lassen, gleich mehrere Verweise auf 2001 in sein eigenes Sci-Fi-Werk WALL•E einzubauen. Höchst wahrscheinlich sind den meisten eher die Parodien und Referenzen bekannter als der ursprüngliche, prägende Filmeinsatz dieses Werks. Und selbst bei IMDb wird Richard Strauss bei einer Namenssuche als Beteiligter am WALL•E-Soundtrack genannt, nicht etwa als 2001-Komponist. Vielleicht wäre aber eine Erwähnung der Simpsons angebrachter, denn diese erhabene Komposition wurde allein bei der gelben Chaosfamilie über ein halbes Dutzend Mal gebraucht (Die Simpsons - Der Film mit eingerechnet). Bei Disney machte sie derweil noch einen Cameo im Intro von Toy Story 2, wenn Buzz versucht sich der Batterie zu nähern, in Tom Hanks' Cop-mit-Hund-Komödie Scott & Huutch sowie in der sündig-amüsanten Christopher-Lloyd-Komödie Mein Onkel vom Mars


In diesem Zusammenhang ließe sich noch Carl Orffs Kantate Carmina Burana, auch bekannt als O Fortuna, nennen. Das Chorwerk aus der Mitte der 30er Jahre mag auf dem Papier nicht jedem bekannt sein, aber ich bin mir sicher, dass jeder Film- oder Fernsehkenner irgendeinem Werk begegnet ist, in dem dieses epochale Stück vorkam. Wenn es besonders episch-dramatisch sein soll und man gerade kein Geld für Hans Zimmer oder X-Ray Dog hat und man denkt, dass Beethoven zu ausgelutscht ist, dann verwendet man in Hollywood (oder in der Werbebranche) diese Komposition. Deswegen ist sie selbst schon zu einem Klischee verkommen und würde auch sehr häufig ironisch in der Comedyszene gebraucht. Dennoch verwendet Hollywood Carmina Burana ungebrochen und bierernst. Üblicherweise. Und genau dies ist der Grund, weshalb die Verwendung in G-Force zu meinen Favoriten gehört. Dieser problemlos als harmlose Kinderkomödie mit sprechenden Meerschweinchen zu konsumierende Actionfilm ist mit der richtigen Haltung betrachtet nämlich eine herrlich absurde und aufgedrehte Parodie des klassischen Blockbuster-Stils, den Jerry Bruckheimer in den 90ern mit Filmen wie The Rock bombastisch auf die Leinwand brachte. Anstelle der stereotypischen Menschen, die über sich hinaus wachsen müssen, treten hier Meerschweinchen an, die Welt vor großem Übel zu retten. Das ist für sich genommen ja schon putzig genug, doch um die Blockbuster-Formel noch weiter durch den Kakao zu ziehen, gönnt sich der Film in seinem letzten Drittel eine aufwändig inszenierte Verfolgungsjagd zwischen Fahrzeugen geheimer Regierungsbehörden und den Helden des Films, die in "gepimpten" bunten Hamster-Plastikkugeln durch die Stadt düsen. Wie es das Genre verlangt, ist es natürlich eine hügelige Stadt die so die Möglichkeit für impressive Zeitlupenaufnahmen fliegender Autos bietet. Zum Schluss der Verfolgungsjagd kreuzen die Verfolgten und Verfolgenden einen aus dem Nichts kommenden Platz, wo Pyrotechniker gerade eine gigantische Feuerwerksshow vorbereiten, die nun unplanmäßig zu früh losgeht - und all das begleitet von diesem Bombast eines Chorals. Ich habe Tränen gelacht.

Bevor ich mit den Nicht-Disneyliedern in Disneyfilmen abschließe, muss ich noch zwei weitere instrumentale Stücke erwähnen. Genau wie die letztgenannten (je nach Definition) als Klassik zu kategorisierenden Stücke sind auch sie zu Standards in Filmen geworden. Das erste, dass ich nennen möchte, ist Sing, Sing, Sing (With a Swing), geschrieben von Louis Prima und popularisiert von Benny Goodman. Kommt ein Jazz-Club vor (und nicht einer der gediegenen, ruhigen Sorte, sondern ein feierlicher) oder will der Regisseur akzentuiert das 30er/40er-Setting seines Films etablieren, dann stehen die Chancen sehr hoch, dass ihr entweder diesen Jazzstandard oder In The Mood zu hören bekommt. Meine erste (bewusste) Begegnung mit Sing, Sing, Sing (With a Swing) und gleichzeitig meine bislang bevorzugte in der Welt des Films ist in Disneys Fernsehfilm Im Jenseits sind noch Zimmer frei. Dieser Film stammt aus einer Zeit, in der Disneys Fernseh-Output nicht von kommerziell schnell verheizten, knalligen Teenies in kitschig-harmlosen Geschichten dominiert wurde und hat die filmgeschichtlich bedeutsame Ehre, die erste Verfilmung einer Themenparkattraktion zu sein. Mit Im Jenseits sind noch Zimmer frei (Originaltitel: Tower of Terror) testete Disney die Gewässer für spätere Filme wie Die Geistervilla, Die Country Bears (vgl. Platz 324, Platz 292, Platz 237 und Platz 82) und Fluch der Karibik. Und selbst wenn die Kritiken mir nicht gänzlich zustimmen wollen, für mich ist diese atmosphärische, stimmige und unterhaltsame Verfilmung des (selbst wiederum von einer Mystery-Fernsehreihe inspirierten) The Twilight Zone Tower of Terror die beste Attraktionen-Verfilmung, die ohne Piraten auskommt. Diese wirklich gelungene übernatürliche Kriminalkomödie mit Steve Guttenberg und Kirsten Dunst in den Hauptrollen hat aufgrund des Settings der Attraktion auch einige Szenen im Stil der späten 30er Jahre, und in denen spielt diese mitreißend beschwingte Jazznummer, die man so schnell nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Im wesentlich weniger gelungenen Disney-Realfilm über Inspektor Gadget kommt derweil ein weiterer Musikstandard vor: Wann immer Abenteuerstimmung, Westernstimmung oder Spannung für ein Duell aufgebaut werden soll, kann man mit diesem Score rechnen: Der Titelmelodie von Zwei glorreiche Halunken, eine der berühmtesten Melodien des legendären Filmkomponisten Ennio Morricone. Einfach ein einschneidend cooles Stück, das man einfach nicht überreizen kann.


Original Filmscore


Da es in dieser Artikelreihe um meine liebsten Disney-Lieder gehen sollte, war es Teil der Regeln für die Hitliste, dass es sich bei den gewählten Musikstücken auch wirklich um Lieder handeln muss, um Kompositionen, zu denen ein Text gehört. Anders ausgedrückt: Orchestraler, instrumentaler Filmscore war von diesem Countdown komplett ausgeschlossen. Ansonsten wäre es bloß noch schwieriger für mich geworden eine endgültige Rangliste meiner Favoriten zu erstellen, wenn nicht gar vollkommen unmöglich. Filmscore mit Songs zu vergleichen, abzuwägen ob ein Instrumentalstück oder ein Lied in meiner Gunst höher steht, das hätte ich wohl kaum zu Stande gebracht. Hinzu kommt, dass sich die Definitionsfrage dadurch ungleich erschwert hätte. Einen Song als eine klar umrissene Einheit festzumachen ist vergleichsweise einfach, und die wenigsten werden diese Eingrenzungen in Frage stellen. Dass ein Medley kein eigenes Werk ist und dass ich gegebenenfalls einen darin enthaltenen Song wegen seines Neuarrangements als Teil dieses Medleys besser bewerte, statt zusätzlich zu besagtem Lied auch das Medley in meine Liste aufnehme, das dürfte noch problemlos nachvollziehbar sein. Bei instrumentaler Filmmusik ist das schon schwieriger, da es äußerst selten vorkommt, dass jeder Track eines Albums ein anderes Motiv repräsentiert. Üblicherweise werden einzelne Leitthemen im Laufe eines Films / eines Albums beliebig oft kombiniert oder umarrangiert, so dass am Ende große Verwirrung herrscht und sich die Frage stellt, ob ich nun die Themen bewerte oder die Tracks. Mitunter sind die Kompositionen sogar derartig komplex, dass man gar nicht weiß, eine Abwandlung einer zuvor etablierten Melodie hört. Ein Beispiel aus Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt: Das Stück Up is Down hört sich vielleicht eigenständig und neu an, ist allerdings in Wahrheit eine Kombination aus dem Liebesthema des Films, zwei speziell für diese Szene geschriebener Melodiefolgen, dem im Film eher selten genutzten Elizabeth-Thema und eines der Seeschlacht-Motive aus Fluch der Karibik. Es wäre der schiere Wahnwitz, Up is Down nicht in seiner Gesamtheit zu bewerten, aber wenn ich das erlaube, dann müsste ich auch reine Aneinanderreihungen bekannter Melodien durchgehen lassen, und schon muss ich mich rechtfertigen, weshalb ich keine Songmedleys als eigenständige Werke durchgehen lasse. Wie sollte ich also Filmscores gleichberechtigt mit Liedern in der selben Hitliste abhandeln? Gar nicht.


Aber dafür gibt es ja diesen Artikel. Hätte ich also auf all diese Probleme gepfiffen, dann wären ohne jede Frage auch einige Filmscores in diese Hitliste vorgestoßen. Die abendfüllenden Disney-Zeichentrickfilme hätten davon allerdings kaum profitiert. Natürlich haben zahlreiche Filme aus dem Meisterwerke-Kanon auch außerhalb ihrer Lieder tolle musikalische Momente zu bieten, bei den meisten sind die einprägsamsten und wirkungsvollsten instrumentalen Stellen aber Verweise auf Lieder, die ja bereits innerhalb meiner Hitliste abgedeckt sind. Von den Disney-Zeichentrickmusicals ist der mit dem am meisten hervorstechenden Score ganz klar Der König der Löwen. Elton Johns und Tim Rices Lieder werden in einen ungeheuerlich impressiven, dramatischen sowie gefühlvollen Score von Hans Zimmer eingebettet, der mit einer inspirierten Klanggewalt schwelgerische Melodien umsetzte und dank des afrikanischen Musikers Lebo M ein starkes, urbanes Gefühl für Afrika in seine Musik einfließen lassen konnte. Es ist mir vollkommen unmöglich, nur ein einzelnes Thema oder einen Track auf dem Album zu wählen, dieser eingängige und ausdrucksstarke Score ist durchgehend große Klasse - und ein paar Motive fanden in Form von Songs ja sogar schon den Einzug in diese Hitliste.
Wahrscheinlich hat mich schon dieser Film unbewusst mit meiner Zimmer-Begeisterung angefixt. Auf jeden Fall würde ich mir einen weiteren abendfüllenden Disney-Trickfilm mit Zimmer als Komponisten wünschen. Natürlich nur, wenn das Projekt zu Zimmers Stil passt. Rapunzel mit Menken-Liedern, aber Zimmer-Score ginge wohl nicht so gut auf. Aber vielleicht liest irgendjemand mit, der an King of the Elves arbeitet, mmmh?


Ein weiterer Zeichentrickfilm, in dem mehrere Lieder vorkommen, bei dem der Score allerdings große Eigenständigkeit aufweist, ist Mulan. Die Lieder wurden von Matthew Wilder und David Zippel verfasst, während man den legendären Jerry Goldsmith (Papillion, Star Trek, Poltergeist) für die Instrumentalstücke engagierte. Dadurch hebt sich der in einem asiatisch beeinflussten, weniger detaillierten Stil umgesetzte Mulan nicht nur visuell, sondern auch akustisch von den Menken-Filmen ab und ebnete zugleich den Weg für den noch weiter von der Musical-Formel abweichenden Tarzan. Und der für mich unbestritten beste Instrumentalpart in Mulan ist Mulan's Decision (Haircut Score), die Begleitmusik zur fast komplett stummen Sequenz, in der Mulan sich nachts dazu entschließt, an Stelle ihres Vaters in den Krieg zu ziehen. Die Regisseure Tony Bancroft und Barry Cook inszenierten diesen für Mulan einschneidenden Moment großartig, mit für Zeichentrickfilme ungewöhnlichen Winkeln und Bildausschnitten, doch es ist Goldsmiths Score, der diese Szene auf eine vollkommen neue Ebene zieht und sie zum denkwürdigen Gänsehaut-Moment macht. Ohne diese eindringliche Musik wäre die lastende Wirkung von Mulans Entscheidung nicht einmal halb so groß.


Direkt nach Mulan und Tarzan folgte die meiner Meinung nach beste Ära für Instrumentalmusik innerhalb der Meisterwerk-Reihe, nämlich die drei Filme umspannende Zusammenarbeit zwischen Walt Disney Pictures und James Newton Howard. Der erste Film der als Teil dieser Kooperation den Weg in die Kinos fand ist Dinosaurier, ein seltenes Disney-Beispiel für einen vergessenen Erfolg. Mit Einnahmen von beinahe 350 Millionen Dollar weltweit liegt er unter anderem vor Lilo & Stitch, Mulan oder Bärenbrüder und trotzdem kann sich kaum mehr jemand an diese stattliche Produktion erinnern. Einer der Gründe dürfte der simple Fakt sein, dass er wirklich atemberaubend aussieht, aber eine nicht sonderlich denkwürdige Geschichte oder erinnerungswerte Figuren zu bieten hat. Der mit Abstand beste Teil ist dann auch sogleich das Intro mit seinen faszinierenden Kamerafahrten quer durch wunderschöne Landschaften, begleitet von dem monumentalen Orchesterstück The Egg Travels, für mich eine der besten Introsequenzen überhaupt. Nur muss man sich für diese Szene nicht einmal den kompletten Film holen: Das wesentliche der gesamten Mammutproduktion gab es unter anderem als Trailer auf der Tarzan-Videokassette.

Ein wahres Meisterstück lieferte James Newton Howard im Jahr darauf mit seinem Score zu Atlantis - Das Geheimnis der verlorenen Stadt ab. Das zwar nicht völlig makellose, aber dennoch erstaunliche und meiner Meinung nach zu harsch kritisierte, mit myteriös-esoterischen Fantasyelementen versetzte Action-Abenteuer trumpft mit einem vielseitigen, epochalen Score auf, der lange im Ohr bleibt und stellenweise auch unter die Haut geht. Zu den besten Stücken gehören das auf nautische Abenteuer Lust machende The Submarine, der aufregende Actiontrack The Leviathan, das andersweltliche Milo Meets Kida, das triumphale Stück Just Do It, und natürlich allen voran die himmlischen Tracks The Secret Swim und The Crystal Chamber, in denen James Newton Howard so richtig in die Vollen geht und den Zuhörer in die magische Mythologie von Atlantis entführt. Howards Kompositionen stecken voller Atmosphäre und werten als auf den Punkt gebrachtes, gleichermaßen klassisches wie ungewöhnliches Klangbett den Film der Glöckner von Notre Dame- und Die Schöne und das Biest-Macher Regisseure Kirk Wise und Gary Trousdale immens auf.
Wie ich im direkten Vergleich die Filmmusik von Der Schatzplanet, dem dritten Film in diesem Bunde, zu bewerten habe, ist schwer zu sagen. Auch Der Schatzplanet fällt durch seinen originellen Stilmix auf, es verbinden sich typisch-piratige Swashbuckler- und Abenteuermelodien mit elektrisierenden, modernen Arrangements, was natürlich perfekt zum den Anachronismus als Kunstform zelebrierenden Film passt. Als Gesamtwerk blieb mir der Score zu Der Schatzplanet nie so prägnant in Erinnerung, wie der zu Atlantis, dafür gefallen mir seine Highlight-Momente etwas besser als die Topstücke aus Atlantis. Das rasante, actionreiche und genießerisch-befreiende 12 Years Later (und seine Actionreprise Jim Saves the Crew), die verspielt bombastischen Fanfaren To the Spaceport und The Launch, die frohgemute Jig-Melodie Silver, und der garantiert während der Atlantis-Produktion entstandene, geheimnisträchtige und deshalb so faszinierende Track The Map wären wohl allesamt gute Kandidaten für eine um Filmscores erweiterte Disney-Musikhitliste gewesen.


Da Pixar anders als Disneys Zeichenstudio weniger auf den Einsatz von Songs setzt, überrascht es nicht, dass beim Studio mit der putzigen Lampe die instrumentale Hintergrundmusik prägnanter ist und länger in Erinerung bleibt. Doch auch in diesem Bereich macht sich wieder meine schwankende Anerkennung für Randy Newman bemerkbar: Selbst seine instrumentalen Kompositionen setzen sich nicht hartknäckig in meinem Gehör fest, so dass Findet Nemo der erste Pixarfilm ist, dessen Score mir langfristig in Erinnerung blieb. Thomas Newman, der Cousin des besagten Liedschreibers und Komponisten, schrieb für  Findet Nemo eine beeindruckend wechselhafte Filmmusik, die von traurig und belastend über träumerisch bis hin zu sorgenfrei erheitert reicht. Meine Lieblingsstücke aus Findet Nemo sind das berührende, verloren wirkende Titelthema Nemo Egg, das facettenreiche und zum Schluss sehr emotionale Fronds Like These, der gewitzt an den stereotypischen Kriminalfilm-Ausbruchplan-Sound angelehnte Filter Attempt, das sehr grimme und bleischwere Swim Down und zur Auflockerung gibt's noch den Surferspaß verkörpernden Schluss von The Turtle Lope hinterher.


Der nächste Pixar-Film stellte eine große Veränderung für die im Herzen junggebliebene Truppe aus Emeryville dar. Aus Angst, nach den vorangegangenen Erfolgen an Frische zu verlieren (und weil auf der legendären Brainstorming-Serviette des Pixar-Kernteams nur noch ein einziger Film übrig war), holte man sich mit dem ungestümen Brad Bird einen neuen Mann an Bord. Das Ergebnis reihte sich nahtlos ins Pixar-Schema ein, und war trotzdem eine wohltuende Abwechslung für das Studio. Mit der dekonstruktiven sowie glorifizierenden Superhelden-Komödie Die Unglaublichen überraschte mich Pixar auf's Neue und manifestierte ein für alle Mal die Überzeugung "Ach, Pixar schafft das schon", wenn die Frage aufkommt, ob das Studio jemals seine bisherige Spitzenleistung übertreffen kann. Teil von Birds Frischzellenkur war es auch, sich von den eher ruhigen Kompositionen der Newmans zu verabschieden und, nachdem Bond-Komponist John Barry ablehnte, Michael Giacchino in die Pixar-Familie einzugliedern, der seither ebenso traditioneller Bestandteil des Studios ist wie Randy Newman. Giacchino machte zuvor mit der Musik zu Alias - Die Agentin und Videospielmusik auf sich aufmerksam und durch Die Unglaublichen katapultierte er sich in die Spitzengruppe der Filmkomponisten. Voller Schwung und mit einer ehrlichen, handgemachten Bodenständigkeit feiert Giacchino mit diesem energiereichen Jazz-Score einen Retro-Chic der an den James Bond der 60er Jahre erinnert und dennoch originell und neu erscheint. Am denkwürdigsten sind die keinen Halt kennende Eröffnungsnummer The Glory Days, das stilvolle und galante Jazzclub-Stück Life's Incredible Again, die an Barjazz erinnernde (aber peppigere) Einlage Off to Work, das Actionstück 100 Mile Dash, sowie die coole und in all ihrer Beschwingtheit unbeirrt lässige Abspann-Suite The Incredits.

Nach einer kurzen stilistischen Abkehr zurück in die Pre-Monster AG-Ära (oder Pre-Nemo, sollte man zu den bösen, fiesen Menschen zählen, die sich nicht für Buh und ihren monströsen Teilzeit-Adoptivvater Sully erwärmen können), steigerte sich Pixar erneut. Ratatouille war der konkurrenzlose Kritikerliebling des Jahres. Die Musik zu Brad Birds zweite Regiearbeit für den Platzhirsch unter den Animationshäusern wurde ein weiteres Mal Michael Giacchino anvertraut. Dieser tauschte die Finger schnipsende, jazzige Bläserdynamik gegen schwelgerisch-pittoreske Romantik voller französischer Lebensart ein. Besonders gut zur Geltung kommt dieses künstlerische, herzliche Flair in dem Stück Wall Rat, das die Ausstrahlung französischer Liebesfilme nimmt und den prototypischen Klang des französischen Cinémas kondensiert in etwas mehr als zweieinhalb Minuten wiedergibt. Schneller und mit organisiertem Instrumentenchaos geht es dagegen in 100 Rat Dash, A Real Gourmet Kitchen und The Paper Chase während Souped Up, das Instrumentalstück zum Suppe kochen, ein wenig wie die französische Antwort auf den Score zu Die Unglaublichen klingt. A New Deal ist eine sehr unauffällige, zurückhaltende Komposition, aber sie versprüht so viel Pariser Studenten- oder Kunstviertelflair, dass ich mich ihr nicht entsagen kann. Remy Drives a Linguini ist eine sehr entspannte Trainingsmontage-Nummer, die so lässig ist, dass sie sogar mit frohem Rumgepfeife unterlegt wird. Ob das etwas über das amerikanische Bild Europas aussagen soll? Mit Colette Shows Him le Ropes würzt Giacchino seinen Soundtrack mit einer verspielten, zugleich kunstvollen Einlage, die in größerer Ausführung die End Creditouilles einläuten darf (wodurch die etwas kräftigere zweitere Fassung höher in meiner Gunst steht), während Kiss & Vinegar ein herrlich triefend-romantisches Stück mit vom Friedhof entflohener Musik zusammenpackt. Ein bisschen Kulturschock muss ja sein. In Dinner Rush zeigt sich dagegen, dass kultiviert französische Musik auch triumphal sein kann, ohne bei der Marseillaise abzukupfern, dafür packt Giacchino ein paar Notenfolgen aus der Rhapsody in Blue in die Restaurant-Stoßzeit hinein. Insgesamt ist der Ratatouille-Score, genau wie der Film, kunstvoller, abwechslungsreicher und herzlicher als Die Unglaublichen in Musik- oder Filmformat.

Wie bereits erwähnt, mühe ich mich seit Die Unglaublichen gar nicht mehr damit ab, zu sagen dass mein liebster Pixar-Film für immer und ewig feststehen wird. Sie werden schon irgendwann einen noch schöneren Film raushauen. Und wie auf Bestellung folgte auf Ratatouille das mich mit jeder einzelnen Faser meines Körpers vereinnahmende Meisterwerk WALL•E. Da seine Protagonisten ein besonders eingeengtes Vokabular haben, was WALL•E zu einem äußerst Dialog armen Film macht, und Regisseur Andrew Stanton beim Figurendesign weitere Einschränkungen sehen wollte, damit die Roboter als solche glaubhaft bleiben, spielen Toneffekte und Musik in ihm eine umso größere Rolle, da sie den Mangel an Worten ebenso kompensieren müssen, wie den Wegfall all zu weit schweifender Charakteranimation. Weil Stanton und Thomas Newman während der Arbeit an Findet Nemo auf einer Wellenlänge lagen, beschlossen sie, auch bei diesem Film zusammenzuarbeiten. Newman, der früh in der Produktionszeit des Films mit der Komposition begann, schuf für den nachdenklichen und romantischen Film einige sehr ruhige Instrumentalstücke, die die karge Erdlandschaft, die zu Beginn dieser düsteren Zukunftsvision gezeigt wird, mit einer traurig-verlassenen Seele füllte. Das mit einer verletztlich klimpernden Harfe eröffnende Stück 2815 A.D. stellt einen krassen Kontrast zum zuvor gehörten, optimistischen Put on Your Sunday Clothes und bereitet uns auf diesem Weg auf die zahlreichen Gefühlsschwankungen vor, die der Zuschauer während WALL•E zu erwarten hat. Der liebenswerte Metallkübel, den wir als Protagonisten kennen lernen, erhielt von Newman ein minimalistisches, exzentrisch-verspieltes Leitmotiv (passend WALL•E getauft), welches seine kindliche Natur genauso trifft, wie sein unscheinbares Äußeres. Die moderne und elegant aussehende Roboterdame EVE bekam hingegen ein leicht futuristisch angehauchtes, förmlich in der Luft schwebendes Leitmotiv, das dem Hörer mit femininer Grazie den Kopf verdreht. Ein knalliger und erfrischender Stilbruch erwartet einen hingegen mit First Date, einer blubbernden, heiter-verspielten Melodie im 60er-Retro-Kitschromanzenstil. Foreign Contaminant hingegen ist ein spaßig-steriles Stück, das die Zurückhaltsamkeit dieses Scores mit einem militärischen Drill und augenzwinkernd typischem futuristischem Gebiepe vereint, genauso wie WALL•E's Pod Adventure. Im heroischen Rogue Robots hingegen geht Newman zwischenzeitlich etwas mehr aus sich heraus. Mein liebstes Instrumentalstück aus WALL•E bleibt allerdings das hinreißende Define Dancing, eine von sämtlichen Sorgen losgelöste, stilvolle und romantische Melodie, die ohne Pathos oder Bombast auskommt. Sie ist einfach da, verzaubert und entschwindet leise wieder. Fast schon herzbrecherisch. 

Pixar blieb trotz Komponistenwechsel dieser ruhigeren, gefühlvollen Linie treu. Der ebenfalls sehr emotionale Film Oben bot wieder Musik von Michael Giacchino, der getreu dem Filminhalt auf eine nostalgische Note setzte, die an frühe Radiomusik der 30er erinnert. Der mit äußerst geringen Mitteln arbeitende Walzer Married Life dürfte gemeinsam mit der dazugehörigen Szene für ungezählte Tränen gesorgt haben und gehört aufgrund seiner starken Wirkung auch zu meinen liebsten Pixar-Stücken, obwohl ich ja mit den langsameren und traurigen Musikstücken des Disney-Fundus ja eher nicht so habe. Spaßiger ist da schon eher der kurze Action-Cue Three Dog Dash (na, erkennt da irgendjemand ein Schema?). Und mit diesem zweiten Track wären tatsächlich bereits meine liebsten Instrumentalstücke aus Oben aufgezählt. Ich gönne Giacchino den für Oben gewonnen Oscar natürlich vom ganzen Herzen, er hat äußerst effektive Musik geschrieben, die im Film wunderbar funktioniert. Von seinen Pixar-Scores finde ich ihn eigenständig allerdings am schwächsten.

Somit wären Disneys Trickfilme für diesen Artikel endgültig abgehakt, was aber natürlich nicht gleich bedeutet, dass es keine weiteren nennenswerten Scores gibt. Da Disneys Realfilme allerdings seit jeher nicht so stark mit Musik in Verbindung gebracht wird, wie ihre animierten Cousins, ist es innerhalb dieser Sparte schon etwas aufwändiger einzelne Tracks ausfindig zu machen. Viele Disney Realfilme erhielten nie ein Soundtrack-Album, andere wiederum glänzten nur mit Compilation-Alben, auf denen die Songs aus dem Film enthalten sind.  Und generell setzt eine prototypische Realfilm-Familienkomödie meinen Eindrücken nach ihren Fokus weniger auf Original-Filmmusik, als es Trickfilme tun, so dass sich oft nur ein bestimmtes Thema einprägt (wenn überhaupt). Dennoch gibt es ein paar Filme, die ich an dieser Stelle nennen möchte. So bietet die mit Zeichentrickelementen ausgestattete Liebeskomödie Verwünscht hauptsächlich gelungene, instrumentale Abwandlungen von Menkens herrlichen Musicaleinlagen, aber aus Ermangelung eines Schurkensongs war der Disney-Stammkomponist gezwungen für die brüllend komisch übertrieben gespielte Ankunft Narissas in New York ein eigenständiges zu schreiben. Narissa Arrives lässt sich, genauso wie die Lieder Der wahren Liebe Kuss (Platz 284), Das flotte Aufräumlied (Platz 155) sowie Wie zeigst du deine Liebe? (Platz 25), ganz nüchtern als ernst gemeinter, etwas dick auftragender Vertreter seiner Gattung betrachten, oder als wunderbar überzogene Parodie. Denn diese Schurkennummer lässt kein Klischee aus. Mysteriöser, einschüchternder Chorgesang, hektische Streicher, Parts mit abgehakter Melodie, halt alles, was ein Bösewicht so musikalisch braucht.

Einer der wenigen Disney-Realfilme, der in das kulturelle Gedächtnis genauso einging wie viele der Zeichentrickklassiker (und mehr Fortsetzungen erhielt, als auch nur irgendeiner von ihnen), ist Ein toller Käfer. Und Komponist George Bruns schrieb dessen Hauptdarsteller ein Titelthema auf den metallenen Leib, wie es treffender nicht sein könnte. Herbie (The Love Bug Theme) ist genauso quirlig, süß und springfidel wie der kleine, weiße VW-Käfer, den man einfach lieb haben muss. Das Thema begleitet, hie und da etwas umarrangiert, den kleinen Wagen mit dem großen Herzen (und einigen Macken, wie seinem sturen sprichwörtlichen Schädel) durch all seine Reisen. Vom Anfang als unterschätzter Rennwagen im unsterblichen Komödienklassiker Ein toller Käfer, über seine skurrile doch unwiderstehliche Rolle als Beschützer einer alten Dame in Herbie groß in Fahrt, über seine nahtlos ans Original anschließende Rückkehr ins Renngeschäft (Der tolle Käfer in der Rallye Monte Carlo) bis hin zu seinem katastrophalen Südseetrip in Herbie dreht durch. Da bevorzuge ich doch tatsächlich seine TV-Ausflüge und den ganz frischen (und dämlich betitelten) Neuaufguss Herbie fully loaded mit einer noch sauberen Lindsay Lohan, deren größtes Problem es war, dass sie verflucht und verflixt doch eins nicht wusste, wo sie ihren verdammten Arsch gefälligst zu parken hat und wo nicht! Boah, das werde ich ihr nie verzeihen, das sage ich euch! (Ratlose gehen bitte zu diesem Beitrag zurück...)


Ein weiterer Disney-Realfilm, bei dem mir aus musikalischer Sicht hauptsächlich das Titelthema in Erinnerung blieb, ist das Abenteuerdrama Iron Will. Iron Will ist in meinen Augen ein archetypisches Beispiel für die Art von Filmen, die typisch Disney sind und die allgemeinhin mit der Realfilmsparte des Studios in Verbindung gebracht werden könnte, würde man sich nur öfter solcher Stoffe annehmen. Die Geschichte spielt im Jahr 1917 und erzählt von einer armen Familie im eisigen Norden Amerikas, deren Oberhaupt bei einem tragischen Hundeschlitten-Unfall stirbt. Der schwächliche jugendliche Sohn der Familie muss nun Geld heran treiben, und er entschließt sich zum wahnsinnigen Vorhaben, sich beim Schlittenrennen anzumelden um mit dem Preisgeld eine Existenz gründen zu können. Iron Will versinkt zwar zugegebenermaßen an manchen Stellen im Pathos, generell ist dieses Abenteuerdrama allerdings trotz seiner Familientauglichkeit sehr ernst und inspirierend. Es verzichtet auf stimmungslockernde Witzchen und inszeniert das Schlittenrennen durchaus mitreißend. Man stelle sich vielleicht Snow Dogs in gut vor, mit einer Prise Antarctica und einem sehr gefühlvollen musikalischen Leitmotiv.
Auch bei der Mighty Ducks-Trilogie ist es vor allem das Titelthema, das mir immer wieder positiv auffällt, auch wenn dieses recht typische Sportfilm-Thema nicht zu den Hauptgründen zählt, wieso mir diese Filme noch immer so gut gefallen. Sie sind halt einfach herzliche und liebenswerte Chaotenkomödien, die auch nach mehrfachem Sehen nicht alt werden wollen.
Das Hauptthema wurde von David Newman geschrieben, der beim ersten Teil als Komponist tätig war. Für die Fortsetzungen kam J.A.C. Redford an Bord, der ebenfalls einige ganz genehme Stücke für die Reihe schrieb. Insbesondere die Sportszenen sind in der Mighty Ducks-Reihe immer ganz kraftvoll untermalt worden. Im dritten Teil hat es Redford, der später als Orchestrator für WALL•E und Avatar tätig war, jedoch etwas übertrieben. Einige der Eishockey-Sequenzen haben einen derart martialischen Score verpasst bekommen, dass es zu viel des Guten wurde. Klar, der freundliche Spinnertrupp kommt auf die High School und hat so mit härteren Bandagen zu kämpfen, aber wenn sich einige 90er-Actionthriller hinter der Kampfmusik zu verstecken haben und man das ganze nicht ironisch überhöht gemeint hat, dann ist da irgendwas daneben gegangen.

Ein nicht nur im Film sehr gut wirkendes, sondern auch recht bekanntes Stück hatte kurz darauf der Abenteuerfilm Mein großer Freund Joe zu bieten. Den Film werden nicht sehr viele gesehen haben, aber James Horners idyllischer Komposition Dedication and Windsong kann man immer wieder vollkommen unerwartet begegnen. Die heimelige Melodie, die in ihren Höhepunkten von einem Swahili-Chor begleitet wird, findet öfters Weg in Kompilationen der wichtigsten James-Horner-Stücke oder auch der erinnerungswürdigsten Filmscores der letzten Jahre. Der Film selbst gefällt mir ebenfalls sehr gut, und um genau zu sein finde ich ihn sogar besser als Horners Arbeit für ihn. Natürlich kann man von einem Disney-Remake einer King Kong-Abkupferung keine weltbewegenden Anflüge von Originalität erwarten, doch dieses schön anzusehende und mit sehr guten (Oscar nominierten) Spezialeffekten versehene Abenteuer über einen sanften Riesen und seine beißerische Beschützerin (gespielt von Charlize Theron) hat viel Herz, eine gute Prise Humor und (in der ungeschnittenen Fassung) auch eine tüchtige Dosis gelungener Action. Sehr viel mehr erwarte ich von dieser Art Film doch gar nicht.

Ein anderer Film, der auf dem Papier betrachtet lediglich die typischen Mindestanforderungen an einen sympatischen Unterhaltungsfilm erfüllt, in seiner Ausführung aber eine solche Freude beweist und eine seltene Aufrichtigkeit ausstrahlt und deswegen zu Recht berühmter und langfristig gesehen deutlich erfolgreicher wurde, ist dagegen Cool Runnings. Jon Turteltaubs Sportkomödie über die erste jamaikanische Bobmannschaft ist erfrischend, witzig und hat sehr viel Seele. Und einen genialen Score. Kommt euch das vielleicht bekannt vor: Ein Disney-Film aus den 90ern eröffnet mit der aufgehenden Sonne und es gibt Musik von Hans Zimmer zu hören? Jepp, Cool Runnings schlug Der König der Löwen in den Kinos um ein Jahr. Im Score mischt Zimmer klassisch energische Sportfilmmelodien (ihr wisst schon, diese anschwellenden, dynamischen, inspirierenden Musikstücke mit einer dicken Schicht Pathos) mit jamaikanischem Flair (Steel Drum sei dank), doch das Chamäleon Zimmer bringt auch texanische Country-Würze und sehr dramatische Elemente mit ein. Ein toller Score voller guter Themen, der leider nur in komprimierter Medley-Form den Weg auf das Soundtrackalbum fand. Das käme heute sicherlich nicht mehr vor.
Um direkt bei Hans Zimmer zu bleiben: Es darf wohl niemand überrascht sein, dass ich seinen Piraten-Score zum niederknien möchte. Passend zur Stimmung des Films vermengt Zimmer seinen aus den 90er Jahren berühmten Stil mit seinem markanten, wuchtigen Synthesizer- und Gitarren-Sound mit losgelösten Seefahrtsmelodien, inklusive der obligatorischen Tin Whistle. Hinzu kommen ein paar Stellen (vor allem im Stück Rescue), die schon etwas selbstparodistisches aufweisen, da sie stark überhöhte, auf die Piratenthematik umgemünzte Varianten seines Crimson Tide-Scores darstellen. Vor allem geht Zimmers Score auch sehr gut in die Lieder des Films über, wie man etwa an seinem Intro Treasure Island bemerkt, das euphorisch auf den großartigen Song Leinen los (Platz 39) einstimmt. Doch das ist nicht Zimmers einziger denkwürdiger Beitrag zum Soundtrack von Muppets - Die Schatzinsel, er schrieb auch an der spaßigen Inseleinwohner-Nummer Boom Shakalaka (Platz 227) mit.

Der letzte Disney-Spielfilm aus den 90ern, der einen eingängigen Score hat und deswegen hier genannt werden muss, ist Zurück nach Hause - Die unglaubliche Reise, ein schön fotografiertes Familienabenteuer, in dem sehr viele der Emotionen allein durch die Musik übertragen werden. Geschrieben wurde die Musik von Bruce Broughton, der zuvor an Dallas mitwirkte und später neben den Instrumentalstücken für die Fortsetzung von Zurück nach Hause (Ein tierisches Trio - Wieder unterwegs) auch den Originalscore für die großartige "Walt Disney Studios Park"-Attraktion Cinémagique und die Musik zu Bambi 2 schrieb. Für Zurück nach Hause - Die unglaubliche Reise gälte übrigens, hätte ich sie tatsächlich für eine etwaige, größere Disney-Musikhitliste zugelassen, wie für einige andere Realfilmscores das Problem, dass die Tracks mit den Instrumentalstücken unglücklich gesetzt sind. Da mag ich mal bei jenem Stück 30 Sekunden, mal bei dem das mittlere Drittel... Es veröffentlicht halt nicht jeder so hörerfreundlich aufgeteilte Alben wie Hans Zimmer. Ein weiterer Grund, weshalb ich mich gegen Scores innerhalb Musikalisches Immergrün entschied.

Vor den 90er Jahren gibt es abseits der Herbie-Reihe bloß drei Disney-Spielfilme, deren Score meiner Meinung nach erwähnenswert ist. Da wäre zunächst Disneys erster in den USA gedrehter, reiner Spielfilm: 20.000 Meilen unter dem Meer, ein solider Kandidat für die obersten Ränge in der Liste der objektiv besten Disney-Realfilmen aller Zeiten. Die Atmosphäre ist zum schneiden dick, die Darsteller geben allesamt gute Leistungen, die Produktionswerte sind hervorragend und die musikalischen Hauptmotive von Disneys Stammkomponisten der frühen Jahre, Paul J. Smith, sind sehr wirkungsvoll. Ähnliches gilt auch für Das schwarze Loch, Disneys erstem Film, der in den USA keine uneingeschränkte Jugendfreigabe erhielt. Der Sci-Fi-Thriller, der 1979 die Neuorientierung während so genannten "Dark Ages" lostrat, wurde oftmals als "Disneys 20.000 Meilen unter dem Meer... im Weltall!" beschrieben, und auch wenn er bei weitem nicht so straff inszeniert und beeindruckend ist, so spürt man in seinen besten Momenten (filmisch wie musikalisch) eine gewisse Verwandschaft. Mit Tron, dem ikonischsten Disney-Film dieser Neuorientierungsphase, hätten wir dann auch schon den letzten Pre-90er-Realfilm erreicht, den ich aufgrund seines Scores loben möchte. Da die Kompositionen von Wendy Carlos im Kontext des Films deutlich besser funktionieren, als beim Versuch eigenständig zu wirken, hätten wohl trotz der Originalität und Besonderheit dieser Stücke nur Ring Game and Escape, Tron Scherzo, 1990′s Theme (von Journey),  Ending Titles und Tronaction [Original Version] eine gewisse Chance gehabt in die sicherlich stark erweiterte Hitliste zu kommen.

Wie schon bei den Original-Filmsongs ist es übrigens mal wieder Jerry Bruckheimer, der von einem anderen Reglement hinsichtlich der Hintergrundmusik ordentlich profitiert hätte. Seine Produktionen überzeugen mich immer wieder mit ihrem bei verschnupft redenden, hochnäsigen Connaisseuren der gemächlichen Notenführung sicherlich umstrittenen, wuchtigen und wummernden Sound. Ganz vorne mit dabei ist natürlich The Rock, der mit den vereinten Kräften von Nick Glennie-Smith, Hans Zimmer und Harry Gregson-Williams ein ganzes Jahrzehnt an Actionmusik prägte. Eine Armada an wummernden Bässen, ominösen Chorälen und dröhnenden Elektronikklängen haut einem hier bombastisch arrangierte, simple Melodien um die Ohren. Liebt es oder hasst es, ist das Motto. Aber wer will bei einer Regiearbeit von Michael Bay bitte singende Gläser und schwangere Wale hören? Es passt zum Film, es haut rein und es wird nicht ohne Grund bis heute kopiert. Weniger heroisch-melodiös, dafür noch härter, cooler und klampfiger sind die denkwürdigsten Themen aus Con Air (mit den Komponisten Mark Mancina und Trevor Rabin), einem weiteren Eintrag in Bruckheimers explosive Ära des "Hirn aus, Testosteron kochen lassen, Spaß ab!"-Megablockbusters. Vor allem das in nahezu sämtlichen Trailern zum Film verwendete Leitmotiv mit dem sich bis ins Mark beißenden Gitarrenriff hat es mir angetan. Männliche Musik für männliche Film, jawoll! *grunz* Umso unverständlicher der weinerliche Countrysong, der für Con Air geschrieben wurde...


Trevor Rabin ist sowieso heimliches Mitglied der Riege meiner Lieblingskomponisten. Er ist zwar weit von der wagemutigen und exzentrischen Experimentierfreude von Hans Zimmer entfernt, die Balance zwischen breiter Publikumstauglichkeit und künstlerischer Narrenfreiheit die letzten Jahre über wahrlich meisterlich ausübte, doch seine energiereichen Kompositionen haben in ihrer bombastischen Wirkung etwas eingängiges und ansprechendes, das ich nicht ganz benennen kann, aber richtig gern habe. Zudem trifft Rabin immer genau den Ton des Films, behält dabei dennoch eine eigenen Note. Überhaupt stellt sich die Frage, was denn nun "intelligente Instrumentalmusik" ist. Der gemeinsam mit Harry-Gregson Williams entworfene Score zu Der Staatsfeind Nummer Eins ist vorantreibend und er arbeitet die sich wegen der Überwachungsthematik des Films anbietenden, typischen surrenden und flimmernden Elektronik-Soundeffekte pointiert in die Musik ein. Zudem hat die Musik dieses Films eine paranoide, hektische Ausstrahlung, gönnt sich an manchen Stellen aber ausdrucksstarke, kurze Ausflüge ins hilflos verlorene, beinhaltet kapitulierende Klangmotive. Die Instrumentenauswahl ist genretypisch, der Score ist klar auf Action gebürstet und kein Bahnen brechender Oscar-Kandidat, aber er geht über die klassischen Anforderungen innerhalb dieses Genres hinaus. Ist das nun dumme Musik, einfach nur weil sie schnell und laut ist?
Dennoch muss ich zugeben, dass Rabin generell etwas "leichter verdaulicheren" Hörgenuss komponiert. Trotzdem ist sein Score zu den Filmen Das Vermächtnis der Tempelritter und Das Vermächtnis des geheimen Buches verdientermaßen ein überraschender Publikumsrenner. Rabins effektiv eingesetztes hin und her zwischen Streichern und Elektronika ist sehr eingängig und die simplen, aber den Film gut unterstreichenden Melodien sind flexibel genug, um den steten Stilmix mitzumachen. Die Vermächtnis-Reihe bietet eine bunte Verfolgungsjagd durch verschiedene Subströmungen des großen Hollywood-Action- und -Abenteuerkinos, und Rabins Musik reflektiert das meiner Ansicht nach ganz erfolgreich und verpackt dies in einen hübschen, unterhaltsamen Score. Da finde ich seine Musik zu Nur noch 60 Sekunden weniger konstant, es gibt einige Stücke die richtig reinhauen und wie eine Adrenalinspritze funktionieren, andere sind mir dagegen tatsächlich zu stereotypisches Actionfilm-Geklimper. Inspirierter ist da wieder sein Beitrag zu Gegen jede Regel, der zwar an der Schwelle zum Pathos steht, aber sehr wirkungsvoll ist und vor allem die triumphalen Szenen des Sport- und Rassendramas kraftvoll untermalt. Und so fand auch dieser Score Eingang in einige Filmmusikretrospektiven, wodurch er zumindest in hiesigen Gefilden mehr Bekanntschaft erhalten haben könnte, als durch den eigentlichen Film


Rabins anspruchsvollster, oder sagen wir besser sein emotional komplexester, Score ist (zumindest meiner Auffassung nach) ironischerweise ausgerechnet der selbst für Jerry Bruckheimers Standards enorme Action-Blockbuster Armageddon. Ja richtig gelesen, die ungeheuer unterhaltsame, hohle, super aussehende Riesenproduktion von Regisseur Michael Bay. Es ist allerdings eine knappe Entscheidung, da Rabins Kooperation mit Williams für Der Staatsfeind Nummer Eins ebenfalls unterschiedliche Stimmungen einfängt, aber das gelebte Mega-Popcornkino namens Armageddon macht auch in diesem Bereich seinem Ruf als typisches Bombastkino alle Ehre: Größer, schneller, lauter, von allem mehr! Die Filmmusik zu Armageddon muss, obwohl der Film bereits durch intensiven Einsatz von neuen und altbekannten Songs gestützt wird, eine beklemmende Weltallatmosphäre erzeugen, die pompösen Actionszenen begleiten, den patentierten Hollywood-Wohlfühlschmalz in den Liebesszenen rüberbringen und den Erdenrettern ein angemessen heroisch-triumphales Leitthema geben. Die Musik muss einen Ausdruck der Endgültigkeit inne halten, schließlich geht es um den drohenden Weltuntergang, aber nicht zu hoffnungslos sein, immerhin ist dies Jerry Bruckheimers massiver Sommerunterhaltungsfilm und kein verängstigendes Drama über den Herbst der Menschheitsgeschichte. Rabin bewältigt diesen atmosphärischen Flikflak und setzt mit seinen ausdrucksstarken Kompositionen sogar einen Salto obendrauf. 

Man erinnert sich vielleicht nicht mehr daran, aber auch Michael Bays auf Armageddon folgendes Stück Bombastkino Pearl Harbor hatte einen gelungenen Score auf seiner Pro-Seite stehen. Hans Zimmer erprobte sich auch bei diesem Kriegs-Romantik-Actiondrama darin schwermütige und romantische, leidvolle Themen unter seine typischen Actionthemen zu mischen und so dem Film etwas mehr Klasse zu verleihen. Schon ein paar Jahre vorher ging Zimmer mit großem Ernst an eine Bruckheimer-Produktion: Der U-Boot-Thriller Crimson Tide sollte gemeinsam mit The Rock den Stil Zimmers und seiner Kollegen für immer prägen, und während The Rock seine Männlichkeit durch rockig-wummernde Melodien unter Beweis stellte, wurden die Elektronik-Klänge in Crimson Tide zusammen mit einem ernsten Männerchor vollstens zu dramatischen Effekten genutzt. Der ausdrucksstrarke Score erhielt einen Grammy und wurde häufig kopiert, hat aber einen geringeren Ohrwurm-Charakter wie manch andere Zimmer-Soundtracks. 


Aus diesem Grund bin ich auch etwas wankelmütig, was den Score zu King Arthur anbelangt. Alles in allem ist er wirklich sehr solide und eine gute Untermalung für den Film, doch ich bin von Zimmer in den letzten Jahren doch etwas herausstechenderes gewöhnt. Jedoch gibt es in King Arthur einige überaus erfreuliche positive Ausnahmefälle, namentlich der atmospährische Anfang von Do You Think I'm Saxon?, das vielseitige Stück Woad to Ruin und das martialisch-mystische All of ThemUnd da ich bereits von Hans Zimmer dran bin, sollte ich wohl endlich auf das eingehen, was hier eh alle erwarten: Ja, selbstverständlich muss ich noch die Musik aus der Pirates of the Caribbean-Saga erwähnen. Hätte ich in meiner Hitliste Instrumentalstücke berücksichtigt, dann wäre mit zahlreichen Themen und Suiten aus Fluch der Karibik, Pirates of the Caribbean - Fluch der Karibik 2 und Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt  in den oberen Rängen meines Musikalisches Immergrüns zu rechnen. Ich ging ja bereits ausführlich auf den Score zur Trilogie ein (*siehe hier*), und auch wenn sich seither vielleicht ein paar Verschiebungen in meiner Präferenzliste ergaben, so kann man anhand dieses Artikels sicher genügend über meine Liebe zu diesen Stücken ablesen. Deshalb spare ich mir an hiesiger Stelle weitere Ausschweifungen über meine geliebte Filmreihe.

Die letzte (und jüngste) Jerry-Bruckheimer-Produktion, die ich aufgrund ihres Scores erwähnen möchte, ist Prince of Persia - Der Sand der ZeitHarry-Gregson Williams' orientalisch angehauchter, in klassischer Hollywood-Abenteuerromantik schwelgender Orchesterscore hat nicht ganz die Griffigkeit der 90er-Bruckheimer-Blockbuster oder die unvergessliche Einschlägigkeit der meisten Themen aus der Pirates-Reihe, trotzdem fand ich nach mehrmaligem Anhören immer mehr Freude an diesem Score. Die im besten Sinne altmodischen Melodien versetzen ein förmlich in das aufblühende, abenteuerliche Persien vergangener Tage und lässt von 1001 Nacht träumen. Aber auch die etwas zeitgenössischeren Einlagen, die meistens nur einmalig vorkommen und sich so noch stärker von den exotisch-romantischen Hauptthemen abheben, sagen mir zu. Kein Score, der es sehr weit nach vorne geschafft hätte, aber ein paar Melodien hätten durchaus das untere Drittel meiner Hitliste aufmischen können. 

Und dann wäre da natürlich noch Klaus Badelt, der in dieser Auflistung über kurz oder lang unvermeidlich ist. Badelt führte im Auftrage Zimmers ja bekanntermaßen den Soundtrack zu Fluch der Karibik aus, aber auch eine seiner eigenständigen Arbeiten hätte Anerkennung in einer Musikalisches Immergrün-Reihe mit anderem Reglement gefunden. Der mittlerweile durch den Filmfan-Underground zum Kultfilm aufgestiegene Sci-Fi-Thriller Equilibrium vom damals noch zur Disney Company gehörenden Semi-Independentlabel Dimension Films vermengt die bedeutendsten Werke der dystopischen Literatur (1984, Fahrnheit 451 und Schöne, neue Welt) zu einem eiskalt-stylischen Action-Thriller mit einem steinernen Christian Bale in der Hauptrolle und einem je nach Sequenz mit stimmigen, dystopisch abgewandelten Themen im Stil von Crimson Tide (schneller und kälter) oder besonders treibenden und wilden Mischmasch aus Bass und Synthesize, Elektronik und Rockwurzeln. Und gerade diese Actionthemen haben es mir am meisten angetan. 
Zum Schluss seien noch die Titelthemen aus Tim Burtons Ed Wood und Robert Rodriguez' Sin City eingeworfen. Mit der Titelmelodie von Ed Wood fängt Howard Shore vortrefflich den Geist der C-Filme Woods ein, den Klang billigster Horror- und Science-Fiction-Filme, sowie die Exzentrik des semi-offiziell gekürten schlechtesten Regisseurs aller Zeiten. Robert Rodriguez' peppiger Versuch, sich einem typischen Film-noir-Motiv zu nähern und seinen eigenen, weniger gezügelten Stil mit einzubringen, ist allein schon aufgrund seiner Coolness erwähnenswert. Dass er die Saxofon-Partitur in Grindhouse wiederverwendete um das anzüglich-sinnliche und nicht minder coole Hauptthema dieses stylischen Schundprojekts zu würzen, ist nicht weiter schlimm. Ich seh's eher als einen kleinen Insiderverweis. Schließlich operiert die Sin City-Welt ebenfalls auf Grindhouse-Logik.

Instrumentale Videospiel-Musik


Es gibt sicherlich einige denkwürdige Videospiel-Melodien, und gerade als treuer Nintendo-Zocker dürfte ich einer Vielzahl der berühmtesten virtuellen Musikstücke begegnet sein. Schmeißt man dann noch Disney in den Mix, was kann da groß schief laufen? All zu viel zugegebenermaßen nicht, allerdings sind in nahezu allen mir bekannten Disney-Videospielen die besten Themen die, die mir bereits in anderen Werken begegneten. Verlässt man den Nintendo-Tellerrand, so findet sich ein kleines Franchise namens Kingdom Hearts. Nicht gerade unbekannt, diese kuriose Ehe aus Square Enix und Disney, und wie es die großen Nippon-RPGs meistens so auf sich haben, bietet auch Kindgom Hearts einen durchaus aufwändig orchestrierten Soundtrack. Da ich keine Sony-Konsole besitze (mehr zu meiner Videospiel-Biografie hier), konnte ich die entscheidenden Teile der Reihe stets nur anspielen. Allerdings habe ich vor einiger Zeit günstig das Album des ersten Teils erstanden, und was soll ich sagen: Auch wenn Kingdom Hearts viele Fans hat, die neue Musik daraus ist nicht so wirklich meins. Also: Selbst mit Regeländerungen hätte es Kingdom Hearts nicht in meine Hitliste geschafft. Sorry, Leute.


Um Disney-Videospielmusik zu finden, die nicht auf vorherigen Stücken basiert und mich dennoch vollkommen überzeugte, muss man schon etwas weiter in die Zeit zurückreisen. Zurück in die Anfangszeit von Disney Interactive, als man mit der Mortal Kombat 3-Schmiede Eurocom zusammenarbeitete um einem der ältesten Disney-Helden ein neues Alter Ego zu verleihen. 
Ja, die Rede ist vom nicht genügend respektierten Jump'n'Shoot-Abenteuer Donald in Maui Mallard (aka Maui Mallard in Cold Shadow). Mein absolutes Lieblingsspiel und bis heute ungebrochen mein größtes Wunsch-Filmprojekt. Donald, tropische Insel, unheimliche Flüche, untote Piraten, Ninjas, Ninja-Zombies, mechanische Riesen-Spinnen (Jahre vor dem Will-Smith-Desaster), Kannibalen; dieses mystische Abenteuer hat alles, was spannende Unterhaltung braucht. Dazu gehört auch der großartige Score, der von tropischer Urlaubsmusik über geheimnisvolle Urwaldsklänge hin zu unerwartetem Swing mit lässig-rockigem "Wumms" eine schillernde Vielfalt bietet, die trotz allem einheitlich und zusammengehörend wirkt. Und wie mir erst vor kurzem bewusst wurde: Verantwortlich für diese geniale Musik war Michael Giacchino, der hiermit eine seiner ersten Arbeiten ablieferte. So wurde ich ganz heimlich als Kind mit seinem Stil indoktriniert, so dass ich ihn nach der Jahrhundertwende als Pixar-Komponist und enger Kollaborateur von JJ Abrams sofort ins Herz schloss, nichts ahnend, dass ich bereits einen seiner Scores rauf und runter gehört habe. Egal welches Level, ob Titelbildschirm oder Abspann: An Donald-Musik hätte es gleich einen ganzen Score zusätzlich in meiner Hitliste gegeben, wäre ich wahnsinnig genug, Instrumentalmusik wie Songs zu bewerten.


Nicht speziell für den Film geschriebene Lieder aus Kinoproduktionen anderer Label des Disney-Konzerns


Mit dieser Kategorie wäre endgültig das Fass ohne Boden geöffnet. Über die Zulassung von Original-Filmmusik aus sämtlichen Filmen des Disney-Konzerns könnte man ja im Rahmen einer solchen Hitliste, wie ich sie beabsichtigte, noch diskutieren, vor allem seit Nightmare before Christmas die Grenzen vollkommen verwischt hat. Sämtliche Musik aus Disneyfilmen zuzulassen ist schon fragwürdiger und Instrumentalmusik hätte es mir unnötig schwer gemacht. Aber dies hätte wirklich viel zu vielen Songs Tür und Tor geöffnet. Ich hätte eventuell die Regel aufstellen können, dass Lieder, die fest mit ihrem jeweiligen Film in Verbindung stehen, akzeptabel wären. Allerdings wirft sich da die Frage auf, ab wann Songs so eng mit einem Film vereint sind, und wann nicht, was es zu einer sehr schwammigen Regel gemacht hätte. Als nächstes könnte ich noch Musik aus den Parks zu lassen, und dann gibt es keinerlei Begrenzungen mehr, den Entertainment-Distrikten sei dank. 


Doch hierfür haben wir ja diesen Artikel. Also blicken wir Mal kurz über Lieder, die ich unter Verwendung dieser schwach umrissenen Regel vielleicht berücksichtigt hätte. Und da ich ja irgendeinen groben Faden benötige, an dem ich mich nun entlang hangle, beginne ich einfach dort, wo ich vor dem Videospiel-Einschub aufhörte. Denn Robert "El Mariachi" Rodriguez hat ein gutes Gespür für Musik. Die Lieder aus Desperado und Irgendwann in Mexiko wären vielleicht mangels Wiederspielbarkeit außerhalb des Films (zumindest für mich) knapp gescheitert, aber Tito & Tarantulas After Dark aus From Dusk Till Dawn ist zu Recht Kult geworden. Langsamer, sinnlicher mexikanischer Bar-Flair, und meiner Meinung nach besser als die berühmte Erotiktanz-Sequenz, die er begleitet. Noch besser gefällt mir aber der für alle und jeden mit Sin City in Verbindung stehende "The Servant"-Song Cells. Berühmt geworden durch die großartig geschnittenen Trailer zur originalgetreuen Comicverfilmung, denkt jeder, dass es auch ein Lied aus dem Film ist. Für mich versinnbildlicht es Sin City so sehr, dass ich diesen Song für meine Miramax-Retrospektive auswählte und nicht etwa Rodriguez' Score. Tatsächlich kommt Cells aber bloß in den Trailern und im DVD-Menü vor. Dennoch ist es große Klasse. Dreckig, cool, paradoxerweise aufheiternd wie pessimistisch zugleich. 


Bei Trailermusik kommt mir auch sofort Let Go von Frou Frou in den Sinn, das den grandiosen Teaser-Trailer zu Garden State begleitete. Im Gegensatz zu Cells kommt Let Go allerdings auch im endgültigen Film vor. Zach Braffs Regiedebüt Garden State gehört zu meinen absoluten, unanstreitbaren Lieblingsfilmen und dieser dem Genre Ambient oder dem Indietronic zuzuordnende Song sprengt nicht nur die (nicht gerade streng überwachten) Stilgrenzen meines Musikgeschmacks, um sich ganz unabhängig von Garden State einen Ehrenplatz in meiner "Musikbiografie" zu ergattern. Ja, die Beziehung zu Garden State, der Umstand, dass dieses Lied die komplexe Stimmung dieses skurril-warmherzigen Dramas mit feinem Sinn für Humor perfekt wiedergibt, sorgen natürlich für weitere Sympathiepunkte. Aber ich fand den Song bereits im Trailer großartig, bevor ich überhaupt wusste, ob Garden State meinen Erwartungen gerecht wird. Mit großem Abstand zu Let Go finde ich auch Don't Panic von der mir üblicherweise nicht so liegenden Gruppe Coldplay und In the Waiting Line von Zero 7 außerhalb des Filmes ganz gut.

Die musikalische Krönung des Miramax-Schaffens ist allerdings ohne jeden Zweifel Chicago. Rob Marshalls einfallsreiche, augenzwinkernde und vor allem wundervoll fotografierte Musicaladaption kann sich hinter Garden State als mein zweitliebster Miramax-Film einordnen. Der Cast ist großartig aufgelegt, die Musiksequenzen super choreographiert und Marshall erzeugte eine mich sehr ansprechende, ambivalente Atmosphäre in seinem Film. Verrucht-leichtherzig-böse. Kunstvoll oder doch eher rein unterhaltsam? Ernst oder ironisch? Irgendwie von allem ein bisschen. Das gilt auch für die Songs von John Kander und Fred Ebb - und die Gesangseinlagen sind für die Bewertung eines Musicals logischerweise ausschlaggebend. Queen Latifahs verführerisch-spielerisches Mama erinnert mich immer ein wenig an Arme Seelen in Not (Platz 161), und ihre Art zu Tanzen mindert diese Assoziation nicht gerade. Welches Lied ich mehr mag? Ohje, das mag ich jetzt nicht entscheiden. Nicht ganz so toll, aber weiterhin gut genug um einige der Aida-Lieder zu schlagen sind Billy Flynn und Understandable. In einem feinen Twist bezüglich der Frage "Wer genau ist nochmal die Hauptfigur", würde ich der Protagonistin Roxie Hart nur mit Good Night zu meinen Lieblingsliedern zählen. Ich habe keine Aversionen gegen sie, aber die "Nebenfiguren" bekommen einfach bessere Songs. Auch ihr weichlicher Ehemann, der mit Mr. Zellophane eine tolle Varieté-Ballade singt, die einfach nicht aus dem Ohr gehen will. Und wer nach Chicago bei einem geschickt gemachten Fall (nicht all zu boshaften) Fall der Medienmanipulation nicht verschmitzt Ruzzle-Duzzle vor sich hersummt, der hat vermutlich zu wenig Humor. Oder er reserviert das Lied für Selbstkommentare, wenn er mal wieder seine Umgebung blendet.
Die zwei besten Songs in Chicago sind aber ganz klar All That Jazz (ob als Eröffnung oder als Reprise in The Duo), der jazzig-flotte Ohrwurm von Selma (Catherine Zeta-Jones) und dann nochmal mit einem ansehnlichen Vorsprung der Cellblock Tango. Kann man einem Lied über Mord noch mehr klangvollen Sex verleihen, als in diesem Song? Ich glaube kaum, aber wenn einige Leserinnen mir das Gegenteil beweisen wollen, ich bin für Videodateien offen. Denke ich... Naja, vielleicht ist Cellblock Tango das verführerischste und mitreißendste, das man so genießen kann, ohne zu große Risiken einzugehen...

Um noch kurz bei Miramax zu bleiben: Quentin Tarantinos Musikgeschmack ist perfekt für seine Filme, aber in meinen Alltag haben es nur Battle Without Honor or Humanity (wieder Trailermusik), Don't Let Me Be Misunderstood (welches ich schon vorher kannte) und A Fistful of Dollars aus Kill Bill sowie Misirlou und Jungle Boogie aus Pulp Fiction (und zwei weitere Trailer-Nummern) geschafft.
Auch der gute Kevin Smith hätte nicht viel in der Hitliste bewegt: Jungle Love von Morris Day and The Time aus Jay und Silent Bob schlagen zurück macht Laune, das war's dann. Wie bei Tarantino gilt: Innerhalb des Films ist alles in Ordnung, aber ich brauche die wenigsten Lieder außerhalb dieses Kontexts.
Aber Disneys einstiges Aushängeschild unter den Non-Disneymarken hat mir noch ein paar Lieder nahe gebracht. Aus dem hier bereits mehrfach herbeizitierten Con Air zum Beispiel habe ich Sweet Home Alabama und die wohl sarkastischste Definition des Wortes "Ironie" mitgenommen. Danke, Garland.

Der Touchstone-Film schlechthin, bei dem es eigentlich bloß eine Frage der Zeit ist, bis er den selben Weg wie Nightmare before Christmas geht, ist ja
Falsches Spiel mit Roger Rabbit. In Zeiten, in denen Jerry Bruckheimer einen PG-13-Film nach dem anderen bei Disney parkt, sollte eine augenzwinkernde Film-Noir-Handlung über einen trinkenden Privatdetektiv, der in einem Mordfall mit einem Zeichentrick-Kaninchen als Hauptverdächtigen ermittelt, ja keine zu großen Schwierigkeiten für Disney bereiten. Außerdem hält ja eh fast jeder Falsches Spiel mit Roger Rabbit für einen "echten" Disneyfilm. Oder schreckt Disney etwa wegen Jessica Rabbits Vorbau zurück?
Miss Rabbit ist aber nicht nur für zahlreiche verwirrte Pubertierende verantwortlich, sondern auch für jahrelange Täuschung. Ich ging tatsächlich sehr lange davon aus, dass Why Don't You Do Right?, ihre stilvolle, von Blues und Jazz geprägte Gesangseinlage, für den Film geschrieben wurde. Tja, geirrt, das Lied ist dem Filmsetting zeitgemäß ausgewählt und ein Jazzstandard von 1936. Gesungen wurde das Lied in seiner Filmversion übrigens nicht von Jessicas Originalsprecherin Kathleen Turner, sondern von Amy Irving (bekannt aus Alias).

Ein Film, der mittlerweile sicherlich auch nur hauchdünn am Disney- Label vorbeischrammen würde (wenn überhaupt) ist Sister Act, und auch dieser Film bietet einiges an toller Musik. Die unterhaltsame, beseelte und warmherzige Komödie bietet mit seinem Motown- und Gospelsound einige großartige Stücke wie (Love Is Like A) Heat Wave, My GuyI Will Follow Him ('Chariot'), Rescue Me und Gravy. Stillsitzen fällt bei diesem Soundtrack ungeheuerlich schwer, und um das Mitgehen noch verführerischer zu machen, haben sich die souligen Nonnen auch noch Shout aus Animal House geklaut. Doch keine Sorge, die von Gott gesandten Blues Brothers segnen dies mit einem Cameo-Auftritt ab. Die gerne mal kritisierte Fortsetzung Sister Act 2, die eigentlich doch weiterhin ganz unterhaltsam ist, lässt Schwester Mary Clarence einige Problemkinder zu talentierten Sängern heranreifen, und auch dies wird von tollen Liedern begleitet: Get Up Offa That Thing, der Gospel-Klassiker schlechthin Oh Happy Day, der Temptations-Kracher Ball Of Confusion (That's What The World Is Today), eine fetzige Neufassung der Ode an die Freude, A Deeper Love von Aretha Franklin und eine herausragende Interpretation von Ain't No Mountain High Enough (welches ich bereits im letzten Artikel dieser Art nannte). Manche Lieder werden in Hollywood halt sehr gerne genutzt. Dazu zählt wohl auch Pretty Woman, das zum Erstaunen mancher Zuschauer eben nicht für den gleichnamigen Film geschrieben wurde.

Und damit hätte ich auch fast schon die wichtigsten Lieder genannt, die ich fest mit "ihren" Filmen in Verbindung bringe. Die John-Cusack-Komödien High Fidelity und Grosse Pointe Blank etwa haben ebenfalls eine tolle Musikzusammenstallung zu bieten, aber da will es mit den festen Assoziationen einfach nicht klappen. Die Shakespeare-Modernisierung 10 Dinge, die ich an dir hasse (eine der besten Teeniekomödien, die man so finden kann) hingegen bringe ich durchaus fest mit seinem "Femme Rock"-Soundtrack Bad Reputation, Cruel To Be Kind und I Want You To Want Me in Verbindung. Und Cowboy sowie Yeah Yeah Yeah lassen sich ganz leicht als Original-Filmsongs verkaufen. Dazu passen sie zu perfekt in diese "Western meets Eastern"-Komödie. Außerdem ist Yeah Yeah Yeah der beste Song von Uncle Kracker als Interpret, da kann mir niemand was sagen. Seine Anstiftung zum Ehebruch, die einen bis heute auf einigen Radiostationen gerne völlig überraschen ins Gesicht springt, ist im Vergleich völlig lahm und uninspiriert.


Fernsehmusik, die sich aus unterschiedlichen Gründen nicht qualifizierte


So, noch einmal tief durchatmen, vielleicht auch schnell ein Eis geholt, und dann auf zum Endspurt. Denn bevor es im nächsten Teil von Musikalisches Immergrün auf's Podest geht, sollten noch einige Fernsehmelodie ihre Nennung erhalten. Wenn schon regelwidrige, aber tolle Kompositionen von der großen Leinwand extra genannt werden, dann sollte die Flimmerkiste nicht völlig ignoriert werden.
Bei den Fernsehsendungen wiederholen sich natürlich die Probleme, die schon für's Kino galten, nur in höherer Potenz. Ich erwähnte ja beispielsweise die Herausforderungen, die mir Filmscores gestellt hätten. Und nun führt euch vor Augen, dass Equilibrium knapp über 100 Minuten dauert, während die Serie Desperate Housewives (deren Titelmelodie von Danny Elfman ich ganz klar In Betracht für eine Platzierung in der Hitliste gezogen hätte) bislang über 130 Episoden zu je circa 40 Minuten aufweist. Und diese Serie hat abseits ihrer Titelmelodie nur sehr sporadisch denkwürdige musikalische Momente, während Michael Giacchinos vielseitiger Score zu Lost (den ich mir irgendwann in einer Komplettbox holen muss) Woche für Woche überzeugt. Und in Staffelfinals oder -premieren ganz besonders. Giacchino verängstigt, lässt Hoffnungen sprießen, treibt Actionszenen an und kann einen auch zur Rührung bringen. Manche seiner Lost-Themen sind darüber hinaus hartknäckige Ohrwürmer. Bei Alias sind die Highlights etwas rarer gesät, aber dennoch vorhanden - auch hier vor allem in die Regeln auf den Kopf stellenden Folgen. Und JJ Abrams' Titelmelodie ist ebenfalls super. Weitere instrumentale Titelmelodien, die sich hätten durchkämpfen können sind die von Die Dinos, das militärische Thema von Disneys große Pause, die verrückte Titelmelodie von Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft - Die TV Serie und natürlich Dan Foliarts Iron John's Rock, der einprägsame Titelsong von Hör mal, wer da hämmert, der unter anderem einen Drucklufthammer, eine Bohrmaschine, eine Flöte und eine E-Gitarre zu einem harmonischen Ganzen vereinigt. Und auch Scrubs - Die Anfänger hat mit seinem spaßigen End Title Theme und der zur Legende gewordenen, traurigen Klimpermusik von Jan Stevens zwei geniale instrumentale Hauptthemen zu bieten.


Überhaupt ist Scrubs ein gutes Stichwort, denn mit ihrem intensiven Gebrauch von Musik beweist diese wundervolle Serie grandios, weshalb ich keine "alten" Lieder zulassen konnte: Bei 181 Episoden sammelt sich einfach viel zu viel zusammen, das ich überblicken müsste. Von dem bereits mehrfach angerissenen Definitionsproblem ganz abzusehen, denn in einer Disney-Songhitliste dem Scrubs-Indiesoundtrack Platz einzuräumen wäre doch ein wenig schräg. Da es in Scrubs zahlreiche einprägsame Lieder gab, werde ich mich in dieser kurzen Übersicht auf die entscheidenden Musikstücke aus Scrubs beschränken. Das wäre zum einen natürlich der geniale Titelsong Superman von Lazlo Bane, der mich mitsamt der Serie nun über sechs Jahre durch mein Leben begleitete und zu jeder Stimmung passt. Overkill von Colin Hay aus der Premierenfolge der zweiten Staffel war ebenfalls ein definierendes Stück Musik, das nicht nur die vorherrschende Musikfarbe der Serie repräsentiert, sondern auch eine der ersten wirklich sehr langen surrealen Sequenzen begleitete. 
Die knalligsten Einträge in das riesige Liederbuch von Scrubs sind aber die Lieder aus der unvergesslichen Musical-Episode, die die aufregende Antwort auf eine der dringlichsten Frage der Menschheitsgeschichte gab: Was geschieht, wenn man die durchgeknallten Hirne hinter Scrubs mit den verrückten Leuten von Avenue Q vereint? Man bekommt eines der witzigsten Musicals aller Zeiten, mit solchen bedeutsamen Stücken musikalischer Poesie wie Everything Comes Down to Poo, einer ganz und gar heiteren Hymne an Stuhlproben. Und nur wenige Minuten später ertönen mit The Rant Song eine fesche "Gilbert & Sullivan"-Hommage und der poppig-swingende Jive Gonna Miss You, Carla oder die gelungene Les Misérables-Parodie When the Truth Comes Out (die ich dem Original vorziehe). Mit dem Gänsehaut-Stück What's Going to Happen erwartet einen auch in dieser Folge der für Scrubs so charakteristische Schuss Dramatik. Der Tango For the Last Time, I'm Dominican fällt in meiner Gunst dagegen etwas ab. Dafür muss ich für die typische Broadway-Eröffnungsnummer mit deutlichem Disney-Einfluss Welcome to Sacred Heart die Fahne hochhalten, denn die erhält meiner Meinung nach viel zu wenig Aufmerksamkeit. Die rührende/brüllend komische Freundschaftsballade Guy Love kann wiederum nicht genügend Ruhm erlangen, obwohl sie ja schon einen gewissen Kultstatus inne hat.


Eine andere meiner Lieblingsserien war hingegen sparsamer beim Gebrauch von Liedern, weshalb ich mich an dieser Stelle nicht einschränken brauche. Hör mal, wer da hämmert hätte neben seiner Titelmusik und der Tool Time-Melodie bei anderen Regeln für diese Hitliste exakt drei Lieder ins Rennen geschickt. Alle mit guten Chancen für respektable Plätze. Zu In-A-Gadda-Da-Vida spielte Tim Taylor zu Beginn der Serie seinen lümmelhaften Jungs Brad und Randy einen bösen Streich und mogelte somit einen der wohl wichtigsten Rocksongs aller Zeiten in den (um Touchstone und Co.) erweiterten Disney-Kanon. Einige Jahre später drehte die Familie Taylor mitsamt Freunden, Bekannten und irgendwo herbeigezauberten Hintergrundtänzerinnen ein herrliches Musikvideo zu Greased Lightning aus Grease. Und in der letzten "richtigen" Episode bekommt die Serie ein anständiges und vortreffliches Abschiedsständchen gesungen: Burning Down the House von den Talking Heads, aus dem heutigen Radio vielleicht besser bekannt durch die gelassene Coverversion von Tom Jones und The Cardigans. Aber nichts kommt an die Version aus Hör mal, wer da hämmert ran. Der Kontext passt zum Lied wie die Faust auf's Auge, und das nicht nur wegen des Titels und Tims Zerstörungswahn, sondern auch wegen der Zeile "Hold tight, wait 'till the party's over". Aber auch das flotte Arrangement macht einiges aus. Was man so alles aus etwas Plastik, einer singenden Säge, einem Mixer, ein paar Tackern und sonstigen unüblichen Instrumenten so rausholen kann ist erstaunlich.

Damit wäre dieses Thema also auch endlich abgehakt. Zumindest im Bezug auf diese Artikelreihe, die sich nun wieder hauptsächlich darauf konzentrieren wird die letzten übrig gebliebenen Lieder durchzugehen und euch meine großen Favoriten unter den Disney-Songs vorzustellen. Sozusagen "das obere Einhundertundelftel". Schließlich will ich das nicht noch weiter in die Länge ziehen.