Ende dieses Jahres findet mit
Wreck-it Ralph ein Disney-Animationsfilm den Weg in die Lichtspielhäuser dieser Welt, der uns nicht bloß einen Einblick in die Seele eines Videospielschurken gewährt, sondern der dem geneigten Filmfreund und Disney-Liebhaber eine ungewöhnlich transparente Einsicht in den teils verworrenen Prozess der Titel- und Logofindung gestattete.
Die Idee, einen Animationsfilm über eine Figur aus einem 8bit-Arcadetitel zu verwirklichen, welche ihres überdrüssig geworden ist und in ein modernes Game eindringt, geistert bereits mehr als ein halbes Jahrzehnt durch die Walt Disney Animation Studios. Doch das ursprüngliche Konzept von Sam Levine fruchtete nicht gänzlich, so dass
Joe Jump, so der ursprüngliche Titel, von Kreativchef John Lasseter vorerst auf Eis gelegt wurde.
Im Herbst 2009 nahm sich der frühere
Die Simpsons-Regisseur Rich Moore der Filmidee an. Unter seiner Leitung wurden auch die Figurenkonstellation umgemodelt: Statt eines Helden, der aus seiner 8bit-Welt ausbricht, soll im Film der Schurke eines Arcadespiels in modernen Titeln nach Bestätigung suchen.
Wurde die Produktion zunächst in
Reboot Ralph umgetauft, beschloss man in den Disney-Studios letztlich, sie
Wreck-it Ralph zu nennen, was auch der Name der Hauptfigur ist und darüber hinaus genauso gut der Titel eines klassischen Videospiels sein könnte.
Damit war die Schöpfung des Filmtitels jedoch noch nicht abgeschlossen, denn jeder Kinofilm, der etwas auf sich hält, benötigt auch ein aufwändiges Filmlogo, das in Promomaterialien und häufig auch im laufenden Film den Titel präsentiert.
Zu diesem Zweck engagierte Disney den mehrfach ausgezeichneten Designer und Illustrator
Michael Doret, welcher bereits das Logo der New York Knicks entwarf und zahlreiche große Aufträge für Universal Studios, Nike, Adidas, Kiss und Capital Records oder auch den Playboy und das Time Magazine erfüllte.
Auch mit der Walt Disney Company arbeitete der New Yorker bereits zusammen, indem er Logos für Projekte von Walt Disney Imagineering gestaltete. Das Enagagement für
Wreck-it Ralph wurde ihm durch Disney Executive Vice President John Sabel vermittelt und nahm laut Doret mehrere Monate in Anspruch, in denen er sich anfangs zahlreiche Möglichkeiten für ein von Videospielhallen und Arcadegames inspiriertes Logo ausdachte.
Um außerdem alle Möglichkeiten abzudecken, probierte er unterschiedliche "Stimmungslagen" bei den Logos aus. Manche haben einen eleganten Retrochic, andere sind aggressiver und entsprechen so dem Image, das der Schurke Wreck-it Ralph wohl auf die unwissenden Spieler ausstrahlen muss, die ihn in "seinem" Spiel zu besiegen versuchen.
Schlussendlich fand der Grafiker Begeisterung für die Idee, ein Logo im 8bit-Look zu entwickeln, mit pixeligen Buchstaben, die das Gesicht Ralphs umrahmen. Das Konzept stieß auf Zustimmung, womit sich der Arbeitsprozess für Doret vom klassischen Zeichentisch mit Stift und Papier zum Computer verlagerte, wo er unterschiedliche Farbkombinationen und Detailgrade ausprobierte.
Als der Rahmen um den Titel entfernt wurde, war fast schon das endgültige Design erreicht. Bloß Ralphs Gesichtsausdruck wurde noch einmal etwas aggressiver und auch die in den Lettern versuchte Imitation eines 8bit-Ziegelsteinlooks wurde aufgegeben. Heutzutage muss ja alles auch auf den kleinsten mobilen Endgeräten leicht erkennbar sein, und wenn "Walt Disney Pictures" sein Logo schon auf "Disney" runterkürzt, damit Trailer auf iPhones gut zu sehen sind, was sollen da schon Ziegelsteine in einem 8bit-Filmlogo?

Für Michael Doret war die Arbeit somit erledigt, nicht jedoch für den weltumspannenden Disney-Konzern, welcher seine Filme bekanntlich auch in zahlreichen nicht-englischsprachigen Ländern auf den Markt bringt. Und auch wenn Hollywoodfilme international mehr und mehr mit englischen Titel ins Kino finden (besonders gerne in Deutschland, wo auch mal englische Titel durch neue englische Titel ersetzt werden), bemüht sich Disney für seine Animationsfilme üblicherweise um eine Alternative in der Landessprache.
Bei
Wreck-it Ralph befand man sich allerdings in einer Zwickmühle: Videospiele kamen auch zu Arcadezeiten häufig mit ihren Originaltiteln nach Deutschland (oder hat jemand von euch jemals
Die herausragenden Mario-Gebrüder gespielt?), "Wreck-it" ist allerdings für des Deutschen Zunge keine leicht auszusprechende und bei weniger englischaffinen Sprechern auch keine verständliche Vokabel.
Aufgrund dessen testete Disney in einer Marktumfrage fünf neue Titelvorschläge auf ihre Publikumszustimmung. Darunter orientierten sich zwei eng am Originaltitel, waren aber dem hierzulande gebräuchlichen Englischsprachschatz angepasst:
Crash-it Ralph und
Smash-it Ralph. Darüber hinaus wurden
Super Ralph,
Revolution Ralph und
Randale Ralph auf ihre Markttauglichkeit geprüft. Offenbar kam keiner dieser Titel auf zufriedenstellende Umfragewerte, weshalb Disney einen (vermeintlichen) Trumpf aus dem Ärmel zog.
Wreck-it Ralph wird hierzulande als
Ralph reicht's an den Start gehen.
Meiner bescheidenen Meinung nach hat sich Disney so nur selbst ins Knie geschossen. Habt ihr schon einmal mit jemandem versucht, über
Ralph reicht's ein Gespräch anzufangen?
"Hast du eigentlich den Trailer zu
Ralph reicht's gesehen?"
- "
Ralfs Reich? Neee, kenn ich nicht. Wer ist Ralf?"
"Nein, nicht
Ralfs Reich.
Ralph reicht's!"
-"
Ralf is' reich?"
"Nein!
Ralph reichT ... ... 's! Wie in 'Ralph reicht es'!"
-" ... ?"
"Mrmpf ... Im Original heißt's
Wreck-it Ralph und ..."
-"Klingt nach Videospiel!"
Gut gemacht, Disney.
Quellenhinweis: Die ersten sechs Bilder in diesem Artikel stammen von Michael Dorets Blog
Alphabet Soup, wo ihr auch weitere Entwürfe von ihm entdecken könnt.
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