Donnerstag, 25. Dezember 2014

Die schlechtesten Filme des Jahres 2014

Oder, wie diese Flopliste eigentlich betitelt sein müsste: "Die Filme, die mir dieses Jahr durch meiner Ansicht nach aggressive Idiotie, magere Drehbücher, schwache Performances, verschenktes Potential oder quälende Langeweile besonders stark missfielen". Bloß wäre dieser Titel längst nicht so griffig, so leicht über Google zu finden und auch nicht so gut darin, Aufmerksamkeit zu erregen. In dieser Liste geht es nicht vorrangig um Filme, die von vorne bis hinten stümperhaft gemacht sind. Unterfinanzierte Studentenfilme, die einen Alibikinostart erhielten und sich kaum als Film qualifizieren, müssen nicht weiter geschunden werden. Nein, hier dreht sich alles um Filme, die mich ganz persönlich frustrieren, verärgern oder nerven. Wer an ihnen Gefallen findet, darf es gerne tun. Jedem Tierchen sein Pläsierchen, vielleicht übersehe ich ja auch Qualitäten. Gerade bei den höheren (äh ... niedrigeren?) Platzierungen fällt es mir nur zunehmend schwerer, nachzuvollziehen, was zum Henker an diesen Filmen unterhaltsam, interessant oder spannend sein soll.

Und, na gut. Ein unprofessioneller Unfall, bei dem doch kaum jemand gedacht haben konnte, dass er so reif für eine Kinoveröffentlichung ist, hat sich sehr wohl hier eingeschlichen. Da er allerdings stolz als 3D-Kinoerlebnis positioniert wurde, haben sich die Macher meinen Hohn selber eingebrockt. Aber nun genug der Vorrede! Auf ins Abenteuer!

Platz 15: Rio 2: Dschungelfieber (Regie: Carlos Saldanha)

Es bestand eine nicht völlig zu verachtende Möglichkeit, dass mir Rio 2 gefällt. Inmitten dieser von unnötigen und/oder schlechten Musiksequenzen in die Länge gezogenen Trickfilmkomödie gibt es eine Reihe an Sketcheinlagen, die mir auch Monate nach Kinostart in Erinnerung geblieben sind. Ein Beispiel: Die musikbegeisterten Vögel Pedro, Nico und Rafael laden die tierischen Bewohner des brasilianischen Dschungel zu einem Casting ein, um die perfekte Urwald-Karnevalsshow auf die Bühne zu bringen. In dieser kurzen Passage beweist der Film Timing, Einfallsreichtum und eine gesunde Prise Verrücktheit. Nahezu alles drumherum? Klischeebeladen, unambitioniert und teilweise anstrengend. So, wie hier die sympathischen (wenn auch wenig denkwürdigen) Figuren aus Teil eins zu Dummbatzen herumkommandiert werden, macht das einfach keinen Spaß!

Platz 14: Pompeii 3D (Regie: Paul W. S. Anderson)

Nicht wenige Filmkritiker machen einen Sport daraus, auf Paul W. S. Anderson (alias "Der Trash-Anderson") einzuprügeln. Und es fällt schwer, es ihnen zu verdenken. Schließlich werden in seinen Filmen "Logik" und "Respekt vorm Ursprungsmaterial" klein geschrieben. Ach, reden wir uns nichts ein: Diese Dinge werden bei Paul W. S. Anderson höchstwahrscheinlich sogar falsch geschrieben. Aber, verdammichnocheins, gerade daher können seine Filme extrem unterhaltsam sein. Die drei Musketiere landete aus exakt diesem Grund 2011 sogar in meiner Jahresbestenliste. Poppig, peppig, deppert! Pompeii 3D dagegen übernimmt die flache Figurenzeichnung von Die drei Musketiere, verzichtet allerdings auf den Drive dieses verrückten Spektakels. In jeder einzelnen Minute wird deutlich, dass Anderson hier glaubt, die Quadratur des Kreises gefunden zu haben. Eine ach-so-schwelgerische, ständeübergreifende Romanze, ein nahendes, tödliches Schicksal und Einblicke in das schlimme Leben eines Gladiators treffen zusammen und wollen somit jede mögliche Demographie ansprechen. Nur versagt Anderson in sämtlichen Belangen. Sein "Gladiator trifft Titanic trifft Geile trashige 3D-Action"-Experiment ist zu oberflächlich und unsinnig, um auch nur als Popcorn-Bespaßung ernst genommen zu werden, jedoch zu dröge und geerdet, um die Trash-Fun-Faktor-Karte spielen zu können. Schlussendlich bleibt so nur steinerne Langeweile.

Platz 13: Honig im Kopf (Regie: Til Schweiger)

Ich schwöre hoch und heilig: Ich wollte diesen Film mögen. Ich wollte zeigen, dass ich nicht blind in die Kerbe der Schweiger-Abneigung haue. Doch diesen Beweis müssen dann wohl weiterhin meine Positionen zu Eisbär und barfuss liefern. Denn Honig im Kopf ist einfach nur ein weiterer Eintrag in die wachsende Liste der Schweiger-Wohlfühl-Kitschproduktionen, die sich selbst den Boden unter den Füßen wegziehen. Generell hätte ein akzeptabler "Crowdpleaser" aus dem Konzept von Honig im Kopf entwachsen können: Dieter Hallervorden spielt (hingebungsvoll und mit der richtigen Balance aus Tragik und einer bis ins schwere Krankheitsstadium reichenden humorigen Ader) einen demenzkranken Großvater. Während er seinem Sohn (Til Schweiger) und dessen Frau (Jeanette Hain) durch seine Erkrankung zur Last wird, macht es sich seine Enkelin zur Herzensaufgabe, sich um ihn zu kümmern. Erzählt mit Situationskomik und einem netten Maß Rührseligkeit hätte Schweiger vielleicht an das Niveau seiner früheren Filme anknüpfen können. Doch weit gefehlt: Eine Vielzahl an Schwachpunkten nimmt der Geschichte ihre Wirkung. Sie lassen sogar die gelegentlich vorkommenden, auf den Punkt genau ausbalancierten, tragikomischen Höhepunkte von Honig im Kopf verblassen.

Ärgstes Problem ist das Casting: Dadurch, dass der Regisseur, Co-Autor, Co-Cutter und Produzent seine Tochter Emma in der zentralen Rolle der Enkelin besetzt, begrenzt er die Möglichkeiten seines Werks. Zwar spielt sie deutlich besser als noch in den Kokowääh-Filmen, trotzdem hat sie schlicht noch?) nicht die darstellerische Bandbreite und Intensität, die es für einige ihrer Szenen benötigt. Ein weiterer Aspekt, der Honig im Kopf außerordentlich schadet, ist das Übermaß an ausschweifenden, Lust an Zerstörung zeigenden Slapstick-Passagen, welche so inszeniert sind, dass sie von einem möglichst breiten Publikum deftige Lacher ernten. Sie stellen der unentwegt einen schwierigen Tanz zwischen den Tonlagen versuchenden Atmosphäre immer und immer wieder ein Bein und nehmen den Figuren passagenweise ihre Menschlichkeit,. Zahllose Unfälle und Peinlichkeiten lassen sie zu polternden Cartoon-Pappkameraden verkommen. Darüber hinaus stört Schweiger den von seinem Werk beabsichtigten Familienfrieden, indem der Regisseur schon wieder ein fragwürdiges Frauenbild zelebriert. Schweiger, der in seiner Mittelalter-Blödelkomödie 1 1/2 Ritter propagierte, dass nur erfahrene Weiberhelden gute Ehemänner sein können und diese ihre ideale Frau in sexuell unerfahrenen Partnerinnen finden sollten, tritt dieses Mal gegen berufstätige Frauen. Schon recht zu Beginn des Films wird etabliert, dass beide der zentralen Eheleute berufstätig sind. Schweigers Figur ist selbstständig und kann jederzeit frei seine Arbeitstage planen, seine Frau dagegen ist fest angestellt. Die Gehälter beider Partner sind auf Augenhöhe. Als sich die Familiensituation beider verschlechtert, kennt Schweigers Drehbuch nur eine Lösung: Die Frau muss ihren Job hinschmeißen, wofür ihr in der abschließenden Montage auch (sinnbildlich) brav die Schulter geklopft wird. Ja, schönen Dank auch!

Als wäre dies nicht genug, vermiest ein dilettantischer Schnitt selbst einige der schöneren Filmmomente: Frenetisch schneiden Schweiger und Constantin von Seld in intimen, dramatischen Gesprächen innerhalb von Sekundenbruchteilen zwischen allen Anwesenden hin und her, bis einem schwindlig wird. Harte Übergänge zwischen einzelnen Sequenzen, ab und an aufkommende Phantombilder und das Fehlen eines wirklichen Erzählflusses degradieren Honig im Kopf dann endgültig zu einer wahren Enttäuschung. "You're kidding me?!" - "I'm not!"

Platz 12: Nicht mein Tag (Regie: Peter Thorwarth)

Der Bankangestellte Till (Axel Stein) ist von seinem öden Job und seiner wenig verständnisvollen Frau genervt. Als der Kleinkriminelle Nappo (Moritz Bleibtreu) Tills Bank überfällt, nimmt er ihn als Geisel. Anfangs gehen sich die zwei Männer gegenseitig gehörig auf die Nerven, aber nach und nach zeigt sich, dass sie gar nicht so unterschiedlich sind. Womöglich ist Till sogar der wildere Kerl?
Abgesehen von Axel Steins Hauptfigur sind alle Charaktere unausstehlich, und Steins Rolle wird vom Skript ungeheuerlich mies behandelt, indem ihr ein völlig inkonsequentes Handeln angetextet wird. Die Gags in dieser Komödie bestehen aus den Puzzlesteinen "niedriger Soziolekt trifft auf hohen Soziolekt" und "der Macho-Gangster hat Ahnung von Autos, Till nicht, Till ist kein Mann", die schnell eintönig werden. Gelungen ist einzig ein perfekt sitzender Cameo und der Soundtrack, der ganz angenehm ist.

Platz 11: Winter's Tale (Regie: Akiva Goldsman)

Hinsichtlich des Skripts und der kreativen beziehungsweise tonalen Gesamtleitung müsste Akiva Goldsmans Regiedebüt sogar noch schlechter abschneiden, denn dieses in Pathos getränkte Romantikdrama ist mehr Wust denn Film. Westentaschenphilosophie, Kostümfilm-Liebesstory, Fantasy und gegenwärtiger Mysteryherzschmerz wechseln sich hier ohne eine kohärente Vision ab. Die Dialoge sind zuckrig, nehmen sich aber spürbar wichtig und die Nebendarsteller sind grausam: Russell Crowes Akzent in der englischen Originalfassung kippt unentwegt, Jennifer Connelly wirkt geistig abwesend ... Dass Winter's Tale' trotzdem den Sprung in meine Flop Ten versäumt hat, liegt an den wenigen Elementen, die sich erfolgreich zusammenfügen (die Chemie zwischen Colin Farrell und Jessica Brown Findlay zum Beispiel ist recht bezirzend) sowie am Vergnügen, das manche der misslungenen Aspekte bereiten können. Von einem fehlbesetzten, unpassend gekleideten Cameo über Russell Crowes campigen Gehabe in einem Restaurant gibt es genügend helle Momente in diesem sonst vom dunklen Schleier der Langeweile bedeckten Film, um ihn von den nachfolgenden Filmen abzuheben.

Platz 10: Transcendence (Regie: Wally Pfister)

Ein Film, der viele, viele Fragen aufwirft. Nicht aber über die Natur des Menschen, die Gefahren und Möglichkeiten digitaler Technologien und die Abhängigkeit, in die wir uns im Umgang mit Computern begeben. Sondern eher Fragen wie folgende: Weshalb sieht ein Film, der vom talentierten Kameramann Wally Pfister inszeniert wurde, so flach und abstoßend aus? Wieso sind die Anti-Technologie-Terroristen, die den Dialogzeilen des Films nach zu urteilen durchaus graumoralische Sympathieträger sein sollen, genauso ineffektiv wie unerträglich? Weswegen spielt Johnny Depp seine Rolle so runter, als hätte er keine Lust gehabt? Und wenn das Drehbuch die Fähigkeit, unberechenbar zu sein und auch mal seine Meinung zu ändern, als große Stärke des Menschseins bezeichnet, wieso muss Rebecca Halls Protagonistin dann in ihrem Wankelmut so vorhersagbar sein? Geschweige denn, dass ihre unentwegt durchdrehenden Gefühle durch ihr Schauspiel und die aufzusagenden Zeilen so unplausibel wirken … Nette Idee, mies umgesetzt. Eine Verschwendung von Talenten.

Platz 9: #Zeitgeist (Regie: Jason Reitman)

Es tut mir im Herzen weh, ein Werk von Jason Reitman in meine alljährliche, cineastische Flopliste aufzunehmen. Aber hier sind wir nun. Eine Bestandsaufnahme des Zeitgeistes unserer digital geprägten Gesellschaft, hätte unter der Regie Reitmans verschiedene ansprechende Formen annehmen können. Satirisch süffisant wie Thank You For Smoking. Dramatisch-hip wie Juno, bittersüß wie Up in the Air oder so desaströs, schwarzhumorig und brillant-hinterfotzig wie Young Adult. Aber weit gefehlt. Der Jason Reitman, der #Zeitgeist verwirklichte, ist der melodramatische Jason Reitman, der die Kreuzung aus Coming-of-Age-Drama und Stockholm-Syndrom-Romanze namens Labor Day filmte. Fruchtete dieser Ansatz beim Schmachtfilm mit Kate Winslet und Josh Brolin noch, ist er hier völlig deplatziert. Die Kritik an Fehlkommunikation verfehlt ihr Ziel, da #Zeitgeist kein Gespür für den Klang realer oder digitaler Gespräche aufzeigt. Das menschliche Drama geht kaputt, da die Figuren so dimensional sind wie Sitcomfiguren der späten 80er, die auf Druck des Senders durch eine 'Very Special Episode' über dringende soziale Themen stolpern und dabei jegliche Schattierung ihres Charakters verlieren. Allein eine großteils stumme Szene, in der Mutter und Tochter im wortwörtlichen Sinne nebeneinander her kommunizieren, und ein Romantiksubplot über zwei Außenseiter, die sich durchs Netz näher kommen (aber auch in arge Probleme geraten), wollen zum Großteil gefallen. Einmal schlicht aufgrund der treffenden Grundidee und einmal dank der guten Jungdarsteller. Trotzdem: Lieber Disconnect auf DVD oder Blu-ray kaufen, denn dieser Episodenfilm behandelt das gleiche Thema um ein Vielfaches besser.

Platz 8: Hüter der Erinnerung (Regie: Phillip Noyce)

Basierend auf dem vor allem in den Vereinigten Staaten immens populären Kinderbuch aus der Feder Lois Lowrys erzählt der Australier Phillip Noyce in dieser 25-Millionen-Dollar-Produktion von einer trostlosen Zukunft, in der Lügen verboten sind und Gefühle durch Medikamente unterdrückt werden. Als Jonas (Brenton Thwaites) vom Ältestenrat in einer Zeremonie seine berufliche Zukunft erfährt, erstaunt er die Anwesenden: Ihm wird die Ehre zuteil, Lehrling des Hüters der Erinnerung (Jeff Bridges) zu werden. Dieser darf lügen, hat Emotionen und Zugriff auf zahllose Relikte aus einer früheren Zeit … Im Kern keine dumme Story (das Buch hat sich seinen Status nicht erschwindelt), jedoch wird sie durch eine stupide Figurenzeichnung und eine uninspirierte Regieführung (trotz einzelner Farbspielereien!) kaputt gemacht. Selbst bei nur 97 Minuten Laufzeit sind mehrere Längen spürbar, die Darsteller tragen entweder zu dick auf oder fahren auf Sparflamme und die innere Logik der Filmwelt ist verflucht löchrig. Dass die Moral des Films ununterbrochen mit dem Holzhammer vorgetragen wird, verdirbt dann auch beinahe den letzten Rest Sehvergnügen, den Jeff Bridges und die süßlich-netten Montagen über die Welt der Emotion diesem Film mitgeben.

Platz 7: Besser als Nix (Regie: Ute Wieland)

Frustrierend, dass diese Tragikomödie in meiner Flopliste landet. Denn sie hat gute Momente: Der melancholische Halbwaise Tom (François Goeske) fällt in seinem Heimatdorf auf wie ein bunter Hund. Sein Vater schämt sich für ihn, er schämt sich für seinen Vater. Und als ihm die Agentur für Arbeit auch noch empfiehlt, als Bestatter zu arbeiten, ist er in seinem Umfeld völlig unten durch. Die Lektion über den Umgang mit dem Tod ist bestückt mit einem guten Hauptdarsteller und einer starken Montage, welche fesselnd einen Wendepunkt zum Schlechteren markiert. Aber: Die Balance zwischen Drama, Groteske und Blödelkomödie ist ungelenk. Die Dorfjugend ist sehr inkonsistent karikiert. Figuren werden für unsinige Gags ihrer Funktion zum Denken beraubt, das Finale basiert auf einem nutzlosen Gag, es gibt mehrere tonal sehr negativ rausstechende Szenen und die Lösungen der zentralen, groß aufgebauten Probleme, kommen in den finalen Minuten schlagartig. Besser als Nix hätte nett werden können, gibt sich aber redlich Mühe, diesen Eindruck zu zerstören.

Platz 6: Grace of Monco (Regie: Olivier Dahan)

Was für eine Schlaftablette von einem Film. In feinstem Rosamunde Pilcher-Weichzeichner-Look gehalten und mit der inhaltlichen Dringlichkeit einer Kissenschlacht ausgestattet, greift Grace of Monaco nach den Sternen eines The King's Speech. Wie im Oscar-prämierten, humorvollen Adelsdrama dreht sich hier alles darum, dass eine Person des Königshauses ihren Mut finden und eine wichtige Ansprache halten muss, um ein Übel aufzuhalten. Bloß kommt Olivier Dahans Regiearbeit mit dem Bonus daher, dass im Mittelpunkt Grace Kelly steht, die obendrein eine Schauspiellegende ist. Und während The King's Speech ein gewitztes, spannendes Drehbuch aufwies, sind die Dialoge in Grace of Monaco zäh wie Zuckerrübensirup. Und genauso aggressiv süßlich. Von den fragwürdigen Geschlechterrollen (und das in einem Film über eine starke Frau!) und einigen nahezu lächerlich inkompetenten Kompositionen (einmal wandert der Fokus in einer Nahaufnahme von Nicole Kidman quer über ihre Stirn) mal ganz abgesehen. Nach allen Regeln der Kunst ein Unfall von einem Film. Nur halt ein langweiliger, statt ein erzürnender. Und manchmal, aber nur manchmal, ist er sogar unfreiwillig komisch.

Platz 5: Doktorspiele (Regie: Marco Petry)

American Pie für das Fack Ju Göhte!-Publikum. Das Dialogbuch? Nerven zerfetzend: Männliche Jugendliche schimpfen in einer Tour wie die härtesten Gangsterrapper, das weibliche Geschlecht kann nichts anderes als Rumzicken (abgesehen von Hauptfigur Lilli, gespielt von der alleinigen Sympathieträgerin dieses Trauerspiels, Lisa Vicari). Die Story? Vom Fließband, nur dass eine Durchschnittssexkomödie eine solidere Dramaturgie aufweist als Doktorspiele, da das eh von Beginn an vorhersehbare Finale mehrmals dreist hinausgezögert wird. Nebendarstellerin Ella-Maria Gollmer klingt so, als lese sie von neben der Kamera hängenden Karten ab, mehrere Szenen scheinen sehr mies nachsynchronisiert zu sein und diverse Gags sind so forciert, dass sie den gesamten Film aufhalten – ohne ihn zu bereichern. Der Soundtrack? Mit wenigen, wenigen Ausnahmen eintönig, lärmend und ideenlos. Vor vielen Jahren brachte ProSieben fast wöchentlich eigenproduzierte Jugend-Sexkomödchen auf die Bildschirme. Und die waren zwar Massenware, trotzdem waren sie im Normalfall deutlich besser als dieses qualvolle Machwerk.

Platz 4: Tarzan 3D (Regie: Reinhard Klooss)

Auch wenn mich die Filme auf dem Podest deutlich mehr gegen sich aufgebracht haben, tat mir schon Tarzan 3D beim Anschauen weh. Wenngleich aus völlig anderen Gründen. Denn dieser Computeranimationsfilm gehört nicht ins Kino! Selbst für DVD ist er zu unausgereift. Sämtliche Figuren, ob Mensch oder Affe, haben leblose Augen. Die Menschen sehen aus und bewegen sich wie Zombies, die an Fäden hängen. Die Affen haben zwar eine lebensnahe Fülle an Details, ihre Proportionen stimmen aber nicht völlig - willkommen in der Uncanny Valley. Die Hintergründe? Ebenfalls relativ aufwändig, doch die digitale Beleuchtung ist so unnatürlich gesetzt, sie verhindert jegliche Möglichkeit, den Regenwald als realen Raum wahrzunehmen. Inhaltlich ist Tarzan 3D auch überhaupt kein großer Wurf, aber nicht ganz so grausig wie auf der handwerklichen Ebene. Die Logik macht einige Sprünge (ein Tarzan im Schulalter verliert seine Eltern und hat als Jugendlicher bereits sämtliche Erinnerungen an Menschen verloren) und von Dramaturgie braucht man überhaupt nicht reden. Dass die Vorlage extrem freimütig umgemünzt wird, ist da eher zweitrangig.

Platz 3: The Philosophers (Regie: John Huddles)

20 Philosophiestudenten haben ihre letzte Stunde bei ihrem Lehrer Mr. Zimit, bevor sie ihren Abschluss erhalten. Der von James D’Arcy verkörperte, gestrenge Prof. sieht es nicht ein, am Tag vor Schulschluss einen Gang zurückzuschalten, und macht mit seinen Schülerinnen und Schüler daher ein Gedankenexperiment: Vor ihnen spielt sich eine atomare Katastrophe ab und sie müssen entscheiden, wer von ihnen in den rettenden 10-Personen-Bunker darf. Es verlangt vom Zuschauer bereits, ein Auge zuzudrücken, da kein vernünftiger Philosophielehrer solch ein Gedankenexperiment nutzen würde, um den Wert des Einzelnen für die Gesellschaft zu diskutieren. Aber gut, wir wollen Mal nicht so sein. Erstens ist dies ein Film, der uns eine Ausnahmesituation präsentiert, zweitens wurde sogar das Experiment aus Die Welle einst in Echt ausgeführt, also glauben wir einfach Mal, das Mr. Zimit einen an der Waffel hat. Somit ist das, was in The Philosophers geschieht zwar keine mustergültige Philosophiestunde, jedoch sind die in den ersten Minuten angerissenen Lektionen nicht all zu überzogen. Allerdings reißt dieser in Deutschland direkt auf DVD geparkte Film sein Konzept mit Hochgenuss ein. Die Figuren? Flach und im Fall von Mr. Zimit auch noch ein gewaltiger Bremsklotz, der sämtliche philosophischen Theorien im Keim erstickt. Spannung kann nicht aufkommen, da die Szenarien selbst innerhalb der Story fiktiv sind UND zudem rasch deutlich wird, dass die Schüler immer wieder von Mr. Zimit (farblos hassendswert!) ans Messer geliefert werden. Nur Sophie Lowe als Spitzenschülerin Petra ringt ihrer Figur mehr als eine Dimension ab, umso flacher sind aber die Settings. Der Klassenraum sieht wie digitale Rückprojektion aus, laut Produktionsnotizen wurde er aber vor Ort in Indonesien gedreht. Also stellt sich die Frage: Welcher Stümper hat den Film bitte ausgeleuchtet? (Antwort: John Radel) Es ist aber eh alles schnuppe, da es im Film eh nicht um das vermeintliche Thema "Was würdest du tun?" geht. Unterschwellig läuft es die ganze Zeit mit, in den finalen Minuten macht er endgültig klar, dass es von Beginn an um etwas Anderes ging. Dieses Etwas ist jedoch so lachhaft und so unfundiert in den Film geklatscht, dass es ebenfalls nicht zur Fruchtung kommt. Dadurch ist The Philosophers nicht nur pseudo-philosophisch und möchtegern-dramatisch, sondern zudem selbstzerstörerisch und prätentiös. Sascha hat es bei PewPewPew perfekt ausgedrückt: Eine absolute Katastrophe.

Platz 2: American Hustle (Regie: David O. Russell)

Aus der Kategorie "In meinen Augen vollkommen überbewertete Oscar-Hoffnungsträger" präsentiere ich euch dieses Jahr: Die Betrügerposse American Hustle. Uninteressante Charaktere, die sich alle für etwas anderes ausgeben, als sie wirklich sind (wobei diese Gemeinsamkeit allein schon das Thema 'Betrug' hier völlig ausschröpft, eine tiefere Betrachtungsweise ist nicht aufzufinden), stolpern durch einen unrhythmisch erzählten Plot und sagen pseudocoole Dinge. Die begnadete Jennifer Lawrence trifft nur eine Note in diesem Machwerk, nämlich "selbstgefällige, dumme Zicke" und ist einfach nur laut, ennervierend und für den zentralen Plot schockierend unbedeutend, obwohl ihre Rolle als gehörnte Ehefrau Dramatik und Verletzlichkeit bieten könnte. Christian Bale verzieht kaum eine Miene, die "lustigen" Machenschaften unserer Protagonisten sind ohne jeglichen Esprit, für eine Heist-Movie-Dekonstruktion ist der Look allerdings zu gelackt, die Inszenierung zu zelebrierend und das Skript zu arm an innovativen, hinterfragenden Argumenten. Aufgesetzt, überbewertet und aufgebläht. Will ich einen Film über Betrug und Exzess sehen, der sich gerne als Teil von Martin Scorseses Vita sehen will (denn Russell schielt überdeutlich zu diesem großen Vorbild), dann schau ich The Wolf of Wall Street. Der ist zwar 42 Minuten länger, fühlt sich aber maximal halb so lang an.

Platz 1: Maleficent (Regie: Robert Stromberg)

In Lars von Triers epochaler Sex-Tragikomödie Nymph()maniac erklärt die Erzählerin, dass sie in ihrem Leben eine Phase durchlief, in der sie so viele Liebhaber hatte, dass sie es mit einem Schlag leid war, sich zu merken, wie sie sich bei wem verhält. Also entwickelte sie ein Würfelsystem und überließ dem Glück die Entscheidung, wie sie sich im jeweils nächsten Gespräch zu benehmen habe. Weshalb ich dies hier erwähne? Nun ...

Kein einziger Film 2014 hat mich gleichzeitig dermaßen genervt, frustriert, beleidigt und angeödet wie dieser voll und ganz entgleiste Versuch Disneys, seiner diabolischen Schurkin aus Dornröschen ein Fantasydrama im Stile des Romans Wicked zu verpassen. Und selten merkte ich einem Film seine Produktionsprobleme so sehr an wie diesem 180 Millionen Dollar teurem Schundwerk. Und ich möchte mich nicht einmal zu sehr an visuellen Ärgernissen aufhalten, wie den mitunter lächerlichen Spezialeffekten (wie einem nach Greenscreen schreiendem Flug der jungen Titelfigur durch ihr Märchenland, den abscheulich gestalteten und unglaublich lieblos animierten Feen und Trollen, dem nach zehn Jahre alten Computerspielen aussehenden Drachen und den fast schon schmerzend miesen grünen Flammen Maleficents). Auch der uninspirierte Score des fähigen James Newton Howard und das rammdösige Once Upon a Dream-Cover im Abspann sind nicht die ausschlaggebenden Punkte, dass mich 2014 kein Film mehr verärgerte als Maleficent, selbst wenn all dies bereits nach einer Platzierung in dieser Flopliste ruft. Sogar die inkohärenten, unterkühlten Nebendarsteller (abgesehen von Sam Riley als Lakai Maleficents, der mit Engagement agiert und daher all seine Ensemblemitglieder überflügelt) sind es nicht. Oder die Ella Purnell, die die junge Maleficent mit einem albernen Lolita-Grinsen gibt. Nein, es ist der Inhalt dieses Films, der so unsagbar schlecht ist.

Ich will Drehbuchautorin Linda Woolverton nicht unterstellen, dass sie viel mit Nymphomanen gemeinsam hat. Trotzdem handelt so wie die junge Joe aus Nymph()maniac. Zumindest im Umgang mit ihren zahllosen Maleficent-Drehbuchentwürfen, die schlussendlich in einen Mixer gesteckt wurden, um einen 97-minütigen Tiefpunkt in der jahrzehntealten Disney-Historie zu ermöglichen. Es gibt keine zwei aufeinanderfolgende Szenen, in denen die Mythologie des Films, Maleficents Charakterzüge, ihre Motivation oder auch ihre Ziele übereinstimmen. Ist es eine Komödie über eine missverstandene gute Fee? Ein düsteres Fantasyepos? Eine semi-grimme Märchen-Uminterpretation? Ein quietschbunter Kinderbelustigungsfilm? Ein Fantasydrama, das aufklärt, dass der Schein zu trügen weiß? Unsäglicher Kitsch? Maleficent ist alles auf einmal und zugleich Nichts!



Und um auf einer minimal positiveren Note zu enden, seien hier noch einige ehrenlose Sondernennungen fallen gelassen:

Fast hätte es Brick Mansions in diese Liste geschafft, da die Action völlig zerschnitten ist und zahlreiche Figuren dem Streifen ihren Flair rauben. Letztlich hat dieses Remake des französischen Überraschungserfolgs Ghettogangz – Die Hölle vor Paris aber zu wenig Tiefpunkte, um den hier präsentierten 15. Platz zu "toppen". Auch Noah wäre fast Teil dieser Übersicht geworden, da Aronofskys Bibel-Verfilmung inkonsistent ist, träge und mitunter unfreiwillig komisch. Einige wenige Höhepunkte (darunter eine visuell umwerfende Neudeutung der Genesis-Erzählung) bewahren das Projekt aber davor, ein waschechter Flop zu sein. Die schmalzige Teenie-Romantiktragödie Wenn ich bleibe wiederum rettet sich allein durch ihre Darsteller vor einer Erwähnung in der obigen Auswahl, genauso wie Sieben verdammt lange Tage. Mit Die Abenteuer von Mr. Peabody und Sherman wäre fast noch ein Animationsfilm hier gelandet, da die zweite Hälfte kaum uninspirierter und pathetischer sein könnte. Zuvor unterhalten manch nette Einfälle aber genügend, um diese DreamWorks-Trickproduktion so geraaaaaade aus meinen Flops rauszuhalten.

Mittwoch, 24. Dezember 2014

Frohes Fest!


Liebe Leserinnen und Leser,

euch ein schönes Fest. Ganz gleich, wie ihr feiert, wo ihr feiert und warum. Genießt die Zeit, macht euch schöne Stunden und besinnt euch ein wenig auf all das, was euer Herz erwärmt.

Frohe Weihnachten!

Duet

Nachdem Disney-Legende Glen Keane das Mäusestudio verließ, arbeitete er an diesem traditionell animierten Kurzfilm, der zugleich sein Regiedebut darstellt. Ausgewählte Smartphones erlauben es sogar, das Projekt auf einer App in interaktiver Version zu bestaunen. Doch auch diese klassische Fassung ist umwerfend!


USA 2014. Regie: Glen Keane. Musik: Scot Blackwell Stafford. Produktionsdesign: Max & Claire Keane.

Dienstag, 23. Dezember 2014

The Bloody Olive

Morgen ist Heiligabend! Zeit, sich endlich auf das Fest der Liebe einzustimmen. Mit einem belgischen Film-noir-Kurzfilm voller Mord, Intrigen und einem Ehepaar, das eigentlich nur endlich Weihnachten begehen will ...


BE 1997. Regie und Drehbuch: Vincent Bal. Basierend auf dem Roman Imbroglio von Lewis Trondheim. Mit: Veerle van Overloop, Frank Focketijn, Gene Bervoets, Guy Dermul. Musik: Hans Helewaut. Kamera: Philippe van Volsem. Schnitt: Ewin Ryckaert

Montag, 22. Dezember 2014

Tell-Tale

Der angesehene Fotograf Greg Williams schwingt sich hinter die Filmkamera und liefert mit seinem Regiedebüt Tell-Tale eine beachtenswerte Spielart des Film-noirs ab, die sich frei an Edgar Allen Poes Das verräterische Herz bedient. In der Hauptrolle dieses sinnlichen Thrillers: Carla Gugino (Watchmen) als archetypische Femme Fatale.


USA 2010. Regie: Greg Williams. Drehbuch: Seastian Gutierrez. Mit: Carla Gugino, Adam Arkin, Jesse Spencer. Musik: Mike Smith. Kamera: Stephen J. Nelson, Greg Williams. Schnitt: Amir Heshmati.

Sonntag, 21. Dezember 2014

Stanley Pickle

Unter anderem als bestes Kurzfilmexperiment auf dem L.A. Shorts Fest prämiert: Ein modernes Märchen über das zurückgezogen lebende Genie Stanley Pickle, das in einer selbstgeschaffenen, durchgeplanten Welt gefangen ist. Dort herrscht die Präzision eines Uhrwerks. Bis eine unachtsame Frau an Stanleys Fenster für Unruhe sorgt ...


UK 2010. Regie: Victoria Mather. Drehbuch: Victoria Mather, Orhan Boztas. Mit: Drew Caiden, Haruka Abe, Nadia Morgan, Gareth Brierley. Musik: Jean Marc Petsas. Kamera: John Lee. Schnitt: James Griffiths.

Samstag, 20. Dezember 2014

Voice Over

Ein Kurzfilm, wie kaum ein anderer: In Voice Over dreht sich alles darum, wie ein, sagen wir mal, engagierter Off-Sprecher den Zuschauer in die Rolle eines Astronauten versetzt. Dieser ist auf einem fremden Planeten gestrandet und in brenzliger, lebensbedrohlicher Lage. Und bevor sich das Publikum auch nur ansatzweise mit dieser Szenerie vertraut gemacht hat, haut ihm der Erzähler neue Schreckensnachrichten um die Ohren ...

Geschrieben vom Autor des Found-Footage-Hits REC, auf zahlreichen Filmfestivals mit Preisen überhäuft. Und ganz klar ein Kurzfilm, den man erlebt haben muss:


ES 2011. Regie: Martín Rosete. Drehbuch: Luiso Berdejo. Musik: Jose Villalobos. Schnitt: Fernando Franco. Kamera: Jose Martin. Mit: Jonathan D. Mellor.

Freitag, 19. Dezember 2014

Oscar 2015: Die Anwärter in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film"


Die Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" sorgt wieder einmal für Überraschungen. Denn in der heute veröffentlichten, neun Filme umfassenden Shortlist aus möglichen Nominierten fehlen einige der großen Favoriten aus dieser Sparte. Wie etwa Zwei Tage, eine Nacht, der in Cannes prämierte Mommy und das türkische Mammutwerk Winterschlaf.  Stattdessen können aber fünf der nachfolgenden Filme auf die Oscar-Nominierung hoffen:

  • Argentinien, "Wild Tales"
  • Estland, "Mandariinid"
  • Georgien, "Corn Island"
  • Mauritius, "Timbuktu" 
  • Niederlande, "Lucia de B."
  • Polen, "Ida"
  • Russland, "Leviathan,"
  • Schweden "Höhere Gewalt" 
  • Venezuela, "Libertador"
Und diesen fünf Filmen traue ich eine Nominierung zu:

  • Argentinien, "Wild Tales" (nominiert für die Goldene Palme, Gewinner diverser Festival-Publikumspreise)
  • Mauritius, "Timbuktu" (in Cannes prämiert, berüchtigt dafür, auch hartherzige Kritiker zum Weinen zu bringen)
  • Polen, "Ida"(räumt alle Preise ab, die nicht festgenagelt sind)
  • Russland, "Leviathan," (bestes Drehbuch in Cannes, Globe-nominiert, bester Auslandsfilm bei den Münchener Filmfestspielen)
  • Schweden "Höhere Gewalt" (Jury-Preis in Cannes, bester Film bei den europäischen Filmfestspielen von Seville)
Was sind eure Tipps?

Memory 2.0

Musikvideo-Regisseur Dugan O'Neal blickt in diesem Kurzfilm mit Die Tribute von Panem-Nebendarstellerin Jena Malone in eine Zukunft, in der Menschen davon besessen sind, ihre Erinnerungen durch virtuelle Simulationen wieder aufzuleben zu lassen.  Der Kurzfilm ist Teil eines Wettbewerbs um einen Filmdeal mit New Regency Productions. 

USA 2014. Regie: Dugan O'Neal. Mit: Jena Malone, Wilson Bethel. Drebuch: Wilson Bethel, Dugan O'Neal. Kamera: David Myrick. Schnitt: Luke Lynch. Musik: Ry X & Eskmo.

Donnerstag, 18. Dezember 2014

Gastkritik zu "Sleeping Beauty"

Seit nunmehr drei Jahren betreibt meine werte Kollegin Antje Wessels ihren Filmblog, der mittlerweile unter dem Namen Wessels-Filmkritik.com ein stolzes Dasein führt. Zur Feier dessen tauschen sie und ich Kritiken aus. Jeder von uns suchte dem jeweils anderen einen Streifen aus, den er zu besprechen hat. Sie wünschte sich von mir eine Kritik zu Free Birds, ich bat Antje um ihre Kritik über Sleeping Beauty. Hier könnt ihr die Meinung meiner geschätzten Kollegin zu Julia Leighs Erotik-Charakterdrama lesen. Viel Vergnügen!


Mit Dornröschen, unter welchem Namen das Märchen Sleeping Beauty hierzulande bekannt ist, hat die erste und bislang einzige Regiearbeit der Filmemacherin und Autorin Julia Leigh nichts gemein und doch steht im Mittelpunkt der lose neuinterpretierten Vorlage Das Haus der schlafenden Schönen eine krude Form der Prinzessin, die am Ende jedoch nicht etwa auf den lang ersehnten Traumprinzen trifft, sondern der einzig und allein ein böses Erwachen bleibt. Aurora heißt hier Lucy, gespielt von einer uneitlen Emily Browning, die durch das Fantasy-Actionspektakel Sucker Punch auch einem breiten Publikum bekannt wurde und zuvor vornehmlich in Genrefilmen der Marke Ghost Ship zu sehen war. Ähnlich ihrer vielen Kolleginnen, die sich nach dem schnellen Geld in wenig kritikerfreundlichen Durchschnittsstreifen mit dem Engagement in Kunstfilmprojekten endlich das notwendige Ansehen erhoffen, um ab sofort auch in namhafteren Filmen besetzt zu werden, erweist sich die Castingentscheidung von Emily Browning für beide Seiten als lohnenswert, wenngleich aus der Sicht der Darstellerin als umso berechnender. Doch sei es drum: Als ebenso schwer zugängliche wie wunderschöne Protagonistin funktioniert die bei den Dreharbeiten 21-jährige Blondine ganz hervorragend. Auch deshalb, weil ihr Gesicht dato noch nicht allzu oft auf der großen Leinwand zu sehen war. Browning gibt sich sichtlich Mühe, der Mischung aus voyeuristischer Softerotik und hartem Psychogramm das notwendige Leben einzuhauchen, um das Publikum an dieser ganz persönlichen Lebens- und Leidensgeschichte teilhaben zu lassen. Doch mehr als ein oberflächlicher Einblick in das Leben einer fehlgeleiteten, jungen Frau vermag Julia Leigh vor allem deshalb nicht zu gelingen, weil Sleeping Beauty weder dramaturgisch ausgereift, noch mit interessanten Figuren bestückt ist.

Aufgrund der bewusst karg-minimalistischen Inszenierung von Sleeping Beauty mag Leighs Regiearbeit vielleicht immer noch Kunst sein; trotzdem erzählt ihr Film weder eine Geschichte, noch gibt sie preis, was in den oberflächlichen Charakteren überhaupt vorgeht. Der Plot über eine nicht näher charakterisierte Frau, die zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel hat, sodass sie dazu übergeht, die absurdesten Nebenjobs anzunehmen, hat per se genug Substanz, um den anstehenden eineinhalb Stunden genug Unterbau zu bieten, um anhand diesem den psychischen Verfall, respektive vielleicht sogar ein Überdenken der Lebensumstände zu erzählen. Was der Zuschauer jedoch erfährt, ist nicht genug, um ein Interesse an den durchgehend blass bleibenden Figur aufzubauen. Schon in der ersten Szene sehen wir Lucy in einem Labor, wo sie sich eine medizinische Sonde zu Testzwecken einführen lässt. In den nächsten Szenen werden wir Zeuge ihres tristen Alltags, der aus allerhand Arbeit besteht und sie immer wieder in die Arme eines merkwürdigen Herren namens "Birdman" führt. Auch dessen Identität bleibt unklar und beschränkt sich auf zusammenhanglose Dialogfetzen, die dieser mehrmals mit seiner (platonischen oder festen) Freundin Lucy austauscht. Licht bringen diese in das Dunkel dieser merkwürdigen Beziehung jedoch nicht – und selbst für eigene Interpretationen benötigt der Zuschauer mehr Anhaltspunkte, als die Informationen, dass Birdman und Lucy sich hin und wieder zum gemeinsamen Fernsehschauen treffen. Die Tatsache, dass Lucy bei mehreren Treffen unvermittelt in Tränen ausbricht, verleiht dieser Szenerie zusätzlich etwas Lächerliches, da aufgrund seiner schier nicht vorhandenen Sinnigkeit so etwas wie eine spürbare Pseudointellektualität spürbar wird.

Julia Leigh versucht merklich, ihrem Werk ein ambitioniertes Erscheinungsbild einzuverleiben. Stellenweise lässt das Spiel mit der Versuchung des unwissenden Zusehers auch Anleihen an Stanley Kubricks Meisterwerk Eyes Wide Shut erkennen. Doch während sich Kubrick in seinem erotischen Ehepsychogramm auch genug Zeit dafür nimmt, die Gesinnung seiner Hauptfiguren zu erläutern, um anhand dieser die notwendige Spannung aus der Unsicherheit des Publikums zu ziehen, weicht das Unwissen über die Einordnung des Plots bei Sleeping Beauty alsbald der Gleichgültigkeit. Gewiss: Leighs Werk verschließt sich ganz bewusst einer klassisch narrativen Form und versteht sich als Lebensabschnittsstudie ohne Prolog, erzählerischem Höhepunkt und Happy oder Sad End. Doch die Regisseurin traut ihrer Vorlage zu viel Substanz zu; die Zugkraft der Prämisse wird es schon richten. Allein dieser Gedanke genügt aber nicht. Was es braucht, sind fesselnde Charaktere und so etwas wie ein Ziel. Doch nicht nur an ersterem mangelt es. Allen voran das unkonzentrierte Dahinplätschern lässt den Zuschauer alsbald kalt. Auf spannende Szenerien, etwa dann, wenn Lucy erstmals auf die geheimnisvolle Leiterin eines exklusiven Clubs trifft, die ihr ein lukratives Angebot für erotische Dienste verspricht, folgen dröge Minuten, die einmal mehr die Tristesse in Lucys Alltag hervorheben sollen. Das bremst aus und verhindert immer wieder, dass das aufkeimende Interesse des Publikums mit einer Highlightszene belohnt wird.


Das visuelle Erscheinungsbild tut sein Übriges, um Sleeping Beauty unrühmlich zu unterstreichen. Kameramann Geoffrey Simpson (Sessions – Wenn Worte berühren) kleidet das Erotikdrama in ein unauffälliges, allenfalls fernsehtaugliches Grau-in-Grau und möchte damit offenkundig unterstreichen, wie nah Lucys vermeintlich eleganter Sexjob an der Perspektivlosigkeit ihres Alltags befindlich ist. Ausgerechnet dieser Ansatz gelingt dem Bilderkünstler auch ganz vortrefflich. Leider ergibt sich dem Zuschauer dadurch gleichsam ein wenig ästhetisches Bild. Ohne automatisch den Anspruch eines geleckten Lack-und-Leder-Looks zu erheben, untermauert Sleeping Beauty mit einem solchen Auftritt seinen Anspruch, weg von einem geschichtenliebenden Zuschauer, hin zum Genießer abgehobener Kunstprojekte. Julia Leigh hat sich hier ganz eigen dafür entschlossen, einen Film zu kreieren, der vermutlich nur einem Bruchteil seiner Zuschauer zusagt. Denn vermutlich braucht es eine gewisse Aufgeschlossenheit derartigem Stoff gegenüber, um die Faszination einer Figur zu begreifen, die dem Zuseher keinerlei Gründe an die Hand gibt, ihr Leben interessant zu finden. Wenn das Finale darüber hinaus mehr Fragen aufwirft, als sämtliche aufgekommene vorab zu beantworten, erweist sich Sleeping Beauty als kurioses Sammelsurium vieler Ideen, aus dem sich vermutlich jeder das herausziehen muss, was für ihn selbst interessant ist. Ob etwas Kunst ist, oder weg kann, liegt ohnehin zumeist im Auge des Betrachters. 

Mehr von Antje Wessels findet ihr auf Wessels-Filmkritik.com!

Rhinos

Unter anderem als bester Film beim Europäischen Kurzfilmfestival prämiert: Ein deutsches Mädel (Coming In-Nebendarstellerin Aylin Tezel) und ein junger Ire begegnen sich und versuchen, trotz Sprachbarriere zueinander zu finden ...


IE 2012. Regie und Drehbuch: Shimmy Marcus. Mit: Fionn Walton, Aylin Tezel. Kamera: Cathal Watters. Schnitt: Lee Hickey.

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Heavyweight

Ein Parkwächter erfährt, dass sein 6-jähriger Sohn denkt, er verdiene seine Brötchen als furchterregender, stets Schurken bekämpfender Polizist. Um ihn zu beeindrucken, wird er zum Vigilanten ...


DK 2014: Regie: Jesper Quistgaard. Mit: Rudi Köhnke, William Sonne, Oscar Dyekjær Giese, Torben Zeller. Drehbuch: Nicklas Anthony Clark. Kamera: Mia Mai, Dengsø Graabæk. Schnitt: Cathrine Odgaard. Musik: Jesper Hansen.

Dienstag, 16. Dezember 2014

Kritiker vs. Filmfreunde vs. zahlendes Publikum : Die 15 besten Filme 2014


Gerne wird gemauschelt: Kritiker haben keine Ahnung. Oder auch: Die Masse guckt jeden Müll, ganz egal, ob es ihr gefällt oder nicht. Man muss ihn der Masse nur durch Werbung heiß machen. Doch was sagen die kalten Zahlen dazu? Nachfolgend daher die 15 am best bewerteten Filme 2014 bei Rottentomates (der bekannteste Kritikerspiegel), bei IMDb (das bekannteste Votingportal für Filmfreunde) und die 15 weltweit erfolgreichsten Produktionen.

IMDb (Filme mit über 5.000 Votes, bei Stimmengleichheit: Mehr Votes = besser)
15: Drachenzähmen leicht gemacht 2 (8,0 Punkte)
14: Das Schicksal ist ein mieser Verräter (8,0 Punkte)
13: Nightcrawler (8,1 Punkte)
12: Pride (8,1 Punkte)
11: Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere (8,2 Punkte)
10: Grand Budapest Hotel (8,2 Punkte)
9: X-Men - Zukunft ist Vergangenheit (8,2 Punkte)
8: Baymax - Riesiges Robowabohu (8,3 Punkte)
7: Guardians of the Galaxy (8,3 Punkte)
6: The Imitation Game (8,4 Punkte)
5: Boyhood (8,4 Punkte)
4: Gone Girl (8,4 Punkte)
3: Whiplash (8,7 Punkte)
2: Birdman (8,7 Punkte)
1: Interstellar (8,9 Punkte)

Rottentomatoes (basierend auf dieser Auswertung, Dokumentationen ausgeklammert)
15: Ida
14: Blue Ruin 
13: Love is Strange 
12: Planet der Affen: Revolution
11: We are the Best!
10: Grand Budapest Hotel
9: X-Men - Zukunft ist Vergangenheit
8: Die Legende der Prinzessin Kaguya
7: Starred Up
6: The Babadook
5: Nightcrawler 
4: Whiplash
3: Gloria 
2: The LEGO Movie 
1: Boyhood 

Weltweites Einspielergebnis
15: Lucy (458,9 Mio. $)
14: The LEGO Movie (468,1 Mio. $)
13: Teenage Mutant Ninja Turtles (477,2 Mio. $)
12: Rio 2 (498,8 Mio. $)
11: Godzilla (525,0 Mio. $)
10: Die Tribute von Panem: Mockingjay - Teil 1 (610,9 Mio. $)
9: Drachenzähmen leicht gemacht 2 (618,9 Mio. $)
8: Interstellar (621,8 Mio. $)
7: Planet der Affen: Revolution (708,3 Mio. $)
6: The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro (709,0 Mio. $)
5: The Return of the First Avenger (714,1 Mio. $)
4: X-Men - Zukunft ist Vergangenheit (746,0 Mio. $)
3: Maleficent (757,8 Mio. $)
2: Guardians of the Galaxy (722,1 Mio. $)
1: Tranformers - Ära des Untergangs (1,087 Mrd. $)

Tja, sind wir nun wirklich schlauer? In allen Listen finden sich über- und auch unterschätzte Fälle. Klar, an den Kinokassen gilt "viel hilft viel", aber ist das Massenpublikum daher dumm? Oder hebt es sich sein Geld einfach nur für das große Spektakel auf, findet aber auf lange Sicht auch zu den qualitativen Filmen der anderen Hitlisten?

Oscar 2015: Die potentiellen Nominierungen für das beste Makeup


Nachdem die "Shortlists" zu zwei meiner liebsten Oscar-Kategorien bekannt wurden, machte die Academy of Motion Picture Arts & Sciences nun die Vorauswahl zu der Sparte bekannt, die Jahr für Jahr zahlreiche Oscar-Experten mit ihrer bunten Riege an Nominierungen in die Knie zwingt: Makeup & Hairstyling.

Bemerkenswert ist in dieser Kategorie, dass die nominierungsberechtigten Academymitglieder genau das machen, was eigentlich jeder tun sollte, der für einen sich ernstnehmenden Filmpreis verantwortlich ist. Sie suchen nämlich schlicht und ergreifend die ihrer Ansicht nach besten Leistungen in ihrer Handwerkskunst aus. Kein "Wir können den Film nicht nominieren, das Gesamtwerk war zu schlecht!". Sondern nur: Wow, geiles Makeup. Nominieren wir!

Sieben Filme wurden bereits herausgepickt. Drei dieser Produktionen werden letzten Endes nominiert:

  • The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro
  • Foxcatcher
  • The Grand Budapest Hotel
  • Guardians of the Galaxy
  • Maleficent
  • Noah
  • Die Entdeckung der Unendlichkeit
Auffälligerweise fehlen hier die Hoffnungsträger Into the Woods und Der Hobbit 3, die beide von einigen Experten schon als die zwei Filme bezeichnet wurden, die das Rennen unter sich ausmachen werden.

Am 10. Januar werden die Stimmberechtigten Highlightreels der sieben Filme, die sich allein darauf beschränken, die Makeup- und Hairstyling-Leistungen zur Schau zu stellen, genau unter die Lupe nehmen. Daraufhin werden die Nominierten bestimmt.

Mein Kommentar: Amazing Spider-Man 2 hat mit Electro ein gutes Beispiel für via Makeup erschaffene Figuren zu bieten und mit dem Goblin ein stellenweise unfreiwillig komisches, da zu dick aufgetragenes Exempel. Das Hairstyling ist meines Erachtens nicht sonderlich bemerkenswert. Bei Foxcatcher bekamen Channing Tatum und Mark Ruffalo sogenannte "Blumenkohlohren" verpasst, um als langjährige Ringer durchzugehen. Zudem versinkt Steve Carell förmlich in (überzeugender) prosthetischer Schminke. Bei Grand Budapest Hotel wurde jedes Ensemblemitglied durch Styling Wes Andersons Vision angepasst. Guardians of the Galaxy ist ein kleiner Meilenstein, mit fünf wichtigen Figuren und zahlreichen Nebenfiguren, bei denen durch Makeup die Hautfarbe der Darstellerin / des Darstellers verändert wurde. Zudem wurden Gesichtszüge und Körperformen vieler Randakteure massiv verändert. Und all dies vollkommen glaubwürdig. Maleficent verpasst der große Wangenknochen aufweisenen Angelina Jolie ... große Wangenknochen. Wow, sensationell ... Okay, Sam Riley hat eine auffällig künstliche (trotzdem cool aussehende) falsche Nase. Noah hat viel Alterungs- und Wunden-Effektschminke. Und Die Entdeckung der Unendlicheit kreiert glaubwürdig Stephen Hawking nach.

Wir haben also mit Foxcatcher, The Grand Budapest Hotel, Guardians of the Galaxy und Die Entdeckung der Unendlichkeit vier würdige Nominierte, mit Noah und Amazing Spider-Man 2 zwei akzeptable und mit Maleficent einen unwürdigen Kandidaten. Wie wird die Academy entscheiden?

Meine Vermutung ist, es werden die folgenden drei:

  • Foxcatcher
  • Guardians of the Galaxy
  • Die Entdeckung der Unendlichkeit
... da Grand Budapest Hotel der Academy vielleicht zu "puppenhäuschenhaft" aussehen könnte, wenn ja schon der "theatrale" Into the Woods ganz rausflog. Aber wer weiß, vielleicht enttäuscht die Academy und nominiert Maleficent? Hoffen wir das Beste ...

Gridlock

2003 für den Oscar nominiert: Ein junger Manager steckt im Schnee fest und nutzt daher sein neues Handy, um Zuhause anzurufen. Dramatische, doch auch komische Missverständnisse folgen ...


DK 2001. Regie: Dirk Beliën. Drehbuch: Johan Verschueren. Mit: Tom Van Dyck, Ellen Van Cutsem, Aza Declercq, Kris Swinnen. Musik: Allan Muller. Kamera: Philippe Van Volsem. Schnitt: Alain Dessauvage, Christophe Van Rompaey.

Montag, 15. Dezember 2014

Yellow Sticky Notes

Manche Menschen schießen jeden Tag ein Foto. Animator Jeff Chiba Stearns dagegen fasst neun Jahre seines Lebens mittels Zeichnungen auf Post-it-Zettelchen zusammen. Klingt nett, ist aber in der Umsetzung großartig und wurde daher auf zahlreichen Trick- und Kurzfilmfestivals prämiert.


CAN 2007. Regie, Drehbuch, Schnitt, Animation: Jeff Chiba Stearns. Musik: Genevieve Vincent.

Sonntag, 14. Dezember 2014

Chupan Chupai

Inspiriert von einer Kurzgeschichte des Autoren Tim Maly erzählt diese in Indien gedrehte Sci-Fi-Story von einer Gruppe Kinder, die ein außergewöhnliches Versteckspiel spielen. Dabei entdecken sie einen Weg, sich in die Stadt zu hacken und so versteckte Orte offen zu decken ...


UK 2013. Regie: Factory Fifteen. Mit: Noshine Banu, Shahine Banu, Mustaraf Khan. Kamera: Jonathan Gales, Paul Nicholls, Liam Young, Tushar Prakash. Musik: Mark Sayfritz

Samstag, 13. Dezember 2014

Oscar 2015: 79 Lieder hoffen auf eine Oscar-Nominierung als "Bester Song"


Und noch mehr Oscar-Musik. Nach den qualifizierten Scores kommen hier die für Filme komponierten Lieder, die Chancen auf eine Oscar-Nominierung haben. 79 Lieder dürfen für eine Nominierung vorgeschlagen werden, am Ende werden es fünf Songs sein, die um den Goldjungen kämpfen. Denn nach Jahren des viel debattierten Hickhacks ist die Anzahl an zu nominierenden Liedern festgelegt. Bleibt nur zu hoffen, dass nicht wie bei den letzten Academy Awards im Nachhinein ein Song disqualifiziert wird ...

Und hier die komplette Liste:
  • It’s on Again aus The Amazing Spider-Man 2
  • Opportunity aus Annie
  • Lost Stars aus Begin Again
  • Grateful aus Beyond the Lights
  • Big Eyes aus Big Eyes
  • Immortals aus Big Hero 6″
  • The Apology Song aus The Book of Life
  • I Love You Too Much aus The Book of Life
  • The Boxtrolls Song aus The Boxtrolls
  • Quattro Sabatino aus The Boxtrolls
  • Ryan’s Song aus Boyhood
  • Split the Difference aus Boyhood
  • No Fate Awaits Me aus The Disappearance of Eleanor Rigby: Them
  • Brave Souls aus Dolphin Tale 2
  • You Got Me aus Dolphin Tale 2
  • All Our Endless Love aus Endless Love
  • Let Me In aus The Fault in Our Stars
  • Not About Angels aus The Fault in Our Stars
  • Until the End aus Garnet’s Gold
  • It Just Takes a Moment aus Girl on a Bicycle
  • Last Stop Paris aus Girl on a Bicycle
  • Ordinary Human aus The Giver
  • I’m Not Gonna Miss You aus Glen Campbell…I’ll Be Me
  • Find a Way aus The Good Lie
  • Color the World aus The Hero of Color City
  • The Last Goodbye aus The Hobbit: The Battle of the Five Armies
  • Chariots aus The Hornet’s Nest
  • Follow Me aus The Hornet’s Nest
  • Something to Shoot For aus Hot Guys with Guns
  • For the Dancing and the Dreaming aus How to Train Your Dragon 2
  • Afreen aus The Hundred-Foot Journey
  • Yellow Flicker Beat aus The Hunger Games: Mockingjay — Part 1
  • Heart Like Yours aus If I Stay
  • I Never Wanted to Go aus If I Stay
  • Mind aus If I Stay
  • Everything Is Awesome aus The Lego Movie
  • Call Me When You Find Yourself aus Life Inside Out
  • Coming Back to You aus Life of an Actress The Musical
  • The Life of an Actress aus Life of an Actress The Musical
  • Sister Rust aus Lucy
  • You Fooled Me aus Merchants of Doubt
  • Million Dollar Dream aus Million Dollar Arm
  • Spreading the Word/Makhna aus Million Dollar Arm
  • We Could Be Kings aus Million Dollar Arm
  • A Million Ways to Die aus A Million Ways to Die in the West
  • Way Back When aus Mr. Peabody & Sherman
  • America for Me aus A Most Violent Year
  • I’ll Get You What You Want (Cockatoo in Malibu) aus Muppets Most Wanted
  • Something So Right aus Muppets Most Wanted
  • We’re Doing a Sequel aus Muppets Most Wanted
  • Mercy Is aus Noah
  • Seeds aus Occupy the Farm
  • Grant My Freedom aus The One I Wrote for You
  • The One I Wrote For You aus The One I Wrote for You
  • Hal aus Only Lovers Left Alive
  • Shine aus Paddington
  • Still I Fly aus Planes: Fire & Rescue
  • Batucada Familia aus Rio 2
  • Beautiful Creatures aus Rio 2
  • Poisonous Love aus Rio 2
  • What Is Love aus Rio 2
  • Over Your Shoulder aus Rudderless
  • Sing Along aus Rudderless
  • Stay With You aus Rudderless
  • Everyone Hides aus St. Vincent
  • Why Why Why aus St. Vincent
  • Glory aus Selma
  • The Morning aus A Small Section of the World
  • Special aus Special
  • Gimme Some aus #Stuck
  • The Only Thing aus Third Person
  • Battle Cry aus Transformers: Age of Extinction
  • Miracles aus Unbroken
  • Summer Nights aus Under the Electric Sky
  • We Will Not Go aus Virunga
  • Heavenly Father aus Wish I Was Here
  • So Now What aus Wish I Was Here
  • Long Braid aus Work Weather Wife
  • Moon aus Work Weather Wife

  • Obwohl Regisseur John Carney erst kürzlich im Interview mit 'The Film Experience' erzählte, dass zwei Lieder aus Begin Again aka Can a Song Save Your Life? ins Rennen geschickt werden, taucht auf dieser Liste nur Lost Stars auf. Sehr, sehr schade, da wurde wohl ausgedünnt, um die Chancen zu vergrößern. Hoffentlich gelingt diese Taktik, denn eigentlich wäre es nur richtig, wenn auch zwei Lieder aus diesem wunderschönen Film nominiert würden. Naja, man kann nicht alles haben ... 

    Wie dem auch sei, ehe ich meine Nominierungsprognose erstelle, möchte ich obiges Feld erstmal ausdünnen und Lieder rauswerfen, die einfach so gar kein Oscar-Material sind. Sei es aus stilistischen oder qualitativen Gründen. Übrig bleiben:

    • Opportunity aus Annie Globe-nominiert
    • Lost Stars aus Begin Again HMIM-nominiert, Push durch die Weinstein Company
    • Grateful aus Beyond the Lights Song der 6-fach nominierten Diane Warren
    • Big Eyes aus Big Eyes Globe-nominiert
    • Immortals aus Big Hero 6 Push durch Disney
    • Split the Difference aus Boyhood Satellite-Award-nominiert
    • Not About Angels aus The Fault in Our Stars HMIM-nominiert
    • The Last Goodbye aus The Hobbit: The Battle of the Five Armies Emotionaler, gut besprochener Schlusssong zur Trilogie
    • For the Dancing and the Dreaming aus How to Train Your Dragon 2 HMIM-nominiert
    • Yellow Flicker Beat aus The Hunger Games: Mockingjay — Part 1 Globe-nominiert
    • Everything Is Awesome aus The Lego Movie HMIM-nomininert
    • America for Me aus A Most Violent Year Kritikerliebling von Alex Ebert
    • I’ll Get You What You Want (Cockatoo in Malibu) aus Muppets Most Wanted HMIM-nominiert
    • Something So Right aus Muppets Most Wanted Typischer Oscar-Song
    • We’re Doing a Sequel aus Muppets Most Wanted Kritikerliebling, Hollywood-Humor
    • Mercy Is aus Noah Globe-nominiert
    • What Is Love aus Rio 2 HMIM-nominiert
    • Glory aus Selma Globe-nominiert
    • Miracles aus Unbroken Kritiker-Liebling
    • Heavenly Father aus Wish I Was Here HMIM-nominiert
    • So Now What aus Wish I Was Here HMIM-nominiert
    (HMIM = Hollywood Music in Media Award)

    Misten wir diese Liste auch aus. Also: Obwohl einige Oscar-Experten Split the Difference auf dem Zettel haben, halte ich es für nahezu ausgeschlossen, dass die Academy auf das (bewusst) improvisiert klingende "Meine Lebenssituation nervt mich, und ich sing meine Kinder in den Schlaf"-Ständchen aus Boyhood fliegt. Dafür ist es dann doch eine zu beiläufige Nummer. Trotz Disneys Bemühungen ist Immortals wohl mit das schwächste Glied in obiger Liste: Es klingt wie ein toller, rockiger Radiosong, könnte aber auch ein eben solcher sein. Es ist nicht wirklich filmisch. Gut, das war Happy auch nicht, aber das Lied war dann obendrein ein Hit. Das Lied aus Drachenzähmen leicht gemacht 2 ist ein leichter, in seiner Szene verwurzelter Lagerfeuermoment und weniger ein eingängiger Song, also rechne ich ihm keine zu großen Chancen ein. Und die Lieder aus Wish I Was Here scheinen mir nicht die Art Musik zu sein, die die Aufmerksamkeit der Academy hält. Von den Globe-Liedern halte ich den aus Annie für nicht all zu Oscar-tauglich (schnell: wie oft wurden von Kindern gesungene Nummern nominiert?).

    Und so sehr ich We're Doing a Sequel nominiert (und auf der Bühne aufgeführt) sehen will: Als mit zentralem Gag-Dialog ausgestatteter Titel ist es auch weniger das Bier der Academy. Die bevorzugt ihre Scherzsongs eher im Stil von Sei hier Gast oder Unter dem Meer. Also kompakt und beschwingt. Und daher begehe ich hier ein Sakrileg: Aktuell glaube ich nicht an eine Nominierung für Everything is Awesome. Denn dies ist keine gut komponierte, angenehme, mitwippbare Gagnummer mit geistreichem Text. Sondern ein (grandios-)dämlicher Song, der so lustig ist, weil er so unfassbar gut den modernen Elektro-Plastikpop nachahmt. Großartiger Gag, ja. Aber eigentlich kein Oscar-Titel. Diane Warrens Nummer gewann im Laufe dieser Saison bisher keine Aufmerksamkeit, also rechne ich einfach dreist damit, dass dem so bleibt. Und Lana Del Rays Song Big Eyes klingt viel zu experimentell und exzentrisch. Wenn schon ihr Gatsby-Stück durchfiel, dann auch dieses.

    So ... und der Rest aus meiner Vorauswahl steht für mich recht stabil auf einer Ebene. 

    Da ich aber ja Entscheidungen treffen muss, wähle ich diese fünf Titel, die sich mit Blick auf vergangene Oscars in dieser Kombination schlicht wie ein echtes Academy-Award-Quintett anfühlen:

    • Lost Stars aus Begin Again
    • The Last Goodbye aus The Hobbit: The Battle of the Five Armies
    • I’ll Get You What You Want (Cockatoo in Malibu) aus Muppets Most Wanted 
    • Mercy Is aus Noah
    • Glory aus Selma
    Und, was ist eure Prognose?