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Donnerstag, 4. März 2021

Meine Lieblingsfilme 2020 (Teil III)

was bisher geschah ...

Wir nähern uns allmählich den Top Ten, aber alles schön der Reihe nach. Erst ein paar Ehrennennungen, dann die Ränge 20 bis 11, und dann bald das große Finale dieses Jahresrückblicks. Also: Spike Lees Da 5 Bloods hat mit Delroy Lindos Darbietung eines politisch streitbaren, schwarzen Vietnamkriegsveteranen eine der besten Schauspielleistungen des Jahres zu bieten. Um Lindo herum fehlt mir manchmal die Würze etwa eines BlacKkKlansman, aber allein schon seinetwegen muss der Film wenigstens in meine Ehrennennungen. Guy Ritchies The Gentlemen wiederum ist ein sehr unverfrorener, launiger Rücksturz in frühere Ritchie-Tonalitäten und besticht nicht nur mit denkwürdigen Zitaten, sondern vor allem mit einer atemberaubende Garderobe (Charlie Hunnams blauer Mantel allein ist schon Oscar-würdig!), während Judd Apatows The King of Staten Island die empathische Mutfindung eines kriselnden Endzwanzigers nachskizziert und dabei mit vielen denkwürdigen Dialogwitzen punktet.


Glen Keanes Animationsfilm Die bunte Seite des Mondes ist visuell beeindruckend, einfallsreich und hat einige Ohrwürmer zu bieten, Curtiz ist der zweitbeste Schwarzweiß-Film des Jahres über die Produktion eines Klassikers der goldenen Studioära, und Becky ist ein schön-bös-gewalthaltiges "Junges Mädchen attackiert Neonazis"-Filmvergnügen. Cathy Yans Birds of Prey (and the Fantabulous Emancipation of One Harley Quinn) schlussendlich ist in den besten Momenten ein Emanzipation auf mehreren Ebenen durchexerzierendes Superantiheldinnenerlebnis, in dem vor allem Margot Robbie und Mary Elizabeth Winstead schauspielerisch glänzen und Yan inszenatorisch aufdreht. Zwischendurch verliert der Film ein Stückchen weit an Verve, daher ist er ganz, ganz knapp an den Tops gescheitert. Aber ich will dringend mehr von Yan sehen und hoffe, dass DC öfter in der Brids of Prey-Stimmung operiert. So ... und nun ... die nächsten Plätze der Hitliste!

Platz 20: Relic (Regie: Natalie Erika James)

Natalie Erika James' Gruseldrama Relic über Alters- und Erbkrankheiten sowie Familienzusammenhalt, Fürsorge und die Angst, in die (gesundheitlichen) Fußstapfen seiner Eltern zu treten, ist ebenso poetisch-wunderschön wie herzzerreißend-besorgniserregend. Alle drei zentralen Frauen in diesem Film haben Seiten, die zur Identifikation und Empathie einladen, wie auch Aspekte an sich, die dazu einladen, kritisch über uns selbst nachzudenken und sich von ihrem Verhalten beunruhigen zu lassen. Aber nicht nur, dass Emily Mortimer, Robyn Nevin und Bella Heathcote mitreißend spielen, darüber hinaus ist James' Regieführung beachtlich. Vor allem der dritte Akt ist wundervoll desorientierend, was mich auf handwerklicher Ebene begeistert, auf rein oberflächlicher Grusel-Ebene sehr effektiv ist und schlussendlich emotionale Signifikanz für die Figuren hat und somit die Themen und Charakterisierungen des Films spitz zusammenbringt.

Platz 19: Bad Boys for Life (Regie: Adil El Arbi & Bilall Fallah)

Ein weiteres Bad Boys-Sequel, nun aber ohne Michael Bay auf dem Regiestuhl? Ich war skeptisch, immerhin definierten sich die ersten beiden Buddy-Actioner vor allem durch Bays Stilistik. Jedoch war ich auch neugierig, denn mit Adil El Arbi & Bilall Fallah heuerte Produzent Jerry Bruckheimer ein fähiges belgisches Regie-Duo an, das schon in seinem Heimatland eine Ästhetik entwickelte, die nah am Bruckheimer-Style der 90er und frühen 00er ist. Dass er das Gespann zudem sofort für zwei seiner Franchises einlud (nämlich auch für Beverly Hills Cop) gab mir ein wenig Vertrauen. Und, wie sich zeigen sollte: Das völlig zurecht! Bad Boys for Life ist unverschämt unterhaltsam! Will Smith und Martin Lawrence knüpfen da an, wo sie aufgehört haben, und glänzen nun mit der "eingelebten" Dynamik zweier alternder Freunde. Arbi und Fallah bleiben nah genug an der Hochglanz-Krawall-Seite Bays, dass der Film als Fortführung seines Schaffens verstanden werden kann, und finden dennoch eine eigene (weniger hektische) Bildsprache mit kräftigen Farbkontrasten. Die altbekannten Figuren werden stimmig vertieft, die neuen Schurken sind kurzweilig, es gibt mehrere Actionpassagen, die in Erinnerung bleiben, und die Sprüche machen Laune. Oh, und der Score von Lorne Balfe geht hier mehr in die Richtung, die ich mir von ihm in 6 Underground gewünscht hätte. Mehr davon!

Platz 18: Taylor Swift: Miss Americana (Regie: Lana Wilson)

In der Dokumentation Taylor Swift: Miss Americana begleiten Lana Wilson und ihr Team Taylor Swift auf einem Scheideweg: Während der Phase, während der sie eine neue Selbstwahrnehmung entwickelt, kritischer denn je über die Medienberichterstattung rund um sie nachdenkt, das Selbstbewusstsein entwickelt, sich dagegenzustellen, politisch offen zu kommunizieren und zudem ihre hoch theatralische Reputation-Phase abstreift. Wilson schafft daraus aber keinen filmischen Wikipedia-Artikel über Swift, sondern nutzt diesen Einblick in ihren Kreativ- sowie Selbstfindungsprozess als Sprungbrett, um größere, allgemeinere Themen anzuschneiden. Taylor Swift: Miss Americana ist eine großartige Dokumentation über Feminismus, Medienpolitik und sogleich mehrere mediensozilogische Phänomene. Sehr sehenswert!

Platz 17: Jojo Rabbit (Regie: Taika Waititi)

Ganz in der Tradition von Ernst Lubitsch weigert sich Taika Waititi in Jojo Rabbit, dem von ihm kritisierten Faschismus auch nur ein Stück Deutungshoheit zu gewähren. Denn eine Darstellung Hitlers oder ideologisch überzeugter Nazis als fähig und einschüchternd würde denen letztlich nur in die Karten spielen, holt so etwas doch immer irgendwelche politisch verwirrte Leute ab. Nimmt man ihnen jedoch ihre einschüchternde Wirkung, entzieht man ihnen ihre Kraft. Jojo Rabbit befolgt das und stellt unentwegte Propaganda überdeutlich als die Gehirnwäsche, die Leuten lächerliche, abscheuliche Ideen einredet, dar, die sie ist. Die große Kunst ist es, die Inhalte ins Lächerliche zu überziehen, ohne die grauenvollen, reellen Konsequenzen zu verlachen. Und auch das gelingt Jojo Rabbit: So beißend-urkomisch der Film zwischendurch sein kann, macht er noch immer klar, dass man auch die weltfernste, abartigste Denkweise nie unterschätzen darf, da von ihr noch immer große Gefahr ausgeht. Jojo Rabbit sorgt für Lachtränen wie auch Tränen der Erschütterung - und skizziert auf denkwürdige Weise, wie wertvoll es ist, gegen die Ausbreitung hasserfüllter Ideologien anzukämpfen und aufzuklären. 

Platz 16: Possessor (Regie: Brandon Cronenberg)

Aus der Kategorie "Festivalfilme 2020, die noch keinen deutschen Starttermin haben, und daher von mir der Einfachheit halber auch in die 2020-Topliste kommen": Die zweite Langfilm-Regiearbeit von Brandon Cronenberg. Der Film spielt in einer Welt, in der Auftragskiller eine neue, fiese Methode haben, um ihre Ziele zu erledigen. Denn eine Killeragentur versetzt ihre Täter in den Körper anderer Menschen, die dann, von den Killern besessen und fremdgesteuert, in die Nähe ihrer Ziele gelangen. Cronenberg macht daraus einen eisig kalten, hoch stilisierten Film, bei dem der Kontrollverlust gewieft visualisiert wird, und der uns tief in die verschwimmenden Leben des Kontrollierten  (stark: Christopher Abbott) und der Kontrollierenden (fantastisch: Andrea Riseborough) absteigen lässt. Die Gewaltspitzen sind rar, aber dafür ebenso wie die Mindfuck-Momente mit herausragenden praktischen Effekten umgesetzt. 

Platz 15: Happiest Season (Regie: Clea DuVall)

Weihnachtsmuffel Abby Holland (Kristen Stewart) und Weihnachtsnärrin Harper Caldwell (Mackenzie Davis) sind seit etwa einem Jahr zusammen und beschließen ultrakurzfristig, die Feiertage zusammen bei Harpers Eltern zu verbringen. Harper will ihrer Freundin somit das ungeliebte Fest wieder näher bringen, Abby freut sich derweil, somit eine vielversprechende Gelegenheit zu haben, um Harper zu fragen, ob sie sie heiraten will. Auf der Fahrt zu Harpers Eltern macht sie jedoch eine unerwartete Beichte: Sie hat sich in ihrer Familie noch nicht geoutet und bittet Abby daher, sich über Weihnachten nur als Mitbewohnerin auszugeben. Was folgt, ist eine bestechend toll geschriebene Festtags-Liebes-Dramödie, in der wir Abby dabei zusehen, wie sie mit ihrem Frust darüber hadert, von Harper in eine Art emotionale Gefangenschaft genommen worden zu sein, und wie Harper mit sich ringt, Verantwortung für dieses Handeln zu übernehmen und ihre Gründe für diese Trickserei auszudrücken. 

DuValls und Mary Hollands Skript lässt ohne Unterlass das Verständnis für die Maskerade bei Harpers Eltern fluktuieren, DuValls Inszenierung ist mit weihnachtlichem Glanz und immer wieder prägnant um die Ecke kommender Schwere versehen, und der Cast ist einfach famos! Kristen Stewart, Mackenzie Davis, Alison Brie, Aubrey Plaza, Dan Levy, Mary Holland, Victor Garber und Mary Steenburgen sind allesamt spitze gecastet und (dis-)harmonieren wundervoll. Könnte ein neuer Weihnachtsfilmklassiker werden.

Platz 14: Bliss (Regie: Joe Begos)

Now that's what I call Kunsthorror: In Bliss dreht sich alles um die freischaffende Malerin Dezzy, die sich gerade in einer Schaffenskrise befindet und daher Inspiration ... oder Ablenkung ... oder Erlösung von ihrem Frust ... oder alledreizusammen in Drogen und Party sucht. Und somit sehen wir Dezzy Drogen nehmen, Party machen, Sexpartner suchen, Sex haben, laut Metal hören und dabei, wie sie nackt malt. Und dann wieder beim Drogen nehmen, Party machen, Rumvögeln, laut Metal hören und nackt Malen. Woraufhin sie Drogen nimmt, Party macht, wild rumvögelt, laut Metal hört und nackt malt. Bis alles verschwimmt. Und ist sie womöglich besessen? Oder verliert sie ihren Verstand? Oder frisst ihre Kunst sie von innen auf? Oder alledreizusammen? Soghaft inszeniert, ungeheuerlich konsequent umgesetzt und dreckig-peppig gespielt.

Platz 13: Mank (Regie: David Fincher)

An der Oberfläche ist Mank eine Citizen Kane-Hommage, auf der zweiten Ebene ein Making-of-Drama wie Curtiz oder Ed Wood. Doch darunter ist Mank noch viel, viel mehr, und es ist unfassbar schade, dass so viele Leute Mank auf die ersten beiden Ebenen reduzieren. Es ist ein Drama über den Akt des Kunstschaffens, inklusive der Frage, wer wie viel Credit veredient und wie direkt oder indirekt Inspirationen aus dem eigenen Leben in das Schaffen einfließen. Es ist ein Meta-Kommentar sowohl auf den aktuellen Stand Hollywoods als auch darauf, wie sich die medienpolitische Historie immer wieder wiederholt. Es ist ein Drama über Selbstblendung, mediale Manipulation und das Verkennen der Zeichen, die schon an der Wand stehen. Gary Oldman ist wie gemacht für die Rolle des grantigen, wortgewandten Alkoholikers (Die dunkelste Stunde lässt grüßen), Amanda Seyfried glüht in jeder ihrer Szenen, und Finchers Regieführung ist überaus detailverliebt. 

Platz 12: The Assistant (Regie: Kitty Green)

Ein Tag im Leben einer Frau an einem männerdominierten Arbeitsplatz, in diesem Fall spezifisch einer Assistentin in einer Filmproduktionsfirma (ich denke, viele hören die Nachtigall hier schon trapsen), wenngleich ähnliches in unzähligen anderen Branchen geschehen könnte. Regisseurin und Autorin Kitty Green beobachtet ganz fein, lässt uns unangenehm nah an die andauernden Mikroaggressionen, Doppeldeutigkeiten, Abfälligkeiten und Blicke heranrücken. Julia Garner ist brillant in der Titelrolle und Matthew Macfadyen in völliger Beiläufigkeit ungeheuerlich ätzend in seiner Ignoranz und Arroganz.

Platz 11: Die Weite der Nacht (Regie: Andrew Patterson)

Ein Paradeexemplar für ein Langfilmregiedebüt mit immensem Selbstbewusstsein: Andrew Patterson lässt uns tief in die Welt einer Episode einer fiktiven Twilight Zone-Trittbrettfahrerserie im Sci-Fi-genre abtauchen. Kompliziert konstruierte Plansequenzen, lang beobachtende Einstellungen, die eine junge Telefonistin und einen jungen Radiomoderator bei ihrer Arbeit zeigen, bei der sie schalten, drücken, drehen und aufrollen wie im Schlaf. Das Bild verschwindet, um Radiodrama-Atmosphäre zu erzeugen. Was in schwächerer Hand konfus und überambitioniert werden könnte, dient hier dank Pattersons zielstrebiger Regiearbeit und dem atmosphärischen sowie doppelbödigen Skript einer packenden Sci-Fi-Mystery-Story, die wiederum auf den Schultern zweier großartiger Jungdarsteller ruht. Sierra McCormick und Jake Horowitz glänzen in ihren Rollen, die etwas progressiv für ihre Zeit sind, aber dennoch ganz klar Produkte ihrer Gesellschaft darstellen, und daher immer wieder an die Grenzen ihrer Vorstellungskraft und ihres empathischen Verständnisses geraten.

Fortsetzung folgt ...

Freitag, 25. März 2016

Meine Lieblingsfilme 2015 (Teil II)

Bereits die Filme in Teil eins meiner Hitliste haben mir sehr gefallen, doch die in diesem Part meiner Jahreshitliste folgenden Produktionen haben mir ob ihrer Reize ein noch größeres Lächeln entlockt. Bevor ich euch aber endlich Rang 35 bis 26 meiner favorisierten Filme 2015 vorstelle, möchte ich kurz ein paar ehrenwerte Nennungen loswerden. Also Projekte, die mir ebenfalls zugesagt haben, denen aber angesichts der gebotenen Konkurrenz nicht der Sprung in diesen Countdown vergönnt war. Dazu zählt etwa Robert Zemeckis' verträumter, spaßiger 3D-Film The Walk mit einem toll aufgelegten Joseph Gordon-Levitt, starken 3D-Aufnahmen und einem disneyhaften "Only the sky's the Limit!"-Tonfall. Dann wäre da die französische Komödie Mama gegen Papa, die mit schonungslosem, irren Humor einen herrlich albernen Scheidungskrieg zeigt. Sowie das Disney-Sportdrama City of McFarland, das starke Musik und eindrucksvolle Bilder zu bieten hat, aber weder seine Dramatik voll ausreizt, noch so eine inspirierende Ausstrahlung aufweist wie manch andere Genrevertreter.

Weitere Ehrennennungen folgen in den nächsten Teilen. Doch nun erst einmal ein paar Filme, die es letztlich in meine Jahres-Bestenliste geschafft haben!

Platz 35: Diary of a Teenage Girl (Regie: Marielle Heller)

Die Coming-of-Age-Geschichte einer Jugendlichen in den 70er-Jahren, die einen popkulturellen Underground-Geschmack hat und zwar bei ihren Altersgenossen nicht unbedingt als Topmodel aufgefasst wird, sehr wohl aber ihrem Stiefvater das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt: Die Romanadaption von Regisseurin Marielle Heller kommt nicht etwa wie ein Problemfilm über Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen daher, sondern als vergnüglicher, seine Themen dennoch ernstnehmender Blick auf eine vergangene Ära, in der sexuelle Selbstentdeckung noch anders ablief als heutzutage. Was die von Bel Powley mit Witz, Empfindsamkeit und Derbheit verkörperte Protagonistin durchmacht, ist ein Sonderfall, ihre Gefühle aber nachvollziehbar. Mit einem verwaschenen, ausgebleichten 70s-Look und keinerlei verlogenem Schamgefühl ist Diary of a Teenage Girl glaubwürdig, mutig und charmant. Daher fällt die rasch einsetzende, etwas überzogene Eskalation im dritten Akt auch nicht zu arg ins Gewicht.

Platz 34: Shaun das Schaf - Der Film (Regie: Mark Burton & Richard Goleszowski)

Ein Film, so liebevoll und charmant, dass ich praktisch durchweg mit breitem, glückseligen Grinsen vor der Leinwand gesessen habe: Shaun das Schaf - Der Film erinnert daran, welche Wirkung dialogfreies Erzählen haben kann und besticht mit einer Vielzahl an ulkigen, kleinen Details. Diese freche, knuffige Schafsbande erlebt kein superspannendes oder erstaunliches Abenteuer, aber die gebotene Mischung aus sehenswerter Handwerkskunst und trockenem, familientauglichen Witz macht Shaun das Schaf - Der Film dennoch zu einem der Animationsfilm-Highlights 2015!


Platz 33: Slow West (Regie: John Maclean)

Ein Film, der zu einem Drittel wie eine Regiearbeit von Gore Verbinski wirkt, sich zu einem Drittel nach Wes Anderson anfühlt und zu einem Drittel an die Werke der Coen-Brüder erinnert, der hat bei mir automatisch einen Stein im Brett: Verspielt-böser Humor, eine einfallsreiche Bildsprache, ein kerniger Michael Fassbender und ein sympathischer Kodi Smit-McPhee machen Slow West zu einem feschen, obgleich gemütlich erzählten Western mit einem Finale wie aus einem Bilderbuch. Okay ... Wie aus einem zynischen Bilderbuch!

Platz 32: Broadway Therapy (Regie: Peter Bogdanovich)

Komödienspaß, wie aus der Zeit gefallen: Peter Bogdanovich orchestriert mit seinem Showbiz-Chaos ein Lustspiel über übersteigerte Egos, Fleischeslust und die verblendete Theaterwelt. Imogen Poots ist unfassbar charmant als Ex-Callgirl, das den Sprung auf die Bretter, die die Welt bedeuten, schaffen will. Owen Wilson ist als untreuer Regisseur lässig, Jennifer Aniston gibt mit großer Spielfreude eine unfähige, selbstverliebte Therapeutin, und das Skript ist voll mit ulkigen, unvermeidlichen Eskalationen. Erfrischend, leichtfüßig und sympathisch altmodisch!

Platz 31: Dating Queen (Regie: Judd Apatow)

Judd Apatow ist nach zwei Jahren Pause zurück auf dem Regiestuhl, übergibt aber erstmals die Pflichten des Drehbuchautoren in fremde Hände: Der Dramödie Dating Queen ist dies allerdings nur stellenweise anzumerken. Hauptdarstellerin und Autorin Amy Schumer setzt auf dieselbe Mischung aus pointierten Alltagsbeobachtungen, sympathischen, doch fehlerhaften Hauptfiguren und dezent überzeichneten Nebenfiguren wie ihr Regisseur. Und es ist eine sehr unterhaltsame Geschichte, die Apatow und Schumer hier erzählen: Die von Schwierigkeiten durchzogene Beziehung zweier gänzlich gegensätzlicher Menschen ist zwar, ganz abstrakt gedacht, nur typisches RomCom-Material. Aber mit knalligem Wortwitz, wahnwitzigen Situationen und unkitschiger Herzlichkeit ist Dating Queen dennoch ein Ausnahmefilm in dieser Filmgattung.

Platz 30: Camp X-Ray (Regie: Peter Sattler)

Kristen Stewart kann schauspielern! Wirklich! Alle Hater sollten einfach nur einmal über den Tellerrand von Twilight und Snow White & the Huntsman blicken. Ob als Slacker-Girl in Adventureland, als persönliche Assistentin einer alternden Schauspiellegende im meiner Ansicht nach gemeinhin überschätzten, wenngleich gut gespielten Clouds of Sils Maria, als auftauende Tochter einer Demenzpatientin in Still Alice oder nun einmal in diesem mit packenden sowie ergreifenden Dialogen aufwartenden Drama: Camp X-Ray erzählt nahezu klischeefrei und mit glaubwürdig konstruierten Dialogszenen von der unerwarteten Freundschaft zwischen einer Wärterin in Guantanamo Bay und einem belesenen Insassen. Peter Sattler schafft mit diesem von Pathos befreiten Film eine intensive Erzählung, die ohne moralischen Zeigefinger für menschlichere Behandlung von Gefangenen, mehr Verständigung und das Einreißen kultureller Mauern steht.

Platz 29: Das brandneue Testament (Regie: Jaco Van Dormael)

Wohl seit Kevin Smiths Dogma gab es keine Religionssatire mehr, die so albern war und ihr Thema so komplex behandelte wie Das brandneue Testament. Der belgische Golden-Globe-Anwärter tauscht allerdings den kultigen, in Popkultur badenden Dialog von Dogma gegen verspielte, naive Poesie: Gottes Tochter flieht vor dem gehässigen, herrischen Schöpfer der Welt und zieht in die Welt hinaus, um ein neues Testament zu verfassen, das aus exemplarischen, inspirierenden Menschenschicksalen berichtet. All das, nachdem sie der Weltöffentlichkeit sämtliche noch ausstehenden Todesdaten mitgeteilt hat. Verschrobene Komik trifft auf nachdenkliche, wunderschöne Montagesequenzen: Ein Film, den man gesehen haben muss, um an ihn zu glauben.

Platz 28: Victoria (Regie: Sebastian Schipper)

Eine Berliner Nacht, die man nicht vergessen kann: Gemeinsam mit Laia Costas gutherziger, neugieriger und immens abenteuerlustiger Titelheldin wandern wir in einem einzigen, anhaltenden Take durch die Poser- und Bundeshauptstadt Berlin, lernen eine trunkene Gruppe Kerle kennen, freunden uns mit Frederick Laus gutmütigem Kakaoliebhaber an und werden dann von einem seiner lauten Kumpels in ein aufreibendes Erlebnis gestürzt ... Kameratechnisch ein wahres Meisterstück, mit zwei sehenswerten Hauptdarstellern, mir etwas zu anstrengenden Nebenfiguren, und einer graduellen, farbästhetischen und tonalen Wandlung, wie es sie im deutschen Kino nur alle Jubeljahre zu bestaunen gilt. Wenn überhaupt.

Platz 27: Manolo und das Buch des Lebens (Regie: Jorge Gutiérrez)

The Nightmare before Christmas trifft Drei Caballeros trifft die Sage von Orpheus und Eurydike ... Im Stil eines überbordenden Spielzeug-Festivals: Manolo und das Buch des Lebens ist ein kunterbunter, extrem spaßiger und musikalisch spritziger Trip nach Mexiko, wo wir auf einen Torero treffen, der lieber Musiker wäre, und ins Reich der Toten stapft, um seine große Liebe zu retten. Optisch ungeheuerlich einfallsreich, mit großem Humor und voller kleiner Schnörkel, die diesen Kinospaß lebendig werden lassen. Eine bessere, leicht morbide Hommage an einen Feiertag hat es seit Tim Burtons und Henry Selicks Touchstone/Disney-Kultklassiker nicht mehr gegeben!

Platz 26: Joy - Alles außer gewöhnlich (Regie: David O. Russell)

David O. Russell kann es also doch noch: Einen Film drehen, den ich in mein Herz zu schließen weiß. Nach dem mich frustrierenden Silver Linings und dem von mir verabscheuten American Hustle kam Ende 2015 Joy daher. Die verschrobene, zwischenzeitlich dramatische Komödie wurde, im Gegensatz zu den bisherigen Zusammenarbeiten von Bradley Cooper, Jennifer Lawrence und David O. Russell, von den US-Kritikern nur mäßig aufgenommen. Tja, deren Verlust. Denn Russells exzentrische Nacherzählung der Geschichte einer kämpferischen und erfinderischen Frau nach ganz oben in der Welt des Teleshoppings hat mich mit ebenso sprödem wie spritzigem Humor, einer facettenreichen Lawrence und musikalischen wie inszenatorischen Kniffen schon in Minute eins abgeholt. Und dann rund zwei Stunden später triumphierend aus dem Kino entlassen.

Im nächsten Teil wird es langsam ernst, denn dann geht es auf in die Top 25!

Freitag, 19. Februar 2016

Dating Queen



Zu sagen, dass Komödienregisseur Judd Apatow zuletzt enttäuschte, geht zu weit. Immer Ärger mit 40 von 2012 ist ein schöner, kleiner Einblick in das Leben eines langjährigen Ehepaares. Und mit Wie das Leben so spielt erschien 2009 eine Dramödie, die zwar an ihren Ambitionen zerbricht, jedoch mit einigen gelungenen Momenten und Performances punktet. Trotzdem sind es ganz klar die ersten beiden Kino-Regiearbeiten Apatows, dank denen der frühere Stand-Up-Comedian so ein großes Ansehen genießt. Jungfrau (40), männlich, sucht … ist berechtigterweise ein Komödienklassiker geworden und Beim ersten Mal machte 2007 das Genre der räudig-herzlichen Beziehungskomödie erst salonfähig. Nun kommt mit Dating Queen die erste Apatow-Regiearbeit in die Lichtspielhäuser, an deren Drehbuch der Filmemacher nicht mitgewirkt hat. Dessen ungeachtet schließt dieser gewaltige Kinospaß nahtlos an die ersten zwei Kracher Apatows an und besticht mit gewaltiger Gagdichte, immens sympathischen Figuren und einem ehrlichen, unkitschigen Umgang mit Romantik.

Amy (Amy Schumer) ist eine moderne Frau mit hedonistischen Zügen: Sie will ihr Leben in vollen Zügen genießen und zieht daher von einer Party zur nächsten. Und seit ihr Vater (Colin Quinn) ihr eintrichterte, dass Monogamie unsinnig sei, pendelt sie zudem von einer ungezwungenen Bettbeziehung zur nächsten. Was jedoch nicht heißt, dass Amy völlig unfähig ist, feste emotionale Bindungen zu hegen. So ist sie es, die sich weiterhin um ihren nunmehr im Altersheim lebenden Dad kümmert, während ihre Schwester Kim (Brie Larson) nur Zeit für ihre eigene kleine Familie hat. Als die ehrgeizige Lifestylemagazin-Redakteurin Amy von ihrer Chefin (nicht wiederzuerkennen: Tilda Swinton) einen ungewollten Auftrag erhält, wird aber auch ihr Liebesleben aufgerüttelt: Obwohl Amy ihrem Interviewpartner, dem erfolgreichen Sportarzt Aaron (Bill Hader), klar macht, wenig von seinem Job zu halten, funkt es zwischen ihnen. Doch da sich Aaron nicht mit einer Affäre zufrieden geben möchte, muss sich Amy an ein gezügeltes Liebesleben gewöhnen …

Dating Queen ist in jeglicher Hinsicht ein Star-Vehikel für seine Hauptdarstellerin und Drehbuchautorin Amy Schumer. Denn es ist das unbändige Leinwandtemperament der Komikerin, welches diesen Film zu dem macht, was er ist. Schumer schafft es, ihre Figur rotzig-frech und äußerst selbstüberzeugt darzustellen, sie aber dank eines gewinnenden Lächelns und ansteckender Lebensfreude auch sehr sympathisch anzulegen. Der Wechsel zwischen Partytier, hibbelig sowie frisch verliebt und fürsorglicher Tochter erfolgt bei Schumer ebenso schnell wie authentisch, und die Chemie zu ihrem Leinwandpartner ist nahezu perfekt. Bill Hader gibt seiner leicht spießigen, doch weltoffenen Rolle sehr viel Humor und etwas Unbeholfenheit mit, wodurch er nicht einfach das wandelnde Gegenteil Amys wird. Diesen Beiden kauft man die große Liebe ab – und da ihre Gegensätze nicht auf typische RomCom-Art vereinfacht werden, versprüht Dating Queen keinen schmalzigen Romantikkitsch, sondern ein authentisches schwärmendes Kribbeln im Bauch.
So erfrischend und eigenwillig die Hauptfigur sein mag, die Erzählung von Dating Queen ist klassisch aufgebaut, umfasst die üblichen Wendepunkte einer Romantikkomödie.

Jedoch fällt dies bloß punktuell auf, weil Apatows markantes Pacing auch hier vorherrscht: Dialogsequenzen sind länger als in konventionellen RomComs, da Apatow seine Darsteller zu improvisiertem Geplänkel anregt, das er nur ungern eindampft. Obendrein erlauben kleine Subplots einen Ausblick auf das Leben des zentralen Paars abseits der eigentlichen Liebesgeschichte, was die Narrative weiter streckt. Zielstrebig geht Dating Queen also nicht voran, zehn bis zwanzig Minuten könnte der Film locker verlieren, ohne dass handlungsrelevante Informationen fehlen würden. Dating Queen zieht sich allerdings nicht wie Wie das Leben so spielt, weil selbst überflüssige Szenen zum Bersten voll sind mit köstlichen Wortspielen und fescher Situationskomik.

Dabei sind es nicht allein die zwei Hauptdarsteller, die mit urkomischen Dialogen bestechen. Auch Nebendarsteller wie LeBron James oder die wundervoll bodenständige Brie Larson landen diverse Volltreffer. Der Wrestler John Cena hat sogar die (zweifelhafte, aber schreiend komische) Ehre, den misslungensten Dirty Talk der US-Komödiengeschichte in Amy Schumers Ohr zu flüstern – Prüderie ist beim Dating Queen-Schauen also wenig empfehlenswert.

Fazit: Zielgerichtetes Erzählen war noch die Stärke Judd Apatows, doch im Falle von Dating Queen gilt: Mehr Laufzeit, mehr Laune! Eine wunderbare Amy Schumer, ein ideal zu ihr passender Bill Hader und toll aufgelegte Nebendarsteller machen Apatows fünfte Regiearbeit zu einem geballten, räudig-süßen Filmspaß.

Donnerstag, 1. März 2012

Meine Lieblings-Kinofilme 2011 – Teil I

Es zog sich etwas hin, aber mit gutem Grund. Erst musste ich abwägen, ob ich Melancholia ausreichend genug mag, um Lars von Triers Weltuntergangspoem in diese Liste aufzunehmen (Antwort: Nein!), dann haderte ich damit, Kevin Smiths viel gehypten Thriller Red State zu berücksichtigen (Antwort: Knapp daneben ist auch vorbei!), und dann bin ich einfach nur in Arbeit versackt. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, und mit etwas mehr Abstand lässt es sich eh viel rationaler bewerten.

Wobei Rationalität eh so eine Sache ist, denn der Titel dieser Hitliste verrät schon alles. Dies sind nicht "Die Filme des Jahres 2011, die sich im Filmkanon festsetzen werden" und auch nicht "Die besten Filme 2011". Dies sind meine Lieblingsfilme des Jahres. Wer den Unterschied noch immer nicht verstanden hat ... der wird sich eh nur über die Rangfolge aufregen.

Ich hatte mir vor einiger Zeit fest vorgenommen, keine Doppelplatzierungen mehr zu vergeben, aber ich konnte mich beim besten Willen nicht zwischen den beiden Überraschungskomödien des Sommers entscheiden. Und ehe ich erst zum Sommerbeginn 2012 auf das Kinojahr 2011 zurückblicke, lebe ich lieber damit, zwei äußerst unterhaltsame Komödien auf den letzten Rang dieser Hitliste gepackt zu haben. Hat Brautalarm kleinere Längen und ist Nichts zu verzollen von Anfang bis Ende vergnüglich, haben die Chaosbräute mehr Charakter und liefern so ganz nebenher eine annehmbare Lebenskrise-Dramödie ab. Die französisch-belgische Zollkomödie zielt dafür wunderbar albern auf falschen Patriotismus ab, auch wenn manche Figuren noch was bissiger hätten sein dürfen. Somit sind beides brüllend komische Comedys mit kleineren Schwächen und unerwarteten Pluspunkten.

Platz 19: Hangover 2
Ja, es ist der selbe Plot wie in Hangover, nur schmutziger, boshafter und in Bangkog. Ja, die Musikauswahl kommt nicht an die Partystimmung des Originals heran. Nein, das stört mich nicht. Das Wolfsrudel ist eine herrlich vergnügsame Chaostruppe und ihre derberen, härteren Erlebnisse in T-Hailand haben mir wieder Bauchmuskelschmerzen beschert. Sowohl beim ersten Mal, als auch beim zweiten Mal in ultrageselliger Runde. Zahlreiche rezitierbare Sprüche und eine aus dem Fincher-Universum gestohlene Beleuchtung/Kameraarbeit schubsen Hangover 2 in meine Jahresbestenliste. Wem das nicht passt, biete ich halt ein paar Friedens-Marshmallows an.

Was waren die Sorgen einiger Hollywoodanalysten groß: Tom Cruise taugt nur noch was, wenn er sich als Nebendarsteller zum Vollhorst macht (Tropic Thunder rulez!). Das Mission: Impossible-Franchise hat ausgedient. Brad Bird kann keine Realfilme drehen. Und überhaupt und sowieso! Was haben sie stattdessen bekommen? Tom Cruises kommerziell erfolgreichsten Film aller Zeiten! Schluckt Wüstenstaub, ihr Aasgeier!
Zwar verpulvert Bird sowohl Josh Holloway als auch Michael Nyqvist, und auch der Plot ist ziemlich dünn. Doch dafür baut Brad Bird Simon Pegg zum großartigen Techniknerd/Agentenkomiker aus, lässt Tom Cruise erneut leinwandfüllend halsbrecherische Stunts ausführen (dieses Mal aber mit inhaltlicher Relevanz, statt wie John Woo nur Cruises Ego zu unterstützen) und lässt Michael Giacchino die Ohren des Agentenfilm-Fans verwöhnen. James Bond mag neuerdings auf Wackelkamera und eine verkorkste Liebesgeschichte setzen, die ihn innerlich verreißt. Soll er doch, übernimmt halt Ethan Hunt unter Birds sehenswerte Action spinnender Leitung Bonds alte Aufabe im Popcornkino. Und als nächstes, lieber Brad, überzeugst du Disney und Warner Bros., endlich 1906 mit einem Mordsbudget zu unterstützen. Du schaffst es!

Platz 17: The Green Hornet
Von allen Filmen, die Cameros Diaz 2011 herausgebracht hat, in denen sie das Objekt der lüsternen Begierde eines Mitglieds des erweiterten Apatow-Clans gibt und Coolios Gangsta's Paradise zu hören ist, ist diese Actionkomödie mit meilenweitem Abstand der beste. Seth Rogen hat mich als Ich-bezogener, maskierter Verbrechensbekämpfer, der regelmäßig gewaltigen Stress mit seinem Sidekick hat, vollkommen überzeugt. Die Verballhornung der üblichen Helden-Gehilfe-Dynamik, Michel Gondrys schrägen Einfälle und ein, am Set offenbar mies gelaunter, abstrus aufspielender Christoph Waltz machen diesen etwas anderen Superheldenfilm zu einer durchgeknallten Wonne. Sobald die Startschwierigkeiten der Story überkommen sind und wenn Cameron Diaz' komödiantisches Potential nicht gerade verschenkt wird. Außerdem habe ich wohl niemals besseres konvertiertes 3D gesehen als hier. Es geht also doch!

Wie oberflächlich kann diese Jahreshitliste noch werden? Hat unser geschätzter Filmkritiker jeglichen Anspruch im Multiplex gelassen? War 2011 ein lohnenswertes oder ein beschämendes Jahr für die Disney-Studios? Die Antwort darauf und vieles mehr ... demnächst ...

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Dienstag, 24. Januar 2012

Oscar 2012: Prognosenauswertung, die Nominierungen, Kommentare


 Eine ausführliche Betrachtung der Oscar-Nominierungen findet ihr hier, an dieser Stelle folgen hingegen nur die Fakten, meine Prognosen-Auswertung und schnelle, kurze Reaktionen zu den einzelnen Kategorien.

Bester Film
- «The Artist»
- «The Descendants - Familie und andere Angelegenheiten»
- «Extrem laut und unglaublich nah»
- «The Help»
- «Hugo Cabret»
- «Midnight in Paris»
- «Moneyball»
- «The Tree of Life»
- «Gefährten - War Horse»

Treffer: 7/9
Kommentar: Immer wieder wiegelte ich in Gesprächen und den Kommentaren hier im Blog die Möglichkeit einer Nominierung für Tree of Life ab. Ich gebe stolz zu, dass ich mich geirrt habe. Warum hätte ich ihn auch auf dem Schirm haben sollen, wo er doch einfach kein klassisches Oscar-Material ist? Auch wenn ich ihm einen Oscar-Sieg nicht wünsche (meine Filmkritik zu Malicks Magnum Opus folgt irgendwann zwischen übermorgen und dem St. Nimmerleinstag), so bin ich doch sehr froh über seine Nominierung. Extrem laut und unglaublich nah hingegen gehört für mich in die Kategorie von Der Vorleser. *Alten Hass wieder aufkommen lass*

Bester Hauptdarsteller
- Demián Bichir für «A Better Life»
- George Clooney für «The Descendants - Familie und andere Angelegenheiten»
- Jean Dujardin für «The Artist»
- Gary Oldman für «Dame, König, As, Spion»
- Brad Pitt für «Moneyball»

Treffer: 3/5
Kommentar: Mich freut's ungemein, dass Gary Oldman mir meine Prognose versaut hat. Über Bichir kann ich noch nichts sagen und ich bin mir auch im Unklaren, ob ich irgendwann Lust habe, daran was zu ändern.

Bester Nebendarsteller
- Kenneth Branagh für «My Week with Marilyn»
- Jonah Hill für «Moneyball»
- Nick Nolte für «Warrior»
- Christopher Plummer für «Beginners»
- Max von Sydow für «Extrem laut und unglaublich nah»

Treffer: 3/5
Kommentar: 5 von 5 hätte ich hier eh niemals bekommen, meine "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt"-Prognose mit Serkis war ja eine Verzweiflungstat. Und ich hätte mich unter den ernsthaften Tipps niemals für Nolte entschieden. Passt also. Von Sydow hätte ich vorhersagen können, aber dafür war mir Brooks eine zu sichere Wahl.

Beste Hauptdarstellerin
- Glenn Close für «Albert Nobbs»
- Viola Davis für «The Help»
- Rooney Mara für «Verblendung»
- Meryl Streep für «Die eiserne Lady»
- Michelle Williams für «My Week with Marilyn»

Treffer: 4/5
Kommentar: Dass Mara drin ist, ist für mich (obwohl ich es vorhergesagt habe) eine ebenso große Überraschung, wie das Fehlen von Tilda Swinton. Mich freut's jedoch enorm für Mara. Nächster Schritt: Vollkommen unerwarteter Oscar-Sieg!

Beste Nebendarstellerin
- Bérénice Bejo für «The Artist»
- Jessica Chastain für «The Help»
- Melissa McCarthy für «Brautalarm»
- Janet McTeer für «Albert Nobbs»
- Octavia Spencer für «The Help»

Treffer: 4/5
Kommenar: Hier war ich zu sehr davon überzeugt, dass die Academy alle Klischees erfüllt. Glückwunsch an McCarthy: Für so eine verdiente wie atypische Nominierung opfere ich gerne meinen Prognosenschnitt!

Bester Animationsfilm:
- «A Cat in Paris»
- «Chico & Rita»
- «Kung Fu Panda 2»
- «Der gestiefelte Kater»
- «Rango»

Treffer: 3/5
Kommenar: Wow! Die Academy würdigt zwei europäische Independent-Zeichentrickfilme, die keinen solch großen Hype erlebten, wie L' Illusioniste letztes Jahr. Eine positive Überraschung! Und: Fuck Yeah, das seelenlose, kameratechnisch aber beachtenswerte Abenteuerchen Tim & Struppi hat es nicht geschafft! Und wer mir als nächstes sagt, dass die Academy Pixar für jeden Müll würdigt, bekommt die diesjährigen Oscarnominierungen von mir höchstpersönlich in die Schnauze gerammt. *Kopfkino*


Bestes Szenenbild:
- Laurence Bennett für «The Artist»
- Stuart Craig für «Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2»
- Dante Ferretti für «Hugo Cabret»
- Anne Seibel für «Midnight in Paris»
- Rick Carter für «Gefährten - War Horse»

Treffer: 3/5
Kommentar: Mich freut's ungemein für Midnight in Paris, auch Gefährten gönne ich es. Dennoch hätte ich auch meine Favoriten gerne hier gesehen. *Dämliche Begrenzung auf fünf Nominierungen!*

Beste Kamera
- Guillaume Schiffman für «The Artist»
- Jeff Cronenweth für «Verblendung»
- Robert Richardson für «Hugo Cabret»
- Emmanuel Lubezki für «The Tree of Life»
- Janusz Kaminski für «Gefährten - War Horse»

Treffer: 5/5
Kommentar: Ich kenne halt meine visuellen Pappenheimer. Jetzt zwingt mich aber bitte nicht, einen eigenen und einen Oscar-Favoriten zu wählen ...

Bestes Kostümdesign
- Lisy Christl für «Anonymous»
- Mark Bridges für «The Artist»
- Sandy Powell für «Hugo Cabret»
- Michael O’Connor für «Jane Eyre»
- Adrianne Phillips für «W.E.»

Treffer: 3/5
Kommentar: Sandy Powell wird nicht gewinnen, da sie ja nur dann einen Oscar erhält, wenn Colleen Atwood ebenfalls nominiert ist.

Bester Regisseur
- Michael Hazanavicius für «The Artist»
- Alexander Payne für «The Descendants - Familie und andere Angelegenheiten»
- Martin Scorsese für «Hugo Cabret»
- Woody Allen für «Midnight in Paris»
- Terrence Malick für «The Tree of Life»

Treffer: 4/5
Kommentar: Wo kommt denn der Herr Malick plötzlich her, und wieso kann er nicht Payne statt Spielberg aus dem Rennen kegeln?

Bester Dokumentarfilm
- «Hell and Back Again»
- «If a Tree Falls: A Store of the Earth Liberation Front»
- «Paradise Lost 3: Purgatory»
- «Pina
- «Undefeated»

Treffer: 1/5
Kommentar: Ich habe schlecht geraten.

Bester Kurz-Dokumentarfilm
- «The Barber of Birmingham: Foot Soldier of the Civil Rights Movement»
- «God is he Bigger Elvis»
- «Incident in New Baghdad»
- «Saving Face»
- «The Tsunami and the Cherry Blossom»

Treffer: 4/5
Kommentar: Ich habe gut geraten und habe nun Lust auf einen neuen Kurzfilmtag im Blog. Dann aber bitte mit mehr Rückmeldung, denn zu hören, wie die mir zusagenden Kurzfilme bei euch ankommen, war überhaupt erst der Anlass, sowas zu machen ...

Bester Schnitt
- Ann-Sophie Bion und Michel Hazanavicius für «The Artist»
- Kevin Tent für «The Descendants - Familie und andere Angelegenheiten»
- Kirk Baxter und Angus Wall für «Verblendung»
- Thelma Schoonmaker für «Hugo Cabret»
- Christopher Tellefsen für «Moneyball»

Treffer: 3/5
Kommentar: Ich gönne Verblendung ja seine Anerkennung, aber den Schnitt hätte ich nun wahrlich nicht nominiert. Dann eher Midnight in Paris, der viel abgerundeter wirkt ...

Bester ausländischer Spielfilm
- «Bullhead» (Belgien)
- «Footnote» (Israel)
- «In Darkness» (Polen)
- «Monsieur Lazhar» (Kanada)
- «Nader und Simin - eine Trennung» (Iran)

Treffer: 3/5
Kommentar: Pina wird in der für mich "falschen" Kategorie berücksichtigt ...

Bestes Make-Up
- Martial Corneville, Lynn Johnston und Matthew W. Mungle für «Albert Nobbs»
- Nick Dudman, Amanda Knight und Lisa Tomblin für «Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2»
- Mark Coulier und J. Roy Helland für «Die eiserne Lady»

Treffer: 2/3
Kommentar: Da habe ich The Artist ausnahmsweise überschätzt ...

Beste Filmmusik:
- John Williams für «Die Abenteuer von Tim und Struppi»
- Ludovic Bource für «The Artist»
- Howard Shore für «Hugo Cabret»
- Alberto Iglesias für «Dame, König, As, Spion»
- John Williams für «Gefährten - War Horse»

Treffer: 3/5
Kommentar: Zweimal Williams? Ich lege mich jetzt lieber nicht mit seinen Fans an, aber ich fand die Musik in Tim & Struppi zwar schmissig, aber nicht preiswürdig.

Bester Song
- „Man or Muppet“ von Bret McKenzie aus «Die Muppets»
- „Real in Rio“ von Sergio Mendes und Carlinhos Brown aus «Rio»

Treffer: 1/4 (da ich zwei Leerstellen mehr hätte erahnen sollen)
Kommentar: Needs more Muppet!

Bester animierte Kurzfilm
- «Dimanche/Sunday»
- «The Fantastic Flying Books of Mr. Morris Lessmore»
- «La Luna» (Pixar!)
- «A Morning Stroll»
- «Wild Life»

Treffer: 3/5
Kommentar: Ein bisschen Pixar muss halt sein! :-)

Bester Kurzfilm
- «Pentecost»
- «Raju»
- «The Shore»
- «Time Freak»
- «Tuba Atlantic»

Treffer: 1/5
Kommentar: Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen ...

Bester Tonschnitt
- Lon Bender und Victor Ray Ennis für «Drive»
- Ren Klyce für «Verblendung»
- Philip Stockton und Eugene Gearty für «Hugo Cabret»
- Ethan Van der Ryn und Erik Aadahl für «Transformers 3»
- Richard Hymns und Gary Rydstrom für «Gefährten - War Horse»

Treffer: 2/5
Kommentar: Ich wünsch's Verblendung.

Bester Ton
- David Parker, Michael Semanick, Ren Klyce und Bo Persson für «Verblendung»
- Tom Fleischmann und John Midgley für «Hugo Cabret»
- Deb Adair, Ron Bocar, Dave Giammarco und Ed Novick für «Moneyball»
- Greg P. Russel, Gary Summers, Jeffrey J. Haboush und Peter J. Devlin für «Transformers 3»
- Gary Rydstrom, Andy Nelson, Tom Johnson und Stuart Wilson für «Gefährten - War Horse»

Treffer: 3/5
Kommentar: Dito.

Beste visuelle Effekte
- Tim Burke, David Vickery, Greg Butler und John Richardson für «Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2»
- Rob Legato, Joss Williams, Ben Grossman und Alex Henning für «Hugo Cabret»
- Erik Nash, John Rosengrant, Dan Taylor und Swen Hillberg für «Real Steel»
- Joe Letteri, Dan Lemmon, R. Christopher White und Daniel Barrett für «Planet der Affen - Prevolution»
- Scott Farrar, Scott BRenza, Matthew Butler und John Frazier für «Transformers 3»

Treffer: 3/5
Kommentar: Real Steel? Echt jetzt?

Bestes adaptiertes Drehbuch
- Alexander Payne, Nat Faxon und Jim Rash für «The Descendants - Familie und andere Angelegenheiten»
- John Logan für «Hugo Cabret»
- George Clooney, Grant Heslov und Beau Willimon für «The Ides of March – Tage des Verrats»
- Steven Zaillian und Aaron Sorkin für «Moneyball»
- Bridget O’Connor und Peter Straughan für «Dame, König, As, Spion»

Treffer: 4/5
Kommentar: Dass The Help fehlt, überrascht mich. Ides of March ist nun auch nicht so schlecht, wie ich ihn manchmal wirken lasse, dennoch bin ich mir unschlüssig, ob ich ihn in dieser Kategorie dulden mag.

Bestes Original-Drehbuch
- Michael Hazanavicius für «The Artist»
- Annie Mumolo und Kristen Wiig für «Brautalarm»
- J. C. Chandor für «Der große Crash»
- Woody Allen für «Midnight in Paris»
- Asghar Farhadi für «Nader und Simin - eine Trennung»

Treffer: 3/5
Kommentar: Ich hätte es echt niemals gedacht, dass Brautalarm nominiert wird, nachdem schon Hangover an dieser Hürde scheiterte. Wow ...

Insgesamt: 75/119

Naja, eher so im dunkelgrünen Bereich. Besonders bedauerlich ist die eiskalte Schulter, die Super 8 erhielt, und ich hätte mich natürlich für ein paar Nennungen der verfluchten Karibik-Piraten gefreut. Aber da war ja eigentlich eh nicht viel zu erwarten.

Freitag, 6. Januar 2012

Oscar 2012: Meine erste Prognose für die Drehbuch-Kategorien


Die Golden Globes stehen bald schon vor der Tür, und bis zu der Bekanntgabe der Oscar-Nominierungen ist es danach auch nicht mehr weit. Ich sollte mich also langsam um meine Oscar-Prognose kümmern, und statt wie in den Vorjahren x-mal meine "Bester Film"-Prognose zu revidieren, tippe ich diese Saison lieber zwei, drei Mal einige ausgewählte Kategorien. Mit den Nominierungen der Autorengewerkschaft im Rücken ist es jetzt an der Zeit, sich um die Drehbuch-Kategorien zu kümmern ...

Bestes adaptiertes Drehbuch
Es ist wieder eines dieser Jahre, in denen die Auswahl an Kinoadaptionen aus Oscarsicht vielversprechender ist, als das Feld mit Originalstoffen. Während einige der besten originellen Filme eher komödiantisch sind, womit die Academy ja immer auf dem Kriegsfuß steht, gibt es wieder einmal zahlreiche Dramen, Epen und Tragikomödien, die Oscar-tauglich sind. Was die Vorhersage in beiden Kategorien erschwert ...

Sehr sicher erscheinen mir Moneyball und The Descandents. Beide Filme haben generell einen großen Oscar-Hype und mischen Dramatik mit Gefühl, wobei Descandents etwas humoriges, Moneyball etwas mehr auszusagen hat. Beide Drehbücher sind auch für den Gewerkschaftspreis und den Golden Globe nominiert.

Am drittwahrscheintlichsten scheint mir eine Nominierung für The Help: Der Film ist gut, die Romavorlage hoch angesehen und die Geschichte trifft mit einer optimistisch stimmenden, dennoch ernsthaften Behandlung der Rassenproblematik sowie auch der Emanzipation der Frau gewiss den Nerv der Academy-Mitglieder. Der Oscar-Hype um The Help ließ mittlerweile etwas nach, dennoch hat auch dieses Drehbuch mit dem Gildenpreis und den Globes zwei wichtige Indikatorpreise im Rücken.

Nun wird's kniffliger, denn das waren alle drei Drehbücher, die für beide der genannten Preise nominiert sind. Mit seinen Globe-Nominierungen als "Bestes Drama" sowie für "Beste Regie", "Bester Hauptdarsteller" und "Bestes Drehbuch" erscheint The Ides of March ein guter Tipp. Allerdings glaube ich, dass auch ein wenig der Clooney-Faktor bei den Globe-Nominierungen mitspielte. Das Politdrama ist sehr gut, aber es ist vor allem super gespielt, erst in zweiter Instanz gut geschrieben (und meiner Meinung nach überhaupt nicht preisverdächtig inszeniert). Ähnliche Thematiken erwiesen sich in manchen Jahren auch als zu "heiß" für die Academy, obendrein reichte es nicht für eine Gewerkschaftsnominierung.

David Finchers Verblendung hingegen erhielt eine solche, mit Autor Steven Zaillian (Schindlers Liste) steckt auch ein Oscar-erfahrener Kopf dahinter. Man sollte diesen Film also im Hinterkopf behalten, allerdings ist er mir zu düster, zu krass, um ein sicherer Oscar-Tipp sein. Klar, ab und zu überrascht uns die Academy, und in solchen Fällen bin ich mitunter froh, mich bei meiner Vorhersage zu irren ... Aber ich zieh hier mal den sprichwörtlichen Schwanz ein.


Viel eher traue ich Martin Scorseses Hugo Cabret zu, nominiert zu werden. Optimistisch, ohne rein komödiantisch zu sein? Check. Gewerkschaftsnominierung? Check! Bereits nominierter Autor? Check, John Logan wurde schon für Gladiator und Aviator nominiert. Und die Kritiker fraßen dem Film aus der Hand.


Doch welcher nicht für den Gewerkschaftspreis, dem WGA Award, nominierte Film nimmt dann den "Platz" von Verblendung ein? Die Tragikomödie Extrem laut und unglaublich nah rund um den 11. September 2001 erhielt sehr viele Vorschusslorbeeren, und scheiterte gewaltig daran, die Erwartungen zu erfüllen. Angesichts des Trailers muss ich zugeben, schadenfroh zu sein. Dame, König, As, Spion ist wie Verblendung ein Thriller, jedoch deutlich ruhiger und gelassener. Er hatte anfangs einen starken "Buzz", man sah ihn als Kandidaten in der Hauptkategorie. Die Sache scheint erledigt, jedoch könnte der britische Film (deshalb keine WGA-Nominierung) hier etwas Oscar-Glanz schnuppern. Anderweitig könnte sich Spielbergs Gefährten durchmogeln. Es ist eher ein Film, der von Regie, Musik und Kamera lebt, allerdings hat er einen wirklich sehr starken Oscarbuzz, es kann also sein, dass ihn manche Stimmberechtigten so toll finden, dass sie ihn unabhängig seiner "Skripthaftigkeit" (ja, ich erfinde hier gerade neue Worte) nominieren.


Aus diesem Pool wird wohl ein Film nominiert ... und mein Bauchgefühl tendiert zu folgender Prognose:
  • Moneyball
  • The Descandents
  • The Help
  • Hugo Cabret
  • The Ides of March
Bestes Original-Drehbuch
Fangen wir mit den einfachen Dingen an: The Artist ist im Grunde garantiert. Dieser geniale Stummfilm hat eine durchdachte, wunderbar funktionierende Geschichte, und ein Drehbuch besteht ja nicht bloß aus Dialog, sondern auch Dramaturgie und Einfällen. Dass die Mitglieder der Academy sich durch mangelnde Dialoge nicht von einer Oscar-Nominierung abhalten lassen, bewies ja auch bereits Andrew Stantons Meisterwerk WALL•E. Zudem besteht eine gewisse Chance, dass The Artist als bester Film prämiert wird, da sollte eine Drehbuch-Nominierung, erst recht nach einer Globe-Nominierung, drin sein. Für den WGA wurde der Film nicht nominiert, jedoch wurde er auch disqualifiziert, da Autor Michel Hazanavicius nicht Mitglied der Gewerkschaft ist.

Genauso garantiert ist eine Nominierung für Woody Allens Midnight in Paris. Vor Start von The Artist sogar als sicherer Sieger in dieser Sparte gehandelt, dürfte das WGA- und Globe-nominierte Drehbuch ja wohl mindestens nominiert werden.

Ab nun wird's schwer. Die gewerkschaft berücksichtigte Brautalarm, aber ich halte das für nahezu ausgeschlossen. Bislang wurde keine Apatow-Produktion in dieser Kategorie nominiert, auch nicht der damals ebenfalls sehr gehypte Beim ersten Mal. Auch Hangover, immerhin dank seiner aufgeweckten Narrative für den Globe nominiert, erhielt keine Oscar-Berücksichtigung. Ja, Brautalarm hat interessante, mehrschichtige Figuren und balanciert Gefühl mit Humor, aber der Film ist auch sehr quasselig und hat eine ausführliche Kotz- und Kack-Szene. Die war zwar erstaunlich witzig, aber ... Oscar?

Dann wäre da noch die ultra-schwarze Komödie Young Adult von Diablo Cody (prämiert für Juno). Eine WGA-Nominierung hat der neue Film von Jason Reitman schon in der Tasche, die Kombo Reitman/Cody ist bewährt, Reitman ebenfalls ... Jedoch hat dieser Film mit seinem misanthropischen Einschlag und seinem Genre eigentlich sehr arge Oscar-Probleme. Allerdings ist dieses Jahr, wie schon gesagt, sehr komödienlastig, und irgendwie muss man auf fünf Filme kommen. Und wenn die Academy über ihren Schatten springen muss ...

Außerdem WGA-nominiert: Die Tragikomödie Win Win mit Paul Giamatti. Das Drehbuch wurde von den Kritikern lautstark für seine vielschtigen Figuren gelobt, was uns ja hellhörig werden lassen sollte. Win Win wurde auch als sehr humanistisch beschrieben. Perfektes Gegengift zu Young Adult?
Nicht qualifizieren konnte sich Der große Crash - Margin Call, ein Independentdrama über die Finanzkrise, welches die komplexe Krise mit verständlichen Charakterisierungen kommentiert und stellenweise als der beste Börsen-Film aller Zeiten bezeichnet wurde.

Und dann ist da noch die große Variable Tree of Life. Groß umjubelt, nach Cannes bei Preisverleihungen komplett ignoriert. Erneut muss ich nach den sicheren Tipps meinem Bauchgefühl folgen:
  • The Artist
  • Midnight in Paris
  • Young Adult
  • Win Win
  • Der große Crash - Margin Call
Mit 4 Komödien im Pool hätte ich eigentlich auch gleich den Brautalarm reinnehmen und den Sack zumachen sollen ... Pffff, als nächstes muss ich mir echt eine Kategorie vorknöpfen, bei der es mich weniger wurmen wird, wenn ich daneben liege ...

Siehe auch:

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Golden Globe 2012 - Die Nominierungen

 
6 Nominierungen für das beste Drama? Cars 2 als bester Animationsfilm? Die Globe-Nominierungen stecken mal wieder voller Überraschungen. Und voller verdient nominierter Kleinode, die bei den Oscars leider eh keine Chance haben. Hier der Überblick:


Bester Film – Drama
The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten
The Help
Hugo Cabret
The Ides of March – Tage des Verrats
Die Kunst zu gewinnen – Moneyball
Gefährten

Ich bin etwas überrascht, dass Ides of March es geschafft hat. Der Film polarisiert ja doch etwas. Keine Anerkennung für Tree of Life, dafür für The Help (yay!). Ich denke, dass Gefährten gewinnen wird, aber ich muss erst noch Descendants, Moneyball und Hugo Cabret (Drama, nicht Komödie?) sehen, die ja ebenfalls als Top-Favoriten gelten.

Bester Film – Komödie oder Musical
50/50
The Artist
Brautalarm
Midnight in Paris
My Week with Marilyn

Respekt, Brautalarm hat eine Nominierung! Generell ein sehr viel besseres Line-up als dieses Jahr (Alice? The Tourist?!), meine Favoriten für den Sieg sind The Artist und Midnight in Paris.

Bester Animationsfilm
Die Abenteuer von Tim und Struppi – Das Geheimnis der Einhorn
Arthur Weihnachtsmann
Cars 2
Der gestiefelte Kater
Rango

Rango vor! Cars 2 gehört hier nicht hin. Könnte trotzdem auch das Oscar-Lineup werden, es sei denn Kung Fu Panda 2 oder ein nicht-englischsprachiger Film ersetzt den Kater (oder vorzugsweise die Autos).

Beste Hauptdarstellerin – Drama
Glenn Close – Albert Nobbs
Viola Davis – The Help
Rooney Mara – Verblendung
Meryl Streep – Die Eiserne Lady
Tilda Swinton – We Need to Talk About Kevin

Passt. Für Mara lohnt es sich zu jubeln, da es angesichts der Natur des Films nicht gaaaanz selbstverständlich ist, dass sie nominiert wurde.

Bester Hauptdarsteller – Drama
George Clooney – The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten
Leonardo DiCaprio – J. Edgar
Michael Fassbender – Shame
Ryan Gosling – The Ides of March – Tage des Verrats
Brad Pitt – Die Kunst zu gewinnen – Moneyball

Eine illustre Runde von Hollywoods Top-Darstellern. Ich will noch kein Urteil über den Gewinner fällen.

Beste Hauptdarstellerin – Komödie oder Musical
Jodie Foster – Der Gott des Gemetzels
Charlize Theron – Young Adult
Kristen Wiig – Brautalarm
Michelle Williams – My Week with Marilyn
Kate Winslet – Der Gott des Gemetzels

Sehr originell, dass Gott des Gemetzels zwei Nominierungen für die beste Hauptdarstellerin hat ... Ich vermisse aber Emma Stone.

Bester Hauptdarsteller – Komödie oder Musical
Jean Dujardin – The Artist
Brendan Gleeson – The Guard
Joseph Gordon-Levitt – 50/50
Ryan Gosling – Crazy, Stupid, Love.
Owen Wilson – Midnight in Paris

Respekt an Ryan Gosling, der gleich zwei verdiente Nominierungen absahnt, einmal in der Komödien-, einmal in der Dramen-Sparte. Gewinnen wird er aber wohl kaum, bei der Konkurrenz.

Beste Nebendarstellerin
Bérénice Bejo – The Artist
Jessica Chastain – The Help
Janet McTeer – Albert Nobbs
Octavia Spencer – The Help
Shailene Woodley – The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten

Ich wäre für Chastain. Oder Bejo.

Bester Nebendarsteller
Kenneth Branagh – My Week with Marilyn
Albert Brooks – Drive
Jonah Hill – Die Kunst zu gewinnen – Moneyball
Viggo Mortensen – Eine dunkle Begierde
Christopher Plummer – Beginners

Jonah Hill ist somit offiziell "bei den Großen" in Hollywood angekommen.

Bester nicht-englischsprachiger Film
Nader und Simin (Iran)
The Flowers of War (China)
Der Junge mit dem Fahrrad (Belgien)
In the Land of Blood and Honey (USA)
Die Haut, in der ich wohne (Spanien)

Pffff ... Spanien soll gewinnen. Mit Banderas an Bord stehen die Chancen ja auch nicht schlecht.

Beste Regie – Kinofilm
Woody Allen – Midnight in Paris
George Clooney – The Ides of March – Tage des Verrats
Michel Hazanavicius – The Artist
Alexander Payne – The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten
Martin Scorsese – Hugo Cabret

Clooney hat's meiner Meinung nach nicht verdient, dafür war Ides of March inszenatorisch zu ideenarm.

Bestes Drehbuch – Kinofilm
Michel Hazanavicius – The Artist
Jim Rash, Nat Faxon, Alexander Payne – The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten
George Clooney, Grant Heslov, Beau Willimon – The Ides of March – Tage des Verrats
Woody Allen – Midnight in Paris
Aaron Sorkin, Steven Zaillian – Die Kunst zu gewinnen – Moneyball

Erneut bin ich für The Artist oder Midnight in Paris.

Beste Musik – Kinofilm
Ludovic Bource – The Artist
Abel Korzeniowski – W.E.
Trent Reznor, Atticus Ross – Verblendung
Howard Shore – Hugo Cabret
John Williams – Gefährten

Keine Animationsfilmnominierung (überraschend), sonst aber ein naheliegendes Feld. Reznor & Ross haben einen Lauf ...

Bester Orginalsong – Kinofilm
Hello Hello – Gnomeo und Julia – Elton John
Lay Your Head Down – Albert Nobbs – Sinéad O’Connor
The Living Proof – The Help - Mary J. Blige
The Keeper – Machine Gun Preacher – Gerard Butler
Masterpiece – W.E. – Madonna

Echt jetzt? Gnomeo und Julia statt Die Muppets?

Und nun die Fernsehnominierungen, bei denen ich nicht mitreden kann, weil meine Satelittenschüssel kein US-Fernsehen empfängt (was die Schüsseln zahlloser über US-Fernsehen diskutierender Blogger und Forenuser ja scheinbar können ... *g*):

Beste TV-Serie – Drama
American Horror Story
Boardwalk Empire
Boss
Game of Thrones
Homeland

Beste Hauptdarstellerin / TV-Serie – Drama
Claire Danes – Homeland
Mireille Enos – The Killing
Julianna Margulies – Good Wife
Madeleine Stowe – Revenge
Callie Thorne – Necessary Roughness

Bester Hauptdarsteller / TV-Serie – Drama
Steve Buscemi – Boardwalk Empire
Bryan Cranston – Breaking Bad
Kelsey Grammer – Boss
Jeremy Irons – Die Borgias – Sex. Macht. Mord. Amen.
Damian Lewis – Homeland

Beste TV-Serie – Komödie oder Musical
Enlightened
Episodes
Glee
Modern Family
New Girl

Beste Hauptdarstellerin / TV-Serie – Komödie oder Musical
Laura Dern – Enlightened
Tina Fey – 30 Rock
Laura Linney – The C Word
Amy Poehler – Parks and Recreation
Zooey Deschanel – New Girl

Bester Hauptdarsteller / TV-Serie – Komödie oder Musical
Alec Baldwin – 30 Rock
David Duchovny – Californication
Johnny Galecki – The Big Bang Theory
Thomas Jane – Hung – Um Längen besser
Matt LeBlanc – Episodes

Beste Miniserie
Cinema Verite
Downton Abbey
The Hour
Mildred Pierce
Too Big to Fail

Beste Hauptdarstellerin in einer Miniserie
Romola Garai – The Hour
Diane Lane – Cinema Verite
Elizabeth McGovern – Downton Abbey
Emily Watson – Appropriate Adult
Kate Winslet – Mildred Pierce

Bester Hauptdarsteller in einer Miniserie
Hugh Bonneville – Downton Abbey
Idris Elba – Luther
William Hurt – Too Big to Fail
Bill Nighy – Page Eight
Dominic West – The Hour

Beste Nebendarstellerin – TV
Jessica Lange – American Horror Story
Kelly MacDonald – Boardwalk Empire
Maggie Smith – Downton Abbey
Sofía Vergara – Modern Family
Evan Rachel Wood – Mildred Pierce

Bester Nebendarsteller – TV
Peter Dinklage – Game of Thrones
Paul Giamatti – Too Big to Fail
Guy Pearce – Mildred Pierce
Tim Robbins – Cinema Verite
Eric Stonestreet – Modern Family

Bereits am 15. Januar werden die Globes verliehen, und ich weiß jetzt schon, dass ich zusehen werde, nur um es danach eh wieder zu bereuen.

Dienstag, 22. November 2011

Fehlt den Oscars eine Comedy-Kategorie?


Die Werke des Autors, Regisseurs und kreativ einflussreichen Produzenten Judd Apatows sind sicherlich nicht jedermanns Sache. Schließlich sind derbe Dialoge und tabuarmes Abzielen unter die Gürtellinie Teil seines markanten Stils. Allerdings steht er, zumindest im Normalfall, auch für herzliche, mehrschichtige Hauptfiguren und ehrliche, gefühlvolle Storys. Judd Apatow könnte man wohl als eine Art "massentauglicher Kevin Smith" bezeichnen, nahmen seine Filme Jungfrau (40), männlich, sucht ..., Beim ersten Mal, Nie wieder Sex mit der Ex, Wie das Leben so spielt und Brautalarm doch haufenweise Geld ein und waren auch mehrfach Diskussionsobjekt in der Award-Saison.

An einen Oscar konnte Judd Apatow bislang jedoch nicht Hand anlegen. Im Gespräch mit der LA Times thematisierte Apatow nun die regelmäßig kritisierte Distanz, die die Academy gegenüber Komödien einnimmt, und schlägt eine vermeintlich eindeutige Lösung vor:

There should be a comedy category at the Oscars because why not? Comedy's not included ever. It's been like five times in a zillion years that [a comedy] has won Best Picture]. It doesn't seem like it's screwing up 'Schindler's List' for 'The Hangover' to have its own category."

Ich stehe diesem Vorschlag zwiegespalten gegenüber, tendiere aber letztlich zu einem Contra. Ob Komödienmacher diese Idee befürworten sollen, liegt aber letztlich daran, was ihnen wichtiger ist: Eine Anerkennung in der Hauptkategorie, oder eine jährliche Berücksichtigung in einer eigenen Sparte.

Man kann wohl die Animationsfilme sehr gut als Beispiel heranziehen. Sie haben ihre eigene Kategorie, dürfen aber seit jeher in der Hauptkategorie nominiert werden. Als erstes gelang dies Die Schöne und das Biest, und zwar Jahre vor Einführung des Trickfilm-Oscars. Nachdem dieser eingeführt wurde, erblickten mit Findet Nemo, Ratatouille und WALL•E einige der besten Animationsfilme der Geschichte das Licht der Leinwand. Doch erst 2010 wurde mit Oben zum zweiten Mal ein Trickfilm in der Kategorie "Bester Film" berücksichtigt - zeitgleich mit der Erweiterung des Nominiertenfeldes von fünf auf zehn Produktionen. Gewonnen haben Trickfilme bislang noch nie, und das werden sie wohl auch niemals. (Hoffen wir, dass ich irre.)

Dass Trickfilme eine eigene Sparte haben, gereicht ihnen zum Vor- und Nachteil. Einerseits sichert ihnen die jährliche Verleihung eines Trick-Oscars eine traditionelle Ehrung im Pantheon der größten Hollywood-Leistungen. Durch die eigene Kategorie werden Jahr für Jahr Animationsfilme in den Medien erneut diskutiert und branchenintern genauer beäugt. Die Nominierungen werden sogar zusammen mit der Hauptkategorie, den Drehbuch-Kategorien und den Darstellern präsentiert, während andere Sparten bloß durch eine Pressemitteilung veröffentlicht werden.

Andererseits ist die Trickfilm-Kategorie eine Bremse: Wer einen Animationsfilm ehren will, kann sich auf seine eigene Kategorie verlassen. Zudem hat diese Sonderkategorie einen gewissen Beigeschmack. Da drüben die kleinen Trickfilme, da die Dokumentationsfilme, die halt einen ganz anderen Anspruch erheben, und dann gibt's noch die "RICHTIGEN" Filme.

Komödien werden von der Academy tatsächlich weniger ausgiebig berücksichtigt, als es bei Dramen der Fall ist. Doch sie werden wenigstens gelegentlich nominiert und alle Jubeljahre auch mal prämiert. Wenn die Oscars nun die selbe Route gehen, wie die Golden Globes, dann wird dies ein Ding der Unmöglichkeit. Auf einer selben Stufe werden Komödie und Drama jedoch auch nicht stehen. Bei den Globes wird ja auch jährlich der Drama-Preis als finaler Höhepunkt verliehen.

Dass die Globes zwischen beiden Genres unterscheiden, hat mittlerweile Tradition. Dass dort Komödien-Darsteller geehrt werden, ist löblich. Doch es ist ein "kleinerer" Filmpreis, und irgendwie befürchte ich für Komödien einen Prestigeverlust, wenn DER Award schlechthin eine eigene Kategorie für Komödien aufmacht.

Aber das ist nur meine Meinung. Vielleicht wäre es eine gute Sache für die Komödienkultur. Problematisch dürfte dann aber die Unterscheidung zwischen Komödie und Drama sein. Beim Globe und den Emmys ist das bereits öfters ein Streitpunkt - brauchen die Oscars wirklich einen weiteren Reizpunkt?

Freitag, 22. Juli 2011

Brautalarm


Die Filmwelt hat mitunter eine äußerst kurze Aufmerksamkeitsspanne. Beweis gefällig? Wenn ihr an die letzten, sagen wir Mal, fünf bis sechs Jahre denkt, wer ist der Meister der erwachsenenorientierten Hollywoodkomödie? Viele würden nun sicher aufspringen und Todd Philips nennen, der mit Hangover, Stichtag und Hangover 2 zahlreiche Hintern in die Kinosessel dieser Welt manövriert hat.
Ja, was ist denn aus der Allzweckwaffe Judd Apatow geworden? Er und seine Comedytruppe rund um Seth Rogen, Jonah Hill und Co. galten nach Beim ersten Mal als die Herrscher des räudig-charismatischen US-Humors. Es folgten Superbad, Nie wieder Sex mit der Ex, Ananas Express und vieles mehr.

Kommerziell ist es Apatow diesen Sommer nicht gelungen, die Herrschaft wieder an sich zu reißen. Qualitativ bleibt das Rennen hingegen äußerst spannend, denn Brautalarm macht Hangover 1 & 2 schwer Konkurrenz.

Die Geschichte erinnert an den üblichen "Chick Flick": Annie (Saturday Night Live-Komödiantin Kristen Wiig) hat weder Glück in der Liebe, noch in der Arbeitswelt. Als ihre beste Freundin Lilian (Maya Rudolph aus Idiocracy) zu allem Überfluss auch noch heiratet und Annie somit ungewolt vorführt, wie mies ihr Leben ja ist, fühlt sich unsere Protagonistin am Boden angelangt. Von wegen... Als ihr nämlich Lilians Arbeitskollegin und neue engste Freundin Helen (Rosy Byrne) bei der Verlobungsfeier die Schau stiehlt, ist Krieg angesagt. Ein Krieg, den Annie nicht gewinnen kann...

Klingt nach weibischem Zickenkrieg? Vielleicht, aber in Wahrheit ist Brautalarm eine waschechte Apatow-Komödie, die sich einen feuchten Kericht um Geschlechtergrenzen kümmert. Und so werden die Kinogänger mit Verrücktheiten der verpeilten Nebenfiguren bombadiert, sei es das naive Jung-Ehepaar, das Trickfilme liebt, die entnervte Hausfrau und Mutter, die von ihren pubertierenden Jungs gefrustet ist ("Mein ganzes Haus ist voller Sperma! Letztens habe ich Bettlaken gewechselt und eins davon konnte man durchbrechen!") oder der kernige, dicke Rotschopf, der seit einem Dampfer-Unfall (sie fiel wie eine Flipper-Kugel von Deck zu Deck, von Reling zu Reling) ein künstliches Bein hat. Hinzu kommen furioser Slapstick (seit Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug gab es keine witzigeren Flugzeug-Sequenzen) und die patentierte Dosis Apatow-Menschlichkeit in Mitten all des derben Humors.

Sofern man keine absolute No-Go-Politik bezüglich Toilettenhumor hat (da gibt's eine ausgedehnte Szene), sollte man unbedingt einen Blick wagen. Brautalarm ist was lang, und manche Figuren sind vielleicht überflüssig, aber die Mischung aus feistem Witz und unerwarteter Feinfühligkeit wird Fans von Hangover, Beim ersten Mal oder Nie wieder Sex mit der Ex zu begeistern wissen.