Donnerstag, 30. Dezember 2010

Oscar 2011: 77 Scores qualifizieren sich für den Goldjungen. Prinzessin mit goldenen Haaren nicht zugelassen

Passionierte Oscar-Tipper, aufgemerkt! Die Score-Kategorie gehört ja nicht gerade zu den am leichtesten vorherzusagenden Sparten der prestigeträchtigsten Filmpreisverleihung, und deshalb können einige Hilfestellungen sicherlich nicht unerwünscht sein. Vor rund einer Woche wurde bereits bekannt, dass einige Filmscores, wie der zu Darren Aronofskys Black Swan disqualifiziert wurden, etwa aufgrund zu intensivem Gebrauch bereits existierender Kompositionen.

Jetzt ist die Oscar-Tipperei noch ein Stückchen leichter geworden: Statt eine Hand voll Musikstücke auszuschließen, lässt sich nun genau nachlesen, welche Filme überhaupt eine Chance haben: The Wrap veröffentlichte eine Liste der Filmsoundtracks, die sich in der Kategorie "Beste Filmmusik" qualifizieren konnten. Jetzt müssen wir bloß noch 5 aus 77 tippen.
Die für mich größte Überraschung (und Enttäuschung) ist, dass sich Rapunzel nicht unter den 77 Filmen befindet. Offenbar wurde beschlossen, dass der Score zu sehr von den Songs überschattet wird, was die aktuellen Academy-Regeln als Anlass für eine Disqualifizierung deuten.
  • THE A-TEAM
  • ALICE IN WONDERLAND
  • THE AMERICAN
  • ANIMAL KINGDOM
  • ANOTHER YEAR
  • APAPORIS
  • BABIES
  • BARNEY'S VERSION
  • BIUTIFUL
  • BLACK TULIP
  • BROOKLYN'S FINEST
  • CHARLIE ST. CLOUD
  • THE CHRONICLES OF NARNIA: THE VOYAGE OF THE DAWN TREADER
  • CLASH OF THE TITANS
  • CONVICTION
  • CYRUS
  • DAYBREAKERS
  • DESPICABLE ME
  • DINNER FOR SCHMUCKS
  • EDGE OF DARKNESS
  • THE EXPENDABLES
  • FAIR GAME
  • FOR COLORED GIRLS
  • FRANKIE & ALICE
  • GET LOW
  • THE GHOST WRITER
  • HARRY POTTER AND THE DEATHLY HALLOWS, PART 1
  • HEREAFTER
  • HOW DO YOU KNOW
  • HOW TO TRAIN YOUR DRAGON
  • HOWL
  • THE ILLUSIONIST
  • INCEPTION
  • INSIDE JOB
  • IRON MAN 2
  • JUST WRIGHT
  • THE KARATE KID
  • THE KING'S SPEECH
  • THE LAST AIRBENDER
  • LEGEND OF THE GUARDIANS: THE OWLS OF GA'HOOLE
  • LET ME IN
  • LOVE & OTHER DRUGS
  • MADE IN DAGENHAM
  • MAO'S LAST DANCER
  • MARMADUKE
  • MIDDLE MEN
  • MORNING GLORY
  • MOTHER AND CHILD
  • NEVER LET ME GO
  • THE NEXT THREE DAYS
  • OCEANS
  • 127 HOURS
  • PERCY JACKSON & THE OLYMPIANS: THE LIGHTNING THIEF
  • THE PERFECT GAME
  • PRINCE OF PERSIA: THE SANDS OF TIME
  • PURE COUNTRY 2: THE GIFT
  • RABBIT HOLE
  • RAMONA AND BEEZUS
  • REMEMBER ME
  • ROBIN HOOD
  • SALT
  • SECRETARIAT
  • THE SOCIAL NETWORK
  • THE TEMPEST
  • TOOTH FAIRY
  • THE TOURIST
  • THE TOWN
  • TRON: LEGACY
  • THE TWILIGHT SAGA: ECLIPSE
  • VAMPIRES SUCK
  • WAITING FOR "SUPERMAN"
  • WALL STREET: MONEY NEVER SLEEPS
  • THE WAY BACK
  • WILD GRASS
  • WINTER'S BONE
  • WRETCHES & JABBERERS
  • YOGI BEAR
Welche wichtige Lektion lernen wir noch? Richtig: Inception hat die Berechnung durch die geheime, mathematische Academy-Formel zur Berechnung eines Übergebrauchs an bereits existierenden Vorlagen überstanden, anders als etwa Black Swan. Wie mittlerweile wohl jeder weiß, basierte Hans Zimmer das ikonische Wummern aus dem Inception-Soundtrack auf Edith Piafs Chanson Non, je ne regrette rien, weswegen bereits vergangenen Sommer die Spekulationen begonnen, ob Zimmers Score überhaupt am Oscar-Rennen teilnehmen darf. Wenn man den Inception-Soundtrack besitzt und selbst mal reinhört, merkt man, dass Piaf zwar eine Schlüsselposition einnimmt, jedoch bei weitem keine Vormachtsstellung. Die Academy scheint das dieser Liste nach zu urteilen ebenfalls so zu sehen. Ich freu mich.

Um Rapunzel ist es dagegen wirklich schade, nicht zuletzt wegen des Stücks Kingdom Dance. Naja, was soll's: In diese Fall drücke ich meine Daumen halt stärker als zuvor für Drachenzähmen leicht gemacht (ein Animationsfilm muss einfach mit rein, und dieser hat es sich verdient) sowie für meine weiteren persönlichen Favoriten Tron: Legacy und Prince of Persia, wobei letzterer völlig ohne Rückendeckung seiten Disneys eh keine Erfolgschancen hat. The Social Network und Inception sehe ich derweil als (verdientermaßen) gesetzte Kandidaten. Mhhh, mir fällt ein, dass ich nächstes Jahr dringend meine zweite Oscar-Prognose fertigstellen sollte...

Weiterführende Artikel:

Montag, 27. Dezember 2010

Die 10 besten Soundtracks des Kinojahres 2010

Und schon befindet auch das Jahr 2010 in seinen letzten Tagen. Wie es sich für die Zeit zwischen den Feiertagen gehört, habe ich mich drangesetzt einen Jahresrückblick zu verfassen. Naja, eigentlich sogar mehr als nur einen, denn das Nerdjahr 2010 will ebenfalls beleuchtet sein... Jedenfalls: Es ist für mich ja bereits Tradition, euch in den letzten Stunden mit einer Hitliste meiner Lieblingslieder zu bombardieren. Dieses Jahr möchte ich aber zusätzlich zu den prägendsten Songs der letzten zwölf Monate auch die zehn besten Filmsoundtracks ins Rampenlicht zu drängen.

Denn auch wenn 2010 nicht unbedingt eins der auffälligsten Jahre der Soundtrackgeschichte war, so zählt das, was die vergangenen Monate aus den Lautsprechern deutscher Kinosäle dröhnte zu den gelungeneren Beispielen für ein filmmusikalisches Kinojahr.

Wer also nach Ideen sucht, wofür er die vom Weihnachtsmann erhaltenen Gutscheine einlösen könnte oder einfach nur wissen möchte, welche Filme 2010 besonders gut klangen, der ist gut beraten, sich auf Quotenmeter zu begeben. Denn um meine Hitliste vorzustellen, habe ich mal so eben die Rubrik Die 10... gekapert. Wieso auch nicht?

Stirb langsam - Jetzt erst recht

Fünf Jahre nach Stirb langsam 2 kam ein neuer Film mit John McClane in die Kinos, und dieses Mal sollte nicht nur Regisseur John McTiernan auf den Regiestuhl zurückkehren, nein, erstmals sollten das Publikum den unfreiwilligen Supercop in seiner Heimat New York in voller Action erleben.

Der Weg zu diesem Actionspektakel war jedoch ähnlich verworren, wie der zum ersten Teil der Reihe: Ein Drehbuch, welches als Grundlage zur zweiten Stirb langsam-Fortsetzung vorgeschlagen wurde, fand bei McTiernan keinen Anklang und wurde daraufhin von seinem ehemaligen Kameramann Jan de Bont als Speed 2: Cruise Control verwirklicht. Stattdessen nahm man sich eines Original-Drehbuchs von Jumanji-Autor Jonathan Hensleigh an, der sich überlegte, wie es wohl aussähe, wenn ein Kindheitsfreund von ihm blutige Rache üben würde. So entstand das Drehbuch Simon Says, indem ein Terrorist einen Polizisten quer durch die Stadt jagt und Rätsel lösen lässt, da sonst versteckte Bomben hochgehen würden. Die Lethal Weapon-Macher zeigten Interesse am Skript und wollten es zum vierten Teil ihrer Reihe umschreiben, leztztlich jedoch schlugen McTiernan, der zu meist von kommerziellem Unglück verfolgte osteuropäische Produzent Andrew G. Vajna und Co. zu und ließen den Autoren aus seinem Drehbuch den dritten Teil von Stirb langsam schaffen. Die ersten 45 bis 60 Minuten des Films blieben dabei nahezu unverändert - und irgendwie merkt man das auch. Aber dazu nachher mehr.
Außerhalb der USA wurde Stirb langsam - Jetzt erst recht übrigens als einziger Film der Reihe größtenteils von der Walt Disney Company vertrieben, da Fox um Kosten zu drücken eine Kooperation mit Cinergi Pictures einging, welche wiederum einen Vertriebsdeal mit Disney hatten. Ein zufälliger Glückstreffer für den Konzern, da dieser Film international unerwartet stark lief.

Was Stirb langsam - Jetzt erst recht besonders aus vergleichbaren Actionstreifen hervorhebt, sind die drei Kerndarsteller Bruce Willis, Samuel L. Jackson und Jeremy Irons. Willis ist als ungewollter Held des Tages wieder einmal richtig klasse und es ist interessant, Normalo McClane in schlechterer Verfassung zu sehen, ganz gleich, wie passend man diese aus früheren Drehbuchfassungen übernommene Charakterisierung auch finden mag. Sein Zusammenspiel mit Jackson ist herrlich, die beiden geben ein großartiges Leinwandteam ab und können der überreizten Buddy-Actioncomedy-Dynamik neue Seiten abgewinnen. Wenn man Stirb langsam - Jetzt erst recht auseinander nimmt, ist es letztlich sogar Jackson und nicht Willis, der dem Film zusätzliche Spannung und Kraft verleiht. Seine Figur Zeus ist gleichermaßen Karikatur wie ein filmischer Anker, der neben dem immer mehr zum Actionüberflieger mutierenden McClane für Realismus sorgt. Besonders großartig ist Jacksons Auseinandersetzung mit einem Polizisten, der ihn fälschlicherweise für einen Terroristen hält und deshalb unwissentlich davon abhält, einen Bombenanschlag zu vereiteln. Diese ikonische Sequenz wurde neun Jahre später in Die Unglaublichen auf großartige Weise neu aufgelegt und ich kann jedem nur empfehlen, sich beide Filme (oder wenigstens die betroffenen Szenen) mal im Doppelpack anzusehen.
Jeremy Irons als schleimiger Strippenzieher letztlich gibt Stirb langsam - Jetzt erst recht einen Punkt, in dem er sogar das Original überstrahlen kann. Es mag blasphemische Züge aufweisen, gewiss, aber mir ist Irons tatsächlich eine Kippladerlänge lieber als Alan Rickman in Stirb langsam. Hans (bzw. Jack) Gruber bildete zwar den Prototypen für den zu gleichen Teilen diabolischen wie intelligenten Actionfilm-Antagonisten, aber Irons hat im Spiel gegen McClane, zumindest für mich, noch mehr boshafter Ausstrahlung und eine noch prägnantere Präsenz. Rickman ist in Stirb langsam klasse anzuschauen, doch der Film würde mit einer schlechteren Darbietung fast genauso gut funktionieren, Irons hingegen übertrumpft das Material und macht es zu etwas besserem. 


Eine so unterhaltsame Schurkendarstellung hat Stirb langsam - Jetzt erst recht leider auch nötig, denn obwohl der dezent größenwahnsinnige dritte Teil der Actionreihe deutlich temporeicher und kultiger als der etwas mauere Stirb langsam 2, so ist McClanes Hatz quer durch New York nicht frei von Mängeln. Dabei ist Stirb langsam - Jetzt erst recht einer dieser schwer zu umfassenden Fälle, in denen fragmentarisch gesehen alles stimmt: Der Plot ist, zumindest aus Genresicht betrachtet, intelligent und zeigt einen extrem durchdachten Schurkenplan, der trotzdem plausibel ist und für den Zuschauer aufregend umgesetzt wurde. Die Handlung des Films ist sogar dermaßen glaubwürdig, dass angeblich das FBI auf den Plan gerufen wurde, da die Behörde ob des cleveren Vorgehens der Filmschurken dem Autoren gegenüber misstrauisch wurde. Und auch die Actionszenen sind, für sich betrachtet, spannend und mit griffigem Timing inszeniert. Sie toppen im Maßstab die Sequenzen aus Stirb langsam, ohne zur Bay'schen Zirkusparade zu mutieren, die nicht wirklich zum Stil der Reihe passen würde. Die einzelnen Actionsequenzen gehen zügig voran und haben allesamt ihren eigenen Höhepunkt, was für zahlreiche explosive "Wow!"-Momente im Film sorgt. Packt man jedoch die Handlung und die Action zusammen, will das Puzzle kein stimmiges Bild mehr ergeben, da die für sich gelungene Action dem etwas langfahrigeren Plot im Weg steht und umgekehrt die eigentlich spannende Story sich nicht den elaborierten Actionpassagen fügen möchte. Letztlich fühlt es sich so an, als säße man mit einem Fahranfänger in einem Wagen mit hakendem Getriebe. Es ruckelt, und ruckelt, und ruckelt. 


Diese Schwäche schadet Stirb langsam - Jetzt erst recht besonders bei wiederholter Sichtung, wenn einen die Twists und Wendungen, die Lösungen der gestellten Rätsel nicht weiter kümmern. Das Ziel der vermeintlichen Handlung ist erreicht, und dann folgt noch ein halber Film, in dem McClane das in den Brunnen gefallene Kind wieder rauszuholen versucht. Dramaturgisch ist Stirb langsam - Jetzt erst recht aus exakt diesem Grund eine mittlere Katastrophe, denn Jonathan Hensleigh hat als Drehbuchautor nicht die Klasse eines Quentin Tarantino oder der Coen-Brüder, dass er auf erzählerische Grundgesetze pfeifen kann, ohne bei diesem rebellischen Akt zu scheitern.


Stirb langsam - Jetzt erst recht ist durch diesen misslungenen Aufbau nicht gleich ein schlechter Film, allerdings kann er bei wiederholtem Ansehen zunehmend die Geduld strapazieren, wenn man sich nicht völlig fallen lassen und ihn bloß mit von der Action geblendeten Augen von Sequenz zu Sequenz verfolgen kann. Die Geschichte verliert halt nach einmaligem Sehen an Reiz, und so bleiben "nur" die verrückten Verfolgungsjagden, die explosiven Schießerien und die flotten Sprüche, um den Film über Wasser zu halten. Somit endet Stirb langsam - Jetzt erst recht als großartige "Bier auf, Chips wegmampf"-Geräuschkulisse für einen herrlichen DVD-Abend in geselliger Runde. Bei unkonzentrierter Beobachtung sehr unterhaltsam und technisch spitze umgesetzt, doch mit etwas Abstand sieht man, wie der Film kaputt gedoktert wurde.

Siehe auch:

Sonntag, 26. Dezember 2010

Die Zehn-Satz-Rezension zu "Selbst ist die Braut"

  1. Die Romantikkomödie Selbst ist die Braut aus dem Jahr 2009 gehört mit weltweiten Einnahmen von fast 320 Millionen Dollar, bei einem Budget von geschätzt 40 Mio., zu den profitableren Überraschungserfolgen seines Erscheinungsjahrs.
  2. Regie führte Anne Fletcher, Macherin von Step Up und 27 Dresses, die Selbst ist die Braut trotz seiner routinierten RomCom-Handlungselementen mit viel eigener Ausstrahlung und einem leicht modernisierten Screwball-Flair versieht, wodurch sich diese Liebeskomödie zu einem der amüsanteren Vertreter seines Genres der letzten Jahre macht.
  3. Sandra Bullock spielt mit viel Energie und biestiger Freude eine herrische Verlagslektorin in New York, die kurz davor steht nach Kanada ausgewiesen zu werden, weshalb sie kurzerhand ihren Vorgesetzten davon erzählt, sie hätte eine heimliche Affäre mit ihrem Assistenten und habe vor, in Bälde zu heiraten.
  4. Ihr strebsamer Assistent, gespielt von Ryan Reynolds, schließt einen Deal ab und spielt bei diesem Betrug mit, und da die Einwanderungsbehörde eine große Fragerunde und ein Verhör mit den Anverwandten des "glücklichen Paars" androhte, nimmt er sie nach Alaska zu einer Familienfeier mit.
  5. In Alaska angekommen spielen sich dann, manchmal leicht abgewandelt, die üblichen Wortgefechte, Pleiten und Pannen einer Screwball-RomCom ab, inklusive eines peinlichen Männer-Striptease-Acts, kleinen Kläffern und ungewollter Nacktheit.
  6. Selbst ist die Braut gelingt der Balanceakt zwischen romantisierter Plausibilität der Haupthandlung und pointierter Skurrilität bei den Nabenfiguren und den abstrusen Ereignisse, die sich alle paar Minuten ergeben.
  7. Sandra Bullock und Ryan Reynolds geben sein sehr witziges Leinwandpaar ab, dass sich auf humoriger Ebene sehr gut ergänzt, die ganz großen Gefühle können sie jedoch nicht auslösen.
  8. Sehr lange überrascht Selbst ist die Braut auch mit einer feineren Ebene in der knalligen Charakterzeichnung, aber im letzten Drittel versauen sich die Autoren diesen Pluspunkt, indem sie Bullock die verstecktere Seite ihrer Figur unnötig hinausschreien lassen.
  9. In einem ungewohnten Zuge lehnte der Disney-Konzern die Pläne für eine Fortsetzung zu diesem Film ab, was trotz des Charismas von Selbst ist die Braut zu begrüßen ist, weil sich der Reiz der gelungensten Momente nicht wiederholen ließe, ohne sich dreist selbst zu kopieren.
  10. Von einem etwas zu dick aufgetragenen Finale, welches von einem komischen Epilog ein Stück weit aufgefangen wird, ist Selbst ist die Braut eine, wenngleich nicht sonderlich einfallsreiche oder mit einprägsamen Filmmomenten gesegnete, sehr charismatische Romantikkomödie, die durch das Spiel seiner Protagonisten und gutem Timing für rund 100 Minuten warmherzigen Spaß sorgt.
Weitere Filmkritiken:

Freitag, 24. Dezember 2010

Es weihnachtet sehr

All meinen Leserinnen und Lesern, möchte ich frohe Feiertage und schöne Stunden im Kreise der Geliebten wünschen. Noch nie sollten dermaßen viele von euch gleichzeitig weiße Weihnachten erleben dürfen, also lasst den inneren Nörgler fallen und genießt die weiße Pracht vor eurer Tür.
Egal wie ihr Weihnachten feiert oder ignoriert, feiert oder ignoriert es mit Freude.

Ich werde die Feiertage nutzen, um einige größere Artikel, die ich auf Halde hatte endlich auf euch loszulassen - zwischen Festessen, Schneeschippen und Geschenke auspacken könnt ihr also, bei Bedarf, auch mein Geschreibsel zum Teil eurer Weihnachtstage machen. Wenn ihr es denn bedarft...

Ich wünsch euch in jedem Fall eine schöne Zeit,
euer Sir Donnerbold

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Die schlechtesten Kinofilme 2010

Die schlechtesten Kinofilme 2010 - oder sagen wir besser direkt "die Kinofilme 2010, die mich am meisten angeätzt haben", damit mir ja nicht vorgeworfen wird, ich hätte den südindischen Film über einen verbrennenden Hühnerembryo in der verrotzten Nase eines Breitlippengorillas nicht erwähnt. Wie denn auch, den habe ich nicht gesehen. Sofern es den überhaupt gibt. Auch andere naheliegende Kandidaten wie Yogi Bär und Reine Fellsache habe ich nicht gesehen. Ich bin noch kein Ganztagsfilmkritiker und habe deswegen nicht die Zeit, jeden Müll zu sehen, der Woche für Woche in die Kinos kommt. Aber ich habe dieses Jahr trotzdem so viel im Kino gelitten, wie noch nie zuvor. Und deswegen gibt's hier meine Hitliste der schlechtesten Filme 2010... Denn irgendwo muss ich mich ja abreagieren!

Platz 10: The Tourist (Regie: Florian Henckel von Donnersmarck)

Johnny Depp spielt einen aufgequollen Dackel, der von einer überschminkten Schaufensterpuppe mit Monsteraugen durch Venedig geführt wird. Nein, das ist nicht Pixars bislang experimentellster Kurzfilm mit John Ratzenberger als singende Gondola, sondern der verspätete Nachleger des Oscar-Goldjungen Florian Henckel von Donnersmarck, der bei seinem Hollywooddebüt auf malerische Stadtaufnahmen und hübsche Kostüme setzt, dabei allerdings die Handlungsebene vergisst. Währenddessen erarbeiten sich Depp und Jolie ihr erstes ungenügend in Leinwandchemie und Scottland Yard muss mit seinem blödelhaften Versagen nahezu im Alleingang den Film ansatzweise erträglich machen.

Platz 9: The Expendables (Regie: Sylvester Stallone)

Filmisch gesehen, ist The Expendables noch recht deutlich der "beste" Film auf dieser Liste. Es ist ein zwischen A- und B-Movie fallender, hohldoofer Actionstreifen der routinierten Stallone- und Schwazenegger-Marke. Die Action hat ihre schwerfälligen Momente, die Einzeiler wollen nicht durchgehend mit voller Wucht zünden, aber für Fans dieses Actionsubgenres allein schon aufgrund der beteiligten Namen ein Pflichtfilm. The Expendables verdient sich seinen Auftritt in dieser Liste aus anderen Gründen. Erstens: Es ist schlichtweg nicht meine Art von Actionfilm. Mit den Stallone- und Schwarzenegger-Klassikern konnte ich auch schon nie sonderlich viel anfangen. Zweitens: The Expendables ist die Definition von verschenktem Potential. Kein "Clash of the Action Cultures" in dem Stallone, Jet Li und Jason Statham überzeichnete Repräsentanten ihrer Actionherkünfte darstellen und ausmachen, welche Gewaltschule die beste ist. Kein prominent besetztes Erbarmungslos für Stallone-Krawummsfilme. Einfach nur "business as usual", nur mit ein paar namenhaften Muskeln mehr im Bild. Viel heiße Luft...

Platz 8: Predators (Regie: Nimród Antal)

Nur damit ich das richtig verstehe: Robert "El Mariachi" Rodriguez produziert einen Predators-Film und vergisst die Action? Du hast Elitesoldaten, die durch einen unheimlichen Urwald stapfen, in dem Predators wildern, und es passiert kaum etwas? Die Ansätze für einen spannenden Action-Horrorfilm sind ja da, bloß werden die kaum genutzt. Es gibt einige coole Sprüche, die Besetzung ist annehmbar (deren Rollen dagegen...) und Kulissen mitsamt Dschungel sahen recht passabel aus, aber alles in allem ist Predators "mrmpf". Er will nicht in die Gänge kommen, deutet originelles an und verendet dann doch in hölzern umgesetzter Genrekonventionalität. Eine derbe Enttäuschung.


Platz 7: The Book of Eli (Regie: Albert & Allen Hughes)

Nach jahrelanger Regiabstinenz kehrten 2010 die Hughes-Brüder (Dead Presidents) mit dem postapokalyptischen Thriller The Book of Eli wieder ins Rampenlicht. Wären sie doch nur im cineastischen Schatten geblieben. Der Film beginnt zwar noch mit ein paar recht stylisch eingefangenen Scharmützeln, Mila Kunis ist liebenswert, Denzel Washington sympatisch wie eh und je und Gary Oldman skizziert eine herrliche Selbstparodie, doch man verbringt zu wenig Zeit mit Charaktermomenten, als dass man dies schätzen könnte. Stattdessen reiht sich eine immer uninspiriertere Actionszene nach der anderen, unterbrochen von leblosen Handlungsmomenten. Die Atmosphäre des Films verfällt von beklemmend zu bedrückend öde und die Plottwists sind selten dämlich. Und gerne auch vorhersebar. Wer nicht erkennt, welches mächtige Buch Eli mit sich herumschleppt, der sollte nochmal die Schule besuchen. Oh, nicht nötig, der Schluss des Films fühlt sich nämlich schon wie ein lektionsreicher Schulbesuch an.

Platz 6: Kampf der Titanen (Regie: Louis Leterrier)

"Clash of the Titans - Titans... will... clash!" Die US-Tagline war das einfallsreichste und unterhaltsamste am gesamten Film. Okay, von Ralph Fiennes' schmiergen Hades abgesehen. Kampf der Titanen war ein Schreckensbild aus der Sommer-Blockbuster-Schule. Die Vorlage zu diesem Remake wurde mit Versatzstücken aller möglichen erfolgreichen Fantasyfilme der vergangenen Jahre in einen Mixer geworfen, zu lange stehen gelassen und mit dem schlechtesten Kino-3D seit der Jahrtausendwende zu einem Kopfschmerzen verursachenden, spannungsarmen Nichts zurechtgepanscht. Gemma Arterton durfte in blasserer Form einen Vorgeschmack auf ihre Rolle als mystisches Abenteuer-Navigationsgerät auf zwei Beinen abgeben, manche der Effekte waren annehmbar und eine (!) der Kampfsequenzen war unterhaltsam. Aber sonst? Pompös eingeleitete Kämpfe, die sofort wieder vorbei sind, uncharismatische Figuren, keinerlei Dramaturgie... Der größte Gegner in diesem Film ist der gierige Schlund der Belanglosigkeit.

Platz 5: Bon Appétit (Regie: David Pinillos)

Eine auf Kinolänge verkürzte Telenovela ohne Kitsch, ein Lügengeflecht der Liebe, in dem sich schale Figuren unspektakulär verheddern. Dialogsequenzen ohne Einfluss auf Charakterzeichnung oder Handlung. In dieser Restaurantromanze fehlt jegliche Würze. Sei es das Prickeln der Romantik, die Herzhaftigkeit glaubwürdiger Figuren, der Pepp eines schönen Dialogs. Von einem netten Kennenlernabend der beiden Hauptfiguren abgesehen, istBon Appétit eine nährstofflose Schuhsohle, die sich als Gourmetmenü verkauft.

Platz 4: Beilight - Bis(s) zum Abendbrot (Regie: Aaron Seltzer & Jason Friedberg)

Seltzer und Friedberg sind nicht vollkommen lernresistent: In Beilight beachten sie tatsächlich einige der Kritikpunkte, die sie immer wieder ereilen, konzentrieren sich vornehmlich auf eine Parodie-Zielscheibe, verzichten auf sinnbefreite Musikeinlagen oder endlose Kotz- und Pupswitze und zwischen schwach getimten Slapstick gelingt ihnen sporadisch sogar ein satirischer Volltreffer auf die Twilight-Saga. Es spricht jedoch nicht für das Talent dieser Humordilettanten, dass ihr jüngstes Schundwerk trotzdem zu den schlechtesten Filmen des Jahres gehört. Wenn die Witze nicht uralt sind, sind sie trotzdem nahezu ausnahmslos vorhersehbar, für jede treffende Parodie der Twilight-Reihe gibt es zwei Gags, die man selbst bei bloßer Kenntnis der Trailer als schwachsinnig enttarnen kann und oft genug werden die Darsteller hilflos in einem filmischen Vakuum zappeln gelassen. Eine dumme Fratze zum Schluss der Szene wird's schon witzig machen...

Platz 3: Konferenz der Tiere (Regie: Reinhard Klooss & Holger Tappe)

Was erhält man, wenn man sich Ice Age krallt, die Figurenanimation in ein enges Korsett zwängt und 5/6 aller Gags rausschneidet? Keine Ahnung, aber es wäre sicherlich um eine Giraffenhalslänge interessanter als diese knochentrockene und sterbenslangweilige Möchtegern-Blödelverirrung von Erich Kästners Kinderliteraturklassiker. Die grüne Botschaft des Films wird einem hölzern um die Ohren geschlagen, die Figuren sind fast ausnahmslos uninteressant und das Design einfallslos bis zum geht nicht mehr. Der kindische Witz ist selbst für einen Kinderfilm zu kindisch und nach der langwierigen Exposition wissen die Filmemacher nicht mehr, wohin mit ihren ganzen Figuren. Undurchdacht, dümmlich und spröde wie eine Spanplatte.

Platz 2: Old Dogs - Daddy oder Deal (Regie: Walt Becker)

Wenn man sich nach einer 88-minütigen Komödie so fühlt, als sei endlich einer der längsten, anstrengendsten und uninteressantesten Tage seines Lebens vorüber, dann ist etwas ungeheuerlich schief gelaufen. Old Dogs eröffnet mit einigen der schlechesten Photoshop-Desastern, die mir je untergekommen sind. Er ist eine dramaturgische Katastrophe mit zahllosen angetäuschten Enden. Die Filmkinder nerven, die Regie ist planlos, die Witze zwischenzeitlich nicht mehr als solche zu erkennen und obendrein muss man sich den klebrigsten Disneysülz der letzten Kinojahre antun. Wenigstens gibt es noch einen inkontinenten Hund, der durch das Bild schlufft. Und auf DVD einen weltfremden Audiokommentar eines illusorischen Regisseurs, der dieses hohe Werk der Filmkunst gebührlich analysiert und wertschätzt. Old Dogs - kein Film hat unter Rich Ross' Disneyführung mehr Produktionen gekillt, als dieser.

Platz 1: Kindsköpfe (Regie: Dennis Dugan)

Was für ein grauenvoller, grauenvoller Film! Uralte Witze, vorgetragen mit fürchterlichem Timing, haufenweise Szenen in denen eine Pointe vorbereitet wird, die niemals kommt. Zur Abwechslung beleidigen sich die Darsteller einfach Mal ein paar Minuten lang und zeigen, wie sie von Mario Barth das Über-sich-selbst-lachen gelernt haben. Salma Hayek probt sich indessen als Double für ihre Wachsfigur bei Madamme Tussauds (und muss leider feststellen, dass sie für diese Aufgabe zu leblos wirkt) und starrt unentwegt auf den an die Filmkamera getackerten Gehaltsscheck. Fast könnte man denken, Kindsköpfe habe kein Drehbuch. Doch, das hat er. Ein armer Irrer hat sich tatsächlich durch Adam Sandlers Schaffen gekämpft und das Schlechteste rausgeschrieben, das er auftreiben konnte. Das wurde dann lieblos verpackt und mit einer wirklich absolut brechreizerregend aufgesetzten Schlussmoral neu verfilmt. Das einzig gute an Kindsköpfe sind Axel Malzacher (ausgerechnet als Stimme von Rob Schneider!) und Steve Buscemi, der sich auf der Suche nach Hautbleichmittel wohl auf's Set verirrt haben muss.
Oh, Kindsköpfe ist übrigens der zweiterfolgreichste Adam-Sandler-Film der deutschen Kinogeschichte, lockte mehr als doppelt so viele Besucher vor die hiesigen Leinwände als Iron Man 2 und verkaufte in Deutschland über eine halbe Million Eintrittskarten mehr als Toy Story 3!

Ich würde ja weiterzetern, aber ich finde unter all der Kotze meine Tastatur nicht mehr.

Empfehlenswerte Artikel:

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Die Zehn-Satz-Rezension zu "The Tourist"

  1. The Tourist von Oscar-Preisträger Florian Henckel von Donnersmarck geört zu den Rezeptionsüberraschungen des Jahres, er ist nominiert als "Bester Film Comedy/Musical" sowie für beide Hauptdarsteller-Preise dieser Sparte für den Golden Globe nominiert, zugleich erhielt er aber nahezu ausnahmslos Kritiken, die einer Goldenen Himbeere würdig wären.
  2. Im komödiantischen "Thriller" The Tourist spielt Angelina Jolie eine mysteriöse, vom Scottland Yard beschattete Frau, die einen ahnungslosen, von Johnny Depp gespielten Touristen in ein gefährliches Intrigenspiel zwischen dem Gesetz und der Unterwelt verwickelt.
  3. The Tourist beschreitet einen sehr klassischen Pfad innerhalb seines Genres, möchte das bedächtige Tempo und die erfrischende Leichtigkeit eines augenzwinkernden 60er-Jahre Kriminalthrillers heraufbeschwören, inklusive der obligatorischen Inszenierungsvergötterung seines weiblichen Stars, dem schussligen männlichen Gegenpart und ehrfürchtig-romantisierter Darstellung des alten Europas.
  4. Donnersmarck versteht es tatsächlich, malerische Impressionen Venedigs einzufangen und die oberflächliche Grazie seines Films zu zelebrieren, darüber hinaus scheitert er in seinen Vorhaben jedoch, mit unterschiedlich katastrophalen Ergebnissen.
  5. So kleidet er Angelina Jolie in wunderschöner Garderobe, eine Oscar-Nominierung für die Kostüme wäre die einzig nachvollziehbare Preisehrung die The Tourist erhalten könnte, die MakeUp-Abteilung kleisterte ihr Gesicht jedoch so sehr zu, dass sie keinerlei mimische Ausdrucksfähigkeit mehr besitzt und an einen rehäugigen Modezombie erinnert.
  6. Johnny Depp ist derweil sichtbar unmotiviert und trauert der durch die verfluchte Vertragsunterzeichnung für The Tourist verlorenen Freizeit in Form dreier Gesichtsausdrücke (müder Dackelblick, verwirrter Dackelblick, enttäuschter Dackelblick) hinterher.
  7. Die dramaturgisch als Kriminal-Screwballkomödie gedachte Romanze zwischen Jolie und Depp ist so prickelnd wie die zwischen einer Brausetablette und einem leeren Glas Wasser.
  8. Die Handlung ist hanebüschen und erhält allein durch die Geduld strapazierende Plottwists so etwas wie die Ahnung eines frischen Windes, abseits dieser Kernszenen wird die Thrillerhandlung von bedächtiger Ödnis regiert.
  9. Was The Tourist davor bewahrt zum einschläfernden Freskengemälde Venedigs zu verkommen, sind eingeschobene komödiantische Momente, wie Depps Auseinandersetzungen mit den Gesetzeshütern oder die, hoffentlich absichtlich so in den Film eingebaute, strunzdämliche Inkompetenz des Scottland Yards, dem in der Welt von The Tourist nur noch ein Neon-Leuchtreklameschild fehlt, um noch auffälliger durch die Gegend zu schreiten.
  10. Absoluter "Scene Stealer" ist übrigens, exklusiv in der deutschen Fassung, Marcus Off, der mit ungefähr drei Sätzen einen halben Kinosaaal in euphorische "Jack Sparrow?! Jack Sparrow"-Rufe und entsprechendes Gekicher versetzen konnte, und somit sogar den in einer Sequenz angetrunken spielenden Johnny Depp hinsichtlich Fanreaktionen übertrumpfen könnte; möge Disney Deutschland daraus lesen, was es will...
Weitere Zehn-Satz-Rezensionen:

    Dienstag, 21. Dezember 2010

    Oscar 2011: "Black Swan" und weitere Scores disqualifiziert

    Oscar-Traditionen. Neben der alljährlichen Liste der qualifizierten Songs muss über kurz oder lang auch Jahr für Jahr eine Liste von Filmscores kommen, die disqualifiziert werden. There Will Be Blood war seinerzeit ein solcher Fall, der im filmzentrischen Web große Wellen schlug. Ich mochte die Musik eh nicht, also war's mir egal. Im Januar dieses Jahres wurde, recht spät, Küss den Frosch disqualifiziert.

    Die neuste Runde an Disqualifikationen trifft sogleich mehrere Filme, die im Oscarrennen prominente Positionen einnehmen. Laut Variety können sich gleich vier Komponisten die Oscar-Chancen abschminken. Clint Mansells Score zu Black Swan greift gemäß den Academy-Regeln für die Musikkategorie zu häufig auf Tchaikovskys Schwanensee zurück und Carter Burwells Musik zum Coen-Westernremake True Grit basiert in zu weitläufigen Stücken auf Hymnen des 19. Jahrhunderts.

    Ebenfalls disqualifiziert werden die Scores zu The Kids Are Alright und The Fighter, wenngleich aus anderen Gründen: Diese Filme werden akustisch von intensivem Gebrauch bereits existierender Songs geprägt, die Originalmusik ist gewissermaßen nur Lückenbüßer. So gesehen hätten sie also eh kaum eine Chance nominiert zu werden. Die regelung ist hier also eher reine Formsache.

    Weiterführende Artikel:

    Die Zehn-Satz-Rezension zu "Adventureland"

    1. Adventureland ist eine Coming-of-Age-Deprimödie aus dem Jahr 2009 von Superbad-Regisseur Greg Mottola und einer der letzten Miramax-Filme.
    2. Der Film basiert auf Jugenderfahrungen Mottolas und spielt im Sommer des Jahres 1987, einer ennervierenden Zeit für James (Jesse Eisenberg), der kurz vor dem Wechsel aufs College steht und aus Geldmangel einen Ferienjob im schäbigen Freizeitpark Adventureland annehmen muss.
    3. Weil sein Chef (der zu wenig auftauchende Bill Hader) ihn für einen verspielten Typen hält, wird James nicht zu den begehrteren Fahrgeschäften eingeteilt, sondern muss gemeinsam mit Leuten dem Nihilisten Joel (Martin Starr) an den Spielbuden schuften.
    4. Der jungfräuliche und schüchterne James lernt auf der Arbeit die von ihrem Elternhaus geschaffte, stets übermüdete und gestresst aussehende Em (gespielt von einer sympatisch abgefrackten Kristen Stewart) kennen, in die er sich sehr schnell verliebt.
    5. Einer von James Vertrauenspersonen ist Lebemann und Techniker Mike (Ryan Reynolds), ein gleichemraßen offener wie schleimiger Kerl, der sich während der Arbeit an den Buden und Fahrgeschäften Adventurelands um Frauenherzen bemüht und James mehr oder weniger ernstgemeinte Liebestipps gibt.
    6. Wie der in der Gegenwart spielende Superbad ist Adventureland audiovisuell stark von einem Retrocharme geprägt, die Musikwauswahl ist typisch 80er (was hier offensichtlicher gerechtfertigt wird als in Superbad), die Kameraarbeit ist ebenso träge wie die Geisteszustände des Figurenrepertoires, die Farben leicht grieselig, was man mögen kann oder auch nicht.
    7. Anders als Superbad, der hinter seinem episodenhaft-rüden und unverschämten Hunor dezent eine Geschichte über Männerfreundschaften erzählt, stellt Adventureland den Witz eher in den Hintergrund, entlockt durch gelegentlich trockene Dialoge oder absurde Siutationen einige Schmunzler, doch insgesamt geht es dem Film mehr darum, mit einem kleinen Grinsen von einem beschissenen Sommer zu erzählen, und wie ein nerviger Job und zwischenmenschliche Verwirrungen einen Menschen verändern können.
    8. Das ganze Ensemble füllt die scharf umrissenen Figuren mit Leben und insbesondere Eisenberg und Stewart bleiben einem in Erinnerung, nicht zuletzt auch, weil das Verhältnis ihrer Figuren äußerst glaubwürdig vermittelt wird, während ähnlich gelagerte Filme wie Beim ersten Mal oder auch Superbad in diesem Belang doch etwas von Loserfantasien haben.
    9. Die filmische Identität von Adventureland wird vor allem durch seine Atmosphäre markiert, seiner amüsanten aber zugleich knockentrockenen und deprimierten Stimmung, die einem Besuch auf einer mäßigen Kirmes mit guten Freunden gleicht, da es irgendwo Spaß macht, aber dennoch von der schäbigen Kulisse und dem ranzigen Nachgeschmack des Fressbuden-Imbiß beeinflusst wird.
    10. Adventureland ist eine Mischung aus Superbad mit weniger griffigen Sprüchen und einem nicht ganz so skurrilen, innovativen Garden State; ein einsichtsvoller und glaubwürdiger Vertreter seines Genres, der einen nostalgisch-verrotteten Charme hat und seine holperige Dramaturgie größtenteils durch sein Ensemble wieder gutmachen kann und somit zwar keinesfalls ein Muss, aber immerhin einen geheimen Gelegenheits-Anspieltipp für Liebhaber des subtil-schrägen Coming-of-Age-Kinos darstellt.
    Empfehlenswerte Artikel:

    Sonntag, 19. Dezember 2010

    Toy Story 3: Kompakt, bunt, durchgerechnet

    /Film fand diese tolle Übersichtsgrafik, die den Erfolg von Toy Story 3 in bunten Bildern und Zahlen darstellt. Einnahmen in den USA vs. den Rest der Welt, Vergleich mit anderen Pixar-Filmen, den Erfolg des Merchandisings und so weiter...

    Das will ich jetzt für jeden der Milliarden-Kinofilme. Und jeden Pixar. Und jeden Disney. Und...

    Samstag, 18. Dezember 2010

    Disney belebt unvollendete Attraktion wieder

    Auf der Suche nach neuen Kinostoffen bedienten sich die Disney-Studios bereits mehrmals an ihren Themenparkattraktionen. Bis auf Pirates of the Caribbean haben sie es bislang zwar nie zu einem nennenswerten Erfolg gebracht, dennoch sind eine neue Verfilmung der Haunted Mansion, ein vom Tiki Tiki Room inspririertes Abenteuer und ein Magic Kingdom-Film in Planung. Und ein Tomorrowland-Skript liegt im Mäusestudio auch rum.

    Jetzt betritt Disney aber völlig neue Wege: Laut 24 Frames plant Disney eine Verfilmung von The Muesum of the Weird, einer nie verwirklichten Attraktion. The Museum of the Weird, ein Gedanke aus der frühen Planungsphase der Haunted Mansion, sollte eine schaurige Ausstellung (vermeintlicher) Kuriositäten und Absurditäten aus aller Welt sein, die gleichzeitig auch als Restaurant diente. Gewissermaßen Blue Bayou / Blue Lagoon trifft "Hard Rock Café goes Okkultismus" (mehr dazu).

    Als Drehbuchautor ist Ahmet Zappa angesetzt, der erst kürzlich sein Tiki-Drehbuch an Disney losschlug. Das Projekt befindet sich noch in einer sehr frühen Planungsphase, weshalb keine weiteren Details bekannt gegeben wurden. Als Regisseur darf man sich unter Sean Baileys und Rich Ross' Führungsregide wieder die namenshaftesten Geldbringer der letzten Jahre ausmalen. Vielleicht ein Harry Potter-Regisseur oder doch wieder Tim Burton (wäre mir jetzt aber tatsächlich zu unoriginell)? Wer weiß, vielleicht erfahren wir sehr früh etwas neues, wie bei Magic Kingdom mit Jon Favreau? Oder der Film kommt niemals zu Stande. Ja, ich denke an dich, Jungle Cruise!

    Freitag, 17. Dezember 2010

    Der legendäre Regisseur Blake Edwards verstirbt im Alter von 88 Jahren

    Der Weg in die darstellerischen Künste war Blake Edwards in die Wiege gelegt. Am 26. Juli 1922 unter dem Namen William Blake Crump in Oklahoma geboren, wuchs Blake Edwards als Sohn eines Theaterregisseurs auf. Schon früh versuchte er sich als Schauspieler, doch es sollte ihn in die Autorenschaft verschlagen. Er arbeitete an Orson Wells unvergessenem Hörspiel Krieg der Welten mit und verband in der Radio-Kriminalreihe Richard Diamond, Privatdetektiv die Atmosphäre eines Film noir mit dem unvergleichlichen Humor, der Edwards im späteren Verlauf seiner Karriere zu einem der erfolgreichsten Regisseure Hollywoods machte.

    Edwards Filmographie ist untrennbar mit zwei Namen verbunden: Peter Sellers und dem Rosaroten Panther. Stattliche fünf Filme über den schusseligen Inspektor Clouseau drehten Edwards und der britische Komödiendarsteller vor Sellers Tod. Den Verlust seines Weggefährten Sellers, dem er schon zu Lebzeiten mit der zeitlosen Slapstick-Komödie Der Partyschreck in Form einer turbulenten (Beinahe-)One-Man-Show ein Denkmal setzte, verarbeitete Edwards indem er für einen sechsten Film zuvor ungenutztes Drehmaterial verwendete. Möglicherweise weniger im Bewusstsein des Publikums verankert war Edwards enge Freundschaft zum Komponisten Henry Mancini, dem genialen Schöpfer des Pink Panther-Themas oder Moon River aus Frühstück bei Tiffany.

    Letztgenannter stellte Generationen von Filmliebhabern beeindruckend zur Schau, welches Geschick Edwards darin hatte, atmosphärische Mischungen aus Unschuld und Vulgarität, schwerer Dramatik und leichtherzigem Humor zu komponieren - ein Talent Edwards, das viel zu häufig übersehen wird. Dabei ging nicht nur Frühstück bei Tiffany als, insbesondere für sein Genre, erstaunlich tiefsinnig in die Filmhistorie ein; auch in der musikalischen Verwechslungskomödie Victor/Victoria  über Transvestitismus und sexuelle Identifikationsfindung schlug Edwards inhaltlich-stilistische Brücken. Filme wie diese oder auch Das große Rennen um die Welt mit Jack Lemmon heben Edwards' Schaffen über die sich totgelaufene Rosaroter Panther-Reihe sowie ein paar weitere künstlerische Ausrutscher hinaus und dürften ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass Edwards 2004 einen Ehrenoscar für sein Lebenswerk erhielt. Zuvor wurde er nur mit einer einzelnen Drehbuch-Nominierung (für Viktor/Viktoria) bedacht.

    Edwards war in zweiter Ehe mit Julie Andrews verheiratet, mit der er zwei Kinder adoptierte. Andrews brachte ein leibliches Kind aus einer früheren Ehe mit, genauso wie Edwards aus erster Ehe zwei Kinder hatte. Er starb in Anwesenheit seiner Familie am 15. Dezember in Santa Monica, Kalifornien an den Folgen einer Lungenentzündung.

    Oscar 2011: 41 Lieder qualifizieren sich für den Song-Oscar

    "Und wir sind nicht mit dabei?!"

    Es ist eine der Verkündungen, auf die ich mich in der Oscar-Saison am meisten freue: Die Bekanntgabe sämtlicher für den Oscar in der Kategorie "Bester Song" qualifizierten Lieder. Die Qualifikationsrichtlinen sind eigentlich recht überschaubar: Ein Lied, bestehend aus Musik und Text, muss für speziell für "seinen" Film geschrieben worden sein, und in einer deutlich hörbaren, substanziellen Interpretation innerhalb des filmischen Kontexts oder zu Beginn des Abspanns vorkommen.

    Überblickt man die Listen der vergangenen zwei Jahre, erhält man den Eindruck, dass jedes Stück von Gesang begleiteter Musik, die diesen Anforderungen entspricht, auch nominiert wird. Wie sonst kommen Spaßnummern wie Stus Komposition aus Hangover in diese Liste? Die diesjährige Liste dagegen legt die Vermutung nahe, dass Studiopolitik sehr wohl eine Rolle spielt. Aus Disneys Märchenmusical Rapunzel ist nämlich lediglich ein einziger Song qualifiziert: I See The Light (bzw. Endlich sehe ich das Licht), der Song, dem Disney und Alan Menken auch die größten Siegeschancen einrechnen. Hat man seine inhäusische Konkurrenz aus dem Weg geräumt, um Splits zwischen den Rapunzel-Liedern zu verhindern?

    Eine Beschränkung, wie viele Lieder aus einem Film qualifiziert werden können, existiert jedenfalls nicht. Es können mittlerweile bloß zwei Songs nominiert werden, aber die Qualifikationsrunde ist offen. High School Musical 3: Senior Year brachte es vor zwei Jahren auf ganze elf Titel...
     Und nicht nur für die Musik vom Blondchen geht eine Vermisstenmeldung raus: Auch die für Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt geschriebenen Lieder fehlen auf dieser Liste.

    Was also ist los? Nun, die Auflösung ist: Selbst wenn es in den eingangs erwähnten Regeln nicht steht, müssen Lieder vom Verleih oder dem Songwriter/Komponisten eingereicht werden. Und Alan Menken wollte sich dieses Mal nicht wieder selbst so viel Konkurrenz machen, wie seinerzeit mit Verwünscht.

    Eine Antwort, viele neue Fragen: Wieso lässt Universal Scott Pilgrim so harsch fallen? Wieso lässt Disney I Remain aus Prince of Persia am Oscar-Rennen teilhaben? In den Augen des Studios hat er doch entweder eh keine Chance (wieso dann einreichen?) oder er könnte Rapunzel gefährlich werden. Aber letztere profitiere mehr von einer Nominierung/einem Sieg. Die DVD ist nämlich noch nicht raus...

    Die Oscars - immer wieder ein Mysterium...
    • "Alice" from "Alice in Wonderland"
    • "Forever One Love" from "Black Tulip"
    • "Freedom Song" from "Black Tulip"
    • "Bound to You" from "Burlesque"
    • "Welcome to Burlesque" from "Burlesque"
    • "You Haven’t Seen the Last of Me" from "Burlesque"
    • "There’s a Place for Us" from "The Chronicles of Narnia: The Voyage of the Dawn Treader"
    • "Coming Home" from "Country Strong"
    • "Me and Tennessee" from "Country Strong"
    • "Despicable Me" from "Despicable Me"
    • "Prettiest Girls" from "Despicable Me"
    • "Dear Laughing Doubters" from "Dinner for Schmucks"
    • "Better Days" from "Eat Pray Love"
    • "If You Run" from "Going the Distance"
    • "Darkness before the Dawn" from "Holy Rollers"
    • "Sticks & Stones" from "How to Train Your Dragon"
    • "Le Gris" from "Idiots and Angels"
    • "Chanson Illusionist" from "The Illusionist"
    • "Never Say Never" from "The Karate Kid"
    • "To the Sky" from "Legend of the Guardians: The Owls of Ga’Hoole"
    • "What If" from "Letters to Juliet"
    • "Life during Wartime" from "Life during Wartime"
    • "Made in Dagenham" from "Made in Dagenham"
    • "Little One" from "Mother and Child"
    • "Be the One" from "The Next Three Days"
    • "If I Rise" from "127 Hours"
    • "When You See Forever" from "The Perfect Game"
    • "I Remain" from "Prince of Persia: The Sands of Time"
    • "Dream Big" from "Pure Country 2: The Gift"
    • "How I Love You" from "Ramona and Beezus"
    • "Darling I Do" from "Shrek Forever After"
    • "Noka Oi" from "Six Days in Paradise"
    • "This Is a Low" from "Tamara Drewe"
    • "I See the Light" from "Tangled"
    • "Rise" from "3 Billion and Counting"
    • "We Belong Together" from "Toy Story 3"
    • "Eclipse: All Yours" from "The Twilight Saga: Eclipse"
    • "Nothing" from "Tyler Perry’s Why Did I Get Married Too"
    • "A Better Life" from "Unbeaten"
    • "Shine" from "Waiting for ‘Superman’"
    • "The Reasons Why" from "Wretches & Jabberers"
    Üblicherweise sollten fünf dieser 41 Lieder nominiert werden - es sei denn, die Musik-Branche innerhalb der Academy findet bloß an einem kleinen Teil dieser Songs gefallen, so wie beim Oscar 2009, als nur drei Songs nominiert wurden. Aber egal wie viele Nominierungen es geben wird, ich gehe fest davon aus, dass es aus dem Hause Disney nur Rapunzel zu einer davon schaffen wird.

    Weiterführende Artikel:

    Dienstag, 14. Dezember 2010

    Die Zehn-Satz-Rezension zu "It's a Very Merry Muppet Christmas Movie"

    1. Als die Muppets 2002 nach der finanziellen Enttäuschung von Muppets aus dem All wieder neu positioniert werden und ihre komödiantische Identität im Zeitalter von frotzelnden CGI-Komödien, South Park und zynisch-satirischen Puppenserien finden mussten, griff man für dieses NBC-Fernsehspecial  wieder einmal auf die festlichste Zeit des Jahres zurück, um den Puppen eine Plattform zu geben.
    2. It's a Very Merry Muppet Christmas Movie bedient sich inhaltlich an dem Weihnachtsklassiker Ist das Leben nicht schön? und zeigt, wie der Engel Daniel (ausgesprochen: Daaahn-iel) aus Frust über Kermits Lebenskrise bei seinem Vorgsetzten (eine toll aufgelegte Whoopie Goldberg) vorspricht und darum bittet, einschreiten zu dürfen.
    3. Die geldgeile Bänkerin Rachel Bitterman will nämlich das Muppet-Theater abreißen lassen, wenn die Muppets nicht bis Heiligabend ihre Schulden abbezahlen können, und obwohl die Muppets ohne Gaststars und entgegen aller Wahrscheinlichkeiten vor der Frist genügend Geld zusammenbekommen, hindert sie eine Reihe Missgeschicke daran, das Geld zu überweisen, so dass sich Kermit Daniel gegenüber lauthals wünscht, nie geboren zu sein.
    4. Wie auch der drei Jahre später ins Fernsehen (und auf DVD) holpernde Die Muppets: Der Zauberer von Oz gehört It's a Very Merry Muppet Christmas Movie einer Experimentierphase an, in der die Muppet-Crew auszutesten hatte, wie sich der Mix aus Familienfreundlichkeit, Herzlichkeit und durchgeknallter Anarchie, welcher diese Figuren zum Höhepunkt ihrer TV-Popularität ausmachte, für den Beginn des neuen Jahrtausends apatieren lässt.
    5. Während Disney und die Muppet-Crew es mit den YouTube-Videos der letzten Jahre endlich rausbekamen, ist It's a Very Merry Muppet Christmas Movie in dieser Hinsicht noch ein wenig unausgegoren, wenngleich er längst nicht so sauer aufstößt wie die erschreckende Oz-Adaption.
    6. Das größte Problem an It's a Very Merry Muppet Christmas Movie ist das völlige Fehlen jedwelcher Neuheiten, schließlich ist die Story ein nach dem Baukastenprinzip zusammengestelltes Konstrukt aus den überreizten Konzepten "Muppets + Weihnachten", Ist das Leben nicht schön? und "Rettet das Muppet-Theater", was in dieser Konstellation und durch das dramaturgisch zurückhaltende Drehbuch äußerst laff und uninspiriert erscheint.
    7. Seht man über die Story und die im Finale förmlich vordiktierte Morallektion hinweg, kann man sich allerdings an einer passablen Aktualisierung des Muppet-Humors erfreuen, völlig gleich, was man eventuell über diesen Fernsehfilm hörte, denn dass einige Muppet-Fans (besonders im Internet) etwa wegen der zahlreichen Doppeldeutigkeiten auf die Barrikaden gingen, sollte sich schnell als lächerlich enttarnen, sobald man bedenkt, dass die Muppets in ihrer legendären Muppet Show in diesem Bereich ebenfalls nicht gerade zurückhaltend waren.
    8. Auf der Muppet-Bühne gibt es in It's a Very Merry Muppet Christmas Movie leider nicht sehr viel zu sehen, doch die Moulin Rouge-Parodie ist klassisches Muppet-Gold mit einem gelungenen Bühnenbild, pointiert gewählten Referenzen an die Vorlage und dem typischen Chaos, das wir von dieser Truppe erwarten, weshalb diese Sequenz sehr gut als aktzelleres Testmaterial für erwachsene Muppet-Neulinge geeignet ist.
    9. Für die Ereignisse hinter der Bühne hat Muppets - Die Schatzinsel-Autor Kirk Thatcher, der sich hier als Regisseur versucht, nur sporadisch richtiges Gespür, so dass zwar alle richtigen Elemente vorhanden sind, sie aber nur die Hälfte der Zeit richtig zünden.
    10. Der unter anderem mit einem Gastauftritt des Scrubs-Ensembles aufwartende (und aufgrund Proteste um Snoop Dogg erleichterte) It's a Very Merry Muppet Christmas Movie fühlt sich zwar durchweg wie ein moderner Nachgedanke zur Muppet Show an und lässt inhaltlich zu Wünschen übrig, aber dennoch hat er ausreichend Muppet-Flair um für Freunde dieser Bande als grundsolider DVD-Tipp durchzugehen, zumal Kenner der Muppets eher über einige Gags lachen können, als Leute mit mangelnden Muppet-Kenntnissen.
    Siehe auch:

    Die 68. Golden Globe Awards - Welche Filme sind nominiert?

    Die Golden Globes sind immer wieder für eine Überraschung gut. Insbesondere, wenn man sie mit den Oscars vergleicht. Allein in den letzten Jahren gab es solche kleine Wunder wie zahlreiche Globe-Nominierungen für Nine oder Tom Cruise als bester Nebendarsteller in Tropic Thunder.

    Auch dieses Jahr erstaunen die Golden Globes - wie ihr vielleicht schon daran erahnen konntet, dass ich tatsächlich eine "For Your Consideration" zu Alice im Wunderland als Titelbild auserkoren habe...

    Bester fremdsprachiger Film
    • Bitiful (Mexiko/Spanien)
    • The Edge (Russland)
    • I Am Love (Italien)
    • In a Better World (Dänemark)
    • Das Konzert (Frankreich)
    Hier muss ich zugeben, dieses Jahr völlig ahnungslos zu sein. Der einzige nominierte Film, den ich sehen wollte, finden wir in Das Konzert, und an dem Kinobesuch wurde ich gehindert.

    Bestes Drehbuch:
    • 127 Hours 
    • The Kids Are All Right 
    • Inception 
    • The King's Speech
    • The Social Network
    Ein flynniges "Yay!" für Inception. The King's Speech und 127 Hours sollten nun endgültig als Oscar-Kandidaten einzementiert sein - bei den anderen ging man ja schon stillschweigend davon aus. Aber: Kein Toy Story 3? Seufz...

    Beste Musik:
    • 127 Hours
    • Alice im Wunderland
    • Inception
    • The King's Speech
    • The Social Network
    Erneutes "Yay!" für Inception. Jetzt muss mir allerdings jemand erklären, was Alice im Wunderland hier zu suchen hat. Elfmanns Musik war nicht schlecht, das bedeutet aber nicht, dass sie einer Globe-Nominierung würdig ist. Ich habe aus dem Film überhaupt keine Melodien mit nach Hause genommen (bis auf die in eine Reißzwecke getretene Avril Lavigne, und das ist eher ein Fall für die Song-Kategorie... der Goldenen Himbeere). Mit The Social Network ist auch bei den Oscars zu rechnen, und die Musik war ja auch effektiv, aber unter meinem Top 5 des Jahres wäre sie nicht. Mehr Rapunzel und Drachenzähmen leicht gemacht, wenn ich bitten darf!

    Bester Song:
    • Bond to You (Burlesque)
    • You Haven't Seen the Last of Me (Burlesque)
    • Coming Home (Country Strong)
    • I See the Light (bzw "Endlich sehe ich das Licht") (Rapunzel)
    • There's a Place for Us (Die Chroniken von Narnia - Die Reise auf der Morgenröte)
    Burlesque? Burlesque nochmal? Sofern man den US-Kritikern glauben darf, sind nun unaufhaltsame Lachanfälle angebracht. "Yay!" an Rapunzel. Sonst habe ich nur Achselzucken übrig. Menken for Oscar Gold!

    Bester Animationsfilm:
    • Drachenzähmen leicht gemacht
    • Ich - Einfach unverbesserlich
    • The Illusionist
    • Rapunzel
    • Toy Story 3
    Und wenn die Academy ein sinniges Regelwerk hätte, sähen so auch die Oscar-Nominierungen aus!

    Beste Regie:
    • Darren Aronofsky (Black Swan)
    • David O., Russell (The Fighter)
    • Christopher Nolan (Inception)
    • Tom Hooper (The King's Speech)
    • David Fincher (The Social Network)
    Somit heiße ich The Fighter offiziell in den Topkandidaten für eine Oscar-Nominierung in der Hauptkategorie wollkommen. "Yay!" für Black Swan, The Social Network und Inception. Wenngleich es keine Überraschungen sind.

    Beste Nebendarstellerin:

    • Jackie Weaver (Animal Kingdom)
    • Mila Kunis (Black Swan)
    • Amy Adams (The Fighter)
    • Melissa Leo (The Fighter)
    • Helena Bonham Carter (The King's Speech)
    The Fighter ist ein Oscar-Kandidat, das sollte ich nochmal erwähnen.

    Bester Nebendarsteller:
    • Christian Bale (The Fighter)
    • Geoffrey Jursh (The King's Speech)
    • Andrew Garfield (The Social Network)
    • Jeremy Renner (The Town)
    • Michael Douglas (Wall Street - Geld schläft nicht)
    Ich freue mich sehr für Garfield und Renner, denn das sind zwei verdiente Nominierungen, die mir nicht hundertprozentig sicher schienen.

    Bester Hauptdarsteller Comedy/Musical:
    • Johnny Depp (Alice im Wunderland)
    • Paul Giamatti (Barney's Version)
    • Kevin Spacey (Casino Jack)
    • Jake Gyllenhaal (Love & Other Drugs)
    • Johnny Depp (The Tourist)
    Öhm... ja. Depp für Alice im Wunderland war kein sicherer Tipp, aber ich rechnete ihm Außenseiterchancen ein. Vor allem ist es jedoch auch die einzige Globe-Nominierung, die ich diesem Film gönne. The Tourist ist nach den US-Kritiken ein mittelschwerer Schocker. Und auch Love & Other Drugs war nicht gerade Jedermanns Liebling.

    Beste Hauptdarstellerin Comedy/Musical:
    • Emma Stone (Einfach zu haben)
    • Annette Bening (The Kids Are All Right)
    • Julianne Moore (The Kids Are All Right)
    • Anne Hathaway (Love & Other Drugs)
    • Angelina Jolie (The Tourist)
    Schon wieder The Tourist. Jetzt bin ich enorm gespannt, ob ich demnächst im Kino die Globes oder die US-Kritiker auslachen werde. Hathaway ist wie Gyllenhaal eine kleine Überraschung, Emma Stone für ihre Teeniekomödie eine enorme Überraschung, wenn auch eine erfreuliche. Die Globes denken nicht soooo sehr in engen Kategorien wie die Oscars.

    Beste Hauptdarstellerin Drama:
    • Natalie Portman (Black Swan)
    • Michelle Williams (Blue Valentine)
    • Halle Berry (Frankie and Alice)
    • Nicole Kidman (Rabbit Hole)
    • Jennifer Lawrence (Winter's Bone)
    Ich freue mich für Williams und Portman.

    Bester Hauptdarsteller Drama:
    • James Franco (127 Hours)
    • Ryan Gosling (Blue Valentine)
    • Mark Wahlberg (The Fighter)
    • Colin Firth (The King's Speech)
    • Jesse Eisenberg (The Social Network)
    Liest sich wie ein potentielles Oscar-Darstellerfeld.

    Bester Film Comedy/Musical:
    • Alice im Wunderland
    • Burlesque
    • The Kids Are All Right
    • R.E.D.
    • The Tourist
    Alice im Wunderland? Burlesque? The Tourist? Mich beschleicht das Gefühl, wir könnten nächstes Jahr eine Himbeere haben, die sich in der Hauptkategorie gleich dreifach mit den Globes deckt. Bei Alice im Wunderland würde die Himbeere zwar völlig überzogen reagieren und sich nur aufgrund des Hypes auf ihn stürzen - aber es wäre fair. Unverdiente Himbeerennominierung und geschenkte Globe-Nominierung, das gleicht sich aus.

    Bester Film Drama:
    • Black Swan
    • The Fighter
    • Inception
    • The King's Speech
    • The Social Network
    Man ahnt es vielleicht anlässlich meiner vorherigen Anmerkungen, aber The Fighter kommt für mich noch immer überraschend. Insgesamt aber ein deutlich, sagen wir es mal diplomatisch, normaleres Feld, als bei Comedy/Musical.

      Montag, 13. Dezember 2010

      Märchen werden wahr: Der Deutschlandstart von "Rapunzel"

      Gothels verführerisches Angebot an die Stabbington-Brüder: "Prügelt so viele Leute, die Rapunzel noch nicht gesehen haben, ins Kino, bis wir zwei Goldene Leinwände haben, und ihr erhaltet einen von mir signierten Flynn-Rider-Starschnitt."

      Mancher Zeit geschehen noch Zeiten und Wunder. 2010 war, nicht zuletzt aufgrund irgend eines kuriosen Sportereignisses, hierzulande ein eher deprimierendes Kinojahr. Der bislang zehnterfolgreichste Film des deutschen Kinojahres, Prince of Persia - Der Sand der Zeit, konnte beispielsweise 1,6 Millionen Besucher in die Lichtspielhäuser holen. 2009 hätte diese Zahl gerade einmal für Platz 24 der Jahreshitliste gereicht. Es war nahezu wächentlich Usus, dass die anfänglichen Wochenendprognosen zum Sonntagabend hin nach unten korrigiert werden mussten.

      Aber Rapunzels Magie, die in den USA am Startwochenende knapp für die Verdoppelung selbst der wohlgesonnensten Prognosen sorgte, überträgt sich jetzt auch auf die deutsche Filmlandschaft: Insidekino.de, die hiesige Spitzenadresse für Fragen über Besucherzahlen und Kinoeinnahmen, schätzte zu Beginn des Wochenendes Rapunzels Glück auf 425.000 bis 525.000 Besucher, der obere Rahmen hätte schon den erfolgreichsten Animationsstart 2010 bedeutet. Allerdings lehrte die Erfahrung der vergangenen Monate, dass der Tag nicht vor dem Abend zu loben sei. Glücklicherweise aber war Rapunzels Zauber stärker, als der Fluch des Jahres 2010: Sogar die Prognosen des frühen Sonntags mussten nach oben korrigiert werden und die Montagszahlen sprechen letztlich von einem äußerst entzückenden, 605.000 Besucher starken Startwochende (572.000 ohne Previews) für die Disney-Prinzessin mit dem verzauberten Haar!

      Dies ist mit Abstand der stärkste Animationsstart des Jahres, selbst wenn man die geschätzt Besucher der flächendeckend abgehaltenen Vorpremieren abzieht, liegt das Blondchen klar vor Ich - Einfach unverbesserlich (ca. 440.000 Besucher), Für immer Shrek (394.286 Besucher) und Toy Story 3 (ca. 385.000 Besuche inklusive Previews).

      Wäre fast so stürmisch aus dem Startblock gekommen wie Rapunzel: Disneys "Anti-Pixar" Himmel und Huhn

      Nachdem Rapunzel sich in Deutschland erfolgreich die Jahreskrone im Trickfilm-Sektor ergatterte, ist ein die Jahre und Jahrzehnte übergreifender Vergleich mit anderen Disney-Filmen natürlich viel interessanter - und auch spaßiger, als mancher noch Mittwochabend womöglich befürchtet hätte.

      Vergleichen wir Rapunzel zunächst mit den anderen computeranimierten Meisterwerken aus der von Mäusen, Enten, Prinzessinnen und Konsorten regiertenTraumfabrik: Dank des unerwartet starken Sonntags, der die vorhergegangenen Prognosen als zu niedrig angelegt enttarnte, konnte Rapunzel Disneys ersten rein am Computer erstellten Trickfilm Himmel und Huhn überflügeln, dessen circa 525.000 Besucher starker Start genau in der Liga lag, die Rapunzel Samstagabend noch anvisierte. Das Folgewerk Triff die Robinsons hat Rapunzel bereits dieses Wochenende völlig deklassiert: Mit ihren rund 600.000 Besuchern konnte die Prinzessin mehr als doppelt so viele Leute von einem Kinobesuch überzeugen als die chaotischen Robinsons während ihres gesamten Kinoeinsatzes!

      Der letzte Film der Rapunzel-Regisseure, der von den Kritikern geschätzte und für einen Oscar nominierte Bolt, kann sich ebenfalls nicht mit der Publikumszuneigung für disney'sche Musicals messen: 398.941 Besucher in der vollständigen Startwoche liegen schlicht in einer anderen Liga. Trotzdem haben wir keinen Anlass, Mitleid für den weißen Schäferhund zu empfinden (oder ihn mit Hähme zu bescheren): Insgesamt fanden 1,26 Mio. Leute den Weg zum apportierenden Actionstar. Toy Story 3 brachte es nach einer 633.024 Kinogänger zählenden Startwoche auf insgesamt 1,57 Mio. Besucher. Habe ich eigentlich schonmal gesagt, wie blamabel ich das finde? Nein, oder?

      "Ich muss hier gerade erfahren, was meine deutschen Kinozahlen bedeuten, und du willst tatsächlich immer noch knutschen?"

      Ziehen wir nun aber endlich den eventuell naheliegendsten Vergleich: Rapunzel vs. Küss den Frosch. Rund 325.000 Besucher fanden sich am Startwochenende im jazzigen Zeichentrickmusical wieder, was den Grundstein für ein Endergebnis von 1,6 Millionen verkauften Eintrittskarten legte. Sofern wir die Erinnerung an ein muhendes Trio tilgen und schmerzlich unsere Augen vor dem armen Jim Hawkins verschließen, ist dies das schlechteste Kinoergebnis eines Post-Walt-Zeichentrickfilms aus dem Hause Disney (aus der Pre-Dschungelbuch-Ära sind keine brauchbaren Zahlen überliefert). Eventuell ist es doch rechtens, über die Zahlen der Froschprinzessin zu klagen...

      Aus reiner Neugier sei Rapunzels Startergebnis auch neben denen der Renaissance-Disneys gestellt, insgeheim hoffend, dass das 50. Meisterwerk eine zweite solche Ära in Gang setzt. Und aus schierem Hang zur Provokation und einem Quentchen Freude für eine zu häufig geschundene Disney-Produktion, setze ich die Renaissance für die Belange dieses Artikels bereits anno 1989 an, ein Jahr bevor Menkens Melodien Deutschland verzauberten: Oliver & Co. startete mit 256.738 Besuchern und somit stärker als Arielle, die Meerjungfrau, diese konnte an ihren ersten Tagen auf unseren Leinwänden nämlich bloß 211.947 Seelen für sich gewinnen. Bernard & Bianca im Känguruhland setzte den Abwärtstrend zunächst fort (186.231 Kinogänger), bevor Die Schöne und das Biest einen Sprung nach oben und auf rund 345 Tausend Besucher machte. Aladdin hatte einen etwas schwächeren Start (312.953 sich ins Morgenland wünschende Abendländer), bevor Der König der Löwen mit fast einer Million zum Start neue Maßstäbe setzte.

      Oh, und um euch mit einem kleinen Schocker nach all diesem Zahlenwirrwarr wieder wachzurütteln: Der zweiterfolgreichste Start eines Films aus dem Meisterwerk-Kanon war keiner geringeren Produktion als Dinosaurier vergönnt. 888.573 Neugierige allein am ersten Wochenende - das ist eine Vorlage, die man rückblickend erstmal verdauen muss. Es half dem Streifen nicht, sich ins kollektive Gedächtnis einer Generation festzusetzen, aber eine Fete zu seinen Ehren wird es seinerzeit im deutschen Disney-Hauptsitz bestimmt gegeben haben.

      Zurück in die Renaissance: Mit rund 400 Tausend Besuchern gaben sich Pocahontas und Der Glöckner von Notre Dame in ihrer Rivalität nicht sonderlich viel, der mit Til Schweiger vertonte, swingende Hercules brachte es auf 471.724 Hobby-Mythologen. Es war der Beginn eines erneuten Aufschwungs für die Disney-Zeichenstudios: Mulan und Mushu konnten als erstes Gespann der Post-Simba-Zeit eine Latte vorlegen, an der Himmel und Huhn später scheitern muss (535.816 Kinogänger, die vielleicht, vielleicht auch nicht, eine Lara-Croft-Nummer abzogen). Tarzan, die hervorragend eingesetzte Deep Canvas und ein begnadeter Phil Collins holten sich zum furiosen Abschluss der Renaissance noch im Vorbeifliegen Meisterwerk-Bronze (847.951 Affen, Rocker und Fast-Nackt-Turner). Damit ist Tarzan auch eins von drei Post-Der König der Löwen-Meisterwerke, die besser als Rapunzel starteten. Ansonsten setzten sich nur die schon erwähnten Dinosaurier und Bärenbrüder besser durch. Richtig, Bärenbrüder, der qualitativ gesehene letzte Vorhang für die Walt Disney Animation Studios bis John Lasseter den Laden erfolgreich durchmischte. Bärenbrüder startete in Deutschland mit 748.993 Besuchern. Die Lehre, die wir daraus ziehen, dass ein Phil-Collins-Musical mit Moritz Bleibtreu unter den Synchronsprechern dem adeligen Löwen ordentlich Dampf unter dem Hintern machen könnte. Mag jemand einen Brief an John Lasseter und Robert Iger aufsetzen?

      Kuzco kann diese ganzen Zahlen und Fakten wohl nicht so recht verdauen

      Nicht nur der Vollständigkeit halber, sei noch schnell auf die restlichen Meisterwerke der 00er eingegangen. Verfilmte Juniortüten mal außen vorgelassen.
      Ausgerechnet ein stinkiges, spuckendes Lama war nur eine Zahnlänge davon entfernt, Rapunzel gefährlich zu werden. Mit 564.670 legte Ein Königreich für ein Lama einen besseren Start als Mulan hin - und auf den können die Filme der frühen 90er ja bereist neidisch sein. Lilo & Stitch spielte in der Liga der Indianerin und des Buckligen von Notre Dame (400.882 Aliens, Elvis-Fans und schräge Kinder). Und sogar Atlantis macht die Startergebnisse einiger Meisterwerke fertig (365.502 Gesangsübermüdete). Trotz des dezent schwacheren Startwochenendes hat der allgemeinhin als Flop bekannte Atlantis in seiner Gesamtlaufzeit übrigens einen kleinen, feinen Film namens Toy Story 3 überholt (1.657.981 kartographierende Linguisten vs. 1.569.052 Plastikspielzeuge). Ja.

      Der Schatzplanet dagegen konnte zum Start nur 215.512 Leute davon begeistern, eine Eintrittskarte zu lösen. Doch ich wollte ja eigentlich nicht noch mehr Salz in diese Wunde streuen.

      Was diese Zahlen ziemlich deutlich vorführen: Deutschland tickt mitunter seltsam. Aber darum geht's hier nicht. Diese Zahlen zeigen nämlich ebenfalls, dass sich die Kinolandschaft stark veränderte. Rapunzel legte einen großartigen Start hin und überflügelte zahlreiche Disney-Meisterwerke, nur kann man daraus leider nicht schließen, dass er auch bei den endgültigen Zahlen weit vorne mitspielen wird. Leider muss man beachten, dass Kinofilme heutzutage weitaus weniger Standkraft besitzen. Deshalb sind die Verleiher ja auch so scharf auf Startrekorde. Bloß weil Rapunzel am Startwochenende 2,8mal so viele Besucher in die Säle lockte, wird sie in Deutschland nicht dreimal so erfolgreich wie Arielle, die Meerjungfrau sein. Das Trickmusical von Ron Clements und John Musker umgarnte, inklusive Wiederaufführung, 4,7 Millionen Besucher. Könnte man die Werte der frühen 90er unflektiert auf heute übertragen, müsste Rapunzel mit ca. 13 Millionen Besuchern ohne auch nur für ein kleines Duell die Bratpfanne zücken zu müssen an Der König der Löwen und Der Schuh des Manitu vorbeiziehen!

      Stattdessen hat Rapunzel in der harschen Realität Glück, wenn sie nach dem wirklich tollen 600.000-Besucher-Start am Ende ihres Kinoausflugs in die Nähe von Arielles 4,7 Millionen kommt.

      Wie leuchtend kann eine vermüllte Zukunft sein?

      Da ihr euch tatsächlich bis zu diesem Absatz durchgekämpft habt (ich wusste, die bunten Bildchen zeigen ihre Wirkung, insbesondere wenn hier unten ein ganz besonders toller Film auf euch wartet), scheint ihr ja mit einem gewissen Grundinteresse an Zahlenspielereien ausgestattet zu sein. Sehr schön, denn in diesem Fall seid ihr bestimmt gewillt, diesen ausführlichen Blick in die Vergangenheit mit einer Voraussicht zu beschließen. Wenngleich dafür etwas Rechnerei und weiteres Schielen in den Rückspiegel von Nöten sind.

      Es stellt sich nämlich die Frage, womit wir für unser süßes Blondchen rechnen können. Da die Multiplikatoren von Arielle & Co., mittels derer man aus dem Startwochenende das Endergebnis errechnen kann, veraltet sind, zitieren wir doch glatt mal wieder Tiana herbei. Küss den Frosch ist ein im Dezember 209 gestartetes Animationsmusical mit humorigen, märchenhaften und romantischen Elementen. Das Startwochenende von Küss den Frosch machte, kaufmännisch gerundet, ein Fünftel der schlussendlichen Besucherzahl aus. Wenden wir dies an Rapunzel an, kommen wir in den Bereich einer Goldenen Leinwand (3 Mio. Besucher). Irgendwie nicht fair, oder?

      Vielleicht aber ist Küss den Frosch ein schlechter Messgrad. Immerhin bekam er kurz nach Kinostart Avatar vor die Nase gesetzt. Ihr wisst schon, dieser Film mit den katzenohrigen, blauen Wesen. War ziemlich erfolgreich, irgendwas von wegen 11 Millionen Besucher in Deutschland und erfolgreichster Film weltweit.
      Vorausgesetzt, dass Disney on Ice sein Trainingslager nicht in Bezelbubs Küche verlegt on Yogi Bär der nächste Avatar wird, hat Rapunzel aber keine solche Konkurrenz vor sich. Denn selbst, wenn wir Disney mit ganzem Herzen den nächsten Milliardenerfolg außerhalb des Animationsbereiches wünschen und Deutschland bei Disneys nächstem Milliardenfilm mithilft, so startet Tron Legacy hierzulande erst Mitte Januar 2011.

      Disqualifizieren wir Küss den Frosch als Messbeispiel, kommen wir jedoch in die Bedrouille, dass in jüngerer Vergangenheit kein vergleichbarer Film startete. Oder etwa doch? Auftritt WALL•E... Schließlich ist Rapunzel nichts weiteres als die Prinzessinnen-Variante von Andrew Stantons künstlerischer Sensationsleistung. Ich mein... also, romantisch, großes Identifikationspotential, großartige visuelle Komponente...
      Okay, okay, stilistisch besteht ein gravierender Unterschied zwischen WALL•E und Rapunzel. Er sei hier trotzdem zum Vergleich herangezogen, erstens weil's mir persönlich passt (ich liebe die zentralen Paare beider Filme) und zweitens, weil WALL•E in Deutschland einen Start von 598.764 Besuchern hatte. Praktisch so viele wie Rapunzel. Da müsste man sich ja eigentlich nur sein Endergebnis ansehen. Und das waren wenigstens 3,2 Millionen Besucher. Womit wir eine sichere Goldene Leinwand für die Prinzessin mit dem güldenen Haar hätten.

      Filmische Mathematik hat ja die Eigenheit an sich, dass man sie ewig weiterführen kann. So fand ich schon WALL•E ärgerlich unterbesucht. Das muss sich für Rapunzel ja nicht wiederholen. Zudem kann man Disneys Märchenmusical auf Basis eines populären Märchens zu Gute halten, dass es massentauglicher ist als ein Teils-Stummfilm über verliebte Roboter. Deswegen schmeiß' ich ganz schnell noch Ratatouille ins Rennen. Der hatte brillante Mundpropaganda und das Flair eines modernen Märchens - trifft, wenngleich aus anderen Gründen, genauso auf Rapunzel zu. Auf einen Start mit 922.492 folgten für die kochende Ratte 6,1 Mio. Besucher insgesamt. Verläuft Rapunzel genauso wie Ratatouille, steht Blondie am Ende mit rund 4 Millionen verzauberten Kinogängern da.

      Ich ziehe den Schluss:Rapunzels Startwochenende ist wirklich eine tolle Leistung. Es macht den Film, wie gesagt, zu den mit dem besten Animationsstart des Jahres, das ist schon etwas wert. Und auch mit Blick auf die Disney-Renaissance ist es ein stattliches Ergebnis, vielleicht sogar mehr als im Vergleich mit den restlichen Animationsfilmen dieses Jahres. Denn wie Der König der Löwen zeigt, waren Starts mit über einer halben Millionen Besucher für Disney-Trickfilme keinesfalls unmöglich. Aladdin, Pocahontas und Co., sie alle hätten zum Start mehr Leute als Rapunzel anlocken können. Mulan wäre es beinahe gelungen. Dass Rapunzel fast alle Startwochenenden seiner Vorgängerfilme schlägt, ist fantastisch. Und von Arielle, Die Schöne und das Biest, Aladdin, Der König der Löwen und Tarzan abgesehen sind die Filme der 90er und 00er auch allesamt in einem realistischen Rahmen schlagbar. Für Mulan (4,4 Mio.) etwa müsste halt was mehr Glück her, als für Der Glöckner von Notre Dame (3, Mio.) - an dem er, dem Küss den Frosch-Beispiel folgend, aber sogar noch scheitern könnte. Es wird also ein spannender Kinowinter für Disneyfans.

      In Wahrheit sogar weniger aufgrund der Meisterwerk-Rennens - denn besonders entscheidend finde ich es, dass Rapunzel den Sprung in Deutschlands Top 10 der meistbesuchten Computeranimationsfilme schafft. Und um das zu erreichen braucht Rapunzel  einige Wiederholungstäter und Märchenmissionare.

      Was glaubt ihr, wo landet Rapunzel letzten Ende?

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